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diff --git a/.gitattributes b/.gitattributes new file mode 100644 index 0000000..6833f05 --- /dev/null +++ b/.gitattributes @@ -0,0 +1,3 @@ +* text=auto +*.txt text +*.md text diff --git a/7943-8.txt b/7943-8.txt new file mode 100644 index 0000000..e457f22 --- /dev/null +++ b/7943-8.txt @@ -0,0 +1,4784 @@ +The Project Gutenberg EBook of Die Argonauten, by Franz Grillparzer + +This eBook is for the use of anyone anywhere in the United States and most +other parts of the world at no cost and with almost no restrictions +whatsoever. You may copy it, give it away or re-use it under the terms of +the Project Gutenberg License included with this eBook or online at +www.gutenberg.org. If you are not located in the United States, you'll have +to check the laws of the country where you are located before using this ebook. + +Title: Die Argonauten + +Author: Franz Grillparzer + +Posting Date: October 5, 2014 [EBook #7943] +Release Date: April, 2005 +First Posted: June 3, 2003 + +Language: German + +Character set encoding: ISO-8859-1 + +*** START OF THIS PROJECT GUTENBERG EBOOK DIE ARGONAUTEN *** + + + + +Produced by Delphine Lettau and Mike Pullen + + + + + + + + + + +Die Argonauten + +Franz Grillparzer + +Trauerspiel in vier Aufzügen + + +Personen: + +Aietes, König von Kolchis +Medea und Absyrtus, seine Kinder +Gora, Medeens Amme +Peritta, eine ihrer Gespielen +Jason +Milo, sein Freund +Medeens Jungfrauen +Argonauten +Kolcher + + + + +Erster Aufzug + +(Kolchis.--Wilde Gegend mit Felsen und Bäumen. Im Hintergrunde ein +halbverfallener Turm, aus dessen obersten Stockwerke ein schwaches +Licht flimmert. Weiter zurück die Aussicht aufs Meer. Finstere +Nacht.) + +Absyrtus (hinter der Szene). +Dorther schimmert das Licht!--Komm hierher Vater!-- +Ich bahne dir den Weg!--Noch diesen Stein!-- +So!-- + +(Auftretend und mit dem Schwert nach allen Seiten ins Gebüsch +hauend.) + +Aus dem Wege unnützes Pack! +Vater, mein Schwert macht klare Bahn! +Aietes (tritt auf, den Helm auf dem Kopfe, ganz in einen dunkeln +Mantel gehüllt.) + +Absyrtus. +Wir sind an Ort und Stelle, Vater. +Dort der Turm, wo die Schwester haust. +Siehst das Licht aus ihrer Zelle? +Da weilt sie und sinnt Zaubersprüche +Und braut Tränke den langen Tag, +Des Nachts aber geht sie gespenstisch hervor +Und wandelt umher und klagt und weint. + +(Aietes macht eine unwillige Bewegung.) + +Absyrtus. +Ja Vater und weint, so erzählt der Hirt +Vom Tal da unten, und ringt die Hände +Daß es, spricht er, kläglich sei anzusehn! +Was mag sie wohl treiben und sinnen, Vater? + +(Aietes geht gedankenvoll auf und nieder.) + +Absyrtus. +Du antwortest nicht?--Was hast du Vater? +Trüb und düster ist dein Gemüt. +Du hast doch nicht Furcht vor den Fremden, Vater? + +Aietes. +Furcht Bube? + +Absyrtus. +Nu, (Sorge) denn, Vater! +Aber habe nicht Furcht noch Sorge! +Sind uns nicht Waffen und Kraft und Arme? +Ist nicht ein Häuflein nur der Fremden? +Wären ihrer doch zehnmal mehr! +Laß sie nur kommen, wir wollen sie jagen +Eilends heim in ihr dunkles Land +Wo keine Wälder sind und keine Berge, +Wo kein Mond strahlt, keine (Sonne) leuchtet +Die täglich, hat sie sich müde gewandelt, +Zur Ruhe geht in unserem Meer. +Laß sie nur kommen, ich will sie empfangen, +Du hast nicht umsonst mich wehrhaft gemacht, +Nicht umsonst mir gegeben dies blitzende Schwert, +Und den Speer und den Helm mit dem wogenden Busch, +Waffen d u , und Mut die (Götter)! +Laß die Schwester mit ihren Künsten, +Schwert gegen Schwert, so binden wir an! + +Aietes. +Armer Wurm! + +Absyrtus. +Ich bin dein Sohn! +Damals als du den Phryxus schlugst-- + +Aietes. +Schweig! + +Absyrtus. +Das ist ja eben warum sie kommen +Her nach Kolchis, die fremden Männer +Zu rächen, wähnen sie, seinen Tod +Und zu stehlen unser Gut, das strahlende Vließ. + +Aietes. +Schweig Bube! + +Absyrtus. +Was bangst du Vater? +Fest verwahrt in der Höhle Hut +Liegt es das köstliche, goldene Gut. + +Aietes + +(den Mantel vom Gesicht reißend und ans Schwert greifend). +Soll ich dich töten, schwatzender Tor? + +Absyrtus. +Was ist dir? + +Aietes. +Schweig!--Dort sieh zum Busch! + +Absyrtus. +Warum? + +Aietes. +Mir deucht es raschelt dort +Und regt sich.--Man behorcht uns. + +Absyrtus + +(zum Gebüsch hingehend und an die Bäume schlagend). +He da!--Steht Rede!--Es regt sich Niemand! + +(Aietes wirft sich auf ein Felsenstück im Vorgrunde.) + +Absyrtus (zurückkommend). +Es ist nichts, Vater! Niemand lauscht. + +Aietes + +(aufspringend und ihn hart anfassend). +Ich sage dir, wenn du dein Leben liebst +Sprich nicht davon! + +Absyrtus. +Wovon? + +Aietes. +Ich sage dir, begrab's in deiner Brust +Es ist kein Knabenspielzeug, Knab'! Doch alles still hier! +Niemand empfängt mich; +Recht wie es ziemt der Widerspenst'gen Sitz. + +Absyrtus. +Hoch oben am Turme flackert ein Licht. +Dort sitzt sie wohl und sinnt und tichtet. + +Aietes. +Ruf ihr! Sie soll heraus! + +Absyrtus. +Gut Vater! + + +(Er geht dem Turme zu). +Komm herab du Wandlerin der Nacht +Du Spät-Wachende bei der einsamen Lampe! +Absyrtus ruft, deines Vaters Sohn! + +(Pause.) + +Sie kommt nicht, Vater! + +Aietes. +Sie soll! Ruf lauter! + +Absyrtus + +(ans Tor schlagend). +Holla ho! Hier der König! Heraus ihr! + +Medeas Stimme (im Turm). +Weh! + +Absyrtus. +Vater! + +Aietes. +Was? + +Absyrtus (zurückkommend). +Hast du gehört? +Weh rief's im Turm! War's die Schwester die rief? + +Aietes. +Wer sonst! Geh, deine Torheit steckt an. +Ich will rufen und sie soll gehorchen! + +(Zum Turme gehend.) + +Medea! + +Medea (im Turm). +Wer ruft? + +Aietes. +Dein Vater ruft und dein König! +Komm herab! + +Medea. +Was soll ich? + +Aietes. +Komm herab, sag' ich! + +Medea. +O laß mich! + +Aietes. +Zögre nicht! Du reizest meinen Zorn! +Im Augenblicke komm! + +Medea. +Ich komme! + +(Aietes verhüllt sich und wirft sich wieder auf den Felsensitz.) + +Absyrtus. +Wie kläglich, Vater, ist der Schwester Stimme. +Was mag ihr fehlen? Sie dauert mich!-- +Dich wohl auch, weil du so schmerzlich schweigst, +Das arme Mädchen!-- + +(Ihn anfassend.) + +Schläfst du, Vater? + +Aietes (aufspringend). +Törichte Kinder sind der Väter Fluch! +Du und sie, i h r tötet mich, +Nicht meine Feinde! + +Absyrtus. +Still! Horch!--Der Riegel klirrt!--Sie kommt!--Hier ist sie! +Medea (in dunkelroter Kleidung, am Saume mit goldenen Zeichen +gestickt, einen schwarzen, nachschleppenden Schleier der an einem, +gleichfalls mit Zeichen gestickten Stirnbande befestigt ist, auf +dem Kopfe, tritt, eine Fackel in der Hand, aus dem Turme.) + +Medea. +Was willst du, Herr? + +Absyrtus. +Ist das die Schwester, Vater? +Wie anders doch als sonst, und ach, wie bleich! + +Aietes (zu Absyrtus). +Schweig jetzt! + +(Zu Medeen.) + +Tritt näher!--näher!-- +Doch erst Lösch' deine Fackel, sie blendet mir das Aug! + +Medea + +(die Fackel am Boden ausdrückend). +Das Licht ist verlöscht, es ist Nacht, o Herr! + +Aietes. +Jetzt komm!--Doch erst sag' an wer dir erlaubt, +Zu fliehn, des väterlichen Hauses Hut +Und hier, in der Gesellschaft nur der Wildnis +Und deines wilden Sinns, Gehorsam weigernd, +Zu trotzen meinem Worte, meinem Wink? + +Medea. +Du fragst? + +Aietes. +Ich frage! + +Medea. +Reden soll ich? + +Aietes. +Sprich! + +Medea. +So höre wenn du kannst und zürne wenn du darfst. +O könnt' ich schweigen, ewig schweigen! +Verhaßt ist mir dein Haus +Mit Schauder erfüllt mich deine Nähe. +Als du den Fremden erschlugst, +Den Götterbeschützten, den Gastfreund +Und raubtest sein Gut, +Da trugst du einen Funken in dein Haus, +Der glimmt und glimmt und nicht verlöschen wird, +Gössest du auch darüber aus +Was an Wasser die heil'ge Quelle hat, +Der Ströme und Flüsse unnennbare Zahl +Und das ohne Grenzen gewaltige Meer. +Ein törichter Schütze ist der Mord, +Schießt seinen Pfeil ab ins dunkle Dickicht, +Gewinnsüchtig, beutegierig, +Und was er für ein Wild gehalten, +Für frohen Jagdgewinn, +Es war sein Kind, sein eigen Blut, +Was in den Blättern rauschte, Beeren suchend. +Unglücksel'ger was hast du getan? +Feuer geht aus von dir +Und ergreift die Stützen deines Hauses +Das krachend einbricht +Und uns begräbt.-- + +Aietes. +Unglücksbotin was weißt du? + +Medea. +In der Schreckensstunde +Als sie geschehn war die Tat, +Da ward mein Aug geöffnet +Und ich sah sie, sah die Unnennbaren +Geister der Rache. +Spinnenähnlich, +Gräßlich, scheußlich, +Krochen sie her in abscheulicher Unform +Und zogen Fäden, blinkende Fäden, +Einfach, doppelt, tausendfach, +Rings um ihr verfallen Gebiet. +Du wähnst dich frei und du bist gefangen, +Kein Mensch, kein Gott löset die Bande +Mit denen die Untat sich selber umstrickt. +Weh dir, weh uns allen! + +Aietes. +Verkaufst du mir Träume für Wirklichkeit? +Deines Gleichen magst du erschrecken, +Törin! Nicht mich! +Hast du die Zeichen, die Sterne gefragt? + +Medea. +Glaubst du ich könnt's, ich vermöcht' es? +Hundertmal hab' ich aufgeblickt +Zu den glänzenden Zeichen +Am Firmament der Nacht. +Und alle hundertmale +Sanken meine Blicke +Von Schreck getroffen, unbelehrt. +Es schien der Himmel mir ein aufgerolltes Buch +Und (Mord) darauf geschrieben, tausendfach, +Und (Rache) mit demantnen Lettern +Auf seinen schwarzen Grund. +O frage nicht die Sterne dort am Himmel, +Die Zeichen nicht der schweigenden Natur, +Des Gottes Stimme nicht im Tempel: +Betracht' im Bach die irren Wandelsterne, +Die scheu dir blinken aus den düstern Brau'n +Die Zeichen die die Tat dir selber aufgedrückt, +Des Gottes Stimme in dem eignen Busen, +Sie werden dir Orakel geben, +Viel sicherer als meine arme Kunst, +Aus dem was ist und war, auf das was werden wird. + +Absyrtus. +Der Vater schweigt. Du bist so seltsam Schwester +Sonst warst du rasch und heiter, frohen Muts; +Mich dünkt du bist dreifach gealtert +In der Zeit als ich dich nicht gesehn! + +Medea. +Es hat der Gram sein Alter, wie die Jahre +Und wer der Zeit (vorauseilt), guter Bruder, +Kommt früh ans Ziel. + +Absyrtus. +Du weißt wohl also schon +Von jenen Fremden die-- + +Medea. +Von Fremden--? + +Aietes. +Halt! +Ich gebot dir zu schweigen! Schweig denn, Schwätzer! +Medea, laß uns klug sprechen und besonnen, +Das Gegenwärt'ge aus der Gegenwart +Und nicht aus dem betrachten was Vergangen. +Wiss' es denn. Fremde sind angekommen, Hellenen, +Sie begehren zu rächen Phryxus' Blut, +Verlangen die Schätze des Erschlagnen +Und des Gottes Banner, das goldene Vließ. + +Medea + +(aufschreiend). +Es ist geschehn! Der Streich gefallen! Weh! + +(Will in den Turm zurück.) + +Aietes (sie zurückhaltend). +Medea, Halt!--Bleib, Unsinnige! + +Medea. +Gekommen die Rächer, die Vergelter! + +Aietes. +Willst du mich verlassen, da ich dein bedarf? +Willst du sehen des Vaters Blut? +Medea ich beschwöre dich +Sprich! Rate! Rette! Hilf! +Gib mich nicht Preis meinen Feinden! +Argonauten nennen sie sich +Weil Argo sie trägt, das schnelle Schiff. +Was das Hellenenland an Helden nährt, +An Tapfern vermag, sie haben's versammelt +Zum Todesstreich auf deines Vaters Haupt. +Hilf Medea! Hilf meine Tochter! + +Medea. +I ch soll helfen, hilf du selbst! +Gib heraus was du nahmst, Versöhnung bietend! + +Aietes. +Verteilt sind die Schätze den Helfern der Tat; +Werden sie wiedergeben das Empfangne? +Besitzen sie's noch? die törichten Schwelger, +Die leicht vertan das leicht erworbne. +Soll ich herausgeben das glänzende Vließ, +Des Gottes Banner, Perontos Gut? +Nimmermehr! Nimmermehr! Und tät' ich's +Würden sie drum schonen mein und eurer? +Um desto sichrer würgten sie uns, +Rächend des Freundes Tod, +Geschützt durch das heilige Pfand des Gottes. +Deine Kunst befrage, gib andern Rat! + +Medea. +Rat dir geben, ich selber ratlos! + +Aietes. +Nun wohl, so verharre, du Ungeratne! +Opfre dem Tod deines Vaters Haupt. +Komm mein Sohn, wir wollen hinaus, +Den Streichen bieten das nackte Haupt, +Und fallen unter der Fremden Schwertern. +Komm mein Sohn, mein einzig Kind! + +Medea. +Halt Vater! + +Aietes. +Du willst also? + +Medea. +Hör' erst! +Ich will's versuchen, die Götter zu fragen, +Was sie gebieten was sie gestatten. +Und nicken sie zu, so steh' ich dir bei, +Helfe dir bekämpfen den Feind, +Helfe dir schmieden den Todespfeil +Den du abdrücken willst ins dunkle Gebüsch, +Nicht wissend, armer Schütze, wen du triffst. +Es sei! Du gebeutst, ich gehorche! + +Aietes. +Medea, mein Kind, mein liebes Kind! + +Medea. +Frohlocke nicht zu früh, noch fehlt das Ende. +Ich bin bereit; allein versprich mir erst, +Daß, wenn die Tat gelang, dein Land befreit, +Zu hoffen wag' ich's kaum, allein wenn doch,-- +Du mich zurückziehn läßt, in diese Wildnis +Und nimmer mehr mich störst, nicht du, nicht andre. + +Aietes. +Warum? + +Medea. +Versprich's! + +Aietes. +Es sei! + +Medea. +Wohlan denn Herr, +Tritt ein bei deiner Magd, ich folge dir! + +Aietes. +Ins Haus? + +Medea. +Drin wird's vollbracht. + +Aietes (zu Absyrtus). +So komm denn Sohn! + +(Beide ab in den Turm.) + +Medea. +Da gehn sie hin, hin die Verblendeten!-- +Ein töricht Wesen dünkt mich der Mensch; +Treibt dahin auf den Wogen der Zeit +Endlos geschleudert auf und nieder, +Und wie er ein Fleckchen Grün erspäht +Gebildet von Schlamm und stockendem Moor +Und der Verwesung grünlichem Moder, +Ruft er: (Land)! und rudert drauf hin +Und besteigt's--und sinkt--und sinkt-- +Und wird nicht mehr gesehn! +Armer Vater, armer Mann! +Es steigen auf vor meinen Blicken +Düstrer Ahnungen Schauergestalten, +Aber verhüllt und abgewandt +Ich kann nicht erkennen ihr Antlitz! +Zeigt euch mir (ganz), oder verschwindet +Und laßt mir Ruh, träumende Ruh! +Armer Vater! Armer Mann!-- + Aber der Wille kann viel--und ich will. +Will ihn erretten, will ihn befrein +Oder untergehn mit ihm! +Dunkle Kunst, die mich die Mutter gelehrt +Die den Stamm du treibst in des Lebens Lüfte +Und die Wurzeln geheimnisvoll +Hinabsenkst zu den Klüften der Unterwelt, +Sei mir gewärtig!--Medea (will)! +Ans Werk denn! + +(Zu einigen Jungfrauen die am Eingange des Turmes erscheinen.) + +Und ihr des Dienstes Beflißne +Bereitet die Höhle, bereitet den Altar! +Medea will zu den Geistern rufen, +Zu den düstern Geistern der schaurigen Nacht +Um Rat, um Hilfe, um Stärke, um Macht! + +(Ab in den Turm.) + +(Pause. Dann tritt) Jason (rasch auf.) + +Jason. +Hier hört' ich Stimmen!--Hier muß--Niemand hier? + +Milo (hinter der Szene). +Holla! + +Jason. +Hierher! + +Milo (eben so). +Jason! + +Jason. +Hier Milo, hier! + +Milo (der keuchend auftritt). +Mein Freund, such' dir 'nen anderen Begleiter! +Dein Kopf und deine Beine sind zu rasch, +Sie laufen, statt zu gehn. Ein großer Übelstand! +Von Beinen mag's noch sein, da hilft das Alter, +Allein ein Kopf der läuft!--Glück auf die Reise! +Such' einen andern sag' ich, ich bin's satt! + +(Setzt sich.) + +Jason. +Wir haben, was wir suchten!--Hier ist Licht! + +Milo. +Ja Lichts genug um uns da zu beleuchten +Und zu entdecken und zu schlachten, wenn's beliebt. + +Jason. +Ei, Milo Furcht? + +Milo + +(rasch aufstehend). +Furcht?--Lieber Freund, ich bitte +Wäg' deine Worte eh du sprichst! + +(Jason faßt entschuldigend seine Hand.) + +Milo. +Schon gut! +Wir laufen, nu, die Worte laufen mit! +Doch ernst. Was suchst du hier? + +Jason. +Kannst du noch fragen? +Die Freunde, sie, die mir hierher gefolgt, +Ihr Heil vertrauend meines Glückes Stern +Und Jasons Sache machend zu der ihren, +Sie schmachten, kaum dem schwarzen Schiff entstiegen, +Hier ohne Nahrung ohne Labetrunk +In dieser Küste unwirtbaren Klippen, +Kein Führer ist, der Wegeskunde gäbe +Kein Landmann bietend seines Speichers Vorrat +Und von der Herde triftgenährter Zucht. +Soll ich die Hände legen da in Schoß +Und müßig zusehn wie die Freunde schmachten? +Beim Himmel! Ihnen soll ein Führer werden +Und Trank und Speise, sollt' ich auf sie wiegen +Mit meinem Blut! + +Milo. +Das treue, wackre Herz! +O daß du nicht des Freundes Rat gefolgt +Und weggeblieben bist von dieser Küste! + +Jason. +Warum denn auch? Was sollt' ich wohl daheim? +Der Vater tot, mein Oheim auf dem Thron +Scheelsüchtig mich, den künft'gen Feind, betrachtend. +Mich litt es länger nicht, ich mußte fort. +Hätt' er nicht selbst, der Falsche, mir geboten +Hierher zu ziehn in dieses Inselland +Das goldne Götterkleinod abzuholen +Von dem man spricht, so weit die Erde reicht +Und das dem Göttersohne Phryxus einst, +Ihn selber tötend, raubten die Barbaren, +Ich wäre selbst gegangen, freien Willens, +Dem eckelhaften Treiben zu entfliehn. +Ruhmvoller Tod für ruhmentblößtes Leben +Mag's tadeln wer da will, mich lockt der Tausch! +Daß dich, o Freund, ich mitzog und die andern, +Das ist wohl schlimm, allein ihr wolltet's so! + +Milo. +Ja freilich wollt' ich so und will noch immer +Denn sieh, ich glaub', du hast mir's angetan, +So lieb' ich dich und all dein Tun und Treiben. + +Jason. +Mein guter Milo! + +Milo. +Nein! 's ist unrecht sag' ich, +Ich sollt' der Klügre sein, ich bin der Ältre. +Hättst du mich hingeführt, wohin auch immer, +Nur nicht in dieses gottverlaßne Land. +Kommt irgend sonst ein Mann in Fährlichkeit, +Nu Schwert heraus und Mut voran. Doch hier +In dieses Landes feuchter Nebelluft +Legt Rost sich, wie ans Schwert, so an den Mut. +Hört man in einem fort die Wellen brausen, +Die Fichten rauschen und die Winde tosen, +Sieht kaum die Sonne durch der dichten Nebel +Und rauhen Wipfel schaurigen Versteck, +Kein Mensch rings, keine Hütte, keine Spur, +Da wird das Herz so weit, so hohl, so nüchtern +Und man erschrickt wohl endlich vor sich selbst. +Ich, der als Knabe voll Verwundrung horchte, +Wenn man erzählte, 's gäb' ein Ding +Die (Furcht) genannt, hier seh' ich fast Gespenster +Und jeder dürre Stamm scheint mir ein Riese +Und jedes Licht ein Feuermann. 's ist seltsam. +Was unbedenklich sonst, erscheint hier schreckhaft +Und was sonst greulich wieder hier gemein. +Nur kürzlich sah ich einen Bär im Walde, +So groß vielleicht als keinen ich gesehn +Und doch kams fast mir vor, ich sollt' ihn streicheln, +Wie einen Schoßhund streicheln mit der Hand, +So klein, so unbedeutend schien das Tier +Im Abstich seiner schaurigen Umgebung. +Du hörst nicht? + +Jason (der indes den Turm betrachtet hat). +Ja ich will hinein! + +Milo. +Wohin? + +Jason. +Dort in den Turm. + +Milo. +Mensch, bist du rasend? + +(Ihn anfassend). Höre! + +Jason (sich losmachend und das Schwert ziehend). +Ich will, wer hält mich? Hier mein Schwert! Es schützt mich +Vor Feinden wie vor überläst'gen Freunden. +Die erste Spur von Menschen find' ich hier +Ich will hinein. Mit vorgehaltnen Eisen +Zwing' einen ich von des Gebäuds Bewohnern, +Zu folgen mir, zu führen unsre Schar +Auf sichern Pfad aus dieses Waldes Umfang, +Wo Hunger sie und Feindeshinterhalt +Weit sichrer trifft als mich hier die Gefahr. +Sprich nicht! Ich bin entschlossen. Geh zurück +Ermutige die Schar. Bald bring' ich Rettung! + +Milo. +Bedenk'! + +Jason. +Es ist bedacht! Wer kann hier weilen +Im kleinen Hause, wüst und abgeschieden? +Ein Haushalt von Barbaren und was mehr? +Ich denk' du kennst mich! Hier ist nicht Gefahr +Als im Verweilen.--Keine Worte weiter! + +Milo. +Doch wie gelangst du hin? + +Jason. +Siehst du dort drüben +Gähnt weit ein Spalt im alternden Gemäuer. +Das Meer leiht seinen Rücken bis da hin +Und leicht erreich' ich's schwimmend. + +Milo. +Höre doch! + +Jason. +Leb' wohl! + +Milo. +Laß mich statt dir! + +Jason. +Auf Wiedersehn! + +(Springt von einer Klippe ins Meer) + +Milo. +Er wagt es doch!--Dort schwimmt er!--Tut es (doch), +Und läßt mich schmälen hier nach Herzenslust! +Ein wackres Herz, doch jung, gewaltig jung! +Hier will ich stehn und seiner Rückkehr harren: +Und geht's auch schief, wir hauen uns heraus. + +(Er lehnt sich an einen Baum.) + +(Ein düsteres Gewölbe im Innern des Turms. Links im Hintergrunde +die Bildsäule eines Gottes auf hohem Fußgestell, im Vorgrunde +rechts eine Felsenbank.) +(Jungfrauen mit Fackeln bringen einen kleinen Altar und Opfergefäße +und stellen alles ordnend umher.) + +(Eine Jungfrau tritt ein und spricht an der Türe:) + +Jungfrau. +Genug! Es naht Medea! Stört sie nicht! + +(Alle ab mit den Lichtern.) + +Jason (tritt durch einen Seiteneingang links auf mit bloßem +Schwerte.) + +Jason. +Ein finsteres Gewölb'.--Ich bin im Innern! +Mehr Menschen faßt das Haus, scheint's, als ich glaubte, +Doch immerhin! wird nur mein Ziel erreicht. +Behutsam späh ich, bis ein Einzelner +Mir aufstößt, dann das Schwert ihm auf die Brust +Und mit mir soll er, will er nicht den Tod. + +(Er späht mit vorgehaltenem Schwerte umher.) + +Ist da kein Ausgang?--Halt!--Ein Block von Stein +Das Fußgestell wohl eines Götterbildes. +Ehrt man hier Götter und verhöhnt das Recht? +Doch horch!--ein Fußtritt!--Bleiche Helle gleitet +Fortschreitend an des Ganges engen Bogen. +Man kommt!--Wohin--?--Verbirg mich dunkler Gott! + +(Er versteckt sich hinter die Bildsäule.) + +Medea (kommt, einen schwarzen Stab in der Rechten, eine Lampe in +der Linken.) + +Medea. +Es ist so schwül hier, so dumpf! +Feuchter Qualm drückt die Flamme der Lampe, +Sie brennt ohne zu leuchten. + +(Sie setzt die Lampe hin.) +--Horch!--Es ist mein eignes Herz, +Das gegen die Brust pocht mit starken Schlägen! +Wie schwach, wie töricht!--Auf Medea! +Es gilt des Vaters Sache, der Götter! +Sollen die Fremden siegen, Kolchis untergehn? +Nimmermehr! Nimmermehr! +Ans Werk denn! +Seid mir gewärtig Götter, höret mich, +Und gebt Antwort meiner Frage! + +(Mit dem Stabe Zeichen in die Luft machend.) + +Die ihr einhergeht im Gewande der Nacht +Und auf des Sturmes Fittigen wandelt +Furchtbare Fürsten der Tiefe, +Denen der Entschluß gefällt +Und die beflügelte Tat, +Die ihr bei Leichen weilt +Und euch labt am Blut der Erschlagnen, +Die ihr das Herz kennt und lenkt den Willen, +Die ihr zählt die Halme der Gegenwart +Sorglich bewahrt des Vergangenen Ähren +Und durchblickt der Zukunft sprossende Saat, +Euch ruf' ich an! +Gebt mir Kunde, sichere Kunde +Von dem was uns droht, von dem was uns lacht! +Bei der Macht, die mir ward, +Bei dem Dienst, den ich tat, +Bei dem Wort, das ihr kennt +Ruf' ich euch, +Erscheinet, erscheint! + +(Pause.) + +Was ist das?--Alles schweigt! +Sie zeigen sich nicht? +Zürnt ihr mir, oder betrat ein Fuß, +Eines Frevlers Fuß +Die heilige Stätte? +Angst befällt mich, Schauer faßt mich! + +(Mit steigender Stimme.) + +Allgewaltige! Lauscht meinem Rufen, +Hört Medeens Stimme! +Eure Freundin ist's die ruft. +Ich fleh' ich verlang' es +Erscheinet, erscheint! +Jason (springt hinter der Bildsäule hervor.) + +Medea (zurückfahrend). +Ha! + +Jason. +Verfluchte Zauberin, du bist am Ende, +Erschienen ist, der dich vernichten wird. + +(Indem er mit vorgehaltenem Schwerte hervorspringt verwundet er +Medeen am Arme.) + +Medea (den verwundeten rechten Arm mit der linken Hand fassend). +Weh mir! + +(Stürzt auf den Felsensitz hin, wo sie schwer atmend leise ächzt.) + +Jason. +Du fliehst? Mein Arm wird dich ereilen! + +(Im Dunkeln herum blickend.) + +Wo ist sie hin! + +(Er nimmt die Lampe und leuchtet vor sich hin.) + +Dort!--Du entgehst mir nicht! + +(Hinzutretend.) + +Verruchte! + +Medea (stöhnend). +Ah! + +Jason. +Stöhnst du? Ja zittre nur! +Mein Schwert soll deine dunkeln Netze lösen! + +(Sie mit der Lampe beleuchtend). +Doch seh' ich recht? Bist du die Zauberin, +Die dort erst heischre Flüche murmelte? +Ein weiblich Wesen liegt zu meinen Füßen, +Verteidigt durch der Anmut Freiheitsbrief, +Nichts zauberhaft an ihr, als ihre Schönheit. +(Bist) du's?--Doch ja! Der weiße Arm, er blutet, +Verletzt von meinem mitleidslosen Schwert! +Was hast du angerichtet? Weißt du wohl, +Ich hätt' dich töten können, holdes Bild, +Beim ersten Anfall in der dunkeln Nacht? +Und Schade wär's, fürwahr, um so viel Reiz! +Wer bist du, doppeldeutiges Geschöpf? +Scheinst du so schön und bist so arg, zugleich +So liebenswürdig und so hassenswert, +Was konnte dich bewegen, diesen Mund, +Der, eine Rose, wie die Rose auch +Nur hauchen sollte süßer Worte Duft, +Mit schwarzer Sprüche Greuel zu entweihn? +Als die Natur dich dachte, schrieb sie: (Milde) +Mit holden Lettern auf das erste Blatt +Wer malte Zauberformeln auf die andern? +O geh! ich hasse deine Schönheit, weil sie +Mich hindert deine Tücke recht zu hassen! +Du atmest schwer. Schmerzt dich dein Arm? Ja, siehst du +Das sind die Früchte deines argen Treibens! +Es blutet! Laß doch sehn! + +(Nimmt ihre Hand.) + +Du zitterst, Mädchen, +Die Pulse klopfen, jede Fiber zuckt. +Vielleicht bist du so arg nicht, als du scheinst, +Nur angesteckt von dieses Landes Wildheit, +Und Reue wohnt in dir und fromme Scheu. +Heb auf das Aug und blicke mir ins Antlitz, +Daß ich die dunkeln Rätsel deines Handelns +Erläutert seh' in deinem klaren Blick.-- +Du schweigst!--O wärst du stumm, und jene Laute, +Die mir ertönten, fluchenswerten Inhalts, +Gesprochen hätte sie ein andrer Mund, +Der minder lieblich, Mädchen, als der deine. +Du seufzest!--Sprich!--Laß deine Worte tönen; +Vertrau' den Lüften sie, als Boten, an, +Sonst holt mein Mund sie ab von deinen Lippen. + +(Er beugt sich gegen sie.) +(Man hört Waffengeklirr und Stimmen in der Ferne.) + +Horch!--Stimmen! + +(Er läßt sie los.) + +Näher! + +(Medea steht auf.) + +Deine Freunde kommen +Und ich muß fort. Des freuest du dich wohl? +Allein ich seh' dich wieder, glaube mir! +Ich muß dich sprechen hören, gütig sprechen, +Und kostet' es mein Leben!--Doch man naht. +Glaub' nicht, daß ich Gefahr und Waffen scheue, +Doch auch ein Tapfrer weicht der Überzahl, +Und meiner harren Freunde.--Leb' denn wohl. +(Er geht dem Seiteneingange zu, durch den er gekommen ist. Aus +diesem, so wie aus dem Haupteingange stürzen) Bewaffnete (herein, +mit ihnen) Absyrtus. + +Absyrtus. +Zurück! + +Jason. +So gilt's zu fechten!--Gebet Raum! + +Absyrtus. +Dein Schwert! + +Jason. +Dir in die Brust, nicht in die Hand! + +Absyrtus. +Fangt ihn! + +Jason (sich in Stellung werfend). +Kommt an! Ihr alle schreckt mich nicht! + +Absyrtus. +Laß uns versuchen denn! + +(Stürzt auf Jason los.) + +Medea (macht eine abhaltende Bewegung gegen ihn). + +Absyrtus (zurücktretend). +Was hältst du mich Schwester? + +Jason. +Du sorgst um mich? Hab' Dank, du holdes Wesen, +Nicht für die Hilfe, ich bedarf sie nicht, +Für diese Sorge Dank. Leb' wohl, o Mädchen, + +(Sie bei der Hand fassend und rasch küssend.) + +Und dieser Kuß sei dir ein sichres Pfand, +Daß wir uns wiedersehn!--Gebt Raum! + +(Er schlägt sich durch.) + +Absyrtus. +Auf ihn! + +(Jason durch die Seitentüre fechtend ab.) + +Absyrtus. +Ihm nach! Er soll uns nicht entrinnen! + +(Eilt Jason nach mit den Bewaffneten.) + +Medea (die unbeweglich mit gesenktem Haupt gestanden, hebt jetzt +Kopf und Augen empor). +Götter! + +(Ihre Jungfrauen stehen um sie.) + +(Der Vorhang fällt.) + + + + +Zweiter Aufzug + +(Halle wie am Ende des vorigen Aufzuges. Es ist Tag.) +Gora, Peritta. Jungfrauen. + +Gora. +Ich sage dir, sprich lieber Medeen nicht. +Ob der Ereignung zürnt sie der heutigen Nacht +Und sie spricht sich nicht gut, wenn sie zürnt; das weißt du! +Auch gebot sie dir, ihr Antlitz zu fliehn. + +Peritta. +Was soll ich tun? Wer hilft, wenn sie nicht? +Gefangen der Gatte, die Hütte verbrannt. +Alles geraubt von den fremden Männern +Wem klag' ich mein Leid, wer rettet, wenn sie nicht? + +Gora. +Tu wie du willst, ich hab' dich gewarnt, +Auch ist's recht und billig nur, daß sie dich hört, +Aber der Mensch tut nicht immer was recht. + +Peritta. +Ach, ich Unselige! + +Gora. +Klage nicht! Was hilft's +Überleg' und handle, das tut dir Not! +Doch wo weilt Medea? komm in ihr Gemach. +(Eine) Jungfrau (stürzt atemlos herein.) + +Jungfrau. +O Übermaß des Unglücks! + +Gora (an der Türe umkehrend). +Wohl nur der Torheit, will ich hoffen! +Was neues gibt's? + +Jungfrau. +Der Fürstin Lieblingspferd.-- + +Gora. +Das herrliche Tigerroß-- + +Jungfrau. +Es ist entflohn! + +Gora. +So? + +Jungfrau. +In der Verwirrung der heutigen Nacht +Da die Pforte offen, wir alle voll Angst, +Entkam es dem Stall und ward nimmer gesehn! +Weh mir! + +Gora. +Ja wohl! + +Jungfrau. +Wie entflieh' ich der Fürstin Zorn? +Wird sie's ertragen--? + +Gora. +Das (wie) ist ihre Sache +Doch tragen muß sie's, da es (ist). +Nur rat' ich dir geh fürs erste ihr aus dem Auge! +Doch horch! Sie naht schon! Peritta tritt zu mir. +Medea (kommt in Gedanken versunken aus der Türe rechts.) + +Gora (nach einer Pause). +Medea-- + +Jungfrau (ihr zuvorkommend und zu Medeens Füßen stürzend). +O Königin verzeih! + +Medea (den Kopf emporhebend). +Was ist? + +Jungfrau. +Vernichte mich nicht in deinem Zorn! +Dein Leibroß--Dein Liebling!--Es ist entflohn. + +(Pause während welcher sie Medeen voll Erwartung ins Gesicht sieht). + +Nicht meine Schuld war's fürwahr. Der Schrecken heut Nacht +Das Getümmel, der Lärm--Da geschah's-- +Du sprichst nicht?--Zürne Fürstin-- + +Medea. +Es ist gut! + +(Jungfrau steht auf.) + +Gora (sie bei Seite ziehend). +Was sprach sie? + +Jungfrau (freudig). +Es sei gut. + +Gora. +Das ist (nicht) gut! +Trägt sie so leicht, was sie sonst schwer ertrug, +Das begünstigt unsre Sache, Peritta! +Fast ist mir's unlieb, daß sie so mild gestimmt +Ich hatte mich drauf gefreut, wie sie sich sträuben würde +Und endlich überwinden müßte zu tun was sie soll. +Nu komm denn, komm, für dich ist's besser so. +Medea hier ist noch jemand den du kennst! + +Medea. +Wer? + +Gora. +Kennst deine Gespielin, Peritta, nicht? +Zürnst du ihr gleich-- + +Medea. +Peritta bist du's; +Sei mir gegrüßt, sei herzlich mir gegrüßt! + +(Sie mit dem Arm umschlingend und sich auf sie stützend.) + +Wir haben frohe Tage zusammen gelebt. +Seit dem ist viel übles geschehn. +Viel übles seit der Zeit, Peritta! +Hast du deine Herde verlassen und dein Haus +Und kommst wieder zu mir, Peritta? +Sei mir willkommen, du bist sanft und gut, +Du sollst mir die Nächste sein im Kreis meiner Frauen! + +Peritta. +Kein Haus hab' ich mehr und keine Herde +Alles verloren, mein Gatte gefangen, +Dahin meine Ruhe, mein Segen, mein Glück. + +Medea. +So ist er dahin, ist tot! +Du dauerst mich armes, armes Kind! +War so jung, so kräftig, so glänzend, so schön, +Und ist tot und kalt! Du dauerst mich +Ich könnte weinen, so rührst du mich. + +(Legt ihre Stirne auf Perittas Schulter.) + +Peritta. +Nicht tot, nur gefangen ist mein Gatte +Drum kam ich zu flehn, daß du bittest den Vater +Ihn zu lösen, zu retten, zu befrein-- + Medea hörst du?-- + +(Zu Gora.) + +Sie spricht nicht! Was sinnt sie? + +Gora. +Mich überrascht sie nicht minder als dich +Das ist sonst nicht Medeens Sitte. + +Peritta. +Was ist das? Trau' ich meinen Sinnen? +Feucht fühl' ich dein Antlitz auf meiner Schulter! +Medea Tränen?--O du Milde, du Gute! + +(Küßt Medeens herabhängende Hand.) + +(Medea reißt sich empor, faßt rasch mit der rechten Hand die +geküßte Linke und sieht Peritten starr ins Gesicht. Dann entfernt +sie sich rasch von ihr, sie immer starr betrachtend und nähert sich +der Amme.) + +Medea. +Gora! + +Gora. +Frau? + +Medea. +Heiß sie gehn! + +Gora. +So willst du-- + +Medea. +Heiß sie gehn! + +Gora + +(winkt Peritten mit der Hand Entfernung zu). +(Peritta hält flehend ihr die Hände entgegen.) +(Gora winkt ihr beruhigend zu, sich zu entfernen.) +(Peritta von zwei Mädchen geführt, ab.) + +Medea (unterdessen). +Ah!--es ist heiß hier.--Schwüle Luft. + +(Reißt gewaltsam den Gürtel entzwei und wirft ihn weg.) + +Gora. +Sie ist fort!. + +Medea (zusammenfahrend). +Fort? + +Gora. +Peritta ist fort. + +Medea. +Gora! + +Gora. +Gebieterin! + +Medea (halblaut, sie bei Seite führend). +Warst du zugegen heut Nacht? + +Gora. +Wo? + +Medea (Sieht ihr fremd ins Gesicht.) + +Gora. +Ah hier? Freilich! + +Medea (mit freudeglänzenden Blicken). +Ich sage dir es war ein Gott! + +Gora. +Ein Gott? + +Medea. +Ich habe lange darüber nachgedacht, +Nachgedacht und geträumt die lange Nacht, +Aber 's war ein Himmlischer, des bin ich gewiß. +Als er mit einemmal dastand, zürnenden Muts, +Hochaufleuchtend, einen Blitz in der Hand +Und zwei andre im flammenden Blick, +Da fühlt' ich's am Sinken des Muts, an meiner Vernichtung, +Daß ihn kein sterbliches Weib gebar. + +Gora. +Wie? so-- + +Medea. +Du hast mir wohl selbst erzählet, +Oft, daß Menschen, die nah dem Sterben, +(Heimdar) sich zeige, der furchtbare Gott, +Der die Toten führt in die schaurige Tiefe. +Sieh, der war es glaub' ich, o Gora! +(Heimdar) war es, der Todesgott. +Bezeichnet hat er sein dunkles Opfer, +Bezeichnet mich mit dem ladenden Kuß +Und Medea wird sterben, hinuntergehn +Zu den Schatten der schweigenden Tiefe. +Glaub' mir, ich fühle das, gute Gora, +An diesem Bangen, an diesem Verwelken der Sinne, +An dieser Grabessehnsucht fühl' ich es, +Daß mir nicht fern das Ende der Tage! + +Gora. +Was hat deinen Sinn so sehr umwölkt, +Daß du trüb schaust, was klar und deutlich? +Ein Mensch war's, ein Übermüt'ger, ein Frecher +Der hier eindrang + +Medea (zurückfahrend). +Ha! + +Gora. +Der die Nacht benützend-- + +Medea. +Schweig! + +Gora. +Deine Angst + +Medea. +Verruchte schweig. + +Gora. +Schweigen kann ich wenn du's gebietest, +Einst mein Pflegling, jetzt meine Frau. +Aber drum ist's nicht anders als ich sagte. + +Medea. +Sieh wie du albern bist und töricht! +Wie käm' ein Fremder in diese Mauern? +Wie hätt' ein Sterblicher sich erfrecht, +Zu drängen sich vor Medeas Antlitz, +Sie zu sprechen, ihr zu drohn, mit seinen Lippen-- +Geh Unselige, geh +Daß ich dich nicht töte, +Nicht räche deine Torheit +An deinem Leben. +Ein Sterblicher? Scham und Schmach! +Entferne dich, Verräterin! +Geh! sonst trifft dich mein Zorn. + +Gora. +Ich rede was ist und nicht was du willst. +Gehn soll ich? ich gehe. + +Medea. +Gora, bleib! +Hast du kein freundlichs Wort, du Gute? +Fühlst du denn nicht, so ist's so muß es sein, +(Heimdar) war es, der stille Gott, +Und nun kein Wort mehr, kein Wort, o Gora! + +(Wirft sich ihr an den Hals und verschließt mit ihrem Munde Goras +Lippen.) + +(Nach einer Pause.) + + +Medea. +Horch! + +Gora. +Tritte nahen! + +Medea. +Man kommt! Fort! + +Gora. +Bleib! Dein Bruder ist's und dein Vater! Sieh! +Aietes und Absyrtus (stürzen herein.) + +Aietes. +Entkommen ist er, des trägst du die Schuld! + +(Zu Medeen.) + +Warum hemmtest den Streich des Bruders, +Da er ihn töten wollte, den Frevler? + +Absyrtus. +Vater, scheltet sie nicht darum +War doch angstvoll und bang ihre Seele! +Denkt! ein Fremder, allein, bei Nacht, +Eingedrungen in ihre Kammer; +Sollte sie da nicht zagen, Vater? +Und nicht weiß die Furcht was sie tut. +Doch der Grieche-- + +Medea. +Grieche? + +Aietes. +Wer sonst? +Einer der Fremden war's, der Hellenen, +Die gekommen an Kolchis' Küste, +Argonauten, auf Argo dem Schiff, +Zu verwüsten unsere Täler +Und zu rauben unser Gut. + +Medea + +(Goras Hand fassend). +Gora! + +Gora. +Siehst du? es ist so, wie ich sagte. + +Absyrtus. +Übermütig sind sie und stark +Ja, bei Peronto! Stark und kühn! +Setzt' ich nicht nach ihm, ich und die Meinen +Hart ihn drängend, nach auf den Fersen? +Aber er führte in Kreisen sein Schwert +Keiner von uns kam ihm nah zu Leibe. +Jetzt zum Strom gekommen, warf er +Raschen Sprungs sich hinein. +Dumpf ertönte die Gegend dem Sturze, +Hoch auf spritzten die schäumenden Wasser +Und er verschwand in umhüllende Nacht. + +Aietes. +Ist er entkommen dieses Mal +Fürder soll es ihm nicht gelingen! +Die kühnen Fremdlinge stolz und trotzig +Haben Zweisprach begehrt mit mir. +Zugesagt hab' ich's, den Groll verbergend +Den tödlichen Haß in der tiefen Brust +Aber gelingt mir, was ich sinne, +Und bist du mir gewärtig mit deiner Kunst, +So soll sie der frevelnde Mut gereuen, +So endet der Streit noch eh er begann. +Auf Medea, komm! Mach' dich fertig +Gut zu machen, was du gefehlet +Und zu rächen die eigene Schmach +(Deine) Sache ist's nun geworden +Haben sie doch an dir auch gefrevelt, +Gefrevelt durch jenes Kühnen Tat, +Denn wahr ist's doch, was Absyrtus mir sagte, +Daß er's gewagt mit entehrendem Kuß-- + +Medea. +Vater schweig, ich bitte dich-- + +Aietes. +Ist's wahr? + +Medea. +Frage mich nicht was wahr, was nicht! +Laß dir's sagen die Röte meiner Wangen +Laß dir's sagen--Was soll ich? Gebeut! +Willst du vernichten die Schar der Frevler? +Sage nur wie, ich bin bereit! + +Aietes. +So recht Medea, so mag ich's gern +So erkenn' ich in dir mein Kind +Zeig' daß dir fremd war des Frechen Erkühnen +Laß sie nicht glauben, du habest gewußt +Selber gewußt um die frevelnde Tat! + +Medea. +Gewußt? Wer glaubt das, Vater und von wem? + +Aietes. +Wer? der's sah, der's hörte, Kind! +Wer Zeuge war wie Aletes' fürstliche Tochter +Den Kuß duldete von des Frevlers Lippe. + +Medea. +Vater! + +Aietes. +Was ist? + +Medea. +Du tötest mich! + +Aietes. +(Ich) glaub's (nicht), Medea! + +Medea. +Wirklich nicht? +Laß uns gehn! + +Aietes. +Wohin? + +Medea. +Wohin du willst +Zu vernichten, zu töten, zu sterben! + +Aietes. +Du versprichst mir also? + +Medea. +Ich hab' es gesagt! +Aber laß uns gehn! + +Aietes. +Hör' erst! + +Medea. +Nicht hier! +Hohnzulachen scheint mir des Gottes Bild +Des Gewölbes Steine formen sich mir +Zu lachenden Mäulern und grinsenden Larven. +Hinweg von dem Orte meiner Schmach! +Nimmer betret' ich ihn. Vater komm! +Was du willst, wie du willst, doch fort von hier! + +Aietes. +So höre! + +Medea. +Fort! + +Aietes. +Medea! + +Medea. +Fort! + +(Eilt ab.) + +Aietes. +Medea! + +(Mit Absyrtus ihr nach.) + +(Freier Platz mit Bäumen. Links im Hintergrunde des Königs Zelt.) +Acht Abgeordnete der Argonauten (treten auf von einem) Kolchischen +Hauptmanne (geleitet.) + +Hauptmann. +Hier sollt ihr weilen ist des Königs Befehl +Bald naht er selbst. + +Erster Argonaut. +Befehl? Nichtswürdiger Barbar, +Für dich mag's sein, doch uns Befehl? +Wir harren deines Königs weil wir wollen, +Doch eil' er sich, sonst suchen wir ihn auf! + +Zweiter Argonaut. +Laß ihn! Die Knechtesrede ziemt dem Knecht! + +(Kolcher ab.) + +So sind wir hier; erreicht des Strebens Ziel! +Nach mancher Fährlichkeit zu Land und See +Umfängt uns Kolchis' düstre Märchenwelt, +Von der man spricht so weit die Sonne leuchtet. +Was keinem möglich deuchte ist geschehn; +Durchsegelt ist ein unbekanntes Meer, +Das zürnend Untergang dem ersten Schiffer drohte, +Zu neuen Völkern und zu neuen Ländern +Tat sich der Weg, und was oft schwerer noch, +Tat auch der Rückweg sich uns günstig auf: +Wir sind in Kolchis, unsrer Reise Ziel. +So weit hat gnädig uns ein Gott geführt; +Doch jetzo fürcht' ich wendet er sich ab! +Wir stehn in Feindes Land, von Tod umgeben +Fremd, ohne Rat und Führer--Jason fehlt. +Er, der zum Zug geworben, ihn geführt, +Er, dessen eigne Sache wir verfechten, +Mit Milo hat er sich vom Zug entfernt, +Heut Nacht entfernt und ward nicht mehr gesehn. +Ob er im Wald verirrt, verlassen schmachtet, +Ob er ins Netz gefallen der Barbaren, +Ob ihn aus Hinterhalt der Tod ereilt +Ich weiß es nicht, doch jedes steht zu fürchten. +So aufgelöst, vereinzelt, ohne Band, +Ist jeder nun sein eigner Rat und Führer +Drum frag' ich euch, die Ersten unsrer Schar: +Was ist zu tun? + +(Alle schweigen mit gesenkten Häuptern.) + +Ihr schweigt. Jetzt gilt's Entschluß! +Geladen von dem König dieses Landes +Zur Zweisprach, zum Versuch der Gütlichkeit, +Schien's uns gefährlich, ob des Führers Abgang +Den Aufruf abzulehnen, der geschehn, +Und zu enthüllen unsre Not und Schwäche. +Wir gingen, wir sind hier!