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+The Project Gutenberg EBook of Die Argonauten, by Franz Grillparzer
+
+This eBook is for the use of anyone anywhere in the United States and most
+other parts of the world at no cost and with almost no restrictions
+whatsoever. You may copy it, give it away or re-use it under the terms of
+the Project Gutenberg License included with this eBook or online at
+www.gutenberg.org. If you are not located in the United States, you'll have
+to check the laws of the country where you are located before using this ebook.
+
+Title: Die Argonauten
+
+Author: Franz Grillparzer
+
+Posting Date: October 5, 2014 [EBook #7943]
+Release Date: April, 2005
+First Posted: June 3, 2003
+
+Language: German
+
+Character set encoding: ISO-8859-1
+
+*** START OF THIS PROJECT GUTENBERG EBOOK DIE ARGONAUTEN ***
+
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+Produced by Delphine Lettau and Mike Pullen
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+Die Argonauten
+
+Franz Grillparzer
+
+Trauerspiel in vier Aufzügen
+
+
+Personen:
+
+Aietes, König von Kolchis
+Medea und Absyrtus, seine Kinder
+Gora, Medeens Amme
+Peritta, eine ihrer Gespielen
+Jason
+Milo, sein Freund
+Medeens Jungfrauen
+Argonauten
+Kolcher
+
+
+
+
+Erster Aufzug
+
+(Kolchis.--Wilde Gegend mit Felsen und Bäumen. Im Hintergrunde ein
+halbverfallener Turm, aus dessen obersten Stockwerke ein schwaches
+Licht flimmert. Weiter zurück die Aussicht aufs Meer. Finstere
+Nacht.)
+
+Absyrtus (hinter der Szene).
+Dorther schimmert das Licht!--Komm hierher Vater!--
+Ich bahne dir den Weg!--Noch diesen Stein!--
+So!--
+
+(Auftretend und mit dem Schwert nach allen Seiten ins Gebüsch
+hauend.)
+
+Aus dem Wege unnützes Pack!
+Vater, mein Schwert macht klare Bahn!
+Aietes (tritt auf, den Helm auf dem Kopfe, ganz in einen dunkeln
+Mantel gehüllt.)
+
+Absyrtus.
+Wir sind an Ort und Stelle, Vater.
+Dort der Turm, wo die Schwester haust.
+Siehst das Licht aus ihrer Zelle?
+Da weilt sie und sinnt Zaubersprüche
+Und braut Tränke den langen Tag,
+Des Nachts aber geht sie gespenstisch hervor
+Und wandelt umher und klagt und weint.
+
+(Aietes macht eine unwillige Bewegung.)
+
+Absyrtus.
+Ja Vater und weint, so erzählt der Hirt
+Vom Tal da unten, und ringt die Hände
+Daß es, spricht er, kläglich sei anzusehn!
+Was mag sie wohl treiben und sinnen, Vater?
+
+(Aietes geht gedankenvoll auf und nieder.)
+
+Absyrtus.
+Du antwortest nicht?--Was hast du Vater?
+Trüb und düster ist dein Gemüt.
+Du hast doch nicht Furcht vor den Fremden, Vater?
+
+Aietes.
+Furcht Bube?
+
+Absyrtus.
+Nu, (Sorge) denn, Vater!
+Aber habe nicht Furcht noch Sorge!
+Sind uns nicht Waffen und Kraft und Arme?
+Ist nicht ein Häuflein nur der Fremden?
+Wären ihrer doch zehnmal mehr!
+Laß sie nur kommen, wir wollen sie jagen
+Eilends heim in ihr dunkles Land
+Wo keine Wälder sind und keine Berge,
+Wo kein Mond strahlt, keine (Sonne) leuchtet
+Die täglich, hat sie sich müde gewandelt,
+Zur Ruhe geht in unserem Meer.
+Laß sie nur kommen, ich will sie empfangen,
+Du hast nicht umsonst mich wehrhaft gemacht,
+Nicht umsonst mir gegeben dies blitzende Schwert,
+Und den Speer und den Helm mit dem wogenden Busch,
+Waffen d u , und Mut die (Götter)!
+Laß die Schwester mit ihren Künsten,
+Schwert gegen Schwert, so binden wir an!
+
+Aietes.
+Armer Wurm!
+
+Absyrtus.
+Ich bin dein Sohn!
+Damals als du den Phryxus schlugst--
+
+Aietes.
+Schweig!
+
+Absyrtus.
+Das ist ja eben warum sie kommen
+Her nach Kolchis, die fremden Männer
+Zu rächen, wähnen sie, seinen Tod
+Und zu stehlen unser Gut, das strahlende Vließ.
+
+Aietes.
+Schweig Bube!
+
+Absyrtus.
+Was bangst du Vater?
+Fest verwahrt in der Höhle Hut
+Liegt es das köstliche, goldene Gut.
+
+Aietes
+
+(den Mantel vom Gesicht reißend und ans Schwert greifend).
+Soll ich dich töten, schwatzender Tor?
+
+Absyrtus.
+Was ist dir?
+
+Aietes.
+Schweig!--Dort sieh zum Busch!
+
+Absyrtus.
+Warum?
+
+Aietes.
+Mir deucht es raschelt dort
+Und regt sich.--Man behorcht uns.
+
+Absyrtus
+
+(zum Gebüsch hingehend und an die Bäume schlagend).
+He da!--Steht Rede!--Es regt sich Niemand!
+
+(Aietes wirft sich auf ein Felsenstück im Vorgrunde.)
+
+Absyrtus (zurückkommend).
+Es ist nichts, Vater! Niemand lauscht.
+
+Aietes
+
+(aufspringend und ihn hart anfassend).
+Ich sage dir, wenn du dein Leben liebst
+Sprich nicht davon!
+
+Absyrtus.
+Wovon?
+
+Aietes.
+Ich sage dir, begrab's in deiner Brust
+Es ist kein Knabenspielzeug, Knab'! Doch alles still hier!
+Niemand empfängt mich;
+Recht wie es ziemt der Widerspenst'gen Sitz.
+
+Absyrtus.
+Hoch oben am Turme flackert ein Licht.
+Dort sitzt sie wohl und sinnt und tichtet.
+
+Aietes.
+Ruf ihr! Sie soll heraus!
+
+Absyrtus.
+Gut Vater!
+
+
+(Er geht dem Turme zu).
+Komm herab du Wandlerin der Nacht
+Du Spät-Wachende bei der einsamen Lampe!
+Absyrtus ruft, deines Vaters Sohn!
+
+(Pause.)
+
+Sie kommt nicht, Vater!
+
+Aietes.
+Sie soll! Ruf lauter!
+
+Absyrtus
+
+(ans Tor schlagend).
+Holla ho! Hier der König! Heraus ihr!
+
+Medeas Stimme (im Turm).
+Weh!
+
+Absyrtus.
+Vater!
+
+Aietes.
+Was?
+
+Absyrtus (zurückkommend).
+Hast du gehört?
+Weh rief's im Turm! War's die Schwester die rief?
+
+Aietes.
+Wer sonst! Geh, deine Torheit steckt an.
+Ich will rufen und sie soll gehorchen!
+
+(Zum Turme gehend.)
+
+Medea!
+
+Medea (im Turm).
+Wer ruft?
+
+Aietes.
+Dein Vater ruft und dein König!
+Komm herab!
+
+Medea.
+Was soll ich?
+
+Aietes.
+Komm herab, sag' ich!
+
+Medea.
+O laß mich!
+
+Aietes.
+Zögre nicht! Du reizest meinen Zorn!
+Im Augenblicke komm!
+
+Medea.
+Ich komme!
+
+(Aietes verhüllt sich und wirft sich wieder auf den Felsensitz.)
+
+Absyrtus.
+Wie kläglich, Vater, ist der Schwester Stimme.
+Was mag ihr fehlen? Sie dauert mich!--
+Dich wohl auch, weil du so schmerzlich schweigst,
+Das arme Mädchen!--
+
+(Ihn anfassend.)
+
+Schläfst du, Vater?
+
+Aietes (aufspringend).
+Törichte Kinder sind der Väter Fluch!
+Du und sie, i h r tötet mich,
+Nicht meine Feinde!
+
+Absyrtus.
+Still! Horch!--Der Riegel klirrt!--Sie kommt!--Hier ist sie!
+Medea (in dunkelroter Kleidung, am Saume mit goldenen Zeichen
+gestickt, einen schwarzen, nachschleppenden Schleier der an einem,
+gleichfalls mit Zeichen gestickten Stirnbande befestigt ist, auf
+dem Kopfe, tritt, eine Fackel in der Hand, aus dem Turme.)
+
+Medea.
+Was willst du, Herr?
+
+Absyrtus.
+Ist das die Schwester, Vater?
+Wie anders doch als sonst, und ach, wie bleich!
+
+Aietes (zu Absyrtus).
+Schweig jetzt!
+
+(Zu Medeen.)
+
+Tritt näher!--näher!--
+Doch erst Lösch' deine Fackel, sie blendet mir das Aug!
+
+Medea
+
+(die Fackel am Boden ausdrückend).
+Das Licht ist verlöscht, es ist Nacht, o Herr!
+
+Aietes.
+Jetzt komm!--Doch erst sag' an wer dir erlaubt,
+Zu fliehn, des väterlichen Hauses Hut
+Und hier, in der Gesellschaft nur der Wildnis
+Und deines wilden Sinns, Gehorsam weigernd,
+Zu trotzen meinem Worte, meinem Wink?
+
+Medea.
+Du fragst?
+
+Aietes.
+Ich frage!
+
+Medea.
+Reden soll ich?
+
+Aietes.
+Sprich!
+
+Medea.
+So höre wenn du kannst und zürne wenn du darfst.
+O könnt' ich schweigen, ewig schweigen!
+Verhaßt ist mir dein Haus
+Mit Schauder erfüllt mich deine Nähe.
+Als du den Fremden erschlugst,
+Den Götterbeschützten, den Gastfreund
+Und raubtest sein Gut,
+Da trugst du einen Funken in dein Haus,
+Der glimmt und glimmt und nicht verlöschen wird,
+Gössest du auch darüber aus
+Was an Wasser die heil'ge Quelle hat,
+Der Ströme und Flüsse unnennbare Zahl
+Und das ohne Grenzen gewaltige Meer.
+Ein törichter Schütze ist der Mord,
+Schießt seinen Pfeil ab ins dunkle Dickicht,
+Gewinnsüchtig, beutegierig,
+Und was er für ein Wild gehalten,
+Für frohen Jagdgewinn,
+Es war sein Kind, sein eigen Blut,
+Was in den Blättern rauschte, Beeren suchend.
+Unglücksel'ger was hast du getan?
+Feuer geht aus von dir
+Und ergreift die Stützen deines Hauses
+Das krachend einbricht
+Und uns begräbt.--
+
+Aietes.
+Unglücksbotin was weißt du?
+
+Medea.
+In der Schreckensstunde
+Als sie geschehn war die Tat,
+Da ward mein Aug geöffnet
+Und ich sah sie, sah die Unnennbaren
+Geister der Rache.
+Spinnenähnlich,
+Gräßlich, scheußlich,
+Krochen sie her in abscheulicher Unform
+Und zogen Fäden, blinkende Fäden,
+Einfach, doppelt, tausendfach,
+Rings um ihr verfallen Gebiet.
+Du wähnst dich frei und du bist gefangen,
+Kein Mensch, kein Gott löset die Bande
+Mit denen die Untat sich selber umstrickt.
+Weh dir, weh uns allen!
+
+Aietes.
+Verkaufst du mir Träume für Wirklichkeit?
+Deines Gleichen magst du erschrecken,
+Törin! Nicht mich!
+Hast du die Zeichen, die Sterne gefragt?
+
+Medea.
+Glaubst du ich könnt's, ich vermöcht' es?
+Hundertmal hab' ich aufgeblickt
+Zu den glänzenden Zeichen
+Am Firmament der Nacht.
+Und alle hundertmale
+Sanken meine Blicke
+Von Schreck getroffen, unbelehrt.
+Es schien der Himmel mir ein aufgerolltes Buch
+Und (Mord) darauf geschrieben, tausendfach,
+Und (Rache) mit demantnen Lettern
+Auf seinen schwarzen Grund.
+O frage nicht die Sterne dort am Himmel,
+Die Zeichen nicht der schweigenden Natur,
+Des Gottes Stimme nicht im Tempel:
+Betracht' im Bach die irren Wandelsterne,
+Die scheu dir blinken aus den düstern Brau'n
+Die Zeichen die die Tat dir selber aufgedrückt,
+Des Gottes Stimme in dem eignen Busen,
+Sie werden dir Orakel geben,
+Viel sicherer als meine arme Kunst,
+Aus dem was ist und war, auf das was werden wird.
+
+Absyrtus.
+Der Vater schweigt. Du bist so seltsam Schwester
+Sonst warst du rasch und heiter, frohen Muts;
+Mich dünkt du bist dreifach gealtert
+In der Zeit als ich dich nicht gesehn!
+
+Medea.
+Es hat der Gram sein Alter, wie die Jahre
+Und wer der Zeit (vorauseilt), guter Bruder,
+Kommt früh ans Ziel.
+
+Absyrtus.
+Du weißt wohl also schon
+Von jenen Fremden die--
+
+Medea.
+Von Fremden--?
+
+Aietes.
+Halt!
+Ich gebot dir zu schweigen! Schweig denn, Schwätzer!
+Medea, laß uns klug sprechen und besonnen,
+Das Gegenwärt'ge aus der Gegenwart
+Und nicht aus dem betrachten was Vergangen.
+Wiss' es denn. Fremde sind angekommen, Hellenen,
+Sie begehren zu rächen Phryxus' Blut,
+Verlangen die Schätze des Erschlagnen
+Und des Gottes Banner, das goldene Vließ.
+
+Medea
+
+(aufschreiend).
+Es ist geschehn! Der Streich gefallen! Weh!
+
+(Will in den Turm zurück.)
+
+Aietes (sie zurückhaltend).
+Medea, Halt!--Bleib, Unsinnige!
+
+Medea.
+Gekommen die Rächer, die Vergelter!
+
+Aietes.
+Willst du mich verlassen, da ich dein bedarf?
+Willst du sehen des Vaters Blut?
+Medea ich beschwöre dich
+Sprich! Rate! Rette! Hilf!
+Gib mich nicht Preis meinen Feinden!
+Argonauten nennen sie sich
+Weil Argo sie trägt, das schnelle Schiff.
+Was das Hellenenland an Helden nährt,
+An Tapfern vermag, sie haben's versammelt
+Zum Todesstreich auf deines Vaters Haupt.
+Hilf Medea! Hilf meine Tochter!
+
+Medea.
+I ch soll helfen, hilf du selbst!
+Gib heraus was du nahmst, Versöhnung bietend!
+
+Aietes.
+Verteilt sind die Schätze den Helfern der Tat;
+Werden sie wiedergeben das Empfangne?
+Besitzen sie's noch? die törichten Schwelger,
+Die leicht vertan das leicht erworbne.
+Soll ich herausgeben das glänzende Vließ,
+Des Gottes Banner, Perontos Gut?
+Nimmermehr! Nimmermehr! Und tät' ich's
+Würden sie drum schonen mein und eurer?
+Um desto sichrer würgten sie uns,
+Rächend des Freundes Tod,
+Geschützt durch das heilige Pfand des Gottes.
+Deine Kunst befrage, gib andern Rat!
+
+Medea.
+Rat dir geben, ich selber ratlos!
+
+Aietes.
+Nun wohl, so verharre, du Ungeratne!
+Opfre dem Tod deines Vaters Haupt.
+Komm mein Sohn, wir wollen hinaus,
+Den Streichen bieten das nackte Haupt,
+Und fallen unter der Fremden Schwertern.
+Komm mein Sohn, mein einzig Kind!
+
+Medea.
+Halt Vater!
+
+Aietes.
+Du willst also?
+
+Medea.
+Hör' erst!
+Ich will's versuchen, die Götter zu fragen,
+Was sie gebieten was sie gestatten.
+Und nicken sie zu, so steh' ich dir bei,
+Helfe dir bekämpfen den Feind,
+Helfe dir schmieden den Todespfeil
+Den du abdrücken willst ins dunkle Gebüsch,
+Nicht wissend, armer Schütze, wen du triffst.
+Es sei! Du gebeutst, ich gehorche!
+
+Aietes.
+Medea, mein Kind, mein liebes Kind!
+
+Medea.
+Frohlocke nicht zu früh, noch fehlt das Ende.
+Ich bin bereit; allein versprich mir erst,
+Daß, wenn die Tat gelang, dein Land befreit,
+Zu hoffen wag' ich's kaum, allein wenn doch,--
+Du mich zurückziehn läßt, in diese Wildnis
+Und nimmer mehr mich störst, nicht du, nicht andre.
+
+Aietes.
+Warum?
+
+Medea.
+Versprich's!
+
+Aietes.
+Es sei!
+
+Medea.
+Wohlan denn Herr,
+Tritt ein bei deiner Magd, ich folge dir!
+
+Aietes.
+Ins Haus?
+
+Medea.
+Drin wird's vollbracht.
+
+Aietes (zu Absyrtus).
+So komm denn Sohn!
+
+(Beide ab in den Turm.)
+
+Medea.
+Da gehn sie hin, hin die Verblendeten!--
+Ein töricht Wesen dünkt mich der Mensch;
+Treibt dahin auf den Wogen der Zeit
+Endlos geschleudert auf und nieder,
+Und wie er ein Fleckchen Grün erspäht
+Gebildet von Schlamm und stockendem Moor
+Und der Verwesung grünlichem Moder,
+Ruft er: (Land)! und rudert drauf hin
+Und besteigt's--und sinkt--und sinkt--
+Und wird nicht mehr gesehn!
+Armer Vater, armer Mann!
+Es steigen auf vor meinen Blicken
+Düstrer Ahnungen Schauergestalten,
+Aber verhüllt und abgewandt
+Ich kann nicht erkennen ihr Antlitz!
+Zeigt euch mir (ganz), oder verschwindet
+Und laßt mir Ruh, träumende Ruh!
+Armer Vater! Armer Mann!--
+ Aber der Wille kann viel--und ich will.
+Will ihn erretten, will ihn befrein
+Oder untergehn mit ihm!
+Dunkle Kunst, die mich die Mutter gelehrt
+Die den Stamm du treibst in des Lebens Lüfte
+Und die Wurzeln geheimnisvoll
+Hinabsenkst zu den Klüften der Unterwelt,
+Sei mir gewärtig!--Medea (will)!
+Ans Werk denn!
+
+(Zu einigen Jungfrauen die am Eingange des Turmes erscheinen.)
+
+Und ihr des Dienstes Beflißne
+Bereitet die Höhle, bereitet den Altar!
+Medea will zu den Geistern rufen,
+Zu den düstern Geistern der schaurigen Nacht
+Um Rat, um Hilfe, um Stärke, um Macht!
+
+(Ab in den Turm.)
+
+(Pause. Dann tritt) Jason (rasch auf.)
+
+Jason.
+Hier hört' ich Stimmen!--Hier muß--Niemand hier?
+
+Milo (hinter der Szene).
+Holla!
+
+Jason.
+Hierher!
+
+Milo (eben so).
+Jason!
+
+Jason.
+Hier Milo, hier!
+
+Milo (der keuchend auftritt).
+Mein Freund, such' dir 'nen anderen Begleiter!
+Dein Kopf und deine Beine sind zu rasch,
+Sie laufen, statt zu gehn. Ein großer Übelstand!
+Von Beinen mag's noch sein, da hilft das Alter,
+Allein ein Kopf der läuft!--Glück auf die Reise!
+Such' einen andern sag' ich, ich bin's satt!
+
+(Setzt sich.)
+
+Jason.
+Wir haben, was wir suchten!--Hier ist Licht!
+
+Milo.
+Ja Lichts genug um uns da zu beleuchten
+Und zu entdecken und zu schlachten, wenn's beliebt.
+
+Jason.
+Ei, Milo Furcht?
+
+Milo
+
+(rasch aufstehend).
+Furcht?--Lieber Freund, ich bitte
+Wäg' deine Worte eh du sprichst!
+
+(Jason faßt entschuldigend seine Hand.)
+
+Milo.
+Schon gut!
+Wir laufen, nu, die Worte laufen mit!
+Doch ernst. Was suchst du hier?
+
+Jason.
+Kannst du noch fragen?
+Die Freunde, sie, die mir hierher gefolgt,
+Ihr Heil vertrauend meines Glückes Stern
+Und Jasons Sache machend zu der ihren,
+Sie schmachten, kaum dem schwarzen Schiff entstiegen,
+Hier ohne Nahrung ohne Labetrunk
+In dieser Küste unwirtbaren Klippen,
+Kein Führer ist, der Wegeskunde gäbe
+Kein Landmann bietend seines Speichers Vorrat
+Und von der Herde triftgenährter Zucht.
+Soll ich die Hände legen da in Schoß
+Und müßig zusehn wie die Freunde schmachten?
+Beim Himmel! Ihnen soll ein Führer werden
+Und Trank und Speise, sollt' ich auf sie wiegen
+Mit meinem Blut!
+
+Milo.
+Das treue, wackre Herz!
+O daß du nicht des Freundes Rat gefolgt
+Und weggeblieben bist von dieser Küste!
+
+Jason.
+Warum denn auch? Was sollt' ich wohl daheim?
+Der Vater tot, mein Oheim auf dem Thron
+Scheelsüchtig mich, den künft'gen Feind, betrachtend.
+Mich litt es länger nicht, ich mußte fort.
+Hätt' er nicht selbst, der Falsche, mir geboten
+Hierher zu ziehn in dieses Inselland
+Das goldne Götterkleinod abzuholen
+Von dem man spricht, so weit die Erde reicht
+Und das dem Göttersohne Phryxus einst,
+Ihn selber tötend, raubten die Barbaren,
+Ich wäre selbst gegangen, freien Willens,
+Dem eckelhaften Treiben zu entfliehn.
+Ruhmvoller Tod für ruhmentblößtes Leben
+Mag's tadeln wer da will, mich lockt der Tausch!
+Daß dich, o Freund, ich mitzog und die andern,
+Das ist wohl schlimm, allein ihr wolltet's so!
+
+Milo.
+Ja freilich wollt' ich so und will noch immer
+Denn sieh, ich glaub', du hast mir's angetan,
+So lieb' ich dich und all dein Tun und Treiben.
+
+Jason.
+Mein guter Milo!
+
+Milo.
+Nein! 's ist unrecht sag' ich,
+Ich sollt' der Klügre sein, ich bin der Ältre.
+Hättst du mich hingeführt, wohin auch immer,
+Nur nicht in dieses gottverlaßne Land.
+Kommt irgend sonst ein Mann in Fährlichkeit,
+Nu Schwert heraus und Mut voran. Doch hier
+In dieses Landes feuchter Nebelluft
+Legt Rost sich, wie ans Schwert, so an den Mut.
+Hört man in einem fort die Wellen brausen,
+Die Fichten rauschen und die Winde tosen,
+Sieht kaum die Sonne durch der dichten Nebel
+Und rauhen Wipfel schaurigen Versteck,
+Kein Mensch rings, keine Hütte, keine Spur,
+Da wird das Herz so weit, so hohl, so nüchtern
+Und man erschrickt wohl endlich vor sich selbst.
+Ich, der als Knabe voll Verwundrung horchte,
+Wenn man erzählte, 's gäb' ein Ding
+Die (Furcht) genannt, hier seh' ich fast Gespenster
+Und jeder dürre Stamm scheint mir ein Riese
+Und jedes Licht ein Feuermann. 's ist seltsam.
+Was unbedenklich sonst, erscheint hier schreckhaft
+Und was sonst greulich wieder hier gemein.
+Nur kürzlich sah ich einen Bär im Walde,
+So groß vielleicht als keinen ich gesehn
+Und doch kams fast mir vor, ich sollt' ihn streicheln,
+Wie einen Schoßhund streicheln mit der Hand,
+So klein, so unbedeutend schien das Tier
+Im Abstich seiner schaurigen Umgebung.
+Du hörst nicht?
+
+Jason (der indes den Turm betrachtet hat).
+Ja ich will hinein!
+
+Milo.
+Wohin?
+
+Jason.
+Dort in den Turm.
+
+Milo.
+Mensch, bist du rasend?
+
+(Ihn anfassend). Höre!
+
+Jason (sich losmachend und das Schwert ziehend).
+Ich will, wer hält mich? Hier mein Schwert! Es schützt mich
+Vor Feinden wie vor überläst'gen Freunden.
+Die erste Spur von Menschen find' ich hier
+Ich will hinein. Mit vorgehaltnen Eisen
+Zwing' einen ich von des Gebäuds Bewohnern,
+Zu folgen mir, zu führen unsre Schar
+Auf sichern Pfad aus dieses Waldes Umfang,
+Wo Hunger sie und Feindeshinterhalt
+Weit sichrer trifft als mich hier die Gefahr.
+Sprich nicht! Ich bin entschlossen. Geh zurück
+Ermutige die Schar. Bald bring' ich Rettung!
+
+Milo.
+Bedenk'!
+
+Jason.
+Es ist bedacht! Wer kann hier weilen
+Im kleinen Hause, wüst und abgeschieden?
+Ein Haushalt von Barbaren und was mehr?
+Ich denk' du kennst mich! Hier ist nicht Gefahr
+Als im Verweilen.--Keine Worte weiter!
+
+Milo.
+Doch wie gelangst du hin?
+
+Jason.
+Siehst du dort drüben
+Gähnt weit ein Spalt im alternden Gemäuer.
+Das Meer leiht seinen Rücken bis da hin
+Und leicht erreich' ich's schwimmend.
+
+Milo.
+Höre doch!
+
+Jason.
+Leb' wohl!
+
+Milo.
+Laß mich statt dir!
+
+Jason.
+Auf Wiedersehn!
+
+(Springt von einer Klippe ins Meer)
+
+Milo.
+Er wagt es doch!--Dort schwimmt er!--Tut es (doch),
+Und läßt mich schmälen hier nach Herzenslust!
+Ein wackres Herz, doch jung, gewaltig jung!
+Hier will ich stehn und seiner Rückkehr harren:
+Und geht's auch schief, wir hauen uns heraus.
+
+(Er lehnt sich an einen Baum.)
+
+(Ein düsteres Gewölbe im Innern des Turms. Links im Hintergrunde
+die Bildsäule eines Gottes auf hohem Fußgestell, im Vorgrunde
+rechts eine Felsenbank.)
+(Jungfrauen mit Fackeln bringen einen kleinen Altar und Opfergefäße
+und stellen alles ordnend umher.)
+
+(Eine Jungfrau tritt ein und spricht an der Türe:)
+
+Jungfrau.
+Genug! Es naht Medea! Stört sie nicht!
+
+(Alle ab mit den Lichtern.)
+
+Jason (tritt durch einen Seiteneingang links auf mit bloßem
+Schwerte.)
+
+Jason.
+Ein finsteres Gewölb'.--Ich bin im Innern!
+Mehr Menschen faßt das Haus, scheint's, als ich glaubte,
+Doch immerhin! wird nur mein Ziel erreicht.
+Behutsam späh ich, bis ein Einzelner
+Mir aufstößt, dann das Schwert ihm auf die Brust
+Und mit mir soll er, will er nicht den Tod.
+
+(Er späht mit vorgehaltenem Schwerte umher.)
+
+Ist da kein Ausgang?--Halt!--Ein Block von Stein
+Das Fußgestell wohl eines Götterbildes.
+Ehrt man hier Götter und verhöhnt das Recht?
+Doch horch!--ein Fußtritt!--Bleiche Helle gleitet
+Fortschreitend an des Ganges engen Bogen.
+Man kommt!--Wohin--?--Verbirg mich dunkler Gott!
+
+(Er versteckt sich hinter die Bildsäule.)
+
+Medea (kommt, einen schwarzen Stab in der Rechten, eine Lampe in
+der Linken.)
+
+Medea.
+Es ist so schwül hier, so dumpf!
+Feuchter Qualm drückt die Flamme der Lampe,
+Sie brennt ohne zu leuchten.
+
+(Sie setzt die Lampe hin.)
+--Horch!--Es ist mein eignes Herz,
+Das gegen die Brust pocht mit starken Schlägen!
+Wie schwach, wie töricht!--Auf Medea!
+Es gilt des Vaters Sache, der Götter!
+Sollen die Fremden siegen, Kolchis untergehn?
+Nimmermehr! Nimmermehr!
+Ans Werk denn!
+Seid mir gewärtig Götter, höret mich,
+Und gebt Antwort meiner Frage!
+
+(Mit dem Stabe Zeichen in die Luft machend.)
+
+Die ihr einhergeht im Gewande der Nacht
+Und auf des Sturmes Fittigen wandelt
+Furchtbare Fürsten der Tiefe,
+Denen der Entschluß gefällt
+Und die beflügelte Tat,
+Die ihr bei Leichen weilt
+Und euch labt am Blut der Erschlagnen,
+Die ihr das Herz kennt und lenkt den Willen,
+Die ihr zählt die Halme der Gegenwart
+Sorglich bewahrt des Vergangenen Ähren
+Und durchblickt der Zukunft sprossende Saat,
+Euch ruf' ich an!
+Gebt mir Kunde, sichere Kunde
+Von dem was uns droht, von dem was uns lacht!
+Bei der Macht, die mir ward,
+Bei dem Dienst, den ich tat,
+Bei dem Wort, das ihr kennt
+Ruf' ich euch,
+Erscheinet, erscheint!
+
+(Pause.)
+
+Was ist das?--Alles schweigt!
+Sie zeigen sich nicht?
+Zürnt ihr mir, oder betrat ein Fuß,
+Eines Frevlers Fuß
+Die heilige Stätte?
+Angst befällt mich, Schauer faßt mich!
+
+(Mit steigender Stimme.)
+
+Allgewaltige! Lauscht meinem Rufen,
+Hört Medeens Stimme!
+Eure Freundin ist's die ruft.
+Ich fleh' ich verlang' es
+Erscheinet, erscheint!
+Jason (springt hinter der Bildsäule hervor.)
+
+Medea (zurückfahrend).
+Ha!
+
+Jason.
+Verfluchte Zauberin, du bist am Ende,
+Erschienen ist, der dich vernichten wird.
+
+(Indem er mit vorgehaltenem Schwerte hervorspringt verwundet er
+Medeen am Arme.)
+
+Medea (den verwundeten rechten Arm mit der linken Hand fassend).
+Weh mir!
+
+(Stürzt auf den Felsensitz hin, wo sie schwer atmend leise ächzt.)
+
+Jason.
+Du fliehst? Mein Arm wird dich ereilen!
+
+(Im Dunkeln herum blickend.)
+
+Wo ist sie hin!
+
+(Er nimmt die Lampe und leuchtet vor sich hin.)
+
+Dort!--Du entgehst mir nicht!
+
+(Hinzutretend.)
+
+Verruchte!
+
+Medea (stöhnend).
+Ah!
+
+Jason.
+Stöhnst du? Ja zittre nur!
+Mein Schwert soll deine dunkeln Netze lösen!
+
+(Sie mit der Lampe beleuchtend).
+Doch seh' ich recht? Bist du die Zauberin,
+Die dort erst heischre Flüche murmelte?
+Ein weiblich Wesen liegt zu meinen Füßen,
+Verteidigt durch der Anmut Freiheitsbrief,
+Nichts zauberhaft an ihr, als ihre Schönheit.
+(Bist) du's?--Doch ja! Der weiße Arm, er blutet,
+Verletzt von meinem mitleidslosen Schwert!
+Was hast du angerichtet? Weißt du wohl,
+Ich hätt' dich töten können, holdes Bild,
+Beim ersten Anfall in der dunkeln Nacht?
+Und Schade wär's, fürwahr, um so viel Reiz!
+Wer bist du, doppeldeutiges Geschöpf?
+Scheinst du so schön und bist so arg, zugleich
+So liebenswürdig und so hassenswert,
+Was konnte dich bewegen, diesen Mund,
+Der, eine Rose, wie die Rose auch
+Nur hauchen sollte süßer Worte Duft,
+Mit schwarzer Sprüche Greuel zu entweihn?
+Als die Natur dich dachte, schrieb sie: (Milde)
+Mit holden Lettern auf das erste Blatt
+Wer malte Zauberformeln auf die andern?
+O geh! ich hasse deine Schönheit, weil sie
+Mich hindert deine Tücke recht zu hassen!
+Du atmest schwer. Schmerzt dich dein Arm? Ja, siehst du
+Das sind die Früchte deines argen Treibens!
+Es blutet! Laß doch sehn!
+
+(Nimmt ihre Hand.)
+
+Du zitterst, Mädchen,
+Die Pulse klopfen, jede Fiber zuckt.
+Vielleicht bist du so arg nicht, als du scheinst,
+Nur angesteckt von dieses Landes Wildheit,
+Und Reue wohnt in dir und fromme Scheu.
+Heb auf das Aug und blicke mir ins Antlitz,
+Daß ich die dunkeln Rätsel deines Handelns
+Erläutert seh' in deinem klaren Blick.--
+Du schweigst!--O wärst du stumm, und jene Laute,
+Die mir ertönten, fluchenswerten Inhalts,
+Gesprochen hätte sie ein andrer Mund,
+Der minder lieblich, Mädchen, als der deine.
+Du seufzest!--Sprich!--Laß deine Worte tönen;
+Vertrau' den Lüften sie, als Boten, an,
+Sonst holt mein Mund sie ab von deinen Lippen.
+
+(Er beugt sich gegen sie.)
+(Man hört Waffengeklirr und Stimmen in der Ferne.)
+
+Horch!--Stimmen!
+
+(Er läßt sie los.)
+
+Näher!
+
+(Medea steht auf.)
+
+Deine Freunde kommen
+Und ich muß fort. Des freuest du dich wohl?
+Allein ich seh' dich wieder, glaube mir!
+Ich muß dich sprechen hören, gütig sprechen,
+Und kostet' es mein Leben!--Doch man naht.
+Glaub' nicht, daß ich Gefahr und Waffen scheue,
+Doch auch ein Tapfrer weicht der Überzahl,
+Und meiner harren Freunde.--Leb' denn wohl.
+(Er geht dem Seiteneingange zu, durch den er gekommen ist. Aus
+diesem, so wie aus dem Haupteingange stürzen) Bewaffnete (herein,
+mit ihnen) Absyrtus.
+
+Absyrtus.
+Zurück!
+
+Jason.
+So gilt's zu fechten!--Gebet Raum!
+
+Absyrtus.
+Dein Schwert!
+
+Jason.
+Dir in die Brust, nicht in die Hand!
+
+Absyrtus.
+Fangt ihn!
+
+Jason (sich in Stellung werfend).
+Kommt an! Ihr alle schreckt mich nicht!
+
+Absyrtus.
+Laß uns versuchen denn!
+
+(Stürzt auf Jason los.)
+
+Medea (macht eine abhaltende Bewegung gegen ihn).
+
+Absyrtus (zurücktretend).
+Was hältst du mich Schwester?
+
+Jason.
+Du sorgst um mich? Hab' Dank, du holdes Wesen,
+Nicht für die Hilfe, ich bedarf sie nicht,
+Für diese Sorge Dank. Leb' wohl, o Mädchen,
+
+(Sie bei der Hand fassend und rasch küssend.)
+
+Und dieser Kuß sei dir ein sichres Pfand,
+Daß wir uns wiedersehn!--Gebt Raum!
+
+(Er schlägt sich durch.)
+
+Absyrtus.
+Auf ihn!
+
+(Jason durch die Seitentüre fechtend ab.)
+
+Absyrtus.
+Ihm nach! Er soll uns nicht entrinnen!
+
+(Eilt Jason nach mit den Bewaffneten.)
+
+Medea (die unbeweglich mit gesenktem Haupt gestanden, hebt jetzt
+Kopf und Augen empor).
+Götter!
+
+(Ihre Jungfrauen stehen um sie.)
+
+(Der Vorhang fällt.)
+
+
+
+
+Zweiter Aufzug
+
+(Halle wie am Ende des vorigen Aufzuges. Es ist Tag.)
+Gora, Peritta. Jungfrauen.
+
+Gora.
+Ich sage dir, sprich lieber Medeen nicht.
+Ob der Ereignung zürnt sie der heutigen Nacht
+Und sie spricht sich nicht gut, wenn sie zürnt; das weißt du!
+Auch gebot sie dir, ihr Antlitz zu fliehn.
+
+Peritta.
+Was soll ich tun? Wer hilft, wenn sie nicht?
+Gefangen der Gatte, die Hütte verbrannt.
+Alles geraubt von den fremden Männern
+Wem klag' ich mein Leid, wer rettet, wenn sie nicht?
+
+Gora.
+Tu wie du willst, ich hab' dich gewarnt,
+Auch ist's recht und billig nur, daß sie dich hört,
+Aber der Mensch tut nicht immer was recht.
+
+Peritta.
+Ach, ich Unselige!
+
+Gora.
+Klage nicht! Was hilft's
+Überleg' und handle, das tut dir Not!
+Doch wo weilt Medea? komm in ihr Gemach.
+(Eine) Jungfrau (stürzt atemlos herein.)
+
+Jungfrau.
+O Übermaß des Unglücks!
+
+Gora (an der Türe umkehrend).
+Wohl nur der Torheit, will ich hoffen!
+Was neues gibt's?
+
+Jungfrau.
+Der Fürstin Lieblingspferd.--
+
+Gora.
+Das herrliche Tigerroß--
+
+Jungfrau.
+Es ist entflohn!
+
+Gora.
+So?
+
+Jungfrau.
+In der Verwirrung der heutigen Nacht
+Da die Pforte offen, wir alle voll Angst,
+Entkam es dem Stall und ward nimmer gesehn!
+Weh mir!
+
+Gora.
+Ja wohl!
+
+Jungfrau.
+Wie entflieh' ich der Fürstin Zorn?
+Wird sie's ertragen--?
+
+Gora.
+Das (wie) ist ihre Sache
+Doch tragen muß sie's, da es (ist).
+Nur rat' ich dir geh fürs erste ihr aus dem Auge!
+Doch horch! Sie naht schon! Peritta tritt zu mir.
+Medea (kommt in Gedanken versunken aus der Türe rechts.)
+
+Gora (nach einer Pause).
+Medea--
+
+Jungfrau (ihr zuvorkommend und zu Medeens Füßen stürzend).
+O Königin verzeih!
+
+Medea (den Kopf emporhebend).
+Was ist?
+
+Jungfrau.
+Vernichte mich nicht in deinem Zorn!
+Dein Leibroß--Dein Liebling!--Es ist entflohn.
+
+(Pause während welcher sie Medeen voll Erwartung ins Gesicht sieht).
+
+Nicht meine Schuld war's fürwahr. Der Schrecken heut Nacht
+Das Getümmel, der Lärm--Da geschah's--
+Du sprichst nicht?--Zürne Fürstin--
+
+Medea.
+Es ist gut!
+
+(Jungfrau steht auf.)
+
+Gora (sie bei Seite ziehend).
+Was sprach sie?
+
+Jungfrau (freudig).
+Es sei gut.
+
+Gora.
+Das ist (nicht) gut!
+Trägt sie so leicht, was sie sonst schwer ertrug,
+Das begünstigt unsre Sache, Peritta!
+Fast ist mir's unlieb, daß sie so mild gestimmt
+Ich hatte mich drauf gefreut, wie sie sich sträuben würde
+Und endlich überwinden müßte zu tun was sie soll.
+Nu komm denn, komm, für dich ist's besser so.
+Medea hier ist noch jemand den du kennst!
+
+Medea.
+Wer?
+
+Gora.
+Kennst deine Gespielin, Peritta, nicht?
+Zürnst du ihr gleich--
+
+Medea.
+Peritta bist du's;
+Sei mir gegrüßt, sei herzlich mir gegrüßt!
+
+(Sie mit dem Arm umschlingend und sich auf sie stützend.)
+
+Wir haben frohe Tage zusammen gelebt.
+Seit dem ist viel übles geschehn.
+Viel übles seit der Zeit, Peritta!
+Hast du deine Herde verlassen und dein Haus
+Und kommst wieder zu mir, Peritta?
+Sei mir willkommen, du bist sanft und gut,
+Du sollst mir die Nächste sein im Kreis meiner Frauen!
+
+Peritta.
+Kein Haus hab' ich mehr und keine Herde
+Alles verloren, mein Gatte gefangen,
+Dahin meine Ruhe, mein Segen, mein Glück.
+
+Medea.
+So ist er dahin, ist tot!
+Du dauerst mich armes, armes Kind!
+War so jung, so kräftig, so glänzend, so schön,
+Und ist tot und kalt! Du dauerst mich
+Ich könnte weinen, so rührst du mich.
+
+(Legt ihre Stirne auf Perittas Schulter.)
+
+Peritta.
+Nicht tot, nur gefangen ist mein Gatte
+Drum kam ich zu flehn, daß du bittest den Vater
+Ihn zu lösen, zu retten, zu befrein--
+ Medea hörst du?--
+
+(Zu Gora.)
+
+Sie spricht nicht! Was sinnt sie?
+
+Gora.
+Mich überrascht sie nicht minder als dich
+Das ist sonst nicht Medeens Sitte.
+
+Peritta.
+Was ist das? Trau' ich meinen Sinnen?
+Feucht fühl' ich dein Antlitz auf meiner Schulter!
+Medea Tränen?--O du Milde, du Gute!
+
+(Küßt Medeens herabhängende Hand.)
+
+(Medea reißt sich empor, faßt rasch mit der rechten Hand die
+geküßte Linke und sieht Peritten starr ins Gesicht. Dann entfernt
+sie sich rasch von ihr, sie immer starr betrachtend und nähert sich
+der Amme.)
+
+Medea.
+Gora!
+
+Gora.
+Frau?
+
+Medea.
+Heiß sie gehn!
+
+Gora.
+So willst du--
+
+Medea.
+Heiß sie gehn!
+
+Gora
+
+(winkt Peritten mit der Hand Entfernung zu).
+(Peritta hält flehend ihr die Hände entgegen.)
+(Gora winkt ihr beruhigend zu, sich zu entfernen.)
+(Peritta von zwei Mädchen geführt, ab.)
+
+Medea (unterdessen).
+Ah!--es ist heiß hier.--Schwüle Luft.
+
+(Reißt gewaltsam den Gürtel entzwei und wirft ihn weg.)
+
+Gora.
+Sie ist fort!.
+
+Medea (zusammenfahrend).
+Fort?
+
+Gora.
+Peritta ist fort.
+
+Medea.
+Gora!
+
+Gora.
+Gebieterin!
+
+Medea (halblaut, sie bei Seite führend).
+Warst du zugegen heut Nacht?
+
+Gora.
+Wo?
+
+Medea (Sieht ihr fremd ins Gesicht.)
+
+Gora.
+Ah hier? Freilich!
+
+Medea (mit freudeglänzenden Blicken).
+Ich sage dir es war ein Gott!
+
+Gora.
+Ein Gott?
+
+Medea.
+Ich habe lange darüber nachgedacht,
+Nachgedacht und geträumt die lange Nacht,
+Aber 's war ein Himmlischer, des bin ich gewiß.
+Als er mit einemmal dastand, zürnenden Muts,
+Hochaufleuchtend, einen Blitz in der Hand
+Und zwei andre im flammenden Blick,
+Da fühlt' ich's am Sinken des Muts, an meiner Vernichtung,
+Daß ihn kein sterbliches Weib gebar.
+
+Gora.
+Wie? so--
+
+Medea.
+Du hast mir wohl selbst erzählet,
+Oft, daß Menschen, die nah dem Sterben,
+(Heimdar) sich zeige, der furchtbare Gott,
+Der die Toten führt in die schaurige Tiefe.
+Sieh, der war es glaub' ich, o Gora!
+(Heimdar) war es, der Todesgott.
+Bezeichnet hat er sein dunkles Opfer,
+Bezeichnet mich mit dem ladenden Kuß
+Und Medea wird sterben, hinuntergehn
+Zu den Schatten der schweigenden Tiefe.
+Glaub' mir, ich fühle das, gute Gora,
+An diesem Bangen, an diesem Verwelken der Sinne,
+An dieser Grabessehnsucht fühl' ich es,
+Daß mir nicht fern das Ende der Tage!
+
+Gora.
+Was hat deinen Sinn so sehr umwölkt,
+Daß du trüb schaust, was klar und deutlich?
+Ein Mensch war's, ein Übermüt'ger, ein Frecher
+Der hier eindrang
+
+Medea (zurückfahrend).
+Ha!
+
+Gora.
+Der die Nacht benützend--
+
+Medea.
+Schweig!
+
+Gora.
+Deine Angst
+
+Medea.
+Verruchte schweig.
+
+Gora.
+Schweigen kann ich wenn du's gebietest,
+Einst mein Pflegling, jetzt meine Frau.
+Aber drum ist's nicht anders als ich sagte.
+
+Medea.
+Sieh wie du albern bist und töricht!
+Wie käm' ein Fremder in diese Mauern?
+Wie hätt' ein Sterblicher sich erfrecht,
+Zu drängen sich vor Medeas Antlitz,
+Sie zu sprechen, ihr zu drohn, mit seinen Lippen--
+Geh Unselige, geh
+Daß ich dich nicht töte,
+Nicht räche deine Torheit
+An deinem Leben.
+Ein Sterblicher? Scham und Schmach!
+Entferne dich, Verräterin!
+Geh! sonst trifft dich mein Zorn.
+
+Gora.
+Ich rede was ist und nicht was du willst.
+Gehn soll ich? ich gehe.
+
+Medea.
+Gora, bleib!
+Hast du kein freundlichs Wort, du Gute?
+Fühlst du denn nicht, so ist's so muß es sein,
+(Heimdar) war es, der stille Gott,
+Und nun kein Wort mehr, kein Wort, o Gora!
+
+(Wirft sich ihr an den Hals und verschließt mit ihrem Munde Goras
+Lippen.)
+
+(Nach einer Pause.)
+
+
+Medea.
+Horch!
+
+Gora.
+Tritte nahen!
+
+Medea.
+Man kommt! Fort!
+
+Gora.
+Bleib! Dein Bruder ist's und dein Vater! Sieh!
+Aietes und Absyrtus (stürzen herein.)
+
+Aietes.
+Entkommen ist er, des trägst du die Schuld!
+
+(Zu Medeen.)
+
+Warum hemmtest den Streich des Bruders,
+Da er ihn töten wollte, den Frevler?
+
+Absyrtus.
+Vater, scheltet sie nicht darum
+War doch angstvoll und bang ihre Seele!
+Denkt! ein Fremder, allein, bei Nacht,
+Eingedrungen in ihre Kammer;
+Sollte sie da nicht zagen, Vater?
+Und nicht weiß die Furcht was sie tut.
+Doch der Grieche--
+
+Medea.
+Grieche?
+
+Aietes.
+Wer sonst?
+Einer der Fremden war's, der Hellenen,
+Die gekommen an Kolchis' Küste,
+Argonauten, auf Argo dem Schiff,
+Zu verwüsten unsere Täler
+Und zu rauben unser Gut.
+
+Medea
+
+(Goras Hand fassend).
+Gora!
+
+Gora.
+Siehst du? es ist so, wie ich sagte.
+
+Absyrtus.
+Übermütig sind sie und stark
+Ja, bei Peronto! Stark und kühn!
+Setzt' ich nicht nach ihm, ich und die Meinen
+Hart ihn drängend, nach auf den Fersen?
+Aber er führte in Kreisen sein Schwert
+Keiner von uns kam ihm nah zu Leibe.
+Jetzt zum Strom gekommen, warf er
+Raschen Sprungs sich hinein.
+Dumpf ertönte die Gegend dem Sturze,
+Hoch auf spritzten die schäumenden Wasser
+Und er verschwand in umhüllende Nacht.
+
+Aietes.
+Ist er entkommen dieses Mal
+Fürder soll es ihm nicht gelingen!
+Die kühnen Fremdlinge stolz und trotzig
+Haben Zweisprach begehrt mit mir.
+Zugesagt hab' ich's, den Groll verbergend
+Den tödlichen Haß in der tiefen Brust
+Aber gelingt mir, was ich sinne,
+Und bist du mir gewärtig mit deiner Kunst,
+So soll sie der frevelnde Mut gereuen,
+So endet der Streit noch eh er begann.
+Auf Medea, komm! Mach' dich fertig
+Gut zu machen, was du gefehlet
+Und zu rächen die eigene Schmach
+(Deine) Sache ist's nun geworden
+Haben sie doch an dir auch gefrevelt,
+Gefrevelt durch jenes Kühnen Tat,
+Denn wahr ist's doch, was Absyrtus mir sagte,
+Daß er's gewagt mit entehrendem Kuß--
+
+Medea.
+Vater schweig, ich bitte dich--
+
+Aietes.
+Ist's wahr?
+
+Medea.
+Frage mich nicht was wahr, was nicht!
+Laß dir's sagen die Röte meiner Wangen
+Laß dir's sagen--Was soll ich? Gebeut!
+Willst du vernichten die Schar der Frevler?
+Sage nur wie, ich bin bereit!
+
+Aietes.
+So recht Medea, so mag ich's gern
+So erkenn' ich in dir mein Kind
+Zeig' daß dir fremd war des Frechen Erkühnen
+Laß sie nicht glauben, du habest gewußt
+Selber gewußt um die frevelnde Tat!
+
+Medea.
+Gewußt? Wer glaubt das, Vater und von wem?
+
+Aietes.
+Wer? der's sah, der's hörte, Kind!
+Wer Zeuge war wie Aletes' fürstliche Tochter
+Den Kuß duldete von des Frevlers Lippe.
+
+Medea.
+Vater!
+
+Aietes.
+Was ist?
+
+Medea.
+Du tötest mich!
+
+Aietes.
+(Ich) glaub's (nicht), Medea!
+
+Medea.
+Wirklich nicht?
+Laß uns gehn!
+
+Aietes.
+Wohin?
+
+Medea.
+Wohin du willst
+Zu vernichten, zu töten, zu sterben!
+
+Aietes.
+Du versprichst mir also?
+
+Medea.
+Ich hab' es gesagt!
+Aber laß uns gehn!
+
+Aietes.
+Hör' erst!
+
+Medea.
+Nicht hier!
+Hohnzulachen scheint mir des Gottes Bild
+Des Gewölbes Steine formen sich mir
+Zu lachenden Mäulern und grinsenden Larven.
+Hinweg von dem Orte meiner Schmach!
+Nimmer betret' ich ihn. Vater komm!
+Was du willst, wie du willst, doch fort von hier!
+
+Aietes.
+So höre!
+
+Medea.
+Fort!
+
+Aietes.
+Medea!
+
+Medea.
+Fort!
+
+(Eilt ab.)
+
+Aietes.
+Medea!
+
+(Mit Absyrtus ihr nach.)
+
+(Freier Platz mit Bäumen. Links im Hintergrunde des Königs Zelt.)
+Acht Abgeordnete der Argonauten (treten auf von einem) Kolchischen
+Hauptmanne (geleitet.)
+
+Hauptmann.
+Hier sollt ihr weilen ist des Königs Befehl
+Bald naht er selbst.
+
+Erster Argonaut.
+Befehl? Nichtswürdiger Barbar,
+Für dich mag's sein, doch uns Befehl?
+Wir harren deines Königs weil wir wollen,
+Doch eil' er sich, sonst suchen wir ihn auf!
+
+Zweiter Argonaut.
+Laß ihn! Die Knechtesrede ziemt dem Knecht!
+
+(Kolcher ab.)
+
+So sind wir hier; erreicht des Strebens Ziel!
+Nach mancher Fährlichkeit zu Land und See
+Umfängt uns Kolchis' düstre Märchenwelt,
+Von der man spricht so weit die Sonne leuchtet.
+Was keinem möglich deuchte ist geschehn;
+Durchsegelt ist ein unbekanntes Meer,
+Das zürnend Untergang dem ersten Schiffer drohte,
+Zu neuen Völkern und zu neuen Ländern
+Tat sich der Weg, und was oft schwerer noch,
+Tat auch der Rückweg sich uns günstig auf:
+Wir sind in Kolchis, unsrer Reise Ziel.
+So weit hat gnädig uns ein Gott geführt;
+Doch jetzo fürcht' ich wendet er sich ab!
+Wir stehn in Feindes Land, von Tod umgeben
+Fremd, ohne Rat und Führer--Jason fehlt.
+Er, der zum Zug geworben, ihn geführt,
+Er, dessen eigne Sache wir verfechten,
+Mit Milo hat er sich vom Zug entfernt,
+Heut Nacht entfernt und ward nicht mehr gesehn.
+Ob er im Wald verirrt, verlassen schmachtet,
+Ob er ins Netz gefallen der Barbaren,
+Ob ihn aus Hinterhalt der Tod ereilt
+Ich weiß es nicht, doch jedes steht zu fürchten.
+So aufgelöst, vereinzelt, ohne Band,
+Ist jeder nun sein eigner Rat und Führer
+Drum frag' ich euch, die Ersten unsrer Schar:
+Was ist zu tun?
+
+(Alle schweigen mit gesenkten Häuptern.)
+
+Ihr schweigt. Jetzt gilt's Entschluß!
+Geladen von dem König dieses Landes
+Zur Zweisprach, zum Versuch der Gütlichkeit,
+Schien's uns gefährlich, ob des Führers Abgang
+Den Aufruf abzulehnen, der geschehn,
+Und zu enthüllen unsre Not und Schwäche.
+Wir gingen, wir sind hier!--Was nun zu tun?
+Wer Rat weiß, spreche nun!
+
+Dritter Argonaut.
+Du bist der Ältste
+Sprich du!
+
+Zweiter Argonaut.
+Der Ältste ist der Erste nicht
+Wo's Kraft gilt und Entschluß. Fragt einen andern!
+
+Erster Argonaut.
+Laßt uns die Schwerter nehmen in die Hand
+Den König töten und sein treulos Volk
+Dann fort, doch erst die Beut' ins Schiff gebracht!
+
+Zweiter Argonaut.
+Nicht auch das Land und heimgebracht zur Schau?
+Dein Rat ist unreif Freund wie deine Jahre.
+Gebt andern!
+
+Dritter Argonaut.
+Rate du, wir folgen dir!
+
+Zweiter Argonaut.
+Mein Rat ist Rückkehr! Murrt ihr? Nun wohlan
+Sprech' einer Besseres, ich stimme bei!
+Ihr schweigt gesamt und Niemand tritt hervor.
+So hört, und stört nicht oder überzeugt mich!
+Nicht eignes Streben hat uns hergeführt
+Was kümmert Kolchis uns mit seinen Wundern?
+Dem Mut, dem Glücke Jasons folgten wir
+Den Arm ihm leihend zum gebotnen Werk;
+Er tat des Oheims Willen, wir den seinen.
+Wer ist, der treten mag an Jasons Stelle,
+Hat ihn der Tod, wie möglich, hingerafft?
+Wem liegt daran das Wundervließ zu rauben
+Das Tod umringt und dräuende Gefahr?
+Habt ihr gehört? im Schlund der Höhle liegt's,
+Bewacht von eines Drachen gift'gen Zähnen,
+Vom Graun verteidigt schwarzer Zauberei,
+Beschützt von allem was verrucht und greulich;
+Wer wagt's von euch, wer hebt den goldnen Schatz?