--Was nun zu tun? +Wer Rat weiß, spreche nun! + +Dritter Argonaut. +Du bist der Ältste +Sprich du! + +Zweiter Argonaut. +Der Ältste ist der Erste nicht +Wo's Kraft gilt und Entschluß. Fragt einen andern! + +Erster Argonaut. +Laßt uns die Schwerter nehmen in die Hand +Den König töten und sein treulos Volk +Dann fort, doch erst die Beut' ins Schiff gebracht! + +Zweiter Argonaut. +Nicht auch das Land und heimgebracht zur Schau? +Dein Rat ist unreif Freund wie deine Jahre. +Gebt andern! + +Dritter Argonaut. +Rate du, wir folgen dir! + +Zweiter Argonaut. +Mein Rat ist Rückkehr! Murrt ihr? Nun wohlan +Sprech' einer Besseres, ich stimme bei! +Ihr schweigt gesamt und Niemand tritt hervor. +So hört, und stört nicht oder überzeugt mich! +Nicht eignes Streben hat uns hergeführt +Was kümmert Kolchis uns mit seinen Wundern? +Dem Mut, dem Glücke Jasons folgten wir +Den Arm ihm leihend zum gebotnen Werk; +Er tat des Oheims Willen, wir den seinen. +Wer ist, der treten mag an Jasons Stelle, +Hat ihn der Tod, wie möglich, hingerafft? +Wem liegt daran das Wundervließ zu rauben +Das Tod umringt und dräuende Gefahr? +Habt ihr gehört? im Schlund der Höhle liegt's, +Bewacht von eines Drachen gift'gen Zähnen, +Vom Graun verteidigt schwarzer Zauberei, +Beschützt von allem was verrucht und greulich; +Wer wagt's von euch, wer hebt den goldnen Schatz? +Wie Keiner? Nun, so woll' auch keiner (scheinen) +Was keiner Kraft und Willen hat zu (sein). +Hier leg' ich von mir Schild und Speer +Und geh' zum König als ein Mann des Friedens. +Drei Tage gönn' er uns zu harren Zeit, +Und kehrt dann Jason nicht, so ziehn wir heim. +Wer mit mir gleichdenkt, tue so wie ich. +Ein Held ist wer das Leben Großem opfert +Wer's für ein Nichts vergeudet ist ein Tor! + +(Die meisten stoßen ihre Speere in den Boden.) + +Nun kommt zu Kolchis' König. Gerne tauscht er +Die eigne Sicherheit wohl aus für unsre! + +Erster Argonaut. +Halt noch. Dort nahn zwei Griechen! Milo ist's +Der fort mit Jason ging und-- + +(schreiend) + +Jason selber! +Jason! + +Mehrere. +Jason! + +Alle (tumultuarisch). +Jason! + +Milo + +(hinter der) Szene). +Hier Gefährten! +Hier Jason, Argonauten! + +Erster Argonaut (zum zweiten). +Was sagst du nun? + +Zweiter Argonaut. +Daß Jason da ist, sag' ich Freund wie du. +Statt meines Rates gibt er euch die Tat. +Nur da er fort war hatt' ich eine Meinung! +Milo (tritt auf), Jason (an der Hand führend.) + +Milo. +Hier habt ihr ihn! Hier ist er ganz und gar! +Nun seht euch satt an ihm und schreit und jubelt! + +(Die Argonauten drängen sich um Jason, fassen seine Hände und +drücken ihre Freude aus.) + +Vermischte Stimmen. +Willkommen--Jason!--Freund!--Willkommen Bruder! + +Jason. +Habt ihr um mich gebangt? Hier bin ich wieder! + +(Indem er den Andrängenden die Hände reicht.) + +Milo (den nächststehenden umarmend). +Freund siehst du, er ist da? Gesund und rüstig! +Und's ging ihm nah ans Leben, ei beim Himmel! +Ein Haar! und ihr saht Jason nimmer mehr! +Er wagte sich, allein--ich durft' nicht mit-- +Um euretwillen Freunde wagt' er sich, +Im dichten Wald, allein, in einen Turm, +Der voll Barbaren steckte bis zum Giebel. +Da hieß es fechten. + +Jason. +Ja fürwahr es galt! +Verloren war ich, wenn ein Mädchen nicht-- + +Milo. +Ein Mädchen? Ein Barbarenmädchen? + +Jason. +Ja! + +Milo. +Sieh davon sagtest du mir früher nichts! +Und war sie schön? + +Jason. +So schön so reizend so-- +Doch eine arge, böse Zauberin.-- +Ihr dank' ich dies mein Leben! + +Milo. +Wackres Mädchen! + +Jason. +Ich schlug mich durch und--doch genug, ich lebe +Und bin bei euch!--Doch was führt euch hierher? + +Zweiter Argonaut. +Zur Zweisprach ließ uns laden Kolchis' König +Vernehmen will er unsre Forderung +Und dann entscheiden. + +Jason. +Hier? + +Zweiter Argonaut. +Hier ist sein Sitz! + +Jason. +Ich will ihn sprechen. Fügt er sich in Frieden +Gut denn! wenn nicht, dann mag das Schwert entscheiden. + +(Auf die seitwärts gestellten Speere zeigend.) + +Doch diese Waffen!--Seid ihr hier so sicher +Daß ihr des Schutzes selber euch beraubt? + +(Sie nehmen beschämt die weggelegten Speere wieder auf.) + +Ihr schweigt und schlagt beschämt die Augen nieder? +Habt ihr?-- + +(Zu Milo.) + +Oh sieh, sie meiden meinen Blick! +Unglückliche! es war doch nicht die Furcht-- +Die (Furcht) Hellenen, die den Speer euch nahm? +Es war's nicht--? + +(Zu Milo.) + +Ach es war's! Die Unglücksel'gen +Sie wagen's nicht der Lüge mich zu zeihn. +Was hat euch denn verblendet arme Brüder?-- +Es war die (Furcht)!-- + +(Zu einem der sprechen will.) + +Ich bitte dich, sprich nicht +Ich kann mir denken was du fühlst. Sprich nicht! +Mach' nicht, daß ich mich schäme vor mir selbst! +Denn, o nicht ohne Tränen könnt' ich schauen +In ein von Scham gerötet Männerantlitz. +Ich will's vergessen wenn ich kann. + +(Ein Kolcher tritt auf.) + +Kolcher. +Der König naht! + +Jason. +So laßt uns stark sein und entschlossen, Freunde +Nicht ahne der Barbar, was hier geschehn! +Aietes (tritt auf mit) Gefolge. + +Aietes. +Wer ist der das Wort führt für die Fremden! + +Jason (vortretend). +Ich! + +Aietes. +Beginn! + +Jason. +Hochmütiger Barbar, du wagst--? + +Aietes. +Was willst du? + +Jason. +Achtung! + +Aietes. +Achtung? + +Jason. +Meiner Macht, +Wenn meinem Namen nicht! + +Aietes. +Wohlan, so sprich! + +Jason. +Thessaliens Beherrscher, Pelias, +Mein Oheim und mein Herr, schickt mich zu dir, +Mich, Jason, dieser Männer Kriegeshaupt, +Zu dir zu reden, wie ich jetzo rede! +Gekommen ist die Kunde übers Meer, +Daß Phryxus, ein Hellene, hohen Stammes, +Den Tod gefunden hier in deinem Reich! + +Aietes. +Ich schlug ihn nicht. + +Jason. +Warum verteidigst du dich, +Eh ich dich noch beschuldigt? Hör' mich erst. +Mit Schätzen und mit Gute reich beladen +War Phryxus' Schiff. Das blieb in deiner Hand +Als er verblich geheimnisvollen Todes! +Sein Haus ist aber nahverwandt dem meinen, +Drum in dem Namen meines Ohms und Herrn +Fordr' ich, daß du erstattest, was sein eigen, +Und was nun mein und meines Fürstenhauses. + +Aietes. +Nichts weiß ich von Schätzen. + +Jason. +Laß mich enden. +Das Köstlichste von Phryxus' Gütern aber +Es war ein köstliches, geheimnisvolles Vließ, +Des er entkleidete in Delphis hoher Stadt +Das Bildnis eines unbekannten Gottes +Das dort seit grauen Jahren aufgestellt, +Man sagt, von den Urvätern unsers Landes, +Die fernher kommend, und von Oben stammend, +Das Land betraten und der Menschheit Samen +Weitbreitend in die leere Wildnis streuten, +Und Hellas' Väter wurden, unsre Ahnen +Von ihnen sagt man stamme jenes Zeichen, +Ein teures Pfand für Hellas' Heil und Glück. +Vor allem nun dies Vließ fordr' ich von dir, +Daß es ein Kleinod bleibe der Hellenen +Und nicht in trotziger Barbaren Hand +Zum Siegeszeichen diene wider sie. +Sag' was beschließest du? + +Aietes. +Ich hab's nicht! + +Jason. +Nicht? +Das goldne Vließ? + +Aietes. +Ich hab's nicht, sag' ich dir! + +Jason. +Ist dies dein letztes Wort? + +Aietes. +Mein letztes! + +Jason. +Wohlan! + +(Wendet sich zu gehn.) + +Aietes. +Wo willst du hin? + +Jason. +Fort, zu den Meinen, +Sie zu den Waffen rufen, um zu sehen, +Ob du der Macht unnahbar wie dem Recht. + +Aietes. +Ich lache deiner Drohungen! + +Jason. +Wie lange? + +Aietes. +Tollkühner! Mit einem Häufchen Abenteurer +Willst du trotzen dem König von Kolchis? + +Jason. +Ich will's versuchen! + +(Will gehen.) + +Aietes. +Halt! Du rasest glaub' ich. +Ist wirklich der Götter Huld geknüpft an jenes Zeichen +Und ist dem Sieg und Rache, der's besitzt, +Wie kannst du hoffen zu bestehen gegen mich, +In dessen Hand-- + +Jason. +Ha, so besitzest du's? + +Aietes. +Wenn's wäre, mein' ich, wie du glaubst. + +Jason. +Ich weiß genug! +Schwachsinniger Barbar, und darauf stützest +Du deiner Weigrung unhaltbaren Trotz? +Du glaubst zu siegen, weil in deiner Hand-- +Nicht gut nicht schlimm ist, was die Götter geben +Und der Empfänger erst macht das Geschenk. +So wie das Brot, das uns die Erde spendet, +Den Starken stärkt, des Kranken Siechtum mehrt, +So sind der Götter hohe Gaben alle, +Dem Guten gut, dem Argen zum Verderben. +In meiner Hand führt jenes Vließ zum Siege +In deiner sichert's dir den Untergang. +Sprich selbst, wirst du es wagen zu berühren +Besprützt wie's ist mit deines Gastfreunds Blut,-- + +Aietes. +Schweig! + +Jason. +Sag' gibst du's heraus?--ja oder nein! + +Aietes. +So höre mich! + +Jason. +Ja oder nein! + +Aietes. +Du rascher! +Warum uns zanken ohne Not +Laß uns friedlich überlegen +Und dann entscheiden was zu geschehn! + +Jason. +Du gibst es denn heraus? + +Aietes. +Was?--Ei laß das! +Wir wollen uns erst kennen und verstehn. +Dem Freunde gibt man, nicht dem Fremden! +Tritt ein bei mir und ruhe von der Fahrt. + +Jason. +Ich trau' dir nicht! + +Aietes. +Warum nicht? +Ist auch rauh meine Sprache, fürchte nichts. +Laß dir's wohl sein in meinem Lande. +Liebst du den Becher? Wir haben Tranks die Fülle. +Jagd? Wildreich sind unsre Forste. +Magst du dich freun in der Weiber Umarmung? +Kolchis hat-- + +(Näher zu ihm tretend.) + +Liebst du die Weiber? + +Jason. +(Eure) Weiber? und doch-- + +Aietes. +Liebst du die Weiber? + +Jason. +Kennst einen Turm du dort im nahen Walde, +Der--doch wo bin ich! Komm zur Sache König! +Gibst du das Vließ? + +Aietes + +(zu einem Kolcher). +Ruf Medeen und bring' Wein! + +Jason. +Noch einmal, gibst du mir das Vließ? + +Aietes. +Sei ruhig! +Erst gezecht dann zum Rat, so halten wir's. + +Jason. +Ich will von deinen Gaben nichts. + +Aietes. +Du sollst! +Ungespeist geht keiner aus Aietes' Hause! +Sieh man kommt, laß dir's gefallen, Fremdling! +Medea (kömmt verschleiert einen Becher in der Hand, mit ihr) Diener +(die Pokale tragen.) + +Aietes. +Hier trink, mein edler Gast! + +(Zu Medeen.) + +Ist er bereitet? + +Medea. +O frage nicht! + +Aietes. +So geh und biet ihn an! +Erlabe dich mein Gast! + +Jason. +Ich trinke nicht! + +(Medea fährt beim Klang von Jasons Stimme zusammen. Sie blickt +empor, erkennt ihn und tritt einige Schritte zurück.) + +Aietes (zu Jason). +Warum nicht? + +(Zu Medeen.) + +Hin zu ihm. Tritt näher sag' ich! + +Jason. +Was seh' ich?--Diese Kleider!--Mädchen bleib! +Dein Kleid erneuert mir ein holdes Bild +Das ich nur erst--Gib deinen Becher mir, +Ich wag's auf deine Außenseite! Gib! + +(Er nimmt den Becher aus ihrer Hand.) + +Ich leer' ihn auf dein Wohl! + +Medea. +Halt ein! + +Jason. +Was ist? + +Medea. +Du trinkst Verderben! + +Jason. +Wie? + +Aietes. +Medea! + +Jason + +(indem er den Becher wegwirft). +König +Das deine Freundschaft? Rache dir Barbar! +Doch du, wer bist du? die so sonderbar +Mit Grausamkeit vereinet Mitleids Milde? +Laß mich dich schaun! + +(Er reißt ihr den Schleier ab.) + +Sie ist's! Es ist dieselbe! + +Aietes. +Medea fort! + +Jason. +Medea heißest du? +So sprich Medea denn! + +Medea. +Was willst du? + +Jason. +Wie? +So mild dein Tun und rauh dein Wort, Medea? +Nur zweimal sah ich dich und beidemal +Verdank' ich dir mein Leben. Habe Dank! +Es scheint die Götter haben uns ersehn +Uns Freund zu sein, nicht Feinde, o Medea! +Noch einmal diesen Blick, o sieh nicht weg! +Schau' mir ins Aug, ich mein' es rein und gut. + +(Erfaßt ihre Hand und wendet sie gegen sich.) + +Laß mich in deinem Blick die Kunde lesen + +(Medea entreißt ihm die Hand.) + +Jason. +Halt ein! + +Medea (sich emporrichtend). +Verwegner wagst du's?--Weh! + +(Sie begegnet seinem Blicke, fährt zusammen und entflieht.) + +Jason. +Medea! + +(Medea ab.) +(Er eilt ihr nach.) + +Aietes. +Zurück! + +Jason. +Du selbst zurück, Barbar!--Medea! +(Indem er ins Zelt dringen will und Aietes sich ihm abwehrend in +den Weg stellt, fällt der Vorhang.) + + + + +Dritter Aufzug + +(Das Innere von des Königs Zelte. Der hintere Vorhang desselben +ist so, daß man durch denselben, ohne die draußen befindlichen +Personen genau unterscheiden zu können, doch die Umrisse derselben +erkennen kann.) +Medea, Gora, Jungfrauen (im Zelte.) Jason, Aietes (und) Alle +Personen des letzten Aktschlusses (außer demselben.) +(Medea steht links im Vorgrunde aufgerichtet, die linke Hand auf +einen Tisch gestützt, die Augen unbeweglich vor sich gerichtet in +der Stellung einer die hört was außen vorgeht. Gora sie +beobachtend auf der andern Seite des Tisches. Jungfrauen teils +knieend, teils stehend um sie gruppiert. Einige) Krieger (im +Hintergrunde des Zeltes an den Seiten aufgestellt.) + +Jason (von außen). +Ich will hinein! + +Aietes (außen). +Zurück! + +Jason. +Denkst du's zu wehren? +Vom Schwert die Hand! die Hand vom Schwerte sag' ich, +Das meine zuckt, ich kann nicht drohen sehn! +Ich will hinein! Gib Raum! + +Aietes. +Zurück Verwegner! + +Gora (zu Medeen). +Er rast der Freche! + +Jason (außen). +Hörst du mich Medea? +Gib mir ein Zeichen wenn du hörst! + +Gora. +Vernahmst du? + +Jason. +Dringt bis zu dir mein Ruf, so gib ein Zeichen. +Erwählte! + +(Medea, die bis jetzt unbeweglich gestanden fährt zusammen und legt +die Hand auf die tiefatmende Brust.) + +Jason. +Sieh, mein Arm ist offen. Komm! + +(Jasons Stimme kommt immer näher.) + +Ich hab' dein Herz erkannt! Erkenn' das meine +Medea komm! + +Aietes. +Zurück! + +Gora. +Er dringt herein! + +(Medea reißt sich aus den Armen ihrer Jungfrauen los und flieht auf +die andere Seite des Vorgrunds.) + +Jason. +Ich rufe dir! Ich liebe dich, Medea. + +Gora (Medeen folgend). +Hast du gehört? + +Medea (verhüllt die Augen mit der Hand). + +Gora (dringend). +Unglückliche das also war's? +Daher die Bewegung, daher deine Angst +O Schmach und Schande, wär' es wirklich? + +Medea (aufgerichtet, sie mit Hoheit anblickend). +Was? + +Jason (indem er die Vorhänge des Zeltes aufreißt). +Ich muß sie sehn!--Da ist sie!--Komm Medea! + +Gora. +Er naht! Entflieh! + +Medea (zu den Soldaten im Zelte). +Steht ihr so müßig +Braucht die Waffen, helft eurem Herrn! + +Aietes (der indes mit Jason am Eingange gerungen hat). +Mit meinem Tod erst dringst du hinein! + +(Die Soldaten im Zelte stürzen auf die Streitenden los. Jason wird +weggedrängt. Die Vorhänge fallen wieder zu.) + +Jason (draußen). +Medea!--Wohl so mag das Schwert entscheiden! + +Absyrtus' Stimme. +Schwerter bloß! Hier ist das Meine! + +(Waffengeklirr von außen.) + +Gora. +Sie fechten! Götter stärkt der Unsern Arm! + +(Medea steht wieder bewegungslos da.) + +Milos Stimme (von außen). +Jason zurück! Wir werden übermannt +Zwölf unsre Schar und hunderte der Feinde! +Barbaren brecht ihr den geschwornen Stillstand? + +Jason. +Laß sie nur kommen, ich empfange sie! + +Aietes. +Haut sie nieder, weichen sie nicht! + +(Das Waffengeklirr entfernt sich.) + +Gora. +Die Fremden werden zurückgedrängt, die Unsern siegen! +Medea fasse dich. Dein Vater naht. +Aietes und Absyrtus kommen. + +Aietes. +Wo ist sie?--Hier! Verräterin +Wagst du's zu stehn deines Vaters Blick? + +Medea (ihm entgegen). +Nicht zu Worten ist's jetzt Zeit, zu Taten! + +Aietes. +Das sagst du mir nach dem was geschehn, +Jetzt, da das Schwert noch bloß in meiner Hand? + +Medea. +Nichts weiter von Vergleich, von Unterredung +Von gütlichen Vertrags fruchtlosem Versuch. +Bewaffne die Krieger, versammle die Deinen +Und jetzt auf sie hin, hin auf die Fremden +Eh sie's vermuten, eh sie sich fassen. +Hinaus mit ihnen, hinaus aus deinem Land +Rettend entführe sie ihr schnelles Schiff +Oder der Tod ihnen allen--allen! + +Aietes. +Wähnst du mich zu täuschen, Betrügerin? +Wenn du sie hassest, was warfst du den Becher, +Der mir sie liefern sollte, Jason liefern sollte, +Jason--sich mir ins Antlitz. Du wendest dich ab? + +Medea. +Was liegt dir an meiner Beschämung, +Rat bedarfst du, ich g e b e dir Rat. +Noch einmal also, verjag' sie die Fremden +Stoß sie hinaus aus den Marken des Reichs +Der grauende Morgen, der kommende Tag +Sehe sie nicht mehr in Kolchis' Umfang. + +Aietes. +Du machst mich irre an dir, Medea. + +Medea. +War ich es lange nicht, lange nicht selbst? + +Aietes. +So wünschest du daß ich vertreibe die Fremden? + +Medea. +Flehend, knieend bitt' ich dich drum. + +Aietes. +Alle? + +Medea. +Alle! + +Aietes. +Alle? + +Medea. +Frage mich nicht! + +Aietes. +Nun wohlan denn ich waffne die Freunde! +Du gehst mit! + +Medea. +Ich? + +Aietes. +Seltsame, du! +Sieh ich weiß, nicht den Pfeil nur vom Bogen, +Schleuderst den Speer auch, die mächtige Lanze, +Schwingest das Schwert in kräftiger Hand. +Komm mit, wir verjagen die Feinde! + +Medea. +Nimmermehr! + +Aietes. +Nicht? + +Medea. +Mich sende zurück +In das Innre des Landes Vater, +Tief, wo nur Wälder und dunkles Geklüft, +Wo kein Aug hindringt, kein Ohr, keine Stimme, +Wo nur die Einsamkeit und ich. +Dort will ich für dich zu den Göttern rufen +Um Beistand für dich, um Kraft, um Sieg. +Beten Vater, doch kämpfen nicht. +Wenn die Feinde verjagt, wenn kein Frevler mehr hier, +Dann komm' ich zurück und bleibe bei dir +Und pflege dein Alter sorglich und treu +Bis der Tod herankommt, der freundliche Gott +Und leise beschwichtigend, den Finger am Mund, +Auf seinem Kissen von Staub und Moos +Die Gedanken schlafen heißt und ruhn die Wünsche. + +Aietes. +Du willst nicht mit und ich soll dir glauben? +Ungeratene zittre!--Jason? + +Medea. +Was fragst du mich wenn du's weißt. +Oder willst du's hören aus meinem Mund +Was ich bis jetzt mir selber verbarg, +Ich mir verbarg? die Götter mir bargen. +Laß dich nicht stören die flammende Glut, +Die mir, ich fühl' es die Wangen bedeckt, +Du willst es hören und ich sag' es dir. +Ich kann nicht im Trüben ahnen und zagen +Klar muß es sein um Medea, klar! +Man sagt--und ich fühle es ist so!-- +Es gibt ein Etwas in des Menschen Wesen, +Das, unabhängig von des Eigners Willen, +Anzieht und abstößt mit blinder Gewalt; +Wie vom Blitz zum Metall, vom Magnet zum Eisen, +Besteht ein Zug, ein geheimnisvoller Zug +Vom Menschen zum Menschen, von Brust zu Brust. +Da ist nicht Reiz, nicht Anmut, nicht Tugend nicht Recht +Was knüpft und losknüpft die zaub'rischen Fäden, +Unsichtbar geht der Neigung Zauberbrücke +So viel sie betraten hat keiner sie gesehn! +Gefallen muß dir was dir gefällt +So weit ist's Zwang, rohe Naturkraft: +Doch steht's nicht bei dir die Neigung zu (rufen) +Der Neigung zu (folgen) steht bei dir, +Da beginnt des Wollens sonniges Reich +Und ich will nicht + +(Mit aufgehobener Hand.) + +Medea will (nicht)! +Als ich ihn sah, zum erstenmale sah, +Da fühlt' ich stocken das Blut in meinen Adern, +Aus seinem Aug, seiner Hand, seinen Lippen +Gingen sprühende Funken über mich aus +Und flammend loderte auf mein Innres. +Doch verhehlt' ich's mir selbst. Erst als er's aussprach, +Aussprach in der Wut seines tollen Beginnens, +Daß er liebe-- +Schöner Name +Für eine fluchenswerte Sache!-- +Da ward mir's klar und (darnach) will ich handeln. +Aber verlange nicht, daß ich ihm begegne, +Laß mich ihn fliehn--Schwach ist der Mensch +Auch der stärkste, schwach! +Wenn ich ihn sehe drehn sich die Sinne +Dumpfes Bangen überschleicht Haupt und Busen +Und ich bin nicht mehr, die ich bin. +Vertreib ihn, verjag' ihn, töt' ihn, +Ja, weicht er nicht, töt' ihn Vater +Den Toten will ich (schaun), wenn auch mit Tränen schaun +Den Lebenden nicht. + +Aietes. +Medea! + +Medea. +Was beschließest du? + +Aietes (indem er ihre Hand nimmt). +Du bist ein wackres Mädchen! + +Absyrtus (ihre andre Hand nehmend). +Arme Schwester! + +Medea. +Was beschließest du? + +Aietes. +Wohl, du sollst zurück. + +Medea. +Dank! tausend Dank! Und nun ans Werk mein Vater! + +Aietes. +Absyrtus wähl' aus den Tapfern des Heers +Und geleite die Schwester nach der Felsenkluft-- +Weißt du?--wo wir's aufbewahrten--das goldne Vließ! + +Medea. +Dorthin? Nein! + +Aietes. +Warum nicht? + +Medea. +Nimmermehr! +Dorthin, an den Ort unsers Frevels? +Rache strahlet das schimmernde Vließ. +So oft ich's versuch' in die Zukunft zu schauen +Flammt's vor mir wie ein blut'ger Komet, +Droht mir Unheil, findet's mich dort! + +Aietes. +Törin! Kein sichrerer Ort im ganzen Lande +Auch bedarf ich dein, zu hüten den Schatz +Mit deinen Künsten, deinen Sprüchen, +Dorthin oder mit mir! + +Medea. +Es sei, ich gehorche! +Aber einen Weg sende mich, wo kein Feind uns trifft. + +Aietes. +Zwei Wege sind. Einer nah am Lager des Feindes +Der andre rauh und beschwerlich, wenig betreten, +Über die Brücke führt er am Strom, den nimm Absyrtus! +Nun geht!--Hier der Schlüssel zum Falltor +Das zur Kluft führt! Nimm ihn, Medea. + +Medea. +Ich? Dem Bruder gib ihn! + +Aietes. +Dir! + +Medea. +Vater! + +Aietes. +Nimm ihn, sag' ich und reize mich nicht +Deiner törichten Grillen bin ich satt. + +Medea. +Nun wohl ich nehme! + +Aietes. +Lebe wohl! + +Medea. +Vater! + +Aietes. +Was? + +(Medea wirft sich lautschluchzend in seine Arme.) + +Aietes (weicher). +Törichtes Mädchen! + +(Er küßt sie.) + +Leb' wohl mein Kind. + +Medea. +Vater auf Wieder- Wiedersehn +Auf baldiges, frohes Wiedersehn! + +Aietes. +Nun ja, auf frohes Wiedersehn. + +(Sie mit der Hand von sich entfernend.) + +Nun geh! + +Medea (die Augen mit der Hand verhüllend). +Leb' wohl! + +(Ab mit Absyrtus.) + + + + +(Aietes bleibt nach dem Abgehen der Medea einige Augenblicke mit +gesenktem Haupt hinbrütend stehen. Plötzlich rafft er sich auf +blickt einige Male rasch um sich her und geht schnell ab.) + +(Eine waldichte Gegend an der Straße, die zum Lager der Argonauten +führt.) +Jason, Milo und Andre Argonauten kommen. + + +Milo. +Hier laßt uns halten Freunde. Die Barbaren +Verfolgen uns nicht mehr. Der Ort hier scheint bequem +Zum Angriff so, wie zur Verteidigung. +Auch ist's der einz'ge Weg, der, seit der Sturm +Die Brücken abgerissen heute Nacht, +Vom Sitze führt des Königs nach dem Innern +Und lagern wir uns hier, so schneiden wir +Ihm jeden Hilfszug ab, den er erwartet. +Geh' einer hin zur Schar der Rückgebliebnen +Und leite sie hierher. Wir warten ihrer. + +(Erster Argonaut ab.) +(Zu Jason der mit gekreuzten Armen auf und nieder geht.) + +Was überdenkst du Freund? + +Jason. +Gar mancherlei! + +Milo. +Gesteh' ich's dir? Du hast mich überrascht +Du zeigtest eine Falte deines Innern heut +Die neu mir ist. + +Jason. +Hätt' ich doch bald gesagt: +Mir auch! + +Milo. +So liebst du sie denn wirklich? + +Jason. +Lieben? + +Milo. +Du sagtest heut es mind'stens laut genug! + +Jason. +Der Augenblick entriß mir's--und gesteh! +Sie rettete mir zweimal nun das Leben. + +Milo. +Wie? zweimal? + +Jason. +Erst im Turm!-- + +Milo. +Das also war's +Was dir den Turm so teuer machte? + +Jason. +Das war's. + +Milo. +Ja so. + +Jason. +Nun denk' dir; so vollgült'gen Anspruch +Auf meinen Dank und--Milo sie ist schön-- + +Milo. +Ja, doch eine Barbarin-- + +Jason. +Sie ist gut-- + +Milo. +Und eine Zauberin dazu. + +Jason. +Ja wohl! + +Milo. +Ein furchtbar Weib mit ihren dunkeln Augen! + +Jason. +Ein herrlich Weib mit ihren dunkeln Augen! + +Milo. +Und was gedenkst du nun zu tun? + +Jason. +Zu tun? +Das Vließ zu holen, so mein Wort zu lösen, +Das andre aber heimzustellen jenen +Die oben walten über dir und mir. + +Milo. +So mag ich's gern! Beim Zeus so denkst du recht! +(Ein) Argonaut (kommt). + +Argonaut. +Links her vom Fluß sieht man sich Staub erheben, +Ein Häuflein Feinde naht heran. + +Jason. +Wie viele? + +Argonaut. +An vierzig oder fünfzig, kaum wohl mehr. + +Jason. +Laßt uns zurückziehn und am Weg verbergen, +Denn sähn sie uns, sie kämen nicht heran. +Verschwunden ist die Hoffnung zum Vergleich +So mögen denn die Schwerter blutig walten +Und die dort nahn, den Reihen führen an. +Zieht euch zurück, und haltet bis ich's sage. + +Milo. +Nur leis und sacht, daß sie uns nicht erspähn. + +(Ziehen sich alle zurück und ab.) + +(Absyrtus und Kolchische Krieger treten auf, Medea verschleiert +in ihrer Mitte.) + +Absyrtus. +Die Waffen haltet bereit zum Schlagen, +Leicht könnten wir treffen 'ne Feindesschar, +Der Weg hier führt vorbei an ihrem Lager. + +Medea + +(den Schleier zurückschlagend und vortretend). +Am Feindeslager? Warum diesen Weg? +Warum nicht den andern, mein Bruder? + +Absyrtus. +Der Sturm hat die Brücken abgerissen heut Nacht; +Jetzt erst erfuhr ich's. Aber sorge nicht! +Ich verteidige dich mit meinem Blut. +Wärst du nicht hier, ich forderte sie heraus. + +Medea. +Um aller Götter willen-- + +Absyrtus. +Ich sagte: wärst du nicht hier; +Aber nun, da du hier bist, tu' ich's nicht. +Nicht um den höchsten Preis, nicht um Kampf und Sieg, +Setzt' ich dich in Gefahr, meine Schwester! + +Medea. +So laß uns eilig vorüberziehn. + +Absyrtus. +Kommt denn! + +Jason + +(hinter der Szene). +Jetzt ist es Zeit! Greift an, ihr Freunde! + +(Hervorspringend.) + +Halt! + +Medea (aufschreiend). +Er! + +(Zu Absyrtus.) + +Laß uns fliehen, Bruder! + +Absyrtus. +Fliehen? Fechten! + +Jason (zu den andringenden Argonauten). +Wenn sie sich widersetzen, haut sie nieder! + +(Zu den Kolchern.) + +Zu Boden die Waffen! + +Absyrtus. +Du selber zu Boden! +Schließt euch Gefährten! Haltet sie aus! + +Medea. +Bruder! Hältst du so dein Versprechen? + +Absyrtus. +Versprach ich zu fliehn so verzeihn mir die Götter, +Nicht daß ich's breche, daß ich's gab das Wort! + +(Zu den Seinen). + +Weicht nicht! Der Vater ist nah, er sendet uns Hilfe! + +Jason (Medeen erblickend). +Bist du's Medea? Unverhofftes Glück! +Komm hierher! + +Medea (zu den Kolchern). +Schützet mich! + +Jason (die sich ihm entgegenstellenden Kolcher angreifend). +Ihr! aus dem Wege! +Eu'r Eisen hält nicht ab, zieht an den Blitzstrahl. + +(Die Kolcher werden zurückgedrängt, die Griechen verfolgen sie.) + +Jason. +Die Deinen fliehn. Du bist in meiner Macht! + +Medea. +Du lügst! In der Götter Macht, in meiner. +Verläßt mich alles, ich selber nicht! + +(Sie entreißt einem fliehenden Kolcher die Waffen und dringt mit +vorgehaltenem Schild und gesenktem Speer auf Jason ein.) + + +Stirb oder töte! + +Jason (indem er schonend zurückweicht). +Medea was tust du? + +Medea (näher dringend). +Töte oder stirb! + +Jason (mit einem Schwertstreich ihre Lanze zertrümmernd). +Genug des Spiels! + +(Das Schwert in die linke Hand nehmend, in welcher er den Schild +hält.) + +Was nun? + +Medea. +Treulose Götter! + +(Die abgebrochene Lanze samt dem Schild hinwerfend und einen Dolch +ziehend.) + +Noch sind mir Waffen! + +Jason (indem er Schild und Schwert von sich wirft und vor sie hintritt). +Töte mich wenn du kannst. + +Medea (mit abgewandten Gesicht, den Dolch in der Hand). +Kraft! + +Jason (weich). +Töte mich Medea, wenn du kannst! + +Medea (steht erstarrt). + +Jason. +Siehst du, du kannst's nicht, du vermagst es nicht! +Und nun zu mir! Genug des Widerstrebens! +Und weigerst du's? Versuch' es wenn du kannst. + +(Sie rasch anfassend und auf seinem Arm in die Höhe haltend.) + +So fass' ich dich, so halt' ich dich empor +Und trage dich durch unsrer Völker Streit, +Durch Haß und Tod, durch Kampfes blut'ge Wogen. +Wer wagt's zu wehren? Wer entreißt dich mir? + +Medea. +Laß mich! + +Jason. +Nicht eher bis du gütig sprichst, +Nicht eher bis ein Wort, ein Wink, ein Laut +Verrät daß du mir weichst, daß du dich gibst. + +(Zu ihr empor blickend und heftig schüttelnd.) + +Medea, dieses Zeichen! + +Medea + +(leise). +Jason! laß mich! + +Jason. +"Jason!"--Da sprachst du meinen Namen aus, +Zum ersten Male aus! O holder Klang! +"Jason!" wie ist der Name doch so schön +Seit du ihn sprachst mit deinen süßen Lippen. +Hab' Dank Medea, hab' den besten Dank! + +(Er hat sie auf den Boden niedergelassen.) + +Medea, Jason; Jason und Medea +O schöner Einklang! Dünket dir's nicht auch? +Du zitterst! Setz' dich hier! Erhole dich! + + +(Er führt Medeen zu einer Rasenbank. Sie folgt ihm und sitzt mit +vorhängendem Leibe, die Augen vor sich starr auf dem Boden, die +Hände, in denen noch der Dolch, gefaltet im Schoße.) + +Jason (steht vor ihr). +Noch immer stumm, noch immer trüb und düster? +O zage nicht; du bist in Freundes Hand. +Zwar geb' ich leicht dem Vater dich nicht wieder, +Ein teures Unterpfand ist mir sein Kind; +Doch soll dir's drum bei mir nicht schlimm ergehn, +Nicht schlimmer wenigstens als mir bei dir. +Wenn ich so vor dir steh' und dich betrachte, +Beschleicht mich ein fast wunderbar Gefühl. +Als hätt' des Lebens Grenz' ich überschritten +Und stünd' auf einem unbekannten Stern, +Wo anders die Gesetze alles Seins und Handelns, +Wo ohne Ursach' was geschieht und ohne Folge, +Da seiend weil es ist. +Dahergekommen durch ein wildes Meer, +Aus Ländern, so entfernt, so abgelegen, +Daß (Wünsche) kaum vorher die Reise wagten, +Auf Kampf und Streit gestellt, lang' ich hier an, +Und sehe dich und bin mit dir bekannt. +Wie eine Heimat fast dünkt mir dies fremde Land, +Und, abenteuerlich ich selbst, schau' ich +Verwundrungslos, als könnt' es so nur sein, +Die Abenteuer dieses Wunderbodens. +Und wieder, ist das Fremde mir bekannt, +So wird dafür mir, was bekannt, ein Fremdes. +Ich selber bin mir (Gegenstand) geworden, +Ein andrer denkt in mir, ein andrer handelt. +Oft sinn' ich meinen eignen Worten nach, +Wie eines Dritten, was damit gemeint, +Und kommt's zur Tat, denk' ich wohl bei mir selber, +Mich soll's doch wundern, was er tun wird und was nicht. +Ein einz'ges ist mir licht und das bist du, +Ja du Medea, scheint's auch noch so fremd. +Ich ein Hellene, du Barbarenbluts, +Ich frei und offen, du voll Zaubertrug, +Ich Kolchis' Feind, du seines Königs Kind +Und doch Medea, ach und dennoch, dennoch! +Es ist ein schöner Glaub' in meinem Land, +Die Götter hätten doppelt einst geschaffen +Ein jeglich Wesen und sodann geteilt; +Da suche jede Hälfte nun die andre +Durch Meer und Land und wenn sie sich gefunden, +Vereinen sie die Seelen, mischen sie +Und sind nun eins!--Fühlst du ein halbes Herz +Ist's schmerzlich dir gespalten in der Brust, +So komm--doch nein da sitzt sie trüb und düster, +Ein rauhes Nein auf meine milde Deutung, +Den Dolch noch immer in geschloßner Hand. +O fort! + +(Ihre Hand fassend und den Dolch entwendend.) + +Laßt los ihr Finger! Bunte Kränze, +Geschmeid und Blumen ziemt euch zu berühren, +Nicht diesen Stahl, gemacht für Männerhand. + +Medea (aufspringend). +Fort! + +Jason (sie zurückhaltend). +Bleib! + +Medea. +Von hier! + +Jason. +Bleib da, ich bitte dich! +Ich sage dir: bleib da! Hörst du, du sollst! +Du sollst, beim Himmel, gält' es auch dein Leben! +Wagt es das Weib, dem Mann zu bieten Trotz? +Bleib! + +(Er faßt ihre Arme mit beiden Händen.) + +Medea. +Laß! + +Jason. +Wenn du gehorchst, sonst nimmermehr! + +(Er ringt mit der Widerstrebenden.) + +Mich lüstet deines Starrsinns Maß zu kennen! + +Medea (in die Kniee sinkend). +Weh mir! + +Jason. +Siehst du? du hast es selbst gewollt. +Erkenne deinen Meister, deinen Herrn! + +(Medea liegt auf einem Kniee am Boden, auf das andre stützt sie den +Arm, das Gesicht mit der Hand bedeckend.) + + + +Jason (hinzutretend). +Steh auf!--Du bist doch nicht verletzt?--Steh auf! +Hier sitz und ruh', (vermagst) du es zu ruhn! + +(Er hebt sie vom Boden auf, sie sitzt auf der Rasenbank.) + +Jason. +Umsonst versend' ich alle meine Pfeile +Rückprallend treffen sie die eigne Brust. +Wie hass' ich dieses Land, sein rauher Hauch +Vertrocknete die schönste Himmelsblume, +Die je im Garten blühte der Natur. +Wärst du in Griechenland, da wo das Leben +Im hellen Sonnenglanze heiter spielt, +Wo jedes Auge lächelt wie der Himmel, +Wo jedes Wort ein Freundesgruß, der Blick +Ein wahrer Bote wahren Fühlens ist, +Kein Haß als gegen Trug und Arglist, kein-- +Und doch, was sprech ich? Sieh, ich weiß es wohl +Du bist nicht was du scheinen willst, Medea, +Umsonst verbirgst du dich, ich kenne dich! +Ein wahres, warmes Herz trägst du im Busen, +Die Wolken hier, sie decken eine Sonne. +Als du mich rettetest, als dich mein Kuß-- +Erschrickst du?--Sich mich an!--Als dich mein Kuß!-- +Ja deine Lippen hat mein Mund berührt, +Eh ich dich kannt', eh ich dich fast gesehn +Nahm ich mir schon der Liebe höchste Gabe; +Da fühlt' ich (Leben) mir entgegen wallen +Und du gibst trügerisch dich nun für (Stein)! +Ein wahres, warmes Herz schlägt dir im Busen +Du (liebst) Medea! + +(Medea will aufspringen.) + +Jason (sie niederziehend). +Bleib!--du liebst Medea! +Ich seh's am Sturmeswogen deiner Brust +Ich seh's an deiner Wangen Flammenglut +Ich fühl's an deines Atems heißem Wehn, +An diesem Beben fühl' ich es--du liebst, +Liebst (mich)! (Mich) wie ich (dich)!--ja wie ich (dich)! + +(Er kniet vor ihr.) + +Schlag deine Augen auf und leugne wenn du's kannst! +Blick' mich an und sag' nein!--du liebst Medea! + +(Erfaßt ihre beiden Hände und wendet die sich Sträubende gegen sich, +ihr fest ins Gesicht blickend.) + +Jason. +Du weinst! Umsonst, ich kenne Mitleid nicht +Mir Aug ins Aug, und sage: nein!