+Wie Keiner? Nun, so woll' auch keiner (scheinen)
+Was keiner Kraft und Willen hat zu (sein).
+Hier leg' ich von mir Schild und Speer
+Und geh' zum König als ein Mann des Friedens.
+Drei Tage gönn' er uns zu harren Zeit,
+Und kehrt dann Jason nicht, so ziehn wir heim.
+Wer mit mir gleichdenkt, tue so wie ich.
+Ein Held ist wer das Leben Großem opfert
+Wer's für ein Nichts vergeudet ist ein Tor!
+
+(Die meisten stoßen ihre Speere in den Boden.)
+
+Nun kommt zu Kolchis' König. Gerne tauscht er
+Die eigne Sicherheit wohl aus für unsre!
+
+Erster Argonaut.
+Halt noch. Dort nahn zwei Griechen! Milo ist's
+Der fort mit Jason ging und--
+
+(schreiend)
+
+Jason selber!
+Jason!
+
+Mehrere.
+Jason!
+
+Alle (tumultuarisch).
+Jason!
+
+Milo
+
+(hinter der) Szene).
+Hier Gefährten!
+Hier Jason, Argonauten!
+
+Erster Argonaut (zum zweiten).
+Was sagst du nun?
+
+Zweiter Argonaut.
+Daß Jason da ist, sag' ich Freund wie du.
+Statt meines Rates gibt er euch die Tat.
+Nur da er fort war hatt' ich eine Meinung!
+Milo (tritt auf), Jason (an der Hand führend.)
+
+Milo.
+Hier habt ihr ihn! Hier ist er ganz und gar!
+Nun seht euch satt an ihm und schreit und jubelt!
+
+(Die Argonauten drängen sich um Jason, fassen seine Hände und
+drücken ihre Freude aus.)
+
+Vermischte Stimmen.
+Willkommen--Jason!--Freund!--Willkommen Bruder!
+
+Jason.
+Habt ihr um mich gebangt? Hier bin ich wieder!
+
+(Indem er den Andrängenden die Hände reicht.)
+
+Milo (den nächststehenden umarmend).
+Freund siehst du, er ist da? Gesund und rüstig!
+Und's ging ihm nah ans Leben, ei beim Himmel!
+Ein Haar! und ihr saht Jason nimmer mehr!
+Er wagte sich, allein--ich durft' nicht mit--
+Um euretwillen Freunde wagt' er sich,
+Im dichten Wald, allein, in einen Turm,
+Der voll Barbaren steckte bis zum Giebel.
+Da hieß es fechten.
+
+Jason.
+Ja fürwahr es galt!
+Verloren war ich, wenn ein Mädchen nicht--
+
+Milo.
+Ein Mädchen? Ein Barbarenmädchen?
+
+Jason.
+Ja!
+
+Milo.
+Sieh davon sagtest du mir früher nichts!
+Und war sie schön?
+
+Jason.
+So schön so reizend so--
+Doch eine arge, böse Zauberin.--
+Ihr dank' ich dies mein Leben!
+
+Milo.
+Wackres Mädchen!
+
+Jason.
+Ich schlug mich durch und--doch genug, ich lebe
+Und bin bei euch!--Doch was führt euch hierher?
+
+Zweiter Argonaut.
+Zur Zweisprach ließ uns laden Kolchis' König
+Vernehmen will er unsre Forderung
+Und dann entscheiden.
+
+Jason.
+Hier?
+
+Zweiter Argonaut.
+Hier ist sein Sitz!
+
+Jason.
+Ich will ihn sprechen. Fügt er sich in Frieden
+Gut denn! wenn nicht, dann mag das Schwert entscheiden.
+
+(Auf die seitwärts gestellten Speere zeigend.)
+
+Doch diese Waffen!--Seid ihr hier so sicher
+Daß ihr des Schutzes selber euch beraubt?
+
+(Sie nehmen beschämt die weggelegten Speere wieder auf.)
+
+Ihr schweigt und schlagt beschämt die Augen nieder?
+Habt ihr?--
+
+(Zu Milo.)
+
+Oh sieh, sie meiden meinen Blick!
+Unglückliche! es war doch nicht die Furcht--
+Die (Furcht) Hellenen, die den Speer euch nahm?
+Es war's nicht--?
+
+(Zu Milo.)
+
+Ach es war's! Die Unglücksel'gen
+Sie wagen's nicht der Lüge mich zu zeihn.
+Was hat euch denn verblendet arme Brüder?--
+Es war die (Furcht)!--
+
+(Zu einem der sprechen will.)
+
+Ich bitte dich, sprich nicht
+Ich kann mir denken was du fühlst. Sprich nicht!
+Mach' nicht, daß ich mich schäme vor mir selbst!
+Denn, o nicht ohne Tränen könnt' ich schauen
+In ein von Scham gerötet Männerantlitz.
+Ich will's vergessen wenn ich kann.
+
+(Ein Kolcher tritt auf.)
+
+Kolcher.
+Der König naht!
+
+Jason.
+So laßt uns stark sein und entschlossen, Freunde
+Nicht ahne der Barbar, was hier geschehn!
+Aietes (tritt auf mit) Gefolge.
+
+Aietes.
+Wer ist der das Wort führt für die Fremden!
+
+Jason (vortretend).
+Ich!
+
+Aietes.
+Beginn!
+
+Jason.
+Hochmütiger Barbar, du wagst--?
+
+Aietes.
+Was willst du?
+
+Jason.
+Achtung!
+
+Aietes.
+Achtung?
+
+Jason.
+Meiner Macht,
+Wenn meinem Namen nicht!
+
+Aietes.
+Wohlan, so sprich!
+
+Jason.
+Thessaliens Beherrscher, Pelias,
+Mein Oheim und mein Herr, schickt mich zu dir,
+Mich, Jason, dieser Männer Kriegeshaupt,
+Zu dir zu reden, wie ich jetzo rede!
+Gekommen ist die Kunde übers Meer,
+Daß Phryxus, ein Hellene, hohen Stammes,
+Den Tod gefunden hier in deinem Reich!
+
+Aietes.
+Ich schlug ihn nicht.
+
+Jason.
+Warum verteidigst du dich,
+Eh ich dich noch beschuldigt? Hör' mich erst.
+Mit Schätzen und mit Gute reich beladen
+War Phryxus' Schiff. Das blieb in deiner Hand
+Als er verblich geheimnisvollen Todes!
+Sein Haus ist aber nahverwandt dem meinen,
+Drum in dem Namen meines Ohms und Herrn
+Fordr' ich, daß du erstattest, was sein eigen,
+Und was nun mein und meines Fürstenhauses.
+
+Aietes.
+Nichts weiß ich von Schätzen.
+
+Jason.
+Laß mich enden.
+Das Köstlichste von Phryxus' Gütern aber
+Es war ein köstliches, geheimnisvolles Vließ,
+Des er entkleidete in Delphis hoher Stadt
+Das Bildnis eines unbekannten Gottes
+Das dort seit grauen Jahren aufgestellt,
+Man sagt, von den Urvätern unsers Landes,
+Die fernher kommend, und von Oben stammend,
+Das Land betraten und der Menschheit Samen
+Weitbreitend in die leere Wildnis streuten,
+Und Hellas' Väter wurden, unsre Ahnen
+Von ihnen sagt man stamme jenes Zeichen,
+Ein teures Pfand für Hellas' Heil und Glück.
+Vor allem nun dies Vließ fordr' ich von dir,
+Daß es ein Kleinod bleibe der Hellenen
+Und nicht in trotziger Barbaren Hand
+Zum Siegeszeichen diene wider sie.
+Sag' was beschließest du?
+
+Aietes.
+Ich hab's nicht!
+
+Jason.
+Nicht?
+Das goldne Vließ?
+
+Aietes.
+Ich hab's nicht, sag' ich dir!
+
+Jason.
+Ist dies dein letztes Wort?
+
+Aietes.
+Mein letztes!
+
+Jason.
+Wohlan!
+
+(Wendet sich zu gehn.)
+
+Aietes.
+Wo willst du hin?
+
+Jason.
+Fort, zu den Meinen,
+Sie zu den Waffen rufen, um zu sehen,
+Ob du der Macht unnahbar wie dem Recht.
+
+Aietes.
+Ich lache deiner Drohungen!
+
+Jason.
+Wie lange?
+
+Aietes.
+Tollkühner! Mit einem Häufchen Abenteurer
+Willst du trotzen dem König von Kolchis?
+
+Jason.
+Ich will's versuchen!
+
+(Will gehen.)
+
+Aietes.
+Halt! Du rasest glaub' ich.
+Ist wirklich der Götter Huld geknüpft an jenes Zeichen
+Und ist dem Sieg und Rache, der's besitzt,
+Wie kannst du hoffen zu bestehen gegen mich,
+In dessen Hand--
+
+Jason.
+Ha, so besitzest du's?
+
+Aietes.
+Wenn's wäre, mein' ich, wie du glaubst.
+
+Jason.
+Ich weiß genug!
+Schwachsinniger Barbar, und darauf stützest
+Du deiner Weigrung unhaltbaren Trotz?
+Du glaubst zu siegen, weil in deiner Hand--
+Nicht gut nicht schlimm ist, was die Götter geben
+Und der Empfänger erst macht das Geschenk.
+So wie das Brot, das uns die Erde spendet,
+Den Starken stärkt, des Kranken Siechtum mehrt,
+So sind der Götter hohe Gaben alle,
+Dem Guten gut, dem Argen zum Verderben.
+In meiner Hand führt jenes Vließ zum Siege
+In deiner sichert's dir den Untergang.
+Sprich selbst, wirst du es wagen zu berühren
+Besprützt wie's ist mit deines Gastfreunds Blut,--
+
+Aietes.
+Schweig!
+
+Jason.
+Sag' gibst du's heraus?--ja oder nein!
+
+Aietes.
+So höre mich!
+
+Jason.
+Ja oder nein!
+
+Aietes.
+Du rascher!
+Warum uns zanken ohne Not
+Laß uns friedlich überlegen
+Und dann entscheiden was zu geschehn!
+
+Jason.
+Du gibst es denn heraus?
+
+Aietes.
+Was?--Ei laß das!
+Wir wollen uns erst kennen und verstehn.
+Dem Freunde gibt man, nicht dem Fremden!
+Tritt ein bei mir und ruhe von der Fahrt.
+
+Jason.
+Ich trau' dir nicht!
+
+Aietes.
+Warum nicht?
+Ist auch rauh meine Sprache, fürchte nichts.
+Laß dir's wohl sein in meinem Lande.
+Liebst du den Becher? Wir haben Tranks die Fülle.
+Jagd? Wildreich sind unsre Forste.
+Magst du dich freun in der Weiber Umarmung?
+Kolchis hat--
+
+(Näher zu ihm tretend.)
+
+Liebst du die Weiber?
+
+Jason.
+(Eure) Weiber? und doch--
+
+Aietes.
+Liebst du die Weiber?
+
+Jason.
+Kennst einen Turm du dort im nahen Walde,
+Der--doch wo bin ich! Komm zur Sache König!
+Gibst du das Vließ?
+
+Aietes
+
+(zu einem Kolcher).
+Ruf Medeen und bring' Wein!
+
+Jason.
+Noch einmal, gibst du mir das Vließ?
+
+Aietes.
+Sei ruhig!
+Erst gezecht dann zum Rat, so halten wir's.
+
+Jason.
+Ich will von deinen Gaben nichts.
+
+Aietes.
+Du sollst!
+Ungespeist geht keiner aus Aietes' Hause!
+Sieh man kommt, laß dir's gefallen, Fremdling!
+Medea (kömmt verschleiert einen Becher in der Hand, mit ihr) Diener
+(die Pokale tragen.)
+
+Aietes.
+Hier trink, mein edler Gast!
+
+(Zu Medeen.)
+
+Ist er bereitet?
+
+Medea.
+O frage nicht!
+
+Aietes.
+So geh und biet ihn an!
+Erlabe dich mein Gast!
+
+Jason.
+Ich trinke nicht!
+
+(Medea fährt beim Klang von Jasons Stimme zusammen. Sie blickt
+empor, erkennt ihn und tritt einige Schritte zurück.)
+
+Aietes (zu Jason).
+Warum nicht?
+
+(Zu Medeen.)
+
+Hin zu ihm. Tritt näher sag' ich!
+
+Jason.
+Was seh' ich?--Diese Kleider!--Mädchen bleib!
+Dein Kleid erneuert mir ein holdes Bild
+Das ich nur erst--Gib deinen Becher mir,
+Ich wag's auf deine Außenseite! Gib!
+
+(Er nimmt den Becher aus ihrer Hand.)
+
+Ich leer' ihn auf dein Wohl!
+
+Medea.
+Halt ein!
+
+Jason.
+Was ist?
+
+Medea.
+Du trinkst Verderben!
+
+Jason.
+Wie?
+
+Aietes.
+Medea!
+
+Jason
+
+(indem er den Becher wegwirft).
+König
+Das deine Freundschaft? Rache dir Barbar!
+Doch du, wer bist du? die so sonderbar
+Mit Grausamkeit vereinet Mitleids Milde?
+Laß mich dich schaun!
+
+(Er reißt ihr den Schleier ab.)
+
+Sie ist's! Es ist dieselbe!
+
+Aietes.
+Medea fort!
+
+Jason.
+Medea heißest du?
+So sprich Medea denn!
+
+Medea.
+Was willst du?
+
+Jason.
+Wie?
+So mild dein Tun und rauh dein Wort, Medea?
+Nur zweimal sah ich dich und beidemal
+Verdank' ich dir mein Leben. Habe Dank!
+Es scheint die Götter haben uns ersehn
+Uns Freund zu sein, nicht Feinde, o Medea!
+Noch einmal diesen Blick, o sieh nicht weg!
+Schau' mir ins Aug, ich mein' es rein und gut.
+
+(Erfaßt ihre Hand und wendet sie gegen sich.)
+
+Laß mich in deinem Blick die Kunde lesen
+
+(Medea entreißt ihm die Hand.)
+
+Jason.
+Halt ein!
+
+Medea (sich emporrichtend).
+Verwegner wagst du's?--Weh!
+
+(Sie begegnet seinem Blicke, fährt zusammen und entflieht.)
+
+Jason.
+Medea!
+
+(Medea ab.)
+(Er eilt ihr nach.)
+
+Aietes.
+Zurück!
+
+Jason.
+Du selbst zurück, Barbar!--Medea!
+(Indem er ins Zelt dringen will und Aietes sich ihm abwehrend in
+den Weg stellt, fällt der Vorhang.)
+
+
+
+
+Dritter Aufzug
+
+(Das Innere von des Königs Zelte. Der hintere Vorhang desselben
+ist so, daß man durch denselben, ohne die draußen befindlichen
+Personen genau unterscheiden zu können, doch die Umrisse derselben
+erkennen kann.)
+Medea, Gora, Jungfrauen (im Zelte.) Jason, Aietes (und) Alle
+Personen des letzten Aktschlusses (außer demselben.)
+(Medea steht links im Vorgrunde aufgerichtet, die linke Hand auf
+einen Tisch gestützt, die Augen unbeweglich vor sich gerichtet in
+der Stellung einer die hört was außen vorgeht. Gora sie
+beobachtend auf der andern Seite des Tisches. Jungfrauen teils
+knieend, teils stehend um sie gruppiert. Einige) Krieger (im
+Hintergrunde des Zeltes an den Seiten aufgestellt.)
+
+Jason (von außen).
+Ich will hinein!
+
+Aietes (außen).
+Zurück!
+
+Jason.
+Denkst du's zu wehren?
+Vom Schwert die Hand! die Hand vom Schwerte sag' ich,
+Das meine zuckt, ich kann nicht drohen sehn!
+Ich will hinein! Gib Raum!
+
+Aietes.
+Zurück Verwegner!
+
+Gora (zu Medeen).
+Er rast der Freche!
+
+Jason (außen).
+Hörst du mich Medea?
+Gib mir ein Zeichen wenn du hörst!
+
+Gora.
+Vernahmst du?
+
+Jason.
+Dringt bis zu dir mein Ruf, so gib ein Zeichen.
+Erwählte!
+
+(Medea, die bis jetzt unbeweglich gestanden fährt zusammen und legt
+die Hand auf die tiefatmende Brust.)
+
+Jason.
+Sieh, mein Arm ist offen. Komm!
+
+(Jasons Stimme kommt immer näher.)
+
+Ich hab' dein Herz erkannt! Erkenn' das meine
+Medea komm!
+
+Aietes.
+Zurück!
+
+Gora.
+Er dringt herein!
+
+(Medea reißt sich aus den Armen ihrer Jungfrauen los und flieht auf
+die andere Seite des Vorgrunds.)
+
+Jason.
+Ich rufe dir! Ich liebe dich, Medea.
+
+Gora (Medeen folgend).
+Hast du gehört?
+
+Medea (verhüllt die Augen mit der Hand).
+
+Gora (dringend).
+Unglückliche das also war's?
+Daher die Bewegung, daher deine Angst
+O Schmach und Schande, wär' es wirklich?
+
+Medea (aufgerichtet, sie mit Hoheit anblickend).
+Was?
+
+Jason (indem er die Vorhänge des Zeltes aufreißt).
+Ich muß sie sehn!--Da ist sie!--Komm Medea!
+
+Gora.
+Er naht! Entflieh!
+
+Medea (zu den Soldaten im Zelte).
+Steht ihr so müßig
+Braucht die Waffen, helft eurem Herrn!
+
+Aietes (der indes mit Jason am Eingange gerungen hat).
+Mit meinem Tod erst dringst du hinein!
+
+(Die Soldaten im Zelte stürzen auf die Streitenden los. Jason wird
+weggedrängt. Die Vorhänge fallen wieder zu.)
+
+Jason (draußen).
+Medea!--Wohl so mag das Schwert entscheiden!
+
+Absyrtus' Stimme.
+Schwerter bloß! Hier ist das Meine!
+
+(Waffengeklirr von außen.)
+
+Gora.
+Sie fechten! Götter stärkt der Unsern Arm!
+
+(Medea steht wieder bewegungslos da.)
+
+Milos Stimme (von außen).
+Jason zurück! Wir werden übermannt
+Zwölf unsre Schar und hunderte der Feinde!
+Barbaren brecht ihr den geschwornen Stillstand?
+
+Jason.
+Laß sie nur kommen, ich empfange sie!
+
+Aietes.
+Haut sie nieder, weichen sie nicht!
+
+(Das Waffengeklirr entfernt sich.)
+
+Gora.
+Die Fremden werden zurückgedrängt, die Unsern siegen!
+Medea fasse dich. Dein Vater naht.
+Aietes und Absyrtus kommen.
+
+Aietes.
+Wo ist sie?--Hier! Verräterin
+Wagst du's zu stehn deines Vaters Blick?
+
+Medea (ihm entgegen).
+Nicht zu Worten ist's jetzt Zeit, zu Taten!
+
+Aietes.
+Das sagst du mir nach dem was geschehn,
+Jetzt, da das Schwert noch bloß in meiner Hand?
+
+Medea.
+Nichts weiter von Vergleich, von Unterredung
+Von gütlichen Vertrags fruchtlosem Versuch.
+Bewaffne die Krieger, versammle die Deinen
+Und jetzt auf sie hin, hin auf die Fremden
+Eh sie's vermuten, eh sie sich fassen.
+Hinaus mit ihnen, hinaus aus deinem Land
+Rettend entführe sie ihr schnelles Schiff
+Oder der Tod ihnen allen--allen!
+
+Aietes.
+Wähnst du mich zu täuschen, Betrügerin?
+Wenn du sie hassest, was warfst du den Becher,
+Der mir sie liefern sollte, Jason liefern sollte,
+Jason--sich mir ins Antlitz. Du wendest dich ab?
+
+Medea.
+Was liegt dir an meiner Beschämung,
+Rat bedarfst du, ich g e b e dir Rat.
+Noch einmal also, verjag' sie die Fremden
+Stoß sie hinaus aus den Marken des Reichs
+Der grauende Morgen, der kommende Tag
+Sehe sie nicht mehr in Kolchis' Umfang.
+
+Aietes.
+Du machst mich irre an dir, Medea.
+
+Medea.
+War ich es lange nicht, lange nicht selbst?
+
+Aietes.
+So wünschest du daß ich vertreibe die Fremden?
+
+Medea.
+Flehend, knieend bitt' ich dich drum.
+
+Aietes.
+Alle?
+
+Medea.
+Alle!
+
+Aietes.
+Alle?
+
+Medea.
+Frage mich nicht!
+
+Aietes.
+Nun wohlan denn ich waffne die Freunde!
+Du gehst mit!
+
+Medea.
+Ich?
+
+Aietes.
+Seltsame, du!
+Sieh ich weiß, nicht den Pfeil nur vom Bogen,
+Schleuderst den Speer auch, die mächtige Lanze,
+Schwingest das Schwert in kräftiger Hand.
+Komm mit, wir verjagen die Feinde!
+
+Medea.
+Nimmermehr!
+
+Aietes.
+Nicht?
+
+Medea.
+Mich sende zurück
+In das Innre des Landes Vater,
+Tief, wo nur Wälder und dunkles Geklüft,
+Wo kein Aug hindringt, kein Ohr, keine Stimme,
+Wo nur die Einsamkeit und ich.
+Dort will ich für dich zu den Göttern rufen
+Um Beistand für dich, um Kraft, um Sieg.
+Beten Vater, doch kämpfen nicht.
+Wenn die Feinde verjagt, wenn kein Frevler mehr hier,
+Dann komm' ich zurück und bleibe bei dir
+Und pflege dein Alter sorglich und treu
+Bis der Tod herankommt, der freundliche Gott
+Und leise beschwichtigend, den Finger am Mund,
+Auf seinem Kissen von Staub und Moos
+Die Gedanken schlafen heißt und ruhn die Wünsche.
+
+Aietes.
+Du willst nicht mit und ich soll dir glauben?
+Ungeratene zittre!--Jason?
+
+Medea.
+Was fragst du mich wenn du's weißt.
+Oder willst du's hören aus meinem Mund
+Was ich bis jetzt mir selber verbarg,
+Ich mir verbarg? die Götter mir bargen.
+Laß dich nicht stören die flammende Glut,
+Die mir, ich fühl' es die Wangen bedeckt,
+Du willst es hören und ich sag' es dir.
+Ich kann nicht im Trüben ahnen und zagen
+Klar muß es sein um Medea, klar!
+Man sagt--und ich fühle es ist so!--
+Es gibt ein Etwas in des Menschen Wesen,
+Das, unabhängig von des Eigners Willen,
+Anzieht und abstößt mit blinder Gewalt;
+Wie vom Blitz zum Metall, vom Magnet zum Eisen,
+Besteht ein Zug, ein geheimnisvoller Zug
+Vom Menschen zum Menschen, von Brust zu Brust.
+Da ist nicht Reiz, nicht Anmut, nicht Tugend nicht Recht
+Was knüpft und losknüpft die zaub'rischen Fäden,
+Unsichtbar geht der Neigung Zauberbrücke
+So viel sie betraten hat keiner sie gesehn!
+Gefallen muß dir was dir gefällt
+So weit ist's Zwang, rohe Naturkraft:
+Doch steht's nicht bei dir die Neigung zu (rufen)
+Der Neigung zu (folgen) steht bei dir,
+Da beginnt des Wollens sonniges Reich
+Und ich will nicht
+
+(Mit aufgehobener Hand.)
+
+Medea will (nicht)!
+Als ich ihn sah, zum erstenmale sah,
+Da fühlt' ich stocken das Blut in meinen Adern,
+Aus seinem Aug, seiner Hand, seinen Lippen
+Gingen sprühende Funken über mich aus
+Und flammend loderte auf mein Innres.
+Doch verhehlt' ich's mir selbst. Erst als er's aussprach,
+Aussprach in der Wut seines tollen Beginnens,
+Daß er liebe--
+Schöner Name
+Für eine fluchenswerte Sache!--
+Da ward mir's klar und (darnach) will ich handeln.
+Aber verlange nicht, daß ich ihm begegne,
+Laß mich ihn fliehn--Schwach ist der Mensch
+Auch der stärkste, schwach!
+Wenn ich ihn sehe drehn sich die Sinne
+Dumpfes Bangen überschleicht Haupt und Busen
+Und ich bin nicht mehr, die ich bin.
+Vertreib ihn, verjag' ihn, töt' ihn,
+Ja, weicht er nicht, töt' ihn Vater
+Den Toten will ich (schaun), wenn auch mit Tränen schaun
+Den Lebenden nicht.
+
+Aietes.
+Medea!
+
+Medea.
+Was beschließest du?
+
+Aietes (indem er ihre Hand nimmt).
+Du bist ein wackres Mädchen!
+
+Absyrtus (ihre andre Hand nehmend).
+Arme Schwester!
+
+Medea.
+Was beschließest du?
+
+Aietes.
+Wohl, du sollst zurück.
+
+Medea.
+Dank! tausend Dank! Und nun ans Werk mein Vater!
+
+Aietes.
+Absyrtus wähl' aus den Tapfern des Heers
+Und geleite die Schwester nach der Felsenkluft--
+Weißt du?--wo wir's aufbewahrten--das goldne Vließ!
+
+Medea.
+Dorthin? Nein!
+
+Aietes.
+Warum nicht?
+
+Medea.
+Nimmermehr!
+Dorthin, an den Ort unsers Frevels?
+Rache strahlet das schimmernde Vließ.
+So oft ich's versuch' in die Zukunft zu schauen
+Flammt's vor mir wie ein blut'ger Komet,
+Droht mir Unheil, findet's mich dort!
+
+Aietes.
+Törin! Kein sichrerer Ort im ganzen Lande
+Auch bedarf ich dein, zu hüten den Schatz
+Mit deinen Künsten, deinen Sprüchen,
+Dorthin oder mit mir!
+
+Medea.
+Es sei, ich gehorche!
+Aber einen Weg sende mich, wo kein Feind uns trifft.
+
+Aietes.
+Zwei Wege sind. Einer nah am Lager des Feindes
+Der andre rauh und beschwerlich, wenig betreten,
+Über die Brücke führt er am Strom, den nimm Absyrtus!
+Nun geht!--Hier der Schlüssel zum Falltor
+Das zur Kluft führt! Nimm ihn, Medea.
+
+Medea.
+Ich? Dem Bruder gib ihn!
+
+Aietes.
+Dir!
+
+Medea.
+Vater!
+
+Aietes.
+Nimm ihn, sag' ich und reize mich nicht
+Deiner törichten Grillen bin ich satt.
+
+Medea.
+Nun wohl ich nehme!
+
+Aietes.
+Lebe wohl!
+
+Medea.
+Vater!
+
+Aietes.
+Was?
+
+(Medea wirft sich lautschluchzend in seine Arme.)
+
+Aietes (weicher).
+Törichtes Mädchen!
+
+(Er küßt sie.)
+
+Leb' wohl mein Kind.
+
+Medea.
+Vater auf Wieder- Wiedersehn
+Auf baldiges, frohes Wiedersehn!
+
+Aietes.
+Nun ja, auf frohes Wiedersehn.
+
+(Sie mit der Hand von sich entfernend.)
+
+Nun geh!
+
+Medea (die Augen mit der Hand verhüllend).
+Leb' wohl!
+
+(Ab mit Absyrtus.)
+
+
+
+
+(Aietes bleibt nach dem Abgehen der Medea einige Augenblicke mit
+gesenktem Haupt hinbrütend stehen. Plötzlich rafft er sich auf
+blickt einige Male rasch um sich her und geht schnell ab.)
+
+(Eine waldichte Gegend an der Straße, die zum Lager der Argonauten
+führt.)
+Jason, Milo und Andre Argonauten kommen.
+
+
+Milo.
+Hier laßt uns halten Freunde. Die Barbaren
+Verfolgen uns nicht mehr. Der Ort hier scheint bequem
+Zum Angriff so, wie zur Verteidigung.
+Auch ist's der einz'ge Weg, der, seit der Sturm
+Die Brücken abgerissen heute Nacht,
+Vom Sitze führt des Königs nach dem Innern
+Und lagern wir uns hier, so schneiden wir
+Ihm jeden Hilfszug ab, den er erwartet.
+Geh' einer hin zur Schar der Rückgebliebnen
+Und leite sie hierher. Wir warten ihrer.
+
+(Erster Argonaut ab.)
+(Zu Jason der mit gekreuzten Armen auf und nieder geht.)
+
+Was überdenkst du Freund?
+
+Jason.
+Gar mancherlei!
+
+Milo.
+Gesteh' ich's dir? Du hast mich überrascht
+Du zeigtest eine Falte deines Innern heut
+Die neu mir ist.
+
+Jason.
+Hätt' ich doch bald gesagt:
+Mir auch!
+
+Milo.
+So liebst du sie denn wirklich?
+
+Jason.
+Lieben?
+
+Milo.
+Du sagtest heut es mind'stens laut genug!
+
+Jason.
+Der Augenblick entriß mir's--und gesteh!
+Sie rettete mir zweimal nun das Leben.
+
+Milo.
+Wie? zweimal?
+
+Jason.
+Erst im Turm!--
+
+Milo.
+Das also war's
+Was dir den Turm so teuer machte?
+
+Jason.
+Das war's.
+
+Milo.
+Ja so.
+
+Jason.
+Nun denk' dir; so vollgült'gen Anspruch
+Auf meinen Dank und--Milo sie ist schön--
+
+Milo.
+Ja, doch eine Barbarin--
+
+Jason.
+Sie ist gut--
+
+Milo.
+Und eine Zauberin dazu.
+
+Jason.
+Ja wohl!
+
+Milo.
+Ein furchtbar Weib mit ihren dunkeln Augen!
+
+Jason.
+Ein herrlich Weib mit ihren dunkeln Augen!
+
+Milo.
+Und was gedenkst du nun zu tun?
+
+Jason.
+Zu tun?
+Das Vließ zu holen, so mein Wort zu lösen,
+Das andre aber heimzustellen jenen
+Die oben walten über dir und mir.
+
+Milo.
+So mag ich's gern! Beim Zeus so denkst du recht!
+(Ein) Argonaut (kommt).
+
+Argonaut.
+Links her vom Fluß sieht man sich Staub erheben,
+Ein Häuflein Feinde naht heran.
+
+Jason.
+Wie viele?
+
+Argonaut.
+An vierzig oder fünfzig, kaum wohl mehr.
+
+Jason.
+Laßt uns zurückziehn und am Weg verbergen,
+Denn sähn sie uns, sie kämen nicht heran.
+Verschwunden ist die Hoffnung zum Vergleich
+So mögen denn die Schwerter blutig walten
+Und die dort nahn, den Reihen führen an.
+Zieht euch zurück, und haltet bis ich's sage.
+
+Milo.
+Nur leis und sacht, daß sie uns nicht erspähn.
+
+(Ziehen sich alle zurück und ab.)
+
+(Absyrtus und Kolchische Krieger treten auf, Medea verschleiert
+in ihrer Mitte.)
+
+Absyrtus.
+Die Waffen haltet bereit zum Schlagen,
+Leicht könnten wir treffen 'ne Feindesschar,
+Der Weg hier führt vorbei an ihrem Lager.
+
+Medea
+
+(den Schleier zurückschlagend und vortretend).
+Am Feindeslager? Warum diesen Weg?
+Warum nicht den andern, mein Bruder?
+
+Absyrtus.
+Der Sturm hat die Brücken abgerissen heut Nacht;
+Jetzt erst erfuhr ich's. Aber sorge nicht!
+Ich verteidige dich mit meinem Blut.
+Wärst du nicht hier, ich forderte sie heraus.
+
+Medea.
+Um aller Götter willen--
+
+Absyrtus.
+Ich sagte: wärst du nicht hier;
+Aber nun, da du hier bist, tu' ich's nicht.
+Nicht um den höchsten Preis, nicht um Kampf und Sieg,
+Setzt' ich dich in Gefahr, meine Schwester!
+
+Medea.
+So laß uns eilig vorüberziehn.
+
+Absyrtus.
+Kommt denn!
+
+Jason
+
+(hinter der Szene).
+Jetzt ist es Zeit! Greift an, ihr Freunde!
+
+(Hervorspringend.)
+
+Halt!
+
+Medea (aufschreiend).
+Er!
+
+(Zu Absyrtus.)
+
+Laß uns fliehen, Bruder!
+
+Absyrtus.
+Fliehen? Fechten!
+
+Jason (zu den andringenden Argonauten).
+Wenn sie sich widersetzen, haut sie nieder!
+
+(Zu den Kolchern.)
+
+Zu Boden die Waffen!
+
+Absyrtus.
+Du selber zu Boden!
+Schließt euch Gefährten! Haltet sie aus!
+
+Medea.
+Bruder! Hältst du so dein Versprechen?
+
+Absyrtus.
+Versprach ich zu fliehn so verzeihn mir die Götter,
+Nicht daß ich's breche, daß ich's gab das Wort!
+
+(Zu den Seinen).
+
+Weicht nicht! Der Vater ist nah, er sendet uns Hilfe!
+
+Jason (Medeen erblickend).
+Bist du's Medea? Unverhofftes Glück!
+Komm hierher!
+
+Medea (zu den Kolchern).
+Schützet mich!
+
+Jason (die sich ihm entgegenstellenden Kolcher angreifend).
+Ihr! aus dem Wege!
+Eu'r Eisen hält nicht ab, zieht an den Blitzstrahl.
+
+(Die Kolcher werden zurückgedrängt, die Griechen verfolgen sie.)
+
+Jason.
+Die Deinen fliehn. Du bist in meiner Macht!
+
+Medea.
+Du lügst! In der Götter Macht, in meiner.
+Verläßt mich alles, ich selber nicht!
+
+(Sie entreißt einem fliehenden Kolcher die Waffen und dringt mit
+vorgehaltenem Schild und gesenktem Speer auf Jason ein.)
+
+
+Stirb oder töte!
+
+Jason (indem er schonend zurückweicht).
+Medea was tust du?
+
+Medea (näher dringend).
+Töte oder stirb!
+
+Jason (mit einem Schwertstreich ihre Lanze zertrümmernd).
+Genug des Spiels!
+
+(Das Schwert in die linke Hand nehmend, in welcher er den Schild
+hält.)
+
+Was nun?
+
+Medea.
+Treulose Götter!
+
+(Die abgebrochene Lanze samt dem Schild hinwerfend und einen Dolch
+ziehend.)
+
+Noch sind mir Waffen!
+
+Jason (indem er Schild und Schwert von sich wirft und vor sie hintritt).
+Töte mich wenn du kannst.
+
+Medea (mit abgewandten Gesicht, den Dolch in der Hand).
+Kraft!
+
+Jason (weich).
+Töte mich Medea, wenn du kannst!
+
+Medea (steht erstarrt).
+
+Jason.
+Siehst du, du kannst's nicht, du vermagst es nicht!
+Und nun zu mir! Genug des Widerstrebens!
+Und weigerst du's? Versuch' es wenn du kannst.
+
+(Sie rasch anfassend und auf seinem Arm in die Höhe haltend.)
+
+So fass' ich dich, so halt' ich dich empor
+Und trage dich durch unsrer Völker Streit,
+Durch Haß und Tod, durch Kampfes blut'ge Wogen.
+Wer wagt's zu wehren? Wer entreißt dich mir?
+
+Medea.
+Laß mich!
+
+Jason.
+Nicht eher bis du gütig sprichst,
+Nicht eher bis ein Wort, ein Wink, ein Laut
+Verrät daß du mir weichst, daß du dich gibst.
+
+(Zu ihr empor blickend und heftig schüttelnd.)
+
+Medea, dieses Zeichen!
+
+Medea
+
+(leise).
+Jason! laß mich!
+
+Jason.
+"Jason!"--Da sprachst du meinen Namen aus,
+Zum ersten Male aus! O holder Klang!
+"Jason!" wie ist der Name doch so schön
+Seit du ihn sprachst mit deinen süßen Lippen.
+Hab' Dank Medea, hab' den besten Dank!
+
+(Er hat sie auf den Boden niedergelassen.)
+
+Medea, Jason; Jason und Medea
+O schöner Einklang! Dünket dir's nicht auch?
+Du zitterst! Setz' dich hier! Erhole dich!
+
+
+(Er führt Medeen zu einer Rasenbank. Sie folgt ihm und sitzt mit
+vorhängendem Leibe, die Augen vor sich starr auf dem Boden, die
+Hände, in denen noch der Dolch, gefaltet im Schoße.)
+
+Jason (steht vor ihr).
+Noch immer stumm, noch immer trüb und düster?
+O zage nicht; du bist in Freundes Hand.
+Zwar geb' ich leicht dem Vater dich nicht wieder,
+Ein teures Unterpfand ist mir sein Kind;
+Doch soll dir's drum bei mir nicht schlimm ergehn,
+Nicht schlimmer wenigstens als mir bei dir.
+Wenn ich so vor dir steh' und dich betrachte,
+Beschleicht mich ein fast wunderbar Gefühl.
+Als hätt' des Lebens Grenz' ich überschritten
+Und stünd' auf einem unbekannten Stern,
+Wo anders die Gesetze alles Seins und Handelns,
+Wo ohne Ursach' was geschieht und ohne Folge,
+Da seiend weil es ist.
+Dahergekommen durch ein wildes Meer,
+Aus Ländern, so entfernt, so abgelegen,
+Daß (Wünsche) kaum vorher die Reise wagten,
+Auf Kampf und Streit gestellt, lang' ich hier an,
+Und sehe dich und bin mit dir bekannt.
+Wie eine Heimat fast dünkt mir dies fremde Land,
+Und, abenteuerlich ich selbst, schau' ich
+Verwundrungslos, als könnt' es so nur sein,
+Die Abenteuer dieses Wunderbodens.
+Und wieder, ist das Fremde mir bekannt,
+So wird dafür mir, was bekannt, ein Fremdes.
+Ich selber bin mir (Gegenstand) geworden,
+Ein andrer denkt in mir, ein andrer handelt.
+Oft sinn' ich meinen eignen Worten nach,
+Wie eines Dritten, was damit gemeint,
+Und kommt's zur Tat, denk' ich wohl bei mir selber,
+Mich soll's doch wundern, was er tun wird und was nicht.
+Ein einz'ges ist mir licht und das bist du,
+Ja du Medea, scheint's auch noch so fremd.
+Ich ein Hellene, du Barbarenbluts,
+Ich frei und offen, du voll Zaubertrug,
+Ich Kolchis' Feind, du seines Königs Kind
+Und doch Medea, ach und dennoch, dennoch!
+Es ist ein schöner Glaub' in meinem Land,
+Die Götter hätten doppelt einst geschaffen
+Ein jeglich Wesen und sodann geteilt;
+Da suche jede Hälfte nun die andre
+Durch Meer und Land und wenn sie sich gefunden,
+Vereinen sie die Seelen, mischen sie
+Und sind nun eins!--Fühlst du ein halbes Herz
+Ist's schmerzlich dir gespalten in der Brust,
+So komm--doch nein da sitzt sie trüb und düster,
+Ein rauhes Nein auf meine milde Deutung,
+Den Dolch noch immer in geschloßner Hand.
+O fort!
+
+(Ihre Hand fassend und den Dolch entwendend.)
+
+Laßt los ihr Finger! Bunte Kränze,
+Geschmeid und Blumen ziemt euch zu berühren,
+Nicht diesen Stahl, gemacht für Männerhand.
+
+Medea (aufspringend).
+Fort!
+
+Jason (sie zurückhaltend).
+Bleib!
+
+Medea.
+Von hier!
+
+Jason.
+Bleib da, ich bitte dich!
+Ich sage dir: bleib da! Hörst du, du sollst!
+Du sollst, beim Himmel, gält' es auch dein Leben!
+Wagt es das Weib, dem Mann zu bieten Trotz?
+Bleib!
+
+(Er faßt ihre Arme mit beiden Händen.)
+
+Medea.
+Laß!
+
+Jason.
+Wenn du gehorchst, sonst nimmermehr!
+
+(Er ringt mit der Widerstrebenden.)
+
+Mich lüstet deines Starrsinns Maß zu kennen!
+
+Medea (in die Kniee sinkend).
+Weh mir!
+
+Jason.
+Siehst du? du hast es selbst gewollt.
+Erkenne deinen Meister, deinen Herrn!
+
+(Medea liegt auf einem Kniee am Boden, auf das andre stützt sie den
+Arm, das Gesicht mit der Hand bedeckend.)
+
+
+
+Jason (hinzutretend).
+Steh auf!--Du bist doch nicht verletzt?--Steh auf!
+Hier sitz und ruh', (vermagst) du es zu ruhn!
+
+(Er hebt sie vom Boden auf, sie sitzt auf der Rasenbank.)
+
+Jason.
+Umsonst versend' ich alle meine Pfeile
+Rückprallend treffen sie die eigne Brust.
+Wie hass' ich dieses Land, sein rauher Hauch
+Vertrocknete die schönste Himmelsblume,
+Die je im Garten blühte der Natur.
+Wärst du in Griechenland, da wo das Leben
+Im hellen Sonnenglanze heiter spielt,
+Wo jedes Auge lächelt wie der Himmel,
+Wo jedes Wort ein Freundesgruß, der Blick
+Ein wahrer Bote wahren Fühlens ist,
+Kein Haß als gegen Trug und Arglist, kein--
+Und doch, was sprech ich? Sieh, ich weiß es wohl
+Du bist nicht was du scheinen willst, Medea,
+Umsonst verbirgst du dich, ich kenne dich!
+Ein wahres, warmes Herz trägst du im Busen,
+Die Wolken hier, sie decken eine Sonne.
+Als du mich rettetest, als dich mein Kuß--
+Erschrickst du?--Sich mich an!--Als dich mein Kuß!--
+Ja deine Lippen hat mein Mund berührt,
+Eh ich dich kannt', eh ich dich fast gesehn
+Nahm ich mir schon der Liebe höchste Gabe;
+Da fühlt' ich (Leben) mir entgegen wallen
+Und du gibst trügerisch dich nun für (Stein)!
+Ein wahres, warmes Herz schlägt dir im Busen
+Du (liebst) Medea!
+
+(Medea will aufspringen.)
+
+Jason (sie niederziehend).
+Bleib!--du liebst Medea!
+Ich seh's am Sturmeswogen deiner Brust
+Ich seh's an deiner Wangen Flammenglut
+Ich fühl's an deines Atems heißem Wehn,
+An diesem Beben fühl' ich es--du liebst,
+Liebst (mich)! (Mich) wie ich (dich)!--ja wie ich (dich)!
+
+(Er kniet vor ihr.)
+
+Schlag deine Augen auf und leugne wenn du's kannst!
+Blick' mich an und sag' nein!--du liebst Medea!
+
+(Erfaßt ihre beiden Hände und wendet die sich Sträubende gegen sich,
+ihr fest ins Gesicht blickend.)
+
+Jason.
+Du weinst! Umsonst, ich kenne Mitleid nicht
+Mir Aug ins Aug, und sage: nein!--du liebst!
+Ich liebe dich, du mich! Sprich's aus Medea!
+
+(Er hat sie ganz gegen sich gewendet. Ihr Auge trifft das seinige.
+Sie schaut ihm mit einem tiefen Blick ins Auge.)
+
+Jason.
+Dein Auge hat's gesagt, nun auch der Mund!
+Sprich's aus Medea, sprich es aus: ich liebe!
+Fällt dir's so schwer ich will dich's lehren, Kind.
+Sprich's nach: ich liebe dich!
+
+(Er zieht sie an sich; sie verbirgt dem Zuge folgend das Gesicht in
+seinen Haaren.)
+
+--Und noch kein Wort!
+Kein Wort, obschon ich sehe, wie der Sturm
+An deines Innern festen Säulen rüttelt.
+Und doch kein Wort!
+
+(Aufspringend.)
+
+So hab' es Störrische!
+Geh! Du bist frei, ich halte dich nicht mehr!
+Kehr' wieder zu den Deinigen zurück,
+Zu ihren Menschenopfern, Todesmahlen,
+In deine Wildnis, Wilde kehr' zurück,
+Geh! Du bist frei; ich halte dich nicht mehr!
+
+Aietes (von innen).
+Hierher, Kolcher, hierher!
+
+Jason.
+Dein Vater naht.
+Sei froh, ich weigre dich ihm nicht.
+Argonauten (kommen weichend.
+Hinter ihnen) Aietes, Absyrtus (und) Kolcher(, die sie verfolgen.)
+
+Aietes (auftretend).
+Braucht eure Waffen, wackre Genossen!
+Wo ist mein Kind?
+
+Absyrtus.
+Dort Vater sitzt sie.
+
+Aietes (zu Jason).
+Verruchter Räuber, mein Kind gib mir zurück!
+
+Jason.
+Wenn du mich bittest, nicht wenn du mir drohst.
+Dort ist dein Kind. Nimm sie und führ' sie heim.
+Nicht weil Du willst, weil sie will und weil ich will.
+
+(Zu Medeen hintretend und sie anfassend.)
+
+Steh auf Medea! Komm! Hier ist dein Vater!
+Du sehntest dich nach ihm; hier ist er nun.
+Verhüten es die Götter, daß ich hier
+Zurück dich hielte wider deinen Willen.
+Was zitterst du? du hast es selbst gewollt.
+
+(Er führt die Wankende zu ihrem Vater und gibt sie ihm in die Arme.)
+
+Hier Vater ist dein Kind.
+
+Aietes (Medeen empfangend, die das Gesicht auf seiner Schulter verbirgt).
+Medea!
+
+Absyrtus.
+Schwester!
+
+Jason.
+Nun König, rüste dich zum Todeskampf!
+Die Bande, die mich hielten sind gesprengt,
+Zerronnen ist der schmeichelhafte Wahn,
+Der mir der Tatkraft Sehnen abgespannt.
+Mit ihr, die jetzo ruht in deinem Arm,
+Legt' ich den Frieden ab und atme Krieg.
+Auf, rüste dich, es gilt dein Heil und Leben!
+
+(Zu Medeen.)
+
+Du aber, die hier stumm und bebend liegt,
+Das Angesicht so feindlich abgewandt,
+Leb' wohl! Wir scheiden jetzt auf immerdar.
+Es war ein Augenblick, wo ich gewähnt,
+Du könntest fühlen, könntest mehr als hassen,
+Wo ich geglaubt, die Götter hätten uns
+Gewiesen an einander, dich und mich.
+Das ist nunmehr vorbei. So fahre hin!
+Du hast das Leben zweimal mir gerettet,
+Das dank' ich dir und werd' es nie vergessen.
+In ferner Heimat und nach langen Jahren
+Will ich's erzählen in dem Kreis der Freunde.
+Und frägt man mich und forscht: wem gilt die Träne,
+Die fremd dir da im Männerauge funkelt?
+Dann sprech' ich wohl in schmerzlicher Erinnrung:
+Medea hieß sie; schön war sie und herrlich,
+Allein ihr Busen barg kein Herz.
+
+Aietes.
+Medea
+Was ist? Feucht liegt dein Gesicht auf meiner Schulter.
+Weinst du?
+
+Jason.
+Du weinst? Laß mich die Tränen sehn,
+O laß mich's glauben, daß du weinen kannst.
+Blick' noch einmal nach mir, es ist das letztemal;
+Ich will den Blick mittragen in die Ferne.
+Denk' doch, es ist zum letzten- letztenmal.
+
+(Er faßt ihre herabhängende Hand.)
+
+Aietes.
+Wagst du's, zu berühren ihre Hand?
+
+Jason (indem er ihre Hand fahren läßt).
+Sie will nicht. Nun wohlan, so sei es denn!
+Du siehst mich nimmermehr auf dieser Erde.
+Leb' wohl Medea, leb' auf ewig wohl!
+
+(Er geht rasch.)
+
+Medea (das Gesicht hinwendend und den Arm ihm nachstreckend).
+Jason!
+
+Jason (umkehrend).
+Das war's! Medea! Komm zu mir!
+
+(Auf sie zueilend und ihre Hand fassend.)
+
+Zu mir!
+
+Aietes (sie an der andern Hand haltend).
+Verwegner, fort!
+
+Jason (Aietes' Hand wegschleudernd und Medeen an sich reißend).
+Wagst du's Barbar!
+Sie ist mein Weib!
+
+Aietes.
+Sein Weib?--Du schweigst Verworfne?
+
+Jason (Medeen auf die andere Seite führend).
+Hierher Medea, fort von diesen Wilden.
+Von nun an bist du mein und keines Andern!
+
+Aietes.
+Medea, du weigerst dich nicht? du folgst ihm?
+Stößt ihm nicht den Stahl in die frevelnde Brust?
+Verruchte, war's vielleicht dein eignes Werk?
+
+(Auf Jason eindringend.)
+
+Meine Tochter gib mir, mein verlocktes Kind!
+
+Medea (sich zwischen beide werfend).
+Vater, töt' ihn nicht! Ich lieb' ihn!
+
+Jason.
+Er konnte dir's entreißen und ich nicht!
+
+Aietes.
+Schamlose! Du selbst gestehst's? Gestehst deine Schande?
+O, daß ich nicht merkte die plumpe List,
+Daß ich selbst sie sandte in seinen Arm,
+Vertrauend der Väter Blut in ihren Adern!
+
+Jason.
+Darfst du sie schmähen?
+
+Medea.
+Höre mich Vater!
+Es ist geschehn was ich fürchtete. Es ist.
+Aber laß uns klar sein, Vater, klar!
+In schwarzen Wirbeln dreht sich's um mich
+Aber ich will hindurch, empor aus Dunkel und Nacht.
+Noch läßt sich's wenden, ab sich wenden. Höre mich!
+
+Aietes.
+Was soll ich hören? Ich habe gesehn!
+
+Medea.
+Vater! Vernicht' uns nicht alle.
+Löse den Zauber, beschwichtige den Sturm!
+Heiß ihn dableiben, den Führer der Fremden,
+Nimm ihn auf, nimm ihn an!
+An deiner Seite herrsch' er in Kolchis,
+Dir befreundet, dein Sohn!
+
+Aietes.
+Mein Sohn? Mein Feind.
+Tod ihm, und dir, wenn du nicht folgst!
+Willst du mit mir? Sprich! Willst du oder nicht?
+
+Medea.
+Höre mich.
+
+Aietes.
+Willst du, oder nicht?
+
+Absyrtus.
+Gönn' ihr zu sprechen, Vater!
+
+Aietes.
+Ja oder nein?
+Laß mich Sohn!--Willst du?--Sie kommt nicht.--Schlange!
+
+(Er holt mit dem Schwert aus.)
+
+Jason (sich vor sie hinstellend).
+Du sollst sie nicht verletzen!
+
+Absyrtus (zugleich dem Vater in den Arm fallend).
+Vater, was tust du?
+
+Aietes.
+Du hast recht. Nicht sterben soll sie, leben;
+Leben in Schmach und Schande; verstoßen, verflucht,
+Ohne Vater, ohne Heimat, ohne Götter!
+
+Medea.
+Vater!
+
+Aietes.
+Du hast mich betrogen, verraten.
+Bleib! Nicht mehr betreten sollst du mein Haus.
+Ausgestoßen sollst du sein, wie das Tier der Wildnis,
+Sollst in der Fremde sterben, verlassen, allein.
+Folg' ihm, dem Buhlen, nach in seine Heimat,
+Teile sein Bett, sein Irrsal, seine Schmach;
+Leb' im fremden Land, eine Fremde,
+Verspottet, verachtet, verhöhnt, verlacht;
+Er selbst, für den du hingibst Vater und Vaterland
+Wird dich verachten, wird dich verspotten,
+Wenn erloschen die Lust, wenn gestillt die Begier;
+Dann wirst du stehn und die Hände ringen,
+Sie hinüberbreiten nach dem Vaterland,
+Getrennt durch weite, brandende Meere,
+Deren Wellen dir murmelnd bringen des Vaters Fluch!
+
+Medea (knieend).
+Vater!
+
+Aietes.
+Zurück! Ich kenne dich nicht!
+Komm, mein Sohn! Ihr Anblick verpestet,
+Ihre Stimme ist Todeslaut meinem Ohr.
+Umklammre nicht meine Kniee, Verruchte!
+Sieh ihn dort, ihn, den du gewählt;
+Ihm übergeb' ich dich;
+Er wird mich rächen, er wird dich strafen,
+Er selber, früher als du denkst.
+
+Medea.
+Vater!
+
+Aietes
+
+(indem er die Knieende von sich stößt, daß sie halbliegend
+zurücksinkt).
+Weg deine Hand, ich kenne dich nicht!
+Fort mein Sohn, mein einziges Kind!
+Fort mein Sohn aus ihrer Nähe!
+
+(Ab mit Absyrtus und Kolchern.)
+
+Jason.
+Flieh nur Barbar, der Rach' entgehst du nicht!
+
+(Zu den Argonauten.)
+
+Nun Freunde gilt's; die Waffen haltet fertig
+Zum letzten Streich, der Sieg bringt oder Tod.
+
+(Auf Medeen zeigend.)
+
+Sie kennt das Vließ, den Ort, der es verbirgt,
+Mit ihr vollbringen wir's und dann zu Schiff.
+
+(Zu Medeen hintretend, die noch auf eine Hand gestützt, die andre
+über die Stirne gelegt am Boden liegt.)
+
+Steh auf Medea, er ist fort.--Steh auf!
+
+(Er hebt sie auf.)
+
+Hier bist du sicher.
+
+Medea (die sich in seinen Armen aufgerichtet hat, aber mit einem Kniee
+noch am Boden liegt).
+Jason, sprach er wahr?
+
+Jason (sie ganz aufhebend).
+Denk' nicht daran!
+
+Medea (scheu an ihn geschmiegt).
+O Jason, sprach er wahr?
+
+Jason.
+Vergiß was du gehört, was du gesehn,
+Was du gewesen bist auf diese Stunde.
+Aietes' Kind ist Jasons Weib geworden,
+An dieser Brust hängt deine Pflicht, dein Recht.
+Und wie ich diesen Schleier von dir reiße,
+Durchwoben mit der Unterird'schen Zeichen,
+So reiß' ich dich von all den Banden los,
+Die dich geknüpft an dieses Landes Frevel.
+Hier Griechen eine Griechin! Grüßet sie!
+
+(Er reißt ihr den Schleier ab.)
+
+Medea (darnach fassend).
+Der Götter Schmuck!
+
+Jason.
+Der Unterird'schen! Fort!
+Frei wallt das Haar nun um die offne Stirn;
+So frei und offen bist du Jasons Braut. Nun nur noch eins und dann
+zu Schiff und fort.
+Das Vließ, du kennst's, zeig' an mir, wo es liegt!
+
+Medea.
+Ha schweig!
+
+Jason.
+Warum?
+
+Medea.
+Sprich nicht davon!
+
+Jason.
+Mein Wort hab' ich gegeben, es zu holen
+Und ohne Siegespreis kehrt Jason nicht zurück.
+
+Medea.
+Ich sage dir, sprich nicht davon!
+Ein erzürnter Gott hat es gesendet,
+Unheil bringt es, (hat) es gebracht!
+Ich bin dein Weib! Du hast mir's entrissen,
+Aus der Brust gerissen das zagende Wort,
+Ich bin dein, führe mich wohin du willst
+Aber kein Wort mehr von jenem Vließ!