--du liebst! +Ich liebe dich, du mich! Sprich's aus Medea! + +(Er hat sie ganz gegen sich gewendet. Ihr Auge trifft das seinige. +Sie schaut ihm mit einem tiefen Blick ins Auge.) + +Jason. +Dein Auge hat's gesagt, nun auch der Mund! +Sprich's aus Medea, sprich es aus: ich liebe! +Fällt dir's so schwer ich will dich's lehren, Kind. +Sprich's nach: ich liebe dich! + +(Er zieht sie an sich; sie verbirgt dem Zuge folgend das Gesicht in +seinen Haaren.) + +--Und noch kein Wort! +Kein Wort, obschon ich sehe, wie der Sturm +An deines Innern festen Säulen rüttelt. +Und doch kein Wort! + +(Aufspringend.) + +So hab' es Störrische! +Geh! Du bist frei, ich halte dich nicht mehr! +Kehr' wieder zu den Deinigen zurück, +Zu ihren Menschenopfern, Todesmahlen, +In deine Wildnis, Wilde kehr' zurück, +Geh! Du bist frei; ich halte dich nicht mehr! + +Aietes (von innen). +Hierher, Kolcher, hierher! + +Jason. +Dein Vater naht. +Sei froh, ich weigre dich ihm nicht. +Argonauten (kommen weichend. +Hinter ihnen) Aietes, Absyrtus (und) Kolcher(, die sie verfolgen.) + +Aietes (auftretend). +Braucht eure Waffen, wackre Genossen! +Wo ist mein Kind? + +Absyrtus. +Dort Vater sitzt sie. + +Aietes (zu Jason). +Verruchter Räuber, mein Kind gib mir zurück! + +Jason. +Wenn du mich bittest, nicht wenn du mir drohst. +Dort ist dein Kind. Nimm sie und führ' sie heim. +Nicht weil Du willst, weil sie will und weil ich will. + +(Zu Medeen hintretend und sie anfassend.) + +Steh auf Medea! Komm! Hier ist dein Vater! +Du sehntest dich nach ihm; hier ist er nun. +Verhüten es die Götter, daß ich hier +Zurück dich hielte wider deinen Willen. +Was zitterst du? du hast es selbst gewollt. + +(Er führt die Wankende zu ihrem Vater und gibt sie ihm in die Arme.) + +Hier Vater ist dein Kind. + +Aietes (Medeen empfangend, die das Gesicht auf seiner Schulter verbirgt). +Medea! + +Absyrtus. +Schwester! + +Jason. +Nun König, rüste dich zum Todeskampf! +Die Bande, die mich hielten sind gesprengt, +Zerronnen ist der schmeichelhafte Wahn, +Der mir der Tatkraft Sehnen abgespannt. +Mit ihr, die jetzo ruht in deinem Arm, +Legt' ich den Frieden ab und atme Krieg. +Auf, rüste dich, es gilt dein Heil und Leben! + +(Zu Medeen.) + +Du aber, die hier stumm und bebend liegt, +Das Angesicht so feindlich abgewandt, +Leb' wohl! Wir scheiden jetzt auf immerdar. +Es war ein Augenblick, wo ich gewähnt, +Du könntest fühlen, könntest mehr als hassen, +Wo ich geglaubt, die Götter hätten uns +Gewiesen an einander, dich und mich. +Das ist nunmehr vorbei. So fahre hin! +Du hast das Leben zweimal mir gerettet, +Das dank' ich dir und werd' es nie vergessen. +In ferner Heimat und nach langen Jahren +Will ich's erzählen in dem Kreis der Freunde. +Und frägt man mich und forscht: wem gilt die Träne, +Die fremd dir da im Männerauge funkelt? +Dann sprech' ich wohl in schmerzlicher Erinnrung: +Medea hieß sie; schön war sie und herrlich, +Allein ihr Busen barg kein Herz. + +Aietes. +Medea +Was ist? Feucht liegt dein Gesicht auf meiner Schulter. +Weinst du? + +Jason. +Du weinst? Laß mich die Tränen sehn, +O laß mich's glauben, daß du weinen kannst. +Blick' noch einmal nach mir, es ist das letztemal; +Ich will den Blick mittragen in die Ferne. +Denk' doch, es ist zum letzten- letztenmal. + +(Er faßt ihre herabhängende Hand.) + +Aietes. +Wagst du's, zu berühren ihre Hand? + +Jason (indem er ihre Hand fahren läßt). +Sie will nicht. Nun wohlan, so sei es denn! +Du siehst mich nimmermehr auf dieser Erde. +Leb' wohl Medea, leb' auf ewig wohl! + +(Er geht rasch.) + +Medea (das Gesicht hinwendend und den Arm ihm nachstreckend). +Jason! + +Jason (umkehrend). +Das war's! Medea! Komm zu mir! + +(Auf sie zueilend und ihre Hand fassend.) + +Zu mir! + +Aietes (sie an der andern Hand haltend). +Verwegner, fort! + +Jason (Aietes' Hand wegschleudernd und Medeen an sich reißend). +Wagst du's Barbar! +Sie ist mein Weib! + +Aietes. +Sein Weib?--Du schweigst Verworfne? + +Jason (Medeen auf die andere Seite führend). +Hierher Medea, fort von diesen Wilden. +Von nun an bist du mein und keines Andern! + +Aietes. +Medea, du weigerst dich nicht? du folgst ihm? +Stößt ihm nicht den Stahl in die frevelnde Brust? +Verruchte, war's vielleicht dein eignes Werk? + +(Auf Jason eindringend.) + +Meine Tochter gib mir, mein verlocktes Kind! + +Medea (sich zwischen beide werfend). +Vater, töt' ihn nicht! Ich lieb' ihn! + +Jason. +Er konnte dir's entreißen und ich nicht! + +Aietes. +Schamlose! Du selbst gestehst's? Gestehst deine Schande? +O, daß ich nicht merkte die plumpe List, +Daß ich selbst sie sandte in seinen Arm, +Vertrauend der Väter Blut in ihren Adern! + +Jason. +Darfst du sie schmähen? + +Medea. +Höre mich Vater! +Es ist geschehn was ich fürchtete. Es ist. +Aber laß uns klar sein, Vater, klar! +In schwarzen Wirbeln dreht sich's um mich +Aber ich will hindurch, empor aus Dunkel und Nacht. +Noch läßt sich's wenden, ab sich wenden. Höre mich! + +Aietes. +Was soll ich hören? Ich habe gesehn! + +Medea. +Vater! Vernicht' uns nicht alle. +Löse den Zauber, beschwichtige den Sturm! +Heiß ihn dableiben, den Führer der Fremden, +Nimm ihn auf, nimm ihn an! +An deiner Seite herrsch' er in Kolchis, +Dir befreundet, dein Sohn! + +Aietes. +Mein Sohn? Mein Feind. +Tod ihm, und dir, wenn du nicht folgst! +Willst du mit mir? Sprich! Willst du oder nicht? + +Medea. +Höre mich. + +Aietes. +Willst du, oder nicht? + +Absyrtus. +Gönn' ihr zu sprechen, Vater! + +Aietes. +Ja oder nein? +Laß mich Sohn!--Willst du?--Sie kommt nicht.--Schlange! + +(Er holt mit dem Schwert aus.) + +Jason (sich vor sie hinstellend). +Du sollst sie nicht verletzen! + +Absyrtus (zugleich dem Vater in den Arm fallend). +Vater, was tust du? + +Aietes. +Du hast recht. Nicht sterben soll sie, leben; +Leben in Schmach und Schande; verstoßen, verflucht, +Ohne Vater, ohne Heimat, ohne Götter! + +Medea. +Vater! + +Aietes. +Du hast mich betrogen, verraten. +Bleib! Nicht mehr betreten sollst du mein Haus. +Ausgestoßen sollst du sein, wie das Tier der Wildnis, +Sollst in der Fremde sterben, verlassen, allein. +Folg' ihm, dem Buhlen, nach in seine Heimat, +Teile sein Bett, sein Irrsal, seine Schmach; +Leb' im fremden Land, eine Fremde, +Verspottet, verachtet, verhöhnt, verlacht; +Er selbst, für den du hingibst Vater und Vaterland +Wird dich verachten, wird dich verspotten, +Wenn erloschen die Lust, wenn gestillt die Begier; +Dann wirst du stehn und die Hände ringen, +Sie hinüberbreiten nach dem Vaterland, +Getrennt durch weite, brandende Meere, +Deren Wellen dir murmelnd bringen des Vaters Fluch! + +Medea (knieend). +Vater! + +Aietes. +Zurück! Ich kenne dich nicht! +Komm, mein Sohn! Ihr Anblick verpestet, +Ihre Stimme ist Todeslaut meinem Ohr. +Umklammre nicht meine Kniee, Verruchte! +Sieh ihn dort, ihn, den du gewählt; +Ihm übergeb' ich dich; +Er wird mich rächen, er wird dich strafen, +Er selber, früher als du denkst. + +Medea. +Vater! + +Aietes + +(indem er die Knieende von sich stößt, daß sie halbliegend +zurücksinkt). +Weg deine Hand, ich kenne dich nicht! +Fort mein Sohn, mein einziges Kind! +Fort mein Sohn aus ihrer Nähe! + +(Ab mit Absyrtus und Kolchern.) + +Jason. +Flieh nur Barbar, der Rach' entgehst du nicht! + +(Zu den Argonauten.) + +Nun Freunde gilt's; die Waffen haltet fertig +Zum letzten Streich, der Sieg bringt oder Tod. + +(Auf Medeen zeigend.) + +Sie kennt das Vließ, den Ort, der es verbirgt, +Mit ihr vollbringen wir's und dann zu Schiff. + +(Zu Medeen hintretend, die noch auf eine Hand gestützt, die andre +über die Stirne gelegt am Boden liegt.) + +Steh auf Medea, er ist fort.--Steh auf! + +(Er hebt sie auf.) + +Hier bist du sicher. + +Medea (die sich in seinen Armen aufgerichtet hat, aber mit einem Kniee +noch am Boden liegt). +Jason, sprach er wahr? + +Jason (sie ganz aufhebend). +Denk' nicht daran! + +Medea (scheu an ihn geschmiegt). +O Jason, sprach er wahr? + +Jason. +Vergiß was du gehört, was du gesehn, +Was du gewesen bist auf diese Stunde. +Aietes' Kind ist Jasons Weib geworden, +An dieser Brust hängt deine Pflicht, dein Recht. +Und wie ich diesen Schleier von dir reiße, +Durchwoben mit der Unterird'schen Zeichen, +So reiß' ich dich von all den Banden los, +Die dich geknüpft an dieses Landes Frevel. +Hier Griechen eine Griechin! Grüßet sie! + +(Er reißt ihr den Schleier ab.) + +Medea (darnach fassend). +Der Götter Schmuck! + +Jason. +Der Unterird'schen! Fort! +Frei wallt das Haar nun um die offne Stirn; +So frei und offen bist du Jasons Braut. Nun nur noch eins und dann +zu Schiff und fort. +Das Vließ, du kennst's, zeig' an mir, wo es liegt! + +Medea. +Ha schweig! + +Jason. +Warum? + +Medea. +Sprich nicht davon! + +Jason. +Mein Wort hab' ich gegeben, es zu holen +Und ohne Siegespreis kehrt Jason nicht zurück. + +Medea. +Ich sage dir, sprich nicht davon! +Ein erzürnter Gott hat es gesendet, +Unheil bringt es, (hat) es gebracht! +Ich bin dein Weib! Du hast mir's entrissen, +Aus der Brust gerissen das zagende Wort, +Ich bin dein, führe mich wohin du willst +Aber kein Wort mehr von jenem Vließ! +In vorahnender Träume dämmerndem Licht +Haben mir's die Götter gezeigt +Gebreitet über Leichen, +Besprützt mit Blut, +Meinem Blut! +Sprich nicht davon! + +Jason. +Ich aber muß, nicht sprechen nur davon, +Ich muß es holen, folge was da wolle. +Drum laß die Furcht und führ' mich hin zur Stelle +Daß ich vollende, was mir auferlegt. + +Medea. +Ich? Nimmermehr! + +Jason. +Du willst nicht? + +Medea. +Nein! + +Jason. +Und weigerst du mir Beistand, hol' ich's selbst. + +Medea. +So geh! + +Jason (sich zum Fortgehen wendend.) +Ich gehe. + +Medea (dumpf). +Geh--in deinen Tod! + +Jason. +Kommt Freunde, laßt den Ort uns selbst erkunden! + +(Er geht.) + +Medea. +Jason! + +Jason (wendet sich um). +Was ist? + +Medea. +Du gehst in deinen Tod! + +Jason. +Kam ich hierher und fürchtete den Tod? + +Medea (auf ihn zueilend und seine Hand fassend). +Ich sage dir, du stirbst. + +(Halblaut.) + +In der Höhle liegt's verwahrt, +Verteidigt von allen Greueln +Der List und der Gewalt. +Labyrinthische Gänge, +Sinnverwirrend, +Abgründe, trügerisch bedeckt, +Dolche unterm Fußtritt, +Tod im Einhauch, +Mord in tausendfacher Gestalt, +Und das Vließ, am Baum hängt's, +Giftbestrichen, +Von der Schlange gehütet, +Die nicht schläft, +Die nicht schont, +Unnahbar. + +Jason. +Ich hab' mein Wort gegeben und ich lös' es. + +Medea. +Du gehst? + +Jason. +Ich geh'! + +Medea + +(sich ihm in den Weg werfend). +Und wenn ich hin mich werfe +Flehend deine Kniee umfass' und rufe: +Bleib! bleib! + +Jason. +Nichts hält mich ab! + +Medea. +O Vater, Vater! +Wo bist du? Nimm mich mit! + +Jason. +Was klagst du? +Wohl eher wär' das Recht zu klagen mir. +Ich tue was ich muß, du hast zu wählen. +Du weigerst dich und so geh' ich allein. + +(Er geht.) + +Medea. +Du gehst? + +Jason. +Ich geh'! + +Medea. +Trotz allem was ich bat, +Doch gehst du? + +Jason. +Ja! + +Medea (aufspringend). +So komm! + +Jason. +Wohin? + +Medea. +Zum Vließ, +Zum Tod!--Du sollst (allein) nicht sterben, +Ein Haus, Ein Leib und Ein Verderben! + +Jason (sich ihr nähernd). +Medea! + +Medea (ausweichend). +Die Liebkosung laß +Ich habe sie erkannt!--O Vater! Vater! +So komm, laß uns holen was du suchst; +Reichtum, Ehre, +Fluch, Tod! +In der Höhle liegt's verwahrt +Weh dir, wenn sich's offenbart! +Komm! + +Jason (ihre Hand fassend). +Was quält dich? + +Medea (indem sie ihre Hand aufschreiend wegzieht). +Ah!--Phryxus!--Jason! + +Jason. +Um aller Götter willen! + +Medea. +Komm! Komm! + +(Huscht fort mit weit aufgerissenen Augen vor sich hinstarrend. +Die andern folgen.) + +(Der Vorhang fällt.) + + + + +Vierter Aufzug + +(Das Innere einer Höhle. Kurzes Theater. Im Vorgrunde rechts das +Ende einer von oben herabführenden Treppe. In der Felsenwand des +Hintergrunds ein großes, verschlossenes Tor.) + + +Medea (steigt, in der einen Hand einen Becher in der andern eine Fackel +die Treppe herab). +Komm nur herab! Wir sind am Ziel! + +Jason (oben, noch hinter der Szene). +Hierher das Licht! + +Medea (die Stiege hinaufleuchtend). +Was ist? + +Jason (mit gezogenem Schwerte auftretend und die Stiege eilig +herabsteigend). +Es strich an mir vorbei! Halt! Dort! + +Medea. +Was? + +Jason. +An der Pforte steht's den Eingang wehrend. + +Medea (hinleuchtend). +Sieh, es ist nichts und niemand wehrt dir Eingang, +Wenn du nicht selbst. + +(Sie setzt den Becher weg und steckt die Fackel in einen Ring am +Treppengeländer.) + +Jason. +Du bist so ruhig. + +Medea. +Und du bist's nicht! + +Jason. +Als es noch nicht begonnen +Als ich's nur wollte, bebtest du, und nun-- + +Medea. +Mir graut, daß du es willst, nicht daß du's tust. +Bei dir ist's umgekehrt. + +Jason. +Mein Aug ist feig, +Mein Herz ist mutig.--Rasch ans Werk!--Medea! + +Medea. +Was starrst du ängstlich? + +Jason. +Bleicher Schatten, weiche! +Laß frei die Pforte, du hältst mich nicht ab. + +(Auf die Pforte zugehend.) + +Ich geh' trotz dir, durch dich zum Ziel--nun ist er fort! +Wie öffnet man das Tor? + +Medea. +Ein Schwerthieb an die Platte +Dort in der Mitte öffnet es. + +Jason. +Gut denn! +Du wartest meiner hier. + +Medea. +Jason! + +Jason. +Was noch? + +Medea (weich und schmeichelnd). +Geh nicht! + +Jason. +Du reizest mich! + +Medea. +Geh nicht o Jason! + +Jason. +Hartnäckige kann nichts dich denn bewegen, +Zu opfern meinem Entschluß deinen Wahn? + +Medea. +Man ehrt den Wahn auch dessen, den man liebt. + +Jason. +Genug nunmehr, ich will! + +Medea. +Du willst? + +Jason. +Ich will. + +Medea. +Und nichts vermag dagegen all mein Flehn? + +Jason. +Und nichts vermag dagegen all dein Flehn. + +Medea. +Und auch mein Tod nichts? + +(Sie entreißt ihm durch eine rasche Bewegung das Schwert.) + +Sieh! dein eignes Schwert +Gekehrt ist's gegen meine Brust. Ein Schritt noch weiter +Und vor dir liegt Medea kalt und tot. + +Jason. +Mein Schwert! + +Medea. +Zurück! Du ziehst's aus meiner Brust! +Kehrst du zurück? + +Jason. +Nein! + +Medea. +Und wenn ich mich töte? + +Jason. +Beweinen kann ich dich, rückkehren nicht. +Mein Höchstes für mein Wort und wär's dein Leben! + +(Auf sie zugehend.) + +Gib Raum, Weib, und mein Schwert! + +Medea (indem sie ihm das Schwert gibt). +So nimm es hin +Aus meiner Hand, du süßer Bräutigam! +Und töte dich und mich!--Ich halte dich nicht mehr! + +Jason (auf die Pforte zugehend). +Wohlan! + +Medea. +Halt! Eins noch! Willst du jetzt schon sterben? +Das Vließ, am heiligen Baum +Ein Drache hütet's, grimm, +Unverwundbar seine Schuppenhaut, +Alldurchdringend sein Eisenzahn, +Du besiegst ihn nicht. + +Jason. +Ich ihn, oder er mich. + +Medea. +Grausamer, Unmenschlicher! +Oder er dich! und du gehst? + +Jason. +Wozu die Worte? + +Medea. +Halt! +Den Becher hier nimm! +Vom Honig des Berges +Dem Tau der Nacht, +Und der Milch der Wölfin +Brauset drin gegoren ein Trank. +Setz' ihn hin wenn du eintrittst, +In der Ferne stehend. +Und der Drache wird kommen, +Nahrung suchend, +Zu schlürfen den Trank. +Dann tritt hin zum Baume +Und nimm das Vließ--Nein, nimm's nicht, +Nimm's nicht und bleib! + +Jason. +Törin! Her den Trank! Gib! + +(Er nimmt ihr den Becher aus der Hand.) + +Medea (um seinen Hals fallend). +Jason!--So küss' ich dich und so, und so, und so! +Geh in dein Grab und laß auch Raum für mich! +Bleib! + +Jason. +Laß mich Weib! Mir schallt ein höhrer Ruf! + +(Gegen die Pforte zugehend.) + +Und bärgest du des Tartarus Entsetzen, +Ich steh' dir! + +(Er haut mit dem Schwerte gegen die Pforte.) + +Tut euch auf, ihr Pforten!--Ah! + +(Die Pforten springen auf und zeigen eine innere schmälere Höhle, +seltsam beleuchtet. Im Hintergrunde ein Baum. An ihm hängt +hellglänzend das goldene Vließ. Um Baum und Vließ windet sich eine +ungeheure Schlange, die beim Aufspringen der Pforte ihr in dem +Laube verborgenes Haupt hervorstreckt und züngelnd vor sich hin +blickt.) + +(Jason fährt aufschreiend zurück und kommt wieder in den Vorgrund.) + + + +Medea (wild lachend). +Bebst du? Schauert dir das Gebein? +Hast's ja gewollt, warum gehst du nicht? +Starker, Kühner, Gewaltiger! +Nur gegen mich hast du Mut? +Bebst vor der Schlange? Schlange! +Die mich umwunden, die mich umstrickt, +Die mich verderbt, die mich getötet! +Blick' hin, blick's an das Scheusal +Und geh und stirb! + +Jason. +Haltet aus meine Sinne, haltet aus! +Was bebst du Herz? Was ist's mehr als sterben? + +Medea. +Sterben? Sterben? Es gilt den Tod! +Geh hin mein süßer Bräutigam, +Wie züngelt deine Braut! + +Jason. +Von mir weg, Weib, in deiner Raserei! +Mein Geist geht unter in des deinen Wogen! + +(Gegen das Tor zu.) + +Blick' nur nach mir; du findest deinen Mann! +Und wärst du zehnmal scheußlicher, hier bin ich! + +(Er geht drauf los.) + +Medea. +Jason! + +Jason. +Hinein! + +Medea. +Jason! + +Jason. +Hinein! + +(Er geht hinein, die Pforten fallen hinter ihm zu.) + +Medea (schreiend an die nunmehr geschlossene Pforte hinstürzend). +Er geht! Er stirbt. + +Jason (von innen). +Wer schloß die Pforte zu? + +Medea. +Ich nicht! + +Jason. +Mach' auf! + +Medea. +Ich kann nicht.--Um aller Götter willen! +Setz' hin die Schale, zaudre nicht! +Du bist verloren wenn du zauderst. +--Jason!--Hörst du mich?--Setz' hin die Schale!-- +Er hört mich nicht!--Er ist am Werk! +Am Werk!--Hilfe, Ihr dort oben! +Schaut herab auf uns, ihr Götter! +Doch nein, nein, schaut nicht herab +Auf die schuldige Tochter, +Der Schuldigen Gemahl; +Ich schenk' euch die Hilfe, ihr mir die Rache! +Kein Götteraug seh' es, +Dunkel hülle die Nacht +Unser Tun und uns! +Jason lebst du?--Antwort gib! +Gib Antwort!--Alles stumm +Alles tot!--Ha?--Er ist tot! +Er spricht nicht, ist tot.--tot. + +(Sie sinkt an der Türe nieder.) + +Liegst du mein Bräutigam? Laß Raum, +Raum für die Braut! + +Jason (inwendig, schreckhaft). +Ah! + +Medea (aufspringend). +Das war seiner Stimme Klang! Er lebt! +Ist in Gefahr! Zu ihm! Auf, Pforte, auf! +Wähnst du zu widerstehn? Ich spotte dein! +Auf! + +(Sie reißt mit einem Zuge gewaltsam beide Torflügel auf.) + +Jason (stürzt wankend heraus, das Vließ als Banner auf einer Lanze +tragend.) + +Medea. +Lebst du? + +Jason. +Leben?--Leben?--Ja!--Zu! zu da! + +(Er schließt ängstlich die Pforte zu.) + +Medea. +Und hast das Vließ? + +Jason (es weit von sich weghaltend). +Berühr's nicht! Feuer! Feuer! + +(Seine Rechte mit ausgestreckten Fingern hinhaltend.) + +Sieh hier die Hand--wie ich's berührt--verbrannt! + +Medea (seine Hand nehmend). +Das ist ja Blut! + +Jason. +Blut? + +Medea. +Auch am Haupte Blut. +Hast dich verletzt? + +Jason. +Weiß ich's?--Nun komm! Nun komm! + +Medea. +Hast du's vollführt, wie ich's gesagt? + +Jason. +Ja wohl. +Die Schale stellt' ich hin, mich selber seitwärts +Und harrte schnaufend. Rufen hört' ich, doch +Nicht zu erwidern wagt' ich vor dem Tier. +Das hob sich blinkend auf und, und schon wähnt' ich +Auf mich hin schieb' es rauschend seine Ringe; +Allein der Trank war's, den das Untier suchte, +Und weit gestreckt in durstig langen Zügen +Sog, meiner nicht mehr achtend, es den Trank. +Bald, trunken oder tot lag's unbeweglich. +Ich rasch hervor vom marternden Versteck, +Zum Baum hin und das Vließ--hier ist's--Nun fort! + +Medea. +So komm, und schnell! + +Jason. +Als ich's vom Baume holte, +Da rauscht' es auf, wie seufzend, durch die Blätter +Und hinter mir riefs: Wehe! +Ha?--Wer ruft? + +Medea. +Du selbst! + +Jason. +Ich? + +Medea. +Komm! + +Jason. +Wohin? + +Medea. +Fort! + +Jason. +Fort, ja fort! +Geh du voran, ich folge mit dem Vließ +Geh nur! Geh, zaudre nicht! Voraus! Voran! + +(Beide ab, die Treppe hinauf.) + +(Freier Platz vor der Höhle. Im Hintergrunde die Aussicht aufs +Meer, die auf der rechten Seite durch einen am Ufer liegenden Hügel +verdeckt wird, hinter dem, nur mit den Masten und dem Vorderteile +sichtbar, das Schiff der Argonauten liegt.) +Milo, Argonauten, (teils mit Arbeiten des Einschiffens beschäftigt, +teils als Wachen und ruhend gruppiert.) + +Milo. +Das Schiff ist hergezogen. Gut. Doch hört! +Nicht Anker ausgeworfen! Hört ihr? (Nicht)! +Der Augenblick kann uns die Abfahrt bringen +Und ob's zum lichten Zeit dann, weiß ich nicht. + +(Auf und ab gehend.) + +Er kommt noch immer nicht. Daß er ihr traute! +Ich hab' ihn wohl gewarnt. Doch hört er Warnung? +Sonst ja, daheim, da horcht' er meiner Rede +Und tat auch was ihm riet mein treuer Mund +So folgsam, so ein Kind, und doch ein Mann. +Doch hier ist er verwandelt ganz und gar +Verwandelt gleich--uns allen, sagt' ich schier, +Vom gift'gen Anhauch dieses Zauberbodens. +O dieses Weib! Mir graut denk' ich an sie. +Wie sie so dastand mit den dunkeln Brauen +Gleich Wetterwolken an der finstern Stirn, +Das Augenlid gesenkt, im düstern Sinnen: +Nun hob sich's und wie Wetterleuchten fuhr +Der Blick hervor und faßt' und schlug und traf.-- +Ihn traf er!--Nu die Götter mögen's wenden. Was bringen dort die +Beiden. Griechen sind's. +Ein Weib! Gebunden! Memmen ihr!--Holla! + +Zwei Griechen (treten auf,) +Gora (mit gebundenen Händen in ihrer Mitte.) + +Milo. +Was ist? Was bindet ihr das Weib!--Gleich löst sie! + +Soldat. +Das Weib da kam an unsre Vorwacht, Herr +Und fragte nach--nu nach der Kolcherin +Die heut wir fingen. + +Gora. +Kolcherin? +Ha Sklav', Medea ist's, +Des Kolcherfürsten Tochter. +Wo habt ihr sie? + +Soldat. +Wir wollten sie nicht lassen, daß sie nicht +Dem Feinde Kundschaft gäb' von unsrer Lagrung +Allein sie wehrt' es und fast männlich, Herr. +Da banden wir sie, weil sie sich nicht fügte, +Und bringen sie euch her! + +Milo. +Löst ihre Bande! + +(Es geschieht.) + +Gora. +Wo ist Medea? Wo ist mein Kind? + +Milo. +Dein Kind? + +Gora. +Ich hab' sie gesäugt gepflegt. +Als eine Mutter mein Kind. Wo habt ihr sie? +Sie sagen: freien Willens sei sie geblieben +Bei euch in eures Lagers Umfang; +Aber 's ist Lüge, ich kenne Medea +Ich kenne mein Kind. +Gefangen haltet ihr sie zurück. +Gebt sie heraus! Wo ist sie? + +Milo. +Ganz gut kommst als Genossin du für sie +Leicht fände sie sich einsam unter Menschen. +Bringt sie ins Schiff! + +Gora. +So weilt sie dort? + +Milo. +Geh nur! +Zu bald wirst du sie noch erblicken!--Geh! + +Gora (die abgeführt wird). +Ins Meer, nicht in das Schiff, wenn ihr mich täuscht. + +(Ab.) + +Milo + +(ihr nachschauend). +Ha! bringen wir die wilden Tiere alle +Nach Griechenland, ich sorge, man erdrückt uns, +Die Seltenheit zu sehn!--Und Er kommt nicht! + +(Man hört dumpfe Schläge unter der Erde.) + +Was ist das?--Horch!--Speit auch der Boden Wunder? +Versucht's der Feind?-- + +(Gegen die Krieger, das Schwert ziehend.) + +Holla! zur Hand! + +(Die Krieger greifen nach ihren Waffen.) + +Milo. +Die Erde hebt sich!--Was geschieht noch alles? +(Eine Falltüre öffnet sich am Boden.) Medea (steigt herauf.) + +Medea. +Hier ist der Tag. + +(Nachdem sie ganz heroben ist.) + +Und hier die Deinen. +Ich hielt was ich versprach. +Jason (mit dem Vließ-Banner steigt auch herauf. +Medea läßt die Falltüre nieder.) + +Milo + +(auf ihn zueilend und seine Hand nehmend). +Du bist es Jason! +Du! + +Jason (der mit gebeugtem Kopf dagestanden, emporblickend). +Jason!--Wo?--Ja so! Ja, ja! + +(Ihm die linke Hand reichend. In der rechten hält er das Banner.) + +Freund Milo! + +Milo (im Vortreten). +Und mit dem Vließ? + +Jason (schreckhaft sich umsehend). +Ha!--Mit dem Vließ!-- + +(Es hinhaltend.) + +Hier ist's! + +(Sich noch einmal umsehend.) + +Ein widerlicher Mantel dort, der graue +Und drein gehüllt der Mann bis an die Zähne. + +(Auf ihn zugehend.) + +Borg' mir den Mantel, Freund! + +(Der Soldat gibt den Mantel.) + +Ich kenne dich +Du bist Archytas aus Korinth. Ja, ja +Ein lust'ger Kauz, ein (Geist) mit Fleisch und Blut! + +(Ihn an der Schulter anfassend.) + +Mit Fleisch und Blut! + +(Widerlich lachend.) + +Ha! ha!--Ich dank' dir Freund! + +Milo. +Wie sonderbar-- + +Jason + +(den Mantel um das Vließ hüllend). +Wir wollen das verhüllen, +So--und hier aufbewahren bis wir's brauchen. + +(Er legt das Vließ hinter ein Felsenstück, auf das sich Medea +sinnend gesetzt hat.) + +Was sinnest du Medea, sinnest jetzt? +Laß uns die Überlegung aufbewahren +Als Zeitvertreib auf langer Überfahrt. +Komm her mein Weib, mir angetraut +Bei Schlangenzischen unterm Todestor. + +Milo (sich zu Medea wendend). +Das Schiff dort birgt, was dir willkommen wohl. +Ein Weib, Medeens Pflegerin sich nennend +Ward eingebracht-- + +Medea. +Gora.--Zu ihr! + +Jason (rauh). +Bleib da! + +(Medea erschrocken die Hände auf Brust und Stirn legend, bleibt +stehen.) + +Jason (milder). +Ich bitte dich bleib da! + +(Indem er sie zurückführt.) + +Geh nicht Medea! + +(Sie wirft einen scheuen Blick auf ihn.) + +Entwöhne dich vom Umgang jener Wilden +Dafür an unseren gewöhne dich! +Wir sind jetzt Eins, wir müssen einig denken. + +Milo. +Kommt jetzt zu Schiff! + +Jason. +Ja, ja! Komm mit Medea! +Wie lau die Feinde sind! Ich hätte Lust +Zu fechten, fechten. Doch sie schlafen scheint es! + +Absyrtus + +(hinter der Szene). +Hierher! + +Milo. +Sie schlafen nicht. + +Jason. +So besser! Schließt euch! +Zieht gegen unser Fahrzeug euch zurück. +Wir wollen unser Angedenken ihnen +Zum Abschied noch erneun auf immerdar. + +(Er rafft das verhüllte Vließ auf.) + +Medea, in den Kreis und zittre nicht! +Absyrtus (tritt mit) Kolchern (auf.) + +Absyrtus. +Hier ist sie! Komm zu mir! Medea! Schwester! + +Medea (die bei seinem Eintritt ihm unwillkürlich einige +Schritte entgegen gegangen ist, jetzt stehen bleibend). +Wohl deine Schwester, doch Medea nicht! + +Jason. +Was weilst du dort? Tritt wieder her zu uns! + +Absyrtus (mitleidig zu ihr tretend). +So wär' es wahr denn, was sie alle sagen +Und ich nicht glauben konnte bis auf jetzt. +Du wolltest ziehen mit den fremden Männern? +Verlassen unsre Heimat, unsern Herd +Den Vater und mich Medea +Mich, der dich so liebt, du arme Schwester! + +Medea (an seinen Hals stürzend). +O Bruder! Bruder! + +(Mit tränenerstickter Stimme.) + +O mein Bruder! + +Absyrtus. +Nein es ist nicht wahr!--Du weinst! +Ich muß auch weinen. Doch was tut's? +Ich schäme mich der Tränen nicht Genossen +Im K a m p f will ich zeigen, was ich wert. +Weine nicht Schwester, komm mit mir! + +Medea (an seinem Halse, kaum vernehmlich). +O könnt' ich gehn mit dir! + +Jason (hinzutretend). +Du willst mit ihm? + +Medea (furchtsam). +Ich? + +Jason. +Du sagtest's! + +Medea. +Sagt' ich etwas Bruder? +Nein, ich sagte nichts! + +Absyrtus. +Wohl sagtest du's, und komm, o komm, +Ich führe dich zum Vater, er verzeiht! +Schon hat ihn mein Flehen halb erweicht; +Gewiß verzeiht er, noch ist nichts geschehn, +Die Fremden, sie fanden's noch nicht das Vließ. + +Medea (sich entsetzt aus seinen Armen losreißend). +Nicht? + +(Schaudernd.) + +Sie haben's! + +Jason (indem er die Hülle von dem Vließ reißt und es +hochgeschwungen vorzeigt). +Hier! + +Absyrtus. +Das Vließ! + +(Zu Medeen.) + +So hast du uns denn doch verraten +Geh hin in Unheil denn und in Verderben! + +(Zu Jason.) + +Behalt sie, doch das Vließ gib mir heraus! + +Jason. +Du schwärmst mein junger Fant! Mach' dich von hinnen, +Und sag' dem Vater was du hier gesehn. +Nehm' ich die Tochter, schenk' ich ihm den Sohn! + +Absyrtus. +Das Vließ! + +Jason. +Ich will dein Blut nicht. Schweig und geh! +Mit Drachen ist mein Arm gewohnt zu kämpfen, +Mit Toren nicht wie Du: Geh sag' ich geh! + +Absyrtus (eindringend). +Das Vließ. + +Jason (ausweichend). +Mir zu begegnen ist gefährlich, +Denn ich bin grimmig wie der grimme Leu. + +Absyrtus. +Das Vließ! + +Jason. +So hab's! + +(Er haut, über die linke Schulter ausholend mit einem grimmigen +Seitenhieb auf Absyrtus, daß Helm, Schild und Schwert ihm rasselnd +entfallen, er selbst aber, obschon unverwundet, taumelnd +niederstürzt.) + +Medea + +(bei dem Fallenden auf die Kniee stürzend und sein Haupt in ihrem +Schoß verbergend). +Halt ein! + +Jason. +Ich töt' ihn nicht! +Allein gehorchen muß er, (muß--gehorchen)! + +Medea (Absyrtus aufrichtend). +Steh auf! + +(Er ist aufgestanden und lehnt sich betäubt an ihre Brust.) + +Medea. +Bist du verletzt? + +Absyrtus (matt). +Es schmerzt!--Die Stirn! + +Medea (ihre Lippen auf seine Stirne pressend). +Mein Bruder! + +Milo + +(der früher spähend abgegangen ist, kommt jetzt eilig zurück). +Auf! Die Feinde nahen! Auf! +In großer Zahl, der König an der Spitze! + +Medea (ihren Bruder fester an sich drückend). +Mein Vater! + +Absyrtus (matt). +Unser Vater! + +Jason (zu den Beiden). +Ihr, zurück! + +Milo (auf Absyrtus zeigend). +Der Sohn sei Geisel gegen seinen Vater +Bringt ihn dort auf die Höh' zum Schiff hinauf! + +Absyrtus (matt die ihn Anfassenden abwehren wollend). +Berührt ihr mich? + +Medea. +O laß uns gehn, mein Bruder! + +(Sie werden auf die Höhe gebracht.) + +Jason. +Hinan, ins Schiff und spannt die Segel auf. +Aietes (kommt mit bewaffneten) Kolchern. + +Aietes (hereinstürzend). +Haltet ein! Meine Kinder! Mein Sohn! + +Absyrtus (oben am Hügel sich loszumachen strebend). +Mein Vater! + +Jason (den Hügel hinauf rufend). +Haltet ihn! + +(Zu Aietes.) + +Er bleibt bei mir, +Folgt mir zu Schiff, als Geisel wider dich. +Wenn nur ein Kahn, ein Nachen uns verfolgt +So stürzt dein Sohn hinab ins Wellengrab! +Erst wenn erreicht ist Kolchis' letzte Spitze, +Setz' ich ihn aus und send' ihn her zu dir. +Barbar, du lehrtest mich, dich zu bekämpfen! + +Aietes. +Sohn, stehst du in den Armen der Verworfnen? + +Absyrtus (fruchtlos sich loszuwinden strebend). +Laß mich! + +Medea. +Mein Bruder!--Vater! + +Jason. +Haltet ihn! + +Aietes. +Komm, Sohn! + +Jason. +Umsonst! + +Aietes. +So komm' ich, Sohn, zu dir! +Mir nach ihr Kolcher, folget eurem König! + +Jason. +Zurück! + +Aietes (vordrängend). +Glaubst du, du schreckest mich? + +Jason. +Zurück! +Du rettest nicht den Sohn, als wenn du weichst. +Kein Haar wird ihm gekrümmt, ich schwör' es dir! +Bringt ihn an Bord! + +Absyrtus (ringend). +Mich? Nimmermehr! + +Aietes. +Mein Sohn! + +Absyrtus. +Fall sie an, befrei' den Sohn, o Vater! + +Aietes. +Kann ich's? sie töten dich, wenn ich's tue! + +Absyrtus. +Lieber frei sterben, als leben gefangen +Fall' ich auch, wenn nur sie fallen mit! + +Jason. +An Bord mit ihm! + +Aietes. +Sohn komm! + +Absyrtus (der sich losgerissen hat). +Ich komme Vater! +Frei bis zum Tod! Im Tode räche mich! + +(Er springt von der Klippe ins Meer.) + +Medea. +Mein Bruder! Nimm mich mit! + +(Sie wird zurückgehalten und sinkt nieder.) + +Aietes. +Mein Sohn! + +Jason. +Er stirbt! +Die hohen Götter ruf' ich an zu Zeugen +Daß d u ihn hast getötet und nicht ich! + +Aietes. +Mein Sohn!--Nun Rache! Rache! + +(Auf Jason eindringend.) + +Stirb! + +Jason. +Laß mich! +Soll ich dich töten? + +Aietes. +Mörder stirb! + +Jason. +Ich Mörder? +Mörder du selber! + +(Das Vließ einem Nebenstehenden entreißend, dem er es früher zu +halten gegeben.) + +Kennst du dies? + +Aietes (schreiend zurücktaumelnd). +Das Vließ! + +Jason + +(es ihm vorhaltend). +Kennst du's? +Und kennst du auch das Blut, das daran klebt? +'s ist Phryxus' Blut!--Dort deines Sohnes Blut! +Du Phryxus' Mörder, Mörder deines Sohns! + +Aietes. +Verschling mich Erde! Gräber tut euch auf. + +(Stürzt zur Erde.) + +Jason. +Zu spät, sie decken deinen Frevel nicht. +Als Werkzeug einer höheren Gewalt +Steh' ich vor dir. Nicht zittre für dein Leben, +Ich will nicht deinen Tod; ja stirb erst spät, +Damit noch fernen Enkeln kund es werde, +Daß sich der Frevel rächt auf dieser Erde. +Nun rasch zu Schiff, die Segel spannet auf +Zurück ins Vaterland! + +Aietes (an der Erde). +Weh mir weh +Legt mich ins Grab zu meinem Sohn! +(Indem die Kolcher sich um den König gruppieren und Jason mit den +Argonauten das Schiff besteigt fällt der Vorhang.) + + +Ende dieses Projekt Gutenberg Etextes Die Argonauten, +von Franz Grillparzer. + + + + + + + + + +End of the Project Gutenberg EBook of Die Argonauten, by Franz Grillparzer + +*** END OF THIS PROJECT GUTENBERG EBOOK DIE ARGONAUTEN *** + +***** This file should be named 7943-8.txt or 7943-8.zip ***** +This and all associated files of various formats will be found in: + http://www.gutenberg.org/7/9/4/7943/ + +Produced by Delphine Lettau and Mike Pullen +Updated editions will replace the previous one--the old editions will +be renamed. + +Creating the works from print editions not protected by U.S. copyright +law means that no one owns a United States copyright in these works, +so the Foundation (and you!) can copy and distribute it in the United +States without permission and without paying copyright +royalties. Special rules, set forth in the General Terms of Use part +of this license, apply to copying and distributing Project +Gutenberg-tm electronic works to protect the PROJECT GUTENBERG-tm +concept and trademark. Project Gutenberg is a registered trademark, +and may not be used if you charge for the eBooks, unless you receive +specific permission. If you do not charge anything for copies of this +eBook, complying with the rules is very easy. You may use this eBook +for nearly any purpose such as creation of derivative works, reports, +performances and research. They may be modified and printed and given +away--you may do practically ANYTHING in the United States with eBooks +not protected by U.S. copyright law. Redistribution is subject to the +trademark license, especially commercial redistribution. + +START: FULL LICENSE + +THE FULL PROJECT GUTENBERG LICENSE +PLEASE READ THIS BEFORE YOU DISTRIBUTE OR USE THIS WORK + +To protect the Project Gutenberg-tm mission of promoting the free +distribution of electronic works, by using or distributing this work +(or any other work associated in any way with the phrase "Project +Gutenberg"), you agree to comply with all the terms of the Full +Project Gutenberg-tm License available with this file or online at +www.gutenberg.org/license. + +Section 1. General Terms of Use and Redistributing Project +Gutenberg-tm electronic works + +1.A. By reading or using any part of this Project Gutenberg-tm +electronic work, you indicate that you have read, understand, agree to +and accept all the terms of this license and intellectual property +(trademark/copyright) agreement. 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It +exists because of the efforts of hundreds of volunteers and donations +from people in all walks of life. + +Volunteers and financial support to provide volunteers with the +assistance they need are critical to reaching Project Gutenberg-tm's +goals and ensuring that the Project Gutenberg-tm collection will +remain freely available for generations to come. In 2001, the Project +Gutenberg Literary Archive Foundation was created to provide a secure +and permanent future for Project Gutenberg-tm and future +generations. To learn more about the Project Gutenberg Literary +Archive Foundation and how your efforts and donations can help, see +Sections 3 and 4 and the Foundation information page at +www.gutenberg.org Section 3. Information about the Project Gutenberg +Literary Archive Foundation + +The Project Gutenberg Literary Archive Foundation is a non profit +501(c)(3) educational corporation organized under the laws of the +state of Mississippi and granted tax exempt status by the Internal +Revenue Service. The Foundation's EIN or federal tax identification +number is 64-6221541. Contributions to the Project Gutenberg Literary +Archive Foundation are tax deductible to the full extent permitted by +U.S. federal laws and your state's laws. + +The Foundation's principal office is in Fairbanks, Alaska, with the +mailing address: PO Box 750175, Fairbanks, AK 99775, but its +volunteers and employees are scattered throughout numerous +locations. Its business office is located at 809 North 1500 West, Salt +Lake City, UT 84116, (801) 596-1887. Email contact links and up to +date contact information can be found at the Foundation's web site and +official page at www.gutenberg.org/contact + +For additional contact information: + + Dr. Gregory B. Newby + Chief Executive and Director + gbnewby@pglaf.org + +Section 4. Information about Donations to the Project Gutenberg +Literary Archive Foundation + +Project Gutenberg-tm depends upon and cannot survive without wide +spread public support and donations to carry out its mission of +increasing the number of public domain and licensed works that can be +freely distributed in machine readable form accessible by the widest +array of equipment including outdated equipment. Many small donations +($1 to $5,000) are particularly important to maintaining tax exempt +status with the IRS. + +The Foundation is committed to complying with the laws regulating +charities and charitable donations in all 50 states of the United +States. 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Donations are accepted in a number of other +ways including checks, online payments and credit card donations. To +donate, please visit: www.gutenberg.org/donate + +Section 5. General Information About Project Gutenberg-tm electronic works. + +Professor Michael S. Hart was the originator of the Project +Gutenberg-tm concept of a library of electronic works that could be +freely shared with anyone. For forty years, he produced and +distributed Project Gutenberg-tm eBooks with only a loose network of +volunteer support. + +Project Gutenberg-tm eBooks are often created from several printed +editions, all of which are confirmed as not protected by copyright in +the U.S. unless a copyright notice is included. Thus, we do not +necessarily keep eBooks in compliance with any particular paper +edition. + +Most people start at our Web site which has the main PG search +facility: www.gutenberg.org + +This Web site includes information about Project Gutenberg-tm, +including how to make donations to the Project Gutenberg Literary +Archive Foundation, how to help produce our new eBooks, and how to +subscribe to our email newsletter to hear about new eBooks. + diff --git a/7943-8.zip b/7943-8.zip Binary files differnew file mode 100644 index 0000000..cc82521 --- /dev/null +++ b/7943-8.zip diff --git a/LICENSE.txt b/LICENSE.txt new file mode 100644 index 0000000..6312041 --- /dev/null +++ b/LICENSE.txt @@ -0,0 +1,11 @@ +This eBook, including all associated images, markup, improvements, +metadata, and any other content or labor, has been confirmed to be +in the PUBLIC DOMAIN IN THE UNITED STATES. + +Procedures for determining public domain status are described in +the "Copyright How-To" at https://www.gutenberg.org. + +No investigation has been made concerning possible copyrights in +jurisdictions other than the United States. Anyone seeking to utilize +this eBook outside of the United States should confirm copyright +status under the laws that apply to them. diff --git a/README.md b/README.md new file mode 100644 index 0000000..03abe33 --- /dev/null +++ b/README.md @@ -0,0 +1,2 @@ +Project Gutenberg (https://www.gutenberg.org) public repository for +eBook #7943 (https://www.gutenberg.org/ebooks/7943) diff --git a/old/7argo10.txt b/old/7argo10.txt new file mode 100644 index 0000000..f2e23e0 --- /dev/null +++ b/old/7argo10.txt @@ -0,0 +1,4771 @@ +The Project Gutenberg EBook of Die Argonauten, by Franz Grillparzer + +Copyright laws are changing all over the world. Be sure to check the +copyright laws for your country before downloading or redistributing +this or any other Project Gutenberg eBook. + +This header should be the first thing seen when viewing this Project +Gutenberg file. Please do not remove it. 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You can also find out about how to make a +donation to Project Gutenberg, and how to get involved. + + +**Welcome To The World of Free Plain Vanilla Electronic Texts** + +**eBooks Readable By Both Humans and By Computers, Since 1971** + +*****These eBooks Were Prepared By Thousands of Volunteers!***** + + +Title: Die Argonauten + +Author: Franz Grillparzer + +Release Date: April, 2005 [EBook #7943] +[Yes, we are more than one year ahead of schedule] +[This file was first posted on June 3, 2003] + +Edition: 10 + +Language: German + +Character set encoding: ASCII + +*** START OF THE PROJECT GUTENBERG EBOOK DIE ARGONAUTEN *** + + + + +Produced by Delphine Lettau and Mike Pullen + + + + +This Etext is in German. + +We are releasing two versions of this Etext, one in 7-bit format, +known as Plain Vanilla ASCII, which can be sent via plain email-- +and one in 8-bit format, which includes higher order characters-- +which requires a binary transfer, or sent as email attachment and +may require more specialized programs to display the accents. +This is the 7-bit version. + +This book content was graciously contributed by the Gutenberg Projekt-DE. +That project is reachable at the web site http://gutenberg.spiegel.de/. + +Dieses Buch wurde uns freundlicherweise vom "Gutenberg Projekt-DE" +zur Verfuegung gestellt. Das Projekt ist unter der Internet-Adresse +http://gutenberg.spiegel.de/ erreichbar. + + + + +Die Argonauten + +Franz Grillparzer + +Trauerspiel in vier Aufzuegen + + +Personen: + +Aietes, Koenig von Kolchis +Medea und Absyrtus, seine Kinder +Gora, Medeens Amme +Peritta, eine ihrer Gespielen +Jason +Milo, sein Freund +Medeens Jungfrauen +Argonauten +Kolcher + + + + +Erster Aufzug + +(Kolchis.--Wilde Gegend mit Felsen und Baeumen. Im Hintergrunde ein +halbverfallener Turm, aus dessen obersten Stockwerke ein schwaches +Licht flimmert. Weiter zurueck die Aussicht aufs Meer. Finstere +Nacht.) + +Absyrtus (hinter der Szene). +Dorther schimmert das Licht!--Komm hierher Vater!-- +Ich bahne dir den Weg!--Noch diesen Stein!-- +So!-- + +(Auftretend und mit dem Schwert nach allen Seiten ins Gebuesch +hauend.) + +Aus dem Wege unnuetzes Pack! +Vater, mein Schwert macht klare Bahn! +Aietes (tritt auf, den Helm auf dem Kopfe, ganz in einen dunkeln +Mantel gehuellt.) + +Absyrtus. +Wir sind an Ort und Stelle, Vater. +Dort der Turm, wo die Schwester haust. +Siehst das Licht aus ihrer Zelle? +Da weilt sie und sinnt Zaubersprueche +Und braut Traenke den langen Tag, +Des Nachts aber geht sie gespenstisch hervor +Und wandelt umher und klagt und weint. + +(Aietes macht eine unwillige Bewegung.) + +Absyrtus. +Ja Vater und weint, so erzaehlt der Hirt +Vom Tal da unten, und ringt die Haende +Dass es, spricht er, klaeglich sei anzusehn! +Was mag sie wohl treiben und sinnen, Vater? + +(Aietes geht gedankenvoll auf und nieder.) + +Absyrtus. +Du antwortest nicht?--Was hast du Vater? +Trueb und duester ist dein Gemuet. +Du hast doch nicht Furcht vor den Fremden, Vater? + +Aietes. +Furcht Bube? + +Absyrtus. +Nu, (Sorge) denn, Vater! +Aber habe nicht Furcht noch Sorge! +Sind uns nicht Waffen und Kraft und Arme? +Ist nicht ein Haeuflein nur der Fremden? +Waeren ihrer doch zehnmal mehr! +Lass sie nur kommen, wir wollen sie jagen +Eilends heim in ihr dunkles Land +Wo keine Waelder sind und keine Berge, +Wo kein Mond strahlt, keine (Sonne) leuchtet +Die taeglich, hat sie sich muede gewandelt, +Zur Ruhe geht in unserem Meer. +Lass sie nur kommen, ich will sie empfangen, +Du hast nicht umsonst mich wehrhaft gemacht, +Nicht umsonst mir gegeben dies blitzende Schwert, +Und den Speer und den Helm mit dem wogenden Busch, +Waffen d u , und Mut die (Goetter)! +Lass die Schwester mit ihren Kuensten, +Schwert gegen Schwert, so binden wir an! + +Aietes. +Armer Wurm! + +Absyrtus. +Ich bin dein Sohn! +Damals als du den Phryxus schlugst-- + +Aietes. +Schweig! + +Absyrtus. +Das ist ja eben warum sie kommen +Her nach Kolchis, die fremden Maenner +Zu raechen, waehnen sie, seinen Tod +Und zu stehlen unser Gut, das strahlende Vliess. + +Aietes. +Schweig Bube! + +Absyrtus. +Was bangst du Vater? +Fest verwahrt in der Hoehle Hut +Liegt es das koestliche, goldene Gut. + +Aietes + +(den Mantel vom Gesicht reissend und ans Schwert greifend). +Soll ich dich toeten, schwatzender Tor? + +Absyrtus. +Was ist dir? + +Aietes. +Schweig!--Dort sieh zum Busch! + +Absyrtus. +Warum? + +Aietes. +Mir deucht es raschelt dort +Und regt sich.--Man behorcht uns. + +Absyrtus + +(zum Gebuesch hingehend und an die Baeume schlagend). +He da!--Steht Rede!--Es regt sich Niemand! + +(Aietes wirft sich auf ein Felsenstueck im Vorgrunde.) + +Absyrtus (zurueckkommend). +Es ist nichts, Vater! Niemand lauscht. + +Aietes + +(aufspringend und ihn hart anfassend). +Ich sage dir, wenn du dein Leben liebst +Sprich nicht davon! + +Absyrtus. +Wovon? + +Aietes. +Ich sage dir, begrab's in deiner Brust +Es ist kein Knabenspielzeug, Knab'! Doch alles still hier! +Niemand empfaengt mich; +Recht wie es ziemt der Widerspenst'gen Sitz. + +Absyrtus. +Hoch oben am Turme flackert ein Licht. +Dort sitzt sie wohl und sinnt und tichtet. + +Aietes. +Ruf ihr! Sie soll heraus! + +Absyrtus. +Gut Vater! + + +(Er geht dem Turme zu). +Komm herab du Wandlerin der Nacht +Du Spaet-Wachende bei der einsamen Lampe! +Absyrtus ruft, deines Vaters Sohn! + +(Pause.) + +Sie kommt nicht, Vater! + +Aietes. +Sie soll! Ruf lauter! + +Absyrtus + +(ans Tor schlagend). +Holla ho! Hier der Koenig! Heraus ihr! + +Medeas Stimme (im Turm). +Weh! + +Absyrtus. +Vater! + +Aietes. +Was? + +Absyrtus (zurueckkommend). +Hast du gehoert? +Weh rief's im Turm! War's die Schwester die rief? + +Aietes. +Wer sonst! Geh, deine Torheit steckt an. +Ich will rufen und sie soll gehorchen! + +(Zum Turme gehend.) + +Medea! + +Medea (im Turm). +Wer ruft? + +Aietes. +Dein Vater ruft und dein Koenig! +Komm herab! + +Medea. +Was soll ich? + +Aietes. +Komm herab, sag' ich! + +Medea. +O lass mich! + +Aietes. +Zoegre nicht! Du reizest meinen Zorn! +Im Augenblicke komm! + +Medea. +Ich komme! + +(Aietes verhuellt sich und wirft sich wieder auf den Felsensitz.) + +Absyrtus. +Wie klaeglich, Vater, ist der Schwester Stimme. +Was mag ihr fehlen? Sie dauert mich!-- +Dich wohl auch, weil du so schmerzlich schweigst, +Das arme Maedchen!-- + +(Ihn anfassend.) + +Schlaefst du, Vater? + +Aietes (aufspringend). +Toerichte Kinder sind der Vaeter Fluch! +Du und sie, i h r toetet mich, +Nicht meine Feinde! + +Absyrtus. +Still! Horch!--Der Riegel klirrt!--Sie kommt!--Hier ist sie! +Medea (in dunkelroter Kleidung, am Saume mit goldenen Zeichen +gestickt, einen schwarzen, nachschleppenden Schleier der an einem, +gleichfalls mit Zeichen gestickten Stirnbande befestigt ist, auf +dem Kopfe, tritt, eine Fackel in der Hand, aus dem Turme.) + +Medea. +Was willst du, Herr? + +Absyrtus. +Ist das die Schwester, Vater? +Wie anders doch als sonst, und ach, wie bleich! + +Aietes (zu Absyrtus). +Schweig jetzt! + +(Zu Medeen.) + +Tritt naeher!--naeher!-- +Doch erst Loesch' deine Fackel, sie blendet mir das Aug! + +Medea + +(die Fackel am Boden ausdrueckend). +Das Licht ist verloescht, es ist Nacht, o Herr! + +Aietes. +Jetzt komm!--Doch erst sag' an wer dir erlaubt, +Zu fliehn, des vaeterlichen Hauses Hut +Und hier, in der Gesellschaft nur der Wildnis +Und deines wilden Sinns, Gehorsam weigernd, +Zu trotzen meinem Worte, meinem Wink? + +Medea. +Du fragst? + +Aietes. +Ich frage! + +Medea. +Reden soll ich? + +Aietes. +Sprich! + +Medea. +So hoere wenn du kannst und zuerne wenn du darfst. +O koennt' ich schweigen, ewig schweigen! +Verhasst ist mir dein Haus +Mit Schauder erfuellt mich deine Naehe. +Als du den Fremden erschlugst, +Den Goetterbeschuetzten, den Gastfreund +Und raubtest sein Gut, +Da trugst du einen Funken in dein Haus, +Der glimmt und glimmt und nicht verloeschen wird, +Goessest du auch darueber aus +Was an Wasser die heil'ge Quelle hat, +Der Stroeme und Fluesse unnennbare Zahl +Und das ohne Grenzen gewaltige Meer. +Ein toerichter Schuetze ist der Mord, +Schiesst seinen Pfeil ab ins dunkle Dickicht, +Gewinnsuechtig, beutegierig, +Und was er fuer ein Wild gehalten, +Fuer frohen Jagdgewinn, +Es war sein Kind, sein eigen Blut, +Was in den Blaettern rauschte, Beeren suchend. +Ungluecksel'ger was hast du getan? +Feuer geht aus von dir +Und ergreift die Stuetzen deines Hauses +Das krachend einbricht +Und uns begraebt.-- + +Aietes. +Ungluecksbotin was weisst du? + +Medea. +In der Schreckensstunde +Als sie geschehn war die Tat, +Da ward mein Aug geoeffnet +Und ich sah sie, sah die Unnennbaren +Geister der Rache. +Spinnenaehnlich, +Graesslich, scheusslich, +Krochen sie her in abscheulicher Unform +Und zogen Faeden, blinkende Faeden, +Einfach, doppelt, tausendfach, +Rings um ihr verfallen Gebiet. +Du waehnst dich frei und du bist gefangen, +Kein Mensch, kein Gott loeset die Bande +Mit denen die Untat sich selber umstrickt. +Weh dir, weh uns allen! + +Aietes. +Verkaufst du mir Traeume fuer Wirklichkeit? +Deines Gleichen magst du erschrecken, +Toerin! Nicht mich! +Hast du die Zeichen, die Sterne gefragt? + +Medea. +Glaubst du ich koennt's, ich vermoecht' es? +Hundertmal hab' ich aufgeblickt +Zu den glaenzenden Zeichen +Am Firmament der Nacht. +Und alle hundertmale +Sanken meine Blicke +Von Schreck getroffen, unbelehrt. +Es schien der Himmel mir ein aufgerolltes Buch +Und (Mord) darauf geschrieben, tausendfach, +Und (Rache) mit demantnen Lettern +Auf seinen schwarzen Grund. +O frage nicht die Sterne dort am Himmel, +Die Zeichen nicht der schweigenden Natur, +Des Gottes Stimme nicht im Tempel: +Betracht' im Bach die irren Wandelsterne, +Die scheu dir blinken aus den duestern Brau'n +Die Zeichen die die Tat dir selber aufgedrueckt, +Des Gottes Stimme in dem eignen Busen, +Sie werden dir Orakel geben, +Viel sicherer als meine arme Kunst, +Aus dem was ist und war, auf das was werden wird. + +Absyrtus. +Der Vater schweigt. Du bist so seltsam Schwester +Sonst warst du rasch und heiter, frohen Muts; +Mich duenkt du bist dreifach gealtert +In der Zeit als ich dich nicht gesehn! + +Medea. +Es hat der Gram sein Alter, wie die Jahre +Und wer der Zeit (vorauseilt), guter Bruder, +Kommt frueh ans Ziel. + +Absyrtus. +Du weisst wohl also schon +Von jenen Fremden die-- + +Medea. +Von Fremden--? + +Aietes. +Halt! +Ich gebot dir zu schweigen! Schweig denn, Schwaetzer! +Medea, lass uns klug sprechen und besonnen, +Das Gegenwaert'ge aus der Gegenwart +Und nicht aus dem betrachten was Vergangen. +Wiss' es denn. Fremde sind angekommen, Hellenen, +Sie begehren zu raechen Phryxus' Blut, +Verlangen die Schaetze des Erschlagnen +Und des Gottes Banner, das goldene Vliess. + +Medea + +(aufschreiend). +Es ist geschehn! Der Streich gefallen! Weh! + +(Will in den Turm zurueck.) + +Aietes (sie zurueckhaltend). +Medea, Halt!--Bleib, Unsinnige! + +Medea. +Gekommen die Raecher, die Vergelter! + +Aietes. +Willst du mich verlassen, da ich dein bedarf? +Willst du sehen des Vaters Blut? +Medea ich beschwoere dich +Sprich! Rate! Rette! Hilf! +Gib mich nicht Preis meinen Feinden! +Argonauten nennen sie sich +Weil Argo sie traegt, das schnelle Schiff. +Was das Hellenenland an Helden naehrt, +An Tapfern vermag, sie haben's versammelt +Zum Todesstreich auf deines Vaters Haupt. +Hilf Medea! Hilf meine Tochter! + +Medea. +I ch soll helfen, hilf du selbst! +Gib heraus was du nahmst, Versoehnung bietend! + +Aietes. +Verteilt sind die Schaetze den Helfern der Tat; +Werden sie wiedergeben das Empfangne? +Besitzen sie's noch? die toerichten Schwelger, +Die leicht vertan das leicht erworbne. +Soll ich herausgeben das glaenzende Vliess, +Des Gottes Banner, Perontos Gut? +Nimmermehr! Nimmermehr! Und taet' ich's +Wuerden sie drum schonen mein und eurer? +Um desto sichrer wuergten sie uns, +Raechend des Freundes Tod, +Geschuetzt durch das heilige Pfand des Gottes. +Deine Kunst befrage, gib andern Rat! + +Medea. +Rat dir geben, ich selber ratlos! + +Aietes. +Nun wohl, so verharre, du Ungeratne! +Opfre dem Tod deines Vaters Haupt. +Komm mein Sohn, wir wollen hinaus, +Den Streichen bieten das nackte Haupt, +Und fallen unter der Fremden Schwertern. +Komm mein Sohn, mein einzig Kind! + +Medea. +Halt Vater! + +Aietes. +Du willst also? + +Medea. +Hoer' erst! +Ich will's versuchen, die Goetter zu fragen, +Was sie gebieten was sie gestatten. +Und nicken sie zu, so steh' ich dir bei, +Helfe dir bekaempfen den Feind, +Helfe dir schmieden den Todespfeil +Den du abdruecken willst ins dunkle Gebuesch, +Nicht wissend, armer Schuetze, wen du triffst. +Es sei! Du gebeutst, ich gehorche! + +Aietes. +Medea, mein Kind, mein liebes Kind! + +Medea. +Frohlocke nicht zu frueh, noch fehlt das Ende. +Ich bin bereit; allein versprich mir erst, +Dass, wenn die Tat gelang, dein Land befreit, +Zu hoffen wag' ich's kaum, allein wenn doch,-- +Du mich zurueckziehn laesst, in diese Wildnis +Und nimmer mehr mich stoerst, nicht du, nicht andre. + +Aietes. +Warum? + +Medea. +Versprich's! + +Aietes. +Es sei! + +Medea. +Wohlan denn Herr, +Tritt ein bei deiner Magd, ich folge dir! + +Aietes. +Ins Haus? + +Medea. +Drin wird's vollbracht. + +Aietes (zu Absyrtus). +So komm denn Sohn! + +(Beide ab in den Turm.) + +Medea. +Da gehn sie hin, hin die Verblendeten!-- +Ein toericht Wesen duenkt mich der Mensch; +Treibt dahin auf den Wogen der Zeit +Endlos geschleudert auf und nieder, +Und wie er ein Fleckchen Gruen erspaeht +Gebildet von Schlamm und stockendem Moor +Und der Verwesung gruenlichem Moder, +Ruft er: (Land)! und rudert drauf hin +Und besteigt's--und sinkt--und sinkt-- +Und wird nicht mehr gesehn! +Armer Vater, armer Mann! +Es steigen auf vor meinen Blicken +Duestrer Ahnungen Schauergestalten, +Aber verhuellt und abgewandt +Ich kann nicht erkennen ihr Antlitz! +Zeigt euch mir (ganz), oder verschwindet +Und lasst mir Ruh, traeumende Ruh! +Armer Vater! Armer Mann!-- + Aber der Wille kann viel--und ich will. +Will ihn erretten, will ihn befrein +Oder untergehn mit ihm! +Dunkle Kunst, die mich die Mutter gelehrt +Die den Stamm du treibst in des Lebens Luefte +Und die Wurzeln geheimnisvoll +Hinabsenkst zu den Klueften der Unterwelt, +Sei mir gewaertig!--Medea (will)! +Ans Werk denn! + +(Zu einigen Jungfrauen die am Eingange des Turmes erscheinen.) + +Und ihr des Dienstes Beflissne +Bereitet die Hoehle, bereitet den Altar! +Medea will zu den Geistern rufen, +Zu den duestern Geistern der schaurigen Nacht +Um Rat, um Hilfe, um Staerke, um Macht! + +(Ab in den Turm.) + +(Pause. Dann tritt) Jason (rasch auf.) + +Jason. +Hier hoert' ich Stimmen!--Hier muss--Niemand hier? + +Milo (hinter der Szene). +Holla! + +Jason. +Hierher! + +Milo (eben so). +Jason! + +Jason. +Hier Milo, hier! + +Milo (der keuchend auftritt). +Mein Freund, such' dir 'nen anderen Begleiter! +Dein Kopf und deine Beine sind zu rasch, +Sie laufen, statt zu gehn. Ein grosser Uebelstand! +Von Beinen mag's noch sein, da hilft das Alter, +Allein ein Kopf der laeuft!--Glueck auf die Reise! +Such' einen andern sag' ich, ich bin's satt! + +(Setzt sich.) + +Jason. +Wir haben, was wir suchten!--Hier ist Licht! + +Milo. +Ja Lichts genug um uns da zu beleuchten +Und zu entdecken und zu schlachten, wenn's beliebt. + +Jason. +Ei, Milo Furcht? + +Milo + +(rasch aufstehend). +Furcht?--Lieber Freund, ich bitte +Waeg' deine Worte eh du sprichst! + +(Jason fasst entschuldigend seine Hand.) + +Milo. +Schon gut! +Wir laufen, nu, die Worte laufen mit! +Doch ernst. Was suchst du hier? + +Jason. +Kannst du noch fragen? +Die Freunde, sie, die mir hierher gefolgt, +Ihr Heil vertrauend meines Glueckes Stern +Und Jasons Sache machend zu der ihren, +Sie schmachten, kaum dem schwarzen Schiff entstiegen, +Hier ohne Nahrung ohne Labetrunk +In dieser Kueste unwirtbaren Klippen, +Kein Fuehrer ist, der Wegeskunde gaebe +Kein Landmann bietend seines Speichers Vorrat +Und von der Herde triftgenaehrter Zucht. +Soll ich die Haende legen da in Schoss +Und muessig zusehn wie die Freunde schmachten? +Beim Himmel! Ihnen soll ein Fuehrer werden +Und Trank und Speise, sollt' ich auf sie wiegen +Mit meinem Blut! + +Milo. +Das treue, wackre Herz! +O dass du nicht des Freundes Rat gefolgt +Und weggeblieben bist von dieser Kueste! + +Jason. +Warum denn auch? Was sollt' ich wohl daheim? +Der Vater tot, mein Oheim auf dem Thron +Scheelsuechtig mich, den kuenft'gen Feind, betrachtend. +Mich litt es laenger nicht, ich musste fort. +Haett' er nicht selbst, der Falsche, mir geboten +Hierher zu ziehn in dieses Inselland +Das goldne Goetterkleinod abzuholen +Von dem man spricht, so weit die Erde reicht +Und das dem Goettersohne Phryxus einst, +Ihn selber toetend, raubten die Barbaren, +Ich waere selbst gegangen, freien Willens, +Dem eckelhaften Treiben zu entfliehn. +Ruhmvoller Tod fuer ruhmentbloesstes Leben +Mag's tadeln wer da will, mich lockt der Tausch! +Dass dich, o Freund, ich mitzog und die andern, +Das ist wohl schlimm, allein ihr wolltet's so! + +Milo. +Ja freilich wollt' ich so und will noch immer +Denn sieh, ich glaub', du hast mir's angetan, +So lieb' ich dich und all dein Tun und Treiben. + +Jason. +Mein guter Milo! + +Milo. +Nein! 's ist unrecht sag' ich, +Ich sollt' der Kluegre sein, ich bin der Aeltre. +Haettst du mich hingefuehrt, wohin auch immer, +Nur nicht in dieses gottverlassne Land. +Kommt irgend sonst ein Mann in Faehrlichkeit, +Nu Schwert heraus und Mut voran. Doch hier +In dieses Landes feuchter Nebelluft +Legt Rost sich, wie ans Schwert, so an den Mut. +Hoert man in einem fort die Wellen brausen, +Die Fichten rauschen und die Winde tosen, +Sieht kaum die Sonne durch der dichten Nebel +Und rauhen Wipfel schaurigen Versteck, +Kein Mensch rings, keine Huette, keine Spur, +Da wird das Herz so weit, so hohl, so nuechtern +Und man erschrickt wohl endlich vor sich selbst. +Ich, der als Knabe voll Verwundrung horchte, +Wenn man erzaehlte, 's gaeb' ein Ding +Die (Furcht) genannt, hier seh' ich fast Gespenster +Und jeder duerre Stamm scheint mir ein Riese +Und jedes Licht ein Feuermann. 's ist seltsam. +Was unbedenklich sonst, erscheint hier schreckhaft +Und was sonst greulich wieder hier gemein. +Nur kuerzlich sah ich einen Baer im Walde, +So gross vielleicht als keinen ich gesehn +Und doch kams fast mir vor, ich sollt' ihn streicheln, +Wie einen Schosshund streicheln mit der Hand, +So klein, so unbedeutend schien das Tier +Im Abstich seiner schaurigen Umgebung. +Du hoerst nicht? + +Jason (der indes den Turm betrachtet hat). +Ja ich will hinein! + +Milo. +Wohin? + +Jason. +Dort in den Turm. + +Milo. +Mensch, bist du rasend? + +(Ihn anfassend). Hoere! + +Jason (sich losmachend und das Schwert ziehend). +Ich will, wer haelt mich? Hier mein Schwert! Es schuetzt mich +Vor Feinden wie vor ueberlaest'gen Freunden. +Die erste Spur von Menschen find' ich hier +Ich will hinein. Mit vorgehaltnen Eisen +Zwing' einen ich von des Gebaeuds Bewohnern, +Zu folgen mir, zu fuehren unsre Schar +Auf sichern Pfad aus dieses Waldes Umfang, +Wo Hunger sie und Feindeshinterhalt +Weit sichrer trifft als mich hier die Gefahr. +Sprich nicht! Ich bin entschlossen. Geh zurueck +Ermutige die Schar. Bald bring' ich Rettung! + +Milo. +Bedenk'! + +Jason. +Es ist bedacht! Wer kann hier weilen +Im kleinen Hause, wuest und abgeschieden? +Ein Haushalt von Barbaren und was mehr? +Ich denk' du kennst mich! Hier ist nicht Gefahr +Als im Verweilen.--Keine Worte weiter! + +Milo. +Doch wie gelangst du hin? + +Jason. +Siehst du dort drueben +Gaehnt weit ein Spalt im alternden Gemaeuer. +Das Meer leiht seinen Ruecken bis da hin +Und leicht erreich' ich's schwimmend. + +Milo. +Hoere doch! + +Jason. +Leb' wohl! + +Milo. +Lass mich statt dir! + +Jason. +Auf Wiedersehn! + +(Springt von einer Klippe ins Meer) + +Milo. +Er wagt es doch!--Dort schwimmt er!--Tut es (doch), +Und laesst mich schmaelen hier nach Herzenslust! +Ein wackres Herz, doch jung, gewaltig jung! +Hier will ich stehn und seiner Rueckkehr harren: +Und geht's auch schief, wir hauen uns heraus. + +(Er lehnt sich an einen Baum.) + +(Ein duesteres Gewoelbe im Innern des Turms. Links im Hintergrunde +die Bildsaeule eines Gottes auf hohem Fussgestell, im Vorgrunde +rechts eine Felsenbank.) +(Jungfrauen mit Fackeln bringen einen kleinen Altar und Opfergefaesse +und stellen alles ordnend umher.) + +(Eine Jungfrau tritt ein und spricht an der Tuere:) + +Jungfrau. +Genug! Es naht Medea! Stoert sie nicht! + +(Alle ab mit den Lichtern.) + +Jason (tritt durch einen Seiteneingang links auf mit blossem +Schwerte.) + +Jason. +Ein finsteres Gewoelb'.--Ich bin im Innern! +Mehr Menschen fasst das Haus, scheint's, als ich glaubte, +Doch immerhin! wird nur mein Ziel erreicht. +Behutsam spaeh ich, bis ein Einzelner +Mir aufstoesst, dann das Schwert ihm auf die Brust +Und mit mir soll er, will er nicht den Tod. + +(Er spaeht mit vorgehaltenem Schwerte umher.) + +Ist da kein Ausgang?--Halt!--Ein Block von Stein +Das Fussgestell wohl eines Goetterbildes. +Ehrt man hier Goetter und verhoehnt das Recht? +Doch horch!--ein Fusstritt!--Bleiche Helle gleitet +Fortschreitend an des Ganges engen Bogen. +Man kommt!--Wohin--?--Verbirg mich dunkler Gott! + +(Er versteckt sich hinter die Bildsaeule.) + +Medea (kommt, einen schwarzen Stab in der Rechten, eine Lampe in +der Linken.) + +Medea. +Es ist so schwuel hier, so dumpf! +Feuchter Qualm drueckt die Flamme der Lampe, +Sie brennt ohne zu leuchten. + +(Sie setzt die Lampe hin.) +--Horch!--Es ist mein eignes Herz, +Das gegen die Brust pocht mit starken Schlaegen! +Wie schwach, wie toericht!--Auf Medea! +Es gilt des Vaters Sache, der Goetter! +Sollen die Fremden siegen, Kolchis untergehn? +Nimmermehr! Nimmermehr! +Ans Werk denn! +Seid mir gewaertig Goetter, hoeret mich, +Und gebt Antwort meiner Frage! + +(Mit dem Stabe Zeichen in die Luft machend.) + +Die ihr einhergeht im Gewande der Nacht +Und auf des Sturmes Fittigen wandelt +Furchtbare Fuersten der Tiefe, +Denen der Entschluss gefaellt +Und die befluegelte Tat, +Die ihr bei Leichen weilt +Und euch labt am Blut der Erschlagnen, +Die ihr das Herz kennt und lenkt den Willen, +Die ihr zaehlt die Halme der Gegenwart +Sorglich bewahrt des Vergangenen Aehren +Und durchblickt der Zukunft sprossende Saat, +Euch ruf' ich an! +Gebt mir Kunde, sichere Kunde +Von dem was uns droht, von dem was uns lacht! +Bei der Macht, die mir ward, +Bei dem Dienst, den ich tat, +Bei dem Wort, das ihr kennt +Ruf' ich euch, +Erscheinet, erscheint! + +(Pause.) + +Was ist das?--Alles schweigt! +Sie zeigen sich nicht? +Zuernt ihr mir, oder betrat ein Fuss, +Eines Frevlers Fuss +Die heilige Staette? +Angst befaellt mich, Schauer fasst mich! + +(Mit steigender Stimme.) + +Allgewaltige! Lauscht meinem Rufen, +Hoert Medeens Stimme! +Eure Freundin ist's die ruft. +Ich fleh' ich verlang' es +Erscheinet, erscheint! +Jason (springt hinter der Bildsaeule hervor.) + +Medea (zurueckfahrend). +Ha! + +Jason. +Verfluchte Zauberin, du bist am Ende, +Erschienen ist, der dich vernichten wird. + +(Indem er mit vorgehaltenem Schwerte hervorspringt verwundet er +Medeen am Arme.) + +Medea (den verwundeten rechten Arm mit der linken Hand fassend). +Weh mir! + +(Stuerzt auf den Felsensitz hin, wo sie schwer atmend leise aechzt.) + +Jason. +Du fliehst? Mein Arm wird dich ereilen! + +(Im Dunkeln herum blickend.) + +Wo ist sie hin! + +(Er nimmt die Lampe und leuchtet vor sich hin.) + +Dort!--Du entgehst mir nicht! + +(Hinzutretend.) + +Verruchte! + +Medea (stoehnend). +Ah! + +Jason. +Stoehnst du? Ja zittre nur! +Mein Schwert soll deine dunkeln Netze loesen! + +(Sie mit der Lampe beleuchtend). +Doch seh' ich recht? Bist du die Zauberin, +Die dort erst heischre Flueche murmelte? +Ein weiblich Wesen liegt zu meinen Fuessen, +Verteidigt durch der Anmut Freiheitsbrief, +Nichts zauberhaft an ihr, als ihre Schoenheit. +(Bist) du's?--Doch ja! Der weisse Arm, er blutet, +Verletzt von meinem mitleidslosen Schwert! +Was hast du angerichtet? Weisst du wohl, +Ich haett' dich toeten koennen, holdes Bild, +Beim ersten Anfall in der dunkeln Nacht? +Und Schade waer's, fuerwahr, um so viel Reiz! +Wer bist du, doppeldeutiges Geschoepf? +Scheinst du so schoen und bist so arg, zugleich +So liebenswuerdig und so hassenswert, +Was konnte dich bewegen, diesen Mund, +Der, eine Rose, wie die Rose auch +Nur hauchen sollte suesser Worte Duft, +Mit schwarzer Sprueche Greuel zu entweihn? +Als die Natur dich dachte, schrieb sie: (Milde) +Mit holden Lettern auf das erste Blatt +Wer malte Zauberformeln auf die andern? +O geh! ich hasse deine Schoenheit, weil sie +Mich hindert deine Tuecke recht zu hassen! +Du atmest schwer. Schmerzt dich dein Arm? Ja, siehst du +Das sind die Fruechte deines argen Treibens! +Es blutet! Lass doch sehn! + +(Nimmt ihre Hand.) + +Du zitterst, Maedchen, +Die Pulse klopfen, jede Fiber zuckt. +Vielleicht bist du so arg nicht, als du scheinst, +Nur angesteckt von dieses Landes Wildheit, +Und Reue wohnt in dir und fromme Scheu. +Heb auf das Aug und blicke mir ins Antlitz, +Dass ich die dunkeln Raetsel deines Handelns +Erlaeutert seh' in deinem klaren Blick.-- +Du schweigst!--O waerst du stumm, und jene Laute, +Die mir ertoenten, fluchenswerten Inhalts, +Gesprochen haette sie ein andrer Mund, +Der minder lieblich, Maedchen, als der deine. +Du seufzest!--Sprich!--Lass deine Worte toenen; +Vertrau' den Lueften sie, als Boten, an, +Sonst holt mein Mund sie ab von deinen Lippen. + +(Er beugt sich gegen sie.) +(Man hoert Waffengeklirr und Stimmen in der Ferne.) + +Horch!--Stimmen! + +(Er laesst sie los.) + +Naeher! + +(Medea steht auf.) + +Deine Freunde kommen +Und ich muss fort. Des freuest du dich wohl? +Allein ich seh' dich wieder, glaube mir! +Ich muss dich sprechen hoeren, guetig sprechen, +Und kostet' es mein Leben!--Doch man naht. +Glaub' nicht, dass ich Gefahr und Waffen scheue, +Doch auch ein Tapfrer weicht der Ueberzahl, +Und meiner harren Freunde.--Leb' denn wohl. +(Er geht dem Seiteneingange zu, durch den er gekommen ist. Aus +diesem, so wie aus dem Haupteingange stuerzen) Bewaffnete (herein, +mit ihnen) Absyrtus. + +Absyrtus. +Zurueck! + +Jason. +So gilt's zu fechten!--Gebet Raum! + +Absyrtus. +Dein Schwert! + +Jason. +Dir in die Brust, nicht in die Hand! + +Absyrtus. +Fangt ihn! + +Jason (sich in Stellung werfend). +Kommt an! Ihr alle schreckt mich nicht! + +Absyrtus. +Lass uns versuchen denn! + +(Stuerzt auf Jason los.) + +Medea (macht eine abhaltende Bewegung gegen ihn). + +Absyrtus (zuruecktretend). +Was haeltst du mich Schwester? + +Jason. +Du sorgst um mich? Hab' Dank, du holdes Wesen, +Nicht fuer die Hilfe, ich bedarf sie nicht, +Fuer diese Sorge Dank. Leb' wohl, o Maedchen, + +(Sie bei der Hand fassend und rasch kuessend.) + +Und dieser Kuss sei dir ein sichres Pfand, +Dass wir uns wiedersehn!--Gebt Raum! + +(Er schlaegt sich durch.) + +Absyrtus. +Auf ihn! + +(Jason durch die Seitentuere fechtend ab.) + +Absyrtus. +Ihm nach! Er soll uns nicht entrinnen! + +(Eilt Jason nach mit den Bewaffneten.) + +Medea (die unbeweglich mit gesenktem Haupt gestanden, hebt jetzt +Kopf und Augen empor). +Goetter! + +(Ihre Jungfrauen stehen um sie.) + +(Der Vorhang faellt.) + + + + +Zweiter Aufzug + +(Halle wie am Ende des vorigen Aufzuges. Es ist Tag.) +Gora, Peritta. Jungfrauen. + +Gora. +Ich sage dir, sprich lieber Medeen nicht. +Ob der Ereignung zuernt sie der heutigen Nacht +Und sie spricht sich nicht gut, wenn sie zuernt; das weisst du! +Auch gebot sie dir, ihr Antlitz zu fliehn. + +Peritta. +Was soll ich tun? Wer hilft, wenn sie nicht? +Gefangen der Gatte, die Huette verbrannt. +Alles geraubt von den fremden Maennern +Wem klag' ich mein Leid, wer rettet, wenn sie nicht? + +Gora. +Tu wie du willst, ich hab' dich gewarnt, +Auch ist's recht und billig nur, dass sie dich hoert, +Aber der Mensch tut nicht immer was recht. + +Peritta. +Ach, ich Unselige! + +Gora. +Klage nicht! Was hilft's +Ueberleg' und handle, das tut dir Not! +Doch wo weilt Medea? komm in ihr Gemach. +(Eine) Jungfrau (stuerzt atemlos herein.) + +Jungfrau. +O Uebermass des Ungluecks! + +Gora (an der Tuere umkehrend). +Wohl nur der Torheit, will ich hoffen! +Was neues gibt's? + +Jungfrau. +Der Fuerstin Lieblingspferd.-- + +Gora. +Das herrliche Tigerross-- + +Jungfrau. +Es ist entflohn! + +Gora. +So? + +Jungfrau. +In der Verwirrung der heutigen Nacht +Da die Pforte offen, wir alle voll Angst, +Entkam es dem Stall und ward nimmer gesehn! +Weh mir! + +Gora. +Ja wohl! + +Jungfrau. +Wie entflieh' ich der Fuerstin Zorn? +Wird sie's ertragen--? + +Gora. +Das (wie) ist ihre Sache +Doch tragen muss sie's, da es (ist). +Nur rat' ich dir geh fuers erste ihr aus dem Auge! +Doch horch! Sie naht schon! Peritta tritt zu mir. +Medea (kommt in Gedanken versunken aus der Tuere rechts.) + +Gora (nach einer Pause). +Medea-- + +Jungfrau (ihr zuvorkommend und zu Medeens Fuessen stuerzend). +O Koenigin verzeih! + +Medea (den Kopf emporhebend). +Was ist? + +Jungfrau. +Vernichte mich nicht in deinem Zorn! +Dein Leibross--Dein Liebling!--Es ist entflohn. + +(Pause waehrend welcher sie Medeen voll Erwartung ins Gesicht sieht). + +Nicht meine Schuld war's fuerwahr. Der Schrecken heut Nacht +Das Getuemmel, der Laerm--Da geschah's-- +Du sprichst nicht?--Zuerne Fuerstin-- + +Medea. +Es ist gut! + +(Jungfrau steht auf.) + +Gora (sie bei Seite ziehend). +Was sprach sie? + +Jungfrau (freudig). +Es sei gut. + +Gora. +Das ist (nicht) gut! +Traegt sie so leicht, was sie sonst schwer ertrug, +Das beguenstigt unsre Sache, Peritta! +Fast ist mir's unlieb, dass sie so mild gestimmt +Ich hatte mich drauf gefreut, wie sie sich straeuben wuerde +Und endlich ueberwinden muesste zu tun was sie soll. +Nu komm denn, komm, fuer dich ist's besser so. +Medea hier ist noch jemand den du kennst! + +Medea. +Wer? + +Gora. +Kennst deine Gespielin, Peritta, nicht? +Zuernst du ihr gleich-- + +Medea. +Peritta bist du's; +Sei mir gegruesst, sei herzlich mir gegruesst! + +(Sie mit dem Arm umschlingend und sich auf sie stuetzend.) + +Wir haben frohe Tage zusammen gelebt. +Seit dem ist viel uebles geschehn. +Viel uebles seit der Zeit, Peritta! +Hast du deine Herde verlassen und dein Haus +Und kommst wieder zu mir, Peritta? +Sei mir willkommen, du bist sanft und gut, +Du sollst mir die Naechste sein im Kreis meiner Frauen! + +Peritta. +Kein Haus hab' ich mehr und keine Herde +Alles verloren, mein Gatte gefangen, +Dahin meine Ruhe, mein Segen, mein Glueck. + +Medea. +So ist er dahin, ist tot! +Du dauerst mich armes, armes Kind! +War so jung, so kraeftig, so glaenzend, so schoen, +Und ist tot und kalt! Du dauerst mich +Ich koennte weinen, so ruehrst du mich. + +(Legt ihre Stirne auf Perittas Schulter.) + +Peritta. +Nicht tot, nur gefangen ist mein Gatte +Drum kam ich zu flehn, dass du bittest den Vater +Ihn zu loesen, zu retten, zu befrein-- + Medea hoerst du?-- + +(Zu Gora.) + +Sie spricht nicht! Was sinnt sie? + +Gora. +Mich ueberrascht sie nicht minder als dich +Das ist sonst nicht Medeens Sitte. + +Peritta. +Was ist das? Trau' ich meinen Sinnen? +Feucht fuehl' ich dein Antlitz auf meiner Schulter! +Medea Traenen?--O du Milde, du Gute! + +(Kuesst Medeens herabhaengende Hand.) + +(Medea reisst sich empor, fasst rasch mit der rechten Hand die +gekuesste Linke und sieht Peritten starr ins Gesicht. Dann entfernt +sie sich rasch von ihr, sie immer starr betrachtend und naehert sich +der Amme.) + +Medea. +Gora! + +Gora. +Frau? + +Medea. +Heiss sie gehn! + +Gora. +So willst du-- + +Medea. +Heiss sie gehn! + +Gora + +(winkt Peritten mit der Hand Entfernung zu). +(Peritta haelt flehend ihr die Haende entgegen.) +(Gora winkt ihr beruhigend zu, sich zu entfernen.) +(Peritta von zwei Maedchen gefuehrt, ab.) + +Medea (unterdessen). +Ah!--es ist heiss hier.