+In vorahnender Träume dämmerndem Licht
+Haben mir's die Götter gezeigt
+Gebreitet über Leichen,
+Besprützt mit Blut,
+Meinem Blut!
+Sprich nicht davon!
+
+Jason.
+Ich aber muß, nicht sprechen nur davon,
+Ich muß es holen, folge was da wolle.
+Drum laß die Furcht und führ' mich hin zur Stelle
+Daß ich vollende, was mir auferlegt.
+
+Medea.
+Ich? Nimmermehr!
+
+Jason.
+Du willst nicht?
+
+Medea.
+Nein!
+
+Jason.
+Und weigerst du mir Beistand, hol' ich's selbst.
+
+Medea.
+So geh!
+
+Jason (sich zum Fortgehen wendend.)
+Ich gehe.
+
+Medea (dumpf).
+Geh--in deinen Tod!
+
+Jason.
+Kommt Freunde, laßt den Ort uns selbst erkunden!
+
+(Er geht.)
+
+Medea.
+Jason!
+
+Jason (wendet sich um).
+Was ist?
+
+Medea.
+Du gehst in deinen Tod!
+
+Jason.
+Kam ich hierher und fürchtete den Tod?
+
+Medea (auf ihn zueilend und seine Hand fassend).
+Ich sage dir, du stirbst.
+
+(Halblaut.)
+
+In der Höhle liegt's verwahrt,
+Verteidigt von allen Greueln
+Der List und der Gewalt.
+Labyrinthische Gänge,
+Sinnverwirrend,
+Abgründe, trügerisch bedeckt,
+Dolche unterm Fußtritt,
+Tod im Einhauch,
+Mord in tausendfacher Gestalt,
+Und das Vließ, am Baum hängt's,
+Giftbestrichen,
+Von der Schlange gehütet,
+Die nicht schläft,
+Die nicht schont,
+Unnahbar.
+
+Jason.
+Ich hab' mein Wort gegeben und ich lös' es.
+
+Medea.
+Du gehst?
+
+Jason.
+Ich geh'!
+
+Medea
+
+(sich ihm in den Weg werfend).
+Und wenn ich hin mich werfe
+Flehend deine Kniee umfass' und rufe:
+Bleib! bleib!
+
+Jason.
+Nichts hält mich ab!
+
+Medea.
+O Vater, Vater!
+Wo bist du? Nimm mich mit!
+
+Jason.
+Was klagst du?
+Wohl eher wär' das Recht zu klagen mir.
+Ich tue was ich muß, du hast zu wählen.
+Du weigerst dich und so geh' ich allein.
+
+(Er geht.)
+
+Medea.
+Du gehst?
+
+Jason.
+Ich geh'!
+
+Medea.
+Trotz allem was ich bat,
+Doch gehst du?
+
+Jason.
+Ja!
+
+Medea (aufspringend).
+So komm!
+
+Jason.
+Wohin?
+
+Medea.
+Zum Vließ,
+Zum Tod!--Du sollst (allein) nicht sterben,
+Ein Haus, Ein Leib und Ein Verderben!
+
+Jason (sich ihr nähernd).
+Medea!
+
+Medea (ausweichend).
+Die Liebkosung laß
+Ich habe sie erkannt!--O Vater! Vater!
+So komm, laß uns holen was du suchst;
+Reichtum, Ehre,
+Fluch, Tod!
+In der Höhle liegt's verwahrt
+Weh dir, wenn sich's offenbart!
+Komm!
+
+Jason (ihre Hand fassend).
+Was quält dich?
+
+Medea (indem sie ihre Hand aufschreiend wegzieht).
+Ah!--Phryxus!--Jason!
+
+Jason.
+Um aller Götter willen!
+
+Medea.
+Komm! Komm!
+
+(Huscht fort mit weit aufgerissenen Augen vor sich hinstarrend.
+Die andern folgen.)
+
+(Der Vorhang fällt.)
+
+
+
+
+Vierter Aufzug
+
+(Das Innere einer Höhle. Kurzes Theater. Im Vorgrunde rechts das
+Ende einer von oben herabführenden Treppe. In der Felsenwand des
+Hintergrunds ein großes, verschlossenes Tor.)
+
+
+Medea (steigt, in der einen Hand einen Becher in der andern eine Fackel
+die Treppe herab).
+Komm nur herab! Wir sind am Ziel!
+
+Jason (oben, noch hinter der Szene).
+Hierher das Licht!
+
+Medea (die Stiege hinaufleuchtend).
+Was ist?
+
+Jason (mit gezogenem Schwerte auftretend und die Stiege eilig
+herabsteigend).
+Es strich an mir vorbei! Halt! Dort!
+
+Medea.
+Was?
+
+Jason.
+An der Pforte steht's den Eingang wehrend.
+
+Medea (hinleuchtend).
+Sieh, es ist nichts und niemand wehrt dir Eingang,
+Wenn du nicht selbst.
+
+(Sie setzt den Becher weg und steckt die Fackel in einen Ring am
+Treppengeländer.)
+
+Jason.
+Du bist so ruhig.
+
+Medea.
+Und du bist's nicht!
+
+Jason.
+Als es noch nicht begonnen
+Als ich's nur wollte, bebtest du, und nun--
+
+Medea.
+Mir graut, daß du es willst, nicht daß du's tust.
+Bei dir ist's umgekehrt.
+
+Jason.
+Mein Aug ist feig,
+Mein Herz ist mutig.--Rasch ans Werk!--Medea!
+
+Medea.
+Was starrst du ängstlich?
+
+Jason.
+Bleicher Schatten, weiche!
+Laß frei die Pforte, du hältst mich nicht ab.
+
+(Auf die Pforte zugehend.)
+
+Ich geh' trotz dir, durch dich zum Ziel--nun ist er fort!
+Wie öffnet man das Tor?
+
+Medea.
+Ein Schwerthieb an die Platte
+Dort in der Mitte öffnet es.
+
+Jason.
+Gut denn!
+Du wartest meiner hier.
+
+Medea.
+Jason!
+
+Jason.
+Was noch?
+
+Medea (weich und schmeichelnd).
+Geh nicht!
+
+Jason.
+Du reizest mich!
+
+Medea.
+Geh nicht o Jason!
+
+Jason.
+Hartnäckige kann nichts dich denn bewegen,
+Zu opfern meinem Entschluß deinen Wahn?
+
+Medea.
+Man ehrt den Wahn auch dessen, den man liebt.
+
+Jason.
+Genug nunmehr, ich will!
+
+Medea.
+Du willst?
+
+Jason.
+Ich will.
+
+Medea.
+Und nichts vermag dagegen all mein Flehn?
+
+Jason.
+Und nichts vermag dagegen all dein Flehn.
+
+Medea.
+Und auch mein Tod nichts?
+
+(Sie entreißt ihm durch eine rasche Bewegung das Schwert.)
+
+Sieh! dein eignes Schwert
+Gekehrt ist's gegen meine Brust. Ein Schritt noch weiter
+Und vor dir liegt Medea kalt und tot.
+
+Jason.
+Mein Schwert!
+
+Medea.
+Zurück! Du ziehst's aus meiner Brust!
+Kehrst du zurück?
+
+Jason.
+Nein!
+
+Medea.
+Und wenn ich mich töte?
+
+Jason.
+Beweinen kann ich dich, rückkehren nicht.
+Mein Höchstes für mein Wort und wär's dein Leben!
+
+(Auf sie zugehend.)
+
+Gib Raum, Weib, und mein Schwert!
+
+Medea (indem sie ihm das Schwert gibt).
+So nimm es hin
+Aus meiner Hand, du süßer Bräutigam!
+Und töte dich und mich!--Ich halte dich nicht mehr!
+
+Jason (auf die Pforte zugehend).
+Wohlan!
+
+Medea.
+Halt! Eins noch! Willst du jetzt schon sterben?
+Das Vließ, am heiligen Baum
+Ein Drache hütet's, grimm,
+Unverwundbar seine Schuppenhaut,
+Alldurchdringend sein Eisenzahn,
+Du besiegst ihn nicht.
+
+Jason.
+Ich ihn, oder er mich.
+
+Medea.
+Grausamer, Unmenschlicher!
+Oder er dich! und du gehst?
+
+Jason.
+Wozu die Worte?
+
+Medea.
+Halt!
+Den Becher hier nimm!
+Vom Honig des Berges
+Dem Tau der Nacht,
+Und der Milch der Wölfin
+Brauset drin gegoren ein Trank.
+Setz' ihn hin wenn du eintrittst,
+In der Ferne stehend.
+Und der Drache wird kommen,
+Nahrung suchend,
+Zu schlürfen den Trank.
+Dann tritt hin zum Baume
+Und nimm das Vließ--Nein, nimm's nicht,
+Nimm's nicht und bleib!
+
+Jason.
+Törin! Her den Trank! Gib!
+
+(Er nimmt ihr den Becher aus der Hand.)
+
+Medea (um seinen Hals fallend).
+Jason!--So küss' ich dich und so, und so, und so!
+Geh in dein Grab und laß auch Raum für mich!
+Bleib!
+
+Jason.
+Laß mich Weib! Mir schallt ein höhrer Ruf!
+
+(Gegen die Pforte zugehend.)
+
+Und bärgest du des Tartarus Entsetzen,
+Ich steh' dir!
+
+(Er haut mit dem Schwerte gegen die Pforte.)
+
+Tut euch auf, ihr Pforten!--Ah!
+
+(Die Pforten springen auf und zeigen eine innere schmälere Höhle,
+seltsam beleuchtet. Im Hintergrunde ein Baum. An ihm hängt
+hellglänzend das goldene Vließ. Um Baum und Vließ windet sich eine
+ungeheure Schlange, die beim Aufspringen der Pforte ihr in dem
+Laube verborgenes Haupt hervorstreckt und züngelnd vor sich hin
+blickt.)
+
+(Jason fährt aufschreiend zurück und kommt wieder in den Vorgrund.)
+
+
+
+Medea (wild lachend).
+Bebst du? Schauert dir das Gebein?
+Hast's ja gewollt, warum gehst du nicht?
+Starker, Kühner, Gewaltiger!
+Nur gegen mich hast du Mut?
+Bebst vor der Schlange? Schlange!
+Die mich umwunden, die mich umstrickt,
+Die mich verderbt, die mich getötet!
+Blick' hin, blick's an das Scheusal
+Und geh und stirb!
+
+Jason.
+Haltet aus meine Sinne, haltet aus!
+Was bebst du Herz? Was ist's mehr als sterben?
+
+Medea.
+Sterben? Sterben? Es gilt den Tod!
+Geh hin mein süßer Bräutigam,
+Wie züngelt deine Braut!
+
+Jason.
+Von mir weg, Weib, in deiner Raserei!
+Mein Geist geht unter in des deinen Wogen!
+
+(Gegen das Tor zu.)
+
+Blick' nur nach mir; du findest deinen Mann!
+Und wärst du zehnmal scheußlicher, hier bin ich!
+
+(Er geht drauf los.)
+
+Medea.
+Jason!
+
+Jason.
+Hinein!
+
+Medea.
+Jason!
+
+Jason.
+Hinein!
+
+(Er geht hinein, die Pforten fallen hinter ihm zu.)
+
+Medea (schreiend an die nunmehr geschlossene Pforte hinstürzend).
+Er geht! Er stirbt.
+
+Jason (von innen).
+Wer schloß die Pforte zu?
+
+Medea.
+Ich nicht!
+
+Jason.
+Mach' auf!
+
+Medea.
+Ich kann nicht.--Um aller Götter willen!
+Setz' hin die Schale, zaudre nicht!
+Du bist verloren wenn du zauderst.
+--Jason!--Hörst du mich?--Setz' hin die Schale!--
+Er hört mich nicht!--Er ist am Werk!
+Am Werk!--Hilfe, Ihr dort oben!
+Schaut herab auf uns, ihr Götter!
+Doch nein, nein, schaut nicht herab
+Auf die schuldige Tochter,
+Der Schuldigen Gemahl;
+Ich schenk' euch die Hilfe, ihr mir die Rache!
+Kein Götteraug seh' es,
+Dunkel hülle die Nacht
+Unser Tun und uns!
+Jason lebst du?--Antwort gib!
+Gib Antwort!--Alles stumm
+Alles tot!--Ha?--Er ist tot!
+Er spricht nicht, ist tot.--tot.
+
+(Sie sinkt an der Türe nieder.)
+
+Liegst du mein Bräutigam? Laß Raum,
+Raum für die Braut!
+
+Jason (inwendig, schreckhaft).
+Ah!
+
+Medea (aufspringend).
+Das war seiner Stimme Klang! Er lebt!
+Ist in Gefahr! Zu ihm! Auf, Pforte, auf!
+Wähnst du zu widerstehn? Ich spotte dein!
+Auf!
+
+(Sie reißt mit einem Zuge gewaltsam beide Torflügel auf.)
+
+Jason (stürzt wankend heraus, das Vließ als Banner auf einer Lanze
+tragend.)
+
+Medea.
+Lebst du?
+
+Jason.
+Leben?--Leben?--Ja!--Zu! zu da!
+
+(Er schließt ängstlich die Pforte zu.)
+
+Medea.
+Und hast das Vließ?
+
+Jason (es weit von sich weghaltend).
+Berühr's nicht! Feuer! Feuer!
+
+(Seine Rechte mit ausgestreckten Fingern hinhaltend.)
+
+Sieh hier die Hand--wie ich's berührt--verbrannt!
+
+Medea (seine Hand nehmend).
+Das ist ja Blut!
+
+Jason.
+Blut?
+
+Medea.
+Auch am Haupte Blut.
+Hast dich verletzt?
+
+Jason.
+Weiß ich's?--Nun komm! Nun komm!
+
+Medea.
+Hast du's vollführt, wie ich's gesagt?
+
+Jason.
+Ja wohl.
+Die Schale stellt' ich hin, mich selber seitwärts
+Und harrte schnaufend. Rufen hört' ich, doch
+Nicht zu erwidern wagt' ich vor dem Tier.
+Das hob sich blinkend auf und, und schon wähnt' ich
+Auf mich hin schieb' es rauschend seine Ringe;
+Allein der Trank war's, den das Untier suchte,
+Und weit gestreckt in durstig langen Zügen
+Sog, meiner nicht mehr achtend, es den Trank.
+Bald, trunken oder tot lag's unbeweglich.
+Ich rasch hervor vom marternden Versteck,
+Zum Baum hin und das Vließ--hier ist's--Nun fort!
+
+Medea.
+So komm, und schnell!
+
+Jason.
+Als ich's vom Baume holte,
+Da rauscht' es auf, wie seufzend, durch die Blätter
+Und hinter mir riefs: Wehe!
+Ha?--Wer ruft?
+
+Medea.
+Du selbst!
+
+Jason.
+Ich?
+
+Medea.
+Komm!
+
+Jason.
+Wohin?
+
+Medea.
+Fort!
+
+Jason.
+Fort, ja fort!
+Geh du voran, ich folge mit dem Vließ
+Geh nur! Geh, zaudre nicht! Voraus! Voran!
+
+(Beide ab, die Treppe hinauf.)
+
+(Freier Platz vor der Höhle. Im Hintergrunde die Aussicht aufs
+Meer, die auf der rechten Seite durch einen am Ufer liegenden Hügel
+verdeckt wird, hinter dem, nur mit den Masten und dem Vorderteile
+sichtbar, das Schiff der Argonauten liegt.)
+Milo, Argonauten, (teils mit Arbeiten des Einschiffens beschäftigt,
+teils als Wachen und ruhend gruppiert.)
+
+Milo.
+Das Schiff ist hergezogen. Gut. Doch hört!
+Nicht Anker ausgeworfen! Hört ihr? (Nicht)!
+Der Augenblick kann uns die Abfahrt bringen
+Und ob's zum lichten Zeit dann, weiß ich nicht.
+
+(Auf und ab gehend.)
+
+Er kommt noch immer nicht. Daß er ihr traute!
+Ich hab' ihn wohl gewarnt. Doch hört er Warnung?
+Sonst ja, daheim, da horcht' er meiner Rede
+Und tat auch was ihm riet mein treuer Mund
+So folgsam, so ein Kind, und doch ein Mann.
+Doch hier ist er verwandelt ganz und gar
+Verwandelt gleich--uns allen, sagt' ich schier,
+Vom gift'gen Anhauch dieses Zauberbodens.
+O dieses Weib! Mir graut denk' ich an sie.
+Wie sie so dastand mit den dunkeln Brauen
+Gleich Wetterwolken an der finstern Stirn,
+Das Augenlid gesenkt, im düstern Sinnen:
+Nun hob sich's und wie Wetterleuchten fuhr
+Der Blick hervor und faßt' und schlug und traf.--
+Ihn traf er!--Nu die Götter mögen's wenden. Was bringen dort die
+Beiden. Griechen sind's.
+Ein Weib! Gebunden! Memmen ihr!--Holla!
+
+Zwei Griechen (treten auf,)
+Gora (mit gebundenen Händen in ihrer Mitte.)
+
+Milo.
+Was ist? Was bindet ihr das Weib!--Gleich löst sie!
+
+Soldat.
+Das Weib da kam an unsre Vorwacht, Herr
+Und fragte nach--nu nach der Kolcherin
+Die heut wir fingen.
+
+Gora.
+Kolcherin?
+Ha Sklav', Medea ist's,
+Des Kolcherfürsten Tochter.
+Wo habt ihr sie?
+
+Soldat.
+Wir wollten sie nicht lassen, daß sie nicht
+Dem Feinde Kundschaft gäb' von unsrer Lagrung
+Allein sie wehrt' es und fast männlich, Herr.
+Da banden wir sie, weil sie sich nicht fügte,
+Und bringen sie euch her!
+
+Milo.
+Löst ihre Bande!
+
+(Es geschieht.)
+
+Gora.
+Wo ist Medea? Wo ist mein Kind?
+
+Milo.
+Dein Kind?
+
+Gora.
+Ich hab' sie gesäugt gepflegt.
+Als eine Mutter mein Kind. Wo habt ihr sie?
+Sie sagen: freien Willens sei sie geblieben
+Bei euch in eures Lagers Umfang;
+Aber 's ist Lüge, ich kenne Medea
+Ich kenne mein Kind.
+Gefangen haltet ihr sie zurück.
+Gebt sie heraus! Wo ist sie?
+
+Milo.
+Ganz gut kommst als Genossin du für sie
+Leicht fände sie sich einsam unter Menschen.
+Bringt sie ins Schiff!
+
+Gora.
+So weilt sie dort?
+
+Milo.
+Geh nur!
+Zu bald wirst du sie noch erblicken!--Geh!
+
+Gora (die abgeführt wird).
+Ins Meer, nicht in das Schiff, wenn ihr mich täuscht.
+
+(Ab.)
+
+Milo
+
+(ihr nachschauend).
+Ha! bringen wir die wilden Tiere alle
+Nach Griechenland, ich sorge, man erdrückt uns,
+Die Seltenheit zu sehn!--Und Er kommt nicht!
+
+(Man hört dumpfe Schläge unter der Erde.)
+
+Was ist das?--Horch!--Speit auch der Boden Wunder?
+Versucht's der Feind?--
+
+(Gegen die Krieger, das Schwert ziehend.)
+
+Holla! zur Hand!
+
+(Die Krieger greifen nach ihren Waffen.)
+
+Milo.
+Die Erde hebt sich!--Was geschieht noch alles?
+(Eine Falltüre öffnet sich am Boden.) Medea (steigt herauf.)
+
+Medea.
+Hier ist der Tag.
+
+(Nachdem sie ganz heroben ist.)
+
+Und hier die Deinen.
+Ich hielt was ich versprach.
+Jason (mit dem Vließ-Banner steigt auch herauf.
+Medea läßt die Falltüre nieder.)
+
+Milo
+
+(auf ihn zueilend und seine Hand nehmend).
+Du bist es Jason!
+Du!
+
+Jason (der mit gebeugtem Kopf dagestanden, emporblickend).
+Jason!--Wo?--Ja so! Ja, ja!
+
+(Ihm die linke Hand reichend. In der rechten hält er das Banner.)
+
+Freund Milo!
+
+Milo (im Vortreten).
+Und mit dem Vließ?
+
+Jason (schreckhaft sich umsehend).
+Ha!--Mit dem Vließ!--
+
+(Es hinhaltend.)
+
+Hier ist's!
+
+(Sich noch einmal umsehend.)
+
+Ein widerlicher Mantel dort, der graue
+Und drein gehüllt der Mann bis an die Zähne.
+
+(Auf ihn zugehend.)
+
+Borg' mir den Mantel, Freund!
+
+(Der Soldat gibt den Mantel.)
+
+Ich kenne dich
+Du bist Archytas aus Korinth. Ja, ja
+Ein lust'ger Kauz, ein (Geist) mit Fleisch und Blut!
+
+(Ihn an der Schulter anfassend.)
+
+Mit Fleisch und Blut!
+
+(Widerlich lachend.)
+
+Ha! ha!--Ich dank' dir Freund!
+
+Milo.
+Wie sonderbar--
+
+Jason
+
+(den Mantel um das Vließ hüllend).
+Wir wollen das verhüllen,
+So--und hier aufbewahren bis wir's brauchen.
+
+(Er legt das Vließ hinter ein Felsenstück, auf das sich Medea
+sinnend gesetzt hat.)
+
+Was sinnest du Medea, sinnest jetzt?
+Laß uns die Überlegung aufbewahren
+Als Zeitvertreib auf langer Überfahrt.
+Komm her mein Weib, mir angetraut
+Bei Schlangenzischen unterm Todestor.
+
+Milo (sich zu Medea wendend).
+Das Schiff dort birgt, was dir willkommen wohl.
+Ein Weib, Medeens Pflegerin sich nennend
+Ward eingebracht--
+
+Medea.
+Gora.--Zu ihr!
+
+Jason (rauh).
+Bleib da!
+
+(Medea erschrocken die Hände auf Brust und Stirn legend, bleibt
+stehen.)
+
+Jason (milder).
+Ich bitte dich bleib da!
+
+(Indem er sie zurückführt.)
+
+Geh nicht Medea!
+
+(Sie wirft einen scheuen Blick auf ihn.)
+
+Entwöhne dich vom Umgang jener Wilden
+Dafür an unseren gewöhne dich!
+Wir sind jetzt Eins, wir müssen einig denken.
+
+Milo.
+Kommt jetzt zu Schiff!
+
+Jason.
+Ja, ja! Komm mit Medea!
+Wie lau die Feinde sind! Ich hätte Lust
+Zu fechten, fechten. Doch sie schlafen scheint es!
+
+Absyrtus
+
+(hinter der Szene).
+Hierher!
+
+Milo.
+Sie schlafen nicht.
+
+Jason.
+So besser! Schließt euch!
+Zieht gegen unser Fahrzeug euch zurück.
+Wir wollen unser Angedenken ihnen
+Zum Abschied noch erneun auf immerdar.
+
+(Er rafft das verhüllte Vließ auf.)
+
+Medea, in den Kreis und zittre nicht!
+Absyrtus (tritt mit) Kolchern (auf.)
+
+Absyrtus.
+Hier ist sie! Komm zu mir! Medea! Schwester!
+
+Medea (die bei seinem Eintritt ihm unwillkürlich einige
+Schritte entgegen gegangen ist, jetzt stehen bleibend).
+Wohl deine Schwester, doch Medea nicht!
+
+Jason.
+Was weilst du dort? Tritt wieder her zu uns!
+
+Absyrtus (mitleidig zu ihr tretend).
+So wär' es wahr denn, was sie alle sagen
+Und ich nicht glauben konnte bis auf jetzt.
+Du wolltest ziehen mit den fremden Männern?
+Verlassen unsre Heimat, unsern Herd
+Den Vater und mich Medea
+Mich, der dich so liebt, du arme Schwester!
+
+Medea (an seinen Hals stürzend).
+O Bruder! Bruder!
+
+(Mit tränenerstickter Stimme.)
+
+O mein Bruder!
+
+Absyrtus.
+Nein es ist nicht wahr!--Du weinst!
+Ich muß auch weinen. Doch was tut's?
+Ich schäme mich der Tränen nicht Genossen
+Im K a m p f will ich zeigen, was ich wert.
+Weine nicht Schwester, komm mit mir!
+
+Medea (an seinem Halse, kaum vernehmlich).
+O könnt' ich gehn mit dir!
+
+Jason (hinzutretend).
+Du willst mit ihm?
+
+Medea (furchtsam).
+Ich?
+
+Jason.
+Du sagtest's!
+
+Medea.
+Sagt' ich etwas Bruder?
+Nein, ich sagte nichts!
+
+Absyrtus.
+Wohl sagtest du's, und komm, o komm,
+Ich führe dich zum Vater, er verzeiht!
+Schon hat ihn mein Flehen halb erweicht;
+Gewiß verzeiht er, noch ist nichts geschehn,
+Die Fremden, sie fanden's noch nicht das Vließ.
+
+Medea (sich entsetzt aus seinen Armen losreißend).
+Nicht?
+
+(Schaudernd.)
+
+Sie haben's!
+
+Jason (indem er die Hülle von dem Vließ reißt und es
+hochgeschwungen vorzeigt).
+Hier!
+
+Absyrtus.
+Das Vließ!
+
+(Zu Medeen.)
+
+So hast du uns denn doch verraten
+Geh hin in Unheil denn und in Verderben!
+
+(Zu Jason.)
+
+Behalt sie, doch das Vließ gib mir heraus!
+
+Jason.
+Du schwärmst mein junger Fant! Mach' dich von hinnen,
+Und sag' dem Vater was du hier gesehn.
+Nehm' ich die Tochter, schenk' ich ihm den Sohn!
+
+Absyrtus.
+Das Vließ!
+
+Jason.
+Ich will dein Blut nicht. Schweig und geh!
+Mit Drachen ist mein Arm gewohnt zu kämpfen,
+Mit Toren nicht wie Du: Geh sag' ich geh!
+
+Absyrtus (eindringend).
+Das Vließ.
+
+Jason (ausweichend).
+Mir zu begegnen ist gefährlich,
+Denn ich bin grimmig wie der grimme Leu.
+
+Absyrtus.
+Das Vließ!
+
+Jason.
+So hab's!
+
+(Er haut, über die linke Schulter ausholend mit einem grimmigen
+Seitenhieb auf Absyrtus, daß Helm, Schild und Schwert ihm rasselnd
+entfallen, er selbst aber, obschon unverwundet, taumelnd
+niederstürzt.)
+
+Medea
+
+(bei dem Fallenden auf die Kniee stürzend und sein Haupt in ihrem
+Schoß verbergend).
+Halt ein!
+
+Jason.
+Ich töt' ihn nicht!
+Allein gehorchen muß er, (muß--gehorchen)!
+
+Medea (Absyrtus aufrichtend).
+Steh auf!
+
+(Er ist aufgestanden und lehnt sich betäubt an ihre Brust.)
+
+Medea.
+Bist du verletzt?
+
+Absyrtus (matt).
+Es schmerzt!--Die Stirn!
+
+Medea (ihre Lippen auf seine Stirne pressend).
+Mein Bruder!
+
+Milo
+
+(der früher spähend abgegangen ist, kommt jetzt eilig zurück).
+Auf! Die Feinde nahen! Auf!
+In großer Zahl, der König an der Spitze!
+
+Medea (ihren Bruder fester an sich drückend).
+Mein Vater!
+
+Absyrtus (matt).
+Unser Vater!
+
+Jason (zu den Beiden).
+Ihr, zurück!
+
+Milo (auf Absyrtus zeigend).
+Der Sohn sei Geisel gegen seinen Vater
+Bringt ihn dort auf die Höh' zum Schiff hinauf!
+
+Absyrtus (matt die ihn Anfassenden abwehren wollend).
+Berührt ihr mich?
+
+Medea.
+O laß uns gehn, mein Bruder!
+
+(Sie werden auf die Höhe gebracht.)
+
+Jason.
+Hinan, ins Schiff und spannt die Segel auf.
+Aietes (kommt mit bewaffneten) Kolchern.
+
+Aietes (hereinstürzend).
+Haltet ein! Meine Kinder! Mein Sohn!
+
+Absyrtus (oben am Hügel sich loszumachen strebend).
+Mein Vater!
+
+Jason (den Hügel hinauf rufend).
+Haltet ihn!
+
+(Zu Aietes.)
+
+Er bleibt bei mir,
+Folgt mir zu Schiff, als Geisel wider dich.
+Wenn nur ein Kahn, ein Nachen uns verfolgt
+So stürzt dein Sohn hinab ins Wellengrab!
+Erst wenn erreicht ist Kolchis' letzte Spitze,
+Setz' ich ihn aus und send' ihn her zu dir.
+Barbar, du lehrtest mich, dich zu bekämpfen!
+
+Aietes.
+Sohn, stehst du in den Armen der Verworfnen?
+
+Absyrtus (fruchtlos sich loszuwinden strebend).
+Laß mich!
+
+Medea.
+Mein Bruder!--Vater!
+
+Jason.
+Haltet ihn!
+
+Aietes.
+Komm, Sohn!
+
+Jason.
+Umsonst!
+
+Aietes.
+So komm' ich, Sohn, zu dir!
+Mir nach ihr Kolcher, folget eurem König!
+
+Jason.
+Zurück!
+
+Aietes (vordrängend).
+Glaubst du, du schreckest mich?
+
+Jason.
+Zurück!
+Du rettest nicht den Sohn, als wenn du weichst.
+Kein Haar wird ihm gekrümmt, ich schwör' es dir!
+Bringt ihn an Bord!
+
+Absyrtus (ringend).
+Mich? Nimmermehr!
+
+Aietes.
+Mein Sohn!
+
+Absyrtus.
+Fall sie an, befrei' den Sohn, o Vater!
+
+Aietes.
+Kann ich's? sie töten dich, wenn ich's tue!
+
+Absyrtus.
+Lieber frei sterben, als leben gefangen
+Fall' ich auch, wenn nur sie fallen mit!
+
+Jason.
+An Bord mit ihm!
+
+Aietes.
+Sohn komm!
+
+Absyrtus (der sich losgerissen hat).
+Ich komme Vater!
+Frei bis zum Tod! Im Tode räche mich!
+
+(Er springt von der Klippe ins Meer.)
+
+Medea.
+Mein Bruder! Nimm mich mit!
+
+(Sie wird zurückgehalten und sinkt nieder.)
+
+Aietes.
+Mein Sohn!
+
+Jason.
+Er stirbt!
+Die hohen Götter ruf' ich an zu Zeugen
+Daß d u ihn hast getötet und nicht ich!
+
+Aietes.
+Mein Sohn!--Nun Rache! Rache!
+
+(Auf Jason eindringend.)
+
+Stirb!
+
+Jason.
+Laß mich!
+Soll ich dich töten?
+
+Aietes.
+Mörder stirb!
+
+Jason.
+Ich Mörder?
+Mörder du selber!
+
+(Das Vließ einem Nebenstehenden entreißend, dem er es früher zu
+halten gegeben.)
+
+Kennst du dies?
+
+Aietes (schreiend zurücktaumelnd).
+Das Vließ!
+
+Jason
+
+(es ihm vorhaltend).
+Kennst du's?
+Und kennst du auch das Blut, das daran klebt?
+'s ist Phryxus' Blut!--Dort deines Sohnes Blut!
+Du Phryxus' Mörder, Mörder deines Sohns!
+
+Aietes.
+Verschling mich Erde! Gräber tut euch auf.
+
+(Stürzt zur Erde.)
+
+Jason.
+Zu spät, sie decken deinen Frevel nicht.
+Als Werkzeug einer höheren Gewalt
+Steh' ich vor dir. Nicht zittre für dein Leben,
+Ich will nicht deinen Tod; ja stirb erst spät,
+Damit noch fernen Enkeln kund es werde,
+Daß sich der Frevel rächt auf dieser Erde.
+Nun rasch zu Schiff, die Segel spannet auf
+Zurück ins Vaterland!
+
+Aietes (an der Erde).
+Weh mir weh
+Legt mich ins Grab zu meinem Sohn!
+(Indem die Kolcher sich um den König gruppieren und Jason mit den
+Argonauten das Schiff besteigt fällt der Vorhang.)
+
+
+Ende dieses Projekt Gutenberg Etextes Die Argonauten,
+von Franz Grillparzer.
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+End of the Project Gutenberg EBook of Die Argonauten, by Franz Grillparzer
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+*** END OF THIS PROJECT GUTENBERG EBOOK DIE ARGONAUTEN ***
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+Produced by Delphine Lettau and Mike Pullen
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+ any money paid for a work or a replacement copy, if a defect in the
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+ distribution of Project Gutenberg-tm works.
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+with the defective work may elect to provide a replacement copy in
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+or entity providing it to you may choose to give you a second
+opportunity to receive the work electronically in lieu of a refund. If
+the second copy is also defective, you may demand a refund in writing
+without further opportunities to fix the problem.
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+in paragraph 1.F.3, this work is provided to you 'AS-IS', WITH NO
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+trademark owner, any agent or employee of the Foundation, anyone
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+production, promotion and distribution of Project Gutenberg-tm
+electronic works, harmless from all liability, costs and expenses,
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+the following which you do or cause to occur: (a) distribution of this
+or any Project Gutenberg-tm work, (b) alteration, modification, or
+additions or deletions to any Project Gutenberg-tm work, and (c) any
+Defect you cause.
+
+Section 2. Information about the Mission of Project Gutenberg-tm
+
+Project Gutenberg-tm is synonymous with the free distribution of
+electronic works in formats readable by the widest variety of
+computers including obsolete, old, middle-aged and new computers. It
+exists because of the efforts of hundreds of volunteers and donations
+from people in all walks of life.
+
+Volunteers and financial support to provide volunteers with the
+assistance they need are critical to reaching Project Gutenberg-tm's
+goals and ensuring that the Project Gutenberg-tm collection will
+remain freely available for generations to come. In 2001, the Project
+Gutenberg Literary Archive Foundation was created to provide a secure
+and permanent future for Project Gutenberg-tm and future
+generations. To learn more about the Project Gutenberg Literary
+Archive Foundation and how your efforts and donations can help, see
+Sections 3 and 4 and the Foundation information page at
+www.gutenberg.org Section 3. Information about the Project Gutenberg
+Literary Archive Foundation
+
+The Project Gutenberg Literary Archive Foundation is a non profit
+501(c)(3) educational corporation organized under the laws of the
+state of Mississippi and granted tax exempt status by the Internal
+Revenue Service. The Foundation's EIN or federal tax identification
+number is 64-6221541. Contributions to the Project Gutenberg Literary
+Archive Foundation are tax deductible to the full extent permitted by
+U.S. federal laws and your state's laws.
+
+The Foundation's principal office is in Fairbanks, Alaska, with the
+mailing address: PO Box 750175, Fairbanks, AK 99775, but its
+volunteers and employees are scattered throughout numerous
+locations. Its business office is located at 809 North 1500 West, Salt
+Lake City, UT 84116, (801) 596-1887. Email contact links and up to
+date contact information can be found at the Foundation's web site and
+official page at www.gutenberg.org/contact
+
+For additional contact information:
+
+ Dr. Gregory B. Newby
+ Chief Executive and Director
+ gbnewby@pglaf.org
+
+Section 4. Information about Donations to the Project Gutenberg
+Literary Archive Foundation
+
+Project Gutenberg-tm depends upon and cannot survive without wide
+spread public support and donations to carry out its mission of
+increasing the number of public domain and licensed works that can be
+freely distributed in machine readable form accessible by the widest
+array of equipment including outdated equipment. Many small donations
+($1 to $5,000) are particularly important to maintaining tax exempt
+status with the IRS.
+
+The Foundation is committed to complying with the laws regulating
+charities and charitable donations in all 50 states of the United
+States. Compliance requirements are not uniform and it takes a
+considerable effort, much paperwork and many fees to meet and keep up
+with these requirements. We do not solicit donations in locations
+where we have not received written confirmation of compliance. To SEND
+DONATIONS or determine the status of compliance for any particular
+state visit www.gutenberg.org/donate
+
+While we cannot and do not solicit contributions from states where we
+have not met the solicitation requirements, we know of no prohibition
+against accepting unsolicited donations from donors in such states who
+approach us with offers to donate.
+
+International donations are gratefully accepted, but we cannot make
+any statements concerning tax treatment of donations received from
+outside the United States. U.S. laws alone swamp our small staff.
+
+Please check the Project Gutenberg Web pages for current donation
+methods and addresses. Donations are accepted in a number of other
+ways including checks, online payments and credit card donations. To
+donate, please visit: www.gutenberg.org/donate
+
+Section 5. General Information About Project Gutenberg-tm electronic works.
+
+Professor Michael S. Hart was the originator of the Project
+Gutenberg-tm concept of a library of electronic works that could be
+freely shared with anyone. For forty years, he produced and
+distributed Project Gutenberg-tm eBooks with only a loose network of
+volunteer support.
+
+Project Gutenberg-tm eBooks are often created from several printed
+editions, all of which are confirmed as not protected by copyright in
+the U.S. unless a copyright notice is included. Thus, we do not
+necessarily keep eBooks in compliance with any particular paper
+edition.
+
+Most people start at our Web site which has the main PG search
+facility: www.gutenberg.org
+
+This Web site includes information about Project Gutenberg-tm,
+including how to make donations to the Project Gutenberg Literary
+Archive Foundation, how to help produce our new eBooks, and how to
+subscribe to our email newsletter to hear about new eBooks.
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+This eBook, including all associated images, markup, improvements,
+metadata, and any other content or labor, has been confirmed to be
+in the PUBLIC DOMAIN IN THE UNITED STATES.
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+Procedures for determining public domain status are described in
+the "Copyright How-To" at https://www.gutenberg.org.
+
+No investigation has been made concerning possible copyrights in
+jurisdictions other than the United States. Anyone seeking to utilize
+this eBook outside of the United States should confirm copyright
+status under the laws that apply to them.
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+Project Gutenberg (https://www.gutenberg.org) public repository for
+eBook #7943 (https://www.gutenberg.org/ebooks/7943)
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+++ b/old/7argo10.txt
@@ -0,0 +1,4771 @@
+The Project Gutenberg EBook of Die Argonauten, by Franz Grillparzer
+
+Copyright laws are changing all over the world. Be sure to check the
+copyright laws for your country before downloading or redistributing
+this or any other Project Gutenberg eBook.
+
+This header should be the first thing seen when viewing this Project
+Gutenberg file. Please do not remove it. Do not change or edit the
+header without written permission.
+
+Please read the "legal small print," and other information about the
+eBook and Project Gutenberg at the bottom of this file. Included is
+important information about your specific rights and restrictions in
+how the file may be used. You can also find out about how to make a
+donation to Project Gutenberg, and how to get involved.
+
+
+**Welcome To The World of Free Plain Vanilla Electronic Texts**
+
+**eBooks Readable By Both Humans and By Computers, Since 1971**
+
+*****These eBooks Were Prepared By Thousands of Volunteers!*****
+
+
+Title: Die Argonauten
+
+Author: Franz Grillparzer
+
+Release Date: April, 2005 [EBook #7943]
+[Yes, we are more than one year ahead of schedule]
+[This file was first posted on June 3, 2003]
+
+Edition: 10
+
+Language: German
+
+Character set encoding: ASCII
+
+*** START OF THE PROJECT GUTENBERG EBOOK DIE ARGONAUTEN ***
+
+
+
+
+Produced by Delphine Lettau and Mike Pullen
+
+
+
+
+This Etext is in German.
+
+We are releasing two versions of this Etext, one in 7-bit format,
+known as Plain Vanilla ASCII, which can be sent via plain email--
+and one in 8-bit format, which includes higher order characters--
+which requires a binary transfer, or sent as email attachment and
+may require more specialized programs to display the accents.
+This is the 7-bit version.
+
+This book content was graciously contributed by the Gutenberg Projekt-DE.
+That project is reachable at the web site http://gutenberg.spiegel.de/.
+
+Dieses Buch wurde uns freundlicherweise vom "Gutenberg Projekt-DE"
+zur Verfuegung gestellt. Das Projekt ist unter der Internet-Adresse
+http://gutenberg.spiegel.de/ erreichbar.
+
+
+
+
+Die Argonauten
+
+Franz Grillparzer
+
+Trauerspiel in vier Aufzuegen
+
+
+Personen:
+
+Aietes, Koenig von Kolchis
+Medea und Absyrtus, seine Kinder
+Gora, Medeens Amme
+Peritta, eine ihrer Gespielen
+Jason
+Milo, sein Freund
+Medeens Jungfrauen
+Argonauten
+Kolcher
+
+
+
+
+Erster Aufzug
+
+(Kolchis.--Wilde Gegend mit Felsen und Baeumen. Im Hintergrunde ein
+halbverfallener Turm, aus dessen obersten Stockwerke ein schwaches
+Licht flimmert. Weiter zurueck die Aussicht aufs Meer. Finstere
+Nacht.)
+
+Absyrtus (hinter der Szene).
+Dorther schimmert das Licht!--Komm hierher Vater!--
+Ich bahne dir den Weg!--Noch diesen Stein!--
+So!--
+
+(Auftretend und mit dem Schwert nach allen Seiten ins Gebuesch
+hauend.)
+
+Aus dem Wege unnuetzes Pack!
+Vater, mein Schwert macht klare Bahn!
+Aietes (tritt auf, den Helm auf dem Kopfe, ganz in einen dunkeln
+Mantel gehuellt.)
+
+Absyrtus.
+Wir sind an Ort und Stelle, Vater.
+Dort der Turm, wo die Schwester haust.
+Siehst das Licht aus ihrer Zelle?
+Da weilt sie und sinnt Zaubersprueche
+Und braut Traenke den langen Tag,
+Des Nachts aber geht sie gespenstisch hervor
+Und wandelt umher und klagt und weint.
+
+(Aietes macht eine unwillige Bewegung.)
+
+Absyrtus.
+Ja Vater und weint, so erzaehlt der Hirt
+Vom Tal da unten, und ringt die Haende
+Dass es, spricht er, klaeglich sei anzusehn!
+Was mag sie wohl treiben und sinnen, Vater?
+
+(Aietes geht gedankenvoll auf und nieder.)
+
+Absyrtus.
+Du antwortest nicht?--Was hast du Vater?
+Trueb und duester ist dein Gemuet.
+Du hast doch nicht Furcht vor den Fremden, Vater?
+
+Aietes.
+Furcht Bube?
+
+Absyrtus.
+Nu, (Sorge) denn, Vater!
+Aber habe nicht Furcht noch Sorge!
+Sind uns nicht Waffen und Kraft und Arme?
+Ist nicht ein Haeuflein nur der Fremden?
+Waeren ihrer doch zehnmal mehr!
+Lass sie nur kommen, wir wollen sie jagen
+Eilends heim in ihr dunkles Land
+Wo keine Waelder sind und keine Berge,
+Wo kein Mond strahlt, keine (Sonne) leuchtet
+Die taeglich, hat sie sich muede gewandelt,
+Zur Ruhe geht in unserem Meer.
+Lass sie nur kommen, ich will sie empfangen,
+Du hast nicht umsonst mich wehrhaft gemacht,
+Nicht umsonst mir gegeben dies blitzende Schwert,
+Und den Speer und den Helm mit dem wogenden Busch,
+Waffen d u , und Mut die (Goetter)!
+Lass die Schwester mit ihren Kuensten,
+Schwert gegen Schwert, so binden wir an!
+
+Aietes.
+Armer Wurm!
+
+Absyrtus.
+Ich bin dein Sohn!
+Damals als du den Phryxus schlugst--
+
+Aietes.
+Schweig!
+
+Absyrtus.
+Das ist ja eben warum sie kommen
+Her nach Kolchis, die fremden Maenner
+Zu raechen, waehnen sie, seinen Tod
+Und zu stehlen unser Gut, das strahlende Vliess.
+
+Aietes.
+Schweig Bube!
+
+Absyrtus.
+Was bangst du Vater?
+Fest verwahrt in der Hoehle Hut
+Liegt es das koestliche, goldene Gut.
+
+Aietes
+
+(den Mantel vom Gesicht reissend und ans Schwert greifend).
+Soll ich dich toeten, schwatzender Tor?
+
+Absyrtus.
+Was ist dir?
+
+Aietes.
+Schweig!--Dort sieh zum Busch!
+
+Absyrtus.
+Warum?
+
+Aietes.
+Mir deucht es raschelt dort
+Und regt sich.--Man behorcht uns.
+
+Absyrtus
+
+(zum Gebuesch hingehend und an die Baeume schlagend).
+He da!--Steht Rede!--Es regt sich Niemand!
+
+(Aietes wirft sich auf ein Felsenstueck im Vorgrunde.)
+
+Absyrtus (zurueckkommend).
+Es ist nichts, Vater! Niemand lauscht.
+
+Aietes
+
+(aufspringend und ihn hart anfassend).
+Ich sage dir, wenn du dein Leben liebst
+Sprich nicht davon!
+
+Absyrtus.
+Wovon?
+
+Aietes.
+Ich sage dir, begrab's in deiner Brust
+Es ist kein Knabenspielzeug, Knab'! Doch alles still hier!
+Niemand empfaengt mich;
+Recht wie es ziemt der Widerspenst'gen Sitz.
+
+Absyrtus.
+Hoch oben am Turme flackert ein Licht.
+Dort sitzt sie wohl und sinnt und tichtet.
+
+Aietes.
+Ruf ihr! Sie soll heraus!
+
+Absyrtus.
+Gut Vater!
+
+
+(Er geht dem Turme zu).
+Komm herab du Wandlerin der Nacht
+Du Spaet-Wachende bei der einsamen Lampe!
+Absyrtus ruft, deines Vaters Sohn!
+
+(Pause.)
+
+Sie kommt nicht, Vater!
+
+Aietes.
+Sie soll! Ruf lauter!
+
+Absyrtus
+
+(ans Tor schlagend).
+Holla ho! Hier der Koenig! Heraus ihr!
+
+Medeas Stimme (im Turm).
+Weh!
+
+Absyrtus.
+Vater!
+
+Aietes.
+Was?
+
+Absyrtus (zurueckkommend).
+Hast du gehoert?
+Weh rief's im Turm! War's die Schwester die rief?
+
+Aietes.
+Wer sonst! Geh, deine Torheit steckt an.
+Ich will rufen und sie soll gehorchen!
+
+(Zum Turme gehend.)
+
+Medea!
+
+Medea (im Turm).
+Wer ruft?
+
+Aietes.
+Dein Vater ruft und dein Koenig!
+Komm herab!
+
+Medea.
+Was soll ich?
+
+Aietes.
+Komm herab, sag' ich!
+
+Medea.
+O lass mich!
+
+Aietes.
+Zoegre nicht! Du reizest meinen Zorn!
+Im Augenblicke komm!
+
+Medea.
+Ich komme!
+
+(Aietes verhuellt sich und wirft sich wieder auf den Felsensitz.)
+
+Absyrtus.
+Wie klaeglich, Vater, ist der Schwester Stimme.
+Was mag ihr fehlen? Sie dauert mich!--
+Dich wohl auch, weil du so schmerzlich schweigst,
+Das arme Maedchen!--
+
+(Ihn anfassend.)
+
+Schlaefst du, Vater?
+
+Aietes (aufspringend).
+Toerichte Kinder sind der Vaeter Fluch!
+Du und sie, i h r toetet mich,
+Nicht meine Feinde!
+
+Absyrtus.
+Still! Horch!--Der Riegel klirrt!--Sie kommt!--Hier ist sie!
+Medea (in dunkelroter Kleidung, am Saume mit goldenen Zeichen
+gestickt, einen schwarzen, nachschleppenden Schleier der an einem,
+gleichfalls mit Zeichen gestickten Stirnbande befestigt ist, auf
+dem Kopfe, tritt, eine Fackel in der Hand, aus dem Turme.)
+
+Medea.
+Was willst du, Herr?
+
+Absyrtus.
+Ist das die Schwester, Vater?
+Wie anders doch als sonst, und ach, wie bleich!
+
+Aietes (zu Absyrtus).
+Schweig jetzt!
+
+(Zu Medeen.)
+
+Tritt naeher!--naeher!--
+Doch erst Loesch' deine Fackel, sie blendet mir das Aug!
+
+Medea
+
+(die Fackel am Boden ausdrueckend).
+Das Licht ist verloescht, es ist Nacht, o Herr!
+
+Aietes.
+Jetzt komm!--Doch erst sag' an wer dir erlaubt,
+Zu fliehn, des vaeterlichen Hauses Hut
+Und hier, in der Gesellschaft nur der Wildnis
+Und deines wilden Sinns, Gehorsam weigernd,
+Zu trotzen meinem Worte, meinem Wink?
+
+Medea.
+Du fragst?
+
+Aietes.
+Ich frage!
+
+Medea.
+Reden soll ich?
+
+Aietes.
+Sprich!
+
+Medea.
+So hoere wenn du kannst und zuerne wenn du darfst.
+O koennt' ich schweigen, ewig schweigen!
+Verhasst ist mir dein Haus
+Mit Schauder erfuellt mich deine Naehe.
+Als du den Fremden erschlugst,
+Den Goetterbeschuetzten, den Gastfreund
+Und raubtest sein Gut,
+Da trugst du einen Funken in dein Haus,
+Der glimmt und glimmt und nicht verloeschen wird,
+Goessest du auch darueber aus
+Was an Wasser die heil'ge Quelle hat,
+Der Stroeme und Fluesse unnennbare Zahl
+Und das ohne Grenzen gewaltige Meer.
+Ein toerichter Schuetze ist der Mord,
+Schiesst seinen Pfeil ab ins dunkle Dickicht,
+Gewinnsuechtig, beutegierig,
+Und was er fuer ein Wild gehalten,
+Fuer frohen Jagdgewinn,
+Es war sein Kind, sein eigen Blut,
+Was in den Blaettern rauschte, Beeren suchend.
+Ungluecksel'ger was hast du getan?
+Feuer geht aus von dir
+Und ergreift die Stuetzen deines Hauses
+Das krachend einbricht
+Und uns begraebt.--
+
+Aietes.
+Ungluecksbotin was weisst du?
+
+Medea.
+In der Schreckensstunde
+Als sie geschehn war die Tat,
+Da ward mein Aug geoeffnet
+Und ich sah sie, sah die Unnennbaren
+Geister der Rache.
+Spinnenaehnlich,
+Graesslich, scheusslich,
+Krochen sie her in abscheulicher Unform
+Und zogen Faeden, blinkende Faeden,
+Einfach, doppelt, tausendfach,
+Rings um ihr verfallen Gebiet.
+Du waehnst dich frei und du bist gefangen,
+Kein Mensch, kein Gott loeset die Bande
+Mit denen die Untat sich selber umstrickt.
+Weh dir, weh uns allen!
+
+Aietes.
+Verkaufst du mir Traeume fuer Wirklichkeit?
+Deines Gleichen magst du erschrecken,
+Toerin! Nicht mich!
+Hast du die Zeichen, die Sterne gefragt?
+
+Medea.
+Glaubst du ich koennt's, ich vermoecht' es?
+Hundertmal hab' ich aufgeblickt
+Zu den glaenzenden Zeichen
+Am Firmament der Nacht.
+Und alle hundertmale
+Sanken meine Blicke
+Von Schreck getroffen, unbelehrt.
+Es schien der Himmel mir ein aufgerolltes Buch
+Und (Mord) darauf geschrieben, tausendfach,
+Und (Rache) mit demantnen Lettern
+Auf seinen schwarzen Grund.
+O frage nicht die Sterne dort am Himmel,
+Die Zeichen nicht der schweigenden Natur,
+Des Gottes Stimme nicht im Tempel:
+Betracht' im Bach die irren Wandelsterne,
+Die scheu dir blinken aus den duestern Brau'n
+Die Zeichen die die Tat dir selber aufgedrueckt,
+Des Gottes Stimme in dem eignen Busen,
+Sie werden dir Orakel geben,
+Viel sicherer als meine arme Kunst,
+Aus dem was ist und war, auf das was werden wird.
+
+Absyrtus.
+Der Vater schweigt. Du bist so seltsam Schwester
+Sonst warst du rasch und heiter, frohen Muts;
+Mich duenkt du bist dreifach gealtert
+In der Zeit als ich dich nicht gesehn!
+
+Medea.
+Es hat der Gram sein Alter, wie die Jahre
+Und wer der Zeit (vorauseilt), guter Bruder,
+Kommt frueh ans Ziel.
+
+Absyrtus.
+Du weisst wohl also schon
+Von jenen Fremden die--
+
+Medea.
+Von Fremden--?
+
+Aietes.
+Halt!
+Ich gebot dir zu schweigen! Schweig denn, Schwaetzer!
+Medea, lass uns klug sprechen und besonnen,
+Das Gegenwaert'ge aus der Gegenwart
+Und nicht aus dem betrachten was Vergangen.
+Wiss' es denn. Fremde sind angekommen, Hellenen,
+Sie begehren zu raechen Phryxus' Blut,
+Verlangen die Schaetze des Erschlagnen
+Und des Gottes Banner, das goldene Vliess.
+
+Medea
+
+(aufschreiend).
+Es ist geschehn! Der Streich gefallen! Weh!
+
+(Will in den Turm zurueck.)
+
+Aietes (sie zurueckhaltend).
+Medea, Halt!--Bleib, Unsinnige!
+
+Medea.
+Gekommen die Raecher, die Vergelter!
+
+Aietes.
+Willst du mich verlassen, da ich dein bedarf?
+Willst du sehen des Vaters Blut?
+Medea ich beschwoere dich
+Sprich! Rate! Rette! Hilf!
+Gib mich nicht Preis meinen Feinden!
+Argonauten nennen sie sich
+Weil Argo sie traegt, das schnelle Schiff.
+Was das Hellenenland an Helden naehrt,
+An Tapfern vermag, sie haben's versammelt
+Zum Todesstreich auf deines Vaters Haupt.
+Hilf Medea! Hilf meine Tochter!
+
+Medea.
+I ch soll helfen, hilf du selbst!
+Gib heraus was du nahmst, Versoehnung bietend!
+
+Aietes.
+Verteilt sind die Schaetze den Helfern der Tat;
+Werden sie wiedergeben das Empfangne?
+Besitzen sie's noch? die toerichten Schwelger,
+Die leicht vertan das leicht erworbne.
+Soll ich herausgeben das glaenzende Vliess,
+Des Gottes Banner, Perontos Gut?
+Nimmermehr! Nimmermehr! Und taet' ich's
+Wuerden sie drum schonen mein und eurer?
+Um desto sichrer wuergten sie uns,
+Raechend des Freundes Tod,
+Geschuetzt durch das heilige Pfand des Gottes.
+Deine Kunst befrage, gib andern Rat!
+
+Medea.
+Rat dir geben, ich selber ratlos!
+
+Aietes.
+Nun wohl, so verharre, du Ungeratne!
+Opfre dem Tod deines Vaters Haupt.
+Komm mein Sohn, wir wollen hinaus,
+Den Streichen bieten das nackte Haupt,
+Und fallen unter der Fremden Schwertern.
+Komm mein Sohn, mein einzig Kind!
+
+Medea.
+Halt Vater!
+
+Aietes.
+Du willst also?
+
+Medea.
+Hoer' erst!
+Ich will's versuchen, die Goetter zu fragen,
+Was sie gebieten was sie gestatten.