--Schwuele Luft. + +(Reisst gewaltsam den Guertel entzwei und wirft ihn weg.) + +Gora. +Sie ist fort!. + +Medea (zusammenfahrend). +Fort? + +Gora. +Peritta ist fort. + +Medea. +Gora! + +Gora. +Gebieterin! + +Medea (halblaut, sie bei Seite fuehrend). +Warst du zugegen heut Nacht? + +Gora. +Wo? + +Medea (Sieht ihr fremd ins Gesicht.) + +Gora. +Ah hier? Freilich! + +Medea (mit freudeglaenzenden Blicken). +Ich sage dir es war ein Gott! + +Gora. +Ein Gott? + +Medea. +Ich habe lange darueber nachgedacht, +Nachgedacht und getraeumt die lange Nacht, +Aber 's war ein Himmlischer, des bin ich gewiss. +Als er mit einemmal dastand, zuernenden Muts, +Hochaufleuchtend, einen Blitz in der Hand +Und zwei andre im flammenden Blick, +Da fuehlt' ich's am Sinken des Muts, an meiner Vernichtung, +Dass ihn kein sterbliches Weib gebar. + +Gora. +Wie? so-- + +Medea. +Du hast mir wohl selbst erzaehlet, +Oft, dass Menschen, die nah dem Sterben, +(Heimdar) sich zeige, der furchtbare Gott, +Der die Toten fuehrt in die schaurige Tiefe. +Sieh, der war es glaub' ich, o Gora! +(Heimdar) war es, der Todesgott. +Bezeichnet hat er sein dunkles Opfer, +Bezeichnet mich mit dem ladenden Kuss +Und Medea wird sterben, hinuntergehn +Zu den Schatten der schweigenden Tiefe. +Glaub' mir, ich fuehle das, gute Gora, +An diesem Bangen, an diesem Verwelken der Sinne, +An dieser Grabessehnsucht fuehl' ich es, +Dass mir nicht fern das Ende der Tage! + +Gora. +Was hat deinen Sinn so sehr umwoelkt, +Dass du trueb schaust, was klar und deutlich? +Ein Mensch war's, ein Uebermuet'ger, ein Frecher +Der hier eindrang + +Medea (zurueckfahrend). +Ha! + +Gora. +Der die Nacht benuetzend-- + +Medea. +Schweig! + +Gora. +Deine Angst + +Medea. +Verruchte schweig. + +Gora. +Schweigen kann ich wenn du's gebietest, +Einst mein Pflegling, jetzt meine Frau. +Aber drum ist's nicht anders als ich sagte. + +Medea. +Sieh wie du albern bist und toericht! +Wie kaem' ein Fremder in diese Mauern? +Wie haett' ein Sterblicher sich erfrecht, +Zu draengen sich vor Medeas Antlitz, +Sie zu sprechen, ihr zu drohn, mit seinen Lippen-- +Geh Unselige, geh +Dass ich dich nicht toete, +Nicht raeche deine Torheit +An deinem Leben. +Ein Sterblicher? Scham und Schmach! +Entferne dich, Verraeterin! +Geh! sonst trifft dich mein Zorn. + +Gora. +Ich rede was ist und nicht was du willst. +Gehn soll ich? ich gehe. + +Medea. +Gora, bleib! +Hast du kein freundlichs Wort, du Gute? +Fuehlst du denn nicht, so ist's so muss es sein, +(Heimdar) war es, der stille Gott, +Und nun kein Wort mehr, kein Wort, o Gora! + +(Wirft sich ihr an den Hals und verschliesst mit ihrem Munde Goras +Lippen.) + +(Nach einer Pause.) + + +Medea. +Horch! + +Gora. +Tritte nahen! + +Medea. +Man kommt! Fort! + +Gora. +Bleib! Dein Bruder ist's und dein Vater! Sieh! +Aietes und Absyrtus (stuerzen herein.) + +Aietes. +Entkommen ist er, des traegst du die Schuld! + +(Zu Medeen.) + +Warum hemmtest den Streich des Bruders, +Da er ihn toeten wollte, den Frevler? + +Absyrtus. +Vater, scheltet sie nicht darum +War doch angstvoll und bang ihre Seele! +Denkt! ein Fremder, allein, bei Nacht, +Eingedrungen in ihre Kammer; +Sollte sie da nicht zagen, Vater? +Und nicht weiss die Furcht was sie tut. +Doch der Grieche-- + +Medea. +Grieche? + +Aietes. +Wer sonst? +Einer der Fremden war's, der Hellenen, +Die gekommen an Kolchis' Kueste, +Argonauten, auf Argo dem Schiff, +Zu verwuesten unsere Taeler +Und zu rauben unser Gut. + +Medea + +(Goras Hand fassend). +Gora! + +Gora. +Siehst du? es ist so, wie ich sagte. + +Absyrtus. +Uebermuetig sind sie und stark +Ja, bei Peronto! Stark und kuehn! +Setzt' ich nicht nach ihm, ich und die Meinen +Hart ihn draengend, nach auf den Fersen? +Aber er fuehrte in Kreisen sein Schwert +Keiner von uns kam ihm nah zu Leibe. +Jetzt zum Strom gekommen, warf er +Raschen Sprungs sich hinein. +Dumpf ertoente die Gegend dem Sturze, +Hoch auf spritzten die schaeumenden Wasser +Und er verschwand in umhuellende Nacht. + +Aietes. +Ist er entkommen dieses Mal +Fuerder soll es ihm nicht gelingen! +Die kuehnen Fremdlinge stolz und trotzig +Haben Zweisprach begehrt mit mir. +Zugesagt hab' ich's, den Groll verbergend +Den toedlichen Hass in der tiefen Brust +Aber gelingt mir, was ich sinne, +Und bist du mir gewaertig mit deiner Kunst, +So soll sie der frevelnde Mut gereuen, +So endet der Streit noch eh er begann. +Auf Medea, komm! Mach' dich fertig +Gut zu machen, was du gefehlet +Und zu raechen die eigene Schmach +(Deine) Sache ist's nun geworden +Haben sie doch an dir auch gefrevelt, +Gefrevelt durch jenes Kuehnen Tat, +Denn wahr ist's doch, was Absyrtus mir sagte, +Dass er's gewagt mit entehrendem Kuss-- + +Medea. +Vater schweig, ich bitte dich-- + +Aietes. +Ist's wahr? + +Medea. +Frage mich nicht was wahr, was nicht! +Lass dir's sagen die Roete meiner Wangen +Lass dir's sagen--Was soll ich? Gebeut! +Willst du vernichten die Schar der Frevler? +Sage nur wie, ich bin bereit! + +Aietes. +So recht Medea, so mag ich's gern +So erkenn' ich in dir mein Kind +Zeig' dass dir fremd war des Frechen Erkuehnen +Lass sie nicht glauben, du habest gewusst +Selber gewusst um die frevelnde Tat! + +Medea. +Gewusst? Wer glaubt das, Vater und von wem? + +Aietes. +Wer? der's sah, der's hoerte, Kind! +Wer Zeuge war wie Aletes' fuerstliche Tochter +Den Kuss duldete von des Frevlers Lippe. + +Medea. +Vater! + +Aietes. +Was ist? + +Medea. +Du toetest mich! + +Aietes. +(Ich) glaub's (nicht), Medea! + +Medea. +Wirklich nicht? +Lass uns gehn! + +Aietes. +Wohin? + +Medea. +Wohin du willst +Zu vernichten, zu toeten, zu sterben! + +Aietes. +Du versprichst mir also? + +Medea. +Ich hab' es gesagt! +Aber lass uns gehn! + +Aietes. +Hoer' erst! + +Medea. +Nicht hier! +Hohnzulachen scheint mir des Gottes Bild +Des Gewoelbes Steine formen sich mir +Zu lachenden Maeulern und grinsenden Larven. +Hinweg von dem Orte meiner Schmach! +Nimmer betret' ich ihn. Vater komm! +Was du willst, wie du willst, doch fort von hier! + +Aietes. +So hoere! + +Medea. +Fort! + +Aietes. +Medea! + +Medea. +Fort! + +(Eilt ab.) + +Aietes. +Medea! + +(Mit Absyrtus ihr nach.) + +(Freier Platz mit Baeumen. Links im Hintergrunde des Koenigs Zelt.) +Acht Abgeordnete der Argonauten (treten auf von einem) Kolchischen +Hauptmanne (geleitet.) + +Hauptmann. +Hier sollt ihr weilen ist des Koenigs Befehl +Bald naht er selbst. + +Erster Argonaut. +Befehl? Nichtswuerdiger Barbar, +Fuer dich mag's sein, doch uns Befehl? +Wir harren deines Koenigs weil wir wollen, +Doch eil' er sich, sonst suchen wir ihn auf! + +Zweiter Argonaut. +Lass ihn! Die Knechtesrede ziemt dem Knecht! + +(Kolcher ab.) + +So sind wir hier; erreicht des Strebens Ziel! +Nach mancher Faehrlichkeit zu Land und See +Umfaengt uns Kolchis' duestre Maerchenwelt, +Von der man spricht so weit die Sonne leuchtet. +Was keinem moeglich deuchte ist geschehn; +Durchsegelt ist ein unbekanntes Meer, +Das zuernend Untergang dem ersten Schiffer drohte, +Zu neuen Voelkern und zu neuen Laendern +Tat sich der Weg, und was oft schwerer noch, +Tat auch der Rueckweg sich uns guenstig auf: +Wir sind in Kolchis, unsrer Reise Ziel. +So weit hat gnaedig uns ein Gott gefuehrt; +Doch jetzo fuercht' ich wendet er sich ab! +Wir stehn in Feindes Land, von Tod umgeben +Fremd, ohne Rat und Fuehrer--Jason fehlt. +Er, der zum Zug geworben, ihn gefuehrt, +Er, dessen eigne Sache wir verfechten, +Mit Milo hat er sich vom Zug entfernt, +Heut Nacht entfernt und ward nicht mehr gesehn. +Ob er im Wald verirrt, verlassen schmachtet, +Ob er ins Netz gefallen der Barbaren, +Ob ihn aus Hinterhalt der Tod ereilt +Ich weiss es nicht, doch jedes steht zu fuerchten. +So aufgeloest, vereinzelt, ohne Band, +Ist jeder nun sein eigner Rat und Fuehrer +Drum frag' ich euch, die Ersten unsrer Schar: +Was ist zu tun? + +(Alle schweigen mit gesenkten Haeuptern.) + +Ihr schweigt. Jetzt gilt's Entschluss! +Geladen von dem Koenig dieses Landes +Zur Zweisprach, zum Versuch der Guetlichkeit, +Schien's uns gefaehrlich, ob des Fuehrers Abgang +Den Aufruf abzulehnen, der geschehn, +Und zu enthuellen unsre Not und Schwaeche. +Wir gingen, wir sind hier!--Was nun zu tun? +Wer Rat weiss, spreche nun! + +Dritter Argonaut. +Du bist der Aeltste +Sprich du! + +Zweiter Argonaut. +Der Aeltste ist der Erste nicht +Wo's Kraft gilt und Entschluss. Fragt einen andern! + +Erster Argonaut. +Lasst uns die Schwerter nehmen in die Hand +Den Koenig toeten und sein treulos Volk +Dann fort, doch erst die Beut' ins Schiff gebracht! + +Zweiter Argonaut. +Nicht auch das Land und heimgebracht zur Schau? +Dein Rat ist unreif Freund wie deine Jahre. +Gebt andern! + +Dritter Argonaut. +Rate du, wir folgen dir! + +Zweiter Argonaut. +Mein Rat ist Rueckkehr! Murrt ihr? Nun wohlan +Sprech' einer Besseres, ich stimme bei! +Ihr schweigt gesamt und Niemand tritt hervor. +So hoert, und stoert nicht oder ueberzeugt mich! +Nicht eignes Streben hat uns hergefuehrt +Was kuemmert Kolchis uns mit seinen Wundern? +Dem Mut, dem Gluecke Jasons folgten wir +Den Arm ihm leihend zum gebotnen Werk; +Er tat des Oheims Willen, wir den seinen. +Wer ist, der treten mag an Jasons Stelle, +Hat ihn der Tod, wie moeglich, hingerafft? +Wem liegt daran das Wundervliess zu rauben +Das Tod umringt und draeuende Gefahr? +Habt ihr gehoert? im Schlund der Hoehle liegt's, +Bewacht von eines Drachen gift'gen Zaehnen, +Vom Graun verteidigt schwarzer Zauberei, +Beschuetzt von allem was verrucht und greulich; +Wer wagt's von euch, wer hebt den goldnen Schatz? +Wie Keiner? Nun, so woll' auch keiner (scheinen) +Was keiner Kraft und Willen hat zu (sein). +Hier leg' ich von mir Schild und Speer +Und geh' zum Koenig als ein Mann des Friedens. +Drei Tage goenn' er uns zu harren Zeit, +Und kehrt dann Jason nicht, so ziehn wir heim. +Wer mit mir gleichdenkt, tue so wie ich. +Ein Held ist wer das Leben Grossem opfert +Wer's fuer ein Nichts vergeudet ist ein Tor! + +(Die meisten stossen ihre Speere in den Boden.) + +Nun kommt zu Kolchis' Koenig. Gerne tauscht er +Die eigne Sicherheit wohl aus fuer unsre! + +Erster Argonaut. +Halt noch. Dort nahn zwei Griechen! Milo ist's +Der fort mit Jason ging und-- + +(schreiend) + +Jason selber! +Jason! + +Mehrere. +Jason! + +Alle (tumultuarisch). +Jason! + +Milo + +(hinter der) Szene). +Hier Gefaehrten! +Hier Jason, Argonauten! + +Erster Argonaut (zum zweiten). +Was sagst du nun? + +Zweiter Argonaut. +Dass Jason da ist, sag' ich Freund wie du. +Statt meines Rates gibt er euch die Tat. +Nur da er fort war hatt' ich eine Meinung! +Milo (tritt auf), Jason (an der Hand fuehrend.) + +Milo. +Hier habt ihr ihn! Hier ist er ganz und gar! +Nun seht euch satt an ihm und schreit und jubelt! + +(Die Argonauten draengen sich um Jason, fassen seine Haende und +druecken ihre Freude aus.) + +Vermischte Stimmen. +Willkommen--Jason!--Freund!--Willkommen Bruder! + +Jason. +Habt ihr um mich gebangt? Hier bin ich wieder! + +(Indem er den Andraengenden die Haende reicht.) + +Milo (den naechststehenden umarmend). +Freund siehst du, er ist da? Gesund und ruestig! +Und's ging ihm nah ans Leben, ei beim Himmel! +Ein Haar! und ihr saht Jason nimmer mehr! +Er wagte sich, allein--ich durft' nicht mit-- +Um euretwillen Freunde wagt' er sich, +Im dichten Wald, allein, in einen Turm, +Der voll Barbaren steckte bis zum Giebel. +Da hiess es fechten. + +Jason. +Ja fuerwahr es galt! +Verloren war ich, wenn ein Maedchen nicht-- + +Milo. +Ein Maedchen? Ein Barbarenmaedchen? + +Jason. +Ja! + +Milo. +Sieh davon sagtest du mir frueher nichts! +Und war sie schoen? + +Jason. +So schoen so reizend so-- +Doch eine arge, boese Zauberin.-- +Ihr dank' ich dies mein Leben! + +Milo. +Wackres Maedchen! + +Jason. +Ich schlug mich durch und--doch genug, ich lebe +Und bin bei euch!--Doch was fuehrt euch hierher? + +Zweiter Argonaut. +Zur Zweisprach liess uns laden Kolchis' Koenig +Vernehmen will er unsre Forderung +Und dann entscheiden. + +Jason. +Hier? + +Zweiter Argonaut. +Hier ist sein Sitz! + +Jason. +Ich will ihn sprechen. Fuegt er sich in Frieden +Gut denn! wenn nicht, dann mag das Schwert entscheiden. + +(Auf die seitwaerts gestellten Speere zeigend.) + +Doch diese Waffen!--Seid ihr hier so sicher +Dass ihr des Schutzes selber euch beraubt? + +(Sie nehmen beschaemt die weggelegten Speere wieder auf.) + +Ihr schweigt und schlagt beschaemt die Augen nieder? +Habt ihr?-- + +(Zu Milo.) + +Oh sieh, sie meiden meinen Blick! +Unglueckliche! es war doch nicht die Furcht-- +Die (Furcht) Hellenen, die den Speer euch nahm? +Es war's nicht--? + +(Zu Milo.) + +Ach es war's! Die Ungluecksel'gen +Sie wagen's nicht der Luege mich zu zeihn. +Was hat euch denn verblendet arme Brueder?-- +Es war die (Furcht)!-- + +(Zu einem der sprechen will.) + +Ich bitte dich, sprich nicht +Ich kann mir denken was du fuehlst. Sprich nicht! +Mach' nicht, dass ich mich schaeme vor mir selbst! +Denn, o nicht ohne Traenen koennt' ich schauen +In ein von Scham geroetet Maennerantlitz. +Ich will's vergessen wenn ich kann. + +(Ein Kolcher tritt auf.) + +Kolcher. +Der Koenig naht! + +Jason. +So lasst uns stark sein und entschlossen, Freunde +Nicht ahne der Barbar, was hier geschehn! +Aietes (tritt auf mit) Gefolge. + +Aietes. +Wer ist der das Wort fuehrt fuer die Fremden! + +Jason (vortretend). +Ich! + +Aietes. +Beginn! + +Jason. +Hochmuetiger Barbar, du wagst--? + +Aietes. +Was willst du? + +Jason. +Achtung! + +Aietes. +Achtung? + +Jason. +Meiner Macht, +Wenn meinem Namen nicht! + +Aietes. +Wohlan, so sprich! + +Jason. +Thessaliens Beherrscher, Pelias, +Mein Oheim und mein Herr, schickt mich zu dir, +Mich, Jason, dieser Maenner Kriegeshaupt, +Zu dir zu reden, wie ich jetzo rede! +Gekommen ist die Kunde uebers Meer, +Dass Phryxus, ein Hellene, hohen Stammes, +Den Tod gefunden hier in deinem Reich! + +Aietes. +Ich schlug ihn nicht. + +Jason. +Warum verteidigst du dich, +Eh ich dich noch beschuldigt? Hoer' mich erst. +Mit Schaetzen und mit Gute reich beladen +War Phryxus' Schiff. Das blieb in deiner Hand +Als er verblich geheimnisvollen Todes! +Sein Haus ist aber nahverwandt dem meinen, +Drum in dem Namen meines Ohms und Herrn +Fordr' ich, dass du erstattest, was sein eigen, +Und was nun mein und meines Fuerstenhauses. + +Aietes. +Nichts weiss ich von Schaetzen. + +Jason. +Lass mich enden. +Das Koestlichste von Phryxus' Guetern aber +Es war ein koestliches, geheimnisvolles Vliess, +Des er entkleidete in Delphis hoher Stadt +Das Bildnis eines unbekannten Gottes +Das dort seit grauen Jahren aufgestellt, +Man sagt, von den Urvaetern unsers Landes, +Die fernher kommend, und von Oben stammend, +Das Land betraten und der Menschheit Samen +Weitbreitend in die leere Wildnis streuten, +Und Hellas' Vaeter wurden, unsre Ahnen +Von ihnen sagt man stamme jenes Zeichen, +Ein teures Pfand fuer Hellas' Heil und Glueck. +Vor allem nun dies Vliess fordr' ich von dir, +Dass es ein Kleinod bleibe der Hellenen +Und nicht in trotziger Barbaren Hand +Zum Siegeszeichen diene wider sie. +Sag' was beschliessest du? + +Aietes. +Ich hab's nicht! + +Jason. +Nicht? +Das goldne Vliess? + +Aietes. +Ich hab's nicht, sag' ich dir! + +Jason. +Ist dies dein letztes Wort? + +Aietes. +Mein letztes! + +Jason. +Wohlan! + +(Wendet sich zu gehn.) + +Aietes. +Wo willst du hin? + +Jason. +Fort, zu den Meinen, +Sie zu den Waffen rufen, um zu sehen, +Ob du der Macht unnahbar wie dem Recht. + +Aietes. +Ich lache deiner Drohungen! + +Jason. +Wie lange? + +Aietes. +Tollkuehner! Mit einem Haeufchen Abenteurer +Willst du trotzen dem Koenig von Kolchis? + +Jason. +Ich will's versuchen! + +(Will gehen.) + +Aietes. +Halt! Du rasest glaub' ich. +Ist wirklich der Goetter Huld geknuepft an jenes Zeichen +Und ist dem Sieg und Rache, der's besitzt, +Wie kannst du hoffen zu bestehen gegen mich, +In dessen Hand-- + +Jason. +Ha, so besitzest du's? + +Aietes. +Wenn's waere, mein' ich, wie du glaubst. + +Jason. +Ich weiss genug! +Schwachsinniger Barbar, und darauf stuetzest +Du deiner Weigrung unhaltbaren Trotz? +Du glaubst zu siegen, weil in deiner Hand-- +Nicht gut nicht schlimm ist, was die Goetter geben +Und der Empfaenger erst macht das Geschenk. +So wie das Brot, das uns die Erde spendet, +Den Starken staerkt, des Kranken Siechtum mehrt, +So sind der Goetter hohe Gaben alle, +Dem Guten gut, dem Argen zum Verderben. +In meiner Hand fuehrt jenes Vliess zum Siege +In deiner sichert's dir den Untergang. +Sprich selbst, wirst du es wagen zu beruehren +Bespruetzt wie's ist mit deines Gastfreunds Blut,-- + +Aietes. +Schweig! + +Jason. +Sag' gibst du's heraus?--ja oder nein! + +Aietes. +So hoere mich! + +Jason. +Ja oder nein! + +Aietes. +Du rascher! +Warum uns zanken ohne Not +Lass uns friedlich ueberlegen +Und dann entscheiden was zu geschehn! + +Jason. +Du gibst es denn heraus? + +Aietes. +Was?--Ei lass das! +Wir wollen uns erst kennen und verstehn. +Dem Freunde gibt man, nicht dem Fremden! +Tritt ein bei mir und ruhe von der Fahrt. + +Jason. +Ich trau' dir nicht! + +Aietes. +Warum nicht? +Ist auch rauh meine Sprache, fuerchte nichts. +Lass dir's wohl sein in meinem Lande. +Liebst du den Becher? Wir haben Tranks die Fuelle. +Jagd? Wildreich sind unsre Forste. +Magst du dich freun in der Weiber Umarmung? +Kolchis hat-- + +(Naeher zu ihm tretend.) + +Liebst du die Weiber? + +Jason. +(Eure) Weiber? und doch-- + +Aietes. +Liebst du die Weiber? + +Jason. +Kennst einen Turm du dort im nahen Walde, +Der--doch wo bin ich! Komm zur Sache Koenig! +Gibst du das Vliess? + +Aietes + +(zu einem Kolcher). +Ruf Medeen und bring' Wein! + +Jason. +Noch einmal, gibst du mir das Vliess? + +Aietes. +Sei ruhig! +Erst gezecht dann zum Rat, so halten wir's. + +Jason. +Ich will von deinen Gaben nichts. + +Aietes. +Du sollst! +Ungespeist geht keiner aus Aietes' Hause! +Sieh man kommt, lass dir's gefallen, Fremdling! +Medea (koemmt verschleiert einen Becher in der Hand, mit ihr) Diener +(die Pokale tragen.) + +Aietes. +Hier trink, mein edler Gast! + +(Zu Medeen.) + +Ist er bereitet? + +Medea. +O frage nicht! + +Aietes. +So geh und biet ihn an! +Erlabe dich mein Gast! + +Jason. +Ich trinke nicht! + +(Medea faehrt beim Klang von Jasons Stimme zusammen. Sie blickt +empor, erkennt ihn und tritt einige Schritte zurueck.) + +Aietes (zu Jason). +Warum nicht? + +(Zu Medeen.) + +Hin zu ihm. Tritt naeher sag' ich! + +Jason. +Was seh' ich?--Diese Kleider!--Maedchen bleib! +Dein Kleid erneuert mir ein holdes Bild +Das ich nur erst--Gib deinen Becher mir, +Ich wag's auf deine Aussenseite! Gib! + +(Er nimmt den Becher aus ihrer Hand.) + +Ich leer' ihn auf dein Wohl! + +Medea. +Halt ein! + +Jason. +Was ist? + +Medea. +Du trinkst Verderben! + +Jason. +Wie? + +Aietes. +Medea! + +Jason + +(indem er den Becher wegwirft). +Koenig +Das deine Freundschaft? Rache dir Barbar! +Doch du, wer bist du? die so sonderbar +Mit Grausamkeit vereinet Mitleids Milde? +Lass mich dich schaun! + +(Er reisst ihr den Schleier ab.) + +Sie ist's! Es ist dieselbe! + +Aietes. +Medea fort! + +Jason. +Medea heissest du? +So sprich Medea denn! + +Medea. +Was willst du? + +Jason. +Wie? +So mild dein Tun und rauh dein Wort, Medea? +Nur zweimal sah ich dich und beidemal +Verdank' ich dir mein Leben. Habe Dank! +Es scheint die Goetter haben uns ersehn +Uns Freund zu sein, nicht Feinde, o Medea! +Noch einmal diesen Blick, o sieh nicht weg! +Schau' mir ins Aug, ich mein' es rein und gut. + +(Erfasst ihre Hand und wendet sie gegen sich.) + +Lass mich in deinem Blick die Kunde lesen + +(Medea entreisst ihm die Hand.) + +Jason. +Halt ein! + +Medea (sich emporrichtend). +Verwegner wagst du's?--Weh! + +(Sie begegnet seinem Blicke, faehrt zusammen und entflieht.) + +Jason. +Medea! + +(Medea ab.) +(Er eilt ihr nach.) + +Aietes. +Zurueck! + +Jason. +Du selbst zurueck, Barbar!--Medea! +(Indem er ins Zelt dringen will und Aietes sich ihm abwehrend in +den Weg stellt, faellt der Vorhang.) + + + + +Dritter Aufzug + +(Das Innere von des Koenigs Zelte. Der hintere Vorhang desselben +ist so, dass man durch denselben, ohne die draussen befindlichen +Personen genau unterscheiden zu koennen, doch die Umrisse derselben +erkennen kann.) +Medea, Gora, Jungfrauen (im Zelte.) Jason, Aietes (und) Alle +Personen des letzten Aktschlusses (ausser demselben.) +(Medea steht links im Vorgrunde aufgerichtet, die linke Hand auf +einen Tisch gestuetzt, die Augen unbeweglich vor sich gerichtet in +der Stellung einer die hoert was aussen vorgeht. Gora sie +beobachtend auf der andern Seite des Tisches. Jungfrauen teils +knieend, teils stehend um sie gruppiert. Einige) Krieger (im +Hintergrunde des Zeltes an den Seiten aufgestellt.) + +Jason (von aussen). +Ich will hinein! + +Aietes (aussen). +Zurueck! + +Jason. +Denkst du's zu wehren? +Vom Schwert die Hand! die Hand vom Schwerte sag' ich, +Das meine zuckt, ich kann nicht drohen sehn! +Ich will hinein! Gib Raum! + +Aietes. +Zurueck Verwegner! + +Gora (zu Medeen). +Er rast der Freche! + +Jason (aussen). +Hoerst du mich Medea? +Gib mir ein Zeichen wenn du hoerst! + +Gora. +Vernahmst du? + +Jason. +Dringt bis zu dir mein Ruf, so gib ein Zeichen. +Erwaehlte! + +(Medea, die bis jetzt unbeweglich gestanden faehrt zusammen und legt +die Hand auf die tiefatmende Brust.) + +Jason. +Sieh, mein Arm ist offen. Komm! + +(Jasons Stimme kommt immer naeher.) + +Ich hab' dein Herz erkannt! Erkenn' das meine +Medea komm! + +Aietes. +Zurueck! + +Gora. +Er dringt herein! + +(Medea reisst sich aus den Armen ihrer Jungfrauen los und flieht auf +die andere Seite des Vorgrunds.) + +Jason. +Ich rufe dir! Ich liebe dich, Medea. + +Gora (Medeen folgend). +Hast du gehoert? + +Medea (verhuellt die Augen mit der Hand). + +Gora (dringend). +Unglueckliche das also war's? +Daher die Bewegung, daher deine Angst +O Schmach und Schande, waer' es wirklich? + +Medea (aufgerichtet, sie mit Hoheit anblickend). +Was? + +Jason (indem er die Vorhaenge des Zeltes aufreisst). +Ich muss sie sehn!--Da ist sie!--Komm Medea! + +Gora. +Er naht! Entflieh! + +Medea (zu den Soldaten im Zelte). +Steht ihr so muessig +Braucht die Waffen, helft eurem Herrn! + +Aietes (der indes mit Jason am Eingange gerungen hat). +Mit meinem Tod erst dringst du hinein! + +(Die Soldaten im Zelte stuerzen auf die Streitenden los. Jason wird +weggedraengt. Die Vorhaenge fallen wieder zu.) + +Jason (draussen). +Medea!--Wohl so mag das Schwert entscheiden! + +Absyrtus' Stimme. +Schwerter bloss! Hier ist das Meine! + +(Waffengeklirr von aussen.) + +Gora. +Sie fechten! Goetter staerkt der Unsern Arm! + +(Medea steht wieder bewegungslos da.) + +Milos Stimme (von aussen). +Jason zurueck! Wir werden uebermannt +Zwoelf unsre Schar und hunderte der Feinde! +Barbaren brecht ihr den geschwornen Stillstand? + +Jason. +Lass sie nur kommen, ich empfange sie! + +Aietes. +Haut sie nieder, weichen sie nicht! + +(Das Waffengeklirr entfernt sich.) + +Gora. +Die Fremden werden zurueckgedraengt, die Unsern siegen! +Medea fasse dich. Dein Vater naht. +Aietes und Absyrtus kommen. + +Aietes. +Wo ist sie?--Hier! Verraeterin +Wagst du's zu stehn deines Vaters Blick? + +Medea (ihm entgegen). +Nicht zu Worten ist's jetzt Zeit, zu Taten! + +Aietes. +Das sagst du mir nach dem was geschehn, +Jetzt, da das Schwert noch bloss in meiner Hand? + +Medea. +Nichts weiter von Vergleich, von Unterredung +Von guetlichen Vertrags fruchtlosem Versuch. +Bewaffne die Krieger, versammle die Deinen +Und jetzt auf sie hin, hin auf die Fremden +Eh sie's vermuten, eh sie sich fassen. +Hinaus mit ihnen, hinaus aus deinem Land +Rettend entfuehre sie ihr schnelles Schiff +Oder der Tod ihnen allen--allen! + +Aietes. +Waehnst du mich zu taeuschen, Betruegerin? +Wenn du sie hassest, was warfst du den Becher, +Der mir sie liefern sollte, Jason liefern sollte, +Jason--sich mir ins Antlitz. Du wendest dich ab? + +Medea. +Was liegt dir an meiner Beschaemung, +Rat bedarfst du, ich g e b e dir Rat. +Noch einmal also, verjag' sie die Fremden +Stoss sie hinaus aus den Marken des Reichs +Der grauende Morgen, der kommende Tag +Sehe sie nicht mehr in Kolchis' Umfang. + +Aietes. +Du machst mich irre an dir, Medea. + +Medea. +War ich es lange nicht, lange nicht selbst? + +Aietes. +So wuenschest du dass ich vertreibe die Fremden? + +Medea. +Flehend, knieend bitt' ich dich drum. + +Aietes. +Alle? + +Medea. +Alle! + +Aietes. +Alle? + +Medea. +Frage mich nicht! + +Aietes. +Nun wohlan denn ich waffne die Freunde! +Du gehst mit! + +Medea. +Ich? + +Aietes. +Seltsame, du! +Sieh ich weiss, nicht den Pfeil nur vom Bogen, +Schleuderst den Speer auch, die maechtige Lanze, +Schwingest das Schwert in kraeftiger Hand. +Komm mit, wir verjagen die Feinde! + +Medea. +Nimmermehr! + +Aietes. +Nicht? + +Medea. +Mich sende zurueck +In das Innre des Landes Vater, +Tief, wo nur Waelder und dunkles Geklueft, +Wo kein Aug hindringt, kein Ohr, keine Stimme, +Wo nur die Einsamkeit und ich. +Dort will ich fuer dich zu den Goettern rufen +Um Beistand fuer dich, um Kraft, um Sieg. +Beten Vater, doch kaempfen nicht. +Wenn die Feinde verjagt, wenn kein Frevler mehr hier, +Dann komm' ich zurueck und bleibe bei dir +Und pflege dein Alter sorglich und treu +Bis der Tod herankommt, der freundliche Gott +Und leise beschwichtigend, den Finger am Mund, +Auf seinem Kissen von Staub und Moos +Die Gedanken schlafen heisst und ruhn die Wuensche. + +Aietes. +Du willst nicht mit und ich soll dir glauben? +Ungeratene zittre!--Jason? + +Medea. +Was fragst du mich wenn du's weisst. +Oder willst du's hoeren aus meinem Mund +Was ich bis jetzt mir selber verbarg, +Ich mir verbarg? die Goetter mir bargen. +Lass dich nicht stoeren die flammende Glut, +Die mir, ich fuehl' es die Wangen bedeckt, +Du willst es hoeren und ich sag' es dir. +Ich kann nicht im Trueben ahnen und zagen +Klar muss es sein um Medea, klar! +Man sagt--und ich fuehle es ist so!-- +Es gibt ein Etwas in des Menschen Wesen, +Das, unabhaengig von des Eigners Willen, +Anzieht und abstoesst mit blinder Gewalt; +Wie vom Blitz zum Metall, vom Magnet zum Eisen, +Besteht ein Zug, ein geheimnisvoller Zug +Vom Menschen zum Menschen, von Brust zu Brust. +Da ist nicht Reiz, nicht Anmut, nicht Tugend nicht Recht +Was knuepft und losknuepft die zaub'rischen Faeden, +Unsichtbar geht der Neigung Zauberbruecke +So viel sie betraten hat keiner sie gesehn! +Gefallen muss dir was dir gefaellt +So weit ist's Zwang, rohe Naturkraft: +Doch steht's nicht bei dir die Neigung zu (rufen) +Der Neigung zu (folgen) steht bei dir, +Da beginnt des Wollens sonniges Reich +Und ich will nicht + +(Mit aufgehobener Hand.) + +Medea will (nicht)! +Als ich ihn sah, zum erstenmale sah, +Da fuehlt' ich stocken das Blut in meinen Adern, +Aus seinem Aug, seiner Hand, seinen Lippen +Gingen spruehende Funken ueber mich aus +Und flammend loderte auf mein Innres. +Doch verhehlt' ich's mir selbst. Erst als er's aussprach, +Aussprach in der Wut seines tollen Beginnens, +Dass er liebe-- +Schoener Name +Fuer eine fluchenswerte Sache!-- +Da ward mir's klar und (darnach) will ich handeln. +Aber verlange nicht, dass ich ihm begegne, +Lass mich ihn fliehn--Schwach ist der Mensch +Auch der staerkste, schwach! +Wenn ich ihn sehe drehn sich die Sinne +Dumpfes Bangen ueberschleicht Haupt und Busen +Und ich bin nicht mehr, die ich bin. +Vertreib ihn, verjag' ihn, toet' ihn, +Ja, weicht er nicht, toet' ihn Vater +Den Toten will ich (schaun), wenn auch mit Traenen schaun +Den Lebenden nicht. + +Aietes. +Medea! + +Medea. +Was beschliessest du? + +Aietes (indem er ihre Hand nimmt). +Du bist ein wackres Maedchen! + +Absyrtus (ihre andre Hand nehmend). +Arme Schwester! + +Medea. +Was beschliessest du? + +Aietes. +Wohl, du sollst zurueck. + +Medea. +Dank! tausend Dank! Und nun ans Werk mein Vater! + +Aietes. +Absyrtus waehl' aus den Tapfern des Heers +Und geleite die Schwester nach der Felsenkluft-- +Weisst du?--wo wir's aufbewahrten--das goldne Vliess! + +Medea. +Dorthin? Nein! + +Aietes. +Warum nicht? + +Medea. +Nimmermehr! +Dorthin, an den Ort unsers Frevels? +Rache strahlet das schimmernde Vliess. +So oft ich's versuch' in die Zukunft zu schauen +Flammt's vor mir wie ein blut'ger Komet, +Droht mir Unheil, findet's mich dort! + +Aietes. +Toerin! Kein sichrerer Ort im ganzen Lande +Auch bedarf ich dein, zu hueten den Schatz +Mit deinen Kuensten, deinen Spruechen, +Dorthin oder mit mir! + +Medea. +Es sei, ich gehorche! +Aber einen Weg sende mich, wo kein Feind uns trifft. + +Aietes. +Zwei Wege sind. Einer nah am Lager des Feindes +Der andre rauh und beschwerlich, wenig betreten, +Ueber die Bruecke fuehrt er am Strom, den nimm Absyrtus! +Nun geht!--Hier der Schluessel zum Falltor +Das zur Kluft fuehrt! Nimm ihn, Medea. + +Medea. +Ich? Dem Bruder gib ihn! + +Aietes. +Dir! + +Medea. +Vater! + +Aietes. +Nimm ihn, sag' ich und reize mich nicht +Deiner toerichten Grillen bin ich satt. + +Medea. +Nun wohl ich nehme! + +Aietes. +Lebe wohl! + +Medea. +Vater! + +Aietes. +Was? + +(Medea wirft sich lautschluchzend in seine Arme.) + +Aietes (weicher). +Toerichtes Maedchen! + +(Er kuesst sie.) + +Leb' wohl mein Kind. + +Medea. +Vater auf Wieder- Wiedersehn +Auf baldiges, frohes Wiedersehn! + +Aietes. +Nun ja, auf frohes Wiedersehn. + +(Sie mit der Hand von sich entfernend.) + +Nun geh! + +Medea (die Augen mit der Hand verhuellend). +Leb' wohl! + +(Ab mit Absyrtus.) + + + + +(Aietes bleibt nach dem Abgehen der Medea einige Augenblicke mit +gesenktem Haupt hinbruetend stehen. Ploetzlich rafft er sich auf +blickt einige Male rasch um sich her und geht schnell ab.) + +(Eine waldichte Gegend an der Strasse, die zum Lager der Argonauten +fuehrt.) +Jason, Milo und Andre Argonauten kommen. + + +Milo. +Hier lasst uns halten Freunde. Die Barbaren +Verfolgen uns nicht mehr. Der Ort hier scheint bequem +Zum Angriff so, wie zur Verteidigung. +Auch ist's der einz'ge Weg, der, seit der Sturm +Die Bruecken abgerissen heute Nacht, +Vom Sitze fuehrt des Koenigs nach dem Innern +Und lagern wir uns hier, so schneiden wir +Ihm jeden Hilfszug ab, den er erwartet. +Geh' einer hin zur Schar der Rueckgebliebnen +Und leite sie hierher. Wir warten ihrer. + +(Erster Argonaut ab.) +(Zu Jason der mit gekreuzten Armen auf und nieder geht.) + +Was ueberdenkst du Freund? + +Jason. +Gar mancherlei! + +Milo. +Gesteh' ich's dir? Du hast mich ueberrascht +Du zeigtest eine Falte deines Innern heut +Die neu mir ist. + +Jason. +Haett' ich doch bald gesagt: +Mir auch! + +Milo. +So liebst du sie denn wirklich? + +Jason. +Lieben? + +Milo. +Du sagtest heut es mind'stens laut genug! + +Jason. +Der Augenblick entriss mir's--und gesteh! +Sie rettete mir zweimal nun das Leben. + +Milo. +Wie? zweimal? + +Jason. +Erst im Turm!-- + +Milo. +Das also war's +Was dir den Turm so teuer machte? + +Jason. +Das war's. + +Milo. +Ja so. + +Jason. +Nun denk' dir; so vollguelt'gen Anspruch +Auf meinen Dank und--Milo sie ist schoen-- + +Milo. +Ja, doch eine Barbarin-- + +Jason. +Sie ist gut-- + +Milo. +Und eine Zauberin dazu. + +Jason. +Ja wohl! + +Milo. +Ein furchtbar Weib mit ihren dunkeln Augen! + +Jason. +Ein herrlich Weib mit ihren dunkeln Augen! + +Milo. +Und was gedenkst du nun zu tun? + +Jason. +Zu tun? +Das Vliess zu holen, so mein Wort zu loesen, +Das andre aber heimzustellen jenen +Die oben walten ueber dir und mir. + +Milo. +So mag ich's gern! Beim Zeus so denkst du recht! +(Ein) Argonaut (kommt). + +Argonaut. +Links her vom Fluss sieht man sich Staub erheben, +Ein Haeuflein Feinde naht heran. + +Jason. +Wie viele? + +Argonaut. +An vierzig oder fuenfzig, kaum wohl mehr. + +Jason. +Lasst uns zurueckziehn und am Weg verbergen, +Denn saehn sie uns, sie kaemen nicht heran. +Verschwunden ist die Hoffnung zum Vergleich +So moegen denn die Schwerter blutig walten +Und die dort nahn, den Reihen fuehren an. +Zieht euch zurueck, und haltet bis ich's sage. + +Milo. +Nur leis und sacht, dass sie uns nicht erspaehn. + +(Ziehen sich alle zurueck und ab.) + +(Absyrtus und Kolchische Krieger treten auf, Medea verschleiert +in ihrer Mitte.) + +Absyrtus. +Die Waffen haltet bereit zum Schlagen, +Leicht koennten wir treffen 'ne Feindesschar, +Der Weg hier fuehrt vorbei an ihrem Lager. + +Medea + +(den Schleier zurueckschlagend und vortretend). +Am Feindeslager? Warum diesen Weg? +Warum nicht den andern, mein Bruder? + +Absyrtus. +Der Sturm hat die Bruecken abgerissen heut Nacht; +Jetzt erst erfuhr ich's. Aber sorge nicht! +Ich verteidige dich mit meinem Blut. +Waerst du nicht hier, ich forderte sie heraus. + +Medea. +Um aller Goetter willen-- + +Absyrtus. +Ich sagte: waerst du nicht hier; +Aber nun, da du hier bist, tu' ich's nicht. +Nicht um den hoechsten Preis, nicht um Kampf und Sieg, +Setzt' ich dich in Gefahr, meine Schwester! + +Medea. +So lass uns eilig vorueberziehn. + +Absyrtus. +Kommt denn! + +Jason + +(hinter der Szene). +Jetzt ist es Zeit! Greift an, ihr Freunde! + +(Hervorspringend.) + +Halt! + +Medea (aufschreiend). +Er! + +(Zu Absyrtus.) + +Lass uns fliehen, Bruder! + +Absyrtus. +Fliehen? Fechten! + +Jason (zu den andringenden Argonauten). +Wenn sie sich widersetzen, haut sie nieder! + +(Zu den Kolchern.) + +Zu Boden die Waffen! + +Absyrtus. +Du selber zu Boden! +Schliesst euch Gefaehrten! Haltet sie aus! + +Medea. +Bruder! Haeltst du so dein Versprechen? + +Absyrtus. +Versprach ich zu fliehn so verzeihn mir die Goetter, +Nicht dass ich's breche, dass ich's gab das Wort! + +(Zu den Seinen). + +Weicht nicht! Der Vater ist nah, er sendet uns Hilfe! + +Jason (Medeen erblickend). +Bist du's Medea? Unverhofftes Glueck! +Komm hierher! + +Medea (zu den Kolchern). +Schuetzet mich! + +Jason (die sich ihm entgegenstellenden Kolcher angreifend). +Ihr! aus dem Wege! +Eu'r Eisen haelt nicht ab, zieht an den Blitzstrahl. + +(Die Kolcher werden zurueckgedraengt, die Griechen verfolgen sie.) + +Jason. +Die Deinen fliehn. Du bist in meiner Macht! + +Medea. +Du luegst! In der Goetter Macht, in meiner. +Verlaesst mich alles, ich selber nicht! + +(Sie entreisst einem fliehenden Kolcher die Waffen und dringt mit +vorgehaltenem Schild und gesenktem Speer auf Jason ein.) + + +Stirb oder toete! + +Jason (indem er schonend zurueckweicht). +Medea was tust du? + +Medea (naeher dringend). +Toete oder stirb! + +Jason (mit einem Schwertstreich ihre Lanze zertruemmernd). +Genug des Spiels! + +(Das Schwert in die linke Hand nehmend, in welcher er den Schild +haelt.) + +Was nun? + +Medea. +Treulose Goetter! + +(Die abgebrochene Lanze samt dem Schild hinwerfend und einen Dolch +ziehend.) + +Noch sind mir Waffen! + +Jason (indem er Schild und Schwert von sich wirft und vor sie hintritt). +Toete mich wenn du kannst. + +Medea (mit abgewandten Gesicht, den Dolch in der Hand). +Kraft! + +Jason (weich). +Toete mich Medea, wenn du kannst! + +Medea (steht erstarrt). + +Jason. +Siehst du, du kannst's nicht, du vermagst es nicht! +Und nun zu mir! Genug des Widerstrebens! +Und weigerst du's? Versuch' es wenn du kannst. + +(Sie rasch anfassend und auf seinem Arm in die Hoehe haltend.) + +So fass' ich dich, so halt' ich dich empor +Und trage dich durch unsrer Voelker Streit, +Durch Hass und Tod, durch Kampfes blut'ge Wogen. +Wer wagt's zu wehren? Wer entreisst dich mir? + +Medea. +Lass mich! + +Jason. +Nicht eher bis du guetig sprichst, +Nicht eher bis ein Wort, ein Wink, ein Laut +Verraet dass du mir weichst, dass du dich gibst. + +(Zu ihr empor blickend und heftig schuettelnd.) + +Medea, dieses Zeichen! + +Medea + +(leise). +Jason! lass mich! + +Jason. +"Jason!"--Da sprachst du meinen Namen aus, +Zum ersten Male aus! O holder Klang! +"Jason!" wie ist der Name doch so schoen +Seit du ihn sprachst mit deinen suessen Lippen. +Hab' Dank Medea, hab' den besten Dank! + +(Er hat sie auf den Boden niedergelassen.) + +Medea, Jason; Jason und Medea +O schoener Einklang! Duenket dir's nicht auch? +Du zitterst! Setz' dich hier! Erhole dich! + + +(Er fuehrt Medeen zu einer Rasenbank. Sie folgt ihm und sitzt mit +vorhaengendem Leibe, die Augen vor sich starr auf dem Boden, die +Haende, in denen noch der Dolch, gefaltet im Schosse.) + +Jason (steht vor ihr). +Noch immer stumm, noch immer trueb und duester? +O zage nicht; du bist in Freundes Hand. +Zwar geb' ich leicht dem Vater dich nicht wieder, +Ein teures Unterpfand ist mir sein Kind; +Doch soll dir's drum bei mir nicht schlimm ergehn, +Nicht schlimmer wenigstens als mir bei dir. +Wenn ich so vor dir steh' und dich betrachte, +Beschleicht mich ein fast wunderbar Gefuehl. +Als haett' des Lebens Grenz' ich ueberschritten +Und stuend' auf einem unbekannten Stern, +Wo anders die Gesetze alles Seins und Handelns, +Wo ohne Ursach' was geschieht und ohne Folge, +Da seiend weil es ist. +Dahergekommen durch ein wildes Meer, +Aus Laendern, so entfernt, so abgelegen, +Dass (Wuensche) kaum vorher die Reise wagten, +Auf Kampf und Streit gestellt, lang' ich hier an, +Und sehe dich und bin mit dir bekannt. +Wie eine Heimat fast duenkt mir dies fremde Land, +Und, abenteuerlich ich selbst, schau' ich +Verwundrungslos, als koennt' es so nur sein, +Die Abenteuer dieses Wunderbodens. +Und wieder, ist das Fremde mir bekannt, +So wird dafuer mir, was bekannt, ein Fremdes. +Ich selber bin mir (Gegenstand) geworden, +Ein andrer denkt in mir, ein andrer handelt. +Oft sinn' ich meinen eignen Worten nach, +Wie eines Dritten, was damit gemeint, +Und kommt's zur Tat, denk' ich wohl bei mir selber, +Mich soll's doch wundern, was er tun wird und was nicht. +Ein einz'ges ist mir licht und das bist du, +Ja du Medea, scheint's auch noch so fremd. +Ich ein Hellene, du Barbarenbluts, +Ich frei und offen, du voll Zaubertrug, +Ich Kolchis' Feind, du seines Koenigs Kind +Und doch Medea, ach und dennoch, dennoch! +Es ist ein schoener Glaub' in meinem Land, +Die Goetter haetten doppelt einst geschaffen +Ein jeglich Wesen und sodann geteilt; +Da suche jede Haelfte nun die andre +Durch Meer und Land und wenn sie sich gefunden, +Vereinen sie die Seelen, mischen sie +Und sind nun eins!--Fuehlst du ein halbes Herz +Ist's schmerzlich dir gespalten in der Brust, +So komm--doch nein da sitzt sie trueb und duester, +Ein rauhes Nein auf meine milde Deutung, +Den Dolch noch immer in geschlossner Hand. +O fort! + +(Ihre Hand fassend und den Dolch entwendend.) + +Lasst los ihr Finger! Bunte Kraenze, +Geschmeid und Blumen ziemt euch zu beruehren, +Nicht diesen Stahl, gemacht fuer Maennerhand. + +Medea (aufspringend). +Fort! + +Jason (sie zurueckhaltend). +Bleib! + +Medea. +Von hier! + +Jason. +Bleib da, ich bitte dich! +Ich sage dir: bleib da! Hoerst du, du sollst! +Du sollst, beim Himmel, gaelt' es auch dein Leben! +Wagt es das Weib, dem Mann zu bieten Trotz? +Bleib! + +(Er fasst ihre Arme mit beiden Haenden.) + +Medea. +Lass! + +Jason. +Wenn du gehorchst, sonst nimmermehr! + +(Er ringt mit der Widerstrebenden.) + +Mich luestet deines Starrsinns Mass zu kennen! + +Medea (in die Kniee sinkend). +Weh mir! + +Jason. +Siehst du? du hast es selbst gewollt. +Erkenne deinen Meister, deinen Herrn! + +(Medea liegt auf einem Kniee am Boden, auf das andre stuetzt sie den +Arm, das Gesicht mit der Hand bedeckend.) + + + +Jason (hinzutretend). +Steh auf!--Du bist doch nicht verletzt?--Steh auf! +Hier sitz und ruh', (vermagst) du es zu ruhn! + +(Er hebt sie vom Boden auf, sie sitzt auf der Rasenbank.) + +Jason. +Umsonst versend' ich alle meine Pfeile +Rueckprallend treffen sie die eigne Brust. +Wie hass' ich dieses Land, sein rauher Hauch +Vertrocknete die schoenste Himmelsblume, +Die je im Garten bluehte der Natur. +Waerst du in Griechenland, da wo das Leben +Im hellen Sonnenglanze heiter spielt, +Wo jedes Auge laechelt wie der Himmel, +Wo jedes Wort ein Freundesgruss, der Blick +Ein wahrer Bote wahren Fuehlens ist, +Kein Hass als gegen Trug und Arglist, kein-- +Und doch, was sprech ich? Sieh, ich weiss es wohl +Du bist nicht was du scheinen willst, Medea, +Umsonst verbirgst du dich, ich kenne dich! +Ein wahres, warmes Herz traegst du im Busen, +Die Wolken hier, sie decken eine Sonne. +Als du mich rettetest, als dich mein Kuss-- +Erschrickst du?--Sich mich an!--Als dich mein Kuss!-- +Ja deine Lippen hat mein Mund beruehrt, +Eh ich dich kannt', eh ich dich fast gesehn +Nahm ich mir schon der Liebe hoechste Gabe; +Da fuehlt' ich (Leben) mir entgegen wallen +Und du gibst truegerisch dich nun fuer (Stein)! +Ein wahres, warmes Herz schlaegt dir im Busen +Du (liebst) Medea! + +(Medea will aufspringen.) + +Jason (sie niederziehend). +Bleib!