+Und nicken sie zu, so steh' ich dir bei,
+Helfe dir bekaempfen den Feind,
+Helfe dir schmieden den Todespfeil
+Den du abdruecken willst ins dunkle Gebuesch,
+Nicht wissend, armer Schuetze, wen du triffst.
+Es sei! Du gebeutst, ich gehorche!
+
+Aietes.
+Medea, mein Kind, mein liebes Kind!
+
+Medea.
+Frohlocke nicht zu frueh, noch fehlt das Ende.
+Ich bin bereit; allein versprich mir erst,
+Dass, wenn die Tat gelang, dein Land befreit,
+Zu hoffen wag' ich's kaum, allein wenn doch,--
+Du mich zurueckziehn laesst, in diese Wildnis
+Und nimmer mehr mich stoerst, nicht du, nicht andre.
+
+Aietes.
+Warum?
+
+Medea.
+Versprich's!
+
+Aietes.
+Es sei!
+
+Medea.
+Wohlan denn Herr,
+Tritt ein bei deiner Magd, ich folge dir!
+
+Aietes.
+Ins Haus?
+
+Medea.
+Drin wird's vollbracht.
+
+Aietes (zu Absyrtus).
+So komm denn Sohn!
+
+(Beide ab in den Turm.)
+
+Medea.
+Da gehn sie hin, hin die Verblendeten!--
+Ein toericht Wesen duenkt mich der Mensch;
+Treibt dahin auf den Wogen der Zeit
+Endlos geschleudert auf und nieder,
+Und wie er ein Fleckchen Gruen erspaeht
+Gebildet von Schlamm und stockendem Moor
+Und der Verwesung gruenlichem Moder,
+Ruft er: (Land)! und rudert drauf hin
+Und besteigt's--und sinkt--und sinkt--
+Und wird nicht mehr gesehn!
+Armer Vater, armer Mann!
+Es steigen auf vor meinen Blicken
+Duestrer Ahnungen Schauergestalten,
+Aber verhuellt und abgewandt
+Ich kann nicht erkennen ihr Antlitz!
+Zeigt euch mir (ganz), oder verschwindet
+Und lasst mir Ruh, traeumende Ruh!
+Armer Vater! Armer Mann!--
+ Aber der Wille kann viel--und ich will.
+Will ihn erretten, will ihn befrein
+Oder untergehn mit ihm!
+Dunkle Kunst, die mich die Mutter gelehrt
+Die den Stamm du treibst in des Lebens Luefte
+Und die Wurzeln geheimnisvoll
+Hinabsenkst zu den Klueften der Unterwelt,
+Sei mir gewaertig!--Medea (will)!
+Ans Werk denn!
+
+(Zu einigen Jungfrauen die am Eingange des Turmes erscheinen.)
+
+Und ihr des Dienstes Beflissne
+Bereitet die Hoehle, bereitet den Altar!
+Medea will zu den Geistern rufen,
+Zu den duestern Geistern der schaurigen Nacht
+Um Rat, um Hilfe, um Staerke, um Macht!
+
+(Ab in den Turm.)
+
+(Pause. Dann tritt) Jason (rasch auf.)
+
+Jason.
+Hier hoert' ich Stimmen!--Hier muss--Niemand hier?
+
+Milo (hinter der Szene).
+Holla!
+
+Jason.
+Hierher!
+
+Milo (eben so).
+Jason!
+
+Jason.
+Hier Milo, hier!
+
+Milo (der keuchend auftritt).
+Mein Freund, such' dir 'nen anderen Begleiter!
+Dein Kopf und deine Beine sind zu rasch,
+Sie laufen, statt zu gehn. Ein grosser Uebelstand!
+Von Beinen mag's noch sein, da hilft das Alter,
+Allein ein Kopf der laeuft!--Glueck auf die Reise!
+Such' einen andern sag' ich, ich bin's satt!
+
+(Setzt sich.)
+
+Jason.
+Wir haben, was wir suchten!--Hier ist Licht!
+
+Milo.
+Ja Lichts genug um uns da zu beleuchten
+Und zu entdecken und zu schlachten, wenn's beliebt.
+
+Jason.
+Ei, Milo Furcht?
+
+Milo
+
+(rasch aufstehend).
+Furcht?--Lieber Freund, ich bitte
+Waeg' deine Worte eh du sprichst!
+
+(Jason fasst entschuldigend seine Hand.)
+
+Milo.
+Schon gut!
+Wir laufen, nu, die Worte laufen mit!
+Doch ernst. Was suchst du hier?
+
+Jason.
+Kannst du noch fragen?
+Die Freunde, sie, die mir hierher gefolgt,
+Ihr Heil vertrauend meines Glueckes Stern
+Und Jasons Sache machend zu der ihren,
+Sie schmachten, kaum dem schwarzen Schiff entstiegen,
+Hier ohne Nahrung ohne Labetrunk
+In dieser Kueste unwirtbaren Klippen,
+Kein Fuehrer ist, der Wegeskunde gaebe
+Kein Landmann bietend seines Speichers Vorrat
+Und von der Herde triftgenaehrter Zucht.
+Soll ich die Haende legen da in Schoss
+Und muessig zusehn wie die Freunde schmachten?
+Beim Himmel! Ihnen soll ein Fuehrer werden
+Und Trank und Speise, sollt' ich auf sie wiegen
+Mit meinem Blut!
+
+Milo.
+Das treue, wackre Herz!
+O dass du nicht des Freundes Rat gefolgt
+Und weggeblieben bist von dieser Kueste!
+
+Jason.
+Warum denn auch? Was sollt' ich wohl daheim?
+Der Vater tot, mein Oheim auf dem Thron
+Scheelsuechtig mich, den kuenft'gen Feind, betrachtend.
+Mich litt es laenger nicht, ich musste fort.
+Haett' er nicht selbst, der Falsche, mir geboten
+Hierher zu ziehn in dieses Inselland
+Das goldne Goetterkleinod abzuholen
+Von dem man spricht, so weit die Erde reicht
+Und das dem Goettersohne Phryxus einst,
+Ihn selber toetend, raubten die Barbaren,
+Ich waere selbst gegangen, freien Willens,
+Dem eckelhaften Treiben zu entfliehn.
+Ruhmvoller Tod fuer ruhmentbloesstes Leben
+Mag's tadeln wer da will, mich lockt der Tausch!
+Dass dich, o Freund, ich mitzog und die andern,
+Das ist wohl schlimm, allein ihr wolltet's so!
+
+Milo.
+Ja freilich wollt' ich so und will noch immer
+Denn sieh, ich glaub', du hast mir's angetan,
+So lieb' ich dich und all dein Tun und Treiben.
+
+Jason.
+Mein guter Milo!
+
+Milo.
+Nein! 's ist unrecht sag' ich,
+Ich sollt' der Kluegre sein, ich bin der Aeltre.
+Haettst du mich hingefuehrt, wohin auch immer,
+Nur nicht in dieses gottverlassne Land.
+Kommt irgend sonst ein Mann in Faehrlichkeit,
+Nu Schwert heraus und Mut voran. Doch hier
+In dieses Landes feuchter Nebelluft
+Legt Rost sich, wie ans Schwert, so an den Mut.
+Hoert man in einem fort die Wellen brausen,
+Die Fichten rauschen und die Winde tosen,
+Sieht kaum die Sonne durch der dichten Nebel
+Und rauhen Wipfel schaurigen Versteck,
+Kein Mensch rings, keine Huette, keine Spur,
+Da wird das Herz so weit, so hohl, so nuechtern
+Und man erschrickt wohl endlich vor sich selbst.
+Ich, der als Knabe voll Verwundrung horchte,
+Wenn man erzaehlte, 's gaeb' ein Ding
+Die (Furcht) genannt, hier seh' ich fast Gespenster
+Und jeder duerre Stamm scheint mir ein Riese
+Und jedes Licht ein Feuermann. 's ist seltsam.
+Was unbedenklich sonst, erscheint hier schreckhaft
+Und was sonst greulich wieder hier gemein.
+Nur kuerzlich sah ich einen Baer im Walde,
+So gross vielleicht als keinen ich gesehn
+Und doch kams fast mir vor, ich sollt' ihn streicheln,
+Wie einen Schosshund streicheln mit der Hand,
+So klein, so unbedeutend schien das Tier
+Im Abstich seiner schaurigen Umgebung.
+Du hoerst nicht?
+
+Jason (der indes den Turm betrachtet hat).
+Ja ich will hinein!
+
+Milo.
+Wohin?
+
+Jason.
+Dort in den Turm.
+
+Milo.
+Mensch, bist du rasend?
+
+(Ihn anfassend). Hoere!
+
+Jason (sich losmachend und das Schwert ziehend).
+Ich will, wer haelt mich? Hier mein Schwert! Es schuetzt mich
+Vor Feinden wie vor ueberlaest'gen Freunden.
+Die erste Spur von Menschen find' ich hier
+Ich will hinein. Mit vorgehaltnen Eisen
+Zwing' einen ich von des Gebaeuds Bewohnern,
+Zu folgen mir, zu fuehren unsre Schar
+Auf sichern Pfad aus dieses Waldes Umfang,
+Wo Hunger sie und Feindeshinterhalt
+Weit sichrer trifft als mich hier die Gefahr.
+Sprich nicht! Ich bin entschlossen. Geh zurueck
+Ermutige die Schar. Bald bring' ich Rettung!
+
+Milo.
+Bedenk'!
+
+Jason.
+Es ist bedacht! Wer kann hier weilen
+Im kleinen Hause, wuest und abgeschieden?
+Ein Haushalt von Barbaren und was mehr?
+Ich denk' du kennst mich! Hier ist nicht Gefahr
+Als im Verweilen.--Keine Worte weiter!
+
+Milo.
+Doch wie gelangst du hin?
+
+Jason.
+Siehst du dort drueben
+Gaehnt weit ein Spalt im alternden Gemaeuer.
+Das Meer leiht seinen Ruecken bis da hin
+Und leicht erreich' ich's schwimmend.
+
+Milo.
+Hoere doch!
+
+Jason.
+Leb' wohl!
+
+Milo.
+Lass mich statt dir!
+
+Jason.
+Auf Wiedersehn!
+
+(Springt von einer Klippe ins Meer)
+
+Milo.
+Er wagt es doch!--Dort schwimmt er!--Tut es (doch),
+Und laesst mich schmaelen hier nach Herzenslust!
+Ein wackres Herz, doch jung, gewaltig jung!
+Hier will ich stehn und seiner Rueckkehr harren:
+Und geht's auch schief, wir hauen uns heraus.
+
+(Er lehnt sich an einen Baum.)
+
+(Ein duesteres Gewoelbe im Innern des Turms. Links im Hintergrunde
+die Bildsaeule eines Gottes auf hohem Fussgestell, im Vorgrunde
+rechts eine Felsenbank.)
+(Jungfrauen mit Fackeln bringen einen kleinen Altar und Opfergefaesse
+und stellen alles ordnend umher.)
+
+(Eine Jungfrau tritt ein und spricht an der Tuere:)
+
+Jungfrau.
+Genug! Es naht Medea! Stoert sie nicht!
+
+(Alle ab mit den Lichtern.)
+
+Jason (tritt durch einen Seiteneingang links auf mit blossem
+Schwerte.)
+
+Jason.
+Ein finsteres Gewoelb'.--Ich bin im Innern!
+Mehr Menschen fasst das Haus, scheint's, als ich glaubte,
+Doch immerhin! wird nur mein Ziel erreicht.
+Behutsam spaeh ich, bis ein Einzelner
+Mir aufstoesst, dann das Schwert ihm auf die Brust
+Und mit mir soll er, will er nicht den Tod.
+
+(Er spaeht mit vorgehaltenem Schwerte umher.)
+
+Ist da kein Ausgang?--Halt!--Ein Block von Stein
+Das Fussgestell wohl eines Goetterbildes.
+Ehrt man hier Goetter und verhoehnt das Recht?
+Doch horch!--ein Fusstritt!--Bleiche Helle gleitet
+Fortschreitend an des Ganges engen Bogen.
+Man kommt!--Wohin--?--Verbirg mich dunkler Gott!
+
+(Er versteckt sich hinter die Bildsaeule.)
+
+Medea (kommt, einen schwarzen Stab in der Rechten, eine Lampe in
+der Linken.)
+
+Medea.
+Es ist so schwuel hier, so dumpf!
+Feuchter Qualm drueckt die Flamme der Lampe,
+Sie brennt ohne zu leuchten.
+
+(Sie setzt die Lampe hin.)
+--Horch!--Es ist mein eignes Herz,
+Das gegen die Brust pocht mit starken Schlaegen!
+Wie schwach, wie toericht!--Auf Medea!
+Es gilt des Vaters Sache, der Goetter!
+Sollen die Fremden siegen, Kolchis untergehn?
+Nimmermehr! Nimmermehr!
+Ans Werk denn!
+Seid mir gewaertig Goetter, hoeret mich,
+Und gebt Antwort meiner Frage!
+
+(Mit dem Stabe Zeichen in die Luft machend.)
+
+Die ihr einhergeht im Gewande der Nacht
+Und auf des Sturmes Fittigen wandelt
+Furchtbare Fuersten der Tiefe,
+Denen der Entschluss gefaellt
+Und die befluegelte Tat,
+Die ihr bei Leichen weilt
+Und euch labt am Blut der Erschlagnen,
+Die ihr das Herz kennt und lenkt den Willen,
+Die ihr zaehlt die Halme der Gegenwart
+Sorglich bewahrt des Vergangenen Aehren
+Und durchblickt der Zukunft sprossende Saat,
+Euch ruf' ich an!
+Gebt mir Kunde, sichere Kunde
+Von dem was uns droht, von dem was uns lacht!
+Bei der Macht, die mir ward,
+Bei dem Dienst, den ich tat,
+Bei dem Wort, das ihr kennt
+Ruf' ich euch,
+Erscheinet, erscheint!
+
+(Pause.)
+
+Was ist das?--Alles schweigt!
+Sie zeigen sich nicht?
+Zuernt ihr mir, oder betrat ein Fuss,
+Eines Frevlers Fuss
+Die heilige Staette?
+Angst befaellt mich, Schauer fasst mich!
+
+(Mit steigender Stimme.)
+
+Allgewaltige! Lauscht meinem Rufen,
+Hoert Medeens Stimme!
+Eure Freundin ist's die ruft.
+Ich fleh' ich verlang' es
+Erscheinet, erscheint!
+Jason (springt hinter der Bildsaeule hervor.)
+
+Medea (zurueckfahrend).
+Ha!
+
+Jason.
+Verfluchte Zauberin, du bist am Ende,
+Erschienen ist, der dich vernichten wird.
+
+(Indem er mit vorgehaltenem Schwerte hervorspringt verwundet er
+Medeen am Arme.)
+
+Medea (den verwundeten rechten Arm mit der linken Hand fassend).
+Weh mir!
+
+(Stuerzt auf den Felsensitz hin, wo sie schwer atmend leise aechzt.)
+
+Jason.
+Du fliehst? Mein Arm wird dich ereilen!
+
+(Im Dunkeln herum blickend.)
+
+Wo ist sie hin!
+
+(Er nimmt die Lampe und leuchtet vor sich hin.)
+
+Dort!--Du entgehst mir nicht!
+
+(Hinzutretend.)
+
+Verruchte!
+
+Medea (stoehnend).
+Ah!
+
+Jason.
+Stoehnst du? Ja zittre nur!
+Mein Schwert soll deine dunkeln Netze loesen!
+
+(Sie mit der Lampe beleuchtend).
+Doch seh' ich recht? Bist du die Zauberin,
+Die dort erst heischre Flueche murmelte?
+Ein weiblich Wesen liegt zu meinen Fuessen,
+Verteidigt durch der Anmut Freiheitsbrief,
+Nichts zauberhaft an ihr, als ihre Schoenheit.
+(Bist) du's?--Doch ja! Der weisse Arm, er blutet,
+Verletzt von meinem mitleidslosen Schwert!
+Was hast du angerichtet? Weisst du wohl,
+Ich haett' dich toeten koennen, holdes Bild,
+Beim ersten Anfall in der dunkeln Nacht?
+Und Schade waer's, fuerwahr, um so viel Reiz!
+Wer bist du, doppeldeutiges Geschoepf?
+Scheinst du so schoen und bist so arg, zugleich
+So liebenswuerdig und so hassenswert,
+Was konnte dich bewegen, diesen Mund,
+Der, eine Rose, wie die Rose auch
+Nur hauchen sollte suesser Worte Duft,
+Mit schwarzer Sprueche Greuel zu entweihn?
+Als die Natur dich dachte, schrieb sie: (Milde)
+Mit holden Lettern auf das erste Blatt
+Wer malte Zauberformeln auf die andern?
+O geh! ich hasse deine Schoenheit, weil sie
+Mich hindert deine Tuecke recht zu hassen!
+Du atmest schwer. Schmerzt dich dein Arm? Ja, siehst du
+Das sind die Fruechte deines argen Treibens!
+Es blutet! Lass doch sehn!
+
+(Nimmt ihre Hand.)
+
+Du zitterst, Maedchen,
+Die Pulse klopfen, jede Fiber zuckt.
+Vielleicht bist du so arg nicht, als du scheinst,
+Nur angesteckt von dieses Landes Wildheit,
+Und Reue wohnt in dir und fromme Scheu.
+Heb auf das Aug und blicke mir ins Antlitz,
+Dass ich die dunkeln Raetsel deines Handelns
+Erlaeutert seh' in deinem klaren Blick.--
+Du schweigst!--O waerst du stumm, und jene Laute,
+Die mir ertoenten, fluchenswerten Inhalts,
+Gesprochen haette sie ein andrer Mund,
+Der minder lieblich, Maedchen, als der deine.
+Du seufzest!--Sprich!--Lass deine Worte toenen;
+Vertrau' den Lueften sie, als Boten, an,
+Sonst holt mein Mund sie ab von deinen Lippen.
+
+(Er beugt sich gegen sie.)
+(Man hoert Waffengeklirr und Stimmen in der Ferne.)
+
+Horch!--Stimmen!
+
+(Er laesst sie los.)
+
+Naeher!
+
+(Medea steht auf.)
+
+Deine Freunde kommen
+Und ich muss fort. Des freuest du dich wohl?
+Allein ich seh' dich wieder, glaube mir!
+Ich muss dich sprechen hoeren, guetig sprechen,
+Und kostet' es mein Leben!--Doch man naht.
+Glaub' nicht, dass ich Gefahr und Waffen scheue,
+Doch auch ein Tapfrer weicht der Ueberzahl,
+Und meiner harren Freunde.--Leb' denn wohl.
+(Er geht dem Seiteneingange zu, durch den er gekommen ist. Aus
+diesem, so wie aus dem Haupteingange stuerzen) Bewaffnete (herein,
+mit ihnen) Absyrtus.
+
+Absyrtus.
+Zurueck!
+
+Jason.
+So gilt's zu fechten!--Gebet Raum!
+
+Absyrtus.
+Dein Schwert!
+
+Jason.
+Dir in die Brust, nicht in die Hand!
+
+Absyrtus.
+Fangt ihn!
+
+Jason (sich in Stellung werfend).
+Kommt an! Ihr alle schreckt mich nicht!
+
+Absyrtus.
+Lass uns versuchen denn!
+
+(Stuerzt auf Jason los.)
+
+Medea (macht eine abhaltende Bewegung gegen ihn).
+
+Absyrtus (zuruecktretend).
+Was haeltst du mich Schwester?
+
+Jason.
+Du sorgst um mich? Hab' Dank, du holdes Wesen,
+Nicht fuer die Hilfe, ich bedarf sie nicht,
+Fuer diese Sorge Dank. Leb' wohl, o Maedchen,
+
+(Sie bei der Hand fassend und rasch kuessend.)
+
+Und dieser Kuss sei dir ein sichres Pfand,
+Dass wir uns wiedersehn!--Gebt Raum!
+
+(Er schlaegt sich durch.)
+
+Absyrtus.
+Auf ihn!
+
+(Jason durch die Seitentuere fechtend ab.)
+
+Absyrtus.
+Ihm nach! Er soll uns nicht entrinnen!
+
+(Eilt Jason nach mit den Bewaffneten.)
+
+Medea (die unbeweglich mit gesenktem Haupt gestanden, hebt jetzt
+Kopf und Augen empor).
+Goetter!
+
+(Ihre Jungfrauen stehen um sie.)
+
+(Der Vorhang faellt.)
+
+
+
+
+Zweiter Aufzug
+
+(Halle wie am Ende des vorigen Aufzuges. Es ist Tag.)
+Gora, Peritta. Jungfrauen.
+
+Gora.
+Ich sage dir, sprich lieber Medeen nicht.
+Ob der Ereignung zuernt sie der heutigen Nacht
+Und sie spricht sich nicht gut, wenn sie zuernt; das weisst du!
+Auch gebot sie dir, ihr Antlitz zu fliehn.
+
+Peritta.
+Was soll ich tun? Wer hilft, wenn sie nicht?
+Gefangen der Gatte, die Huette verbrannt.
+Alles geraubt von den fremden Maennern
+Wem klag' ich mein Leid, wer rettet, wenn sie nicht?
+
+Gora.
+Tu wie du willst, ich hab' dich gewarnt,
+Auch ist's recht und billig nur, dass sie dich hoert,
+Aber der Mensch tut nicht immer was recht.
+
+Peritta.
+Ach, ich Unselige!
+
+Gora.
+Klage nicht! Was hilft's
+Ueberleg' und handle, das tut dir Not!
+Doch wo weilt Medea? komm in ihr Gemach.
+(Eine) Jungfrau (stuerzt atemlos herein.)
+
+Jungfrau.
+O Uebermass des Ungluecks!
+
+Gora (an der Tuere umkehrend).
+Wohl nur der Torheit, will ich hoffen!
+Was neues gibt's?
+
+Jungfrau.
+Der Fuerstin Lieblingspferd.--
+
+Gora.
+Das herrliche Tigerross--
+
+Jungfrau.
+Es ist entflohn!
+
+Gora.
+So?
+
+Jungfrau.
+In der Verwirrung der heutigen Nacht
+Da die Pforte offen, wir alle voll Angst,
+Entkam es dem Stall und ward nimmer gesehn!
+Weh mir!
+
+Gora.
+Ja wohl!
+
+Jungfrau.
+Wie entflieh' ich der Fuerstin Zorn?
+Wird sie's ertragen--?
+
+Gora.
+Das (wie) ist ihre Sache
+Doch tragen muss sie's, da es (ist).
+Nur rat' ich dir geh fuers erste ihr aus dem Auge!
+Doch horch! Sie naht schon! Peritta tritt zu mir.
+Medea (kommt in Gedanken versunken aus der Tuere rechts.)
+
+Gora (nach einer Pause).
+Medea--
+
+Jungfrau (ihr zuvorkommend und zu Medeens Fuessen stuerzend).
+O Koenigin verzeih!
+
+Medea (den Kopf emporhebend).
+Was ist?
+
+Jungfrau.
+Vernichte mich nicht in deinem Zorn!
+Dein Leibross--Dein Liebling!--Es ist entflohn.
+
+(Pause waehrend welcher sie Medeen voll Erwartung ins Gesicht sieht).
+
+Nicht meine Schuld war's fuerwahr. Der Schrecken heut Nacht
+Das Getuemmel, der Laerm--Da geschah's--
+Du sprichst nicht?--Zuerne Fuerstin--
+
+Medea.
+Es ist gut!
+
+(Jungfrau steht auf.)
+
+Gora (sie bei Seite ziehend).
+Was sprach sie?
+
+Jungfrau (freudig).
+Es sei gut.
+
+Gora.
+Das ist (nicht) gut!
+Traegt sie so leicht, was sie sonst schwer ertrug,
+Das beguenstigt unsre Sache, Peritta!
+Fast ist mir's unlieb, dass sie so mild gestimmt
+Ich hatte mich drauf gefreut, wie sie sich straeuben wuerde
+Und endlich ueberwinden muesste zu tun was sie soll.
+Nu komm denn, komm, fuer dich ist's besser so.
+Medea hier ist noch jemand den du kennst!
+
+Medea.
+Wer?
+
+Gora.
+Kennst deine Gespielin, Peritta, nicht?
+Zuernst du ihr gleich--
+
+Medea.
+Peritta bist du's;
+Sei mir gegruesst, sei herzlich mir gegruesst!
+
+(Sie mit dem Arm umschlingend und sich auf sie stuetzend.)
+
+Wir haben frohe Tage zusammen gelebt.
+Seit dem ist viel uebles geschehn.
+Viel uebles seit der Zeit, Peritta!
+Hast du deine Herde verlassen und dein Haus
+Und kommst wieder zu mir, Peritta?
+Sei mir willkommen, du bist sanft und gut,
+Du sollst mir die Naechste sein im Kreis meiner Frauen!
+
+Peritta.
+Kein Haus hab' ich mehr und keine Herde
+Alles verloren, mein Gatte gefangen,
+Dahin meine Ruhe, mein Segen, mein Glueck.
+
+Medea.
+So ist er dahin, ist tot!
+Du dauerst mich armes, armes Kind!
+War so jung, so kraeftig, so glaenzend, so schoen,
+Und ist tot und kalt! Du dauerst mich
+Ich koennte weinen, so ruehrst du mich.
+
+(Legt ihre Stirne auf Perittas Schulter.)
+
+Peritta.
+Nicht tot, nur gefangen ist mein Gatte
+Drum kam ich zu flehn, dass du bittest den Vater
+Ihn zu loesen, zu retten, zu befrein--
+ Medea hoerst du?--
+
+(Zu Gora.)
+
+Sie spricht nicht! Was sinnt sie?
+
+Gora.
+Mich ueberrascht sie nicht minder als dich
+Das ist sonst nicht Medeens Sitte.
+
+Peritta.
+Was ist das? Trau' ich meinen Sinnen?
+Feucht fuehl' ich dein Antlitz auf meiner Schulter!
+Medea Traenen?--O du Milde, du Gute!
+
+(Kuesst Medeens herabhaengende Hand.)
+
+(Medea reisst sich empor, fasst rasch mit der rechten Hand die
+gekuesste Linke und sieht Peritten starr ins Gesicht. Dann entfernt
+sie sich rasch von ihr, sie immer starr betrachtend und naehert sich
+der Amme.)
+
+Medea.
+Gora!
+
+Gora.
+Frau?
+
+Medea.
+Heiss sie gehn!
+
+Gora.
+So willst du--
+
+Medea.
+Heiss sie gehn!
+
+Gora
+
+(winkt Peritten mit der Hand Entfernung zu).
+(Peritta haelt flehend ihr die Haende entgegen.)
+(Gora winkt ihr beruhigend zu, sich zu entfernen.)
+(Peritta von zwei Maedchen gefuehrt, ab.)
+
+Medea (unterdessen).
+Ah!--es ist heiss hier.--Schwuele Luft.
+
+(Reisst gewaltsam den Guertel entzwei und wirft ihn weg.)
+
+Gora.
+Sie ist fort!.
+
+Medea (zusammenfahrend).
+Fort?
+
+Gora.
+Peritta ist fort.
+
+Medea.
+Gora!
+
+Gora.
+Gebieterin!
+
+Medea (halblaut, sie bei Seite fuehrend).
+Warst du zugegen heut Nacht?
+
+Gora.
+Wo?
+
+Medea (Sieht ihr fremd ins Gesicht.)
+
+Gora.
+Ah hier? Freilich!
+
+Medea (mit freudeglaenzenden Blicken).
+Ich sage dir es war ein Gott!
+
+Gora.
+Ein Gott?
+
+Medea.
+Ich habe lange darueber nachgedacht,
+Nachgedacht und getraeumt die lange Nacht,
+Aber 's war ein Himmlischer, des bin ich gewiss.
+Als er mit einemmal dastand, zuernenden Muts,
+Hochaufleuchtend, einen Blitz in der Hand
+Und zwei andre im flammenden Blick,
+Da fuehlt' ich's am Sinken des Muts, an meiner Vernichtung,
+Dass ihn kein sterbliches Weib gebar.
+
+Gora.
+Wie? so--
+
+Medea.
+Du hast mir wohl selbst erzaehlet,
+Oft, dass Menschen, die nah dem Sterben,
+(Heimdar) sich zeige, der furchtbare Gott,
+Der die Toten fuehrt in die schaurige Tiefe.
+Sieh, der war es glaub' ich, o Gora!
+(Heimdar) war es, der Todesgott.
+Bezeichnet hat er sein dunkles Opfer,
+Bezeichnet mich mit dem ladenden Kuss
+Und Medea wird sterben, hinuntergehn
+Zu den Schatten der schweigenden Tiefe.
+Glaub' mir, ich fuehle das, gute Gora,
+An diesem Bangen, an diesem Verwelken der Sinne,
+An dieser Grabessehnsucht fuehl' ich es,
+Dass mir nicht fern das Ende der Tage!
+
+Gora.
+Was hat deinen Sinn so sehr umwoelkt,
+Dass du trueb schaust, was klar und deutlich?
+Ein Mensch war's, ein Uebermuet'ger, ein Frecher
+Der hier eindrang
+
+Medea (zurueckfahrend).
+Ha!
+
+Gora.
+Der die Nacht benuetzend--
+
+Medea.
+Schweig!
+
+Gora.
+Deine Angst
+
+Medea.
+Verruchte schweig.
+
+Gora.
+Schweigen kann ich wenn du's gebietest,
+Einst mein Pflegling, jetzt meine Frau.
+Aber drum ist's nicht anders als ich sagte.
+
+Medea.
+Sieh wie du albern bist und toericht!
+Wie kaem' ein Fremder in diese Mauern?
+Wie haett' ein Sterblicher sich erfrecht,
+Zu draengen sich vor Medeas Antlitz,
+Sie zu sprechen, ihr zu drohn, mit seinen Lippen--
+Geh Unselige, geh
+Dass ich dich nicht toete,
+Nicht raeche deine Torheit
+An deinem Leben.
+Ein Sterblicher? Scham und Schmach!
+Entferne dich, Verraeterin!
+Geh! sonst trifft dich mein Zorn.
+
+Gora.
+Ich rede was ist und nicht was du willst.
+Gehn soll ich? ich gehe.
+
+Medea.
+Gora, bleib!
+Hast du kein freundlichs Wort, du Gute?
+Fuehlst du denn nicht, so ist's so muss es sein,
+(Heimdar) war es, der stille Gott,
+Und nun kein Wort mehr, kein Wort, o Gora!
+
+(Wirft sich ihr an den Hals und verschliesst mit ihrem Munde Goras
+Lippen.)
+
+(Nach einer Pause.)
+
+
+Medea.
+Horch!
+
+Gora.
+Tritte nahen!
+
+Medea.
+Man kommt! Fort!
+
+Gora.
+Bleib! Dein Bruder ist's und dein Vater! Sieh!
+Aietes und Absyrtus (stuerzen herein.)
+
+Aietes.
+Entkommen ist er, des traegst du die Schuld!
+
+(Zu Medeen.)
+
+Warum hemmtest den Streich des Bruders,
+Da er ihn toeten wollte, den Frevler?
+
+Absyrtus.
+Vater, scheltet sie nicht darum
+War doch angstvoll und bang ihre Seele!
+Denkt! ein Fremder, allein, bei Nacht,
+Eingedrungen in ihre Kammer;
+Sollte sie da nicht zagen, Vater?
+Und nicht weiss die Furcht was sie tut.
+Doch der Grieche--
+
+Medea.
+Grieche?
+
+Aietes.
+Wer sonst?
+Einer der Fremden war's, der Hellenen,
+Die gekommen an Kolchis' Kueste,
+Argonauten, auf Argo dem Schiff,
+Zu verwuesten unsere Taeler
+Und zu rauben unser Gut.
+
+Medea
+
+(Goras Hand fassend).
+Gora!
+
+Gora.
+Siehst du? es ist so, wie ich sagte.
+
+Absyrtus.
+Uebermuetig sind sie und stark
+Ja, bei Peronto! Stark und kuehn!
+Setzt' ich nicht nach ihm, ich und die Meinen
+Hart ihn draengend, nach auf den Fersen?
+Aber er fuehrte in Kreisen sein Schwert
+Keiner von uns kam ihm nah zu Leibe.
+Jetzt zum Strom gekommen, warf er
+Raschen Sprungs sich hinein.
+Dumpf ertoente die Gegend dem Sturze,
+Hoch auf spritzten die schaeumenden Wasser
+Und er verschwand in umhuellende Nacht.
+
+Aietes.
+Ist er entkommen dieses Mal
+Fuerder soll es ihm nicht gelingen!
+Die kuehnen Fremdlinge stolz und trotzig
+Haben Zweisprach begehrt mit mir.
+Zugesagt hab' ich's, den Groll verbergend
+Den toedlichen Hass in der tiefen Brust
+Aber gelingt mir, was ich sinne,
+Und bist du mir gewaertig mit deiner Kunst,
+So soll sie der frevelnde Mut gereuen,
+So endet der Streit noch eh er begann.
+Auf Medea, komm! Mach' dich fertig
+Gut zu machen, was du gefehlet
+Und zu raechen die eigene Schmach
+(Deine) Sache ist's nun geworden
+Haben sie doch an dir auch gefrevelt,
+Gefrevelt durch jenes Kuehnen Tat,
+Denn wahr ist's doch, was Absyrtus mir sagte,
+Dass er's gewagt mit entehrendem Kuss--
+
+Medea.
+Vater schweig, ich bitte dich--
+
+Aietes.
+Ist's wahr?
+
+Medea.
+Frage mich nicht was wahr, was nicht!
+Lass dir's sagen die Roete meiner Wangen
+Lass dir's sagen--Was soll ich? Gebeut!
+Willst du vernichten die Schar der Frevler?
+Sage nur wie, ich bin bereit!
+
+Aietes.
+So recht Medea, so mag ich's gern
+So erkenn' ich in dir mein Kind
+Zeig' dass dir fremd war des Frechen Erkuehnen
+Lass sie nicht glauben, du habest gewusst
+Selber gewusst um die frevelnde Tat!
+
+Medea.
+Gewusst? Wer glaubt das, Vater und von wem?
+
+Aietes.
+Wer? der's sah, der's hoerte, Kind!
+Wer Zeuge war wie Aletes' fuerstliche Tochter
+Den Kuss duldete von des Frevlers Lippe.
+
+Medea.
+Vater!
+
+Aietes.
+Was ist?
+
+Medea.
+Du toetest mich!
+
+Aietes.
+(Ich) glaub's (nicht), Medea!
+
+Medea.
+Wirklich nicht?
+Lass uns gehn!
+
+Aietes.
+Wohin?
+
+Medea.
+Wohin du willst
+Zu vernichten, zu toeten, zu sterben!
+
+Aietes.
+Du versprichst mir also?
+
+Medea.
+Ich hab' es gesagt!
+Aber lass uns gehn!
+
+Aietes.
+Hoer' erst!
+
+Medea.
+Nicht hier!
+Hohnzulachen scheint mir des Gottes Bild
+Des Gewoelbes Steine formen sich mir
+Zu lachenden Maeulern und grinsenden Larven.
+Hinweg von dem Orte meiner Schmach!
+Nimmer betret' ich ihn. Vater komm!
+Was du willst, wie du willst, doch fort von hier!
+
+Aietes.
+So hoere!
+
+Medea.
+Fort!
+
+Aietes.
+Medea!
+
+Medea.
+Fort!
+
+(Eilt ab.)
+
+Aietes.
+Medea!
+
+(Mit Absyrtus ihr nach.)
+
+(Freier Platz mit Baeumen. Links im Hintergrunde des Koenigs Zelt.)
+Acht Abgeordnete der Argonauten (treten auf von einem) Kolchischen
+Hauptmanne (geleitet.)
+
+Hauptmann.
+Hier sollt ihr weilen ist des Koenigs Befehl
+Bald naht er selbst.
+
+Erster Argonaut.
+Befehl? Nichtswuerdiger Barbar,
+Fuer dich mag's sein, doch uns Befehl?
+Wir harren deines Koenigs weil wir wollen,
+Doch eil' er sich, sonst suchen wir ihn auf!
+
+Zweiter Argonaut.
+Lass ihn! Die Knechtesrede ziemt dem Knecht!
+
+(Kolcher ab.)
+
+So sind wir hier; erreicht des Strebens Ziel!
+Nach mancher Faehrlichkeit zu Land und See
+Umfaengt uns Kolchis' duestre Maerchenwelt,
+Von der man spricht so weit die Sonne leuchtet.
+Was keinem moeglich deuchte ist geschehn;
+Durchsegelt ist ein unbekanntes Meer,
+Das zuernend Untergang dem ersten Schiffer drohte,
+Zu neuen Voelkern und zu neuen Laendern
+Tat sich der Weg, und was oft schwerer noch,
+Tat auch der Rueckweg sich uns guenstig auf:
+Wir sind in Kolchis, unsrer Reise Ziel.
+So weit hat gnaedig uns ein Gott gefuehrt;
+Doch jetzo fuercht' ich wendet er sich ab!
+Wir stehn in Feindes Land, von Tod umgeben
+Fremd, ohne Rat und Fuehrer--Jason fehlt.
+Er, der zum Zug geworben, ihn gefuehrt,
+Er, dessen eigne Sache wir verfechten,
+Mit Milo hat er sich vom Zug entfernt,
+Heut Nacht entfernt und ward nicht mehr gesehn.
+Ob er im Wald verirrt, verlassen schmachtet,
+Ob er ins Netz gefallen der Barbaren,
+Ob ihn aus Hinterhalt der Tod ereilt
+Ich weiss es nicht, doch jedes steht zu fuerchten.
+So aufgeloest, vereinzelt, ohne Band,
+Ist jeder nun sein eigner Rat und Fuehrer
+Drum frag' ich euch, die Ersten unsrer Schar:
+Was ist zu tun?
+
+(Alle schweigen mit gesenkten Haeuptern.)
+
+Ihr schweigt. Jetzt gilt's Entschluss!
+Geladen von dem Koenig dieses Landes
+Zur Zweisprach, zum Versuch der Guetlichkeit,
+Schien's uns gefaehrlich, ob des Fuehrers Abgang
+Den Aufruf abzulehnen, der geschehn,
+Und zu enthuellen unsre Not und Schwaeche.
+Wir gingen, wir sind hier!--Was nun zu tun?
+Wer Rat weiss, spreche nun!
+
+Dritter Argonaut.
+Du bist der Aeltste
+Sprich du!
+
+Zweiter Argonaut.
+Der Aeltste ist der Erste nicht
+Wo's Kraft gilt und Entschluss. Fragt einen andern!
+
+Erster Argonaut.
+Lasst uns die Schwerter nehmen in die Hand
+Den Koenig toeten und sein treulos Volk
+Dann fort, doch erst die Beut' ins Schiff gebracht!
+
+Zweiter Argonaut.
+Nicht auch das Land und heimgebracht zur Schau?
+Dein Rat ist unreif Freund wie deine Jahre.
+Gebt andern!
+
+Dritter Argonaut.
+Rate du, wir folgen dir!
+
+Zweiter Argonaut.
+Mein Rat ist Rueckkehr! Murrt ihr? Nun wohlan
+Sprech' einer Besseres, ich stimme bei!
+Ihr schweigt gesamt und Niemand tritt hervor.
+So hoert, und stoert nicht oder ueberzeugt mich!
+Nicht eignes Streben hat uns hergefuehrt
+Was kuemmert Kolchis uns mit seinen Wundern?
+Dem Mut, dem Gluecke Jasons folgten wir
+Den Arm ihm leihend zum gebotnen Werk;
+Er tat des Oheims Willen, wir den seinen.
+Wer ist, der treten mag an Jasons Stelle,
+Hat ihn der Tod, wie moeglich, hingerafft?
+Wem liegt daran das Wundervliess zu rauben
+Das Tod umringt und draeuende Gefahr?
+Habt ihr gehoert? im Schlund der Hoehle liegt's,
+Bewacht von eines Drachen gift'gen Zaehnen,
+Vom Graun verteidigt schwarzer Zauberei,
+Beschuetzt von allem was verrucht und greulich;
+Wer wagt's von euch, wer hebt den goldnen Schatz?
+Wie Keiner? Nun, so woll' auch keiner (scheinen)
+Was keiner Kraft und Willen hat zu (sein).
+Hier leg' ich von mir Schild und Speer
+Und geh' zum Koenig als ein Mann des Friedens.
+Drei Tage goenn' er uns zu harren Zeit,
+Und kehrt dann Jason nicht, so ziehn wir heim.
+Wer mit mir gleichdenkt, tue so wie ich.
+Ein Held ist wer das Leben Grossem opfert
+Wer's fuer ein Nichts vergeudet ist ein Tor!
+
+(Die meisten stossen ihre Speere in den Boden.)
+
+Nun kommt zu Kolchis' Koenig. Gerne tauscht er
+Die eigne Sicherheit wohl aus fuer unsre!
+
+Erster Argonaut.
+Halt noch. Dort nahn zwei Griechen! Milo ist's
+Der fort mit Jason ging und--
+
+(schreiend)
+
+Jason selber!
+Jason!
+
+Mehrere.
+Jason!
+
+Alle (tumultuarisch).
+Jason!
+
+Milo
+
+(hinter der) Szene).
+Hier Gefaehrten!
+Hier Jason, Argonauten!
+
+Erster Argonaut (zum zweiten).
+Was sagst du nun?
+
+Zweiter Argonaut.
+Dass Jason da ist, sag' ich Freund wie du.
+Statt meines Rates gibt er euch die Tat.
+Nur da er fort war hatt' ich eine Meinung!
+Milo (tritt auf), Jason (an der Hand fuehrend.)
+
+Milo.
+Hier habt ihr ihn! Hier ist er ganz und gar!
+Nun seht euch satt an ihm und schreit und jubelt!
+
+(Die Argonauten draengen sich um Jason, fassen seine Haende und
+druecken ihre Freude aus.)
+
+Vermischte Stimmen.
+Willkommen--Jason!--Freund!--Willkommen Bruder!
+
+Jason.
+Habt ihr um mich gebangt? Hier bin ich wieder!
+
+(Indem er den Andraengenden die Haende reicht.)
+
+Milo (den naechststehenden umarmend).
+Freund siehst du, er ist da? Gesund und ruestig!
+Und's ging ihm nah ans Leben, ei beim Himmel!
+Ein Haar! und ihr saht Jason nimmer mehr!
+Er wagte sich, allein--ich durft' nicht mit--
+Um euretwillen Freunde wagt' er sich,
+Im dichten Wald, allein, in einen Turm,
+Der voll Barbaren steckte bis zum Giebel.
+Da hiess es fechten.
+
+Jason.
+Ja fuerwahr es galt!
+Verloren war ich, wenn ein Maedchen nicht--
+
+Milo.
+Ein Maedchen? Ein Barbarenmaedchen?
+
+Jason.
+Ja!
+
+Milo.
+Sieh davon sagtest du mir frueher nichts!
+Und war sie schoen?
+
+Jason.
+So schoen so reizend so--
+Doch eine arge, boese Zauberin.--
+Ihr dank' ich dies mein Leben!
+
+Milo.
+Wackres Maedchen!
+
+Jason.
+Ich schlug mich durch und--doch genug, ich lebe
+Und bin bei euch!--Doch was fuehrt euch hierher?
+
+Zweiter Argonaut.
+Zur Zweisprach liess uns laden Kolchis' Koenig
+Vernehmen will er unsre Forderung
+Und dann entscheiden.
+
+Jason.
+Hier?
+
+Zweiter Argonaut.
+Hier ist sein Sitz!
+
+Jason.
+Ich will ihn sprechen. Fuegt er sich in Frieden
+Gut denn! wenn nicht, dann mag das Schwert entscheiden.
+
+(Auf die seitwaerts gestellten Speere zeigend.)
+
+Doch diese Waffen!--Seid ihr hier so sicher
+Dass ihr des Schutzes selber euch beraubt?
+
+(Sie nehmen beschaemt die weggelegten Speere wieder auf.)
+
+Ihr schweigt und schlagt beschaemt die Augen nieder?
+Habt ihr?--
+
+(Zu Milo.)
+
+Oh sieh, sie meiden meinen Blick!
+Unglueckliche! es war doch nicht die Furcht--
+Die (Furcht) Hellenen, die den Speer euch nahm?
+Es war's nicht--?
+
+(Zu Milo.)
+
+Ach es war's! Die Ungluecksel'gen
+Sie wagen's nicht der Luege mich zu zeihn.
+Was hat euch denn verblendet arme Brueder?--
+Es war die (Furcht)!--
+
+(Zu einem der sprechen will.)
+
+Ich bitte dich, sprich nicht
+Ich kann mir denken was du fuehlst. Sprich nicht!
+Mach' nicht, dass ich mich schaeme vor mir selbst!
+Denn, o nicht ohne Traenen koennt' ich schauen
+In ein von Scham geroetet Maennerantlitz.
+Ich will's vergessen wenn ich kann.
+
+(Ein Kolcher tritt auf.)
+
+Kolcher.
+Der Koenig naht!
+
+Jason.
+So lasst uns stark sein und entschlossen, Freunde
+Nicht ahne der Barbar, was hier geschehn!
+Aietes (tritt auf mit) Gefolge.
+
+Aietes.
+Wer ist der das Wort fuehrt fuer die Fremden!
+
+Jason (vortretend).
+Ich!
+
+Aietes.
+Beginn!
+
+Jason.
+Hochmuetiger Barbar, du wagst--?
+
+Aietes.
+Was willst du?
+
+Jason.
+Achtung!
+
+Aietes.
+Achtung?
+
+Jason.
+Meiner Macht,
+Wenn meinem Namen nicht!
+
+Aietes.
+Wohlan, so sprich!
+
+Jason.
+Thessaliens Beherrscher, Pelias,
+Mein Oheim und mein Herr, schickt mich zu dir,
+Mich, Jason, dieser Maenner Kriegeshaupt,
+Zu dir zu reden, wie ich jetzo rede!
+Gekommen ist die Kunde uebers Meer,
+Dass Phryxus, ein Hellene, hohen Stammes,
+Den Tod gefunden hier in deinem Reich!
+
+Aietes.
+Ich schlug ihn nicht.
+
+Jason.
+Warum verteidigst du dich,
+Eh ich dich noch beschuldigt? Hoer' mich erst.
+Mit Schaetzen und mit Gute reich beladen
+War Phryxus' Schiff. Das blieb in deiner Hand
+Als er verblich geheimnisvollen Todes!
+Sein Haus ist aber nahverwandt dem meinen,
+Drum in dem Namen meines Ohms und Herrn
+Fordr' ich, dass du erstattest, was sein eigen,
+Und was nun mein und meines Fuerstenhauses.
+
+Aietes.
+Nichts weiss ich von Schaetzen.
+
+Jason.
+Lass mich enden.
+Das Koestlichste von Phryxus' Guetern aber
+Es war ein koestliches, geheimnisvolles Vliess,
+Des er entkleidete in Delphis hoher Stadt
+Das Bildnis eines unbekannten Gottes
+Das dort seit grauen Jahren aufgestellt,
+Man sagt, von den Urvaetern unsers Landes,
+Die fernher kommend, und von Oben stammend,
+Das Land betraten und der Menschheit Samen
+Weitbreitend in die leere Wildnis streuten,
+Und Hellas' Vaeter wurden, unsre Ahnen
+Von ihnen sagt man stamme jenes Zeichen,
+Ein teures Pfand fuer Hellas' Heil und Glueck.
+Vor allem nun dies Vliess fordr' ich von dir,
+Dass es ein Kleinod bleibe der Hellenen
+Und nicht in trotziger Barbaren Hand
+Zum Siegeszeichen diene wider sie.
+Sag' was beschliessest du?
+
+Aietes.
+Ich hab's nicht!
+
+Jason.
+Nicht?
+Das goldne Vliess?
+
+Aietes.
+Ich hab's nicht, sag' ich dir!
+
+Jason.
+Ist dies dein letztes Wort?
+
+Aietes.
+Mein letztes!
+
+Jason.
+Wohlan!
+
+(Wendet sich zu gehn.)
+
+Aietes.
+Wo willst du hin?
+
+Jason.
+Fort, zu den Meinen,
+Sie zu den Waffen rufen, um zu sehen,
+Ob du der Macht unnahbar wie dem Recht.
+
+Aietes.
+Ich lache deiner Drohungen!
+
+Jason.
+Wie lange?
+
+Aietes.
+Tollkuehner! Mit einem Haeufchen Abenteurer
+Willst du trotzen dem Koenig von Kolchis?
+
+Jason.
+Ich will's versuchen!
+
+(Will gehen.)
+
+Aietes.
+Halt! Du rasest glaub' ich.
+Ist wirklich der Goetter Huld geknuepft an jenes Zeichen
+Und ist dem Sieg und Rache, der's besitzt,
+Wie kannst du hoffen zu bestehen gegen mich,
+In dessen Hand--
+
+Jason.
+Ha, so besitzest du's?
+
+Aietes.
+Wenn's waere, mein' ich, wie du glaubst.
+
+Jason.
+Ich weiss genug!
+Schwachsinniger Barbar, und darauf stuetzest
+Du deiner Weigrung unhaltbaren Trotz?
+Du glaubst zu siegen, weil in deiner Hand--
+Nicht gut nicht schlimm ist, was die Goetter geben
+Und der Empfaenger erst macht das Geschenk.
+So wie das Brot, das uns die Erde spendet,
+Den Starken staerkt, des Kranken Siechtum mehrt,
+So sind der Goetter hohe Gaben alle,
+Dem Guten gut, dem Argen zum Verderben.
+In meiner Hand fuehrt jenes Vliess zum Siege
+In deiner sichert's dir den Untergang.
+Sprich selbst, wirst du es wagen zu beruehren
+Bespruetzt wie's ist mit deines Gastfreunds Blut,--
+
+Aietes.
+Schweig!
+
+Jason.
+Sag' gibst du's heraus?--ja oder nein!
+
+Aietes.
+So hoere mich!
+
+Jason.
+Ja oder nein!
+
+Aietes.
+Du rascher!
+Warum uns zanken ohne Not
+Lass uns friedlich ueberlegen
+Und dann entscheiden was zu geschehn!
+
+Jason.
+Du gibst es denn heraus?
+
+Aietes.
+Was?--Ei lass das!
+Wir wollen uns erst kennen und verstehn.
+Dem Freunde gibt man, nicht dem Fremden!
+Tritt ein bei mir und ruhe von der Fahrt.
+
+Jason.
+Ich trau' dir nicht!
+
+Aietes.
+Warum nicht?
+Ist auch rauh meine Sprache, fuerchte nichts.
+Lass dir's wohl sein in meinem Lande.
+Liebst du den Becher? Wir haben Tranks die Fuelle.
+Jagd? Wildreich sind unsre Forste.
+Magst du dich freun in der Weiber Umarmung?
+Kolchis hat--
+
+(Naeher zu ihm tretend.)
+
+Liebst du die Weiber?
+
+Jason.
+(Eure) Weiber? und doch--
+
+Aietes.
+Liebst du die Weiber?
+
+Jason.
+Kennst einen Turm du dort im nahen Walde,
+Der--doch wo bin ich! Komm zur Sache Koenig!
+Gibst du das Vliess?
+
+Aietes
+
+(zu einem Kolcher).
+Ruf Medeen und bring' Wein!
+
+Jason.
+Noch einmal, gibst du mir das Vliess?
+
+Aietes.
+Sei ruhig!
+Erst gezecht dann zum Rat, so halten wir's.
+
+Jason.
+Ich will von deinen Gaben nichts.
+
+Aietes.
+Du sollst!
+Ungespeist geht keiner aus Aietes' Hause!
+Sieh man kommt, lass dir's gefallen, Fremdling!
+Medea (koemmt verschleiert einen Becher in der Hand, mit ihr) Diener
+(die Pokale tragen.)
+
+Aietes.
+Hier trink, mein edler Gast!
+
+(Zu Medeen.)
+
+Ist er bereitet?
+
+Medea.
+O frage nicht!
+
+Aietes.
+So geh und biet ihn an!
+Erlabe dich mein Gast!
+
+Jason.
+Ich trinke nicht!
+
+(Medea faehrt beim Klang von Jasons Stimme zusammen. Sie blickt
+empor, erkennt ihn und tritt einige Schritte zurueck.)
+
+Aietes (zu Jason).
+Warum nicht?
+
+(Zu Medeen.)
+
+Hin zu ihm. Tritt naeher sag' ich!
+
+Jason.
+Was seh' ich?--Diese Kleider!--Maedchen bleib!
+Dein Kleid erneuert mir ein holdes Bild
+Das ich nur erst--Gib deinen Becher mir,
+Ich wag's auf deine Aussenseite! Gib!
+
+(Er nimmt den Becher aus ihrer Hand.)
+
+Ich leer' ihn auf dein Wohl!
+
+Medea.
+Halt ein!
+
+Jason.
+Was ist?
+
+Medea.
+Du trinkst Verderben!
+
+Jason.
+Wie?
+
+Aietes.
+Medea!
+
+Jason
+
+(indem er den Becher wegwirft).
+Koenig
+Das deine Freundschaft? Rache dir Barbar!
+Doch du, wer bist du? die so sonderbar
+Mit Grausamkeit vereinet Mitleids Milde?
+Lass mich dich schaun!
+
+(Er reisst ihr den Schleier ab.)
+
+Sie ist's! Es ist dieselbe!
+
+Aietes.
+Medea fort!
+
+Jason.
+Medea heissest du?
+So sprich Medea denn!
+
+Medea.
+Was willst du?
+
+Jason.
+Wie?
+So mild dein Tun und rauh dein Wort, Medea?
+Nur zweimal sah ich dich und beidemal
+Verdank' ich dir mein Leben. Habe Dank!
+Es scheint die Goetter haben uns ersehn
+Uns Freund zu sein, nicht Feinde, o Medea!
+Noch einmal diesen Blick, o sieh nicht weg!
+Schau' mir ins Aug, ich mein' es rein und gut.
+
+(Erfasst ihre Hand und wendet sie gegen sich.)
+
+Lass mich in deinem Blick die Kunde lesen
+
+(Medea entreisst ihm die Hand.)
+
+Jason.
+Halt ein!
+
+Medea (sich emporrichtend).
+Verwegner wagst du's?--Weh!
+
+(Sie begegnet seinem Blicke, faehrt zusammen und entflieht.)
+
+Jason.
+Medea!
+
+(Medea ab.)
+(Er eilt ihr nach.)
+
+Aietes.
+Zurueck!
+
+Jason.
+Du selbst zurueck, Barbar!--Medea!
+(Indem er ins Zelt dringen will und Aietes sich ihm abwehrend in
+den Weg stellt, faellt der Vorhang.)
+
+
+
+
+Dritter Aufzug
+
+(Das Innere von des Koenigs Zelte. Der hintere Vorhang desselben
+ist so, dass man durch denselben, ohne die draussen befindlichen
+Personen genau unterscheiden zu koennen, doch die Umrisse derselben
+erkennen kann.)
+Medea, Gora, Jungfrauen (im Zelte.) Jason, Aietes (und) Alle
+Personen des letzten Aktschlusses (ausser demselben.)
+(Medea steht links im Vorgrunde aufgerichtet, die linke Hand auf
+einen Tisch gestuetzt, die Augen unbeweglich vor sich gerichtet in
+der Stellung einer die hoert was aussen vorgeht. Gora sie
+beobachtend auf der andern Seite des Tisches. Jungfrauen teils
+knieend, teils stehend um sie gruppiert. Einige) Krieger (im
+Hintergrunde des Zeltes an den Seiten aufgestellt.)
+
+Jason (von aussen).
+Ich will hinein!
+
+Aietes (aussen).
+Zurueck!
+
+Jason.
+Denkst du's zu wehren?
+Vom Schwert die Hand! die Hand vom Schwerte sag' ich,
+Das meine zuckt, ich kann nicht drohen sehn!
+Ich will hinein! Gib Raum!
+
+Aietes.
+Zurueck Verwegner!
+
+Gora (zu Medeen).
+Er rast der Freche!
+
+Jason (aussen).
+Hoerst du mich Medea?
+Gib mir ein Zeichen wenn du hoerst!
+
+Gora.
+Vernahmst du?
+
+Jason.
+Dringt bis zu dir mein Ruf, so gib ein Zeichen.
+Erwaehlte!
+
+(Medea, die bis jetzt unbeweglich gestanden faehrt zusammen und legt
+die Hand auf die tiefatmende Brust.)
+
+Jason.
+Sieh, mein Arm ist offen. Komm!
+
+(Jasons Stimme kommt immer naeher.)
+
+Ich hab' dein Herz erkannt! Erkenn' das meine
+Medea komm!
+
+Aietes.
+Zurueck!
+
+Gora.
+Er dringt herein!
+
+(Medea reisst sich aus den Armen ihrer Jungfrauen los und flieht auf
+die andere Seite des Vorgrunds.)
+
+Jason.
+Ich rufe dir! Ich liebe dich, Medea.
+
+Gora (Medeen folgend).
+Hast du gehoert?
+
+Medea (verhuellt die Augen mit der Hand).
+
+Gora (dringend).
+Unglueckliche das also war's?
+Daher die Bewegung, daher deine Angst
+O Schmach und Schande, waer' es wirklich?
+
+Medea (aufgerichtet, sie mit Hoheit anblickend).
+Was?
+
+Jason (indem er die Vorhaenge des Zeltes aufreisst).
+Ich muss sie sehn!--Da ist sie!--Komm Medea!
+
+Gora.
+Er naht! Entflieh!
+
+Medea (zu den Soldaten im Zelte).
+Steht ihr so muessig
+Braucht die Waffen, helft eurem Herrn!
+
+Aietes (der indes mit Jason am Eingange gerungen hat).
+Mit meinem Tod erst dringst du hinein!
+
+(Die Soldaten im Zelte stuerzen auf die Streitenden los. Jason wird
+weggedraengt. Die Vorhaenge fallen wieder zu.)
+
+Jason (draussen).
+Medea!--Wohl so mag das Schwert entscheiden!
+
+Absyrtus' Stimme.
+Schwerter bloss! Hier ist das Meine!
+
+(Waffengeklirr von aussen.)
+
+Gora.
+Sie fechten! Goetter staerkt der Unsern Arm!
+
+(Medea steht wieder bewegungslos da.)
+
+Milos Stimme (von aussen).
+Jason zurueck! Wir werden uebermannt
+Zwoelf unsre Schar und hunderte der Feinde!
+Barbaren brecht ihr den geschwornen Stillstand?
+
+Jason.
+Lass sie nur kommen, ich empfange sie!
+
+Aietes.
+Haut sie nieder, weichen sie nicht!
+
+(Das Waffengeklirr entfernt sich.)
+
+Gora.
+Die Fremden werden zurueckgedraengt, die Unsern siegen!
+Medea fasse dich. Dein Vater naht.
+Aietes und Absyrtus kommen.
+
+Aietes.
+Wo ist sie?--Hier! Verraeterin
+Wagst du's zu stehn deines Vaters Blick?
+
+Medea (ihm entgegen).
+Nicht zu Worten ist's jetzt Zeit, zu Taten!
+
+Aietes.
+Das sagst du mir nach dem was geschehn,
+Jetzt, da das Schwert noch bloss in meiner Hand?
+
+Medea.
+Nichts weiter von Vergleich, von Unterredung
+Von guetlichen Vertrags fruchtlosem Versuch.
+Bewaffne die Krieger, versammle die Deinen
+Und jetzt auf sie hin, hin auf die Fremden
+Eh sie's vermuten, eh sie sich fassen.
+Hinaus mit ihnen, hinaus aus deinem Land
+Rettend entfuehre sie ihr schnelles Schiff
+Oder der Tod ihnen allen--allen!
+
+Aietes.
+Waehnst du mich zu taeuschen, Betruegerin?
+Wenn du sie hassest, was warfst du den Becher,
+Der mir sie liefern sollte, Jason liefern sollte,
+Jason--sich mir ins Antlitz. Du wendest dich ab?
+
+Medea.
+Was liegt dir an meiner Beschaemung,
+Rat bedarfst du, ich g e b e dir Rat.
+Noch einmal also, verjag' sie die Fremden
+Stoss sie hinaus aus den Marken des Reichs
+Der grauende Morgen, der kommende Tag
+Sehe sie nicht mehr in Kolchis' Umfang.
+
+Aietes.
+Du machst mich irre an dir, Medea.
+
+Medea.
+War ich es lange nicht, lange nicht selbst?
+
+Aietes.
+So wuenschest du dass ich vertreibe die Fremden?
+
+Medea.
+Flehend, knieend bitt' ich dich drum.
+
+Aietes.
+Alle?
+
+Medea.
+Alle!
+
+Aietes.
+Alle?
+
+Medea.
+Frage mich nicht!
+
+Aietes.
+Nun wohlan denn ich waffne die Freunde!
+Du gehst mit!
+
+Medea.
+Ich?
+
+Aietes.
+Seltsame, du!
+Sieh ich weiss, nicht den Pfeil nur vom Bogen,
+Schleuderst den Speer auch, die maechtige Lanze,
+Schwingest das Schwert in kraeftiger Hand.
+Komm mit, wir verjagen die Feinde!
+
+Medea.
+Nimmermehr!
+
+Aietes.
+Nicht?
+
+Medea.
+Mich sende zurueck
+In das Innre des Landes Vater,
+Tief, wo nur Waelder und dunkles Geklueft,
+Wo kein Aug hindringt, kein Ohr, keine Stimme,
+Wo nur die Einsamkeit und ich.
+Dort will ich fuer dich zu den Goettern rufen
+Um Beistand fuer dich, um Kraft, um Sieg.
+Beten Vater, doch kaempfen nicht.
+Wenn die Feinde verjagt, wenn kein Frevler mehr hier,
+Dann komm' ich zurueck und bleibe bei dir
+Und pflege dein Alter sorglich und treu
+Bis der Tod herankommt, der freundliche Gott
+Und leise beschwichtigend, den Finger am Mund,
+Auf seinem Kissen von Staub und Moos
+Die Gedanken schlafen heisst und ruhn die Wuensche.
+
+Aietes.
+Du willst nicht mit und ich soll dir glauben?
+Ungeratene zittre!--Jason?
+
+Medea.
+Was fragst du mich wenn du's weisst.
+Oder willst du's hoeren aus meinem Mund
+Was ich bis jetzt mir selber verbarg,
+Ich mir verbarg? die Goetter mir bargen.
+Lass dich nicht stoeren die flammende Glut,
+Die mir, ich fuehl' es die Wangen bedeckt,
+Du willst es hoeren und ich sag' es dir.
+Ich kann nicht im Trueben ahnen und zagen
+Klar muss es sein um Medea, klar!
+Man sagt--und ich fuehle es ist so!--
+Es gibt ein Etwas in des Menschen Wesen,
+Das, unabhaengig von des Eigners Willen,
+Anzieht und abstoesst mit blinder Gewalt;
+Wie vom Blitz zum Metall, vom Magnet zum Eisen,
+Besteht ein Zug, ein geheimnisvoller Zug
+Vom Menschen zum Menschen, von Brust zu Brust.
+Da ist nicht Reiz, nicht Anmut, nicht Tugend nicht Recht
+Was knuepft und losknuepft die zaub'rischen Faeden,
+Unsichtbar geht der Neigung Zauberbruecke
+So viel sie betraten hat keiner sie gesehn!
+Gefallen muss dir was dir gefaellt
+So weit ist's Zwang, rohe Naturkraft:
+Doch steht's nicht bei dir die Neigung zu (rufen)
+Der Neigung zu (folgen) steht bei dir,
+Da beginnt des Wollens sonniges Reich
+Und ich will nicht
+
+(Mit aufgehobener Hand.)
+
+Medea will (nicht)!
+Als ich ihn sah, zum erstenmale sah,
+Da fuehlt' ich stocken das Blut in meinen Adern,
+Aus seinem Aug, seiner Hand, seinen Lippen
+Gingen spruehende Funken ueber mich aus
+Und flammend loderte auf mein Innres.
+Doch verhehlt' ich's mir selbst. Erst als er's aussprach,
+Aussprach in der Wut seines tollen Beginnens,
+Dass er liebe--
+Schoener Name
+Fuer eine fluchenswerte Sache!--
+Da ward mir's klar und (darnach) will ich handeln.
+Aber verlange nicht, dass ich ihm begegne,
+Lass mich ihn fliehn--Schwach ist der Mensch
+Auch der staerkste, schwach!
+Wenn ich ihn sehe drehn sich die Sinne
+Dumpfes Bangen ueberschleicht Haupt und Busen
+Und ich bin nicht mehr, die ich bin.
+Vertreib ihn, verjag' ihn, toet' ihn,
+Ja, weicht er nicht, toet' ihn Vater
+Den Toten will ich (schaun), wenn auch mit Traenen schaun
+Den Lebenden nicht.
+
+Aietes.
+Medea!
+
+Medea.
+Was beschliessest du?
+
+Aietes (indem er ihre Hand nimmt).
+Du bist ein wackres Maedchen!
+
+Absyrtus (ihre andre Hand nehmend).
+Arme Schwester!
+
+Medea.
+Was beschliessest du?
+
+Aietes.
+Wohl, du sollst zurueck.
+
+Medea.
+Dank! tausend Dank! Und nun ans Werk mein Vater!
+
+Aietes.
+Absyrtus waehl' aus den Tapfern des Heers
+Und geleite die Schwester nach der Felsenkluft--
+Weisst du?--wo wir's aufbewahrten--das goldne Vliess!
+
+Medea.
+Dorthin? Nein!
+
+Aietes.
+Warum nicht?
+
+Medea.
+Nimmermehr!
+Dorthin, an den Ort unsers Frevels?
+Rache strahlet das schimmernde Vliess.
+So oft ich's versuch' in die Zukunft zu schauen
+Flammt's vor mir wie ein blut'ger Komet,
+Droht mir Unheil, findet's mich dort!
+
+Aietes.
+Toerin! Kein sichrerer Ort im ganzen Lande
+Auch bedarf ich dein, zu hueten den Schatz
+Mit deinen Kuensten, deinen Spruechen,
+Dorthin oder mit mir!
+
+Medea.
+Es sei, ich gehorche!
+Aber einen Weg sende mich, wo kein Feind uns trifft.
+
+Aietes.
+Zwei Wege sind. Einer nah am Lager des Feindes
+Der andre rauh und beschwerlich, wenig betreten,
+Ueber die Bruecke fuehrt er am Strom, den nimm Absyrtus!
+Nun geht!--Hier der Schluessel zum Falltor
+Das zur Kluft fuehrt! Nimm ihn, Medea.
+
+Medea.
+Ich? Dem Bruder gib ihn!
+
+Aietes.
+Dir!
+
+Medea.
+Vater!
+
+Aietes.
+Nimm ihn, sag' ich und reize mich nicht
+Deiner toerichten Grillen bin ich satt.
+
+Medea.
+Nun wohl ich nehme!
+
+Aietes.
+Lebe wohl!
+
+Medea.
+Vater!
+
+Aietes.
+Was?
+
+(Medea wirft sich lautschluchzend in seine Arme.)
+
+Aietes (weicher).
+Toerichtes Maedchen!
+
+(Er kuesst sie.)
+
+Leb' wohl mein Kind.
+
+Medea.
+Vater auf Wieder- Wiedersehn
+Auf baldiges, frohes Wiedersehn!
+
+Aietes.
+Nun ja, auf frohes Wiedersehn.
+
+(Sie mit der Hand von sich entfernend.)
+
+Nun geh!
+
+Medea (die Augen mit der Hand verhuellend).
+Leb' wohl!
+
+(Ab mit Absyrtus.)
+
+
+
+
+(Aietes bleibt nach dem Abgehen der Medea einige Augenblicke mit
+gesenktem Haupt hinbruetend stehen. Ploetzlich rafft er sich auf
+blickt einige Male rasch um sich her und geht schnell ab.)
+
+(Eine waldichte Gegend an der Strasse, die zum Lager der Argonauten
+fuehrt.)
+Jason, Milo und Andre Argonauten kommen.
+
+
+Milo.
+Hier lasst uns halten Freunde. Die Barbaren
+Verfolgen uns nicht mehr. Der Ort hier scheint bequem
+Zum Angriff so, wie zur Verteidigung.
+Auch ist's der einz'ge Weg, der, seit der Sturm
+Die Bruecken abgerissen heute Nacht,
+Vom Sitze fuehrt des Koenigs nach dem Innern
+Und lagern wir uns hier, so schneiden wir
+Ihm jeden Hilfszug ab, den er erwartet.
+Geh' einer hin zur Schar der Rueckgebliebnen
+Und leite sie hierher. Wir warten ihrer.
+
+(Erster Argonaut ab.)
+(Zu Jason der mit gekreuzten Armen auf und nieder geht.)
+
+Was ueberdenkst du Freund?
+
+Jason.
+Gar mancherlei!
+
+Milo.
+Gesteh' ich's dir? Du hast mich ueberrascht
+Du zeigtest eine Falte deines Innern heut
+Die neu mir ist.
+
+Jason.
+Haett' ich doch bald gesagt:
+Mir auch!
+
+Milo.
+So liebst du sie denn wirklich?
+
+Jason.
+Lieben?
+
+Milo.
+Du sagtest heut es mind'stens laut genug!
+
+Jason.
+Der Augenblick entriss mir's--und gesteh!
+Sie rettete mir zweimal nun das Leben.
+
+Milo.
+Wie? zweimal?
+
+Jason.
+Erst im Turm!--
+
+Milo.
+Das also war's
+Was dir den Turm so teuer machte?
+
+Jason.
+Das war's.
+
+Milo.
+Ja so.
+
+Jason.
+Nun denk' dir; so vollguelt'gen Anspruch
+Auf meinen Dank und--Milo sie ist schoen--
+
+Milo.
+Ja, doch eine Barbarin--
+
+Jason.
+Sie ist gut--
+
+Milo.
+Und eine Zauberin dazu.
+
+Jason.
+Ja wohl!
+
+Milo.
+Ein furchtbar Weib mit ihren dunkeln Augen!
+
+Jason.
+Ein herrlich Weib mit ihren dunkeln Augen!
+
+Milo.
+Und was gedenkst du nun zu tun?
+
+Jason.
+Zu tun?
+Das Vliess zu holen, so mein Wort zu loesen,
+Das andre aber heimzustellen jenen
+Die oben walten ueber dir und mir.
+
+Milo.
+So mag ich's gern! Beim Zeus so denkst du recht!
+(Ein) Argonaut (kommt).
+
+Argonaut.
+Links her vom Fluss sieht man sich Staub erheben,
+Ein Haeuflein Feinde naht heran.
+
+Jason.
+Wie viele?
+
+Argonaut.
+An vierzig oder fuenfzig, kaum wohl mehr.
+
+Jason.
+Lasst uns zurueckziehn und am Weg verbergen,
+Denn saehn sie uns, sie kaemen nicht heran.
+Verschwunden ist die Hoffnung zum Vergleich
+So moegen denn die Schwerter blutig walten
+Und die dort nahn, den Reihen fuehren an.
+Zieht euch zurueck, und haltet bis ich's sage.
+
+Milo.
+Nur leis und sacht, dass sie uns nicht erspaehn.
+
+(Ziehen sich alle zurueck und ab.)
+
+(Absyrtus und Kolchische Krieger treten auf, Medea verschleiert
+in ihrer Mitte.)
+
+Absyrtus.
+Die Waffen haltet bereit zum Schlagen,
+Leicht koennten wir treffen 'ne Feindesschar,
+Der Weg hier fuehrt vorbei an ihrem Lager.
+
+Medea
+
+(den Schleier zurueckschlagend und vortretend).
+Am Feindeslager? Warum diesen Weg?
+Warum nicht den andern, mein Bruder?
+
+Absyrtus.
+Der Sturm hat die Bruecken abgerissen heut Nacht;
+Jetzt erst erfuhr ich's. Aber sorge nicht!
+Ich verteidige dich mit meinem Blut.
+Waerst du nicht hier, ich forderte sie heraus.
+
+Medea.
+Um aller Goetter willen--
+
+Absyrtus.
+Ich sagte: waerst du nicht hier;
+Aber nun, da du hier bist, tu' ich's nicht.
+Nicht um den hoechsten Preis, nicht um Kampf und Sieg,
+Setzt' ich dich in Gefahr, meine Schwester!
+
+Medea.
+So lass uns eilig vorueberziehn.
+
+Absyrtus.
+Kommt denn!
+
+Jason
+
+(hinter der Szene).
+Jetzt ist es Zeit! Greift an, ihr Freunde!
+
+(Hervorspringend.)
+
+Halt!
+
+Medea (aufschreiend).
+Er!
+
+(Zu Absyrtus.)
+
+Lass uns fliehen, Bruder!
+
+Absyrtus.
+Fliehen? Fechten!
+
+Jason (zu den andringenden Argonauten).
+Wenn sie sich widersetzen, haut sie nieder!
+
+(Zu den Kolchern.)
+
+Zu Boden die Waffen!
+
+Absyrtus.
+Du selber zu Boden!
+Schliesst euch Gefaehrten! Haltet sie aus!
+
+Medea.
+Bruder! Haeltst du so dein Versprechen?
+
+Absyrtus.
+Versprach ich zu fliehn so verzeihn mir die Goetter,
+Nicht dass ich's breche, dass ich's gab das Wort!
+
+(Zu den Seinen).
+
+Weicht nicht! Der Vater ist nah, er sendet uns Hilfe!
+
+Jason (Medeen erblickend).
+Bist du's Medea? Unverhofftes Glueck!
+Komm hierher!
+
+Medea (zu den Kolchern).
+Schuetzet mich!
+
+Jason (die sich ihm entgegenstellenden Kolcher angreifend).
+Ihr! aus dem Wege!
+Eu'r Eisen haelt nicht ab, zieht an den Blitzstrahl.
+
+(Die Kolcher werden zurueckgedraengt, die Griechen verfolgen sie.)
+
+Jason.
+Die Deinen fliehn. Du bist in meiner Macht!
+
+Medea.
+Du luegst! In der Goetter Macht, in meiner.
+Verlaesst mich alles, ich selber nicht!
+
+(Sie entreisst einem fliehenden Kolcher die Waffen und dringt mit
+vorgehaltenem Schild und gesenktem Speer auf Jason ein.)
+
+
+Stirb oder toete!
+
+Jason (indem er schonend zurueckweicht).
+Medea was tust du?
+
+Medea (naeher dringend).
+Toete oder stirb!
+
+Jason (mit einem Schwertstreich ihre Lanze zertruemmernd).
+Genug des Spiels!
+
+(Das Schwert in die linke Hand nehmend, in welcher er den Schild
+haelt.)
+
+Was nun?
+
+Medea.
+Treulose Goetter!
+
+(Die abgebrochene Lanze samt dem Schild hinwerfend und einen Dolch
+ziehend.)
+
+Noch sind mir Waffen!
+
+Jason (indem er Schild und Schwert von sich wirft und vor sie hintritt).
+Toete mich wenn du kannst.
+
+Medea (mit abgewandten Gesicht, den Dolch in der Hand).
+Kraft!
+
+Jason (weich).
+Toete mich Medea, wenn du kannst!
+
+Medea (steht erstarrt).
+
+Jason.
+Siehst du, du kannst's nicht, du vermagst es nicht!
+Und nun zu mir! Genug des Widerstrebens!
+Und weigerst du's? Versuch' es wenn du kannst.
+
+(Sie rasch anfassend und auf seinem Arm in die Hoehe haltend.)
+
+So fass' ich dich, so halt' ich dich empor
+Und trage dich durch unsrer Voelker Streit,
+Durch Hass und Tod, durch Kampfes blut'ge Wogen.
+Wer wagt's zu wehren? Wer entreisst dich mir?
+
+Medea.
+Lass mich!
+
+Jason.
+Nicht eher bis du guetig sprichst,
+Nicht eher bis ein Wort, ein Wink, ein Laut
+Verraet dass du mir weichst, dass du dich gibst.
+
+(Zu ihr empor blickend und heftig schuettelnd.)
+
+Medea, dieses Zeichen!
+
+Medea
+
+(leise).
+Jason! lass mich!
+
+Jason.
+"Jason!"--Da sprachst du meinen Namen aus,
+Zum ersten Male aus! O holder Klang!
+"Jason!" wie ist der Name doch so schoen
+Seit du ihn sprachst mit deinen suessen Lippen.
+Hab' Dank Medea, hab' den besten Dank!
+
+(Er hat sie auf den Boden niedergelassen.)
+
+Medea, Jason; Jason und Medea
+O schoener Einklang! Duenket dir's nicht auch?
+Du zitterst! Setz' dich hier! Erhole dich!
+
+
+(Er fuehrt Medeen zu einer Rasenbank. Sie folgt ihm und sitzt mit
+vorhaengendem Leibe, die Augen vor sich starr auf dem Boden, die
+Haende, in denen noch der Dolch, gefaltet im Schosse.)
+
+Jason (steht vor ihr).
+Noch immer stumm, noch immer trueb und duester?
+O zage nicht; du bist in Freundes Hand.
+Zwar geb' ich leicht dem Vater dich nicht wieder,
+Ein teures Unterpfand ist mir sein Kind;
+Doch soll dir's drum bei mir nicht schlimm ergehn,
+Nicht schlimmer wenigstens als mir bei dir.
+Wenn ich so vor dir steh' und dich betrachte,
+Beschleicht mich ein fast wunderbar Gefuehl.
+Als haett' des Lebens Grenz' ich ueberschritten
+Und stuend' auf einem unbekannten Stern,
+Wo anders die Gesetze alles Seins und Handelns,
+Wo ohne Ursach' was geschieht und ohne Folge,
+Da seiend weil es ist.
+Dahergekommen durch ein wildes Meer,
+Aus Laendern, so entfernt, so abgelegen,
+Dass (Wuensche) kaum vorher die Reise wagten,
+Auf Kampf und Streit gestellt, lang' ich hier an,
+Und sehe dich und bin mit dir bekannt.
+Wie eine Heimat fast duenkt mir dies fremde Land,
+Und, abenteuerlich ich selbst, schau' ich
+Verwundrungslos, als koennt' es so nur sein,
+Die Abenteuer dieses Wunderbodens.
+Und wieder, ist das Fremde mir bekannt,
+So wird dafuer mir, was bekannt, ein Fremdes.
+Ich selber bin mir (Gegenstand) geworden,
+Ein andrer denkt in mir, ein andrer handelt.
+Oft sinn' ich meinen eignen Worten nach,
+Wie eines Dritten, was damit gemeint,
+Und kommt's zur Tat, denk' ich wohl bei mir selber,
+Mich soll's doch wundern, was er tun wird und was nicht.
+Ein einz'ges ist mir licht und das bist du,
+Ja du Medea, scheint's auch noch so fremd.
+Ich ein Hellene, du Barbarenbluts,
+Ich frei und offen, du voll Zaubertrug,
+Ich Kolchis' Feind, du seines Koenigs Kind
+Und doch Medea, ach und dennoch, dennoch!
+Es ist ein schoener Glaub' in meinem Land,
+Die Goetter haetten doppelt einst geschaffen
+Ein jeglich Wesen und sodann geteilt;
+Da suche jede Haelfte nun die andre
+Durch Meer und Land und wenn sie sich gefunden,
+Vereinen sie die Seelen, mischen sie
+Und sind nun eins!--Fuehlst du ein halbes Herz
+Ist's schmerzlich dir gespalten in der Brust,
+So komm--doch nein da sitzt sie trueb und duester,
+Ein rauhes Nein auf meine milde Deutung,
+Den Dolch noch immer in geschlossner Hand.
+O fort!
+
+(Ihre Hand fassend und den Dolch entwendend.)
+
+Lasst los ihr Finger! Bunte Kraenze,
+Geschmeid und Blumen ziemt euch zu beruehren,
+Nicht diesen Stahl, gemacht fuer Maennerhand.
+
+Medea (aufspringend).
+Fort!
+
+Jason (sie zurueckhaltend).
+Bleib!
+
+Medea.
+Von hier!
+
+Jason.
+Bleib da, ich bitte dich!
+Ich sage dir: bleib da! Hoerst du, du sollst!
+Du sollst, beim Himmel, gaelt' es auch dein Leben!
+Wagt es das Weib, dem Mann zu bieten Trotz?
+Bleib!
+
+(Er fasst ihre Arme mit beiden Haenden.)
+
+Medea.
+Lass!
+
+Jason.
+Wenn du gehorchst, sonst nimmermehr!
+
+(Er ringt mit der Widerstrebenden.)
+
+Mich luestet deines Starrsinns Mass zu kennen!
+
+Medea (in die Kniee sinkend).
+Weh mir!
+
+Jason.
+Siehst du? du hast es selbst gewollt.
+Erkenne deinen Meister, deinen Herrn!
+
+(Medea liegt auf einem Kniee am Boden, auf das andre stuetzt sie den
+Arm, das Gesicht mit der Hand bedeckend.)
+
+
+
+Jason (hinzutretend).
+Steh auf!--Du bist doch nicht verletzt?--Steh auf!
+Hier sitz und ruh', (vermagst) du es zu ruhn!
+
+(Er hebt sie vom Boden auf, sie sitzt auf der Rasenbank.)
+
+Jason.
+Umsonst versend' ich alle meine Pfeile
+Rueckprallend treffen sie die eigne Brust.
+Wie hass' ich dieses Land, sein rauher Hauch
+Vertrocknete die schoenste Himmelsblume,
+Die je im Garten bluehte der Natur.
+Waerst du in Griechenland, da wo das Leben
+Im hellen Sonnenglanze heiter spielt,
+Wo jedes Auge laechelt wie der Himmel,
+Wo jedes Wort ein Freundesgruss, der Blick
+Ein wahrer Bote wahren Fuehlens ist,
+Kein Hass als gegen Trug und Arglist, kein--
+Und doch, was sprech ich? Sieh, ich weiss es wohl
+Du bist nicht was du scheinen willst, Medea,
+Umsonst verbirgst du dich, ich kenne dich!
+Ein wahres, warmes Herz traegst du im Busen,
+Die Wolken hier, sie decken eine Sonne.
+Als du mich rettetest, als dich mein Kuss--
+Erschrickst du?--Sich mich an!--Als dich mein Kuss!--
+Ja deine Lippen hat mein Mund beruehrt,
+Eh ich dich kannt', eh ich dich fast gesehn
+Nahm ich mir schon der Liebe hoechste Gabe;
+Da fuehlt' ich (Leben) mir entgegen wallen
+Und du gibst truegerisch dich nun fuer (Stein)!
+Ein wahres, warmes Herz schlaegt dir im Busen
+Du (liebst) Medea!
+
+(Medea will aufspringen.)
+
+Jason (sie niederziehend).
+Bleib!--du liebst Medea!
+Ich seh's am Sturmeswogen deiner Brust
+Ich seh's an deiner Wangen Flammenglut
+Ich fuehl's an deines Atems heissem Wehn,
+An diesem Beben fuehl' ich es--du liebst,
+Liebst (mich)! (Mich) wie ich (dich)!--ja wie ich (dich)!
+
+(Er kniet vor ihr.)
+
+Schlag deine Augen auf und leugne wenn du's kannst!
+Blick' mich an und sag' nein!--du liebst Medea!
+
+(Erfasst ihre beiden Haende und wendet die sich Straeubende gegen sich,
+ihr fest ins Gesicht blickend.)
+
+Jason.
+Du weinst! Umsonst, ich kenne Mitleid nicht
+Mir Aug ins Aug, und sage: nein!--du liebst!
+Ich liebe dich, du mich! Sprich's aus Medea!
+
+(Er hat sie ganz gegen sich gewendet. Ihr Auge trifft das seinige.
+Sie schaut ihm mit einem tiefen Blick ins Auge.)
+
+Jason.
+Dein Auge hat's gesagt, nun auch der Mund!
+Sprich's aus Medea, sprich es aus: ich liebe!
+Faellt dir's so schwer ich will dich's lehren, Kind.
+Sprich's nach: ich liebe dich!
+
+(Er zieht sie an sich; sie verbirgt dem Zuge folgend das Gesicht in
+seinen Haaren.)
+
+--Und noch kein Wort!
+Kein Wort, obschon ich sehe, wie der Sturm
+An deines Innern festen Saeulen ruettelt.
+Und doch kein Wort!
+
+(Aufspringend.)
+
+So hab' es Stoerrische!
+Geh! Du bist frei, ich halte dich nicht mehr!
+Kehr' wieder zu den Deinigen zurueck,
+Zu ihren Menschenopfern, Todesmahlen,
+In deine Wildnis, Wilde kehr' zurueck,
+Geh! Du bist frei; ich halte dich nicht mehr!
+
+Aietes (von innen).
+Hierher, Kolcher, hierher!
+
+Jason.
+Dein Vater naht.
+Sei froh, ich weigre dich ihm nicht.
+Argonauten (kommen weichend.
+Hinter ihnen) Aietes, Absyrtus (und) Kolcher(, die sie verfolgen.)
+
+Aietes (auftretend).
+Braucht eure Waffen, wackre Genossen!
+Wo ist mein Kind?
+
+Absyrtus.
+Dort Vater sitzt sie.
+
+Aietes (zu Jason).
+Verruchter Raeuber, mein Kind gib mir zurueck!
+
+Jason.
+Wenn du mich bittest, nicht wenn du mir drohst.
+Dort ist dein Kind. Nimm sie und fuehr' sie heim.
+Nicht weil Du willst, weil sie will und weil ich will.
+
+(Zu Medeen hintretend und sie anfassend.)
+
+Steh auf Medea! Komm! Hier ist dein Vater!
+Du sehntest dich nach ihm; hier ist er nun.
+Verhueten es die Goetter, dass ich hier
+Zurueck dich hielte wider deinen Willen.
+Was zitterst du? du hast es selbst gewollt.
+
+(Er fuehrt die Wankende zu ihrem Vater und gibt sie ihm in die Arme.)
+
+Hier Vater ist dein Kind.
+
+Aietes (Medeen empfangend, die das Gesicht auf seiner Schulter verbirgt).
+Medea!
+
+Absyrtus.
+Schwester!
+
+Jason.
+Nun Koenig, rueste dich zum Todeskampf!
+Die Bande, die mich hielten sind gesprengt,
+Zerronnen ist der schmeichelhafte Wahn,
+Der mir der Tatkraft Sehnen abgespannt.
+Mit ihr, die jetzo ruht in deinem Arm,
+Legt' ich den Frieden ab und atme Krieg.
+Auf, rueste dich, es gilt dein Heil und Leben!
+
+(Zu Medeen.)
+
+Du aber, die hier stumm und bebend liegt,
+Das Angesicht so feindlich abgewandt,
+Leb' wohl! Wir scheiden jetzt auf immerdar.
+Es war ein Augenblick, wo ich gewaehnt,
+Du koenntest fuehlen, koenntest mehr als hassen,
+Wo ich geglaubt, die Goetter haetten uns
+Gewiesen an einander, dich und mich.
+Das ist nunmehr vorbei. So fahre hin!
+Du hast das Leben zweimal mir gerettet,
+Das dank' ich dir und werd' es nie vergessen.
+In ferner Heimat und nach langen Jahren
+Will ich's erzaehlen in dem Kreis der Freunde.
+Und fraegt man mich und forscht: wem gilt die Traene,
+Die fremd dir da im Maennerauge funkelt?
+Dann sprech' ich wohl in schmerzlicher Erinnrung:
+Medea hiess sie; schoen war sie und herrlich,
+Allein ihr Busen barg kein Herz.
+
+Aietes.
+Medea
+Was ist? Feucht liegt dein Gesicht auf meiner Schulter.
+Weinst du?
+
+Jason.
+Du weinst? Lass mich die Traenen sehn,
+O lass mich's glauben, dass du weinen kannst.
+Blick' noch einmal nach mir, es ist das letztemal;
+Ich will den Blick mittragen in die Ferne.
+Denk' doch, es ist zum letzten- letztenmal.
+
+(Er fasst ihre herabhaengende Hand.)
+
+Aietes.
+Wagst du's, zu beruehren ihre Hand?
+
+Jason (indem er ihre Hand fahren laesst).
+Sie will nicht. Nun wohlan, so sei es denn!
+Du siehst mich nimmermehr auf dieser Erde.
+Leb' wohl Medea, leb' auf ewig wohl!
+
+(Er geht rasch.)
+
+Medea (das Gesicht hinwendend und den Arm ihm nachstreckend).
+Jason!
+
+Jason (umkehrend).
+Das war's! Medea! Komm zu mir!
+
+(Auf sie zueilend und ihre Hand fassend.)
+
+Zu mir!
+
+Aietes (sie an der andern Hand haltend).
+Verwegner, fort!
+
+Jason (Aietes' Hand wegschleudernd und Medeen an sich reissend).
+Wagst du's Barbar!
+Sie ist mein Weib!
+
+Aietes.
+Sein Weib?--Du schweigst Verworfne?
+
+Jason (Medeen auf die andere Seite fuehrend).
+Hierher Medea, fort von diesen Wilden.
+Von nun an bist du mein und keines Andern!
+
+Aietes.
+Medea, du weigerst dich nicht? du folgst ihm?
+Stoesst ihm nicht den Stahl in die frevelnde Brust?
+Verruchte, war's vielleicht dein eignes Werk?
+
+(Auf Jason eindringend.)
+
+Meine Tochter gib mir, mein verlocktes Kind!
+
+Medea (sich zwischen beide werfend).
+Vater, toet' ihn nicht! Ich lieb' ihn!
+
+Jason.
+Er konnte dir's entreissen und ich nicht!
+
+Aietes.
+Schamlose! Du selbst gestehst's? Gestehst deine Schande?
+O, dass ich nicht merkte die plumpe List,
+Dass ich selbst sie sandte in seinen Arm,
+Vertrauend der Vaeter Blut in ihren Adern!
+
+Jason.
+Darfst du sie schmaehen?
+
+Medea.
+Hoere mich Vater!
+Es ist geschehn was ich fuerchtete. Es ist.
+Aber lass uns klar sein, Vater, klar!
+In schwarzen Wirbeln dreht sich's um mich
+Aber ich will hindurch, empor aus Dunkel und Nacht.
+Noch laesst sich's wenden, ab sich wenden. Hoere mich!
+
+Aietes.
+Was soll ich hoeren? Ich habe gesehn!
+
+Medea.
+Vater! Vernicht' uns nicht alle.
+Loese den Zauber, beschwichtige den Sturm!
+Heiss ihn dableiben, den Fuehrer der Fremden,
+Nimm ihn auf, nimm ihn an!
+An deiner Seite herrsch' er in Kolchis,
+Dir befreundet, dein Sohn!
+
+Aietes.
+Mein Sohn? Mein Feind.
+Tod ihm, und dir, wenn du nicht folgst!
+Willst du mit mir? Sprich! Willst du oder nicht?
+
+Medea.
+Hoere mich.
+
+Aietes.
+Willst du, oder nicht?
+
+Absyrtus.
+Goenn' ihr zu sprechen, Vater!
+
+Aietes.
+Ja oder nein?
+Lass mich Sohn!--Willst du?--Sie kommt nicht.--Schlange!
+
+(Er holt mit dem Schwert aus.)
+
+Jason (sich vor sie hinstellend).
+Du sollst sie nicht verletzen!
+
+Absyrtus (zugleich dem Vater in den Arm fallend).
+Vater, was tust du?
+
+Aietes.
+Du hast recht. Nicht sterben soll sie, leben;
+Leben in Schmach und Schande; verstossen, verflucht,
+Ohne Vater, ohne Heimat, ohne Goetter!
+
+Medea.
+Vater!
+
+Aietes.
+Du hast mich betrogen, verraten.
+Bleib! Nicht mehr betreten sollst du mein Haus.
+Ausgestossen sollst du sein, wie das Tier der Wildnis,
+Sollst in der Fremde sterben, verlassen, allein.
+Folg' ihm, dem Buhlen, nach in seine Heimat,
+Teile sein Bett, sein Irrsal, seine Schmach;
+Leb' im fremden Land, eine Fremde,
+Verspottet, verachtet, verhoehnt, verlacht;
+Er selbst, fuer den du hingibst Vater und Vaterland
+Wird dich verachten, wird dich verspotten,
+Wenn erloschen die Lust, wenn gestillt die Begier;
+Dann wirst du stehn und die Haende ringen,
+Sie hinueberbreiten nach dem Vaterland,
+Getrennt durch weite, brandende Meere,
+Deren Wellen dir murmelnd bringen des Vaters Fluch!
+
+Medea (knieend).
+Vater!
+
+Aietes.
+Zurueck! Ich kenne dich nicht!
+Komm, mein Sohn! Ihr Anblick verpestet,
+Ihre Stimme ist Todeslaut meinem Ohr.
+Umklammre nicht meine Kniee, Verruchte!
+Sieh ihn dort, ihn, den du gewaehlt;
+Ihm uebergeb' ich dich;
+Er wird mich raechen, er wird dich strafen,
+Er selber, frueher als du denkst.
+
+Medea.
+Vater!
+
+Aietes
+
+(indem er die Knieende von sich stoesst, dass sie halbliegend
+zuruecksinkt).
+Weg deine Hand, ich kenne dich nicht!
+Fort mein Sohn, mein einziges Kind!
+Fort mein Sohn aus ihrer Naehe!
+
+(Ab mit Absyrtus und Kolchern.)
+
+Jason.
+Flieh nur Barbar, der Rach' entgehst du nicht!
+
+(Zu den Argonauten.)
+
+Nun Freunde gilt's; die Waffen haltet fertig
+Zum letzten Streich, der Sieg bringt oder Tod.
+
+(Auf Medeen zeigend.)
+
+Sie kennt das Vliess, den Ort, der es verbirgt,
+Mit ihr vollbringen wir's und dann zu Schiff.
+
+(Zu Medeen hintretend, die noch auf eine Hand gestuetzt, die andre
+ueber die Stirne gelegt am Boden liegt.)
+
+Steh auf Medea, er ist fort.--Steh auf!
+
+(Er hebt sie auf.)
+
+Hier bist du sicher.
+
+Medea (die sich in seinen Armen aufgerichtet hat, aber mit einem Kniee
+noch am Boden liegt).
+Jason, sprach er wahr?
+
+Jason (sie ganz aufhebend).
+Denk' nicht daran!
+
+Medea (scheu an ihn geschmiegt).
+O Jason, sprach er wahr?
+
+Jason.
+Vergiss was du gehoert, was du gesehn,
+Was du gewesen bist auf diese Stunde.
+Aietes' Kind ist Jasons Weib geworden,
+An dieser Brust haengt deine Pflicht, dein Recht.
+Und wie ich diesen Schleier von dir reisse,
+Durchwoben mit der Unterird'schen Zeichen,
+So reiss' ich dich von all den Banden los,
+Die dich geknuepft an dieses Landes Frevel.
+Hier Griechen eine Griechin! Gruesset sie!
+
+(Er reisst ihr den Schleier ab.)
+
+Medea (darnach fassend).
+Der Goetter Schmuck!
+
+Jason.
+Der Unterird'schen! Fort!
+Frei wallt das Haar nun um die offne Stirn;
+So frei und offen bist du Jasons Braut. Nun nur noch eins und dann
+zu Schiff und fort.
+Das Vliess, du kennst's, zeig' an mir, wo es liegt!
+
+Medea.
+Ha schweig!
+
+Jason.
+Warum?
+
+Medea.
+Sprich nicht davon!
+
+Jason.
+Mein Wort hab' ich gegeben, es zu holen
+Und ohne Siegespreis kehrt Jason nicht zurueck.
+
+Medea.
+Ich sage dir, sprich nicht davon!
+Ein erzuernter Gott hat es gesendet,
+Unheil bringt es, (hat) es gebracht!
+Ich bin dein Weib! Du hast mir's entrissen,
+Aus der Brust gerissen das zagende Wort,
+Ich bin dein, fuehre mich wohin du willst
+Aber kein Wort mehr von jenem Vliess!
+In vorahnender Traeume daemmerndem Licht
+Haben mir's die Goetter gezeigt
+Gebreitet ueber Leichen,
+Bespruetzt mit Blut,
+Meinem Blut!
+Sprich nicht davon!
+
+Jason.
+Ich aber muss, nicht sprechen nur davon,
+Ich muss es holen, folge was da wolle.
+Drum lass die Furcht und fuehr' mich hin zur Stelle
+Dass ich vollende, was mir auferlegt.
+
+Medea.
+Ich? Nimmermehr!
+
+Jason.
+Du willst nicht?
+
+Medea.
+Nein!
+
+Jason.
+Und weigerst du mir Beistand, hol' ich's selbst.
+
+Medea.
+So geh!
+
+Jason (sich zum Fortgehen wendend.)
+Ich gehe.
+
+Medea (dumpf).
+Geh--in deinen Tod!
+
+Jason.
+Kommt Freunde, lasst den Ort uns selbst erkunden!
+
+(Er geht.)
+
+Medea.
+Jason!
+
+Jason (wendet sich um).
+Was ist?
+
+Medea.
+Du gehst in deinen Tod!
+
+Jason.
+Kam ich hierher und fuerchtete den Tod?
+
+Medea (auf ihn zueilend und seine Hand fassend).
+Ich sage dir, du stirbst.
+
+(Halblaut.)
+
+In der Hoehle liegt's verwahrt,
+Verteidigt von allen Greueln
+Der List und der Gewalt.
+Labyrinthische Gaenge,
+Sinnverwirrend,
+Abgruende, truegerisch bedeckt,
+Dolche unterm Fusstritt,
+Tod im Einhauch,
+Mord in tausendfacher Gestalt,
+Und das Vliess, am Baum haengt's,
+Giftbestrichen,
+Von der Schlange gehuetet,
+Die nicht schlaeft,
+Die nicht schont,
+Unnahbar.
+
+Jason.
+Ich hab' mein Wort gegeben und ich loes' es.
+
+Medea.
+Du gehst?
+
+Jason.
+Ich geh'!
+
+Medea
+
+(sich ihm in den Weg werfend).
+Und wenn ich hin mich werfe
+Flehend deine Kniee umfass' und rufe:
+Bleib! bleib!
+
+Jason.
+Nichts haelt mich ab!
+
+Medea.
+O Vater, Vater!
+Wo bist du? Nimm mich mit!
+
+Jason.
+Was klagst du?
+Wohl eher waer' das Recht zu klagen mir.
+Ich tue was ich muss, du hast zu waehlen.
+Du weigerst dich und so geh' ich allein.
+
+(Er geht.)
+
+Medea.
+Du gehst?
+
+Jason.
+Ich geh'!
+
+Medea.
+Trotz allem was ich bat,
+Doch gehst du?
+
+Jason.
+Ja!
+
+Medea (aufspringend).
+So komm!
+
+Jason.
+Wohin?
+
+Medea.
+Zum Vliess,
+Zum Tod!--Du sollst (allein) nicht sterben,
+Ein Haus, Ein Leib und Ein Verderben!
+
+Jason (sich ihr naehernd).
+Medea!
+
+Medea (ausweichend).
+Die Liebkosung lass
+Ich habe sie erkannt!--O Vater! Vater!
+So komm, lass uns holen was du suchst;
+Reichtum, Ehre,
+Fluch, Tod!
+In der Hoehle liegt's verwahrt
+Weh dir, wenn sich's offenbart!
+Komm!
+
+Jason (ihre Hand fassend).
+Was quaelt dich?
+
+Medea (indem sie ihre Hand aufschreiend wegzieht).
+Ah!--Phryxus!--Jason!
+
+Jason.
+Um aller Goetter willen!
+
+Medea.
+Komm! Komm!
+
+(Huscht fort mit weit aufgerissenen Augen vor sich hinstarrend.
+Die andern folgen.)
+
+(Der Vorhang faellt.)
+
+
+
+
+Vierter Aufzug
+
+(Das Innere einer Hoehle. Kurzes Theater. Im Vorgrunde rechts das
+Ende einer von oben herabfuehrenden Treppe. In der Felsenwand des
+Hintergrunds ein grosses, verschlossenes Tor.)
+
+
+Medea (steigt, in der einen Hand einen Becher in der andern eine Fackel
+die Treppe herab).
+Komm nur herab! Wir sind am Ziel!
+
+Jason (oben, noch hinter der Szene).
+Hierher das Licht!
+
+Medea (die Stiege hinaufleuchtend).
+Was ist?
+
+Jason (mit gezogenem Schwerte auftretend und die Stiege eilig
+herabsteigend).
+Es strich an mir vorbei! Halt! Dort!
+
+Medea.
+Was?
+
+Jason.
+An der Pforte steht's den Eingang wehrend.
+
+Medea (hinleuchtend).
+Sieh, es ist nichts und niemand wehrt dir Eingang,
+Wenn du nicht selbst.
+
+(Sie setzt den Becher weg und steckt die Fackel in einen Ring am
+Treppengelaender.)
+
+Jason.
+Du bist so ruhig.
+
+Medea.
+Und du bist's nicht!
+
+Jason.
+Als es noch nicht begonnen
+Als ich's nur wollte, bebtest du, und nun--
+
+Medea.
+Mir graut, dass du es willst, nicht dass du's tust.
+Bei dir ist's umgekehrt.
+
+Jason.
+Mein Aug ist feig,
+Mein Herz ist mutig.--Rasch ans Werk!--Medea!
+
+Medea.
+Was starrst du aengstlich?
+
+Jason.
+Bleicher Schatten, weiche!
+Lass frei die Pforte, du haeltst mich nicht ab.
+
+(Auf die Pforte zugehend.)
+
+Ich geh' trotz dir, durch dich zum Ziel--nun ist er fort!
+Wie oeffnet man das Tor?
+
+Medea.
+Ein Schwerthieb an die Platte
+Dort in der Mitte oeffnet es.
+
+Jason.
+Gut denn!
+Du wartest meiner hier.
+
+Medea.
+Jason!
+
+Jason.
+Was noch?
+
+Medea (weich und schmeichelnd).
+Geh nicht!
+
+Jason.
+Du reizest mich!
+
+Medea.
+Geh nicht o Jason!
+
+Jason.
+Hartnaeckige kann nichts dich denn bewegen,
+Zu opfern meinem Entschluss deinen Wahn?
+
+Medea.
+Man ehrt den Wahn auch dessen, den man liebt.
+
+Jason.
+Genug nunmehr, ich will!
+
+Medea.
+Du willst?
+
+Jason.
+Ich will.
+
+Medea.
+Und nichts vermag dagegen all mein Flehn?
+
+Jason.
+Und nichts vermag dagegen all dein Flehn.
+
+Medea.
+Und auch mein Tod nichts?
+
+(Sie entreisst ihm durch eine rasche Bewegung das Schwert.)
+
+Sieh! dein eignes Schwert
+Gekehrt ist's gegen meine Brust. Ein Schritt noch weiter
+Und vor dir liegt Medea kalt und tot.
+
+Jason.
+Mein Schwert!
+
+Medea.
+Zurueck! Du ziehst's aus meiner Brust!
+Kehrst du zurueck?
+
+Jason.
+Nein!
+
+Medea.
+Und wenn ich mich toete?
+
+Jason.
+Beweinen kann ich dich, rueckkehren nicht.
+Mein Hoechstes fuer mein Wort und waer's dein Leben!
+
+(Auf sie zugehend.)
+
+Gib Raum, Weib, und mein Schwert!
+
+Medea (indem sie ihm das Schwert gibt).
+So nimm es hin
+Aus meiner Hand, du suesser Braeutigam!
+Und toete dich und mich!--Ich halte dich nicht mehr!
+
+Jason (auf die Pforte zugehend).
+Wohlan!
+
+Medea.
+Halt! Eins noch! Willst du jetzt schon sterben?
+Das Vliess, am heiligen Baum
+Ein Drache huetet's, grimm,
+Unverwundbar seine Schuppenhaut,
+Alldurchdringend sein Eisenzahn,
+Du besiegst ihn nicht.
+
+Jason.
+Ich ihn, oder er mich.
+
+Medea.
+Grausamer, Unmenschlicher!
+Oder er dich! und du gehst?
+
+Jason.
+Wozu die Worte?
+
+Medea.
+Halt!
+Den Becher hier nimm!
+Vom Honig des Berges
+Dem Tau der Nacht,
+Und der Milch der Woelfin
+Brauset drin gegoren ein Trank.
+Setz' ihn hin wenn du eintrittst,
+In der Ferne stehend.
+Und der Drache wird kommen,
+Nahrung suchend,
+Zu schluerfen den Trank.
+Dann tritt hin zum Baume
+Und nimm das Vliess--Nein, nimm's nicht,
+Nimm's nicht und bleib!
+
+Jason.
+Toerin! Her den Trank! Gib!
+
+(Er nimmt ihr den Becher aus der Hand.)
+
+Medea (um seinen Hals fallend).
+Jason!--So kuess' ich dich und so, und so, und so!
+Geh in dein Grab und lass auch Raum fuer mich!
+Bleib!
+
+Jason.
+Lass mich Weib! Mir schallt ein hoehrer Ruf!
+
+(Gegen die Pforte zugehend.)
+
+Und baergest du des Tartarus Entsetzen,
+Ich steh' dir!
+
+(Er haut mit dem Schwerte gegen die Pforte.)
+
+Tut euch auf, ihr Pforten!--Ah!
+
+(Die Pforten springen auf und zeigen eine innere schmaelere Hoehle,
+seltsam beleuchtet. Im Hintergrunde ein Baum. An ihm haengt
+hellglaenzend das goldene Vliess. Um Baum und Vliess windet sich eine
+ungeheure Schlange, die beim Aufspringen der Pforte ihr in dem
+Laube verborgenes Haupt hervorstreckt und zuengelnd vor sich hin
+blickt.)
+
+(Jason faehrt aufschreiend zurueck und kommt wieder in den Vorgrund.)
+
+
+
+Medea (wild lachend).
+Bebst du? Schauert dir das Gebein?
+Hast's ja gewollt, warum gehst du nicht?
+Starker, Kuehner, Gewaltiger!
+Nur gegen mich hast du Mut?
+Bebst vor der Schlange? Schlange!
+Die mich umwunden, die mich umstrickt,
+Die mich verderbt, die mich getoetet!
+Blick' hin, blick's an das Scheusal
+Und geh und stirb!
+
+Jason.
+Haltet aus meine Sinne, haltet aus!
+Was bebst du Herz? Was ist's mehr als sterben?
+
+Medea.
+Sterben? Sterben? Es gilt den Tod!
+Geh hin mein suesser Braeutigam,
+Wie zuengelt deine Braut!
+
+Jason.
+Von mir weg, Weib, in deiner Raserei!
+Mein Geist geht unter in des deinen Wogen!
+
+(Gegen das Tor zu.)
+
+Blick' nur nach mir; du findest deinen Mann!
+Und waerst du zehnmal scheusslicher, hier bin ich!
+
+(Er geht drauf los.)
+
+Medea.
+Jason!
+
+Jason.
+Hinein!
+
+Medea.
+Jason!
+
+Jason.
+Hinein!
+
+(Er geht hinein, die Pforten fallen hinter ihm zu.)
+
+Medea (schreiend an die nunmehr geschlossene Pforte hinstuerzend).
+Er geht! Er stirbt.
+
+Jason (von innen).
+Wer schloss die Pforte zu?
+
+Medea.
+Ich nicht!
+
+Jason.
+Mach' auf!
+
+Medea.
+Ich kann nicht.--Um aller Goetter willen!
+Setz' hin die Schale, zaudre nicht!
+Du bist verloren wenn du zauderst.
+--Jason!--Hoerst du mich?--Setz' hin die Schale!--
+Er hoert mich nicht!--Er ist am Werk!
+Am Werk!--Hilfe, Ihr dort oben!
+Schaut herab auf uns, ihr Goetter!
+Doch nein, nein, schaut nicht herab
+Auf die schuldige Tochter,
+Der Schuldigen Gemahl;
+Ich schenk' euch die Hilfe, ihr mir die Rache!
+Kein Goetteraug seh' es,
+Dunkel huelle die Nacht
+Unser Tun und uns!
+Jason lebst du?--Antwort gib!
+Gib Antwort!--Alles stumm
+Alles tot!--Ha?--Er ist tot!
+Er spricht nicht, ist tot.--tot.
+
+(Sie sinkt an der Tuere nieder.)
+
+Liegst du mein Braeutigam? Lass Raum,
+Raum fuer die Braut!
+
+Jason (inwendig, schreckhaft).
+Ah!
+
+Medea (aufspringend).
+Das war seiner Stimme Klang! Er lebt!
+Ist in Gefahr! Zu ihm! Auf, Pforte, auf!
+Waehnst du zu widerstehn? Ich spotte dein!
+Auf!
+
+(Sie reisst mit einem Zuge gewaltsam beide Torfluegel auf.)
+
+Jason (stuerzt wankend heraus, das Vliess als Banner auf einer Lanze
+tragend.)
+
+Medea.
+Lebst du?
+
+Jason.
+Leben?--Leben?--Ja!--Zu! zu da!
+
+(Er schliesst aengstlich die Pforte zu.)
+
+Medea.
+Und hast das Vliess?
+
+Jason (es weit von sich weghaltend).
+Beruehr's nicht! Feuer! Feuer!
+
+(Seine Rechte mit ausgestreckten Fingern hinhaltend.)
+
+Sieh hier die Hand--wie ich's beruehrt--verbrannt!
+
+Medea (seine Hand nehmend).
+Das ist ja Blut!
+
+Jason.
+Blut?
+
+Medea.
+Auch am Haupte Blut.
+Hast dich verletzt?
+
+Jason.
+Weiss ich's?--Nun komm! Nun komm!
+
+Medea.
+Hast du's vollfuehrt, wie ich's gesagt?
+
+Jason.
+Ja wohl.
+Die Schale stellt' ich hin, mich selber seitwaerts
+Und harrte schnaufend. Rufen hoert' ich, doch
+Nicht zu erwidern wagt' ich vor dem Tier.
+Das hob sich blinkend auf und, und schon waehnt' ich
+Auf mich hin schieb' es rauschend seine Ringe;
+Allein der Trank war's, den das Untier suchte,
+Und weit gestreckt in durstig langen Zuegen
+Sog, meiner nicht mehr achtend, es den Trank.
+Bald, trunken oder tot lag's unbeweglich.
+Ich rasch hervor vom marternden Versteck,
+Zum Baum hin und das Vliess--hier ist's--Nun fort!
+
+Medea.
+So komm, und schnell!
+
+Jason.
+Als ich's vom Baume holte,
+Da rauscht' es auf, wie seufzend, durch die Blaetter
+Und hinter mir riefs: Wehe!