--du liebst Medea! +Ich seh's am Sturmeswogen deiner Brust +Ich seh's an deiner Wangen Flammenglut +Ich fuehl's an deines Atems heissem Wehn, +An diesem Beben fuehl' ich es--du liebst, +Liebst (mich)! (Mich) wie ich (dich)!--ja wie ich (dich)! + +(Er kniet vor ihr.) + +Schlag deine Augen auf und leugne wenn du's kannst! +Blick' mich an und sag' nein!--du liebst Medea! + +(Erfasst ihre beiden Haende und wendet die sich Straeubende gegen sich, +ihr fest ins Gesicht blickend.) + +Jason. +Du weinst! Umsonst, ich kenne Mitleid nicht +Mir Aug ins Aug, und sage: nein!--du liebst! +Ich liebe dich, du mich! Sprich's aus Medea! + +(Er hat sie ganz gegen sich gewendet. Ihr Auge trifft das seinige. +Sie schaut ihm mit einem tiefen Blick ins Auge.) + +Jason. +Dein Auge hat's gesagt, nun auch der Mund! +Sprich's aus Medea, sprich es aus: ich liebe! +Faellt dir's so schwer ich will dich's lehren, Kind. +Sprich's nach: ich liebe dich! + +(Er zieht sie an sich; sie verbirgt dem Zuge folgend das Gesicht in +seinen Haaren.) + +--Und noch kein Wort! +Kein Wort, obschon ich sehe, wie der Sturm +An deines Innern festen Saeulen ruettelt. +Und doch kein Wort! + +(Aufspringend.) + +So hab' es Stoerrische! +Geh! Du bist frei, ich halte dich nicht mehr! +Kehr' wieder zu den Deinigen zurueck, +Zu ihren Menschenopfern, Todesmahlen, +In deine Wildnis, Wilde kehr' zurueck, +Geh! Du bist frei; ich halte dich nicht mehr! + +Aietes (von innen). +Hierher, Kolcher, hierher! + +Jason. +Dein Vater naht. +Sei froh, ich weigre dich ihm nicht. +Argonauten (kommen weichend. +Hinter ihnen) Aietes, Absyrtus (und) Kolcher(, die sie verfolgen.) + +Aietes (auftretend). +Braucht eure Waffen, wackre Genossen! +Wo ist mein Kind? + +Absyrtus. +Dort Vater sitzt sie. + +Aietes (zu Jason). +Verruchter Raeuber, mein Kind gib mir zurueck! + +Jason. +Wenn du mich bittest, nicht wenn du mir drohst. +Dort ist dein Kind. Nimm sie und fuehr' sie heim. +Nicht weil Du willst, weil sie will und weil ich will. + +(Zu Medeen hintretend und sie anfassend.) + +Steh auf Medea! Komm! Hier ist dein Vater! +Du sehntest dich nach ihm; hier ist er nun. +Verhueten es die Goetter, dass ich hier +Zurueck dich hielte wider deinen Willen. +Was zitterst du? du hast es selbst gewollt. + +(Er fuehrt die Wankende zu ihrem Vater und gibt sie ihm in die Arme.) + +Hier Vater ist dein Kind. + +Aietes (Medeen empfangend, die das Gesicht auf seiner Schulter verbirgt). +Medea! + +Absyrtus. +Schwester! + +Jason. +Nun Koenig, rueste dich zum Todeskampf! +Die Bande, die mich hielten sind gesprengt, +Zerronnen ist der schmeichelhafte Wahn, +Der mir der Tatkraft Sehnen abgespannt. +Mit ihr, die jetzo ruht in deinem Arm, +Legt' ich den Frieden ab und atme Krieg. +Auf, rueste dich, es gilt dein Heil und Leben! + +(Zu Medeen.) + +Du aber, die hier stumm und bebend liegt, +Das Angesicht so feindlich abgewandt, +Leb' wohl! Wir scheiden jetzt auf immerdar. +Es war ein Augenblick, wo ich gewaehnt, +Du koenntest fuehlen, koenntest mehr als hassen, +Wo ich geglaubt, die Goetter haetten uns +Gewiesen an einander, dich und mich. +Das ist nunmehr vorbei. So fahre hin! +Du hast das Leben zweimal mir gerettet, +Das dank' ich dir und werd' es nie vergessen. +In ferner Heimat und nach langen Jahren +Will ich's erzaehlen in dem Kreis der Freunde. +Und fraegt man mich und forscht: wem gilt die Traene, +Die fremd dir da im Maennerauge funkelt? +Dann sprech' ich wohl in schmerzlicher Erinnrung: +Medea hiess sie; schoen war sie und herrlich, +Allein ihr Busen barg kein Herz. + +Aietes. +Medea +Was ist? Feucht liegt dein Gesicht auf meiner Schulter. +Weinst du? + +Jason. +Du weinst? Lass mich die Traenen sehn, +O lass mich's glauben, dass du weinen kannst. +Blick' noch einmal nach mir, es ist das letztemal; +Ich will den Blick mittragen in die Ferne. +Denk' doch, es ist zum letzten- letztenmal. + +(Er fasst ihre herabhaengende Hand.) + +Aietes. +Wagst du's, zu beruehren ihre Hand? + +Jason (indem er ihre Hand fahren laesst). +Sie will nicht. Nun wohlan, so sei es denn! +Du siehst mich nimmermehr auf dieser Erde. +Leb' wohl Medea, leb' auf ewig wohl! + +(Er geht rasch.) + +Medea (das Gesicht hinwendend und den Arm ihm nachstreckend). +Jason! + +Jason (umkehrend). +Das war's! Medea! Komm zu mir! + +(Auf sie zueilend und ihre Hand fassend.) + +Zu mir! + +Aietes (sie an der andern Hand haltend). +Verwegner, fort! + +Jason (Aietes' Hand wegschleudernd und Medeen an sich reissend). +Wagst du's Barbar! +Sie ist mein Weib! + +Aietes. +Sein Weib?--Du schweigst Verworfne? + +Jason (Medeen auf die andere Seite fuehrend). +Hierher Medea, fort von diesen Wilden. +Von nun an bist du mein und keines Andern! + +Aietes. +Medea, du weigerst dich nicht? du folgst ihm? +Stoesst ihm nicht den Stahl in die frevelnde Brust? +Verruchte, war's vielleicht dein eignes Werk? + +(Auf Jason eindringend.) + +Meine Tochter gib mir, mein verlocktes Kind! + +Medea (sich zwischen beide werfend). +Vater, toet' ihn nicht! Ich lieb' ihn! + +Jason. +Er konnte dir's entreissen und ich nicht! + +Aietes. +Schamlose! Du selbst gestehst's? Gestehst deine Schande? +O, dass ich nicht merkte die plumpe List, +Dass ich selbst sie sandte in seinen Arm, +Vertrauend der Vaeter Blut in ihren Adern! + +Jason. +Darfst du sie schmaehen? + +Medea. +Hoere mich Vater! +Es ist geschehn was ich fuerchtete. Es ist. +Aber lass uns klar sein, Vater, klar! +In schwarzen Wirbeln dreht sich's um mich +Aber ich will hindurch, empor aus Dunkel und Nacht. +Noch laesst sich's wenden, ab sich wenden. Hoere mich! + +Aietes. +Was soll ich hoeren? Ich habe gesehn! + +Medea. +Vater! Vernicht' uns nicht alle. +Loese den Zauber, beschwichtige den Sturm! +Heiss ihn dableiben, den Fuehrer der Fremden, +Nimm ihn auf, nimm ihn an! +An deiner Seite herrsch' er in Kolchis, +Dir befreundet, dein Sohn! + +Aietes. +Mein Sohn? Mein Feind. +Tod ihm, und dir, wenn du nicht folgst! +Willst du mit mir? Sprich! Willst du oder nicht? + +Medea. +Hoere mich. + +Aietes. +Willst du, oder nicht? + +Absyrtus. +Goenn' ihr zu sprechen, Vater! + +Aietes. +Ja oder nein? +Lass mich Sohn!--Willst du?--Sie kommt nicht.--Schlange! + +(Er holt mit dem Schwert aus.) + +Jason (sich vor sie hinstellend). +Du sollst sie nicht verletzen! + +Absyrtus (zugleich dem Vater in den Arm fallend). +Vater, was tust du? + +Aietes. +Du hast recht. Nicht sterben soll sie, leben; +Leben in Schmach und Schande; verstossen, verflucht, +Ohne Vater, ohne Heimat, ohne Goetter! + +Medea. +Vater! + +Aietes. +Du hast mich betrogen, verraten. +Bleib! Nicht mehr betreten sollst du mein Haus. +Ausgestossen sollst du sein, wie das Tier der Wildnis, +Sollst in der Fremde sterben, verlassen, allein. +Folg' ihm, dem Buhlen, nach in seine Heimat, +Teile sein Bett, sein Irrsal, seine Schmach; +Leb' im fremden Land, eine Fremde, +Verspottet, verachtet, verhoehnt, verlacht; +Er selbst, fuer den du hingibst Vater und Vaterland +Wird dich verachten, wird dich verspotten, +Wenn erloschen die Lust, wenn gestillt die Begier; +Dann wirst du stehn und die Haende ringen, +Sie hinueberbreiten nach dem Vaterland, +Getrennt durch weite, brandende Meere, +Deren Wellen dir murmelnd bringen des Vaters Fluch! + +Medea (knieend). +Vater! + +Aietes. +Zurueck! Ich kenne dich nicht! +Komm, mein Sohn! Ihr Anblick verpestet, +Ihre Stimme ist Todeslaut meinem Ohr. +Umklammre nicht meine Kniee, Verruchte! +Sieh ihn dort, ihn, den du gewaehlt; +Ihm uebergeb' ich dich; +Er wird mich raechen, er wird dich strafen, +Er selber, frueher als du denkst. + +Medea. +Vater! + +Aietes + +(indem er die Knieende von sich stoesst, dass sie halbliegend +zuruecksinkt). +Weg deine Hand, ich kenne dich nicht! +Fort mein Sohn, mein einziges Kind! +Fort mein Sohn aus ihrer Naehe! + +(Ab mit Absyrtus und Kolchern.) + +Jason. +Flieh nur Barbar, der Rach' entgehst du nicht! + +(Zu den Argonauten.) + +Nun Freunde gilt's; die Waffen haltet fertig +Zum letzten Streich, der Sieg bringt oder Tod. + +(Auf Medeen zeigend.) + +Sie kennt das Vliess, den Ort, der es verbirgt, +Mit ihr vollbringen wir's und dann zu Schiff. + +(Zu Medeen hintretend, die noch auf eine Hand gestuetzt, die andre +ueber die Stirne gelegt am Boden liegt.) + +Steh auf Medea, er ist fort.--Steh auf! + +(Er hebt sie auf.) + +Hier bist du sicher. + +Medea (die sich in seinen Armen aufgerichtet hat, aber mit einem Kniee +noch am Boden liegt). +Jason, sprach er wahr? + +Jason (sie ganz aufhebend). +Denk' nicht daran! + +Medea (scheu an ihn geschmiegt). +O Jason, sprach er wahr? + +Jason. +Vergiss was du gehoert, was du gesehn, +Was du gewesen bist auf diese Stunde. +Aietes' Kind ist Jasons Weib geworden, +An dieser Brust haengt deine Pflicht, dein Recht. +Und wie ich diesen Schleier von dir reisse, +Durchwoben mit der Unterird'schen Zeichen, +So reiss' ich dich von all den Banden los, +Die dich geknuepft an dieses Landes Frevel. +Hier Griechen eine Griechin! Gruesset sie! + +(Er reisst ihr den Schleier ab.) + +Medea (darnach fassend). +Der Goetter Schmuck! + +Jason. +Der Unterird'schen! Fort! +Frei wallt das Haar nun um die offne Stirn; +So frei und offen bist du Jasons Braut. Nun nur noch eins und dann +zu Schiff und fort. +Das Vliess, du kennst's, zeig' an mir, wo es liegt! + +Medea. +Ha schweig! + +Jason. +Warum? + +Medea. +Sprich nicht davon! + +Jason. +Mein Wort hab' ich gegeben, es zu holen +Und ohne Siegespreis kehrt Jason nicht zurueck. + +Medea. +Ich sage dir, sprich nicht davon! +Ein erzuernter Gott hat es gesendet, +Unheil bringt es, (hat) es gebracht! +Ich bin dein Weib! Du hast mir's entrissen, +Aus der Brust gerissen das zagende Wort, +Ich bin dein, fuehre mich wohin du willst +Aber kein Wort mehr von jenem Vliess! +In vorahnender Traeume daemmerndem Licht +Haben mir's die Goetter gezeigt +Gebreitet ueber Leichen, +Bespruetzt mit Blut, +Meinem Blut! +Sprich nicht davon! + +Jason. +Ich aber muss, nicht sprechen nur davon, +Ich muss es holen, folge was da wolle. +Drum lass die Furcht und fuehr' mich hin zur Stelle +Dass ich vollende, was mir auferlegt. + +Medea. +Ich? Nimmermehr! + +Jason. +Du willst nicht? + +Medea. +Nein! + +Jason. +Und weigerst du mir Beistand, hol' ich's selbst. + +Medea. +So geh! + +Jason (sich zum Fortgehen wendend.) +Ich gehe. + +Medea (dumpf). +Geh--in deinen Tod! + +Jason. +Kommt Freunde, lasst den Ort uns selbst erkunden! + +(Er geht.) + +Medea. +Jason! + +Jason (wendet sich um). +Was ist? + +Medea. +Du gehst in deinen Tod! + +Jason. +Kam ich hierher und fuerchtete den Tod? + +Medea (auf ihn zueilend und seine Hand fassend). +Ich sage dir, du stirbst. + +(Halblaut.) + +In der Hoehle liegt's verwahrt, +Verteidigt von allen Greueln +Der List und der Gewalt. +Labyrinthische Gaenge, +Sinnverwirrend, +Abgruende, truegerisch bedeckt, +Dolche unterm Fusstritt, +Tod im Einhauch, +Mord in tausendfacher Gestalt, +Und das Vliess, am Baum haengt's, +Giftbestrichen, +Von der Schlange gehuetet, +Die nicht schlaeft, +Die nicht schont, +Unnahbar. + +Jason. +Ich hab' mein Wort gegeben und ich loes' es. + +Medea. +Du gehst? + +Jason. +Ich geh'! + +Medea + +(sich ihm in den Weg werfend). +Und wenn ich hin mich werfe +Flehend deine Kniee umfass' und rufe: +Bleib! bleib! + +Jason. +Nichts haelt mich ab! + +Medea. +O Vater, Vater! +Wo bist du? Nimm mich mit! + +Jason. +Was klagst du? +Wohl eher waer' das Recht zu klagen mir. +Ich tue was ich muss, du hast zu waehlen. +Du weigerst dich und so geh' ich allein. + +(Er geht.) + +Medea. +Du gehst? + +Jason. +Ich geh'! + +Medea. +Trotz allem was ich bat, +Doch gehst du? + +Jason. +Ja! + +Medea (aufspringend). +So komm! + +Jason. +Wohin? + +Medea. +Zum Vliess, +Zum Tod!--Du sollst (allein) nicht sterben, +Ein Haus, Ein Leib und Ein Verderben! + +Jason (sich ihr naehernd). +Medea! + +Medea (ausweichend). +Die Liebkosung lass +Ich habe sie erkannt!--O Vater! Vater! +So komm, lass uns holen was du suchst; +Reichtum, Ehre, +Fluch, Tod! +In der Hoehle liegt's verwahrt +Weh dir, wenn sich's offenbart! +Komm! + +Jason (ihre Hand fassend). +Was quaelt dich? + +Medea (indem sie ihre Hand aufschreiend wegzieht). +Ah!--Phryxus!--Jason! + +Jason. +Um aller Goetter willen! + +Medea. +Komm! Komm! + +(Huscht fort mit weit aufgerissenen Augen vor sich hinstarrend. +Die andern folgen.) + +(Der Vorhang faellt.) + + + + +Vierter Aufzug + +(Das Innere einer Hoehle. Kurzes Theater. Im Vorgrunde rechts das +Ende einer von oben herabfuehrenden Treppe. In der Felsenwand des +Hintergrunds ein grosses, verschlossenes Tor.) + + +Medea (steigt, in der einen Hand einen Becher in der andern eine Fackel +die Treppe herab). +Komm nur herab! Wir sind am Ziel! + +Jason (oben, noch hinter der Szene). +Hierher das Licht! + +Medea (die Stiege hinaufleuchtend). +Was ist? + +Jason (mit gezogenem Schwerte auftretend und die Stiege eilig +herabsteigend). +Es strich an mir vorbei! Halt! Dort! + +Medea. +Was? + +Jason. +An der Pforte steht's den Eingang wehrend. + +Medea (hinleuchtend). +Sieh, es ist nichts und niemand wehrt dir Eingang, +Wenn du nicht selbst. + +(Sie setzt den Becher weg und steckt die Fackel in einen Ring am +Treppengelaender.) + +Jason. +Du bist so ruhig. + +Medea. +Und du bist's nicht! + +Jason. +Als es noch nicht begonnen +Als ich's nur wollte, bebtest du, und nun-- + +Medea. +Mir graut, dass du es willst, nicht dass du's tust. +Bei dir ist's umgekehrt. + +Jason. +Mein Aug ist feig, +Mein Herz ist mutig.--Rasch ans Werk!--Medea! + +Medea. +Was starrst du aengstlich? + +Jason. +Bleicher Schatten, weiche! +Lass frei die Pforte, du haeltst mich nicht ab. + +(Auf die Pforte zugehend.) + +Ich geh' trotz dir, durch dich zum Ziel--nun ist er fort! +Wie oeffnet man das Tor? + +Medea. +Ein Schwerthieb an die Platte +Dort in der Mitte oeffnet es. + +Jason. +Gut denn! +Du wartest meiner hier. + +Medea. +Jason! + +Jason. +Was noch? + +Medea (weich und schmeichelnd). +Geh nicht! + +Jason. +Du reizest mich! + +Medea. +Geh nicht o Jason! + +Jason. +Hartnaeckige kann nichts dich denn bewegen, +Zu opfern meinem Entschluss deinen Wahn? + +Medea. +Man ehrt den Wahn auch dessen, den man liebt. + +Jason. +Genug nunmehr, ich will! + +Medea. +Du willst? + +Jason. +Ich will. + +Medea. +Und nichts vermag dagegen all mein Flehn? + +Jason. +Und nichts vermag dagegen all dein Flehn. + +Medea. +Und auch mein Tod nichts? + +(Sie entreisst ihm durch eine rasche Bewegung das Schwert.) + +Sieh! dein eignes Schwert +Gekehrt ist's gegen meine Brust. Ein Schritt noch weiter +Und vor dir liegt Medea kalt und tot. + +Jason. +Mein Schwert! + +Medea. +Zurueck! Du ziehst's aus meiner Brust! +Kehrst du zurueck? + +Jason. +Nein! + +Medea. +Und wenn ich mich toete? + +Jason. +Beweinen kann ich dich, rueckkehren nicht. +Mein Hoechstes fuer mein Wort und waer's dein Leben! + +(Auf sie zugehend.) + +Gib Raum, Weib, und mein Schwert! + +Medea (indem sie ihm das Schwert gibt). +So nimm es hin +Aus meiner Hand, du suesser Braeutigam! +Und toete dich und mich!--Ich halte dich nicht mehr! + +Jason (auf die Pforte zugehend). +Wohlan! + +Medea. +Halt! Eins noch! Willst du jetzt schon sterben? +Das Vliess, am heiligen Baum +Ein Drache huetet's, grimm, +Unverwundbar seine Schuppenhaut, +Alldurchdringend sein Eisenzahn, +Du besiegst ihn nicht. + +Jason. +Ich ihn, oder er mich. + +Medea. +Grausamer, Unmenschlicher! +Oder er dich! und du gehst? + +Jason. +Wozu die Worte? + +Medea. +Halt! +Den Becher hier nimm! +Vom Honig des Berges +Dem Tau der Nacht, +Und der Milch der Woelfin +Brauset drin gegoren ein Trank. +Setz' ihn hin wenn du eintrittst, +In der Ferne stehend. +Und der Drache wird kommen, +Nahrung suchend, +Zu schluerfen den Trank. +Dann tritt hin zum Baume +Und nimm das Vliess--Nein, nimm's nicht, +Nimm's nicht und bleib! + +Jason. +Toerin! Her den Trank! Gib! + +(Er nimmt ihr den Becher aus der Hand.) + +Medea (um seinen Hals fallend). +Jason!--So kuess' ich dich und so, und so, und so! +Geh in dein Grab und lass auch Raum fuer mich! +Bleib! + +Jason. +Lass mich Weib! Mir schallt ein hoehrer Ruf! + +(Gegen die Pforte zugehend.) + +Und baergest du des Tartarus Entsetzen, +Ich steh' dir! + +(Er haut mit dem Schwerte gegen die Pforte.) + +Tut euch auf, ihr Pforten!--Ah! + +(Die Pforten springen auf und zeigen eine innere schmaelere Hoehle, +seltsam beleuchtet. Im Hintergrunde ein Baum. An ihm haengt +hellglaenzend das goldene Vliess. Um Baum und Vliess windet sich eine +ungeheure Schlange, die beim Aufspringen der Pforte ihr in dem +Laube verborgenes Haupt hervorstreckt und zuengelnd vor sich hin +blickt.) + +(Jason faehrt aufschreiend zurueck und kommt wieder in den Vorgrund.) + + + +Medea (wild lachend). +Bebst du? Schauert dir das Gebein? +Hast's ja gewollt, warum gehst du nicht? +Starker, Kuehner, Gewaltiger! +Nur gegen mich hast du Mut? +Bebst vor der Schlange? Schlange! +Die mich umwunden, die mich umstrickt, +Die mich verderbt, die mich getoetet! +Blick' hin, blick's an das Scheusal +Und geh und stirb! + +Jason. +Haltet aus meine Sinne, haltet aus! +Was bebst du Herz? Was ist's mehr als sterben? + +Medea. +Sterben? Sterben? Es gilt den Tod! +Geh hin mein suesser Braeutigam, +Wie zuengelt deine Braut! + +Jason. +Von mir weg, Weib, in deiner Raserei! +Mein Geist geht unter in des deinen Wogen! + +(Gegen das Tor zu.) + +Blick' nur nach mir; du findest deinen Mann! +Und waerst du zehnmal scheusslicher, hier bin ich! + +(Er geht drauf los.) + +Medea. +Jason! + +Jason. +Hinein! + +Medea. +Jason! + +Jason. +Hinein! + +(Er geht hinein, die Pforten fallen hinter ihm zu.) + +Medea (schreiend an die nunmehr geschlossene Pforte hinstuerzend). +Er geht! Er stirbt. + +Jason (von innen). +Wer schloss die Pforte zu? + +Medea. +Ich nicht! + +Jason. +Mach' auf! + +Medea. +Ich kann nicht.--Um aller Goetter willen! +Setz' hin die Schale, zaudre nicht! +Du bist verloren wenn du zauderst. +--Jason!--Hoerst du mich?--Setz' hin die Schale!-- +Er hoert mich nicht!--Er ist am Werk! +Am Werk!--Hilfe, Ihr dort oben! +Schaut herab auf uns, ihr Goetter! +Doch nein, nein, schaut nicht herab +Auf die schuldige Tochter, +Der Schuldigen Gemahl; +Ich schenk' euch die Hilfe, ihr mir die Rache! +Kein Goetteraug seh' es, +Dunkel huelle die Nacht +Unser Tun und uns! +Jason lebst du?--Antwort gib! +Gib Antwort!--Alles stumm +Alles tot!--Ha?--Er ist tot! +Er spricht nicht, ist tot.--tot. + +(Sie sinkt an der Tuere nieder.) + +Liegst du mein Braeutigam? Lass Raum, +Raum fuer die Braut! + +Jason (inwendig, schreckhaft). +Ah! + +Medea (aufspringend). +Das war seiner Stimme Klang! Er lebt! +Ist in Gefahr! Zu ihm! Auf, Pforte, auf! +Waehnst du zu widerstehn? Ich spotte dein! +Auf! + +(Sie reisst mit einem Zuge gewaltsam beide Torfluegel auf.) + +Jason (stuerzt wankend heraus, das Vliess als Banner auf einer Lanze +tragend.) + +Medea. +Lebst du? + +Jason. +Leben?--Leben?--Ja!--Zu! zu da! + +(Er schliesst aengstlich die Pforte zu.) + +Medea. +Und hast das Vliess? + +Jason (es weit von sich weghaltend). +Beruehr's nicht! Feuer! Feuer! + +(Seine Rechte mit ausgestreckten Fingern hinhaltend.) + +Sieh hier die Hand--wie ich's beruehrt--verbrannt! + +Medea (seine Hand nehmend). +Das ist ja Blut! + +Jason. +Blut? + +Medea. +Auch am Haupte Blut. +Hast dich verletzt? + +Jason. +Weiss ich's?--Nun komm! Nun komm! + +Medea. +Hast du's vollfuehrt, wie ich's gesagt? + +Jason. +Ja wohl. +Die Schale stellt' ich hin, mich selber seitwaerts +Und harrte schnaufend. Rufen hoert' ich, doch +Nicht zu erwidern wagt' ich vor dem Tier. +Das hob sich blinkend auf und, und schon waehnt' ich +Auf mich hin schieb' es rauschend seine Ringe; +Allein der Trank war's, den das Untier suchte, +Und weit gestreckt in durstig langen Zuegen +Sog, meiner nicht mehr achtend, es den Trank. +Bald, trunken oder tot lag's unbeweglich. +Ich rasch hervor vom marternden Versteck, +Zum Baum hin und das Vliess--hier ist's--Nun fort! + +Medea. +So komm, und schnell! + +Jason. +Als ich's vom Baume holte, +Da rauscht' es auf, wie seufzend, durch die Blaetter +Und hinter mir riefs: Wehe! +Ha?--Wer ruft? + +Medea. +Du selbst! + +Jason. +Ich? + +Medea. +Komm! + +Jason. +Wohin? + +Medea. +Fort! + +Jason. +Fort, ja fort! +Geh du voran, ich folge mit dem Vliess +Geh nur! Geh, zaudre nicht! Voraus! Voran! + +(Beide ab, die Treppe hinauf.) + +(Freier Platz vor der Hoehle. Im Hintergrunde die Aussicht aufs +Meer, die auf der rechten Seite durch einen am Ufer liegenden Huegel +verdeckt wird, hinter dem, nur mit den Masten und dem Vorderteile +sichtbar, das Schiff der Argonauten liegt.) +Milo, Argonauten, (teils mit Arbeiten des Einschiffens beschaeftigt, +teils als Wachen und ruhend gruppiert.) + +Milo. +Das Schiff ist hergezogen. Gut. Doch hoert! +Nicht Anker ausgeworfen! Hoert ihr? (Nicht)! +Der Augenblick kann uns die Abfahrt bringen +Und ob's zum lichten Zeit dann, weiss ich nicht. + +(Auf und ab gehend.) + +Er kommt noch immer nicht. Dass er ihr traute! +Ich hab' ihn wohl gewarnt. Doch hoert er Warnung? +Sonst ja, daheim, da horcht' er meiner Rede +Und tat auch was ihm riet mein treuer Mund +So folgsam, so ein Kind, und doch ein Mann. +Doch hier ist er verwandelt ganz und gar +Verwandelt gleich--uns allen, sagt' ich schier, +Vom gift'gen Anhauch dieses Zauberbodens. +O dieses Weib! Mir graut denk' ich an sie. +Wie sie so dastand mit den dunkeln Brauen +Gleich Wetterwolken an der finstern Stirn, +Das Augenlid gesenkt, im duestern Sinnen: +Nun hob sich's und wie Wetterleuchten fuhr +Der Blick hervor und fasst' und schlug und traf.-- +Ihn traf er!--Nu die Goetter moegen's wenden. Was bringen dort die +Beiden. Griechen sind's. +Ein Weib! Gebunden! Memmen ihr!--Holla! + +Zwei Griechen (treten auf,) +Gora (mit gebundenen Haenden in ihrer Mitte.) + +Milo. +Was ist? Was bindet ihr das Weib!--Gleich loest sie! + +Soldat. +Das Weib da kam an unsre Vorwacht, Herr +Und fragte nach--nu nach der Kolcherin +Die heut wir fingen. + +Gora. +Kolcherin? +Ha Sklav', Medea ist's, +Des Kolcherfuersten Tochter. +Wo habt ihr sie? + +Soldat. +Wir wollten sie nicht lassen, dass sie nicht +Dem Feinde Kundschaft gaeb' von unsrer Lagrung +Allein sie wehrt' es und fast maennlich, Herr. +Da banden wir sie, weil sie sich nicht fuegte, +Und bringen sie euch her! + +Milo. +Loest ihre Bande! + +(Es geschieht.) + +Gora. +Wo ist Medea? Wo ist mein Kind? + +Milo. +Dein Kind? + +Gora. +Ich hab' sie gesaeugt gepflegt. +Als eine Mutter mein Kind. Wo habt ihr sie? +Sie sagen: freien Willens sei sie geblieben +Bei euch in eures Lagers Umfang; +Aber 's ist Luege, ich kenne Medea +Ich kenne mein Kind. +Gefangen haltet ihr sie zurueck. +Gebt sie heraus! Wo ist sie? + +Milo. +Ganz gut kommst als Genossin du fuer sie +Leicht faende sie sich einsam unter Menschen. +Bringt sie ins Schiff! + +Gora. +So weilt sie dort? + +Milo. +Geh nur! +Zu bald wirst du sie noch erblicken!--Geh! + +Gora (die abgefuehrt wird). +Ins Meer, nicht in das Schiff, wenn ihr mich taeuscht. + +(Ab.) + +Milo + +(ihr nachschauend). +Ha! bringen wir die wilden Tiere alle +Nach Griechenland, ich sorge, man erdrueckt uns, +Die Seltenheit zu sehn!--Und Er kommt nicht! + +(Man hoert dumpfe Schlaege unter der Erde.) + +Was ist das?--Horch!--Speit auch der Boden Wunder? +Versucht's der Feind?-- + +(Gegen die Krieger, das Schwert ziehend.) + +Holla! zur Hand! + +(Die Krieger greifen nach ihren Waffen.) + +Milo. +Die Erde hebt sich!--Was geschieht noch alles? +(Eine Falltuere oeffnet sich am Boden.) Medea (steigt herauf.) + +Medea. +Hier ist der Tag. + +(Nachdem sie ganz heroben ist.) + +Und hier die Deinen. +Ich hielt was ich versprach. +Jason (mit dem Vliess-Banner steigt auch herauf. +Medea laesst die Falltuere nieder.) + +Milo + +(auf ihn zueilend und seine Hand nehmend). +Du bist es Jason! +Du! + +Jason (der mit gebeugtem Kopf dagestanden, emporblickend). +Jason!--Wo?--Ja so! Ja, ja! + +(Ihm die linke Hand reichend. In der rechten haelt er das Banner.) + +Freund Milo! + +Milo (im Vortreten). +Und mit dem Vliess? + +Jason (schreckhaft sich umsehend). +Ha!--Mit dem Vliess!-- + +(Es hinhaltend.) + +Hier ist's! + +(Sich noch einmal umsehend.) + +Ein widerlicher Mantel dort, der graue +Und drein gehuellt der Mann bis an die Zaehne. + +(Auf ihn zugehend.) + +Borg' mir den Mantel, Freund! + +(Der Soldat gibt den Mantel.) + +Ich kenne dich +Du bist Archytas aus Korinth. Ja, ja +Ein lust'ger Kauz, ein (Geist) mit Fleisch und Blut! + +(Ihn an der Schulter anfassend.) + +Mit Fleisch und Blut! + +(Widerlich lachend.) + +Ha! ha!--Ich dank' dir Freund! + +Milo. +Wie sonderbar-- + +Jason + +(den Mantel um das Vliess huellend). +Wir wollen das verhuellen, +So--und hier aufbewahren bis wir's brauchen. + +(Er legt das Vliess hinter ein Felsenstueck, auf das sich Medea +sinnend gesetzt hat.) + +Was sinnest du Medea, sinnest jetzt? +Lass uns die Ueberlegung aufbewahren +Als Zeitvertreib auf langer Ueberfahrt. +Komm her mein Weib, mir angetraut +Bei Schlangenzischen unterm Todestor. + +Milo (sich zu Medea wendend). +Das Schiff dort birgt, was dir willkommen wohl. +Ein Weib, Medeens Pflegerin sich nennend +Ward eingebracht-- + +Medea. +Gora.--Zu ihr! + +Jason (rauh). +Bleib da! + +(Medea erschrocken die Haende auf Brust und Stirn legend, bleibt +stehen.) + +Jason (milder). +Ich bitte dich bleib da! + +(Indem er sie zurueckfuehrt.) + +Geh nicht Medea! + +(Sie wirft einen scheuen Blick auf ihn.) + +Entwoehne dich vom Umgang jener Wilden +Dafuer an unseren gewoehne dich! +Wir sind jetzt Eins, wir muessen einig denken. + +Milo. +Kommt jetzt zu Schiff! + +Jason. +Ja, ja! Komm mit Medea! +Wie lau die Feinde sind! Ich haette Lust +Zu fechten, fechten. Doch sie schlafen scheint es! + +Absyrtus + +(hinter der Szene). +Hierher! + +Milo. +Sie schlafen nicht. + +Jason. +So besser! Schliesst euch! +Zieht gegen unser Fahrzeug euch zurueck. +Wir wollen unser Angedenken ihnen +Zum Abschied noch erneun auf immerdar. + +(Er rafft das verhuellte Vliess auf.) + +Medea, in den Kreis und zittre nicht! +Absyrtus (tritt mit) Kolchern (auf.) + +Absyrtus. +Hier ist sie! Komm zu mir! Medea! Schwester! + +Medea (die bei seinem Eintritt ihm unwillkuerlich einige +Schritte entgegen gegangen ist, jetzt stehen bleibend). +Wohl deine Schwester, doch Medea nicht! + +Jason. +Was weilst du dort? Tritt wieder her zu uns! + +Absyrtus (mitleidig zu ihr tretend). +So waer' es wahr denn, was sie alle sagen +Und ich nicht glauben konnte bis auf jetzt. +Du wolltest ziehen mit den fremden Maennern? +Verlassen unsre Heimat, unsern Herd +Den Vater und mich Medea +Mich, der dich so liebt, du arme Schwester! + +Medea (an seinen Hals stuerzend). +O Bruder! Bruder! + +(Mit traenenerstickter Stimme.) + +O mein Bruder! + +Absyrtus. +Nein es ist nicht wahr!--Du weinst! +Ich muss auch weinen. Doch was tut's? +Ich schaeme mich der Traenen nicht Genossen +Im K a m p f will ich zeigen, was ich wert. +Weine nicht Schwester, komm mit mir! + +Medea (an seinem Halse, kaum vernehmlich). +O koennt' ich gehn mit dir! + +Jason (hinzutretend). +Du willst mit ihm? + +Medea (furchtsam). +Ich? + +Jason. +Du sagtest's! + +Medea. +Sagt' ich etwas Bruder? +Nein, ich sagte nichts! + +Absyrtus. +Wohl sagtest du's, und komm, o komm, +Ich fuehre dich zum Vater, er verzeiht! +Schon hat ihn mein Flehen halb erweicht; +Gewiss verzeiht er, noch ist nichts geschehn, +Die Fremden, sie fanden's noch nicht das Vliess. + +Medea (sich entsetzt aus seinen Armen losreissend). +Nicht? + +(Schaudernd.) + +Sie haben's! + +Jason (indem er die Huelle von dem Vliess reisst und es +hochgeschwungen vorzeigt). +Hier! + +Absyrtus. +Das Vliess! + +(Zu Medeen.) + +So hast du uns denn doch verraten +Geh hin in Unheil denn und in Verderben! + +(Zu Jason.) + +Behalt sie, doch das Vliess gib mir heraus! + +Jason. +Du schwaermst mein junger Fant! Mach' dich von hinnen, +Und sag' dem Vater was du hier gesehn. +Nehm' ich die Tochter, schenk' ich ihm den Sohn! + +Absyrtus. +Das Vliess! + +Jason. +Ich will dein Blut nicht. Schweig und geh! +Mit Drachen ist mein Arm gewohnt zu kaempfen, +Mit Toren nicht wie Du: Geh sag' ich geh! + +Absyrtus (eindringend). +Das Vliess. + +Jason (ausweichend). +Mir zu begegnen ist gefaehrlich, +Denn ich bin grimmig wie der grimme Leu. + +Absyrtus. +Das Vliess! + +Jason. +So hab's! + +(Er haut, ueber die linke Schulter ausholend mit einem grimmigen +Seitenhieb auf Absyrtus, dass Helm, Schild und Schwert ihm rasselnd +entfallen, er selbst aber, obschon unverwundet, taumelnd +niederstuerzt.) + +Medea + +(bei dem Fallenden auf die Kniee stuerzend und sein Haupt in ihrem +Schoss verbergend). +Halt ein! + +Jason. +Ich toet' ihn nicht! +Allein gehorchen muss er, (muss--gehorchen)! + +Medea (Absyrtus aufrichtend). +Steh auf! + +(Er ist aufgestanden und lehnt sich betaeubt an ihre Brust.) + +Medea. +Bist du verletzt? + +Absyrtus (matt). +Es schmerzt!--Die Stirn! + +Medea (ihre Lippen auf seine Stirne pressend). +Mein Bruder! + +Milo + +(der frueher spaehend abgegangen ist, kommt jetzt eilig zurueck). +Auf! Die Feinde nahen! Auf! +In grosser Zahl, der Koenig an der Spitze! + +Medea (ihren Bruder fester an sich drueckend). +Mein Vater! + +Absyrtus (matt). +Unser Vater! + +Jason (zu den Beiden). +Ihr, zurueck! + +Milo (auf Absyrtus zeigend). +Der Sohn sei Geisel gegen seinen Vater +Bringt ihn dort auf die Hoeh' zum Schiff hinauf! + +Absyrtus (matt die ihn Anfassenden abwehren wollend). +Beruehrt ihr mich? + +Medea. +O lass uns gehn, mein Bruder! + +(Sie werden auf die Hoehe gebracht.) + +Jason. +Hinan, ins Schiff und spannt die Segel auf. +Aietes (kommt mit bewaffneten) Kolchern. + +Aietes (hereinstuerzend). +Haltet ein! Meine Kinder! Mein Sohn! + +Absyrtus (oben am Huegel sich loszumachen strebend). +Mein Vater! + +Jason (den Huegel hinauf rufend). +Haltet ihn! + +(Zu Aietes.) + +Er bleibt bei mir, +Folgt mir zu Schiff, als Geisel wider dich. +Wenn nur ein Kahn, ein Nachen uns verfolgt +So stuerzt dein Sohn hinab ins Wellengrab! +Erst wenn erreicht ist Kolchis' letzte Spitze, +Setz' ich ihn aus und send' ihn her zu dir. +Barbar, du lehrtest mich, dich zu bekaempfen! + +Aietes. +Sohn, stehst du in den Armen der Verworfnen? + +Absyrtus (fruchtlos sich loszuwinden strebend). +Lass mich! + +Medea. +Mein Bruder!--Vater! + +Jason. +Haltet ihn! + +Aietes. +Komm, Sohn! + +Jason. +Umsonst! + +Aietes. +So komm' ich, Sohn, zu dir! +Mir nach ihr Kolcher, folget eurem Koenig! + +Jason. +Zurueck! + +Aietes (vordraengend). +Glaubst du, du schreckest mich? + +Jason. +Zurueck! +Du rettest nicht den Sohn, als wenn du weichst. +Kein Haar wird ihm gekruemmt, ich schwoer' es dir! +Bringt ihn an Bord! + +Absyrtus (ringend). +Mich? Nimmermehr! + +Aietes. +Mein Sohn! + +Absyrtus. +Fall sie an, befrei' den Sohn, o Vater! + +Aietes. +Kann ich's? sie toeten dich, wenn ich's tue! + +Absyrtus. +Lieber frei sterben, als leben gefangen +Fall' ich auch, wenn nur sie fallen mit! + +Jason. +An Bord mit ihm! + +Aietes. +Sohn komm! + +Absyrtus (der sich losgerissen hat). +Ich komme Vater! +Frei bis zum Tod! Im Tode raeche mich! + +(Er springt von der Klippe ins Meer.) + +Medea. +Mein Bruder! Nimm mich mit! + +(Sie wird zurueckgehalten und sinkt nieder.) + +Aietes. +Mein Sohn! + +Jason. +Er stirbt! +Die hohen Goetter ruf' ich an zu Zeugen +Dass d u ihn hast getoetet und nicht ich! + +Aietes. +Mein Sohn!--Nun Rache! Rache! + +(Auf Jason eindringend.) + +Stirb! + +Jason. +Lass mich! +Soll ich dich toeten? + +Aietes. +Moerder stirb! + +Jason. +Ich Moerder? +Moerder du selber! + +(Das Vliess einem Nebenstehenden entreissend, dem er es frueher zu +halten gegeben.) + +Kennst du dies? + +Aietes (schreiend zuruecktaumelnd). +Das Vliess! + +Jason + +(es ihm vorhaltend). +Kennst du's? +Und kennst du auch das Blut, das daran klebt? +'s ist Phryxus' Blut!--Dort deines Sohnes Blut! +Du Phryxus' Moerder, Moerder deines Sohns! + +Aietes. +Verschling mich Erde! Graeber tut euch auf. + +(Stuerzt zur Erde.) + +Jason. +Zu spaet, sie decken deinen Frevel nicht. +Als Werkzeug einer hoeheren Gewalt +Steh' ich vor dir. Nicht zittre fuer dein Leben, +Ich will nicht deinen Tod; ja stirb erst spaet, +Damit noch fernen Enkeln kund es werde, +Dass sich der Frevel raecht auf dieser Erde. +Nun rasch zu Schiff, die Segel spannet auf +Zurueck ins Vaterland! + +Aietes (an der Erde). +Weh mir weh +Legt mich ins Grab zu meinem Sohn! +(Indem die Kolcher sich um den Koenig gruppieren und Jason mit den +Argonauten das Schiff besteigt faellt der Vorhang.) + + +Ende dieses Projekt Gutenberg Etextes Die Argonauten, +von Franz Grillparzer. + + + + + +End of the Project Gutenberg EBook of Die Argonauten, by Franz Grillparzer + +*** END OF THE PROJECT GUTENBERG EBOOK DIE ARGONAUTEN *** + +This file should be named 7argo10.txt or 7argo10.zip +Corrected EDITIONS of our eBooks get a new NUMBER, 7argo11.txt +VERSIONS based on separate sources get new LETTER, 7argo10a.txt + +Produced by Delphine Lettau and Mike Pullen + +Project Gutenberg eBooks are often created from several printed +editions, all of which are confirmed as Public Domain in the US +unless a copyright notice is included. Thus, we usually do not +keep eBooks in compliance with any particular paper edition. + +We are now trying to release all our eBooks one year in advance +of the official release dates, leaving time for better editing. +Please be encouraged to tell us about any error or corrections, +even years after the official publication date. + +Please note neither this listing nor its contents are final til +midnight of the last day of the month of any such announcement. +The official release date of all Project Gutenberg eBooks is at +Midnight, Central Time, of the last day of the stated month. A +preliminary version may often be posted for suggestion, comment +and editing by those who wish to do so. + +Most people start at our Web sites at: +http://gutenberg.net or +http://promo.net/pg + +These Web sites include award-winning information about Project +Gutenberg, including how to donate, how to help produce our new +eBooks, and how to subscribe to our email newsletter (free!). + + +Those of you who want to download any eBook before announcement +can get to them as follows, and just download by date. This is +also a good way to get them instantly upon announcement, as the +indexes our cataloguers produce obviously take a while after an +announcement goes out in the Project Gutenberg Newsletter. + +http://www.ibiblio.org/gutenberg/etext03 or +ftp://ftp.ibiblio.org/pub/docs/books/gutenberg/etext03 + +Or /etext02, 01, 00, 99, 98, 97, 96, 95, 94, 93, 92, 92, 91 or 90 + +Just search by the first five letters of the filename you want, +as it appears in our Newsletters. + + +Information about Project Gutenberg (one page) + +We produce about two million dollars for each hour we work. The +time it takes us, a rather conservative estimate, is fifty hours +to get any eBook selected, entered, proofread, edited, copyright +searched and analyzed, the copyright letters written, etc. Our +projected audience is one hundred million readers. If the value +per text is nominally estimated at one dollar then we produce $2 +million dollars per hour in 2002 as we release over 100 new text +files per month: 1240 more eBooks in 2001 for a total of 4000+ +We are already on our way to trying for 2000 more eBooks in 2002 +If they reach just 1-2% of the world's population then the total +will reach over half a trillion eBooks given away by year's end. + +The Goal of Project Gutenberg is to Give Away 1 Trillion eBooks! +This is ten thousand titles each to one hundred million readers, +which is only about 4% of the present number of computer users. + +Here is the briefest record of our progress (* means estimated): + +eBooks Year Month + + 1 1971 July + 10 1991 January + 100 1994 January + 1000 1997 August + 1500 1998 October + 2000 1999 December + 2500 2000 December + 3000 2001 November + 4000 2001 October/November + 6000 2002 December* + 9000 2003 November* +10000 2004 January* + + +The Project Gutenberg Literary Archive Foundation has been created +to secure a future for Project Gutenberg into the next millennium. + +We need your donations more than ever! + +As of February, 2002, contributions are being solicited from people +and organizations in: Alabama, Alaska, Arkansas, Connecticut, +Delaware, District of Columbia, Florida, Georgia, Hawaii, Illinois, +Indiana, Iowa, Kansas, Kentucky, Louisiana, Maine, Massachusetts, +Michigan, Mississippi, Missouri, Montana, Nebraska, Nevada, New +Hampshire, New Jersey, New Mexico, New York, North Carolina, Ohio, +Oklahoma, Oregon, Pennsylvania, Rhode Island, South Carolina, South +Dakota, Tennessee, Texas, Utah, Vermont, Virginia, Washington, West +Virginia, Wisconsin, and Wyoming. + +We have filed in all 50 states now, but these are the only ones +that have responded. + +As the requirements for other states are met, additions to this list +will be made and fund raising will begin in the additional states. +Please feel free to ask to check the status of your state. + +In answer to various questions we have received on this: + +We are constantly working on finishing the paperwork to legally +request donations in all 50 states. If your state is not listed and +you would like to know if we have added it since the list you have, +just ask. + +While we cannot solicit donations from people in states where we are +not yet registered, we know of no prohibition against accepting +donations from donors in these states who approach us with an offer to +donate. + +International donations are accepted, but we don't know ANYTHING about +how to make them tax-deductible, or even if they CAN be made +deductible, and don't have the staff to handle it even if there are +ways. + +Donations by check or money order may be sent to: + +Project Gutenberg Literary Archive Foundation +PMB 113 +1739 University Ave. +Oxford, MS 38655-4109 + +Contact us if you want to arrange for a wire transfer or payment +method other than by check or money order. + +The Project Gutenberg Literary Archive Foundation has been approved by +the US Internal Revenue Service as a 501(c)(3) organization with EIN +[Employee Identification Number] 64-622154. 