+Ha?--Wer ruft?
+
+Medea.
+Du selbst!
+
+Jason.
+Ich?
+
+Medea.
+Komm!
+
+Jason.
+Wohin?
+
+Medea.
+Fort!
+
+Jason.
+Fort, ja fort!
+Geh du voran, ich folge mit dem Vliess
+Geh nur! Geh, zaudre nicht! Voraus! Voran!
+
+(Beide ab, die Treppe hinauf.)
+
+(Freier Platz vor der Hoehle. Im Hintergrunde die Aussicht aufs
+Meer, die auf der rechten Seite durch einen am Ufer liegenden Huegel
+verdeckt wird, hinter dem, nur mit den Masten und dem Vorderteile
+sichtbar, das Schiff der Argonauten liegt.)
+Milo, Argonauten, (teils mit Arbeiten des Einschiffens beschaeftigt,
+teils als Wachen und ruhend gruppiert.)
+
+Milo.
+Das Schiff ist hergezogen. Gut. Doch hoert!
+Nicht Anker ausgeworfen! Hoert ihr? (Nicht)!
+Der Augenblick kann uns die Abfahrt bringen
+Und ob's zum lichten Zeit dann, weiss ich nicht.
+
+(Auf und ab gehend.)
+
+Er kommt noch immer nicht. Dass er ihr traute!
+Ich hab' ihn wohl gewarnt. Doch hoert er Warnung?
+Sonst ja, daheim, da horcht' er meiner Rede
+Und tat auch was ihm riet mein treuer Mund
+So folgsam, so ein Kind, und doch ein Mann.
+Doch hier ist er verwandelt ganz und gar
+Verwandelt gleich--uns allen, sagt' ich schier,
+Vom gift'gen Anhauch dieses Zauberbodens.
+O dieses Weib! Mir graut denk' ich an sie.
+Wie sie so dastand mit den dunkeln Brauen
+Gleich Wetterwolken an der finstern Stirn,
+Das Augenlid gesenkt, im duestern Sinnen:
+Nun hob sich's und wie Wetterleuchten fuhr
+Der Blick hervor und fasst' und schlug und traf.--
+Ihn traf er!--Nu die Goetter moegen's wenden. Was bringen dort die
+Beiden. Griechen sind's.
+Ein Weib! Gebunden! Memmen ihr!--Holla!
+
+Zwei Griechen (treten auf,)
+Gora (mit gebundenen Haenden in ihrer Mitte.)
+
+Milo.
+Was ist? Was bindet ihr das Weib!--Gleich loest sie!
+
+Soldat.
+Das Weib da kam an unsre Vorwacht, Herr
+Und fragte nach--nu nach der Kolcherin
+Die heut wir fingen.
+
+Gora.
+Kolcherin?
+Ha Sklav', Medea ist's,
+Des Kolcherfuersten Tochter.
+Wo habt ihr sie?
+
+Soldat.
+Wir wollten sie nicht lassen, dass sie nicht
+Dem Feinde Kundschaft gaeb' von unsrer Lagrung
+Allein sie wehrt' es und fast maennlich, Herr.
+Da banden wir sie, weil sie sich nicht fuegte,
+Und bringen sie euch her!
+
+Milo.
+Loest ihre Bande!
+
+(Es geschieht.)
+
+Gora.
+Wo ist Medea? Wo ist mein Kind?
+
+Milo.
+Dein Kind?
+
+Gora.
+Ich hab' sie gesaeugt gepflegt.
+Als eine Mutter mein Kind. Wo habt ihr sie?
+Sie sagen: freien Willens sei sie geblieben
+Bei euch in eures Lagers Umfang;
+Aber 's ist Luege, ich kenne Medea
+Ich kenne mein Kind.
+Gefangen haltet ihr sie zurueck.
+Gebt sie heraus! Wo ist sie?
+
+Milo.
+Ganz gut kommst als Genossin du fuer sie
+Leicht faende sie sich einsam unter Menschen.
+Bringt sie ins Schiff!
+
+Gora.
+So weilt sie dort?
+
+Milo.
+Geh nur!
+Zu bald wirst du sie noch erblicken!--Geh!
+
+Gora (die abgefuehrt wird).
+Ins Meer, nicht in das Schiff, wenn ihr mich taeuscht.
+
+(Ab.)
+
+Milo
+
+(ihr nachschauend).
+Ha! bringen wir die wilden Tiere alle
+Nach Griechenland, ich sorge, man erdrueckt uns,
+Die Seltenheit zu sehn!--Und Er kommt nicht!
+
+(Man hoert dumpfe Schlaege unter der Erde.)
+
+Was ist das?--Horch!--Speit auch der Boden Wunder?
+Versucht's der Feind?--
+
+(Gegen die Krieger, das Schwert ziehend.)
+
+Holla! zur Hand!
+
+(Die Krieger greifen nach ihren Waffen.)
+
+Milo.
+Die Erde hebt sich!--Was geschieht noch alles?
+(Eine Falltuere oeffnet sich am Boden.) Medea (steigt herauf.)
+
+Medea.
+Hier ist der Tag.
+
+(Nachdem sie ganz heroben ist.)
+
+Und hier die Deinen.
+Ich hielt was ich versprach.
+Jason (mit dem Vliess-Banner steigt auch herauf.
+Medea laesst die Falltuere nieder.)
+
+Milo
+
+(auf ihn zueilend und seine Hand nehmend).
+Du bist es Jason!
+Du!
+
+Jason (der mit gebeugtem Kopf dagestanden, emporblickend).
+Jason!--Wo?--Ja so! Ja, ja!
+
+(Ihm die linke Hand reichend. In der rechten haelt er das Banner.)
+
+Freund Milo!
+
+Milo (im Vortreten).
+Und mit dem Vliess?
+
+Jason (schreckhaft sich umsehend).
+Ha!--Mit dem Vliess!--
+
+(Es hinhaltend.)
+
+Hier ist's!
+
+(Sich noch einmal umsehend.)
+
+Ein widerlicher Mantel dort, der graue
+Und drein gehuellt der Mann bis an die Zaehne.
+
+(Auf ihn zugehend.)
+
+Borg' mir den Mantel, Freund!
+
+(Der Soldat gibt den Mantel.)
+
+Ich kenne dich
+Du bist Archytas aus Korinth. Ja, ja
+Ein lust'ger Kauz, ein (Geist) mit Fleisch und Blut!
+
+(Ihn an der Schulter anfassend.)
+
+Mit Fleisch und Blut!
+
+(Widerlich lachend.)
+
+Ha! ha!--Ich dank' dir Freund!
+
+Milo.
+Wie sonderbar--
+
+Jason
+
+(den Mantel um das Vliess huellend).
+Wir wollen das verhuellen,
+So--und hier aufbewahren bis wir's brauchen.
+
+(Er legt das Vliess hinter ein Felsenstueck, auf das sich Medea
+sinnend gesetzt hat.)
+
+Was sinnest du Medea, sinnest jetzt?
+Lass uns die Ueberlegung aufbewahren
+Als Zeitvertreib auf langer Ueberfahrt.
+Komm her mein Weib, mir angetraut
+Bei Schlangenzischen unterm Todestor.
+
+Milo (sich zu Medea wendend).
+Das Schiff dort birgt, was dir willkommen wohl.
+Ein Weib, Medeens Pflegerin sich nennend
+Ward eingebracht--
+
+Medea.
+Gora.--Zu ihr!
+
+Jason (rauh).
+Bleib da!
+
+(Medea erschrocken die Haende auf Brust und Stirn legend, bleibt
+stehen.)
+
+Jason (milder).
+Ich bitte dich bleib da!
+
+(Indem er sie zurueckfuehrt.)
+
+Geh nicht Medea!
+
+(Sie wirft einen scheuen Blick auf ihn.)
+
+Entwoehne dich vom Umgang jener Wilden
+Dafuer an unseren gewoehne dich!
+Wir sind jetzt Eins, wir muessen einig denken.
+
+Milo.
+Kommt jetzt zu Schiff!
+
+Jason.
+Ja, ja! Komm mit Medea!
+Wie lau die Feinde sind! Ich haette Lust
+Zu fechten, fechten. Doch sie schlafen scheint es!
+
+Absyrtus
+
+(hinter der Szene).
+Hierher!
+
+Milo.
+Sie schlafen nicht.
+
+Jason.
+So besser! Schliesst euch!
+Zieht gegen unser Fahrzeug euch zurueck.
+Wir wollen unser Angedenken ihnen
+Zum Abschied noch erneun auf immerdar.
+
+(Er rafft das verhuellte Vliess auf.)
+
+Medea, in den Kreis und zittre nicht!
+Absyrtus (tritt mit) Kolchern (auf.)
+
+Absyrtus.
+Hier ist sie! Komm zu mir! Medea! Schwester!
+
+Medea (die bei seinem Eintritt ihm unwillkuerlich einige
+Schritte entgegen gegangen ist, jetzt stehen bleibend).
+Wohl deine Schwester, doch Medea nicht!
+
+Jason.
+Was weilst du dort? Tritt wieder her zu uns!
+
+Absyrtus (mitleidig zu ihr tretend).
+So waer' es wahr denn, was sie alle sagen
+Und ich nicht glauben konnte bis auf jetzt.
+Du wolltest ziehen mit den fremden Maennern?
+Verlassen unsre Heimat, unsern Herd
+Den Vater und mich Medea
+Mich, der dich so liebt, du arme Schwester!
+
+Medea (an seinen Hals stuerzend).
+O Bruder! Bruder!
+
+(Mit traenenerstickter Stimme.)
+
+O mein Bruder!
+
+Absyrtus.
+Nein es ist nicht wahr!--Du weinst!
+Ich muss auch weinen. Doch was tut's?
+Ich schaeme mich der Traenen nicht Genossen
+Im K a m p f will ich zeigen, was ich wert.
+Weine nicht Schwester, komm mit mir!
+
+Medea (an seinem Halse, kaum vernehmlich).
+O koennt' ich gehn mit dir!
+
+Jason (hinzutretend).
+Du willst mit ihm?
+
+Medea (furchtsam).
+Ich?
+
+Jason.
+Du sagtest's!
+
+Medea.
+Sagt' ich etwas Bruder?
+Nein, ich sagte nichts!
+
+Absyrtus.
+Wohl sagtest du's, und komm, o komm,
+Ich fuehre dich zum Vater, er verzeiht!
+Schon hat ihn mein Flehen halb erweicht;
+Gewiss verzeiht er, noch ist nichts geschehn,
+Die Fremden, sie fanden's noch nicht das Vliess.
+
+Medea (sich entsetzt aus seinen Armen losreissend).
+Nicht?
+
+(Schaudernd.)
+
+Sie haben's!
+
+Jason (indem er die Huelle von dem Vliess reisst und es
+hochgeschwungen vorzeigt).
+Hier!
+
+Absyrtus.
+Das Vliess!
+
+(Zu Medeen.)
+
+So hast du uns denn doch verraten
+Geh hin in Unheil denn und in Verderben!
+
+(Zu Jason.)
+
+Behalt sie, doch das Vliess gib mir heraus!
+
+Jason.
+Du schwaermst mein junger Fant! Mach' dich von hinnen,
+Und sag' dem Vater was du hier gesehn.
+Nehm' ich die Tochter, schenk' ich ihm den Sohn!
+
+Absyrtus.
+Das Vliess!
+
+Jason.
+Ich will dein Blut nicht. Schweig und geh!
+Mit Drachen ist mein Arm gewohnt zu kaempfen,
+Mit Toren nicht wie Du: Geh sag' ich geh!
+
+Absyrtus (eindringend).
+Das Vliess.
+
+Jason (ausweichend).
+Mir zu begegnen ist gefaehrlich,
+Denn ich bin grimmig wie der grimme Leu.
+
+Absyrtus.
+Das Vliess!
+
+Jason.
+So hab's!
+
+(Er haut, ueber die linke Schulter ausholend mit einem grimmigen
+Seitenhieb auf Absyrtus, dass Helm, Schild und Schwert ihm rasselnd
+entfallen, er selbst aber, obschon unverwundet, taumelnd
+niederstuerzt.)
+
+Medea
+
+(bei dem Fallenden auf die Kniee stuerzend und sein Haupt in ihrem
+Schoss verbergend).
+Halt ein!
+
+Jason.
+Ich toet' ihn nicht!
+Allein gehorchen muss er, (muss--gehorchen)!
+
+Medea (Absyrtus aufrichtend).
+Steh auf!
+
+(Er ist aufgestanden und lehnt sich betaeubt an ihre Brust.)
+
+Medea.
+Bist du verletzt?
+
+Absyrtus (matt).
+Es schmerzt!--Die Stirn!
+
+Medea (ihre Lippen auf seine Stirne pressend).
+Mein Bruder!
+
+Milo
+
+(der frueher spaehend abgegangen ist, kommt jetzt eilig zurueck).
+Auf! Die Feinde nahen! Auf!
+In grosser Zahl, der Koenig an der Spitze!
+
+Medea (ihren Bruder fester an sich drueckend).
+Mein Vater!
+
+Absyrtus (matt).
+Unser Vater!
+
+Jason (zu den Beiden).
+Ihr, zurueck!
+
+Milo (auf Absyrtus zeigend).
+Der Sohn sei Geisel gegen seinen Vater
+Bringt ihn dort auf die Hoeh' zum Schiff hinauf!
+
+Absyrtus (matt die ihn Anfassenden abwehren wollend).
+Beruehrt ihr mich?
+
+Medea.
+O lass uns gehn, mein Bruder!
+
+(Sie werden auf die Hoehe gebracht.)
+
+Jason.
+Hinan, ins Schiff und spannt die Segel auf.
+Aietes (kommt mit bewaffneten) Kolchern.
+
+Aietes (hereinstuerzend).
+Haltet ein! Meine Kinder! Mein Sohn!
+
+Absyrtus (oben am Huegel sich loszumachen strebend).
+Mein Vater!
+
+Jason (den Huegel hinauf rufend).
+Haltet ihn!
+
+(Zu Aietes.)
+
+Er bleibt bei mir,
+Folgt mir zu Schiff, als Geisel wider dich.
+Wenn nur ein Kahn, ein Nachen uns verfolgt
+So stuerzt dein Sohn hinab ins Wellengrab!
+Erst wenn erreicht ist Kolchis' letzte Spitze,
+Setz' ich ihn aus und send' ihn her zu dir.
+Barbar, du lehrtest mich, dich zu bekaempfen!
+
+Aietes.
+Sohn, stehst du in den Armen der Verworfnen?
+
+Absyrtus (fruchtlos sich loszuwinden strebend).
+Lass mich!
+
+Medea.
+Mein Bruder!--Vater!
+
+Jason.
+Haltet ihn!
+
+Aietes.
+Komm, Sohn!
+
+Jason.
+Umsonst!
+
+Aietes.
+So komm' ich, Sohn, zu dir!
+Mir nach ihr Kolcher, folget eurem Koenig!
+
+Jason.
+Zurueck!
+
+Aietes (vordraengend).
+Glaubst du, du schreckest mich?
+
+Jason.
+Zurueck!
+Du rettest nicht den Sohn, als wenn du weichst.
+Kein Haar wird ihm gekruemmt, ich schwoer' es dir!
+Bringt ihn an Bord!
+
+Absyrtus (ringend).
+Mich? Nimmermehr!
+
+Aietes.
+Mein Sohn!
+
+Absyrtus.
+Fall sie an, befrei' den Sohn, o Vater!
+
+Aietes.
+Kann ich's? sie toeten dich, wenn ich's tue!
+
+Absyrtus.
+Lieber frei sterben, als leben gefangen
+Fall' ich auch, wenn nur sie fallen mit!
+
+Jason.
+An Bord mit ihm!
+
+Aietes.
+Sohn komm!
+
+Absyrtus (der sich losgerissen hat).
+Ich komme Vater!
+Frei bis zum Tod! Im Tode raeche mich!
+
+(Er springt von der Klippe ins Meer.)
+
+Medea.
+Mein Bruder! Nimm mich mit!
+
+(Sie wird zurueckgehalten und sinkt nieder.)
+
+Aietes.
+Mein Sohn!
+
+Jason.
+Er stirbt!
+Die hohen Goetter ruf' ich an zu Zeugen
+Dass d u ihn hast getoetet und nicht ich!
+
+Aietes.
+Mein Sohn!--Nun Rache! Rache!
+
+(Auf Jason eindringend.)
+
+Stirb!
+
+Jason.
+Lass mich!
+Soll ich dich toeten?
+
+Aietes.
+Moerder stirb!
+
+Jason.
+Ich Moerder?
+Moerder du selber!
+
+(Das Vliess einem Nebenstehenden entreissend, dem er es frueher zu
+halten gegeben.)
+
+Kennst du dies?
+
+Aietes (schreiend zuruecktaumelnd).
+Das Vliess!
+
+Jason
+
+(es ihm vorhaltend).
+Kennst du's?
+Und kennst du auch das Blut, das daran klebt?
+'s ist Phryxus' Blut!--Dort deines Sohnes Blut!
+Du Phryxus' Moerder, Moerder deines Sohns!
+
+Aietes.
+Verschling mich Erde! Graeber tut euch auf.
+
+(Stuerzt zur Erde.)
+
+Jason.
+Zu spaet, sie decken deinen Frevel nicht.
+Als Werkzeug einer hoeheren Gewalt
+Steh' ich vor dir. Nicht zittre fuer dein Leben,
+Ich will nicht deinen Tod; ja stirb erst spaet,
+Damit noch fernen Enkeln kund es werde,
+Dass sich der Frevel raecht auf dieser Erde.
+Nun rasch zu Schiff, die Segel spannet auf
+Zurueck ins Vaterland!
+
+Aietes (an der Erde).
+Weh mir weh
+Legt mich ins Grab zu meinem Sohn!
+(Indem die Kolcher sich um den Koenig gruppieren und Jason mit den
+Argonauten das Schiff besteigt faellt der Vorhang.)
+
+
+Ende dieses Projekt Gutenberg Etextes Die Argonauten,
+von Franz Grillparzer.
+
+
+
+
+
+End of the Project Gutenberg EBook of Die Argonauten, by Franz Grillparzer
+
+*** END OF THE PROJECT GUTENBERG EBOOK DIE ARGONAUTEN ***
+
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+Produced by Delphine Lettau and Mike Pullen
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+If they reach just 1-2% of the world's population then the total
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+This is ten thousand titles each to one hundred million readers,
+which is only about 4% of the present number of computer users.
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+Here is the briefest record of our progress (* means estimated):
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+ 100 1994 January
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+ 2500 2000 December
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+ 6000 2002 December*
+ 9000 2003 November*
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+*END THE SMALL PRINT! FOR PUBLIC DOMAIN EBOOKS*Ver.02/11/02*END*
diff --git a/old/7argo10.zip b/old/7argo10.zip
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index 0000000..4bc6742
--- /dev/null
+++ b/old/7argo10.zip
Binary files differ
diff --git a/old/8argo10.txt b/old/8argo10.txt
new file mode 100644
index 0000000..cde76ee
--- /dev/null
+++ b/old/8argo10.txt
@@ -0,0 +1,4772 @@
+The Project Gutenberg EBook of Die Argonauten, by Franz Grillparzer
+
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+**Welcome To The World of Free Plain Vanilla Electronic Texts**
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+
+*****These eBooks Were Prepared By Thousands of Volunteers!*****
+
+
+Title: Die Argonauten
+
+Author: Franz Grillparzer
+
+Release Date: April, 2005 [EBook #7943]
+[Yes, we are more than one year ahead of schedule]
+[This file was first posted on June 3, 2003]
+
+Edition: 10
+
+Language: German
+
+Character set encoding: iso-8859-1
+
+*** START OF THE PROJECT GUTENBERG EBOOK DIE ARGONAUTEN ***
+
+
+
+
+Produced by Delphine Lettau and Mike Pullen
+
+
+
+
+This Etext is in German.
+
+We are releasing two versions of this Etext, one in 7-bit format,
+known as Plain Vanilla ASCII, which can be sent via plain email--
+and one in 8-bit format, which includes higher order characters--
+which requires a binary transfer, or sent as email attachment and
+may require more specialized programs to display the accents.
+This is the 8-bit version.
+
+This book content was graciously contributed by the Gutenberg Projekt-DE.
+That project is reachable at the web site http://gutenberg.spiegel.de/.
+
+Dieses Buch wurde uns freundlicherweise vom "Gutenberg Projekt-DE"
+zur Verfügung gestellt. Das Projekt ist unter der Internet-Adresse
+http://gutenberg.spiegel.de/ erreichbar.
+
+
+
+
+Die Argonauten
+
+Franz Grillparzer
+
+Trauerspiel in vier Aufzügen
+
+
+Personen:
+
+Aietes, König von Kolchis
+Medea und Absyrtus, seine Kinder
+Gora, Medeens Amme
+Peritta, eine ihrer Gespielen
+Jason
+Milo, sein Freund
+Medeens Jungfrauen
+Argonauten
+Kolcher
+
+
+
+
+Erster Aufzug
+
+(Kolchis.--Wilde Gegend mit Felsen und Bäumen. Im Hintergrunde ein
+halbverfallener Turm, aus dessen obersten Stockwerke ein schwaches
+Licht flimmert. Weiter zurück die Aussicht aufs Meer. Finstere
+Nacht.)
+
+Absyrtus (hinter der Szene).
+Dorther schimmert das Licht!--Komm hierher Vater!--
+Ich bahne dir den Weg!--Noch diesen Stein!--
+So!--
+
+(Auftretend und mit dem Schwert nach allen Seiten ins Gebüsch
+hauend.)
+
+Aus dem Wege unnützes Pack!
+Vater, mein Schwert macht klare Bahn!
+Aietes (tritt auf, den Helm auf dem Kopfe, ganz in einen dunkeln
+Mantel gehüllt.)
+
+Absyrtus.
+Wir sind an Ort und Stelle, Vater.
+Dort der Turm, wo die Schwester haust.
+Siehst das Licht aus ihrer Zelle?
+Da weilt sie und sinnt Zaubersprüche
+Und braut Tränke den langen Tag,
+Des Nachts aber geht sie gespenstisch hervor
+Und wandelt umher und klagt und weint.
+
+(Aietes macht eine unwillige Bewegung.)
+
+Absyrtus.
+Ja Vater und weint, so erzählt der Hirt
+Vom Tal da unten, und ringt die Hände
+Daß es, spricht er, kläglich sei anzusehn!
+Was mag sie wohl treiben und sinnen, Vater?
+
+(Aietes geht gedankenvoll auf und nieder.)
+
+Absyrtus.
+Du antwortest nicht?--Was hast du Vater?
+Trüb und düster ist dein Gemüt.
+Du hast doch nicht Furcht vor den Fremden, Vater?
+
+Aietes.
+Furcht Bube?
+
+Absyrtus.
+Nu, (Sorge) denn, Vater!
+Aber habe nicht Furcht noch Sorge!
+Sind uns nicht Waffen und Kraft und Arme?
+Ist nicht ein Häuflein nur der Fremden?
+Wären ihrer doch zehnmal mehr!
+Laß sie nur kommen, wir wollen sie jagen
+Eilends heim in ihr dunkles Land
+Wo keine Wälder sind und keine Berge,
+Wo kein Mond strahlt, keine (Sonne) leuchtet
+Die täglich, hat sie sich müde gewandelt,
+Zur Ruhe geht in unserem Meer.
+Laß sie nur kommen, ich will sie empfangen,
+Du hast nicht umsonst mich wehrhaft gemacht,
+Nicht umsonst mir gegeben dies blitzende Schwert,
+Und den Speer und den Helm mit dem wogenden Busch,
+Waffen d u , und Mut die (Götter)!
+Laß die Schwester mit ihren Künsten,
+Schwert gegen Schwert, so binden wir an!
+
+Aietes.
+Armer Wurm!
+
+Absyrtus.
+Ich bin dein Sohn!
+Damals als du den Phryxus schlugst--
+
+Aietes.
+Schweig!
+
+Absyrtus.
+Das ist ja eben warum sie kommen
+Her nach Kolchis, die fremden Männer
+Zu rächen, wähnen sie, seinen Tod
+Und zu stehlen unser Gut, das strahlende Vließ.
+
+Aietes.
+Schweig Bube!
+
+Absyrtus.
+Was bangst du Vater?
+Fest verwahrt in der Höhle Hut
+Liegt es das köstliche, goldene Gut.
+
+Aietes
+
+(den Mantel vom Gesicht reißend und ans Schwert greifend).
+Soll ich dich töten, schwatzender Tor?
+
+Absyrtus.
+Was ist dir?
+
+Aietes.
+Schweig!--Dort sieh zum Busch!
+
+Absyrtus.
+Warum?
+
+Aietes.
+Mir deucht es raschelt dort
+Und regt sich.--Man behorcht uns.
+
+Absyrtus
+
+(zum Gebüsch hingehend und an die Bäume schlagend).
+He da!--Steht Rede!--Es regt sich Niemand!
+
+(Aietes wirft sich auf ein Felsenstück im Vorgrunde.)
+
+Absyrtus (zurückkommend).
+Es ist nichts, Vater! Niemand lauscht.
+
+Aietes
+
+(aufspringend und ihn hart anfassend).
+Ich sage dir, wenn du dein Leben liebst
+Sprich nicht davon!
+
+Absyrtus.
+Wovon?
+
+Aietes.
+Ich sage dir, begrab's in deiner Brust
+Es ist kein Knabenspielzeug, Knab'! Doch alles still hier!
+Niemand empfängt mich;
+Recht wie es ziemt der Widerspenst'gen Sitz.
+
+Absyrtus.
+Hoch oben am Turme flackert ein Licht.
+Dort sitzt sie wohl und sinnt und tichtet.
+
+Aietes.
+Ruf ihr! Sie soll heraus!
+
+Absyrtus.
+Gut Vater!
+
+
+(Er geht dem Turme zu).
+Komm herab du Wandlerin der Nacht
+Du Spät-Wachende bei der einsamen Lampe!
+Absyrtus ruft, deines Vaters Sohn!
+
+(Pause.)
+
+Sie kommt nicht, Vater!
+
+Aietes.
+Sie soll! Ruf lauter!
+
+Absyrtus
+
+(ans Tor schlagend).
+Holla ho! Hier der König! Heraus ihr!
+
+Medeas Stimme (im Turm).
+Weh!
+
+Absyrtus.
+Vater!
+
+Aietes.
+Was?
+
+Absyrtus (zurückkommend).
+Hast du gehört?
+Weh rief's im Turm! War's die Schwester die rief?
+
+Aietes.
+Wer sonst! Geh, deine Torheit steckt an.
+Ich will rufen und sie soll gehorchen!
+
+(Zum Turme gehend.)
+
+Medea!
+
+Medea (im Turm).
+Wer ruft?
+
+Aietes.
+Dein Vater ruft und dein König!
+Komm herab!
+
+Medea.
+Was soll ich?
+
+Aietes.
+Komm herab, sag' ich!
+
+Medea.
+O laß mich!
+
+Aietes.
+Zögre nicht! Du reizest meinen Zorn!
+Im Augenblicke komm!
+
+Medea.
+Ich komme!
+
+(Aietes verhüllt sich und wirft sich wieder auf den Felsensitz.)
+
+Absyrtus.
+Wie kläglich, Vater, ist der Schwester Stimme.
+Was mag ihr fehlen? Sie dauert mich!--
+Dich wohl auch, weil du so schmerzlich schweigst,
+Das arme Mädchen!--
+
+(Ihn anfassend.)
+
+Schläfst du, Vater?
+
+Aietes (aufspringend).
+Törichte Kinder sind der Väter Fluch!
+Du und sie, i h r tötet mich,
+Nicht meine Feinde!
+
+Absyrtus.
+Still! Horch!--Der Riegel klirrt!--Sie kommt!--Hier ist sie!
+Medea (in dunkelroter Kleidung, am Saume mit goldenen Zeichen
+gestickt, einen schwarzen, nachschleppenden Schleier der an einem,
+gleichfalls mit Zeichen gestickten Stirnbande befestigt ist, auf
+dem Kopfe, tritt, eine Fackel in der Hand, aus dem Turme.)
+
+Medea.
+Was willst du, Herr?
+
+Absyrtus.
+Ist das die Schwester, Vater?
+Wie anders doch als sonst, und ach, wie bleich!
+
+Aietes (zu Absyrtus).
+Schweig jetzt!
+
+(Zu Medeen.)
+
+Tritt näher!--näher!--
+Doch erst Lösch' deine Fackel, sie blendet mir das Aug!
+
+Medea
+
+(die Fackel am Boden ausdrückend).
+Das Licht ist verlöscht, es ist Nacht, o Herr!
+
+Aietes.
+Jetzt komm!--Doch erst sag' an wer dir erlaubt,
+Zu fliehn, des väterlichen Hauses Hut
+Und hier, in der Gesellschaft nur der Wildnis
+Und deines wilden Sinns, Gehorsam weigernd,
+Zu trotzen meinem Worte, meinem Wink?
+
+Medea.
+Du fragst?
+
+Aietes.
+Ich frage!
+
+Medea.
+Reden soll ich?
+
+Aietes.
+Sprich!
+
+Medea.
+So höre wenn du kannst und zürne wenn du darfst.
+O könnt' ich schweigen, ewig schweigen!
+Verhaßt ist mir dein Haus
+Mit Schauder erfüllt mich deine Nähe.
+Als du den Fremden erschlugst,
+Den Götterbeschützten, den Gastfreund
+Und raubtest sein Gut,
+Da trugst du einen Funken in dein Haus,
+Der glimmt und glimmt und nicht verlöschen wird,
+Gössest du auch darüber aus
+Was an Wasser die heil'ge Quelle hat,
+Der Ströme und Flüsse unnennbare Zahl
+Und das ohne Grenzen gewaltige Meer.
+Ein törichter Schütze ist der Mord,
+Schießt seinen Pfeil ab ins dunkle Dickicht,
+Gewinnsüchtig, beutegierig,
+Und was er für ein Wild gehalten,
+Für frohen Jagdgewinn,
+Es war sein Kind, sein eigen Blut,
+Was in den Blättern rauschte, Beeren suchend.
+Unglücksel'ger was hast du getan?
+Feuer geht aus von dir
+Und ergreift die Stützen deines Hauses
+Das krachend einbricht
+Und uns begräbt.--
+
+Aietes.
+Unglücksbotin was weißt du?
+
+Medea.
+In der Schreckensstunde
+Als sie geschehn war die Tat,
+Da ward mein Aug geöffnet
+Und ich sah sie, sah die Unnennbaren
+Geister der Rache.
+Spinnenähnlich,
+Gräßlich, scheußlich,
+Krochen sie her in abscheulicher Unform
+Und zogen Fäden, blinkende Fäden,
+Einfach, doppelt, tausendfach,
+Rings um ihr verfallen Gebiet.
+Du wähnst dich frei und du bist gefangen,
+Kein Mensch, kein Gott löset die Bande
+Mit denen die Untat sich selber umstrickt.
+Weh dir, weh uns allen!
+
+Aietes.
+Verkaufst du mir Träume für Wirklichkeit?
+Deines Gleichen magst du erschrecken,
+Törin! Nicht mich!
+Hast du die Zeichen, die Sterne gefragt?
+
+Medea.
+Glaubst du ich könnt's, ich vermöcht' es?
+Hundertmal hab' ich aufgeblickt
+Zu den glänzenden Zeichen
+Am Firmament der Nacht.
+Und alle hundertmale
+Sanken meine Blicke
+Von Schreck getroffen, unbelehrt.
+Es schien der Himmel mir ein aufgerolltes Buch
+Und (Mord) darauf geschrieben, tausendfach,
+Und (Rache) mit demantnen Lettern
+Auf seinen schwarzen Grund.
+O frage nicht die Sterne dort am Himmel,
+Die Zeichen nicht der schweigenden Natur,
+Des Gottes Stimme nicht im Tempel:
+Betracht' im Bach die irren Wandelsterne,
+Die scheu dir blinken aus den düstern Brau'n
+Die Zeichen die die Tat dir selber aufgedrückt,
+Des Gottes Stimme in dem eignen Busen,
+Sie werden dir Orakel geben,
+Viel sicherer als meine arme Kunst,
+Aus dem was ist und war, auf das was werden wird.
+
+Absyrtus.
+Der Vater schweigt. Du bist so seltsam Schwester
+Sonst warst du rasch und heiter, frohen Muts;
+Mich dünkt du bist dreifach gealtert
+In der Zeit als ich dich nicht gesehn!
+
+Medea.
+Es hat der Gram sein Alter, wie die Jahre
+Und wer der Zeit (vorauseilt), guter Bruder,
+Kommt früh ans Ziel.
+
+Absyrtus.
+Du weißt wohl also schon
+Von jenen Fremden die--
+
+Medea.
+Von Fremden--?
+
+Aietes.
+Halt!
+Ich gebot dir zu schweigen! Schweig denn, Schwätzer!
+Medea, laß uns klug sprechen und besonnen,
+Das Gegenwärt'ge aus der Gegenwart
+Und nicht aus dem betrachten was Vergangen.
+Wiss' es denn. Fremde sind angekommen, Hellenen,
+Sie begehren zu rächen Phryxus' Blut,
+Verlangen die Schätze des Erschlagnen
+Und des Gottes Banner, das goldene Vließ.
+
+Medea
+
+(aufschreiend).
+Es ist geschehn! Der Streich gefallen! Weh!
+
+(Will in den Turm zurück.)
+
+Aietes (sie zurückhaltend).
+Medea, Halt!--Bleib, Unsinnige!
+
+Medea.
+Gekommen die Rächer, die Vergelter!
+
+Aietes.
+Willst du mich verlassen, da ich dein bedarf?
+Willst du sehen des Vaters Blut?
+Medea ich beschwöre dich
+Sprich! Rate! Rette! Hilf!
+Gib mich nicht Preis meinen Feinden!
+Argonauten nennen sie sich
+Weil Argo sie trägt, das schnelle Schiff.
+Was das Hellenenland an Helden nährt,
+An Tapfern vermag, sie haben's versammelt
+Zum Todesstreich auf deines Vaters Haupt.
+Hilf Medea! Hilf meine Tochter!
+
+Medea.
+I ch soll helfen, hilf du selbst!
+Gib heraus was du nahmst, Versöhnung bietend!
+
+Aietes.
+Verteilt sind die Schätze den Helfern der Tat;
+Werden sie wiedergeben das Empfangne?
+Besitzen sie's noch? die törichten Schwelger,
+Die leicht vertan das leicht erworbne.
+Soll ich herausgeben das glänzende Vließ,
+Des Gottes Banner, Perontos Gut?
+Nimmermehr! Nimmermehr! Und tät' ich's
+Würden sie drum schonen mein und eurer?
+Um desto sichrer würgten sie uns,
+Rächend des Freundes Tod,
+Geschützt durch das heilige Pfand des Gottes.
+Deine Kunst befrage, gib andern Rat!
+
+Medea.
+Rat dir geben, ich selber ratlos!
+
+Aietes.
+Nun wohl, so verharre, du Ungeratne!
+Opfre dem Tod deines Vaters Haupt.
+Komm mein Sohn, wir wollen hinaus,
+Den Streichen bieten das nackte Haupt,
+Und fallen unter der Fremden Schwertern.
+Komm mein Sohn, mein einzig Kind!
+
+Medea.
+Halt Vater!
+
+Aietes.
+Du willst also?
+
+Medea.
+Hör' erst!
+Ich will's versuchen, die Götter zu fragen,
+Was sie gebieten was sie gestatten.
+Und nicken sie zu, so steh' ich dir bei,
+Helfe dir bekämpfen den Feind,
+Helfe dir schmieden den Todespfeil
+Den du abdrücken willst ins dunkle Gebüsch,
+Nicht wissend, armer Schütze, wen du triffst.
+Es sei! Du gebeutst, ich gehorche!
+
+Aietes.
+Medea, mein Kind, mein liebes Kind!
+
+Medea.
+Frohlocke nicht zu früh, noch fehlt das Ende.
+Ich bin bereit; allein versprich mir erst,
+Daß, wenn die Tat gelang, dein Land befreit,
+Zu hoffen wag' ich's kaum, allein wenn doch,--
+Du mich zurückziehn läßt, in diese Wildnis
+Und nimmer mehr mich störst, nicht du, nicht andre.
+
+Aietes.
+Warum?
+
+Medea.
+Versprich's!
+
+Aietes.
+Es sei!
+
+Medea.
+Wohlan denn Herr,
+Tritt ein bei deiner Magd, ich folge dir!
+
+Aietes.
+Ins Haus?
+
+Medea.
+Drin wird's vollbracht.
+
+Aietes (zu Absyrtus).
+So komm denn Sohn!
+
+(Beide ab in den Turm.)
+
+Medea.
+Da gehn sie hin, hin die Verblendeten!--
+Ein töricht Wesen dünkt mich der Mensch;
+Treibt dahin auf den Wogen der Zeit
+Endlos geschleudert auf und nieder,
+Und wie er ein Fleckchen Grün erspäht
+Gebildet von Schlamm und stockendem Moor
+Und der Verwesung grünlichem Moder,
+Ruft er: (Land)! und rudert drauf hin
+Und besteigt's--und sinkt--und sinkt--
+Und wird nicht mehr gesehn!
+Armer Vater, armer Mann!
+Es steigen auf vor meinen Blicken
+Düstrer Ahnungen Schauergestalten,
+Aber verhüllt und abgewandt
+Ich kann nicht erkennen ihr Antlitz!
+Zeigt euch mir (ganz), oder verschwindet
+Und laßt mir Ruh, träumende Ruh!
+Armer Vater! Armer Mann!--
+ Aber der Wille kann viel--und ich will.
+Will ihn erretten, will ihn befrein
+Oder untergehn mit ihm!
+Dunkle Kunst, die mich die Mutter gelehrt
+Die den Stamm du treibst in des Lebens Lüfte
+Und die Wurzeln geheimnisvoll
+Hinabsenkst zu den Klüften der Unterwelt,
+Sei mir gewärtig!--Medea (will)!
+Ans Werk denn!
+
+(Zu einigen Jungfrauen die am Eingange des Turmes erscheinen.)
+
+Und ihr des Dienstes Beflißne
+Bereitet die Höhle, bereitet den Altar!
+Medea will zu den Geistern rufen,
+Zu den düstern Geistern der schaurigen Nacht
+Um Rat, um Hilfe, um Stärke, um Macht!
+
+(Ab in den Turm.)
+
+(Pause. Dann tritt) Jason (rasch auf.)
+
+Jason.
+Hier hört' ich Stimmen!--Hier muß--Niemand hier?
+
+Milo (hinter der Szene).
+Holla!
+
+Jason.
+Hierher!
+
+Milo (eben so).
+Jason!
+
+Jason.
+Hier Milo, hier!
+
+Milo (der keuchend auftritt).
+Mein Freund, such' dir 'nen anderen Begleiter!
+Dein Kopf und deine Beine sind zu rasch,
+Sie laufen, statt zu gehn. Ein großer Übelstand!
+Von Beinen mag's noch sein, da hilft das Alter,
+Allein ein Kopf der läuft!--Glück auf die Reise!
+Such' einen andern sag' ich, ich bin's satt!
+
+(Setzt sich.)
+
+Jason.
+Wir haben, was wir suchten!--Hier ist Licht!
+
+Milo.
+Ja Lichts genug um uns da zu beleuchten
+Und zu entdecken und zu schlachten, wenn's beliebt.
+
+Jason.
+Ei, Milo Furcht?
+
+Milo
+
+(rasch aufstehend).
+Furcht?--Lieber Freund, ich bitte
+Wäg' deine Worte eh du sprichst!
+
+(Jason faßt entschuldigend seine Hand.)
+
+Milo.
+Schon gut!
+Wir laufen, nu, die Worte laufen mit!
+Doch ernst. Was suchst du hier?
+
+Jason.
+Kannst du noch fragen?
+Die Freunde, sie, die mir hierher gefolgt,
+Ihr Heil vertrauend meines Glückes Stern
+Und Jasons Sache machend zu der ihren,
+Sie schmachten, kaum dem schwarzen Schiff entstiegen,
+Hier ohne Nahrung ohne Labetrunk
+In dieser Küste unwirtbaren Klippen,
+Kein Führer ist, der Wegeskunde gäbe
+Kein Landmann bietend seines Speichers Vorrat
+Und von der Herde triftgenährter Zucht.
+Soll ich die Hände legen da in Schoß
+Und müßig zusehn wie die Freunde schmachten?
+Beim Himmel! Ihnen soll ein Führer werden
+Und Trank und Speise, sollt' ich auf sie wiegen
+Mit meinem Blut!
+
+Milo.
+Das treue, wackre Herz!
+O daß du nicht des Freundes Rat gefolgt
+Und weggeblieben bist von dieser Küste!
+
+Jason.
+Warum denn auch? Was sollt' ich wohl daheim?
+Der Vater tot, mein Oheim auf dem Thron
+Scheelsüchtig mich, den künft'gen Feind, betrachtend.
+Mich litt es länger nicht, ich mußte fort.
+Hätt' er nicht selbst, der Falsche, mir geboten
+Hierher zu ziehn in dieses Inselland
+Das goldne Götterkleinod abzuholen
+Von dem man spricht, so weit die Erde reicht
+Und das dem Göttersohne Phryxus einst,
+Ihn selber tötend, raubten die Barbaren,
+Ich wäre selbst gegangen, freien Willens,
+Dem eckelhaften Treiben zu entfliehn.
+Ruhmvoller Tod für ruhmentblößtes Leben
+Mag's tadeln wer da will, mich lockt der Tausch!
+Daß dich, o Freund, ich mitzog und die andern,
+Das ist wohl schlimm, allein ihr wolltet's so!
+
+Milo.
+Ja freilich wollt' ich so und will noch immer
+Denn sieh, ich glaub', du hast mir's angetan,
+So lieb' ich dich und all dein Tun und Treiben.
+
+Jason.
+Mein guter Milo!
+
+Milo.
+Nein! 's ist unrecht sag' ich,
+Ich sollt' der Klügre sein, ich bin der Ältre.
+Hättst du mich hingeführt, wohin auch immer,
+Nur nicht in dieses gottverlaßne Land.
+Kommt irgend sonst ein Mann in Fährlichkeit,
+Nu Schwert heraus und Mut voran. Doch hier
+In dieses Landes feuchter Nebelluft
+Legt Rost sich, wie ans Schwert, so an den Mut.
+Hört man in einem fort die Wellen brausen,
+Die Fichten rauschen und die Winde tosen,
+Sieht kaum die Sonne durch der dichten Nebel
+Und rauhen Wipfel schaurigen Versteck,
+Kein Mensch rings, keine Hütte, keine Spur,
+Da wird das Herz so weit, so hohl, so nüchtern
+Und man erschrickt wohl endlich vor sich selbst.
+Ich, der als Knabe voll Verwundrung horchte,
+Wenn man erzählte, 's gäb' ein Ding
+Die (Furcht) genannt, hier seh' ich fast Gespenster
+Und jeder dürre Stamm scheint mir ein Riese
+Und jedes Licht ein Feuermann. 's ist seltsam.
+Was unbedenklich sonst, erscheint hier schreckhaft
+Und was sonst greulich wieder hier gemein.
+Nur kürzlich sah ich einen Bär im Walde,
+So groß vielleicht als keinen ich gesehn
+Und doch kams fast mir vor, ich sollt' ihn streicheln,
+Wie einen Schoßhund streicheln mit der Hand,
+So klein, so unbedeutend schien das Tier
+Im Abstich seiner schaurigen Umgebung.
+Du hörst nicht?
+
+Jason (der indes den Turm betrachtet hat).
+Ja ich will hinein!
+
+Milo.
+Wohin?
+
+Jason.
+Dort in den Turm.
+
+Milo.
+Mensch, bist du rasend?
+
+(Ihn anfassend). Höre!
+
+Jason (sich losmachend und das Schwert ziehend).
+Ich will, wer hält mich? Hier mein Schwert! Es schützt mich
+Vor Feinden wie vor überläst'gen Freunden.
+Die erste Spur von Menschen find' ich hier
+Ich will hinein. Mit vorgehaltnen Eisen
+Zwing' einen ich von des Gebäuds Bewohnern,
+Zu folgen mir, zu führen unsre Schar
+Auf sichern Pfad aus dieses Waldes Umfang,
+Wo Hunger sie und Feindeshinterhalt
+Weit sichrer trifft als mich hier die Gefahr.
+Sprich nicht! Ich bin entschlossen. Geh zurück
+Ermutige die Schar. Bald bring' ich Rettung!
+
+Milo.
+Bedenk'!
+
+Jason.
+Es ist bedacht! Wer kann hier weilen
+Im kleinen Hause, wüst und abgeschieden?
+Ein Haushalt von Barbaren und was mehr?
+Ich denk' du kennst mich! Hier ist nicht Gefahr
+Als im Verweilen.--Keine Worte weiter!
+
+Milo.
+Doch wie gelangst du hin?
+
+Jason.
+Siehst du dort drüben
+Gähnt weit ein Spalt im alternden Gemäuer.
+Das Meer leiht seinen Rücken bis da hin
+Und leicht erreich' ich's schwimmend.
+
+Milo.
+Höre doch!
+
+Jason.
+Leb' wohl!
+
+Milo.
+Laß mich statt dir!
+
+Jason.
+Auf Wiedersehn!
+
+(Springt von einer Klippe ins Meer)
+
+Milo.
+Er wagt es doch!--Dort schwimmt er!--Tut es (doch),
+Und läßt mich schmälen hier nach Herzenslust!
+Ein wackres Herz, doch jung, gewaltig jung!
+Hier will ich stehn und seiner Rückkehr harren:
+Und geht's auch schief, wir hauen uns heraus.
+
+(Er lehnt sich an einen Baum.)
+
+(Ein düsteres Gewölbe im Innern des Turms. Links im Hintergrunde
+die Bildsäule eines Gottes auf hohem Fußgestell, im Vorgrunde
+rechts eine Felsenbank.)
+(Jungfrauen mit Fackeln bringen einen kleinen Altar und Opfergefäße
+und stellen alles ordnend umher.)
+
+(Eine Jungfrau tritt ein und spricht an der Türe:)
+
+Jungfrau.
+Genug! Es naht Medea! Stört sie nicht!
+
+(Alle ab mit den Lichtern.)
+
+Jason (tritt durch einen Seiteneingang links auf mit bloßem
+Schwerte.)
+
+Jason.
+Ein finsteres Gewölb'.--Ich bin im Innern!
+Mehr Menschen faßt das Haus, scheint's, als ich glaubte,
+Doch immerhin! wird nur mein Ziel erreicht.
+Behutsam späh ich, bis ein Einzelner
+Mir aufstößt, dann das Schwert ihm auf die Brust
+Und mit mir soll er, will er nicht den Tod.
+
+(Er späht mit vorgehaltenem Schwerte umher.)
+
+Ist da kein Ausgang?--Halt!--Ein Block von Stein
+Das Fußgestell wohl eines Götterbildes.
+Ehrt man hier Götter und verhöhnt das Recht?
+Doch horch!--ein Fußtritt!--Bleiche Helle gleitet
+Fortschreitend an des Ganges engen Bogen.
+Man kommt!--Wohin--?--Verbirg mich dunkler Gott!
+
+(Er versteckt sich hinter die Bildsäule.)
+
+Medea (kommt, einen schwarzen Stab in der Rechten, eine Lampe in
+der Linken.)
+
+Medea.
+Es ist so schwül hier, so dumpf!
+Feuchter Qualm drückt die Flamme der Lampe,
+Sie brennt ohne zu leuchten.
+
+(Sie setzt die Lampe hin.)
+--Horch!--Es ist mein eignes Herz,
+Das gegen die Brust pocht mit starken Schlägen!
+Wie schwach, wie töricht!--Auf Medea!
+Es gilt des Vaters Sache, der Götter!
+Sollen die Fremden siegen, Kolchis untergehn?
+Nimmermehr! Nimmermehr!
+Ans Werk denn!
+Seid mir gewärtig Götter, höret mich,
+Und gebt Antwort meiner Frage!
+
+(Mit dem Stabe Zeichen in die Luft machend.)
+
+Die ihr einhergeht im Gewande der Nacht
+Und auf des Sturmes Fittigen wandelt
+Furchtbare Fürsten der Tiefe,
+Denen der Entschluß gefällt
+Und die beflügelte Tat,
+Die ihr bei Leichen weilt
+Und euch labt am Blut der Erschlagnen,
+Die ihr das Herz kennt und lenkt den Willen,
+Die ihr zählt die Halme der Gegenwart
+Sorglich bewahrt des Vergangenen Ähren
+Und durchblickt der Zukunft sprossende Saat,
+Euch ruf' ich an!
+Gebt mir Kunde, sichere Kunde
+Von dem was uns droht, von dem was uns lacht!
+Bei der Macht, die mir ward,
+Bei dem Dienst, den ich tat,
+Bei dem Wort, das ihr kennt
+Ruf' ich euch,
+Erscheinet, erscheint!
+
+(Pause.)
+
+Was ist das?--Alles schweigt!
+Sie zeigen sich nicht?
+Zürnt ihr mir, oder betrat ein Fuß,
+Eines Frevlers Fuß
+Die heilige Stätte?
+Angst befällt mich, Schauer faßt mich!
+
+(Mit steigender Stimme.)
+
+Allgewaltige! Lauscht meinem Rufen,
+Hört Medeens Stimme!
+Eure Freundin ist's die ruft.
+Ich fleh' ich verlang' es
+Erscheinet, erscheint!
+Jason (springt hinter der Bildsäule hervor.)
+
+Medea (zurückfahrend).
+Ha!
+
+Jason.
+Verfluchte Zauberin, du bist am Ende,
+Erschienen ist, der dich vernichten wird.
+
+(Indem er mit vorgehaltenem Schwerte hervorspringt verwundet er
+Medeen am Arme.)
+
+Medea (den verwundeten rechten Arm mit der linken Hand fassend).
+Weh mir!
+
+(Stürzt auf den Felsensitz hin, wo sie schwer atmend leise ächzt.)
+
+Jason.
+Du fliehst? Mein Arm wird dich ereilen!
+
+(Im Dunkeln herum blickend.)
+
+Wo ist sie hin!
+
+(Er nimmt die Lampe und leuchtet vor sich hin.)
+
+Dort!--Du entgehst mir nicht!
+
+(Hinzutretend.)
+
+Verruchte!
+
+Medea (stöhnend).
+Ah!
+
+Jason.
+Stöhnst du? Ja zittre nur!
+Mein Schwert soll deine dunkeln Netze lösen!
+
+(Sie mit der Lampe beleuchtend).
+Doch seh' ich recht? Bist du die Zauberin,
+Die dort erst heischre Flüche murmelte?
+Ein weiblich Wesen liegt zu meinen Füßen,
+Verteidigt durch der Anmut Freiheitsbrief,
+Nichts zauberhaft an ihr, als ihre Schönheit.
+(Bist) du's?--Doch ja! Der weiße Arm, er blutet,
+Verletzt von meinem mitleidslosen Schwert!
+Was hast du angerichtet? Weißt du wohl,
+Ich hätt' dich töten können, holdes Bild,
+Beim ersten Anfall in der dunkeln Nacht?
+Und Schade wär's, fürwahr, um so viel Reiz!
+Wer bist du, doppeldeutiges Geschöpf?
+Scheinst du so schön und bist so arg, zugleich
+So liebenswürdig und so hassenswert,
+Was konnte dich bewegen, diesen Mund,
+Der, eine Rose, wie die Rose auch
+Nur hauchen sollte süßer Worte Duft,
+Mit schwarzer Sprüche Greuel zu entweihn?
+Als die Natur dich dachte, schrieb sie: (Milde)
+Mit holden Lettern auf das erste Blatt
+Wer malte Zauberformeln auf die andern?
+O geh! ich hasse deine Schönheit, weil sie
+Mich hindert deine Tücke recht zu hassen!
+Du atmest schwer. Schmerzt dich dein Arm? Ja, siehst du
+Das sind die Früchte deines argen Treibens!
+Es blutet! Laß doch sehn!
+
+(Nimmt ihre Hand.)
+
+Du zitterst, Mädchen,
+Die Pulse klopfen, jede Fiber zuckt.
+Vielleicht bist du so arg nicht, als du scheinst,
+Nur angesteckt von dieses Landes Wildheit,
+Und Reue wohnt in dir und fromme Scheu.
+Heb auf das Aug und blicke mir ins Antlitz,
+Daß ich die dunkeln Rätsel deines Handelns
+Erläutert seh' in deinem klaren Blick.--
+Du schweigst!--O wärst du stumm, und jene Laute,
+Die mir ertönten, fluchenswerten Inhalts,
+Gesprochen hätte sie ein andrer Mund,
+Der minder lieblich, Mädchen, als der deine.
+Du seufzest!--Sprich!--Laß deine Worte tönen;
+Vertrau' den Lüften sie, als Boten, an,
+Sonst holt mein Mund sie ab von deinen Lippen.
+
+(Er beugt sich gegen sie.)
+(Man hört Waffengeklirr und Stimmen in der Ferne.)
+
+Horch!--Stimmen!
+
+(Er läßt sie los.)
+
+Näher!
+
+(Medea steht auf.)
+
+Deine Freunde kommen
+Und ich muß fort. Des freuest du dich wohl?
+Allein ich seh' dich wieder, glaube mir!
+Ich muß dich sprechen hören, gütig sprechen,
+Und kostet' es mein Leben!--Doch man naht.
+Glaub' nicht, daß ich Gefahr und Waffen scheue,
+Doch auch ein Tapfrer weicht der Überzahl,
+Und meiner harren Freunde.--Leb' denn wohl.
+(Er geht dem Seiteneingange zu, durch den er gekommen ist. Aus
+diesem, so wie aus dem Haupteingange stürzen) Bewaffnete (herein,
+mit ihnen) Absyrtus.
+
+Absyrtus.
+Zurück!
+
+Jason.
+So gilt's zu fechten!--Gebet Raum!
+
+Absyrtus.
+Dein Schwert!
+
+Jason.
+Dir in die Brust, nicht in die Hand!
+
+Absyrtus.
+Fangt ihn!
+
+Jason (sich in Stellung werfend).
+Kommt an! Ihr alle schreckt mich nicht!
+
+Absyrtus.
+Laß uns versuchen denn!
+
+(Stürzt auf Jason los.)
+
+Medea (macht eine abhaltende Bewegung gegen ihn).
+
+Absyrtus (zurücktretend).
+Was hältst du mich Schwester?
+
+Jason.
+Du sorgst um mich? Hab' Dank, du holdes Wesen,
+Nicht für die Hilfe, ich bedarf sie nicht,
+Für diese Sorge Dank. Leb' wohl, o Mädchen,
+
+(Sie bei der Hand fassend und rasch küssend.)
+
+Und dieser Kuß sei dir ein sichres Pfand,
+Daß wir uns wiedersehn!--Gebt Raum!
+
+(Er schlägt sich durch.)
+
+Absyrtus.
+Auf ihn!
+
+(Jason durch die Seitentüre fechtend ab.)
+
+Absyrtus.
+Ihm nach! Er soll uns nicht entrinnen!
+
+(Eilt Jason nach mit den Bewaffneten.)