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Do not change or edit the +header without written permission. + +Please read the "legal small print," and other information about the +eBook and Project Gutenberg at the bottom of this file. Included is +important information about your specific rights and restrictions in +how the file may be used. You can also find out about how to make a +donation to Project Gutenberg, and how to get involved. + + +**Welcome To The World of Free Plain Vanilla Electronic Texts** + +**eBooks Readable By Both Humans and By Computers, Since 1971** + +*****These eBooks Were Prepared By Thousands of Volunteers!***** + + +Title: Die Argonauten + +Author: Franz Grillparzer + +Release Date: April, 2005 [EBook #7943] +[Yes, we are more than one year ahead of schedule] +[This file was first posted on June 3, 2003] + +Edition: 10 + +Language: German + +Character set encoding: iso-8859-1 + +*** START OF THE PROJECT GUTENBERG EBOOK DIE ARGONAUTEN *** + + + + +Produced by Delphine Lettau and Mike Pullen + + + + +This Etext is in German. + +We are releasing two versions of this Etext, one in 7-bit format, +known as Plain Vanilla ASCII, which can be sent via plain email-- +and one in 8-bit format, which includes higher order characters-- +which requires a binary transfer, or sent as email attachment and +may require more specialized programs to display the accents. +This is the 8-bit version. + +This book content was graciously contributed by the Gutenberg Projekt-DE. +That project is reachable at the web site http://gutenberg.spiegel.de/. + +Dieses Buch wurde uns freundlicherweise vom "Gutenberg Projekt-DE" +zur Verfügung gestellt. Das Projekt ist unter der Internet-Adresse +http://gutenberg.spiegel.de/ erreichbar. + + + + +Die Argonauten + +Franz Grillparzer + +Trauerspiel in vier Aufzügen + + +Personen: + +Aietes, König von Kolchis +Medea und Absyrtus, seine Kinder +Gora, Medeens Amme +Peritta, eine ihrer Gespielen +Jason +Milo, sein Freund +Medeens Jungfrauen +Argonauten +Kolcher + + + + +Erster Aufzug + +(Kolchis.--Wilde Gegend mit Felsen und Bäumen. Im Hintergrunde ein +halbverfallener Turm, aus dessen obersten Stockwerke ein schwaches +Licht flimmert. Weiter zurück die Aussicht aufs Meer. Finstere +Nacht.) + +Absyrtus (hinter der Szene). +Dorther schimmert das Licht!--Komm hierher Vater!-- +Ich bahne dir den Weg!--Noch diesen Stein!-- +So!-- + +(Auftretend und mit dem Schwert nach allen Seiten ins Gebüsch +hauend.) + +Aus dem Wege unnützes Pack! +Vater, mein Schwert macht klare Bahn! +Aietes (tritt auf, den Helm auf dem Kopfe, ganz in einen dunkeln +Mantel gehüllt.) + +Absyrtus. +Wir sind an Ort und Stelle, Vater. +Dort der Turm, wo die Schwester haust. +Siehst das Licht aus ihrer Zelle? +Da weilt sie und sinnt Zaubersprüche +Und braut Tränke den langen Tag, +Des Nachts aber geht sie gespenstisch hervor +Und wandelt umher und klagt und weint. + +(Aietes macht eine unwillige Bewegung.) + +Absyrtus. +Ja Vater und weint, so erzählt der Hirt +Vom Tal da unten, und ringt die Hände +Daß es, spricht er, kläglich sei anzusehn! +Was mag sie wohl treiben und sinnen, Vater? + +(Aietes geht gedankenvoll auf und nieder.) + +Absyrtus. +Du antwortest nicht?--Was hast du Vater? +Trüb und düster ist dein Gemüt. +Du hast doch nicht Furcht vor den Fremden, Vater? + +Aietes. +Furcht Bube? + +Absyrtus. +Nu, (Sorge) denn, Vater! +Aber habe nicht Furcht noch Sorge! +Sind uns nicht Waffen und Kraft und Arme? +Ist nicht ein Häuflein nur der Fremden? +Wären ihrer doch zehnmal mehr! +Laß sie nur kommen, wir wollen sie jagen +Eilends heim in ihr dunkles Land +Wo keine Wälder sind und keine Berge, +Wo kein Mond strahlt, keine (Sonne) leuchtet +Die täglich, hat sie sich müde gewandelt, +Zur Ruhe geht in unserem Meer. +Laß sie nur kommen, ich will sie empfangen, +Du hast nicht umsonst mich wehrhaft gemacht, +Nicht umsonst mir gegeben dies blitzende Schwert, +Und den Speer und den Helm mit dem wogenden Busch, +Waffen d u , und Mut die (Götter)! +Laß die Schwester mit ihren Künsten, +Schwert gegen Schwert, so binden wir an! + +Aietes. +Armer Wurm! + +Absyrtus. +Ich bin dein Sohn! +Damals als du den Phryxus schlugst-- + +Aietes. +Schweig! + +Absyrtus. +Das ist ja eben warum sie kommen +Her nach Kolchis, die fremden Männer +Zu rächen, wähnen sie, seinen Tod +Und zu stehlen unser Gut, das strahlende Vließ. + +Aietes. +Schweig Bube! + +Absyrtus. +Was bangst du Vater? +Fest verwahrt in der Höhle Hut +Liegt es das köstliche, goldene Gut. + +Aietes + +(den Mantel vom Gesicht reißend und ans Schwert greifend). +Soll ich dich töten, schwatzender Tor? + +Absyrtus. +Was ist dir? + +Aietes. +Schweig!--Dort sieh zum Busch! + +Absyrtus. +Warum? + +Aietes. +Mir deucht es raschelt dort +Und regt sich.--Man behorcht uns. + +Absyrtus + +(zum Gebüsch hingehend und an die Bäume schlagend). +He da!--Steht Rede!--Es regt sich Niemand! + +(Aietes wirft sich auf ein Felsenstück im Vorgrunde.) + +Absyrtus (zurückkommend). +Es ist nichts, Vater! Niemand lauscht. + +Aietes + +(aufspringend und ihn hart anfassend). +Ich sage dir, wenn du dein Leben liebst +Sprich nicht davon! + +Absyrtus. +Wovon? + +Aietes. +Ich sage dir, begrab's in deiner Brust +Es ist kein Knabenspielzeug, Knab'! Doch alles still hier! +Niemand empfängt mich; +Recht wie es ziemt der Widerspenst'gen Sitz. + +Absyrtus. +Hoch oben am Turme flackert ein Licht. +Dort sitzt sie wohl und sinnt und tichtet. + +Aietes. +Ruf ihr! Sie soll heraus! + +Absyrtus. +Gut Vater! + + +(Er geht dem Turme zu). +Komm herab du Wandlerin der Nacht +Du Spät-Wachende bei der einsamen Lampe! +Absyrtus ruft, deines Vaters Sohn! + +(Pause.) + +Sie kommt nicht, Vater! + +Aietes. +Sie soll! Ruf lauter! + +Absyrtus + +(ans Tor schlagend). +Holla ho! Hier der König! Heraus ihr! + +Medeas Stimme (im Turm). +Weh! + +Absyrtus. +Vater! + +Aietes. +Was? + +Absyrtus (zurückkommend). +Hast du gehört? +Weh rief's im Turm! War's die Schwester die rief? + +Aietes. +Wer sonst! Geh, deine Torheit steckt an. +Ich will rufen und sie soll gehorchen! + +(Zum Turme gehend.) + +Medea! + +Medea (im Turm). +Wer ruft? + +Aietes. +Dein Vater ruft und dein König! +Komm herab! + +Medea. +Was soll ich? + +Aietes. +Komm herab, sag' ich! + +Medea. +O laß mich! + +Aietes. +Zögre nicht! Du reizest meinen Zorn! +Im Augenblicke komm! + +Medea. +Ich komme! + +(Aietes verhüllt sich und wirft sich wieder auf den Felsensitz.) + +Absyrtus. +Wie kläglich, Vater, ist der Schwester Stimme. +Was mag ihr fehlen? Sie dauert mich!-- +Dich wohl auch, weil du so schmerzlich schweigst, +Das arme Mädchen!-- + +(Ihn anfassend.) + +Schläfst du, Vater? + +Aietes (aufspringend). +Törichte Kinder sind der Väter Fluch! +Du und sie, i h r tötet mich, +Nicht meine Feinde! + +Absyrtus. +Still! Horch!--Der Riegel klirrt!--Sie kommt!--Hier ist sie! +Medea (in dunkelroter Kleidung, am Saume mit goldenen Zeichen +gestickt, einen schwarzen, nachschleppenden Schleier der an einem, +gleichfalls mit Zeichen gestickten Stirnbande befestigt ist, auf +dem Kopfe, tritt, eine Fackel in der Hand, aus dem Turme.) + +Medea. +Was willst du, Herr? + +Absyrtus. +Ist das die Schwester, Vater? +Wie anders doch als sonst, und ach, wie bleich! + +Aietes (zu Absyrtus). +Schweig jetzt! + +(Zu Medeen.) + +Tritt näher!--näher!-- +Doch erst Lösch' deine Fackel, sie blendet mir das Aug! + +Medea + +(die Fackel am Boden ausdrückend). +Das Licht ist verlöscht, es ist Nacht, o Herr! + +Aietes. +Jetzt komm!--Doch erst sag' an wer dir erlaubt, +Zu fliehn, des väterlichen Hauses Hut +Und hier, in der Gesellschaft nur der Wildnis +Und deines wilden Sinns, Gehorsam weigernd, +Zu trotzen meinem Worte, meinem Wink? + +Medea. +Du fragst? + +Aietes. +Ich frage! + +Medea. +Reden soll ich? + +Aietes. +Sprich! + +Medea. +So höre wenn du kannst und zürne wenn du darfst. +O könnt' ich schweigen, ewig schweigen! +Verhaßt ist mir dein Haus +Mit Schauder erfüllt mich deine Nähe. +Als du den Fremden erschlugst, +Den Götterbeschützten, den Gastfreund +Und raubtest sein Gut, +Da trugst du einen Funken in dein Haus, +Der glimmt und glimmt und nicht verlöschen wird, +Gössest du auch darüber aus +Was an Wasser die heil'ge Quelle hat, +Der Ströme und Flüsse unnennbare Zahl +Und das ohne Grenzen gewaltige Meer. +Ein törichter Schütze ist der Mord, +Schießt seinen Pfeil ab ins dunkle Dickicht, +Gewinnsüchtig, beutegierig, +Und was er für ein Wild gehalten, +Für frohen Jagdgewinn, +Es war sein Kind, sein eigen Blut, +Was in den Blättern rauschte, Beeren suchend. +Unglücksel'ger was hast du getan? +Feuer geht aus von dir +Und ergreift die Stützen deines Hauses +Das krachend einbricht +Und uns begräbt.-- + +Aietes. +Unglücksbotin was weißt du? + +Medea. +In der Schreckensstunde +Als sie geschehn war die Tat, +Da ward mein Aug geöffnet +Und ich sah sie, sah die Unnennbaren +Geister der Rache. +Spinnenähnlich, +Gräßlich, scheußlich, +Krochen sie her in abscheulicher Unform +Und zogen Fäden, blinkende Fäden, +Einfach, doppelt, tausendfach, +Rings um ihr verfallen Gebiet. +Du wähnst dich frei und du bist gefangen, +Kein Mensch, kein Gott löset die Bande +Mit denen die Untat sich selber umstrickt. +Weh dir, weh uns allen! + +Aietes. +Verkaufst du mir Träume für Wirklichkeit? +Deines Gleichen magst du erschrecken, +Törin! Nicht mich! +Hast du die Zeichen, die Sterne gefragt? + +Medea. +Glaubst du ich könnt's, ich vermöcht' es? +Hundertmal hab' ich aufgeblickt +Zu den glänzenden Zeichen +Am Firmament der Nacht. +Und alle hundertmale +Sanken meine Blicke +Von Schreck getroffen, unbelehrt. +Es schien der Himmel mir ein aufgerolltes Buch +Und (Mord) darauf geschrieben, tausendfach, +Und (Rache) mit demantnen Lettern +Auf seinen schwarzen Grund. +O frage nicht die Sterne dort am Himmel, +Die Zeichen nicht der schweigenden Natur, +Des Gottes Stimme nicht im Tempel: +Betracht' im Bach die irren Wandelsterne, +Die scheu dir blinken aus den düstern Brau'n +Die Zeichen die die Tat dir selber aufgedrückt, +Des Gottes Stimme in dem eignen Busen, +Sie werden dir Orakel geben, +Viel sicherer als meine arme Kunst, +Aus dem was ist und war, auf das was werden wird. + +Absyrtus. +Der Vater schweigt. Du bist so seltsam Schwester +Sonst warst du rasch und heiter, frohen Muts; +Mich dünkt du bist dreifach gealtert +In der Zeit als ich dich nicht gesehn! + +Medea. +Es hat der Gram sein Alter, wie die Jahre +Und wer der Zeit (vorauseilt), guter Bruder, +Kommt früh ans Ziel. + +Absyrtus. +Du weißt wohl also schon +Von jenen Fremden die-- + +Medea. +Von Fremden--? + +Aietes. +Halt! +Ich gebot dir zu schweigen! Schweig denn, Schwätzer! +Medea, laß uns klug sprechen und besonnen, +Das Gegenwärt'ge aus der Gegenwart +Und nicht aus dem betrachten was Vergangen. +Wiss' es denn. Fremde sind angekommen, Hellenen, +Sie begehren zu rächen Phryxus' Blut, +Verlangen die Schätze des Erschlagnen +Und des Gottes Banner, das goldene Vließ. + +Medea + +(aufschreiend). +Es ist geschehn! Der Streich gefallen! Weh! + +(Will in den Turm zurück.) + +Aietes (sie zurückhaltend). +Medea, Halt!--Bleib, Unsinnige! + +Medea. +Gekommen die Rächer, die Vergelter! + +Aietes. +Willst du mich verlassen, da ich dein bedarf? +Willst du sehen des Vaters Blut? +Medea ich beschwöre dich +Sprich! Rate! Rette! Hilf! +Gib mich nicht Preis meinen Feinden! +Argonauten nennen sie sich +Weil Argo sie trägt, das schnelle Schiff. +Was das Hellenenland an Helden nährt, +An Tapfern vermag, sie haben's versammelt +Zum Todesstreich auf deines Vaters Haupt. +Hilf Medea! Hilf meine Tochter! + +Medea. +I ch soll helfen, hilf du selbst! +Gib heraus was du nahmst, Versöhnung bietend! + +Aietes. +Verteilt sind die Schätze den Helfern der Tat; +Werden sie wiedergeben das Empfangne? +Besitzen sie's noch? die törichten Schwelger, +Die leicht vertan das leicht erworbne. +Soll ich herausgeben das glänzende Vließ, +Des Gottes Banner, Perontos Gut? +Nimmermehr! Nimmermehr! Und tät' ich's +Würden sie drum schonen mein und eurer? +Um desto sichrer würgten sie uns, +Rächend des Freundes Tod, +Geschützt durch das heilige Pfand des Gottes. +Deine Kunst befrage, gib andern Rat! + +Medea. +Rat dir geben, ich selber ratlos! + +Aietes. +Nun wohl, so verharre, du Ungeratne! +Opfre dem Tod deines Vaters Haupt. +Komm mein Sohn, wir wollen hinaus, +Den Streichen bieten das nackte Haupt, +Und fallen unter der Fremden Schwertern. +Komm mein Sohn, mein einzig Kind! + +Medea. +Halt Vater! + +Aietes. +Du willst also? + +Medea. +Hör' erst! +Ich will's versuchen, die Götter zu fragen, +Was sie gebieten was sie gestatten. +Und nicken sie zu, so steh' ich dir bei, +Helfe dir bekämpfen den Feind, +Helfe dir schmieden den Todespfeil +Den du abdrücken willst ins dunkle Gebüsch, +Nicht wissend, armer Schütze, wen du triffst. +Es sei! Du gebeutst, ich gehorche! + +Aietes. +Medea, mein Kind, mein liebes Kind! + +Medea. +Frohlocke nicht zu früh, noch fehlt das Ende. +Ich bin bereit; allein versprich mir erst, +Daß, wenn die Tat gelang, dein Land befreit, +Zu hoffen wag' ich's kaum, allein wenn doch,-- +Du mich zurückziehn läßt, in diese Wildnis +Und nimmer mehr mich störst, nicht du, nicht andre. + +Aietes. +Warum? + +Medea. +Versprich's! + +Aietes. +Es sei! + +Medea. +Wohlan denn Herr, +Tritt ein bei deiner Magd, ich folge dir! + +Aietes. +Ins Haus? + +Medea. +Drin wird's vollbracht. + +Aietes (zu Absyrtus). +So komm denn Sohn! + +(Beide ab in den Turm.) + +Medea. +Da gehn sie hin, hin die Verblendeten!-- +Ein töricht Wesen dünkt mich der Mensch; +Treibt dahin auf den Wogen der Zeit +Endlos geschleudert auf und nieder, +Und wie er ein Fleckchen Grün erspäht +Gebildet von Schlamm und stockendem Moor +Und der Verwesung grünlichem Moder, +Ruft er: (Land)! und rudert drauf hin +Und besteigt's--und sinkt--und sinkt-- +Und wird nicht mehr gesehn! +Armer Vater, armer Mann! +Es steigen auf vor meinen Blicken +Düstrer Ahnungen Schauergestalten, +Aber verhüllt und abgewandt +Ich kann nicht erkennen ihr Antlitz! +Zeigt euch mir (ganz), oder verschwindet +Und laßt mir Ruh, träumende Ruh! +Armer Vater! Armer Mann!-- + Aber der Wille kann viel--und ich will. +Will ihn erretten, will ihn befrein +Oder untergehn mit ihm! +Dunkle Kunst, die mich die Mutter gelehrt +Die den Stamm du treibst in des Lebens Lüfte +Und die Wurzeln geheimnisvoll +Hinabsenkst zu den Klüften der Unterwelt, +Sei mir gewärtig!--Medea (will)! +Ans Werk denn! + +(Zu einigen Jungfrauen die am Eingange des Turmes erscheinen.) + +Und ihr des Dienstes Beflißne +Bereitet die Höhle, bereitet den Altar! +Medea will zu den Geistern rufen, +Zu den düstern Geistern der schaurigen Nacht +Um Rat, um Hilfe, um Stärke, um Macht! + +(Ab in den Turm.) + +(Pause. Dann tritt) Jason (rasch auf.) + +Jason. +Hier hört' ich Stimmen!--Hier muß--Niemand hier? + +Milo (hinter der Szene). +Holla! + +Jason. +Hierher! + +Milo (eben so). +Jason! + +Jason. +Hier Milo, hier! + +Milo (der keuchend auftritt). +Mein Freund, such' dir 'nen anderen Begleiter! +Dein Kopf und deine Beine sind zu rasch, +Sie laufen, statt zu gehn. Ein großer Übelstand! +Von Beinen mag's noch sein, da hilft das Alter, +Allein ein Kopf der läuft!--Glück auf die Reise! +Such' einen andern sag' ich, ich bin's satt! + +(Setzt sich.) + +Jason. +Wir haben, was wir suchten!--Hier ist Licht! + +Milo. +Ja Lichts genug um uns da zu beleuchten +Und zu entdecken und zu schlachten, wenn's beliebt. + +Jason. +Ei, Milo Furcht? + +Milo + +(rasch aufstehend). +Furcht?--Lieber Freund, ich bitte +Wäg' deine Worte eh du sprichst! + +(Jason faßt entschuldigend seine Hand.) + +Milo. +Schon gut! +Wir laufen, nu, die Worte laufen mit! +Doch ernst. Was suchst du hier? + +Jason. +Kannst du noch fragen? +Die Freunde, sie, die mir hierher gefolgt, +Ihr Heil vertrauend meines Glückes Stern +Und Jasons Sache machend zu der ihren, +Sie schmachten, kaum dem schwarzen Schiff entstiegen, +Hier ohne Nahrung ohne Labetrunk +In dieser Küste unwirtbaren Klippen, +Kein Führer ist, der Wegeskunde gäbe +Kein Landmann bietend seines Speichers Vorrat +Und von der Herde triftgenährter Zucht. +Soll ich die Hände legen da in Schoß +Und müßig zusehn wie die Freunde schmachten? +Beim Himmel! Ihnen soll ein Führer werden +Und Trank und Speise, sollt' ich auf sie wiegen +Mit meinem Blut! + +Milo. +Das treue, wackre Herz! +O daß du nicht des Freundes Rat gefolgt +Und weggeblieben bist von dieser Küste! + +Jason. +Warum denn auch? Was sollt' ich wohl daheim? +Der Vater tot, mein Oheim auf dem Thron +Scheelsüchtig mich, den künft'gen Feind, betrachtend. +Mich litt es länger nicht, ich mußte fort. +Hätt' er nicht selbst, der Falsche, mir geboten +Hierher zu ziehn in dieses Inselland +Das goldne Götterkleinod abzuholen +Von dem man spricht, so weit die Erde reicht +Und das dem Göttersohne Phryxus einst, +Ihn selber tötend, raubten die Barbaren, +Ich wäre selbst gegangen, freien Willens, +Dem eckelhaften Treiben zu entfliehn. +Ruhmvoller Tod für ruhmentblößtes Leben +Mag's tadeln wer da will, mich lockt der Tausch! +Daß dich, o Freund, ich mitzog und die andern, +Das ist wohl schlimm, allein ihr wolltet's so! + +Milo. +Ja freilich wollt' ich so und will noch immer +Denn sieh, ich glaub', du hast mir's angetan, +So lieb' ich dich und all dein Tun und Treiben. + +Jason. +Mein guter Milo! + +Milo. +Nein! 's ist unrecht sag' ich, +Ich sollt' der Klügre sein, ich bin der Ältre. +Hättst du mich hingeführt, wohin auch immer, +Nur nicht in dieses gottverlaßne Land. +Kommt irgend sonst ein Mann in Fährlichkeit, +Nu Schwert heraus und Mut voran. Doch hier +In dieses Landes feuchter Nebelluft +Legt Rost sich, wie ans Schwert, so an den Mut. +Hört man in einem fort die Wellen brausen, +Die Fichten rauschen und die Winde tosen, +Sieht kaum die Sonne durch der dichten Nebel +Und rauhen Wipfel schaurigen Versteck, +Kein Mensch rings, keine Hütte, keine Spur, +Da wird das Herz so weit, so hohl, so nüchtern +Und man erschrickt wohl endlich vor sich selbst. +Ich, der als Knabe voll Verwundrung horchte, +Wenn man erzählte, 's gäb' ein Ding +Die (Furcht) genannt, hier seh' ich fast Gespenster +Und jeder dürre Stamm scheint mir ein Riese +Und jedes Licht ein Feuermann. 's ist seltsam. +Was unbedenklich sonst, erscheint hier schreckhaft +Und was sonst greulich wieder hier gemein. +Nur kürzlich sah ich einen Bär im Walde, +So groß vielleicht als keinen ich gesehn +Und doch kams fast mir vor, ich sollt' ihn streicheln, +Wie einen Schoßhund streicheln mit der Hand, +So klein, so unbedeutend schien das Tier +Im Abstich seiner schaurigen Umgebung. +Du hörst nicht? + +Jason (der indes den Turm betrachtet hat). +Ja ich will hinein! + +Milo. +Wohin? + +Jason. +Dort in den Turm. + +Milo. +Mensch, bist du rasend? + +(Ihn anfassend). Höre! + +Jason (sich losmachend und das Schwert ziehend). +Ich will, wer hält mich? Hier mein Schwert! Es schützt mich +Vor Feinden wie vor überläst'gen Freunden. +Die erste Spur von Menschen find' ich hier +Ich will hinein. Mit vorgehaltnen Eisen +Zwing' einen ich von des Gebäuds Bewohnern, +Zu folgen mir, zu führen unsre Schar +Auf sichern Pfad aus dieses Waldes Umfang, +Wo Hunger sie und Feindeshinterhalt +Weit sichrer trifft als mich hier die Gefahr. +Sprich nicht! Ich bin entschlossen. Geh zurück +Ermutige die Schar. Bald bring' ich Rettung! + +Milo. +Bedenk'! + +Jason. +Es ist bedacht! Wer kann hier weilen +Im kleinen Hause, wüst und abgeschieden? +Ein Haushalt von Barbaren und was mehr? +Ich denk' du kennst mich! Hier ist nicht Gefahr +Als im Verweilen.--Keine Worte weiter! + +Milo. +Doch wie gelangst du hin? + +Jason. +Siehst du dort drüben +Gähnt weit ein Spalt im alternden Gemäuer. +Das Meer leiht seinen Rücken bis da hin +Und leicht erreich' ich's schwimmend. + +Milo. +Höre doch! + +Jason. +Leb' wohl! + +Milo. +Laß mich statt dir! + +Jason. +Auf Wiedersehn! + +(Springt von einer Klippe ins Meer) + +Milo. +Er wagt es doch!--Dort schwimmt er!--Tut es (doch), +Und läßt mich schmälen hier nach Herzenslust! +Ein wackres Herz, doch jung, gewaltig jung! +Hier will ich stehn und seiner Rückkehr harren: +Und geht's auch schief, wir hauen uns heraus. + +(Er lehnt sich an einen Baum.) + +(Ein düsteres Gewölbe im Innern des Turms. Links im Hintergrunde +die Bildsäule eines Gottes auf hohem Fußgestell, im Vorgrunde +rechts eine Felsenbank.) +(Jungfrauen mit Fackeln bringen einen kleinen Altar und Opfergefäße +und stellen alles ordnend umher.) + +(Eine Jungfrau tritt ein und spricht an der Türe:) + +Jungfrau. +Genug! Es naht Medea! Stört sie nicht! + +(Alle ab mit den Lichtern.) + +Jason (tritt durch einen Seiteneingang links auf mit bloßem +Schwerte.) + +Jason. +Ein finsteres Gewölb'.--Ich bin im Innern! +Mehr Menschen faßt das Haus, scheint's, als ich glaubte, +Doch immerhin! wird nur mein Ziel erreicht. +Behutsam späh ich, bis ein Einzelner +Mir aufstößt, dann das Schwert ihm auf die Brust +Und mit mir soll er, will er nicht den Tod. + +(Er späht mit vorgehaltenem Schwerte umher.) + +Ist da kein Ausgang?--Halt!--Ein Block von Stein +Das Fußgestell wohl eines Götterbildes. +Ehrt man hier Götter und verhöhnt das Recht? +Doch horch!--ein Fußtritt!--Bleiche Helle gleitet +Fortschreitend an des Ganges engen Bogen. +Man kommt!--Wohin--?--Verbirg mich dunkler Gott! + +(Er versteckt sich hinter die Bildsäule.) + +Medea (kommt, einen schwarzen Stab in der Rechten, eine Lampe in +der Linken.) + +Medea. +Es ist so schwül hier, so dumpf! +Feuchter Qualm drückt die Flamme der Lampe, +Sie brennt ohne zu leuchten. + +(Sie setzt die Lampe hin.) +--Horch!--Es ist mein eignes Herz, +Das gegen die Brust pocht mit starken Schlägen! +Wie schwach, wie töricht!--Auf Medea! +Es gilt des Vaters Sache, der Götter! +Sollen die Fremden siegen, Kolchis untergehn? +Nimmermehr! Nimmermehr! +Ans Werk denn! +Seid mir gewärtig Götter, höret mich, +Und gebt Antwort meiner Frage! + +(Mit dem Stabe Zeichen in die Luft machend.) + +Die ihr einhergeht im Gewande der Nacht +Und auf des Sturmes Fittigen wandelt +Furchtbare Fürsten der Tiefe, +Denen der Entschluß gefällt +Und die beflügelte Tat, +Die ihr bei Leichen weilt +Und euch labt am Blut der Erschlagnen, +Die ihr das Herz kennt und lenkt den Willen, +Die ihr zählt die Halme der Gegenwart +Sorglich bewahrt des Vergangenen Ähren +Und durchblickt der Zukunft sprossende Saat, +Euch ruf' ich an! +Gebt mir Kunde, sichere Kunde +Von dem was uns droht, von dem was uns lacht! +Bei der Macht, die mir ward, +Bei dem Dienst, den ich tat, +Bei dem Wort, das ihr kennt +Ruf' ich euch, +Erscheinet, erscheint! + +(Pause.) + +Was ist das?--Alles schweigt! +Sie zeigen sich nicht? +Zürnt ihr mir, oder betrat ein Fuß, +Eines Frevlers Fuß +Die heilige Stätte? +Angst befällt mich, Schauer faßt mich! + +(Mit steigender Stimme.) + +Allgewaltige! Lauscht meinem Rufen, +Hört Medeens Stimme! +Eure Freundin ist's die ruft. +Ich fleh' ich verlang' es +Erscheinet, erscheint! +Jason (springt hinter der Bildsäule hervor.) + +Medea (zurückfahrend). +Ha! + +Jason. +Verfluchte Zauberin, du bist am Ende, +Erschienen ist, der dich vernichten wird. + +(Indem er mit vorgehaltenem Schwerte hervorspringt verwundet er +Medeen am Arme.) + +Medea (den verwundeten rechten Arm mit der linken Hand fassend). +Weh mir! + +(Stürzt auf den Felsensitz hin, wo sie schwer atmend leise ächzt.) + +Jason. +Du fliehst? Mein Arm wird dich ereilen! + +(Im Dunkeln herum blickend.) + +Wo ist sie hin! + +(Er nimmt die Lampe und leuchtet vor sich hin.) + +Dort!--Du entgehst mir nicht! + +(Hinzutretend.) + +Verruchte! + +Medea (stöhnend). +Ah! + +Jason. +Stöhnst du? Ja zittre nur! +Mein Schwert soll deine dunkeln Netze lösen! + +(Sie mit der Lampe beleuchtend). +Doch seh' ich recht? Bist du die Zauberin, +Die dort erst heischre Flüche murmelte? +Ein weiblich Wesen liegt zu meinen Füßen, +Verteidigt durch der Anmut Freiheitsbrief, +Nichts zauberhaft an ihr, als ihre Schönheit. +(Bist) du's?--Doch ja! Der weiße Arm, er blutet, +Verletzt von meinem mitleidslosen Schwert! +Was hast du angerichtet? Weißt du wohl, +Ich hätt' dich töten können, holdes Bild, +Beim ersten Anfall in der dunkeln Nacht? +Und Schade wär's, fürwahr, um so viel Reiz! +Wer bist du, doppeldeutiges Geschöpf? +Scheinst du so schön und bist so arg, zugleich +So liebenswürdig und so hassenswert, +Was konnte dich bewegen, diesen Mund, +Der, eine Rose, wie die Rose auch +Nur hauchen sollte süßer Worte Duft, +Mit schwarzer Sprüche Greuel zu entweihn? +Als die Natur dich dachte, schrieb sie: (Milde) +Mit holden Lettern auf das erste Blatt +Wer malte Zauberformeln auf die andern? +O geh! ich hasse deine Schönheit, weil sie +Mich hindert deine Tücke recht zu hassen! +Du atmest schwer. Schmerzt dich dein Arm? Ja, siehst du +Das sind die Früchte deines argen Treibens! +Es blutet! Laß doch sehn! + +(Nimmt ihre Hand.) + +Du zitterst, Mädchen, +Die Pulse klopfen, jede Fiber zuckt. +Vielleicht bist du so arg nicht, als du scheinst, +Nur angesteckt von dieses Landes Wildheit, +Und Reue wohnt in dir und fromme Scheu. +Heb auf das Aug und blicke mir ins Antlitz, +Daß ich die dunkeln Rätsel deines Handelns +Erläutert seh' in deinem klaren Blick.-- +Du schweigst!--O wärst du stumm, und jene Laute, +Die mir ertönten, fluchenswerten Inhalts, +Gesprochen hätte sie ein andrer Mund, +Der minder lieblich, Mädchen, als der deine. +Du seufzest!--Sprich!--Laß deine Worte tönen; +Vertrau' den Lüften sie, als Boten, an, +Sonst holt mein Mund sie ab von deinen Lippen. + +(Er beugt sich gegen sie.) +(Man hört Waffengeklirr und Stimmen in der Ferne.) + +Horch!--Stimmen! + +(Er läßt sie los.) + +Näher! + +(Medea steht auf.) + +Deine Freunde kommen +Und ich muß fort. Des freuest du dich wohl? +Allein ich seh' dich wieder, glaube mir! +Ich muß dich sprechen hören, gütig sprechen, +Und kostet' es mein Leben!--Doch man naht. +Glaub' nicht, daß ich Gefahr und Waffen scheue, +Doch auch ein Tapfrer weicht der Überzahl, +Und meiner harren Freunde.--Leb' denn wohl. +(Er geht dem Seiteneingange zu, durch den er gekommen ist. Aus +diesem, so wie aus dem Haupteingange stürzen) Bewaffnete (herein, +mit ihnen) Absyrtus. + +Absyrtus. +Zurück! + +Jason. +So gilt's zu fechten!--Gebet Raum! + +Absyrtus. +Dein Schwert! + +Jason. +Dir in die Brust, nicht in die Hand! + +Absyrtus. +Fangt ihn! + +Jason (sich in Stellung werfend). +Kommt an! Ihr alle schreckt mich nicht! + +Absyrtus. +Laß uns versuchen denn! + +(Stürzt auf Jason los.) + +Medea (macht eine abhaltende Bewegung gegen ihn). + +Absyrtus (zurücktretend). +Was hältst du mich Schwester? + +Jason. +Du sorgst um mich? Hab' Dank, du holdes Wesen, +Nicht für die Hilfe, ich bedarf sie nicht, +Für diese Sorge Dank. Leb' wohl, o Mädchen, + +(Sie bei der Hand fassend und rasch küssend.) + +Und dieser Kuß sei dir ein sichres Pfand, +Daß wir uns wiedersehn!--Gebt Raum! + +(Er schlägt sich durch.) + +Absyrtus. +Auf ihn! + +(Jason durch die Seitentüre fechtend ab.) + +Absyrtus. +Ihm nach! Er soll uns nicht entrinnen! + +(Eilt Jason nach mit den Bewaffneten.) + +Medea (die unbeweglich mit gesenktem Haupt gestanden, hebt jetzt +Kopf und Augen empor). +Götter! + +(Ihre Jungfrauen stehen um sie.) + +(Der Vorhang fällt.) + + + + +Zweiter Aufzug + +(Halle wie am Ende des vorigen Aufzuges. Es ist Tag.) +Gora, Peritta. Jungfrauen. + +Gora. +Ich sage dir, sprich lieber Medeen nicht. +Ob der Ereignung zürnt sie der heutigen Nacht +Und sie spricht sich nicht gut, wenn sie zürnt; das weißt du! +Auch gebot sie dir, ihr Antlitz zu fliehn. + +Peritta. +Was soll ich tun? Wer hilft, wenn sie nicht? +Gefangen der Gatte, die Hütte verbrannt. +Alles geraubt von den fremden Männern +Wem klag' ich mein Leid, wer rettet, wenn sie nicht? + +Gora. +Tu wie du willst, ich hab' dich gewarnt, +Auch ist's recht und billig nur, daß sie dich hört, +Aber der Mensch tut nicht immer was recht. + +Peritta. +Ach, ich Unselige! + +Gora. +Klage nicht! Was hilft's +Überleg' und handle, das tut dir Not! +Doch wo weilt Medea? komm in ihr Gemach. +(Eine) Jungfrau (stürzt atemlos herein.) + +Jungfrau. +O Übermaß des Unglücks! + +Gora (an der Türe umkehrend). +Wohl nur der Torheit, will ich hoffen! +Was neues gibt's? + +Jungfrau. +Der Fürstin Lieblingspferd.-- + +Gora. +Das herrliche Tigerroß-- + +Jungfrau. +Es ist entflohn! + +Gora. +So? + +Jungfrau. +In der Verwirrung der heutigen Nacht +Da die Pforte offen, wir alle voll Angst, +Entkam es dem Stall und ward nimmer gesehn! +Weh mir! + +Gora. +Ja wohl! + +Jungfrau. +Wie entflieh' ich der Fürstin Zorn? +Wird sie's ertragen--? + +Gora. +Das (wie) ist ihre Sache +Doch tragen muß sie's, da es (ist). +Nur rat' ich dir geh fürs erste ihr aus dem Auge! +Doch horch! Sie naht schon! Peritta tritt zu mir. +Medea (kommt in Gedanken versunken aus der Türe rechts.) + +Gora (nach einer Pause). +Medea-- + +Jungfrau (ihr zuvorkommend und zu Medeens Füßen stürzend). +O Königin verzeih! + +Medea (den Kopf emporhebend). +Was ist? + +Jungfrau. +Vernichte mich nicht in deinem Zorn! +Dein Leibroß--Dein Liebling!--Es ist entflohn. + +(Pause während welcher sie Medeen voll Erwartung ins Gesicht sieht). + +Nicht meine Schuld war's fürwahr. Der Schrecken heut Nacht +Das Getümmel, der Lärm--Da geschah's-- +Du sprichst nicht?--Zürne Fürstin-- + +Medea. +Es ist gut! + +(Jungfrau steht auf.) + +Gora (sie bei Seite ziehend). +Was sprach sie? + +Jungfrau (freudig). +Es sei gut. + +Gora. +Das ist (nicht) gut! +Trägt sie so leicht, was sie sonst schwer ertrug, +Das begünstigt unsre Sache, Peritta! +Fast ist mir's unlieb, daß sie so mild gestimmt +Ich hatte mich drauf gefreut, wie sie sich sträuben würde +Und endlich überwinden müßte zu tun was sie soll. +Nu komm denn, komm, für dich ist's besser so. +Medea hier ist noch jemand den du kennst! + +Medea. +Wer? + +Gora. +Kennst deine Gespielin, Peritta, nicht? +Zürnst du ihr gleich-- + +Medea. +Peritta bist du's; +Sei mir gegrüßt, sei herzlich mir gegrüßt! + +(Sie mit dem Arm umschlingend und sich auf sie stützend.) + +Wir haben frohe Tage zusammen gelebt. +Seit dem ist viel übles geschehn. +Viel übles seit der Zeit, Peritta! +Hast du deine Herde verlassen und dein Haus +Und kommst wieder zu mir, Peritta? +Sei mir willkommen, du bist sanft und gut, +Du sollst mir die Nächste sein im Kreis meiner Frauen! + +Peritta. +Kein Haus hab' ich mehr und keine Herde +Alles verloren, mein Gatte gefangen, +Dahin meine Ruhe, mein Segen, mein Glück. + +Medea. +So ist er dahin, ist tot! +Du dauerst mich armes, armes Kind! +War so jung, so kräftig, so glänzend, so schön, +Und ist tot und kalt! Du dauerst mich +Ich könnte weinen, so rührst du mich. + +(Legt ihre Stirne auf Perittas Schulter.) + +Peritta. +Nicht tot, nur gefangen ist mein Gatte +Drum kam ich zu flehn, daß du bittest den Vater +Ihn zu lösen, zu retten, zu befrein-- + Medea hörst du?-- + +(Zu Gora.) + +Sie spricht nicht! Was sinnt sie? + +Gora. +Mich überrascht sie nicht minder als dich +Das ist sonst nicht Medeens Sitte. + +Peritta. +Was ist das? Trau' ich meinen Sinnen? +Feucht fühl' ich dein Antlitz auf meiner Schulter! +Medea Tränen?--O du Milde, du Gute! + +(Küßt Medeens herabhängende Hand.) + +(Medea reißt sich empor, faßt rasch mit der rechten Hand die +geküßte Linke und sieht Peritten starr ins Gesicht. Dann entfernt +sie sich rasch von ihr, sie immer starr betrachtend und nähert sich +der Amme.) + +Medea. +Gora! + +Gora. +Frau? + +Medea. +Heiß sie gehn! + +Gora. +So willst du-- + +Medea. +Heiß sie gehn! + +Gora + +(winkt Peritten mit der Hand Entfernung zu). +(Peritta hält flehend ihr die Hände entgegen.) +(Gora winkt ihr beruhigend zu, sich zu entfernen.) +(Peritta von zwei Mädchen geführt, ab.) + +Medea (unterdessen). +Ah!--es ist heiß hier.