+
+Medea (die unbeweglich mit gesenktem Haupt gestanden, hebt jetzt
+Kopf und Augen empor).
+Götter!
+
+(Ihre Jungfrauen stehen um sie.)
+
+(Der Vorhang fällt.)
+
+
+
+
+Zweiter Aufzug
+
+(Halle wie am Ende des vorigen Aufzuges. Es ist Tag.)
+Gora, Peritta. Jungfrauen.
+
+Gora.
+Ich sage dir, sprich lieber Medeen nicht.
+Ob der Ereignung zürnt sie der heutigen Nacht
+Und sie spricht sich nicht gut, wenn sie zürnt; das weißt du!
+Auch gebot sie dir, ihr Antlitz zu fliehn.
+
+Peritta.
+Was soll ich tun? Wer hilft, wenn sie nicht?
+Gefangen der Gatte, die Hütte verbrannt.
+Alles geraubt von den fremden Männern
+Wem klag' ich mein Leid, wer rettet, wenn sie nicht?
+
+Gora.
+Tu wie du willst, ich hab' dich gewarnt,
+Auch ist's recht und billig nur, daß sie dich hört,
+Aber der Mensch tut nicht immer was recht.
+
+Peritta.
+Ach, ich Unselige!
+
+Gora.
+Klage nicht! Was hilft's
+Überleg' und handle, das tut dir Not!
+Doch wo weilt Medea? komm in ihr Gemach.
+(Eine) Jungfrau (stürzt atemlos herein.)
+
+Jungfrau.
+O Übermaß des Unglücks!
+
+Gora (an der Türe umkehrend).
+Wohl nur der Torheit, will ich hoffen!
+Was neues gibt's?
+
+Jungfrau.
+Der Fürstin Lieblingspferd.--
+
+Gora.
+Das herrliche Tigerroß--
+
+Jungfrau.
+Es ist entflohn!
+
+Gora.
+So?
+
+Jungfrau.
+In der Verwirrung der heutigen Nacht
+Da die Pforte offen, wir alle voll Angst,
+Entkam es dem Stall und ward nimmer gesehn!
+Weh mir!
+
+Gora.
+Ja wohl!
+
+Jungfrau.
+Wie entflieh' ich der Fürstin Zorn?
+Wird sie's ertragen--?
+
+Gora.
+Das (wie) ist ihre Sache
+Doch tragen muß sie's, da es (ist).
+Nur rat' ich dir geh fürs erste ihr aus dem Auge!
+Doch horch! Sie naht schon! Peritta tritt zu mir.
+Medea (kommt in Gedanken versunken aus der Türe rechts.)
+
+Gora (nach einer Pause).
+Medea--
+
+Jungfrau (ihr zuvorkommend und zu Medeens Füßen stürzend).
+O Königin verzeih!
+
+Medea (den Kopf emporhebend).
+Was ist?
+
+Jungfrau.
+Vernichte mich nicht in deinem Zorn!
+Dein Leibroß--Dein Liebling!--Es ist entflohn.
+
+(Pause während welcher sie Medeen voll Erwartung ins Gesicht sieht).
+
+Nicht meine Schuld war's fürwahr. Der Schrecken heut Nacht
+Das Getümmel, der Lärm--Da geschah's--
+Du sprichst nicht?--Zürne Fürstin--
+
+Medea.
+Es ist gut!
+
+(Jungfrau steht auf.)
+
+Gora (sie bei Seite ziehend).
+Was sprach sie?
+
+Jungfrau (freudig).
+Es sei gut.
+
+Gora.
+Das ist (nicht) gut!
+Trägt sie so leicht, was sie sonst schwer ertrug,
+Das begünstigt unsre Sache, Peritta!
+Fast ist mir's unlieb, daß sie so mild gestimmt
+Ich hatte mich drauf gefreut, wie sie sich sträuben würde
+Und endlich überwinden müßte zu tun was sie soll.
+Nu komm denn, komm, für dich ist's besser so.
+Medea hier ist noch jemand den du kennst!
+
+Medea.
+Wer?
+
+Gora.
+Kennst deine Gespielin, Peritta, nicht?
+Zürnst du ihr gleich--
+
+Medea.
+Peritta bist du's;
+Sei mir gegrüßt, sei herzlich mir gegrüßt!
+
+(Sie mit dem Arm umschlingend und sich auf sie stützend.)
+
+Wir haben frohe Tage zusammen gelebt.
+Seit dem ist viel übles geschehn.
+Viel übles seit der Zeit, Peritta!
+Hast du deine Herde verlassen und dein Haus
+Und kommst wieder zu mir, Peritta?
+Sei mir willkommen, du bist sanft und gut,
+Du sollst mir die Nächste sein im Kreis meiner Frauen!
+
+Peritta.
+Kein Haus hab' ich mehr und keine Herde
+Alles verloren, mein Gatte gefangen,
+Dahin meine Ruhe, mein Segen, mein Glück.
+
+Medea.
+So ist er dahin, ist tot!
+Du dauerst mich armes, armes Kind!
+War so jung, so kräftig, so glänzend, so schön,
+Und ist tot und kalt! Du dauerst mich
+Ich könnte weinen, so rührst du mich.
+
+(Legt ihre Stirne auf Perittas Schulter.)
+
+Peritta.
+Nicht tot, nur gefangen ist mein Gatte
+Drum kam ich zu flehn, daß du bittest den Vater
+Ihn zu lösen, zu retten, zu befrein--
+ Medea hörst du?--
+
+(Zu Gora.)
+
+Sie spricht nicht! Was sinnt sie?
+
+Gora.
+Mich überrascht sie nicht minder als dich
+Das ist sonst nicht Medeens Sitte.
+
+Peritta.
+Was ist das? Trau' ich meinen Sinnen?
+Feucht fühl' ich dein Antlitz auf meiner Schulter!
+Medea Tränen?--O du Milde, du Gute!
+
+(Küßt Medeens herabhängende Hand.)
+
+(Medea reißt sich empor, faßt rasch mit der rechten Hand die
+geküßte Linke und sieht Peritten starr ins Gesicht. Dann entfernt
+sie sich rasch von ihr, sie immer starr betrachtend und nähert sich
+der Amme.)
+
+Medea.
+Gora!
+
+Gora.
+Frau?
+
+Medea.
+Heiß sie gehn!
+
+Gora.
+So willst du--
+
+Medea.
+Heiß sie gehn!
+
+Gora
+
+(winkt Peritten mit der Hand Entfernung zu).
+(Peritta hält flehend ihr die Hände entgegen.)
+(Gora winkt ihr beruhigend zu, sich zu entfernen.)
+(Peritta von zwei Mädchen geführt, ab.)
+
+Medea (unterdessen).
+Ah!--es ist heiß hier.--Schwüle Luft.
+
+(Reißt gewaltsam den Gürtel entzwei und wirft ihn weg.)
+
+Gora.
+Sie ist fort!.
+
+Medea (zusammenfahrend).
+Fort?
+
+Gora.
+Peritta ist fort.
+
+Medea.
+Gora!
+
+Gora.
+Gebieterin!
+
+Medea (halblaut, sie bei Seite führend).
+Warst du zugegen heut Nacht?
+
+Gora.
+Wo?
+
+Medea (Sieht ihr fremd ins Gesicht.)
+
+Gora.
+Ah hier? Freilich!
+
+Medea (mit freudeglänzenden Blicken).
+Ich sage dir es war ein Gott!
+
+Gora.
+Ein Gott?
+
+Medea.
+Ich habe lange darüber nachgedacht,
+Nachgedacht und geträumt die lange Nacht,
+Aber 's war ein Himmlischer, des bin ich gewiß.
+Als er mit einemmal dastand, zürnenden Muts,
+Hochaufleuchtend, einen Blitz in der Hand
+Und zwei andre im flammenden Blick,
+Da fühlt' ich's am Sinken des Muts, an meiner Vernichtung,
+Daß ihn kein sterbliches Weib gebar.
+
+Gora.
+Wie? so--
+
+Medea.
+Du hast mir wohl selbst erzählet,
+Oft, daß Menschen, die nah dem Sterben,
+(Heimdar) sich zeige, der furchtbare Gott,
+Der die Toten führt in die schaurige Tiefe.
+Sieh, der war es glaub' ich, o Gora!
+(Heimdar) war es, der Todesgott.
+Bezeichnet hat er sein dunkles Opfer,
+Bezeichnet mich mit dem ladenden Kuß
+Und Medea wird sterben, hinuntergehn
+Zu den Schatten der schweigenden Tiefe.
+Glaub' mir, ich fühle das, gute Gora,
+An diesem Bangen, an diesem Verwelken der Sinne,
+An dieser Grabessehnsucht fühl' ich es,
+Daß mir nicht fern das Ende der Tage!
+
+Gora.
+Was hat deinen Sinn so sehr umwölkt,
+Daß du trüb schaust, was klar und deutlich?
+Ein Mensch war's, ein Übermüt'ger, ein Frecher
+Der hier eindrang
+
+Medea (zurückfahrend).
+Ha!
+
+Gora.
+Der die Nacht benützend--
+
+Medea.
+Schweig!
+
+Gora.
+Deine Angst
+
+Medea.
+Verruchte schweig.
+
+Gora.
+Schweigen kann ich wenn du's gebietest,
+Einst mein Pflegling, jetzt meine Frau.
+Aber drum ist's nicht anders als ich sagte.
+
+Medea.
+Sieh wie du albern bist und töricht!
+Wie käm' ein Fremder in diese Mauern?
+Wie hätt' ein Sterblicher sich erfrecht,
+Zu drängen sich vor Medeas Antlitz,
+Sie zu sprechen, ihr zu drohn, mit seinen Lippen--
+Geh Unselige, geh
+Daß ich dich nicht töte,
+Nicht räche deine Torheit
+An deinem Leben.
+Ein Sterblicher? Scham und Schmach!
+Entferne dich, Verräterin!
+Geh! sonst trifft dich mein Zorn.
+
+Gora.
+Ich rede was ist und nicht was du willst.
+Gehn soll ich? ich gehe.
+
+Medea.
+Gora, bleib!
+Hast du kein freundlichs Wort, du Gute?
+Fühlst du denn nicht, so ist's so muß es sein,
+(Heimdar) war es, der stille Gott,
+Und nun kein Wort mehr, kein Wort, o Gora!
+
+(Wirft sich ihr an den Hals und verschließt mit ihrem Munde Goras
+Lippen.)
+
+(Nach einer Pause.)
+
+
+Medea.
+Horch!
+
+Gora.
+Tritte nahen!
+
+Medea.
+Man kommt! Fort!
+
+Gora.
+Bleib! Dein Bruder ist's und dein Vater! Sieh!
+Aietes und Absyrtus (stürzen herein.)
+
+Aietes.
+Entkommen ist er, des trägst du die Schuld!
+
+(Zu Medeen.)
+
+Warum hemmtest den Streich des Bruders,
+Da er ihn töten wollte, den Frevler?
+
+Absyrtus.
+Vater, scheltet sie nicht darum
+War doch angstvoll und bang ihre Seele!
+Denkt! ein Fremder, allein, bei Nacht,
+Eingedrungen in ihre Kammer;
+Sollte sie da nicht zagen, Vater?
+Und nicht weiß die Furcht was sie tut.
+Doch der Grieche--
+
+Medea.
+Grieche?
+
+Aietes.
+Wer sonst?
+Einer der Fremden war's, der Hellenen,
+Die gekommen an Kolchis' Küste,
+Argonauten, auf Argo dem Schiff,
+Zu verwüsten unsere Täler
+Und zu rauben unser Gut.
+
+Medea
+
+(Goras Hand fassend).
+Gora!
+
+Gora.
+Siehst du? es ist so, wie ich sagte.
+
+Absyrtus.
+Übermütig sind sie und stark
+Ja, bei Peronto! Stark und kühn!
+Setzt' ich nicht nach ihm, ich und die Meinen
+Hart ihn drängend, nach auf den Fersen?
+Aber er führte in Kreisen sein Schwert
+Keiner von uns kam ihm nah zu Leibe.
+Jetzt zum Strom gekommen, warf er
+Raschen Sprungs sich hinein.
+Dumpf ertönte die Gegend dem Sturze,
+Hoch auf spritzten die schäumenden Wasser
+Und er verschwand in umhüllende Nacht.
+
+Aietes.
+Ist er entkommen dieses Mal
+Fürder soll es ihm nicht gelingen!
+Die kühnen Fremdlinge stolz und trotzig
+Haben Zweisprach begehrt mit mir.
+Zugesagt hab' ich's, den Groll verbergend
+Den tödlichen Haß in der tiefen Brust
+Aber gelingt mir, was ich sinne,
+Und bist du mir gewärtig mit deiner Kunst,
+So soll sie der frevelnde Mut gereuen,
+So endet der Streit noch eh er begann.
+Auf Medea, komm! Mach' dich fertig
+Gut zu machen, was du gefehlet
+Und zu rächen die eigene Schmach
+(Deine) Sache ist's nun geworden
+Haben sie doch an dir auch gefrevelt,
+Gefrevelt durch jenes Kühnen Tat,
+Denn wahr ist's doch, was Absyrtus mir sagte,
+Daß er's gewagt mit entehrendem Kuß--
+
+Medea.
+Vater schweig, ich bitte dich--
+
+Aietes.
+Ist's wahr?
+
+Medea.
+Frage mich nicht was wahr, was nicht!
+Laß dir's sagen die Röte meiner Wangen
+Laß dir's sagen--Was soll ich? Gebeut!
+Willst du vernichten die Schar der Frevler?
+Sage nur wie, ich bin bereit!
+
+Aietes.
+So recht Medea, so mag ich's gern
+So erkenn' ich in dir mein Kind
+Zeig' daß dir fremd war des Frechen Erkühnen
+Laß sie nicht glauben, du habest gewußt
+Selber gewußt um die frevelnde Tat!
+
+Medea.
+Gewußt? Wer glaubt das, Vater und von wem?
+
+Aietes.
+Wer? der's sah, der's hörte, Kind!
+Wer Zeuge war wie Aletes' fürstliche Tochter
+Den Kuß duldete von des Frevlers Lippe.
+
+Medea.
+Vater!
+
+Aietes.
+Was ist?
+
+Medea.
+Du tötest mich!
+
+Aietes.
+(Ich) glaub's (nicht), Medea!
+
+Medea.
+Wirklich nicht?
+Laß uns gehn!
+
+Aietes.
+Wohin?
+
+Medea.
+Wohin du willst
+Zu vernichten, zu töten, zu sterben!
+
+Aietes.
+Du versprichst mir also?
+
+Medea.
+Ich hab' es gesagt!
+Aber laß uns gehn!
+
+Aietes.
+Hör' erst!
+
+Medea.
+Nicht hier!
+Hohnzulachen scheint mir des Gottes Bild
+Des Gewölbes Steine formen sich mir
+Zu lachenden Mäulern und grinsenden Larven.
+Hinweg von dem Orte meiner Schmach!
+Nimmer betret' ich ihn. Vater komm!
+Was du willst, wie du willst, doch fort von hier!
+
+Aietes.
+So höre!
+
+Medea.
+Fort!
+
+Aietes.
+Medea!
+
+Medea.
+Fort!
+
+(Eilt ab.)
+
+Aietes.
+Medea!
+
+(Mit Absyrtus ihr nach.)
+
+(Freier Platz mit Bäumen. Links im Hintergrunde des Königs Zelt.)
+Acht Abgeordnete der Argonauten (treten auf von einem) Kolchischen
+Hauptmanne (geleitet.)
+
+Hauptmann.
+Hier sollt ihr weilen ist des Königs Befehl
+Bald naht er selbst.
+
+Erster Argonaut.
+Befehl? Nichtswürdiger Barbar,
+Für dich mag's sein, doch uns Befehl?
+Wir harren deines Königs weil wir wollen,
+Doch eil' er sich, sonst suchen wir ihn auf!
+
+Zweiter Argonaut.
+Laß ihn! Die Knechtesrede ziemt dem Knecht!
+
+(Kolcher ab.)
+
+So sind wir hier; erreicht des Strebens Ziel!
+Nach mancher Fährlichkeit zu Land und See
+Umfängt uns Kolchis' düstre Märchenwelt,
+Von der man spricht so weit die Sonne leuchtet.
+Was keinem möglich deuchte ist geschehn;
+Durchsegelt ist ein unbekanntes Meer,
+Das zürnend Untergang dem ersten Schiffer drohte,
+Zu neuen Völkern und zu neuen Ländern
+Tat sich der Weg, und was oft schwerer noch,
+Tat auch der Rückweg sich uns günstig auf:
+Wir sind in Kolchis, unsrer Reise Ziel.
+So weit hat gnädig uns ein Gott geführt;
+Doch jetzo fürcht' ich wendet er sich ab!
+Wir stehn in Feindes Land, von Tod umgeben
+Fremd, ohne Rat und Führer--Jason fehlt.
+Er, der zum Zug geworben, ihn geführt,
+Er, dessen eigne Sache wir verfechten,
+Mit Milo hat er sich vom Zug entfernt,
+Heut Nacht entfernt und ward nicht mehr gesehn.
+Ob er im Wald verirrt, verlassen schmachtet,
+Ob er ins Netz gefallen der Barbaren,
+Ob ihn aus Hinterhalt der Tod ereilt
+Ich weiß es nicht, doch jedes steht zu fürchten.
+So aufgelöst, vereinzelt, ohne Band,
+Ist jeder nun sein eigner Rat und Führer
+Drum frag' ich euch, die Ersten unsrer Schar:
+Was ist zu tun?
+
+(Alle schweigen mit gesenkten Häuptern.)
+
+Ihr schweigt. Jetzt gilt's Entschluß!
+Geladen von dem König dieses Landes
+Zur Zweisprach, zum Versuch der Gütlichkeit,
+Schien's uns gefährlich, ob des Führers Abgang
+Den Aufruf abzulehnen, der geschehn,
+Und zu enthüllen unsre Not und Schwäche.
+Wir gingen, wir sind hier!--Was nun zu tun?
+Wer Rat weiß, spreche nun!
+
+Dritter Argonaut.
+Du bist der Ältste
+Sprich du!
+
+Zweiter Argonaut.
+Der Ältste ist der Erste nicht
+Wo's Kraft gilt und Entschluß. Fragt einen andern!
+
+Erster Argonaut.
+Laßt uns die Schwerter nehmen in die Hand
+Den König töten und sein treulos Volk
+Dann fort, doch erst die Beut' ins Schiff gebracht!
+
+Zweiter Argonaut.
+Nicht auch das Land und heimgebracht zur Schau?
+Dein Rat ist unreif Freund wie deine Jahre.
+Gebt andern!
+
+Dritter Argonaut.
+Rate du, wir folgen dir!
+
+Zweiter Argonaut.
+Mein Rat ist Rückkehr! Murrt ihr? Nun wohlan
+Sprech' einer Besseres, ich stimme bei!
+Ihr schweigt gesamt und Niemand tritt hervor.
+So hört, und stört nicht oder überzeugt mich!
+Nicht eignes Streben hat uns hergeführt
+Was kümmert Kolchis uns mit seinen Wundern?
+Dem Mut, dem Glücke Jasons folgten wir
+Den Arm ihm leihend zum gebotnen Werk;
+Er tat des Oheims Willen, wir den seinen.
+Wer ist, der treten mag an Jasons Stelle,
+Hat ihn der Tod, wie möglich, hingerafft?
+Wem liegt daran das Wundervließ zu rauben
+Das Tod umringt und dräuende Gefahr?
+Habt ihr gehört? im Schlund der Höhle liegt's,
+Bewacht von eines Drachen gift'gen Zähnen,
+Vom Graun verteidigt schwarzer Zauberei,
+Beschützt von allem was verrucht und greulich;
+Wer wagt's von euch, wer hebt den goldnen Schatz?
+Wie Keiner? Nun, so woll' auch keiner (scheinen)
+Was keiner Kraft und Willen hat zu (sein).
+Hier leg' ich von mir Schild und Speer
+Und geh' zum König als ein Mann des Friedens.
+Drei Tage gönn' er uns zu harren Zeit,
+Und kehrt dann Jason nicht, so ziehn wir heim.
+Wer mit mir gleichdenkt, tue so wie ich.
+Ein Held ist wer das Leben Großem opfert
+Wer's für ein Nichts vergeudet ist ein Tor!
+
+(Die meisten stoßen ihre Speere in den Boden.)
+
+Nun kommt zu Kolchis' König. Gerne tauscht er
+Die eigne Sicherheit wohl aus für unsre!
+
+Erster Argonaut.
+Halt noch. Dort nahn zwei Griechen! Milo ist's
+Der fort mit Jason ging und--
+
+(schreiend)
+
+Jason selber!
+Jason!
+
+Mehrere.
+Jason!
+
+Alle (tumultuarisch).
+Jason!
+
+Milo
+
+(hinter der) Szene).
+Hier Gefährten!
+Hier Jason, Argonauten!
+
+Erster Argonaut (zum zweiten).
+Was sagst du nun?
+
+Zweiter Argonaut.
+Daß Jason da ist, sag' ich Freund wie du.
+Statt meines Rates gibt er euch die Tat.
+Nur da er fort war hatt' ich eine Meinung!
+Milo (tritt auf), Jason (an der Hand führend.)
+
+Milo.
+Hier habt ihr ihn! Hier ist er ganz und gar!
+Nun seht euch satt an ihm und schreit und jubelt!
+
+(Die Argonauten drängen sich um Jason, fassen seine Hände und
+drücken ihre Freude aus.)
+
+Vermischte Stimmen.
+Willkommen--Jason!--Freund!--Willkommen Bruder!
+
+Jason.
+Habt ihr um mich gebangt? Hier bin ich wieder!
+
+(Indem er den Andrängenden die Hände reicht.)
+
+Milo (den nächststehenden umarmend).
+Freund siehst du, er ist da? Gesund und rüstig!
+Und's ging ihm nah ans Leben, ei beim Himmel!
+Ein Haar! und ihr saht Jason nimmer mehr!
+Er wagte sich, allein--ich durft' nicht mit--
+Um euretwillen Freunde wagt' er sich,
+Im dichten Wald, allein, in einen Turm,
+Der voll Barbaren steckte bis zum Giebel.
+Da hieß es fechten.
+
+Jason.
+Ja fürwahr es galt!
+Verloren war ich, wenn ein Mädchen nicht--
+
+Milo.
+Ein Mädchen? Ein Barbarenmädchen?
+
+Jason.
+Ja!
+
+Milo.
+Sieh davon sagtest du mir früher nichts!
+Und war sie schön?
+
+Jason.
+So schön so reizend so--
+Doch eine arge, böse Zauberin.--
+Ihr dank' ich dies mein Leben!
+
+Milo.
+Wackres Mädchen!
+
+Jason.
+Ich schlug mich durch und--doch genug, ich lebe
+Und bin bei euch!--Doch was führt euch hierher?
+
+Zweiter Argonaut.
+Zur Zweisprach ließ uns laden Kolchis' König
+Vernehmen will er unsre Forderung
+Und dann entscheiden.
+
+Jason.
+Hier?
+
+Zweiter Argonaut.
+Hier ist sein Sitz!
+
+Jason.
+Ich will ihn sprechen. Fügt er sich in Frieden
+Gut denn! wenn nicht, dann mag das Schwert entscheiden.
+
+(Auf die seitwärts gestellten Speere zeigend.)
+
+Doch diese Waffen!--Seid ihr hier so sicher
+Daß ihr des Schutzes selber euch beraubt?
+
+(Sie nehmen beschämt die weggelegten Speere wieder auf.)
+
+Ihr schweigt und schlagt beschämt die Augen nieder?
+Habt ihr?--
+
+(Zu Milo.)
+
+Oh sieh, sie meiden meinen Blick!
+Unglückliche! es war doch nicht die Furcht--
+Die (Furcht) Hellenen, die den Speer euch nahm?
+Es war's nicht--?
+
+(Zu Milo.)
+
+Ach es war's! Die Unglücksel'gen
+Sie wagen's nicht der Lüge mich zu zeihn.
+Was hat euch denn verblendet arme Brüder?--
+Es war die (Furcht)!--
+
+(Zu einem der sprechen will.)
+
+Ich bitte dich, sprich nicht
+Ich kann mir denken was du fühlst. Sprich nicht!
+Mach' nicht, daß ich mich schäme vor mir selbst!
+Denn, o nicht ohne Tränen könnt' ich schauen
+In ein von Scham gerötet Männerantlitz.
+Ich will's vergessen wenn ich kann.
+
+(Ein Kolcher tritt auf.)
+
+Kolcher.
+Der König naht!
+
+Jason.
+So laßt uns stark sein und entschlossen, Freunde
+Nicht ahne der Barbar, was hier geschehn!
+Aietes (tritt auf mit) Gefolge.
+
+Aietes.
+Wer ist der das Wort führt für die Fremden!
+
+Jason (vortretend).
+Ich!
+
+Aietes.
+Beginn!
+
+Jason.
+Hochmütiger Barbar, du wagst--?
+
+Aietes.
+Was willst du?
+
+Jason.
+Achtung!
+
+Aietes.
+Achtung?
+
+Jason.
+Meiner Macht,
+Wenn meinem Namen nicht!
+
+Aietes.
+Wohlan, so sprich!
+
+Jason.
+Thessaliens Beherrscher, Pelias,
+Mein Oheim und mein Herr, schickt mich zu dir,
+Mich, Jason, dieser Männer Kriegeshaupt,
+Zu dir zu reden, wie ich jetzo rede!
+Gekommen ist die Kunde übers Meer,
+Daß Phryxus, ein Hellene, hohen Stammes,
+Den Tod gefunden hier in deinem Reich!
+
+Aietes.
+Ich schlug ihn nicht.
+
+Jason.
+Warum verteidigst du dich,
+Eh ich dich noch beschuldigt? Hör' mich erst.
+Mit Schätzen und mit Gute reich beladen
+War Phryxus' Schiff. Das blieb in deiner Hand
+Als er verblich geheimnisvollen Todes!
+Sein Haus ist aber nahverwandt dem meinen,
+Drum in dem Namen meines Ohms und Herrn
+Fordr' ich, daß du erstattest, was sein eigen,
+Und was nun mein und meines Fürstenhauses.
+
+Aietes.
+Nichts weiß ich von Schätzen.
+
+Jason.
+Laß mich enden.
+Das Köstlichste von Phryxus' Gütern aber
+Es war ein köstliches, geheimnisvolles Vließ,
+Des er entkleidete in Delphis hoher Stadt
+Das Bildnis eines unbekannten Gottes
+Das dort seit grauen Jahren aufgestellt,
+Man sagt, von den Urvätern unsers Landes,
+Die fernher kommend, und von Oben stammend,
+Das Land betraten und der Menschheit Samen
+Weitbreitend in die leere Wildnis streuten,
+Und Hellas' Väter wurden, unsre Ahnen
+Von ihnen sagt man stamme jenes Zeichen,
+Ein teures Pfand für Hellas' Heil und Glück.
+Vor allem nun dies Vließ fordr' ich von dir,
+Daß es ein Kleinod bleibe der Hellenen
+Und nicht in trotziger Barbaren Hand
+Zum Siegeszeichen diene wider sie.
+Sag' was beschließest du?
+
+Aietes.
+Ich hab's nicht!
+
+Jason.
+Nicht?
+Das goldne Vließ?
+
+Aietes.
+Ich hab's nicht, sag' ich dir!
+
+Jason.
+Ist dies dein letztes Wort?
+
+Aietes.
+Mein letztes!
+
+Jason.
+Wohlan!
+
+(Wendet sich zu gehn.)
+
+Aietes.
+Wo willst du hin?
+
+Jason.
+Fort, zu den Meinen,
+Sie zu den Waffen rufen, um zu sehen,
+Ob du der Macht unnahbar wie dem Recht.
+
+Aietes.
+Ich lache deiner Drohungen!
+
+Jason.
+Wie lange?
+
+Aietes.
+Tollkühner! Mit einem Häufchen Abenteurer
+Willst du trotzen dem König von Kolchis?
+
+Jason.
+Ich will's versuchen!
+
+(Will gehen.)
+
+Aietes.
+Halt! Du rasest glaub' ich.
+Ist wirklich der Götter Huld geknüpft an jenes Zeichen
+Und ist dem Sieg und Rache, der's besitzt,
+Wie kannst du hoffen zu bestehen gegen mich,
+In dessen Hand--
+
+Jason.
+Ha, so besitzest du's?
+
+Aietes.
+Wenn's wäre, mein' ich, wie du glaubst.
+
+Jason.
+Ich weiß genug!
+Schwachsinniger Barbar, und darauf stützest
+Du deiner Weigrung unhaltbaren Trotz?
+Du glaubst zu siegen, weil in deiner Hand--
+Nicht gut nicht schlimm ist, was die Götter geben
+Und der Empfänger erst macht das Geschenk.
+So wie das Brot, das uns die Erde spendet,
+Den Starken stärkt, des Kranken Siechtum mehrt,
+So sind der Götter hohe Gaben alle,
+Dem Guten gut, dem Argen zum Verderben.
+In meiner Hand führt jenes Vließ zum Siege
+In deiner sichert's dir den Untergang.
+Sprich selbst, wirst du es wagen zu berühren
+Besprützt wie's ist mit deines Gastfreunds Blut,--
+
+Aietes.
+Schweig!
+
+Jason.
+Sag' gibst du's heraus?--ja oder nein!
+
+Aietes.
+So höre mich!
+
+Jason.
+Ja oder nein!
+
+Aietes.
+Du rascher!
+Warum uns zanken ohne Not
+Laß uns friedlich überlegen
+Und dann entscheiden was zu geschehn!
+
+Jason.
+Du gibst es denn heraus?
+
+Aietes.
+Was?--Ei laß das!
+Wir wollen uns erst kennen und verstehn.
+Dem Freunde gibt man, nicht dem Fremden!
+Tritt ein bei mir und ruhe von der Fahrt.
+
+Jason.
+Ich trau' dir nicht!
+
+Aietes.
+Warum nicht?
+Ist auch rauh meine Sprache, fürchte nichts.
+Laß dir's wohl sein in meinem Lande.
+Liebst du den Becher? Wir haben Tranks die Fülle.
+Jagd? Wildreich sind unsre Forste.
+Magst du dich freun in der Weiber Umarmung?
+Kolchis hat--
+
+(Näher zu ihm tretend.)
+
+Liebst du die Weiber?
+
+Jason.
+(Eure) Weiber? und doch--
+
+Aietes.
+Liebst du die Weiber?
+
+Jason.
+Kennst einen Turm du dort im nahen Walde,
+Der--doch wo bin ich! Komm zur Sache König!
+Gibst du das Vließ?
+
+Aietes
+
+(zu einem Kolcher).
+Ruf Medeen und bring' Wein!
+
+Jason.
+Noch einmal, gibst du mir das Vließ?
+
+Aietes.
+Sei ruhig!
+Erst gezecht dann zum Rat, so halten wir's.
+
+Jason.
+Ich will von deinen Gaben nichts.
+
+Aietes.
+Du sollst!
+Ungespeist geht keiner aus Aietes' Hause!
+Sieh man kommt, laß dir's gefallen, Fremdling!
+Medea (kömmt verschleiert einen Becher in der Hand, mit ihr) Diener
+(die Pokale tragen.)
+
+Aietes.
+Hier trink, mein edler Gast!
+
+(Zu Medeen.)
+
+Ist er bereitet?
+
+Medea.
+O frage nicht!
+
+Aietes.
+So geh und biet ihn an!
+Erlabe dich mein Gast!
+
+Jason.
+Ich trinke nicht!
+
+(Medea fährt beim Klang von Jasons Stimme zusammen. Sie blickt
+empor, erkennt ihn und tritt einige Schritte zurück.)
+
+Aietes (zu Jason).
+Warum nicht?
+
+(Zu Medeen.)
+
+Hin zu ihm. Tritt näher sag' ich!
+
+Jason.
+Was seh' ich?--Diese Kleider!--Mädchen bleib!
+Dein Kleid erneuert mir ein holdes Bild
+Das ich nur erst--Gib deinen Becher mir,
+Ich wag's auf deine Außenseite! Gib!
+
+(Er nimmt den Becher aus ihrer Hand.)
+
+Ich leer' ihn auf dein Wohl!
+
+Medea.
+Halt ein!
+
+Jason.
+Was ist?
+
+Medea.
+Du trinkst Verderben!
+
+Jason.
+Wie?
+
+Aietes.
+Medea!
+
+Jason
+
+(indem er den Becher wegwirft).
+König
+Das deine Freundschaft? Rache dir Barbar!
+Doch du, wer bist du? die so sonderbar
+Mit Grausamkeit vereinet Mitleids Milde?
+Laß mich dich schaun!
+
+(Er reißt ihr den Schleier ab.)
+
+Sie ist's! Es ist dieselbe!
+
+Aietes.
+Medea fort!
+
+Jason.
+Medea heißest du?
+So sprich Medea denn!
+
+Medea.
+Was willst du?
+
+Jason.
+Wie?
+So mild dein Tun und rauh dein Wort, Medea?
+Nur zweimal sah ich dich und beidemal
+Verdank' ich dir mein Leben. Habe Dank!
+Es scheint die Götter haben uns ersehn
+Uns Freund zu sein, nicht Feinde, o Medea!
+Noch einmal diesen Blick, o sieh nicht weg!
+Schau' mir ins Aug, ich mein' es rein und gut.
+
+(Erfaßt ihre Hand und wendet sie gegen sich.)
+
+Laß mich in deinem Blick die Kunde lesen
+
+(Medea entreißt ihm die Hand.)
+
+Jason.
+Halt ein!
+
+Medea (sich emporrichtend).
+Verwegner wagst du's?--Weh!
+
+(Sie begegnet seinem Blicke, fährt zusammen und entflieht.)
+
+Jason.
+Medea!
+
+(Medea ab.)
+(Er eilt ihr nach.)
+
+Aietes.
+Zurück!
+
+Jason.
+Du selbst zurück, Barbar!--Medea!
+(Indem er ins Zelt dringen will und Aietes sich ihm abwehrend in
+den Weg stellt, fällt der Vorhang.)
+
+
+
+
+Dritter Aufzug
+
+(Das Innere von des Königs Zelte. Der hintere Vorhang desselben
+ist so, daß man durch denselben, ohne die draußen befindlichen
+Personen genau unterscheiden zu können, doch die Umrisse derselben
+erkennen kann.)
+Medea, Gora, Jungfrauen (im Zelte.) Jason, Aietes (und) Alle
+Personen des letzten Aktschlusses (außer demselben.)
+(Medea steht links im Vorgrunde aufgerichtet, die linke Hand auf
+einen Tisch gestützt, die Augen unbeweglich vor sich gerichtet in
+der Stellung einer die hört was außen vorgeht. Gora sie
+beobachtend auf der andern Seite des Tisches. Jungfrauen teils
+knieend, teils stehend um sie gruppiert. Einige) Krieger (im
+Hintergrunde des Zeltes an den Seiten aufgestellt.)
+
+Jason (von außen).
+Ich will hinein!
+
+Aietes (außen).
+Zurück!
+
+Jason.
+Denkst du's zu wehren?
+Vom Schwert die Hand! die Hand vom Schwerte sag' ich,
+Das meine zuckt, ich kann nicht drohen sehn!
+Ich will hinein! Gib Raum!
+
+Aietes.
+Zurück Verwegner!
+
+Gora (zu Medeen).
+Er rast der Freche!
+
+Jason (außen).
+Hörst du mich Medea?
+Gib mir ein Zeichen wenn du hörst!
+
+Gora.
+Vernahmst du?
+
+Jason.
+Dringt bis zu dir mein Ruf, so gib ein Zeichen.
+Erwählte!
+
+(Medea, die bis jetzt unbeweglich gestanden fährt zusammen und legt
+die Hand auf die tiefatmende Brust.)
+
+Jason.
+Sieh, mein Arm ist offen. Komm!
+
+(Jasons Stimme kommt immer näher.)
+
+Ich hab' dein Herz erkannt! Erkenn' das meine
+Medea komm!
+
+Aietes.
+Zurück!
+
+Gora.
+Er dringt herein!
+
+(Medea reißt sich aus den Armen ihrer Jungfrauen los und flieht auf
+die andere Seite des Vorgrunds.)
+
+Jason.
+Ich rufe dir! Ich liebe dich, Medea.
+
+Gora (Medeen folgend).
+Hast du gehört?
+
+Medea (verhüllt die Augen mit der Hand).
+
+Gora (dringend).
+Unglückliche das also war's?
+Daher die Bewegung, daher deine Angst
+O Schmach und Schande, wär' es wirklich?
+
+Medea (aufgerichtet, sie mit Hoheit anblickend).
+Was?
+
+Jason (indem er die Vorhänge des Zeltes aufreißt).
+Ich muß sie sehn!--Da ist sie!--Komm Medea!
+
+Gora.
+Er naht! Entflieh!
+
+Medea (zu den Soldaten im Zelte).
+Steht ihr so müßig
+Braucht die Waffen, helft eurem Herrn!
+
+Aietes (der indes mit Jason am Eingange gerungen hat).
+Mit meinem Tod erst dringst du hinein!
+
+(Die Soldaten im Zelte stürzen auf die Streitenden los. Jason wird
+weggedrängt. Die Vorhänge fallen wieder zu.)
+
+Jason (draußen).
+Medea!--Wohl so mag das Schwert entscheiden!
+
+Absyrtus' Stimme.
+Schwerter bloß! Hier ist das Meine!
+
+(Waffengeklirr von außen.)
+
+Gora.
+Sie fechten! Götter stärkt der Unsern Arm!
+
+(Medea steht wieder bewegungslos da.)
+
+Milos Stimme (von außen).
+Jason zurück! Wir werden übermannt
+Zwölf unsre Schar und hunderte der Feinde!
+Barbaren brecht ihr den geschwornen Stillstand?
+
+Jason.
+Laß sie nur kommen, ich empfange sie!
+
+Aietes.
+Haut sie nieder, weichen sie nicht!
+
+(Das Waffengeklirr entfernt sich.)
+
+Gora.
+Die Fremden werden zurückgedrängt, die Unsern siegen!
+Medea fasse dich. Dein Vater naht.
+Aietes und Absyrtus kommen.
+
+Aietes.
+Wo ist sie?--Hier! Verräterin
+Wagst du's zu stehn deines Vaters Blick?
+
+Medea (ihm entgegen).
+Nicht zu Worten ist's jetzt Zeit, zu Taten!
+
+Aietes.
+Das sagst du mir nach dem was geschehn,
+Jetzt, da das Schwert noch bloß in meiner Hand?
+
+Medea.
+Nichts weiter von Vergleich, von Unterredung
+Von gütlichen Vertrags fruchtlosem Versuch.
+Bewaffne die Krieger, versammle die Deinen
+Und jetzt auf sie hin, hin auf die Fremden
+Eh sie's vermuten, eh sie sich fassen.
+Hinaus mit ihnen, hinaus aus deinem Land
+Rettend entführe sie ihr schnelles Schiff
+Oder der Tod ihnen allen--allen!
+
+Aietes.
+Wähnst du mich zu täuschen, Betrügerin?
+Wenn du sie hassest, was warfst du den Becher,
+Der mir sie liefern sollte, Jason liefern sollte,
+Jason--sich mir ins Antlitz. Du wendest dich ab?
+
+Medea.
+Was liegt dir an meiner Beschämung,
+Rat bedarfst du, ich g e b e dir Rat.
+Noch einmal also, verjag' sie die Fremden
+Stoß sie hinaus aus den Marken des Reichs
+Der grauende Morgen, der kommende Tag
+Sehe sie nicht mehr in Kolchis' Umfang.
+
+Aietes.
+Du machst mich irre an dir, Medea.
+
+Medea.
+War ich es lange nicht, lange nicht selbst?
+
+Aietes.
+So wünschest du daß ich vertreibe die Fremden?
+
+Medea.
+Flehend, knieend bitt' ich dich drum.
+
+Aietes.
+Alle?
+
+Medea.
+Alle!
+
+Aietes.
+Alle?
+
+Medea.
+Frage mich nicht!
+
+Aietes.
+Nun wohlan denn ich waffne die Freunde!
+Du gehst mit!
+
+Medea.
+Ich?
+
+Aietes.
+Seltsame, du!
+Sieh ich weiß, nicht den Pfeil nur vom Bogen,
+Schleuderst den Speer auch, die mächtige Lanze,
+Schwingest das Schwert in kräftiger Hand.
+Komm mit, wir verjagen die Feinde!
+
+Medea.
+Nimmermehr!
+
+Aietes.
+Nicht?
+
+Medea.
+Mich sende zurück
+In das Innre des Landes Vater,
+Tief, wo nur Wälder und dunkles Geklüft,
+Wo kein Aug hindringt, kein Ohr, keine Stimme,
+Wo nur die Einsamkeit und ich.
+Dort will ich für dich zu den Göttern rufen
+Um Beistand für dich, um Kraft, um Sieg.
+Beten Vater, doch kämpfen nicht.
+Wenn die Feinde verjagt, wenn kein Frevler mehr hier,
+Dann komm' ich zurück und bleibe bei dir
+Und pflege dein Alter sorglich und treu
+Bis der Tod herankommt, der freundliche Gott
+Und leise beschwichtigend, den Finger am Mund,
+Auf seinem Kissen von Staub und Moos
+Die Gedanken schlafen heißt und ruhn die Wünsche.
+
+Aietes.
+Du willst nicht mit und ich soll dir glauben?
+Ungeratene zittre!--Jason?
+
+Medea.
+Was fragst du mich wenn du's weißt.
+Oder willst du's hören aus meinem Mund
+Was ich bis jetzt mir selber verbarg,
+Ich mir verbarg? die Götter mir bargen.
+Laß dich nicht stören die flammende Glut,
+Die mir, ich fühl' es die Wangen bedeckt,
+Du willst es hören und ich sag' es dir.
+Ich kann nicht im Trüben ahnen und zagen
+Klar muß es sein um Medea, klar!
+Man sagt--und ich fühle es ist so!--
+Es gibt ein Etwas in des Menschen Wesen,
+Das, unabhängig von des Eigners Willen,
+Anzieht und abstößt mit blinder Gewalt;
+Wie vom Blitz zum Metall, vom Magnet zum Eisen,
+Besteht ein Zug, ein geheimnisvoller Zug
+Vom Menschen zum Menschen, von Brust zu Brust.
+Da ist nicht Reiz, nicht Anmut, nicht Tugend nicht Recht
+Was knüpft und losknüpft die zaub'rischen Fäden,
+Unsichtbar geht der Neigung Zauberbrücke
+So viel sie betraten hat keiner sie gesehn!
+Gefallen muß dir was dir gefällt
+So weit ist's Zwang, rohe Naturkraft:
+Doch steht's nicht bei dir die Neigung zu (rufen)
+Der Neigung zu (folgen) steht bei dir,
+Da beginnt des Wollens sonniges Reich
+Und ich will nicht
+
+(Mit aufgehobener Hand.)
+
+Medea will (nicht)!
+Als ich ihn sah, zum erstenmale sah,
+Da fühlt' ich stocken das Blut in meinen Adern,
+Aus seinem Aug, seiner Hand, seinen Lippen
+Gingen sprühende Funken über mich aus
+Und flammend loderte auf mein Innres.
+Doch verhehlt' ich's mir selbst. Erst als er's aussprach,
+Aussprach in der Wut seines tollen Beginnens,
+Daß er liebe--
+Schöner Name
+Für eine fluchenswerte Sache!--
+Da ward mir's klar und (darnach) will ich handeln.
+Aber verlange nicht, daß ich ihm begegne,
+Laß mich ihn fliehn--Schwach ist der Mensch
+Auch der stärkste, schwach!
+Wenn ich ihn sehe drehn sich die Sinne
+Dumpfes Bangen überschleicht Haupt und Busen
+Und ich bin nicht mehr, die ich bin.
+Vertreib ihn, verjag' ihn, töt' ihn,
+Ja, weicht er nicht, töt' ihn Vater
+Den Toten will ich (schaun), wenn auch mit Tränen schaun
+Den Lebenden nicht.
+
+Aietes.
+Medea!
+
+Medea.
+Was beschließest du?
+
+Aietes (indem er ihre Hand nimmt).
+Du bist ein wackres Mädchen!
+
+Absyrtus (ihre andre Hand nehmend).
+Arme Schwester!
+
+Medea.
+Was beschließest du?
+
+Aietes.
+Wohl, du sollst zurück.
+
+Medea.
+Dank! tausend Dank! Und nun ans Werk mein Vater!
+
+Aietes.
+Absyrtus wähl' aus den Tapfern des Heers
+Und geleite die Schwester nach der Felsenkluft--
+Weißt du?--wo wir's aufbewahrten--das goldne Vließ!
+
+Medea.
+Dorthin? Nein!
+
+Aietes.
+Warum nicht?
+
+Medea.
+Nimmermehr!
+Dorthin, an den Ort unsers Frevels?
+Rache strahlet das schimmernde Vließ.
+So oft ich's versuch' in die Zukunft zu schauen
+Flammt's vor mir wie ein blut'ger Komet,
+Droht mir Unheil, findet's mich dort!
+
+Aietes.
+Törin! Kein sichrerer Ort im ganzen Lande
+Auch bedarf ich dein, zu hüten den Schatz
+Mit deinen Künsten, deinen Sprüchen,
+Dorthin oder mit mir!
+
+Medea.
+Es sei, ich gehorche!
+Aber einen Weg sende mich, wo kein Feind uns trifft.
+
+Aietes.
+Zwei Wege sind. Einer nah am Lager des Feindes
+Der andre rauh und beschwerlich, wenig betreten,
+Über die Brücke führt er am Strom, den nimm Absyrtus!
+Nun geht!--Hier der Schlüssel zum Falltor
+Das zur Kluft führt! Nimm ihn, Medea.
+
+Medea.
+Ich? Dem Bruder gib ihn!
+
+Aietes.
+Dir!
+
+Medea.
+Vater!
+
+Aietes.
+Nimm ihn, sag' ich und reize mich nicht
+Deiner törichten Grillen bin ich satt.
+
+Medea.
+Nun wohl ich nehme!
+
+Aietes.
+Lebe wohl!
+
+Medea.
+Vater!
+
+Aietes.
+Was?
+
+(Medea wirft sich lautschluchzend in seine Arme.)
+
+Aietes (weicher).
+Törichtes Mädchen!
+
+(Er küßt sie.)
+
+Leb' wohl mein Kind.
+
+Medea.
+Vater auf Wieder- Wiedersehn
+Auf baldiges, frohes Wiedersehn!
+
+Aietes.
+Nun ja, auf frohes Wiedersehn.
+
+(Sie mit der Hand von sich entfernend.)
+
+Nun geh!
+
+Medea (die Augen mit der Hand verhüllend).
+Leb' wohl!
+
+(Ab mit Absyrtus.)
+
+
+
+
+(Aietes bleibt nach dem Abgehen der Medea einige Augenblicke mit
+gesenktem Haupt hinbrütend stehen. Plötzlich rafft er sich auf
+blickt einige Male rasch um sich her und geht schnell ab.)
+
+(Eine waldichte Gegend an der Straße, die zum Lager der Argonauten
+führt.)
+Jason, Milo und Andre Argonauten kommen.
+
+
+Milo.
+Hier laßt uns halten Freunde. Die Barbaren
+Verfolgen uns nicht mehr. Der Ort hier scheint bequem
+Zum Angriff so, wie zur Verteidigung.
+Auch ist's der einz'ge Weg, der, seit der Sturm
+Die Brücken abgerissen heute Nacht,
+Vom Sitze führt des Königs nach dem Innern
+Und lagern wir uns hier, so schneiden wir
+Ihm jeden Hilfszug ab, den er erwartet.
+Geh' einer hin zur Schar der Rückgebliebnen
+Und leite sie hierher. Wir warten ihrer.
+
+(Erster Argonaut ab.)
+(Zu Jason der mit gekreuzten Armen auf und nieder geht.)
+
+Was überdenkst du Freund?
+
+Jason.
+Gar mancherlei!
+
+Milo.
+Gesteh' ich's dir? Du hast mich überrascht
+Du zeigtest eine Falte deines Innern heut
+Die neu mir ist.
+
+Jason.
+Hätt' ich doch bald gesagt:
+Mir auch!
+
+Milo.
+So liebst du sie denn wirklich?
+
+Jason.
+Lieben?
+
+Milo.
+Du sagtest heut es mind'stens laut genug!
+
+Jason.
+Der Augenblick entriß mir's--und gesteh!
+Sie rettete mir zweimal nun das Leben.
+
+Milo.
+Wie? zweimal?
+
+Jason.
+Erst im Turm!--
+
+Milo.
+Das also war's
+Was dir den Turm so teuer machte?
+
+Jason.
+Das war's.
+
+Milo.
+Ja so.
+
+Jason.
+Nun denk' dir; so vollgült'gen Anspruch
+Auf meinen Dank und--Milo sie ist schön--
+
+Milo.
+Ja, doch eine Barbarin--
+
+Jason.
+Sie ist gut--
+
+Milo.
+Und eine Zauberin dazu.
+
+Jason.
+Ja wohl!
+
+Milo.
+Ein furchtbar Weib mit ihren dunkeln Augen!
+
+Jason.
+Ein herrlich Weib mit ihren dunkeln Augen!
+
+Milo.
+Und was gedenkst du nun zu tun?
+
+Jason.
+Zu tun?
+Das Vließ zu holen, so mein Wort zu lösen,
+Das andre aber heimzustellen jenen
+Die oben walten über dir und mir.
+
+Milo.
+So mag ich's gern! Beim Zeus so denkst du recht!
+(Ein) Argonaut (kommt).
+
+Argonaut.
+Links her vom Fluß sieht man sich Staub erheben,
+Ein Häuflein Feinde naht heran.
+
+Jason.
+Wie viele?
+
+Argonaut.
+An vierzig oder fünfzig, kaum wohl mehr.
+
+Jason.
+Laßt uns zurückziehn und am Weg verbergen,
+Denn sähn sie uns, sie kämen nicht heran.
+Verschwunden ist die Hoffnung zum Vergleich
+So mögen denn die Schwerter blutig walten
+Und die dort nahn, den Reihen führen an.
+Zieht euch zurück, und haltet bis ich's sage.
+
+Milo.
+Nur leis und sacht, daß sie uns nicht erspähn.
+
+(Ziehen sich alle zurück und ab.)
+
+(Absyrtus und Kolchische Krieger treten auf, Medea verschleiert
+in ihrer Mitte.)
+
+Absyrtus.
+Die Waffen haltet bereit zum Schlagen,
+Leicht könnten wir treffen 'ne Feindesschar,
+Der Weg hier führt vorbei an ihrem Lager.
+
+Medea
+
+(den Schleier zurückschlagend und vortretend).
+Am Feindeslager? Warum diesen Weg?
+Warum nicht den andern, mein Bruder?
+
+Absyrtus.
+Der Sturm hat die Brücken abgerissen heut Nacht;
+Jetzt erst erfuhr ich's. Aber sorge nicht!
+Ich verteidige dich mit meinem Blut.
+Wärst du nicht hier, ich forderte sie heraus.
+
+Medea.
+Um aller Götter willen--
+
+Absyrtus.
+Ich sagte: wärst du nicht hier;
+Aber nun, da du hier bist, tu' ich's nicht.
+Nicht um den höchsten Preis, nicht um Kampf und Sieg,
+Setzt' ich dich in Gefahr, meine Schwester!
+
+Medea.
+So laß uns eilig vorüberziehn.
+
+Absyrtus.
+Kommt denn!
+
+Jason
+
+(hinter der Szene).
+Jetzt ist es Zeit! Greift an, ihr Freunde!
+
+(Hervorspringend.)
+
+Halt!
+
+Medea (aufschreiend).
+Er!
+
+(Zu Absyrtus.)
+
+Laß uns fliehen, Bruder!
+
+Absyrtus.
+Fliehen? Fechten!
+
+Jason (zu den andringenden Argonauten).
+Wenn sie sich widersetzen, haut sie nieder!
+
+(Zu den Kolchern.)
+
+Zu Boden die Waffen!
+
+Absyrtus.
+Du selber zu Boden!
+Schließt euch Gefährten! Haltet sie aus!
+
+Medea.
+Bruder! Hältst du so dein Versprechen?
+
+Absyrtus.
+Versprach ich zu fliehn so verzeihn mir die Götter,
+Nicht daß ich's breche, daß ich's gab das Wort!
+
+(Zu den Seinen).
+
+Weicht nicht! Der Vater ist nah, er sendet uns Hilfe!
+
+Jason (Medeen erblickend).
+Bist du's Medea? Unverhofftes Glück!
+Komm hierher!
+
+Medea (zu den Kolchern).
+Schützet mich!
+
+Jason (die sich ihm entgegenstellenden Kolcher angreifend).
+Ihr! aus dem Wege!
+Eu'r Eisen hält nicht ab, zieht an den Blitzstrahl.
+
+(Die Kolcher werden zurückgedrängt, die Griechen verfolgen sie.)
+
+Jason.
+Die Deinen fliehn. Du bist in meiner Macht!
+
+Medea.
+Du lügst! In der Götter Macht, in meiner.
+Verläßt mich alles, ich selber nicht!
+
+(Sie entreißt einem fliehenden Kolcher die Waffen und dringt mit
+vorgehaltenem Schild und gesenktem Speer auf Jason ein.)
+
+
+Stirb oder töte!
+
+Jason (indem er schonend zurückweicht).
+Medea was tust du?
+
+Medea (näher dringend).
+Töte oder stirb!
+
+Jason (mit einem Schwertstreich ihre Lanze zertrümmernd).
+Genug des Spiels!
+
+(Das Schwert in die linke Hand nehmend, in welcher er den Schild
+hält.)
+
+Was nun?
+
+Medea.
+Treulose Götter!
+
+(Die abgebrochene Lanze samt dem Schild hinwerfend und einen Dolch
+ziehend.)
+
+Noch sind mir Waffen!
+
+Jason (indem er Schild und Schwert von sich wirft und vor sie hintritt).
+Töte mich wenn du kannst.
+
+Medea (mit abgewandten Gesicht, den Dolch in der Hand).
+Kraft!
+
+Jason (weich).
+Töte mich Medea, wenn du kannst!
+
+Medea (steht erstarrt).
+
+Jason.
+Siehst du, du kannst's nicht, du vermagst es nicht!
+Und nun zu mir! Genug des Widerstrebens!
+Und weigerst du's? Versuch' es wenn du kannst.
+
+(Sie rasch anfassend und auf seinem Arm in die Höhe haltend.)
+
+So fass' ich dich, so halt' ich dich empor
+Und trage dich durch unsrer Völker Streit,
+Durch Haß und Tod, durch Kampfes blut'ge Wogen.
+Wer wagt's zu wehren? Wer entreißt dich mir?
+
+Medea.
+Laß mich!
+
+Jason.
+Nicht eher bis du gütig sprichst,
+Nicht eher bis ein Wort, ein Wink, ein Laut
+Verrät daß du mir weichst, daß du dich gibst.
+
+(Zu ihr empor blickend und heftig schüttelnd.)
+
+Medea, dieses Zeichen!
+
+Medea
+
+(leise).
+Jason! laß mich!
+
+Jason.
+"Jason!"--Da sprachst du meinen Namen aus,
+Zum ersten Male aus! O holder Klang!
+"Jason!" wie ist der Name doch so schön
+Seit du ihn sprachst mit deinen süßen Lippen.
+Hab' Dank Medea, hab' den besten Dank!
+
+(Er hat sie auf den Boden niedergelassen.)
+
+Medea, Jason; Jason und Medea
+O schöner Einklang! Dünket dir's nicht auch?
+Du zitterst! Setz' dich hier! Erhole dich!
+
+
+(Er führt Medeen zu einer Rasenbank. Sie folgt ihm und sitzt mit
+vorhängendem Leibe, die Augen vor sich starr auf dem Boden, die
+Hände, in denen noch der Dolch, gefaltet im Schoße.)
+
+Jason (steht vor ihr).
+Noch immer stumm, noch immer trüb und düster?
+O zage nicht; du bist in Freundes Hand.
+Zwar geb' ich leicht dem Vater dich nicht wieder,
+Ein teures Unterpfand ist mir sein Kind;
+Doch soll dir's drum bei mir nicht schlimm ergehn,
+Nicht schlimmer wenigstens als mir bei dir.
+Wenn ich so vor dir steh' und dich betrachte,
+Beschleicht mich ein fast wunderbar Gefühl.
+Als hätt' des Lebens Grenz' ich überschritten
+Und stünd' auf einem unbekannten Stern,
+Wo anders die Gesetze alles Seins und Handelns,
+Wo ohne Ursach' was geschieht und ohne Folge,
+Da seiend weil es ist.
+Dahergekommen durch ein wildes Meer,
+Aus Ländern, so entfernt, so abgelegen,
+Daß (Wünsche) kaum vorher die Reise wagten,
+Auf Kampf und Streit gestellt, lang' ich hier an,
+Und sehe dich und bin mit dir bekannt.
+Wie eine Heimat fast dünkt mir dies fremde Land,
+Und, abenteuerlich ich selbst, schau' ich
+Verwundrungslos, als könnt' es so nur sein,
+Die Abenteuer dieses Wunderbodens.
+Und wieder, ist das Fremde mir bekannt,
+So wird dafür mir, was bekannt, ein Fremdes.
+Ich selber bin mir (Gegenstand) geworden,
+Ein andrer denkt in mir, ein andrer handelt.
+Oft sinn' ich meinen eignen Worten nach,
+Wie eines Dritten, was damit gemeint,
+Und kommt's zur Tat, denk' ich wohl bei mir selber,
+Mich soll's doch wundern, was er tun wird und was nicht.
+Ein einz'ges ist mir licht und das bist du,
+Ja du Medea, scheint's auch noch so fremd.
+Ich ein Hellene, du Barbarenbluts,
+Ich frei und offen, du voll Zaubertrug,
+Ich Kolchis' Feind, du seines Königs Kind
+Und doch Medea, ach und dennoch, dennoch!
+Es ist ein schöner Glaub' in meinem Land,
+Die Götter hätten doppelt einst geschaffen
+Ein jeglich Wesen und sodann geteilt;
+Da suche jede Hälfte nun die andre
+Durch Meer und Land und wenn sie sich gefunden,
+Vereinen sie die Seelen, mischen sie
+Und sind nun eins!--Fühlst du ein halbes Herz
+Ist's schmerzlich dir gespalten in der Brust,
+So komm--doch nein da sitzt sie trüb und düster,
+Ein rauhes Nein auf meine milde Deutung,
+Den Dolch noch immer in geschloßner Hand.
+O fort!
+
+(Ihre Hand fassend und den Dolch entwendend.)
+
+Laßt los ihr Finger! Bunte Kränze,
+Geschmeid und Blumen ziemt euch zu berühren,
+Nicht diesen Stahl, gemacht für Männerhand.
+
+Medea (aufspringend).
+Fort!
+
+Jason (sie zurückhaltend).
+Bleib!
+
+Medea.
+Von hier!
+
+Jason.
+Bleib da, ich bitte dich!
+Ich sage dir: bleib da! Hörst du, du sollst!
+Du sollst, beim Himmel, gält' es auch dein Leben!
+Wagt es das Weib, dem Mann zu bieten Trotz?
+Bleib!
+
+(Er faßt ihre Arme mit beiden Händen.)
+
+Medea.
+Laß!
+
+Jason.
+Wenn du gehorchst, sonst nimmermehr!
+
+(Er ringt mit der Widerstrebenden.)
+
+Mich lüstet deines Starrsinns Maß zu kennen!
+
+Medea (in die Kniee sinkend).
+Weh mir!
+
+Jason.
+Siehst du? du hast es selbst gewollt.
+Erkenne deinen Meister, deinen Herrn!
+
+(Medea liegt auf einem Kniee am Boden, auf das andre stützt sie den
+Arm, das Gesicht mit der Hand bedeckend.)
+
+
+
+Jason (hinzutretend).
+Steh auf!--Du bist doch nicht verletzt?--Steh auf!
+Hier sitz und ruh', (vermagst) du es zu ruhn!
+
+(Er hebt sie vom Boden auf, sie sitzt auf der Rasenbank.)
+
+Jason.
+Umsonst versend' ich alle meine Pfeile
+Rückprallend treffen sie die eigne Brust.
+Wie hass' ich dieses Land, sein rauher Hauch
+Vertrocknete die schönste Himmelsblume,
+Die je im Garten blühte der Natur.
+Wärst du in Griechenland, da wo das Leben
+Im hellen Sonnenglanze heiter spielt,
+Wo jedes Auge lächelt wie der Himmel,
+Wo jedes Wort ein Freundesgruß, der Blick
+Ein wahrer Bote wahren Fühlens ist,
+Kein Haß als gegen Trug und Arglist, kein--
+Und doch, was sprech ich? Sieh, ich weiß es wohl
+Du bist nicht was du scheinen willst, Medea,
+Umsonst verbirgst du dich, ich kenne dich!
+Ein wahres, warmes Herz trägst du im Busen,
+Die Wolken hier, sie decken eine Sonne.
+Als du mich rettetest, als dich mein Kuß--
+Erschrickst du?--Sich mich an!--Als dich mein Kuß!--
+Ja deine Lippen hat mein Mund berührt,
+Eh ich dich kannt', eh ich dich fast gesehn
+Nahm ich mir schon der Liebe höchste Gabe;
+Da fühlt' ich (Leben) mir entgegen wallen
+Und du gibst trügerisch dich nun für (Stein)!
+Ein wahres, warmes Herz schlägt dir im Busen
+Du (liebst) Medea!
+
+(Medea will aufspringen.)
+
+Jason (sie niederziehend).
+Bleib!--du liebst Medea!
+Ich seh's am Sturmeswogen deiner Brust
+Ich seh's an deiner Wangen Flammenglut
+Ich fühl's an deines Atems heißem Wehn,
+An diesem Beben fühl' ich es--du liebst,
+Liebst (mich)! (Mich) wie ich (dich)!--ja wie ich (dich)!
+
+(Er kniet vor ihr.)
+
+Schlag deine Augen auf und leugne wenn du's kannst!
+Blick' mich an und sag' nein!--du liebst Medea!
+
+(Erfaßt ihre beiden Hände und wendet die sich Sträubende gegen sich,
+ihr fest ins Gesicht blickend.)
+
+Jason.
+Du weinst! Umsonst, ich kenne Mitleid nicht
+Mir Aug ins Aug, und sage: nein!--du liebst!
+Ich liebe dich, du mich! Sprich's aus Medea!
+
+(Er hat sie ganz gegen sich gewendet. Ihr Auge trifft das seinige.
+Sie schaut ihm mit einem tiefen Blick ins Auge.)
+
+Jason.
+Dein Auge hat's gesagt, nun auch der Mund!
+Sprich's aus Medea, sprich es aus: ich liebe!
+Fällt dir's so schwer ich will dich's lehren, Kind.
+Sprich's nach: ich liebe dich!
+
+(Er zieht sie an sich; sie verbirgt dem Zuge folgend das Gesicht in
+seinen Haaren.)
+
+--Und noch kein Wort!
+Kein Wort, obschon ich sehe, wie der Sturm
+An deines Innern festen Säulen rüttelt.
+Und doch kein Wort!
+
+(Aufspringend.)
+
+So hab' es Störrische!
+Geh! Du bist frei, ich halte dich nicht mehr!
+Kehr' wieder zu den Deinigen zurück,
+Zu ihren Menschenopfern, Todesmahlen,
+In deine Wildnis, Wilde kehr' zurück,
+Geh! Du bist frei; ich halte dich nicht mehr!
+
+Aietes (von innen).
+Hierher, Kolcher, hierher!
+
+Jason.
+Dein Vater naht.
+Sei froh, ich weigre dich ihm nicht.
+Argonauten (kommen weichend.
+Hinter ihnen) Aietes, Absyrtus (und) Kolcher(, die sie verfolgen.)
+
+Aietes (auftretend).
+Braucht eure Waffen, wackre Genossen!
+Wo ist mein Kind?
+
+Absyrtus.
+Dort Vater sitzt sie.
+
+Aietes (zu Jason).
+Verruchter Räuber, mein Kind gib mir zurück!
+
+Jason.
+Wenn du mich bittest, nicht wenn du mir drohst.
+Dort ist dein Kind. Nimm sie und führ' sie heim.
+Nicht weil Du willst, weil sie will und weil ich will.
+
+(Zu Medeen hintretend und sie anfassend.)
+
+Steh auf Medea! Komm! Hier ist dein Vater!
+Du sehntest dich nach ihm; hier ist er nun.
+Verhüten es die Götter, daß ich hier
+Zurück dich hielte wider deinen Willen.
+Was zitterst du? du hast es selbst gewollt.
+
+(Er führt die Wankende zu ihrem Vater und gibt sie ihm in die Arme.)
+
+Hier Vater ist dein Kind.
+
+Aietes (Medeen empfangend, die das Gesicht auf seiner Schulter verbirgt).
+Medea!
+
+Absyrtus.
+Schwester!
+
+Jason.
+Nun König, rüste dich zum Todeskampf!
+Die Bande, die mich hielten sind gesprengt,
+Zerronnen ist der schmeichelhafte Wahn,
+Der mir der Tatkraft Sehnen abgespannt.
+Mit ihr, die jetzo ruht in deinem Arm,
+Legt' ich den Frieden ab und atme Krieg.
+Auf, rüste dich, es gilt dein Heil und Leben!
+
+(Zu Medeen.)
+
+Du aber, die hier stumm und bebend liegt,
+Das Angesicht so feindlich abgewandt,
+Leb' wohl! Wir scheiden jetzt auf immerdar.
+Es war ein Augenblick, wo ich gewähnt,
+Du könntest fühlen, könntest mehr als hassen,
+Wo ich geglaubt, die Götter hätten uns
+Gewiesen an einander, dich und mich.
+Das ist nunmehr vorbei. So fahre hin!
+Du hast das Leben zweimal mir gerettet,
+Das dank' ich dir und werd' es nie vergessen.
+In ferner Heimat und nach langen Jahren
+Will ich's erzählen in dem Kreis der Freunde.
+Und frägt man mich und forscht: wem gilt die Träne,
+Die fremd dir da im Männerauge funkelt?
+Dann sprech' ich wohl in schmerzlicher Erinnrung:
+Medea hieß sie; schön war sie und herrlich,
+Allein ihr Busen barg kein Herz.
+
+Aietes.
+Medea
+Was ist? Feucht liegt dein Gesicht auf meiner Schulter.
+Weinst du?
+
+Jason.
+Du weinst? Laß mich die Tränen sehn,
+O laß mich's glauben, daß du weinen kannst.
+Blick' noch einmal nach mir, es ist das letztemal;
+Ich will den Blick mittragen in die Ferne.
+Denk' doch, es ist zum letzten- letztenmal.
+
+(Er faßt ihre herabhängende Hand.)
+
+Aietes.
+Wagst du's, zu berühren ihre Hand?
+
+Jason (indem er ihre Hand fahren läßt).
+Sie will nicht. Nun wohlan, so sei es denn!
+Du siehst mich nimmermehr auf dieser Erde.
+Leb' wohl Medea, leb' auf ewig wohl!
+
+(Er geht rasch.)
+
+Medea (das Gesicht hinwendend und den Arm ihm nachstreckend).
+Jason!
+
+Jason (umkehrend).
+Das war's! Medea! Komm zu mir!
+
+(Auf sie zueilend und ihre Hand fassend.)
+
+Zu mir!
+
+Aietes (sie an der andern Hand haltend).
+Verwegner, fort!
+
+Jason (Aietes' Hand wegschleudernd und Medeen an sich reißend).
+Wagst du's Barbar!
+Sie ist mein Weib!
+
+Aietes.
+Sein Weib?--Du schweigst Verworfne?
+
+Jason (Medeen auf die andere Seite führend).
+Hierher Medea, fort von diesen Wilden.
+Von nun an bist du mein und keines Andern!
+
+Aietes.
+Medea, du weigerst dich nicht? du folgst ihm?
+Stößt ihm nicht den Stahl in die frevelnde Brust?
+Verruchte, war's vielleicht dein eignes Werk?
+
+(Auf Jason eindringend.)
+
+Meine Tochter gib mir, mein verlocktes Kind!
+
+Medea (sich zwischen beide werfend).
+Vater, töt' ihn nicht! Ich lieb' ihn!
+
+Jason.
+Er konnte dir's entreißen und ich nicht!
+
+Aietes.
+Schamlose! Du selbst gestehst's? Gestehst deine Schande?
+O, daß ich nicht merkte die plumpe List,
+Daß ich selbst sie sandte in seinen Arm,
+Vertrauend der Väter Blut in ihren Adern!
+
+Jason.
+Darfst du sie schmähen?
+
+Medea.
+Höre mich Vater!
+Es ist geschehn was ich fürchtete. Es ist.
+Aber laß uns klar sein, Vater, klar!
+In schwarzen Wirbeln dreht sich's um mich
+Aber ich will hindurch, empor aus Dunkel und Nacht.
+Noch läßt sich's wenden, ab sich wenden. Höre mich!
+
+Aietes.
+Was soll ich hören? Ich habe gesehn!
+
+Medea.
+Vater! Vernicht' uns nicht alle.
+Löse den Zauber, beschwichtige den Sturm!
+Heiß ihn dableiben, den Führer der Fremden,
+Nimm ihn auf, nimm ihn an!
+An deiner Seite herrsch' er in Kolchis,
+Dir befreundet, dein Sohn!
+
+Aietes.
+Mein Sohn? Mein Feind.
+Tod ihm, und dir, wenn du nicht folgst!
+Willst du mit mir? Sprich! Willst du oder nicht?
+
+Medea.
+Höre mich.
+
+Aietes.
+Willst du, oder nicht?
+
+Absyrtus.
+Gönn' ihr zu sprechen, Vater!
+
+Aietes.
+Ja oder nein?
+Laß mich Sohn!--Willst du?--Sie kommt nicht.--Schlange!
+
+(Er holt mit dem Schwert aus.)
+
+Jason (sich vor sie hinstellend).
+Du sollst sie nicht verletzen!
+
+Absyrtus (zugleich dem Vater in den Arm fallend).
+Vater, was tust du?
+
+Aietes.
+Du hast recht. Nicht sterben soll sie, leben;
+Leben in Schmach und Schande; verstoßen, verflucht,
+Ohne Vater, ohne Heimat, ohne Götter!
+
+Medea.
+Vater!
+
+Aietes.
+Du hast mich betrogen, verraten.
+Bleib! Nicht mehr betreten sollst du mein Haus.
+Ausgestoßen sollst du sein, wie das Tier der Wildnis,
+Sollst in der Fremde sterben, verlassen, allein.
+Folg' ihm, dem Buhlen, nach in seine Heimat,
+Teile sein Bett, sein Irrsal, seine Schmach;
+Leb' im fremden Land, eine Fremde,
+Verspottet, verachtet, verhöhnt, verlacht;
+Er selbst, für den du hingibst Vater und Vaterland
+Wird dich verachten, wird dich verspotten,
+Wenn erloschen die Lust, wenn gestillt die Begier;
+Dann wirst du stehn und die Hände ringen,
+Sie hinüberbreiten nach dem Vaterland,
+Getrennt durch weite, brandende Meere,
+Deren Wellen dir murmelnd bringen des Vaters Fluch!
+
+Medea (knieend).
+Vater!
+
+Aietes.
+Zurück! Ich kenne dich nicht!
+Komm, mein Sohn! Ihr Anblick verpestet,
+Ihre Stimme ist Todeslaut meinem Ohr.
+Umklammre nicht meine Kniee, Verruchte!
+Sieh ihn dort, ihn, den du gewählt;
+Ihm übergeb' ich dich;
+Er wird mich rächen, er wird dich strafen,
+Er selber, früher als du denkst.
+
+Medea.
+Vater!
+
+Aietes
+
+(indem er die Knieende von sich stößt, daß sie halbliegend
+zurücksinkt).
+Weg deine Hand, ich kenne dich nicht!
+Fort mein Sohn, mein einziges Kind!
+Fort mein Sohn aus ihrer Nähe!
+
+(Ab mit Absyrtus und Kolchern.)
+
+Jason.
+Flieh nur Barbar, der Rach' entgehst du nicht!
+
+(Zu den Argonauten.)
+
+Nun Freunde gilt's; die Waffen haltet fertig
+Zum letzten Streich, der Sieg bringt oder Tod.
+
+(Auf Medeen zeigend.)
+
+Sie kennt das Vließ, den Ort, der es verbirgt,
+Mit ihr vollbringen wir's und dann zu Schiff.
+
+(Zu Medeen hintretend, die noch auf eine Hand gestützt, die andre
+über die Stirne gelegt am Boden liegt.)
+
+Steh auf Medea, er ist fort.--Steh auf!
+
+(Er hebt sie auf.)
+
+Hier bist du sicher.
+
+Medea (die sich in seinen Armen aufgerichtet hat, aber mit einem Kniee
+noch am Boden liegt).
+Jason, sprach er wahr?
+
+Jason (sie ganz aufhebend).
+Denk' nicht daran!
+
+Medea (scheu an ihn geschmiegt).
+O Jason, sprach er wahr?
+
+Jason.
+Vergiß was du gehört, was du gesehn,
+Was du gewesen bist auf diese Stunde.
+Aietes' Kind ist Jasons Weib geworden,
+An dieser Brust hängt deine Pflicht, dein Recht.
+Und wie ich diesen Schleier von dir reiße,
+Durchwoben mit der Unterird'schen Zeichen,
+So reiß' ich dich von all den Banden los,
+Die dich geknüpft an dieses Landes Frevel.
+Hier Griechen eine Griechin! Grüßet sie!
+
+(Er reißt ihr den Schleier ab.)
+
+Medea (darnach fassend).
+Der Götter Schmuck!
+
+Jason.
+Der Unterird'schen! Fort!
+Frei wallt das Haar nun um die offne Stirn;
+So frei und offen bist du Jasons Braut. Nun nur noch eins und dann
+zu Schiff und fort.
+Das Vließ, du kennst's, zeig' an mir, wo es liegt!
+
+Medea.
+Ha schweig!
+
+Jason.
+Warum?
+
+Medea.
+Sprich nicht davon!
+
+Jason.
+Mein Wort hab' ich gegeben, es zu holen
+Und ohne Siegespreis kehrt Jason nicht zurück.
+
+Medea.
+Ich sage dir, sprich nicht davon!
+Ein erzürnter Gott hat es gesendet,
+Unheil bringt es, (hat) es gebracht!
+Ich bin dein Weib! Du hast mir's entrissen,
+Aus der Brust gerissen das zagende Wort,
+Ich bin dein, führe mich wohin du willst
+Aber kein Wort mehr von jenem Vließ!
+In vorahnender Träume dämmerndem Licht
+Haben mir's die Götter gezeigt
+Gebreitet über Leichen,
+Besprützt mit Blut,
+Meinem Blut!
+Sprich nicht davon!
+
+Jason.
+Ich aber muß, nicht sprechen nur davon,
+Ich muß es holen, folge was da wolle.
+Drum laß die Furcht und führ' mich hin zur Stelle
+Daß ich vollende, was mir auferlegt.
+
+Medea.
+Ich? Nimmermehr!
+
+Jason.
+Du willst nicht?
+
+Medea.
+Nein!
+
+Jason.
+Und weigerst du mir Beistand, hol' ich's selbst.
+
+Medea.
+So geh!
+
+Jason (sich zum Fortgehen wendend.)
+Ich gehe.
+
+Medea (dumpf).
+Geh--in deinen Tod!
+
+Jason.
+Kommt Freunde, laßt den Ort uns selbst erkunden!
+
+(Er geht.)
+
+Medea.
+Jason!
+
+Jason (wendet sich um).
+Was ist?
+
+Medea.
+Du gehst in deinen Tod!
+
+Jason.
+Kam ich hierher und fürchtete den Tod?
+
+Medea (auf ihn zueilend und seine Hand fassend).
+Ich sage dir, du stirbst.
+
+(Halblaut.)
+
+In der Höhle liegt's verwahrt,
+Verteidigt von allen Greueln
+Der List und der Gewalt.
+Labyrinthische Gänge,
+Sinnverwirrend,
+Abgründe, trügerisch bedeckt,
+Dolche unterm Fußtritt,
+Tod im Einhauch,
+Mord in tausendfacher Gestalt,
+Und das Vließ, am Baum hängt's,
+Giftbestrichen,
+Von der Schlange gehütet,
+Die nicht schläft,
+Die nicht schont,
+Unnahbar.
+
+Jason.
+Ich hab' mein Wort gegeben und ich lös' es.
+
+Medea.
+Du gehst?
+
+Jason.
+Ich geh'!
+
+Medea
+
+(sich ihm in den Weg werfend).
+Und wenn ich hin mich werfe
+Flehend deine Kniee umfass' und rufe:
+Bleib! bleib!
+
+Jason.
+Nichts hält mich ab!
+
+Medea.
+O Vater, Vater!
+Wo bist du? Nimm mich mit!
+
+Jason.
+Was klagst du?
+Wohl eher wär' das Recht zu klagen mir.
+Ich tue was ich muß, du hast zu wählen.
+Du weigerst dich und so geh' ich allein.
+
+(Er geht.)
+
+Medea.
+Du gehst?
+
+Jason.
+Ich geh'!
+
+Medea.
+Trotz allem was ich bat,
+Doch gehst du?
+
+Jason.
+Ja!
+
+Medea (aufspringend).
+So komm!
+
+Jason.
+Wohin?
+
+Medea.
+Zum Vließ,
+Zum Tod!--Du sollst (allein) nicht sterben,
+Ein Haus, Ein Leib und Ein Verderben!
+
+Jason (sich ihr nähernd).
+Medea!
+
+Medea (ausweichend).
+Die Liebkosung laß
+Ich habe sie erkannt!--O Vater! Vater!
+So komm, laß uns holen was du suchst;
+Reichtum, Ehre,
+Fluch, Tod!
+In der Höhle liegt's verwahrt
+Weh dir, wenn sich's offenbart!
+Komm!
+
+Jason (ihre Hand fassend).
+Was quält dich?
+
+Medea (indem sie ihre Hand aufschreiend wegzieht).
+Ah!--Phryxus!--Jason!
+
+Jason.
+Um aller Götter willen!
+
+Medea.
+Komm! Komm!
+
+(Huscht fort mit weit aufgerissenen Augen vor sich hinstarrend.
+Die andern folgen.)
+
+(Der Vorhang fällt.)
+
+
+
+
+Vierter Aufzug
+
+(Das Innere einer Höhle. Kurzes Theater. Im Vorgrunde rechts das
+Ende einer von oben herabführenden Treppe. In der Felsenwand des
+Hintergrunds ein großes, verschlossenes Tor.)
+
+
+Medea (steigt, in der einen Hand einen Becher in der andern eine Fackel
+die Treppe herab).
+Komm nur herab! Wir sind am Ziel!
+
+Jason (oben, noch hinter der Szene).
+Hierher das Licht!
+
+Medea (die Stiege hinaufleuchtend).
+Was ist?
+
+Jason (mit gezogenem Schwerte auftretend und die Stiege eilig
+herabsteigend).
+Es strich an mir vorbei! Halt! Dort!
+
+Medea.
+Was?
+
+Jason.
+An der Pforte steht's den Eingang wehrend.
+
+Medea (hinleuchtend).
+Sieh, es ist nichts und niemand wehrt dir Eingang,
+Wenn du nicht selbst.
+
+(Sie setzt den Becher weg und steckt die Fackel in einen Ring am
+Treppengeländer.)
+
+Jason.
+Du bist so ruhig.
+
+Medea.
+Und du bist's nicht!
+
+Jason.
+Als es noch nicht begonnen
+Als ich's nur wollte, bebtest du, und nun--
+
+Medea.
+Mir graut, daß du es willst, nicht daß du's tust.
+Bei dir ist's umgekehrt.
+
+Jason.
+Mein Aug ist feig,
+Mein Herz ist mutig.--Rasch ans Werk!--Medea!
+
+Medea.
+Was starrst du ängstlich?
+
+Jason.
+Bleicher Schatten, weiche!
+Laß frei die Pforte, du hältst mich nicht ab.
+
+(Auf die Pforte zugehend.)
+
+Ich geh' trotz dir, durch dich zum Ziel--nun ist er fort!
+Wie öffnet man das Tor?
+
+Medea.
+Ein Schwerthieb an die Platte
+Dort in der Mitte öffnet es.
+
+Jason.
+Gut denn!
+Du wartest meiner hier.
+
+Medea.
+Jason!
+
+Jason.
+Was noch?
+
+Medea (weich und schmeichelnd).
+Geh nicht!
+
+Jason.
+Du reizest mich!
+
+Medea.
+Geh nicht o Jason!
+
+Jason.
+Hartnäckige kann nichts dich denn bewegen,
+Zu opfern meinem Entschluß deinen Wahn?
+
+Medea.
+Man ehrt den Wahn auch dessen, den man liebt.
+
+Jason.
+Genug nunmehr, ich will!
+
+Medea.
+Du willst?
+
+Jason.
+Ich will.
+
+Medea.
+Und nichts vermag dagegen all mein Flehn?
+
+Jason.
+Und nichts vermag dagegen all dein Flehn.
+
+Medea.
+Und auch mein Tod nichts?
+
+(Sie entreißt ihm durch eine rasche Bewegung das Schwert.)
+
+Sieh! dein eignes Schwert
+Gekehrt ist's gegen meine Brust. Ein Schritt noch weiter
+Und vor dir liegt Medea kalt und tot.
+
+Jason.
+Mein Schwert!
+
+Medea.
+Zurück! Du ziehst's aus meiner Brust!
+Kehrst du zurück?
+
+Jason.
+Nein!
+
+Medea.
+Und wenn ich mich töte?
+
+Jason.
+Beweinen kann ich dich, rückkehren nicht.
+Mein Höchstes für mein Wort und wär's dein Leben!
+
+(Auf sie zugehend.)
+
+Gib Raum, Weib, und mein Schwert!
+
+Medea (indem sie ihm das Schwert gibt).
+So nimm es hin
+Aus meiner Hand, du süßer Bräutigam!
+Und töte dich und mich!--Ich halte dich nicht mehr!
+
+Jason (auf die Pforte zugehend).
+Wohlan!
+
+Medea.
+Halt! Eins noch! Willst du jetzt schon sterben?
+Das Vließ, am heiligen Baum
+Ein Drache hütet's, grimm,
+Unverwundbar seine Schuppenhaut,
+Alldurchdringend sein Eisenzahn,
+Du besiegst ihn nicht.
+
+Jason.
+Ich ihn, oder er mich.
+
+Medea.
+Grausamer, Unmenschlicher!
+Oder er dich! und du gehst?
+
+Jason.
+Wozu die Worte?
+
+Medea.
+Halt!
+Den Becher hier nimm!
+Vom Honig des Berges
+Dem Tau der Nacht,
+Und der Milch der Wölfin
+Brauset drin gegoren ein Trank.
+Setz' ihn hin wenn du eintrittst,
+In der Ferne stehend.
+Und der Drache wird kommen,
+Nahrung suchend,
+Zu schlürfen den Trank.
+Dann tritt hin zum Baume
+Und nimm das Vließ--Nein, nimm's nicht,
+Nimm's nicht und bleib!
+
+Jason.
+Törin! Her den Trank! Gib!
+
+(Er nimmt ihr den Becher aus der Hand.)
+
+Medea (um seinen Hals fallend).
+Jason!--So küss' ich dich und so, und so, und so!
+Geh in dein Grab und laß auch Raum für mich!
+Bleib!
+
+Jason.
+Laß mich Weib! Mir schallt ein höhrer Ruf!
+
+(Gegen die Pforte zugehend.)
+
+Und bärgest du des Tartarus Entsetzen,
+Ich steh' dir!
+
+(Er haut mit dem Schwerte gegen die Pforte.)
+
+Tut euch auf, ihr Pforten!--Ah!
+
+(Die Pforten springen auf und zeigen eine innere schmälere Höhle,
+seltsam beleuchtet. Im Hintergrunde ein Baum. An ihm hängt
+hellglänzend das goldene Vließ. Um Baum und Vließ windet sich eine
+ungeheure Schlange, die beim Aufspringen der Pforte ihr in dem
+Laube verborgenes Haupt hervorstreckt und züngelnd vor sich hin
+blickt.)
+
+(Jason fährt aufschreiend zurück und kommt wieder in den Vorgrund.)
+
+
+
+Medea (wild lachend).
+Bebst du? Schauert dir das Gebein?
+Hast's ja gewollt, warum gehst du nicht?
+Starker, Kühner, Gewaltiger!
+Nur gegen mich hast du Mut?
+Bebst vor der Schlange? Schlange!
+Die mich umwunden, die mich umstrickt,
+Die mich verderbt, die mich getötet!
+Blick' hin, blick's an das Scheusal
+Und geh und stirb!
+
+Jason.
+Haltet aus meine Sinne, haltet aus!
+Was bebst du Herz? Was ist's mehr als sterben?
+
+Medea.
+Sterben? Sterben? Es gilt den Tod!
+Geh hin mein süßer Bräutigam,
+Wie züngelt deine Braut!
+
+Jason.
+Von mir weg, Weib, in deiner Raserei!
+Mein Geist geht unter in des deinen Wogen!
+
+(Gegen das Tor zu.)
+
+Blick' nur nach mir; du findest deinen Mann!
+Und wärst du zehnmal scheußlicher, hier bin ich!
+
+(Er geht drauf los.)
+
+Medea.
+Jason!
+
+Jason.
+Hinein!
+
+Medea.
+Jason!
+
+Jason.
+Hinein!
+
+(Er geht hinein, die Pforten fallen hinter ihm zu.)
+
+Medea (schreiend an die nunmehr geschlossene Pforte hinstürzend).
+Er geht! Er stirbt.
+
+Jason (von innen).
+Wer schloß die Pforte zu?
+
+Medea.
+Ich nicht!
+
+Jason.
+Mach' auf!
+
+Medea.
+Ich kann nicht.--Um aller Götter willen!
+Setz' hin die Schale, zaudre nicht!
+Du bist verloren wenn du zauderst.
+--Jason!--Hörst du mich?--Setz' hin die Schale!--
+Er hört mich nicht!--Er ist am Werk!
+Am Werk!--Hilfe, Ihr dort oben!
+Schaut herab auf uns, ihr Götter!
+Doch nein, nein, schaut nicht herab
+Auf die schuldige Tochter,
+Der Schuldigen Gemahl;
+Ich schenk' euch die Hilfe, ihr mir die Rache!
+Kein Götteraug seh' es,
+Dunkel hülle die Nacht
+Unser Tun und uns!
+Jason lebst du?--Antwort gib!
+Gib Antwort!--Alles stumm
+Alles tot!--Ha?--Er ist tot!
+Er spricht nicht, ist tot.--tot.
+
+(Sie sinkt an der Türe nieder.)
+
+Liegst du mein Bräutigam? Laß Raum,
+Raum für die Braut!
+
+Jason (inwendig, schreckhaft).
+Ah!
+
+Medea (aufspringend).
+Das war seiner Stimme Klang! Er lebt!
+Ist in Gefahr! Zu ihm! Auf, Pforte, auf!
+Wähnst du zu widerstehn? Ich spotte dein!
+Auf!
+
+(Sie reißt mit einem Zuge gewaltsam beide Torflügel auf.)
+
+Jason (stürzt wankend heraus, das Vließ als Banner auf einer Lanze
+tragend.)
+
+Medea.
+Lebst du?
+
+Jason.
+Leben?--Leben?--Ja!--Zu! zu da!
+
+(Er schließt ängstlich die Pforte zu.)
+
+Medea.
+Und hast das Vließ?
+
+Jason (es weit von sich weghaltend).
+Berühr's nicht! Feuer! Feuer!
+
+(Seine Rechte mit ausgestreckten Fingern hinhaltend.)
+
+Sieh hier die Hand--wie ich's berührt--verbrannt!
+
+Medea (seine Hand nehmend).
+Das ist ja Blut!
+
+Jason.
+Blut?
+
+Medea.
+Auch am Haupte Blut.
+Hast dich verletzt?
+
+Jason.
+Weiß ich's?--Nun komm! Nun komm!
+
+Medea.
+Hast du's vollführt, wie ich's gesagt?
+
+Jason.
+Ja wohl.
+Die Schale stellt' ich hin, mich selber seitwärts
+Und harrte schnaufend. Rufen hört' ich, doch
+Nicht zu erwidern wagt' ich vor dem Tier.
+Das hob sich blinkend auf und, und schon wähnt' ich
+Auf mich hin schieb' es rauschend seine Ringe;
+Allein der Trank war's, den das Untier suchte,
+Und weit gestreckt in durstig langen Zügen
+Sog, meiner nicht mehr achtend, es den Trank.
+Bald, trunken oder tot lag's unbeweglich.
+Ich rasch hervor vom marternden Versteck,
+Zum Baum hin und das Vließ--hier ist's--Nun fort!
+
+Medea.
+So komm, und schnell!
+
+Jason.
+Als ich's vom Baume holte,
+Da rauscht' es auf, wie seufzend, durch die Blätter
+Und hinter mir riefs: Wehe!
+Ha?--Wer ruft?
+
+Medea.
+Du selbst!
+
+Jason.
+Ich?
+
+Medea.
+Komm!
+
+Jason.
+Wohin?
+
+Medea.
+Fort!
+
+Jason.
+Fort, ja fort!
+Geh du voran, ich folge mit dem Vließ
+Geh nur! Geh, zaudre nicht! Voraus! Voran!
+
+(Beide ab, die Treppe hinauf.)
+
+(Freier Platz vor der Höhle. Im Hintergrunde die Aussicht aufs
+Meer, die auf der rechten Seite durch einen am Ufer liegenden Hügel
+verdeckt wird, hinter dem, nur mit den Masten und dem Vorderteile
+sichtbar, das Schiff der Argonauten liegt.)
+Milo, Argonauten, (teils mit Arbeiten des Einschiffens beschäftigt,
+teils als Wachen und ruhend gruppiert.)
+
+Milo.
+Das Schiff ist hergezogen. Gut. Doch hört!
+Nicht Anker ausgeworfen! Hört ihr? (Nicht)!
+Der Augenblick kann uns die Abfahrt bringen
+Und ob's zum lichten Zeit dann, weiß ich nicht.
+
+(Auf und ab gehend.)
+
+Er kommt noch immer nicht. Daß er ihr traute!
+Ich hab' ihn wohl gewarnt. Doch hört er Warnung?
+Sonst ja, daheim, da horcht' er meiner Rede
+Und tat auch was ihm riet mein treuer Mund
+So folgsam, so ein Kind, und doch ein Mann.
+Doch hier ist er verwandelt ganz und gar
+Verwandelt gleich--uns allen, sagt' ich schier,
+Vom gift'gen Anhauch dieses Zauberbodens.
+O dieses Weib! Mir graut denk' ich an sie.
+Wie sie so dastand mit den dunkeln Brauen
+Gleich Wetterwolken an der finstern Stirn,
+Das Augenlid gesenkt, im düstern Sinnen:
+Nun hob sich's und wie Wetterleuchten fuhr
+Der Blick hervor und faßt' und schlug und traf.--
+Ihn traf er!--Nu die Götter mögen's wenden. Was bringen dort die
+Beiden. Griechen sind's.
+Ein Weib! Gebunden! Memmen ihr!--Holla!
+
+Zwei Griechen (treten auf,)
+Gora (mit gebundenen Händen in ihrer Mitte.)
+
+Milo.
+Was ist? Was bindet ihr das Weib!--Gleich löst sie!
+
+Soldat.
+Das Weib da kam an unsre Vorwacht, Herr
+Und fragte nach--nu nach der Kolcherin
+Die heut wir fingen.
+
+Gora.
+Kolcherin?
+Ha Sklav', Medea ist's,
+Des Kolcherfürsten Tochter.
+Wo habt ihr sie?
+
+Soldat.
+Wir wollten sie nicht lassen, daß sie nicht
+Dem Feinde Kundschaft gäb' von unsrer Lagrung
+Allein sie wehrt' es und fast männlich, Herr.
+Da banden wir sie, weil sie sich nicht fügte,
+Und bringen sie euch her!
+
+Milo.
+Löst ihre Bande!
+
+(Es geschieht.)
+
+Gora.
+Wo ist Medea? Wo ist mein Kind?
+
+Milo.
+Dein Kind?
+
+Gora.
+Ich hab' sie gesäugt gepflegt.
+Als eine Mutter mein Kind. Wo habt ihr sie?
+Sie sagen: freien Willens sei sie geblieben
+Bei euch in eures Lagers Umfang;
+Aber 's ist Lüge, ich kenne Medea
+Ich kenne mein Kind.
+Gefangen haltet ihr sie zurück.
+Gebt sie heraus! Wo ist sie?
+
+Milo.
+Ganz gut kommst als Genossin du für sie
+Leicht fände sie sich einsam unter Menschen.
+Bringt sie ins Schiff!
+
+Gora.
+So weilt sie dort?
+
+Milo.
+Geh nur!
+Zu bald wirst du sie noch erblicken!--Geh!
+
+Gora (die abgeführt wird).
+Ins Meer, nicht in das Schiff, wenn ihr mich täuscht.
+
+(Ab.)
+
+Milo
+
+(ihr nachschauend).
+Ha! bringen wir die wilden Tiere alle
+Nach Griechenland, ich sorge, man erdrückt uns,
+Die Seltenheit zu sehn!--Und Er kommt nicht!
+
+(Man hört dumpfe Schläge unter der Erde.)
+
+Was ist das?--Horch!--Speit auch der Boden Wunder?
+Versucht's der Feind?--
+
+(Gegen die Krieger, das Schwert ziehend.)
+
+Holla! zur Hand!
+
+(Die Krieger greifen nach ihren Waffen.)
+
+Milo.
+Die Erde hebt sich!--Was geschieht noch alles?
+(Eine Falltüre öffnet sich am Boden.) Medea (steigt herauf.)
+
+Medea.
+Hier ist der Tag.
+
+(Nachdem sie ganz heroben ist.)
+
+Und hier die Deinen.
+Ich hielt was ich versprach.
+Jason (mit dem Vließ-Banner steigt auch herauf.
+Medea läßt die Falltüre nieder.)
+
+Milo
+
+(auf ihn zueilend und seine Hand nehmend).
+Du bist es Jason!
+Du!
+
+Jason (der mit gebeugtem Kopf dagestanden, emporblickend).
+Jason!--Wo?--Ja so! Ja, ja!
+
+(Ihm die linke Hand reichend. In der rechten hält er das Banner.)
+
+Freund Milo!
+
+Milo (im Vortreten).
+Und mit dem Vließ?
+
+Jason (schreckhaft sich umsehend).
+Ha!--Mit dem Vließ!--
+
+(Es hinhaltend.)
+
+Hier ist's!
+
+(Sich noch einmal umsehend.)
+
+Ein widerlicher Mantel dort, der graue
+Und drein gehüllt der Mann bis an die Zähne.
+
+(Auf ihn zugehend.)
+
+Borg' mir den Mantel, Freund!
+
+(Der Soldat gibt den Mantel.)
+
+Ich kenne dich
+Du bist Archytas aus Korinth. Ja, ja
+Ein lust'ger Kauz, ein (Geist) mit Fleisch und Blut!
+
+(Ihn an der Schulter anfassend.)
+
+Mit Fleisch und Blut!
+
+(Widerlich lachend.)
+
+Ha! ha!--Ich dank' dir Freund!
+
+Milo.
+Wie sonderbar--
+
+Jason
+
+(den Mantel um das Vließ hüllend).
+Wir wollen das verhüllen,
+So--und hier aufbewahren bis wir's brauchen.
+
+(Er legt das Vließ hinter ein Felsenstück, auf das sich Medea
+sinnend gesetzt hat.)
+
+Was sinnest du Medea, sinnest jetzt?
+Laß uns die Überlegung aufbewahren
+Als Zeitvertreib auf langer Überfahrt.
+Komm her mein Weib, mir angetraut
+Bei Schlangenzischen unterm Todestor.
+
+Milo (sich zu Medea wendend).
+Das Schiff dort birgt, was dir willkommen wohl.
+Ein Weib, Medeens Pflegerin sich nennend
+Ward eingebracht--
+
+Medea.
+Gora.--Zu ihr!
+
+Jason (rauh).
+Bleib da!
+
+(Medea erschrocken die Hände auf Brust und Stirn legend, bleibt
+stehen.)
+
+Jason (milder).
+Ich bitte dich bleib da!
+
+(Indem er sie zurückführt.)
+
+Geh nicht Medea!
+
+(Sie wirft einen scheuen Blick auf ihn.)
+
+Entwöhne dich vom Umgang jener Wilden
+Dafür an unseren gewöhne dich!
+Wir sind jetzt Eins, wir müssen einig denken.
+
+Milo.
+Kommt jetzt zu Schiff!
+
+Jason.
+Ja, ja! Komm mit Medea!
+Wie lau die Feinde sind! Ich hätte Lust
+Zu fechten, fechten. Doch sie schlafen scheint es!
+
+Absyrtus
+
+(hinter der Szene).
+Hierher!
+
+Milo.
+Sie schlafen nicht.
+
+Jason.
+So besser! Schließt euch!
+Zieht gegen unser Fahrzeug euch zurück.
+Wir wollen unser Angedenken ihnen
+Zum Abschied noch erneun auf immerdar.
+
+(Er rafft das verhüllte Vließ auf.)
+
+Medea, in den Kreis und zittre nicht!
+Absyrtus (tritt mit) Kolchern (auf.)
+
+Absyrtus.
+Hier ist sie! Komm zu mir! Medea! Schwester!
+
+Medea (die bei seinem Eintritt ihm unwillkürlich einige
+Schritte entgegen gegangen ist, jetzt stehen bleibend).
+Wohl deine Schwester, doch Medea nicht!
+
+Jason.
+Was weilst du dort? Tritt wieder her zu uns!
+
+Absyrtus (mitleidig zu ihr tretend).
+So wär' es wahr denn, was sie alle sagen
+Und ich nicht glauben konnte bis auf jetzt.
+Du wolltest ziehen mit den fremden Männern?
+Verlassen unsre Heimat, unsern Herd
+Den Vater und mich Medea
+Mich, der dich so liebt, du arme Schwester!
+
+Medea (an seinen Hals stürzend).
+O Bruder! Bruder!
+
+(Mit tränenerstickter Stimme.)
+
+O mein Bruder!
+
+Absyrtus.
+Nein es ist nicht wahr!--Du weinst!
+Ich muß auch weinen. Doch was tut's?
+Ich schäme mich der Tränen nicht Genossen
+Im K a m p f will ich zeigen, was ich wert.
+Weine nicht Schwester, komm mit mir!
+
+Medea (an seinem Halse, kaum vernehmlich).
+O könnt' ich gehn mit dir!
+
+Jason (hinzutretend).
+Du willst mit ihm?
+
+Medea (furchtsam).
+Ich?
+
+Jason.
+Du sagtest's!
+
+Medea.
+Sagt' ich etwas Bruder?
+Nein, ich sagte nichts!
+
+Absyrtus.
+Wohl sagtest du's, und komm, o komm,
+Ich führe dich zum Vater, er verzeiht!
+Schon hat ihn mein Flehen halb erweicht;
+Gewiß verzeiht er, noch ist nichts geschehn,
+Die Fremden, sie fanden's noch nicht das Vließ.
+
+Medea (sich entsetzt aus seinen Armen losreißend).
+Nicht?
+
+(Schaudernd.)
+
+Sie haben's!
+
+Jason (indem er die Hülle von dem Vließ reißt und es
+hochgeschwungen vorzeigt).
+Hier!
+
+Absyrtus.
+Das Vließ!
+
+(Zu Medeen.)
+
+So hast du uns denn doch verraten
+Geh hin in Unheil denn und in Verderben!
+
+(Zu Jason.)
+
+Behalt sie, doch das Vließ gib mir heraus!
+
+Jason.
+Du schwärmst mein junger Fant! Mach' dich von hinnen,
+Und sag' dem Vater was du hier gesehn.
+Nehm' ich die Tochter, schenk' ich ihm den Sohn!
+
+Absyrtus.
+Das Vließ!
+
+Jason.
+Ich will dein Blut nicht. Schweig und geh!
+Mit Drachen ist mein Arm gewohnt zu kämpfen,
+Mit Toren nicht wie Du: Geh sag' ich geh!
+
+Absyrtus (eindringend).
+Das Vließ.
+
+Jason (ausweichend).
+Mir zu begegnen ist gefährlich,
+Denn ich bin grimmig wie der grimme Leu.
+
+Absyrtus.
+Das Vließ!
+
+Jason.
+So hab's!
+
+(Er haut, über die linke Schulter ausholend mit einem grimmigen
+Seitenhieb auf Absyrtus, daß Helm, Schild und Schwert ihm rasselnd
+entfallen, er selbst aber, obschon unverwundet, taumelnd
+niederstürzt.)
+
+Medea
+
+(bei dem Fallenden auf die Kniee stürzend und sein Haupt in ihrem
+Schoß verbergend).
+Halt ein!
+
+Jason.
+Ich töt' ihn nicht!
+Allein gehorchen muß er, (muß--gehorchen)!
+
+Medea (Absyrtus aufrichtend).
+Steh auf!
+
+(Er ist aufgestanden und lehnt sich betäubt an ihre Brust.)
+
+Medea.
+Bist du verletzt?
+
+Absyrtus (matt).
+Es schmerzt!--Die Stirn!
+
+Medea (ihre Lippen auf seine Stirne pressend).
+Mein Bruder!
+
+Milo
+
+(der früher spähend abgegangen ist, kommt jetzt eilig zurück).
+Auf! Die Feinde nahen! Auf!
+In großer Zahl, der König an der Spitze!
+
+Medea (ihren Bruder fester an sich drückend).
+Mein Vater!
+
+Absyrtus (matt).
+Unser Vater!
+
+Jason (zu den Beiden).
+Ihr, zurück!
+
+Milo (auf Absyrtus zeigend).
+Der Sohn sei Geisel gegen seinen Vater
+Bringt ihn dort auf die Höh' zum Schiff hinauf!
+
+Absyrtus (matt die ihn Anfassenden abwehren wollend).
+Berührt ihr mich?
+
+Medea.
+O laß uns gehn, mein Bruder!
+
+(Sie werden auf die Höhe gebracht.)
+
+Jason.
+Hinan, ins Schiff und spannt die Segel auf.
+Aietes (kommt mit bewaffneten) Kolchern.
+
+Aietes (hereinstürzend).
+Haltet ein! Meine Kinder! Mein Sohn!
+
+Absyrtus (oben am Hügel sich loszumachen strebend).
+Mein Vater!
+
+Jason (den Hügel hinauf rufend).
+Haltet ihn!
+
+(Zu Aietes.)
+
+Er bleibt bei mir,
+Folgt mir zu Schiff, als Geisel wider dich.
+Wenn nur ein Kahn, ein Nachen uns verfolgt
+So stürzt dein Sohn hinab ins Wellengrab!
+Erst wenn erreicht ist Kolchis' letzte Spitze,
+Setz' ich ihn aus und send' ihn her zu dir.
+Barbar, du lehrtest mich, dich zu bekämpfen!
+
+Aietes.
+Sohn, stehst du in den Armen der Verworfnen?
+
+Absyrtus (fruchtlos sich loszuwinden strebend).
+Laß mich!
+
+Medea.
+Mein Bruder!--Vater!
+
+Jason.
+Haltet ihn!
+
+Aietes.
+Komm, Sohn!
+
+Jason.
+Umsonst!
+
+Aietes.
+So komm' ich, Sohn, zu dir!
+Mir nach ihr Kolcher, folget eurem König!
+
+Jason.
+Zurück!
+
+Aietes (vordrängend).
+Glaubst du, du schreckest mich?
+
+Jason.
+Zurück!
+Du rettest nicht den Sohn, als wenn du weichst.
+Kein Haar wird ihm gekrümmt, ich schwör' es dir!
+Bringt ihn an Bord!
+
+Absyrtus (ringend).
+Mich? Nimmermehr!
+
+Aietes.
+Mein Sohn!
+
+Absyrtus.
+Fall sie an, befrei' den Sohn, o Vater!
+
+Aietes.
+Kann ich's? sie töten dich, wenn ich's tue!
+
+Absyrtus.
+Lieber frei sterben, als leben gefangen
+Fall' ich auch, wenn nur sie fallen mit!
+
+Jason.
+An Bord mit ihm!
+
+Aietes.
+Sohn komm!
+
+Absyrtus (der sich losgerissen hat).
+Ich komme Vater!
+Frei bis zum Tod! Im Tode räche mich!
+
+(Er springt von der Klippe ins Meer.)
+
+Medea.
+Mein Bruder! Nimm mich mit!
+
+(Sie wird zurückgehalten und sinkt nieder.)
+
+Aietes.
+Mein Sohn!
+
+Jason.
+Er stirbt!
+Die hohen Götter ruf' ich an zu Zeugen
+Daß d u ihn hast getötet und nicht ich!
+
+Aietes.
+Mein Sohn!--Nun Rache! Rache!
+
+(Auf Jason eindringend.)
+
+Stirb!
+
+Jason.
+Laß mich!
+Soll ich dich töten?
+
+Aietes.
+Mörder stirb!
+
+Jason.
+Ich Mörder?
+Mörder du selber!
+
+(Das Vließ einem Nebenstehenden entreißend, dem er es früher zu
+halten gegeben.)
+
+Kennst du dies?
+
+Aietes (schreiend zurücktaumelnd).
+Das Vließ!
+
+Jason
+
+(es ihm vorhaltend).
+Kennst du's?
+Und kennst du auch das Blut, das daran klebt?
+'s ist Phryxus' Blut!--Dort deines Sohnes Blut!
+Du Phryxus' Mörder, Mörder deines Sohns!
+
+Aietes.
+Verschling mich Erde! Gräber tut euch auf.
+
+(Stürzt zur Erde.)
+
+Jason.
+Zu spät, sie decken deinen Frevel nicht.
+Als Werkzeug einer höheren Gewalt
+Steh' ich vor dir. Nicht zittre für dein Leben,
+Ich will nicht deinen Tod; ja stirb erst spät,
+Damit noch fernen Enkeln kund es werde,
+Daß sich der Frevel rächt auf dieser Erde.
+Nun rasch zu Schiff, die Segel spannet auf
+Zurück ins Vaterland!
+
+Aietes (an der Erde).
+Weh mir weh
+Legt mich ins Grab zu meinem Sohn!
+(Indem die Kolcher sich um den König gruppieren und Jason mit den
+Argonauten das Schiff besteigt fällt der Vorhang.)
+
+
+Ende dieses Projekt Gutenberg Etextes Die Argonauten,
+von Franz Grillparzer.
+
+
+
+
+
+End of the Project Gutenberg EBook of Die Argonauten, by Franz Grillparzer
+
+*** END OF THE PROJECT GUTENBERG EBOOK DIE ARGONAUTEN ***
+
+This file should be named 8argo10.txt or 8argo10.zip
+Corrected EDITIONS of our eBooks get a new NUMBER, 8argo11.txt
+VERSIONS based on separate sources get new LETTER, 8argo10a.txt
+
+Produced by Delphine Lettau and Mike Pullen
+
+Project Gutenberg eBooks are often created from several printed
+editions, all of which are confirmed as Public Domain in the US
+unless a copyright notice is included. Thus, we usually do not
+keep eBooks in compliance with any particular paper edition.
+
+We are now trying to release all our eBooks one year in advance
+of the official release dates, leaving time for better editing.
+Please be encouraged to tell us about any error or corrections,
+even years after the official publication date.
+
+Please note neither this listing nor its contents are final til
+midnight of the last day of the month of any such announcement.
+The official release date of all Project Gutenberg eBooks is at
+Midnight, Central Time, of the last day of the stated month. A
+preliminary version may often be posted for suggestion, comment
+and editing by those who wish to do so.
+
+Most people start at our Web sites at:
+http://gutenberg.net or
+http://promo.net/pg
+
+These Web sites include award-winning information about Project
+Gutenberg, including how to donate, how to help produce our new
+eBooks, and how to subscribe to our email newsletter (free!).
+
+
+Those of you who want to download any eBook before announcement
+can get to them as follows, and just download by date. This is
+also a good way to get them instantly upon announcement, as the
+indexes our cataloguers produce obviously take a while after an
+announcement goes out in the Project Gutenberg Newsletter.
+
+http://www.ibiblio.org/gutenberg/etext03 or
+ftp://ftp.ibiblio.org/pub/docs/books/gutenberg/etext03
+
+Or /etext02, 01, 00, 99, 98, 97, 96, 95, 94, 93, 92, 92, 91 or 90
+
+Just search by the first five letters of the filename you want,
+as it appears in our Newsletters.
+
+
+Information about Project Gutenberg (one page)
+
+We produce about two million dollars for each hour we work. The
+time it takes us, a rather conservative estimate, is fifty hours
+to get any eBook selected, entered, proofread, edited, copyright
+searched and analyzed, the copyright letters written, etc. Our
+projected audience is one hundred million readers. If the value
+per text is nominally estimated at one dollar then we produce $2
+million dollars per hour in 2002 as we release over 100 new text
+files per month: 1240 more eBooks in 2001 for a total of 4000+
+We are already on our way to trying for 2000 more eBooks in 2002
+If they reach just 1-2% of the world's population then the total
+will reach over half a trillion eBooks given away by year's end.
+
+The Goal of Project Gutenberg is to Give Away 1 Trillion eBooks!
+This is ten thousand titles each to one hundred million readers,
+which is only about 4% of the present number of computer users.
+
+Here is the briefest record of our progress (* means estimated):
+
+eBooks Year Month
+
+ 1 1971 July
+ 10 1991 January
+ 100 1994 January
+ 1000 1997 August
+ 1500 1998 October
+ 2000 1999 December
+ 2500 2000 December
+ 3000 2001 November
+ 4000 2001 October/November
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+The Project Gutenberg Literary Archive Foundation has been created
+to secure a future for Project Gutenberg into the next millennium.
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+We have filed in all 50 states now, but these are the only ones
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+request donations in all 50 states. If your state is not listed and
+you would like to know if we have added it since the list you have,
+just ask.
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+how to make them tax-deductible, or even if they CAN be made
+deductible, and don't have the staff to handle it even if there are
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