--Schwüle Luft. + +(Reißt gewaltsam den Gürtel entzwei und wirft ihn weg.) + +Gora. +Sie ist fort!. + +Medea (zusammenfahrend). +Fort? + +Gora. +Peritta ist fort. + +Medea. +Gora! + +Gora. +Gebieterin! + +Medea (halblaut, sie bei Seite führend). +Warst du zugegen heut Nacht? + +Gora. +Wo? + +Medea (Sieht ihr fremd ins Gesicht.) + +Gora. +Ah hier? Freilich! + +Medea (mit freudeglänzenden Blicken). +Ich sage dir es war ein Gott! + +Gora. +Ein Gott? + +Medea. +Ich habe lange darüber nachgedacht, +Nachgedacht und geträumt die lange Nacht, +Aber 's war ein Himmlischer, des bin ich gewiß. +Als er mit einemmal dastand, zürnenden Muts, +Hochaufleuchtend, einen Blitz in der Hand +Und zwei andre im flammenden Blick, +Da fühlt' ich's am Sinken des Muts, an meiner Vernichtung, +Daß ihn kein sterbliches Weib gebar. + +Gora. +Wie? so-- + +Medea. +Du hast mir wohl selbst erzählet, +Oft, daß Menschen, die nah dem Sterben, +(Heimdar) sich zeige, der furchtbare Gott, +Der die Toten führt in die schaurige Tiefe. +Sieh, der war es glaub' ich, o Gora! +(Heimdar) war es, der Todesgott. +Bezeichnet hat er sein dunkles Opfer, +Bezeichnet mich mit dem ladenden Kuß +Und Medea wird sterben, hinuntergehn +Zu den Schatten der schweigenden Tiefe. +Glaub' mir, ich fühle das, gute Gora, +An diesem Bangen, an diesem Verwelken der Sinne, +An dieser Grabessehnsucht fühl' ich es, +Daß mir nicht fern das Ende der Tage! + +Gora. +Was hat deinen Sinn so sehr umwölkt, +Daß du trüb schaust, was klar und deutlich? +Ein Mensch war's, ein Übermüt'ger, ein Frecher +Der hier eindrang + +Medea (zurückfahrend). +Ha! + +Gora. +Der die Nacht benützend-- + +Medea. +Schweig! + +Gora. +Deine Angst + +Medea. +Verruchte schweig. + +Gora. +Schweigen kann ich wenn du's gebietest, +Einst mein Pflegling, jetzt meine Frau. +Aber drum ist's nicht anders als ich sagte. + +Medea. +Sieh wie du albern bist und töricht! +Wie käm' ein Fremder in diese Mauern? +Wie hätt' ein Sterblicher sich erfrecht, +Zu drängen sich vor Medeas Antlitz, +Sie zu sprechen, ihr zu drohn, mit seinen Lippen-- +Geh Unselige, geh +Daß ich dich nicht töte, +Nicht räche deine Torheit +An deinem Leben. +Ein Sterblicher? Scham und Schmach! +Entferne dich, Verräterin! +Geh! sonst trifft dich mein Zorn. + +Gora. +Ich rede was ist und nicht was du willst. +Gehn soll ich? ich gehe. + +Medea. +Gora, bleib! +Hast du kein freundlichs Wort, du Gute? +Fühlst du denn nicht, so ist's so muß es sein, +(Heimdar) war es, der stille Gott, +Und nun kein Wort mehr, kein Wort, o Gora! + +(Wirft sich ihr an den Hals und verschließt mit ihrem Munde Goras +Lippen.) + +(Nach einer Pause.) + + +Medea. +Horch! + +Gora. +Tritte nahen! + +Medea. +Man kommt! Fort! + +Gora. +Bleib! Dein Bruder ist's und dein Vater! Sieh! +Aietes und Absyrtus (stürzen herein.) + +Aietes. +Entkommen ist er, des trägst du die Schuld! + +(Zu Medeen.) + +Warum hemmtest den Streich des Bruders, +Da er ihn töten wollte, den Frevler? + +Absyrtus. +Vater, scheltet sie nicht darum +War doch angstvoll und bang ihre Seele! +Denkt! ein Fremder, allein, bei Nacht, +Eingedrungen in ihre Kammer; +Sollte sie da nicht zagen, Vater? +Und nicht weiß die Furcht was sie tut. +Doch der Grieche-- + +Medea. +Grieche? + +Aietes. +Wer sonst? +Einer der Fremden war's, der Hellenen, +Die gekommen an Kolchis' Küste, +Argonauten, auf Argo dem Schiff, +Zu verwüsten unsere Täler +Und zu rauben unser Gut. + +Medea + +(Goras Hand fassend). +Gora! + +Gora. +Siehst du? es ist so, wie ich sagte. + +Absyrtus. +Übermütig sind sie und stark +Ja, bei Peronto! Stark und kühn! +Setzt' ich nicht nach ihm, ich und die Meinen +Hart ihn drängend, nach auf den Fersen? +Aber er führte in Kreisen sein Schwert +Keiner von uns kam ihm nah zu Leibe. +Jetzt zum Strom gekommen, warf er +Raschen Sprungs sich hinein. +Dumpf ertönte die Gegend dem Sturze, +Hoch auf spritzten die schäumenden Wasser +Und er verschwand in umhüllende Nacht. + +Aietes. +Ist er entkommen dieses Mal +Fürder soll es ihm nicht gelingen! +Die kühnen Fremdlinge stolz und trotzig +Haben Zweisprach begehrt mit mir. +Zugesagt hab' ich's, den Groll verbergend +Den tödlichen Haß in der tiefen Brust +Aber gelingt mir, was ich sinne, +Und bist du mir gewärtig mit deiner Kunst, +So soll sie der frevelnde Mut gereuen, +So endet der Streit noch eh er begann. +Auf Medea, komm! Mach' dich fertig +Gut zu machen, was du gefehlet +Und zu rächen die eigene Schmach +(Deine) Sache ist's nun geworden +Haben sie doch an dir auch gefrevelt, +Gefrevelt durch jenes Kühnen Tat, +Denn wahr ist's doch, was Absyrtus mir sagte, +Daß er's gewagt mit entehrendem Kuß-- + +Medea. +Vater schweig, ich bitte dich-- + +Aietes. +Ist's wahr? + +Medea. +Frage mich nicht was wahr, was nicht! +Laß dir's sagen die Röte meiner Wangen +Laß dir's sagen--Was soll ich? Gebeut! +Willst du vernichten die Schar der Frevler? +Sage nur wie, ich bin bereit! + +Aietes. +So recht Medea, so mag ich's gern +So erkenn' ich in dir mein Kind +Zeig' daß dir fremd war des Frechen Erkühnen +Laß sie nicht glauben, du habest gewußt +Selber gewußt um die frevelnde Tat! + +Medea. +Gewußt? Wer glaubt das, Vater und von wem? + +Aietes. +Wer? der's sah, der's hörte, Kind! +Wer Zeuge war wie Aletes' fürstliche Tochter +Den Kuß duldete von des Frevlers Lippe. + +Medea. +Vater! + +Aietes. +Was ist? + +Medea. +Du tötest mich! + +Aietes. +(Ich) glaub's (nicht), Medea! + +Medea. +Wirklich nicht? +Laß uns gehn! + +Aietes. +Wohin? + +Medea. +Wohin du willst +Zu vernichten, zu töten, zu sterben! + +Aietes. +Du versprichst mir also? + +Medea. +Ich hab' es gesagt! +Aber laß uns gehn! + +Aietes. +Hör' erst! + +Medea. +Nicht hier! +Hohnzulachen scheint mir des Gottes Bild +Des Gewölbes Steine formen sich mir +Zu lachenden Mäulern und grinsenden Larven. +Hinweg von dem Orte meiner Schmach! +Nimmer betret' ich ihn. Vater komm! +Was du willst, wie du willst, doch fort von hier! + +Aietes. +So höre! + +Medea. +Fort! + +Aietes. +Medea! + +Medea. +Fort! + +(Eilt ab.) + +Aietes. +Medea! + +(Mit Absyrtus ihr nach.) + +(Freier Platz mit Bäumen. Links im Hintergrunde des Königs Zelt.) +Acht Abgeordnete der Argonauten (treten auf von einem) Kolchischen +Hauptmanne (geleitet.) + +Hauptmann. +Hier sollt ihr weilen ist des Königs Befehl +Bald naht er selbst. + +Erster Argonaut. +Befehl? Nichtswürdiger Barbar, +Für dich mag's sein, doch uns Befehl? +Wir harren deines Königs weil wir wollen, +Doch eil' er sich, sonst suchen wir ihn auf! + +Zweiter Argonaut. +Laß ihn! Die Knechtesrede ziemt dem Knecht! + +(Kolcher ab.) + +So sind wir hier; erreicht des Strebens Ziel! +Nach mancher Fährlichkeit zu Land und See +Umfängt uns Kolchis' düstre Märchenwelt, +Von der man spricht so weit die Sonne leuchtet. +Was keinem möglich deuchte ist geschehn; +Durchsegelt ist ein unbekanntes Meer, +Das zürnend Untergang dem ersten Schiffer drohte, +Zu neuen Völkern und zu neuen Ländern +Tat sich der Weg, und was oft schwerer noch, +Tat auch der Rückweg sich uns günstig auf: +Wir sind in Kolchis, unsrer Reise Ziel. +So weit hat gnädig uns ein Gott geführt; +Doch jetzo fürcht' ich wendet er sich ab! +Wir stehn in Feindes Land, von Tod umgeben +Fremd, ohne Rat und Führer--Jason fehlt. +Er, der zum Zug geworben, ihn geführt, +Er, dessen eigne Sache wir verfechten, +Mit Milo hat er sich vom Zug entfernt, +Heut Nacht entfernt und ward nicht mehr gesehn. +Ob er im Wald verirrt, verlassen schmachtet, +Ob er ins Netz gefallen der Barbaren, +Ob ihn aus Hinterhalt der Tod ereilt +Ich weiß es nicht, doch jedes steht zu fürchten. +So aufgelöst, vereinzelt, ohne Band, +Ist jeder nun sein eigner Rat und Führer +Drum frag' ich euch, die Ersten unsrer Schar: +Was ist zu tun? + +(Alle schweigen mit gesenkten Häuptern.) + +Ihr schweigt. Jetzt gilt's Entschluß! +Geladen von dem König dieses Landes +Zur Zweisprach, zum Versuch der Gütlichkeit, +Schien's uns gefährlich, ob des Führers Abgang +Den Aufruf abzulehnen, der geschehn, +Und zu enthüllen unsre Not und Schwäche. +Wir gingen, wir sind hier!--Was nun zu tun? +Wer Rat weiß, spreche nun! + +Dritter Argonaut. +Du bist der Ältste +Sprich du! + +Zweiter Argonaut. +Der Ältste ist der Erste nicht +Wo's Kraft gilt und Entschluß. Fragt einen andern! + +Erster Argonaut. +Laßt uns die Schwerter nehmen in die Hand +Den König töten und sein treulos Volk +Dann fort, doch erst die Beut' ins Schiff gebracht! + +Zweiter Argonaut. +Nicht auch das Land und heimgebracht zur Schau? +Dein Rat ist unreif Freund wie deine Jahre. +Gebt andern! + +Dritter Argonaut. +Rate du, wir folgen dir! + +Zweiter Argonaut. +Mein Rat ist Rückkehr! Murrt ihr? Nun wohlan +Sprech' einer Besseres, ich stimme bei! +Ihr schweigt gesamt und Niemand tritt hervor. +So hört, und stört nicht oder überzeugt mich! +Nicht eignes Streben hat uns hergeführt +Was kümmert Kolchis uns mit seinen Wundern? +Dem Mut, dem Glücke Jasons folgten wir +Den Arm ihm leihend zum gebotnen Werk; +Er tat des Oheims Willen, wir den seinen. +Wer ist, der treten mag an Jasons Stelle, +Hat ihn der Tod, wie möglich, hingerafft? +Wem liegt daran das Wundervließ zu rauben +Das Tod umringt und dräuende Gefahr? +Habt ihr gehört? im Schlund der Höhle liegt's, +Bewacht von eines Drachen gift'gen Zähnen, +Vom Graun verteidigt schwarzer Zauberei, +Beschützt von allem was verrucht und greulich; +Wer wagt's von euch, wer hebt den goldnen Schatz? +Wie Keiner? Nun, so woll' auch keiner (scheinen) +Was keiner Kraft und Willen hat zu (sein). +Hier leg' ich von mir Schild und Speer +Und geh' zum König als ein Mann des Friedens. +Drei Tage gönn' er uns zu harren Zeit, +Und kehrt dann Jason nicht, so ziehn wir heim. +Wer mit mir gleichdenkt, tue so wie ich. +Ein Held ist wer das Leben Großem opfert +Wer's für ein Nichts vergeudet ist ein Tor! + +(Die meisten stoßen ihre Speere in den Boden.) + +Nun kommt zu Kolchis' König. Gerne tauscht er +Die eigne Sicherheit wohl aus für unsre! + +Erster Argonaut. +Halt noch. Dort nahn zwei Griechen! Milo ist's +Der fort mit Jason ging und-- + +(schreiend) + +Jason selber! +Jason! + +Mehrere. +Jason! + +Alle (tumultuarisch). +Jason! + +Milo + +(hinter der) Szene). +Hier Gefährten! +Hier Jason, Argonauten! + +Erster Argonaut (zum zweiten). +Was sagst du nun? + +Zweiter Argonaut. +Daß Jason da ist, sag' ich Freund wie du. +Statt meines Rates gibt er euch die Tat. +Nur da er fort war hatt' ich eine Meinung! +Milo (tritt auf), Jason (an der Hand führend.) + +Milo. +Hier habt ihr ihn! Hier ist er ganz und gar! +Nun seht euch satt an ihm und schreit und jubelt! + +(Die Argonauten drängen sich um Jason, fassen seine Hände und +drücken ihre Freude aus.) + +Vermischte Stimmen. +Willkommen--Jason!--Freund!--Willkommen Bruder! + +Jason. +Habt ihr um mich gebangt? Hier bin ich wieder! + +(Indem er den Andrängenden die Hände reicht.) + +Milo (den nächststehenden umarmend). +Freund siehst du, er ist da? Gesund und rüstig! +Und's ging ihm nah ans Leben, ei beim Himmel! +Ein Haar! und ihr saht Jason nimmer mehr! +Er wagte sich, allein--ich durft' nicht mit-- +Um euretwillen Freunde wagt' er sich, +Im dichten Wald, allein, in einen Turm, +Der voll Barbaren steckte bis zum Giebel. +Da hieß es fechten. + +Jason. +Ja fürwahr es galt! +Verloren war ich, wenn ein Mädchen nicht-- + +Milo. +Ein Mädchen? Ein Barbarenmädchen? + +Jason. +Ja! + +Milo. +Sieh davon sagtest du mir früher nichts! +Und war sie schön? + +Jason. +So schön so reizend so-- +Doch eine arge, böse Zauberin.-- +Ihr dank' ich dies mein Leben! + +Milo. +Wackres Mädchen! + +Jason. +Ich schlug mich durch und--doch genug, ich lebe +Und bin bei euch!--Doch was führt euch hierher? + +Zweiter Argonaut. +Zur Zweisprach ließ uns laden Kolchis' König +Vernehmen will er unsre Forderung +Und dann entscheiden. + +Jason. +Hier? + +Zweiter Argonaut. +Hier ist sein Sitz! + +Jason. +Ich will ihn sprechen. Fügt er sich in Frieden +Gut denn! wenn nicht, dann mag das Schwert entscheiden. + +(Auf die seitwärts gestellten Speere zeigend.) + +Doch diese Waffen!--Seid ihr hier so sicher +Daß ihr des Schutzes selber euch beraubt? + +(Sie nehmen beschämt die weggelegten Speere wieder auf.) + +Ihr schweigt und schlagt beschämt die Augen nieder? +Habt ihr?-- + +(Zu Milo.) + +Oh sieh, sie meiden meinen Blick! +Unglückliche! es war doch nicht die Furcht-- +Die (Furcht) Hellenen, die den Speer euch nahm? +Es war's nicht--? + +(Zu Milo.) + +Ach es war's! Die Unglücksel'gen +Sie wagen's nicht der Lüge mich zu zeihn. +Was hat euch denn verblendet arme Brüder?-- +Es war die (Furcht)!-- + +(Zu einem der sprechen will.) + +Ich bitte dich, sprich nicht +Ich kann mir denken was du fühlst. Sprich nicht! +Mach' nicht, daß ich mich schäme vor mir selbst! +Denn, o nicht ohne Tränen könnt' ich schauen +In ein von Scham gerötet Männerantlitz. +Ich will's vergessen wenn ich kann. + +(Ein Kolcher tritt auf.) + +Kolcher. +Der König naht! + +Jason. +So laßt uns stark sein und entschlossen, Freunde +Nicht ahne der Barbar, was hier geschehn! +Aietes (tritt auf mit) Gefolge. + +Aietes. +Wer ist der das Wort führt für die Fremden! + +Jason (vortretend). +Ich! + +Aietes. +Beginn! + +Jason. +Hochmütiger Barbar, du wagst--? + +Aietes. +Was willst du? + +Jason. +Achtung! + +Aietes. +Achtung? + +Jason. +Meiner Macht, +Wenn meinem Namen nicht! + +Aietes. +Wohlan, so sprich! + +Jason. +Thessaliens Beherrscher, Pelias, +Mein Oheim und mein Herr, schickt mich zu dir, +Mich, Jason, dieser Männer Kriegeshaupt, +Zu dir zu reden, wie ich jetzo rede! +Gekommen ist die Kunde übers Meer, +Daß Phryxus, ein Hellene, hohen Stammes, +Den Tod gefunden hier in deinem Reich! + +Aietes. +Ich schlug ihn nicht. + +Jason. +Warum verteidigst du dich, +Eh ich dich noch beschuldigt? Hör' mich erst. +Mit Schätzen und mit Gute reich beladen +War Phryxus' Schiff. Das blieb in deiner Hand +Als er verblich geheimnisvollen Todes! +Sein Haus ist aber nahverwandt dem meinen, +Drum in dem Namen meines Ohms und Herrn +Fordr' ich, daß du erstattest, was sein eigen, +Und was nun mein und meines Fürstenhauses. + +Aietes. +Nichts weiß ich von Schätzen. + +Jason. +Laß mich enden. +Das Köstlichste von Phryxus' Gütern aber +Es war ein köstliches, geheimnisvolles Vließ, +Des er entkleidete in Delphis hoher Stadt +Das Bildnis eines unbekannten Gottes +Das dort seit grauen Jahren aufgestellt, +Man sagt, von den Urvätern unsers Landes, +Die fernher kommend, und von Oben stammend, +Das Land betraten und der Menschheit Samen +Weitbreitend in die leere Wildnis streuten, +Und Hellas' Väter wurden, unsre Ahnen +Von ihnen sagt man stamme jenes Zeichen, +Ein teures Pfand für Hellas' Heil und Glück. +Vor allem nun dies Vließ fordr' ich von dir, +Daß es ein Kleinod bleibe der Hellenen +Und nicht in trotziger Barbaren Hand +Zum Siegeszeichen diene wider sie. +Sag' was beschließest du? + +Aietes. +Ich hab's nicht! + +Jason. +Nicht? +Das goldne Vließ? + +Aietes. +Ich hab's nicht, sag' ich dir! + +Jason. +Ist dies dein letztes Wort? + +Aietes. +Mein letztes! + +Jason. +Wohlan! + +(Wendet sich zu gehn.) + +Aietes. +Wo willst du hin? + +Jason. +Fort, zu den Meinen, +Sie zu den Waffen rufen, um zu sehen, +Ob du der Macht unnahbar wie dem Recht. + +Aietes. +Ich lache deiner Drohungen! + +Jason. +Wie lange? + +Aietes. +Tollkühner! Mit einem Häufchen Abenteurer +Willst du trotzen dem König von Kolchis? + +Jason. +Ich will's versuchen! + +(Will gehen.) + +Aietes. +Halt! Du rasest glaub' ich. +Ist wirklich der Götter Huld geknüpft an jenes Zeichen +Und ist dem Sieg und Rache, der's besitzt, +Wie kannst du hoffen zu bestehen gegen mich, +In dessen Hand-- + +Jason. +Ha, so besitzest du's? + +Aietes. +Wenn's wäre, mein' ich, wie du glaubst. + +Jason. +Ich weiß genug! +Schwachsinniger Barbar, und darauf stützest +Du deiner Weigrung unhaltbaren Trotz? +Du glaubst zu siegen, weil in deiner Hand-- +Nicht gut nicht schlimm ist, was die Götter geben +Und der Empfänger erst macht das Geschenk. +So wie das Brot, das uns die Erde spendet, +Den Starken stärkt, des Kranken Siechtum mehrt, +So sind der Götter hohe Gaben alle, +Dem Guten gut, dem Argen zum Verderben. +In meiner Hand führt jenes Vließ zum Siege +In deiner sichert's dir den Untergang. +Sprich selbst, wirst du es wagen zu berühren +Besprützt wie's ist mit deines Gastfreunds Blut,-- + +Aietes. +Schweig! + +Jason. +Sag' gibst du's heraus?--ja oder nein! + +Aietes. +So höre mich! + +Jason. +Ja oder nein! + +Aietes. +Du rascher! +Warum uns zanken ohne Not +Laß uns friedlich überlegen +Und dann entscheiden was zu geschehn! + +Jason. +Du gibst es denn heraus? + +Aietes. +Was?--Ei laß das! +Wir wollen uns erst kennen und verstehn. +Dem Freunde gibt man, nicht dem Fremden! +Tritt ein bei mir und ruhe von der Fahrt. + +Jason. +Ich trau' dir nicht! + +Aietes. +Warum nicht? +Ist auch rauh meine Sprache, fürchte nichts. +Laß dir's wohl sein in meinem Lande. +Liebst du den Becher? Wir haben Tranks die Fülle. +Jagd? Wildreich sind unsre Forste. +Magst du dich freun in der Weiber Umarmung? +Kolchis hat-- + +(Näher zu ihm tretend.) + +Liebst du die Weiber? + +Jason. +(Eure) Weiber? und doch-- + +Aietes. +Liebst du die Weiber? + +Jason. +Kennst einen Turm du dort im nahen Walde, +Der--doch wo bin ich! Komm zur Sache König! +Gibst du das Vließ? + +Aietes + +(zu einem Kolcher). +Ruf Medeen und bring' Wein! + +Jason. +Noch einmal, gibst du mir das Vließ? + +Aietes. +Sei ruhig! +Erst gezecht dann zum Rat, so halten wir's. + +Jason. +Ich will von deinen Gaben nichts. + +Aietes. +Du sollst! +Ungespeist geht keiner aus Aietes' Hause! +Sieh man kommt, laß dir's gefallen, Fremdling! +Medea (kömmt verschleiert einen Becher in der Hand, mit ihr) Diener +(die Pokale tragen.) + +Aietes. +Hier trink, mein edler Gast! + +(Zu Medeen.) + +Ist er bereitet? + +Medea. +O frage nicht! + +Aietes. +So geh und biet ihn an! +Erlabe dich mein Gast! + +Jason. +Ich trinke nicht! + +(Medea fährt beim Klang von Jasons Stimme zusammen. Sie blickt +empor, erkennt ihn und tritt einige Schritte zurück.) + +Aietes (zu Jason). +Warum nicht? + +(Zu Medeen.) + +Hin zu ihm. Tritt näher sag' ich! + +Jason. +Was seh' ich?--Diese Kleider!--Mädchen bleib! +Dein Kleid erneuert mir ein holdes Bild +Das ich nur erst--Gib deinen Becher mir, +Ich wag's auf deine Außenseite! Gib! + +(Er nimmt den Becher aus ihrer Hand.) + +Ich leer' ihn auf dein Wohl! + +Medea. +Halt ein! + +Jason. +Was ist? + +Medea. +Du trinkst Verderben! + +Jason. +Wie? + +Aietes. +Medea! + +Jason + +(indem er den Becher wegwirft). +König +Das deine Freundschaft? Rache dir Barbar! +Doch du, wer bist du? die so sonderbar +Mit Grausamkeit vereinet Mitleids Milde? +Laß mich dich schaun! + +(Er reißt ihr den Schleier ab.) + +Sie ist's! Es ist dieselbe! + +Aietes. +Medea fort! + +Jason. +Medea heißest du? +So sprich Medea denn! + +Medea. +Was willst du? + +Jason. +Wie? +So mild dein Tun und rauh dein Wort, Medea? +Nur zweimal sah ich dich und beidemal +Verdank' ich dir mein Leben. Habe Dank! +Es scheint die Götter haben uns ersehn +Uns Freund zu sein, nicht Feinde, o Medea! +Noch einmal diesen Blick, o sieh nicht weg! +Schau' mir ins Aug, ich mein' es rein und gut. + +(Erfaßt ihre Hand und wendet sie gegen sich.) + +Laß mich in deinem Blick die Kunde lesen + +(Medea entreißt ihm die Hand.) + +Jason. +Halt ein! + +Medea (sich emporrichtend). +Verwegner wagst du's?--Weh! + +(Sie begegnet seinem Blicke, fährt zusammen und entflieht.) + +Jason. +Medea! + +(Medea ab.) +(Er eilt ihr nach.) + +Aietes. +Zurück! + +Jason. +Du selbst zurück, Barbar!--Medea! +(Indem er ins Zelt dringen will und Aietes sich ihm abwehrend in +den Weg stellt, fällt der Vorhang.) + + + + +Dritter Aufzug + +(Das Innere von des Königs Zelte. Der hintere Vorhang desselben +ist so, daß man durch denselben, ohne die draußen befindlichen +Personen genau unterscheiden zu können, doch die Umrisse derselben +erkennen kann.) +Medea, Gora, Jungfrauen (im Zelte.) Jason, Aietes (und) Alle +Personen des letzten Aktschlusses (außer demselben.) +(Medea steht links im Vorgrunde aufgerichtet, die linke Hand auf +einen Tisch gestützt, die Augen unbeweglich vor sich gerichtet in +der Stellung einer die hört was außen vorgeht. Gora sie +beobachtend auf der andern Seite des Tisches. Jungfrauen teils +knieend, teils stehend um sie gruppiert. Einige) Krieger (im +Hintergrunde des Zeltes an den Seiten aufgestellt.) + +Jason (von außen). +Ich will hinein! + +Aietes (außen). +Zurück! + +Jason. +Denkst du's zu wehren? +Vom Schwert die Hand! die Hand vom Schwerte sag' ich, +Das meine zuckt, ich kann nicht drohen sehn! +Ich will hinein! Gib Raum! + +Aietes. +Zurück Verwegner! + +Gora (zu Medeen). +Er rast der Freche! + +Jason (außen). +Hörst du mich Medea? +Gib mir ein Zeichen wenn du hörst! + +Gora. +Vernahmst du? + +Jason. +Dringt bis zu dir mein Ruf, so gib ein Zeichen. +Erwählte! + +(Medea, die bis jetzt unbeweglich gestanden fährt zusammen und legt +die Hand auf die tiefatmende Brust.) + +Jason. +Sieh, mein Arm ist offen. Komm! + +(Jasons Stimme kommt immer näher.) + +Ich hab' dein Herz erkannt! Erkenn' das meine +Medea komm! + +Aietes. +Zurück! + +Gora. +Er dringt herein! + +(Medea reißt sich aus den Armen ihrer Jungfrauen los und flieht auf +die andere Seite des Vorgrunds.) + +Jason. +Ich rufe dir! Ich liebe dich, Medea. + +Gora (Medeen folgend). +Hast du gehört? + +Medea (verhüllt die Augen mit der Hand). + +Gora (dringend). +Unglückliche das also war's? +Daher die Bewegung, daher deine Angst +O Schmach und Schande, wär' es wirklich? + +Medea (aufgerichtet, sie mit Hoheit anblickend). +Was? + +Jason (indem er die Vorhänge des Zeltes aufreißt). +Ich muß sie sehn!--Da ist sie!--Komm Medea! + +Gora. +Er naht! Entflieh! + +Medea (zu den Soldaten im Zelte). +Steht ihr so müßig +Braucht die Waffen, helft eurem Herrn! + +Aietes (der indes mit Jason am Eingange gerungen hat). +Mit meinem Tod erst dringst du hinein! + +(Die Soldaten im Zelte stürzen auf die Streitenden los. Jason wird +weggedrängt. Die Vorhänge fallen wieder zu.) + +Jason (draußen). +Medea!--Wohl so mag das Schwert entscheiden! + +Absyrtus' Stimme. +Schwerter bloß! Hier ist das Meine! + +(Waffengeklirr von außen.) + +Gora. +Sie fechten! Götter stärkt der Unsern Arm! + +(Medea steht wieder bewegungslos da.) + +Milos Stimme (von außen). +Jason zurück! Wir werden übermannt +Zwölf unsre Schar und hunderte der Feinde! +Barbaren brecht ihr den geschwornen Stillstand? + +Jason. +Laß sie nur kommen, ich empfange sie! + +Aietes. +Haut sie nieder, weichen sie nicht! + +(Das Waffengeklirr entfernt sich.) + +Gora. +Die Fremden werden zurückgedrängt, die Unsern siegen! +Medea fasse dich. Dein Vater naht. +Aietes und Absyrtus kommen. + +Aietes. +Wo ist sie?--Hier! Verräterin +Wagst du's zu stehn deines Vaters Blick? + +Medea (ihm entgegen). +Nicht zu Worten ist's jetzt Zeit, zu Taten! + +Aietes. +Das sagst du mir nach dem was geschehn, +Jetzt, da das Schwert noch bloß in meiner Hand? + +Medea. +Nichts weiter von Vergleich, von Unterredung +Von gütlichen Vertrags fruchtlosem Versuch. +Bewaffne die Krieger, versammle die Deinen +Und jetzt auf sie hin, hin auf die Fremden +Eh sie's vermuten, eh sie sich fassen. +Hinaus mit ihnen, hinaus aus deinem Land +Rettend entführe sie ihr schnelles Schiff +Oder der Tod ihnen allen--allen! + +Aietes. +Wähnst du mich zu täuschen, Betrügerin? +Wenn du sie hassest, was warfst du den Becher, +Der mir sie liefern sollte, Jason liefern sollte, +Jason--sich mir ins Antlitz. Du wendest dich ab? + +Medea. +Was liegt dir an meiner Beschämung, +Rat bedarfst du, ich g e b e dir Rat. +Noch einmal also, verjag' sie die Fremden +Stoß sie hinaus aus den Marken des Reichs +Der grauende Morgen, der kommende Tag +Sehe sie nicht mehr in Kolchis' Umfang. + +Aietes. +Du machst mich irre an dir, Medea. + +Medea. +War ich es lange nicht, lange nicht selbst? + +Aietes. +So wünschest du daß ich vertreibe die Fremden? + +Medea. +Flehend, knieend bitt' ich dich drum. + +Aietes. +Alle? + +Medea. +Alle! + +Aietes. +Alle? + +Medea. +Frage mich nicht! + +Aietes. +Nun wohlan denn ich waffne die Freunde! +Du gehst mit! + +Medea. +Ich? + +Aietes. +Seltsame, du! +Sieh ich weiß, nicht den Pfeil nur vom Bogen, +Schleuderst den Speer auch, die mächtige Lanze, +Schwingest das Schwert in kräftiger Hand. +Komm mit, wir verjagen die Feinde! + +Medea. +Nimmermehr! + +Aietes. +Nicht? + +Medea. +Mich sende zurück +In das Innre des Landes Vater, +Tief, wo nur Wälder und dunkles Geklüft, +Wo kein Aug hindringt, kein Ohr, keine Stimme, +Wo nur die Einsamkeit und ich. +Dort will ich für dich zu den Göttern rufen +Um Beistand für dich, um Kraft, um Sieg. +Beten Vater, doch kämpfen nicht. +Wenn die Feinde verjagt, wenn kein Frevler mehr hier, +Dann komm' ich zurück und bleibe bei dir +Und pflege dein Alter sorglich und treu +Bis der Tod herankommt, der freundliche Gott +Und leise beschwichtigend, den Finger am Mund, +Auf seinem Kissen von Staub und Moos +Die Gedanken schlafen heißt und ruhn die Wünsche. + +Aietes. +Du willst nicht mit und ich soll dir glauben? +Ungeratene zittre!--Jason? + +Medea. +Was fragst du mich wenn du's weißt. +Oder willst du's hören aus meinem Mund +Was ich bis jetzt mir selber verbarg, +Ich mir verbarg? die Götter mir bargen. +Laß dich nicht stören die flammende Glut, +Die mir, ich fühl' es die Wangen bedeckt, +Du willst es hören und ich sag' es dir. +Ich kann nicht im Trüben ahnen und zagen +Klar muß es sein um Medea, klar! +Man sagt--und ich fühle es ist so!-- +Es gibt ein Etwas in des Menschen Wesen, +Das, unabhängig von des Eigners Willen, +Anzieht und abstößt mit blinder Gewalt; +Wie vom Blitz zum Metall, vom Magnet zum Eisen, +Besteht ein Zug, ein geheimnisvoller Zug +Vom Menschen zum Menschen, von Brust zu Brust. +Da ist nicht Reiz, nicht Anmut, nicht Tugend nicht Recht +Was knüpft und losknüpft die zaub'rischen Fäden, +Unsichtbar geht der Neigung Zauberbrücke +So viel sie betraten hat keiner sie gesehn! +Gefallen muß dir was dir gefällt +So weit ist's Zwang, rohe Naturkraft: +Doch steht's nicht bei dir die Neigung zu (rufen) +Der Neigung zu (folgen) steht bei dir, +Da beginnt des Wollens sonniges Reich +Und ich will nicht + +(Mit aufgehobener Hand.) + +Medea will (nicht)! +Als ich ihn sah, zum erstenmale sah, +Da fühlt' ich stocken das Blut in meinen Adern, +Aus seinem Aug, seiner Hand, seinen Lippen +Gingen sprühende Funken über mich aus +Und flammend loderte auf mein Innres. +Doch verhehlt' ich's mir selbst. Erst als er's aussprach, +Aussprach in der Wut seines tollen Beginnens, +Daß er liebe-- +Schöner Name +Für eine fluchenswerte Sache!-- +Da ward mir's klar und (darnach) will ich handeln. +Aber verlange nicht, daß ich ihm begegne, +Laß mich ihn fliehn--Schwach ist der Mensch +Auch der stärkste, schwach! +Wenn ich ihn sehe drehn sich die Sinne +Dumpfes Bangen überschleicht Haupt und Busen +Und ich bin nicht mehr, die ich bin. +Vertreib ihn, verjag' ihn, töt' ihn, +Ja, weicht er nicht, töt' ihn Vater +Den Toten will ich (schaun), wenn auch mit Tränen schaun +Den Lebenden nicht. + +Aietes. +Medea! + +Medea. +Was beschließest du? + +Aietes (indem er ihre Hand nimmt). +Du bist ein wackres Mädchen! + +Absyrtus (ihre andre Hand nehmend). +Arme Schwester! + +Medea. +Was beschließest du? + +Aietes. +Wohl, du sollst zurück. + +Medea. +Dank! tausend Dank! Und nun ans Werk mein Vater! + +Aietes. +Absyrtus wähl' aus den Tapfern des Heers +Und geleite die Schwester nach der Felsenkluft-- +Weißt du?--wo wir's aufbewahrten--das goldne Vließ! + +Medea. +Dorthin? Nein! + +Aietes. +Warum nicht? + +Medea. +Nimmermehr! +Dorthin, an den Ort unsers Frevels? +Rache strahlet das schimmernde Vließ. +So oft ich's versuch' in die Zukunft zu schauen +Flammt's vor mir wie ein blut'ger Komet, +Droht mir Unheil, findet's mich dort! + +Aietes. +Törin! Kein sichrerer Ort im ganzen Lande +Auch bedarf ich dein, zu hüten den Schatz +Mit deinen Künsten, deinen Sprüchen, +Dorthin oder mit mir! + +Medea. +Es sei, ich gehorche! +Aber einen Weg sende mich, wo kein Feind uns trifft. + +Aietes. +Zwei Wege sind. Einer nah am Lager des Feindes +Der andre rauh und beschwerlich, wenig betreten, +Über die Brücke führt er am Strom, den nimm Absyrtus! +Nun geht!--Hier der Schlüssel zum Falltor +Das zur Kluft führt! Nimm ihn, Medea. + +Medea. +Ich? Dem Bruder gib ihn! + +Aietes. +Dir! + +Medea. +Vater! + +Aietes. +Nimm ihn, sag' ich und reize mich nicht +Deiner törichten Grillen bin ich satt. + +Medea. +Nun wohl ich nehme! + +Aietes. +Lebe wohl! + +Medea. +Vater! + +Aietes. +Was? + +(Medea wirft sich lautschluchzend in seine Arme.) + +Aietes (weicher). +Törichtes Mädchen! + +(Er küßt sie.) + +Leb' wohl mein Kind. + +Medea. +Vater auf Wieder- Wiedersehn +Auf baldiges, frohes Wiedersehn! + +Aietes. +Nun ja, auf frohes Wiedersehn. + +(Sie mit der Hand von sich entfernend.) + +Nun geh! + +Medea (die Augen mit der Hand verhüllend). +Leb' wohl! + +(Ab mit Absyrtus.) + + + + +(Aietes bleibt nach dem Abgehen der Medea einige Augenblicke mit +gesenktem Haupt hinbrütend stehen. Plötzlich rafft er sich auf +blickt einige Male rasch um sich her und geht schnell ab.) + +(Eine waldichte Gegend an der Straße, die zum Lager der Argonauten +führt.) +Jason, Milo und Andre Argonauten kommen. + + +Milo. +Hier laßt uns halten Freunde. Die Barbaren +Verfolgen uns nicht mehr. Der Ort hier scheint bequem +Zum Angriff so, wie zur Verteidigung. +Auch ist's der einz'ge Weg, der, seit der Sturm +Die Brücken abgerissen heute Nacht, +Vom Sitze führt des Königs nach dem Innern +Und lagern wir uns hier, so schneiden wir +Ihm jeden Hilfszug ab, den er erwartet. +Geh' einer hin zur Schar der Rückgebliebnen +Und leite sie hierher. Wir warten ihrer. + +(Erster Argonaut ab.) +(Zu Jason der mit gekreuzten Armen auf und nieder geht.) + +Was überdenkst du Freund? + +Jason. +Gar mancherlei! + +Milo. +Gesteh' ich's dir? Du hast mich überrascht +Du zeigtest eine Falte deines Innern heut +Die neu mir ist. + +Jason. +Hätt' ich doch bald gesagt: +Mir auch! + +Milo. +So liebst du sie denn wirklich? + +Jason. +Lieben? + +Milo. +Du sagtest heut es mind'stens laut genug! + +Jason. +Der Augenblick entriß mir's--und gesteh! +Sie rettete mir zweimal nun das Leben. + +Milo. +Wie? zweimal? + +Jason. +Erst im Turm!-- + +Milo. +Das also war's +Was dir den Turm so teuer machte? + +Jason. +Das war's. + +Milo. +Ja so. + +Jason. +Nun denk' dir; so vollgült'gen Anspruch +Auf meinen Dank und--Milo sie ist schön-- + +Milo. +Ja, doch eine Barbarin-- + +Jason. +Sie ist gut-- + +Milo. +Und eine Zauberin dazu. + +Jason. +Ja wohl! + +Milo. +Ein furchtbar Weib mit ihren dunkeln Augen! + +Jason. +Ein herrlich Weib mit ihren dunkeln Augen! + +Milo. +Und was gedenkst du nun zu tun? + +Jason. +Zu tun? +Das Vließ zu holen, so mein Wort zu lösen, +Das andre aber heimzustellen jenen +Die oben walten über dir und mir. + +Milo. +So mag ich's gern! Beim Zeus so denkst du recht! +(Ein) Argonaut (kommt). + +Argonaut. +Links her vom Fluß sieht man sich Staub erheben, +Ein Häuflein Feinde naht heran. + +Jason. +Wie viele? + +Argonaut. +An vierzig oder fünfzig, kaum wohl mehr. + +Jason. +Laßt uns zurückziehn und am Weg verbergen, +Denn sähn sie uns, sie kämen nicht heran. +Verschwunden ist die Hoffnung zum Vergleich +So mögen denn die Schwerter blutig walten +Und die dort nahn, den Reihen führen an. +Zieht euch zurück, und haltet bis ich's sage. + +Milo. +Nur leis und sacht, daß sie uns nicht erspähn. + +(Ziehen sich alle zurück und ab.) + +(Absyrtus und Kolchische Krieger treten auf, Medea verschleiert +in ihrer Mitte.) + +Absyrtus. +Die Waffen haltet bereit zum Schlagen, +Leicht könnten wir treffen 'ne Feindesschar, +Der Weg hier führt vorbei an ihrem Lager. + +Medea + +(den Schleier zurückschlagend und vortretend). +Am Feindeslager? Warum diesen Weg? +Warum nicht den andern, mein Bruder? + +Absyrtus. +Der Sturm hat die Brücken abgerissen heut Nacht; +Jetzt erst erfuhr ich's. Aber sorge nicht! +Ich verteidige dich mit meinem Blut. +Wärst du nicht hier, ich forderte sie heraus. + +Medea. +Um aller Götter willen-- + +Absyrtus. +Ich sagte: wärst du nicht hier; +Aber nun, da du hier bist, tu' ich's nicht. +Nicht um den höchsten Preis, nicht um Kampf und Sieg, +Setzt' ich dich in Gefahr, meine Schwester! + +Medea. +So laß uns eilig vorüberziehn. + +Absyrtus. +Kommt denn! + +Jason + +(hinter der Szene). +Jetzt ist es Zeit! Greift an, ihr Freunde! + +(Hervorspringend.) + +Halt! + +Medea (aufschreiend). +Er! + +(Zu Absyrtus.) + +Laß uns fliehen, Bruder! + +Absyrtus. +Fliehen? Fechten! + +Jason (zu den andringenden Argonauten). +Wenn sie sich widersetzen, haut sie nieder! + +(Zu den Kolchern.) + +Zu Boden die Waffen! + +Absyrtus. +Du selber zu Boden! +Schließt euch Gefährten! Haltet sie aus! + +Medea. +Bruder! Hältst du so dein Versprechen? + +Absyrtus. +Versprach ich zu fliehn so verzeihn mir die Götter, +Nicht daß ich's breche, daß ich's gab das Wort! + +(Zu den Seinen). + +Weicht nicht! Der Vater ist nah, er sendet uns Hilfe! + +Jason (Medeen erblickend). +Bist du's Medea? Unverhofftes Glück! +Komm hierher! + +Medea (zu den Kolchern). +Schützet mich! + +Jason (die sich ihm entgegenstellenden Kolcher angreifend). +Ihr! aus dem Wege! +Eu'r Eisen hält nicht ab, zieht an den Blitzstrahl. + +(Die Kolcher werden zurückgedrängt, die Griechen verfolgen sie.) + +Jason. +Die Deinen fliehn. Du bist in meiner Macht! + +Medea. +Du lügst! In der Götter Macht, in meiner. +Verläßt mich alles, ich selber nicht! + +(Sie entreißt einem fliehenden Kolcher die Waffen und dringt mit +vorgehaltenem Schild und gesenktem Speer auf Jason ein.) + + +Stirb oder töte! + +Jason (indem er schonend zurückweicht). +Medea was tust du? + +Medea (näher dringend). +Töte oder stirb! + +Jason (mit einem Schwertstreich ihre Lanze zertrümmernd). +Genug des Spiels! + +(Das Schwert in die linke Hand nehmend, in welcher er den Schild +hält.) + +Was nun? + +Medea. +Treulose Götter! + +(Die abgebrochene Lanze samt dem Schild hinwerfend und einen Dolch +ziehend.) + +Noch sind mir Waffen! + +Jason (indem er Schild und Schwert von sich wirft und vor sie hintritt). +Töte mich wenn du kannst. + +Medea (mit abgewandten Gesicht, den Dolch in der Hand). +Kraft! + +Jason (weich). +Töte mich Medea, wenn du kannst! + +Medea (steht erstarrt). + +Jason. +Siehst du, du kannst's nicht, du vermagst es nicht! +Und nun zu mir! Genug des Widerstrebens! +Und weigerst du's? Versuch' es wenn du kannst. + +(Sie rasch anfassend und auf seinem Arm in die Höhe haltend.) + +So fass' ich dich, so halt' ich dich empor +Und trage dich durch unsrer Völker Streit, +Durch Haß und Tod, durch Kampfes blut'ge Wogen. +Wer wagt's zu wehren? Wer entreißt dich mir? + +Medea. +Laß mich! + +Jason. +Nicht eher bis du gütig sprichst, +Nicht eher bis ein Wort, ein Wink, ein Laut +Verrät daß du mir weichst, daß du dich gibst. + +(Zu ihr empor blickend und heftig schüttelnd.) + +Medea, dieses Zeichen! + +Medea + +(leise). +Jason! laß mich! + +Jason. +"Jason!"--Da sprachst du meinen Namen aus, +Zum ersten Male aus! O holder Klang! +"Jason!" wie ist der Name doch so schön +Seit du ihn sprachst mit deinen süßen Lippen. +Hab' Dank Medea, hab' den besten Dank! + +(Er hat sie auf den Boden niedergelassen.) + +Medea, Jason; Jason und Medea +O schöner Einklang! Dünket dir's nicht auch? +Du zitterst! Setz' dich hier! Erhole dich! + + +(Er führt Medeen zu einer Rasenbank. Sie folgt ihm und sitzt mit +vorhängendem Leibe, die Augen vor sich starr auf dem Boden, die +Hände, in denen noch der Dolch, gefaltet im Schoße.) + +Jason (steht vor ihr). +Noch immer stumm, noch immer trüb und düster? +O zage nicht; du bist in Freundes Hand. +Zwar geb' ich leicht dem Vater dich nicht wieder, +Ein teures Unterpfand ist mir sein Kind; +Doch soll dir's drum bei mir nicht schlimm ergehn, +Nicht schlimmer wenigstens als mir bei dir. +Wenn ich so vor dir steh' und dich betrachte, +Beschleicht mich ein fast wunderbar Gefühl. +Als hätt' des Lebens Grenz' ich überschritten +Und stünd' auf einem unbekannten Stern, +Wo anders die Gesetze alles Seins und Handelns, +Wo ohne Ursach' was geschieht und ohne Folge, +Da seiend weil es ist. +Dahergekommen durch ein wildes Meer, +Aus Ländern, so entfernt, so abgelegen, +Daß (Wünsche) kaum vorher die Reise wagten, +Auf Kampf und Streit gestellt, lang' ich hier an, +Und sehe dich und bin mit dir bekannt. +Wie eine Heimat fast dünkt mir dies fremde Land, +Und, abenteuerlich ich selbst, schau' ich +Verwundrungslos, als könnt' es so nur sein, +Die Abenteuer dieses Wunderbodens. +Und wieder, ist das Fremde mir bekannt, +So wird dafür mir, was bekannt, ein Fremdes. +Ich selber bin mir (Gegenstand) geworden, +Ein andrer denkt in mir, ein andrer handelt. +Oft sinn' ich meinen eignen Worten nach, +Wie eines Dritten, was damit gemeint, +Und kommt's zur Tat, denk' ich wohl bei mir selber, +Mich soll's doch wundern, was er tun wird und was nicht. +Ein einz'ges ist mir licht und das bist du, +Ja du Medea, scheint's auch noch so fremd. +Ich ein Hellene, du Barbarenbluts, +Ich frei und offen, du voll Zaubertrug, +Ich Kolchis' Feind, du seines Königs Kind +Und doch Medea, ach und dennoch, dennoch! +Es ist ein schöner Glaub' in meinem Land, +Die Götter hätten doppelt einst geschaffen +Ein jeglich Wesen und sodann geteilt; +Da suche jede Hälfte nun die andre +Durch Meer und Land und wenn sie sich gefunden, +Vereinen sie die Seelen, mischen sie +Und sind nun eins!--Fühlst du ein halbes Herz +Ist's schmerzlich dir gespalten in der Brust, +So komm--doch nein da sitzt sie trüb und düster, +Ein rauhes Nein auf meine milde Deutung, +Den Dolch noch immer in geschloßner Hand. +O fort! + +(Ihre Hand fassend und den Dolch entwendend.) + +Laßt los ihr Finger! Bunte Kränze, +Geschmeid und Blumen ziemt euch zu berühren, +Nicht diesen Stahl, gemacht für Männerhand. + +Medea (aufspringend). +Fort! + +Jason (sie zurückhaltend). +Bleib! + +Medea. +Von hier! + +Jason. +Bleib da, ich bitte dich! +Ich sage dir: bleib da! Hörst du, du sollst! +Du sollst, beim Himmel, gält' es auch dein Leben! +Wagt es das Weib, dem Mann zu bieten Trotz? +Bleib! + +(Er faßt ihre Arme mit beiden Händen.) + +Medea. +Laß! + +Jason. +Wenn du gehorchst, sonst nimmermehr! + +(Er ringt mit der Widerstrebenden.) + +Mich lüstet deines Starrsinns Maß zu kennen! + +Medea (in die Kniee sinkend). +Weh mir! + +Jason. +Siehst du? du hast es selbst gewollt. +Erkenne deinen Meister, deinen Herrn! + +(Medea liegt auf einem Kniee am Boden, auf das andre stützt sie den +Arm, das Gesicht mit der Hand bedeckend.) + + + +Jason (hinzutretend). +Steh auf!--Du bist doch nicht verletzt?--Steh auf! +Hier sitz und ruh', (vermagst) du es zu ruhn! + +(Er hebt sie vom Boden auf, sie sitzt auf der Rasenbank.) + +Jason. +Umsonst versend' ich alle meine Pfeile +Rückprallend treffen sie die eigne Brust. +Wie hass' ich dieses Land, sein rauher Hauch +Vertrocknete die schönste Himmelsblume, +Die je im Garten blühte der Natur. +Wärst du in Griechenland, da wo das Leben +Im hellen Sonnenglanze heiter spielt, +Wo jedes Auge lächelt wie der Himmel, +Wo jedes Wort ein Freundesgruß, der Blick +Ein wahrer Bote wahren Fühlens ist, +Kein Haß als gegen Trug und Arglist, kein-- +Und doch, was sprech ich? Sieh, ich weiß es wohl +Du bist nicht was du scheinen willst, Medea, +Umsonst verbirgst du dich, ich kenne dich! +Ein wahres, warmes Herz trägst du im Busen, +Die Wolken hier, sie decken eine Sonne. +Als du mich rettetest, als dich mein Kuß-- +Erschrickst du?--Sich mich an!--Als dich mein Kuß!-- +Ja deine Lippen hat mein Mund berührt, +Eh ich dich kannt', eh ich dich fast gesehn +Nahm ich mir schon der Liebe höchste Gabe; +Da fühlt' ich (Leben) mir entgegen wallen +Und du gibst trügerisch dich nun für (Stein)! +Ein wahres, warmes Herz schlägt dir im Busen +Du (liebst) Medea! + +(Medea will aufspringen.) + +Jason (sie niederziehend). +Bleib!--du liebst Medea! +Ich seh's am Sturmeswogen deiner Brust +Ich seh's an deiner Wangen Flammenglut +Ich fühl's an deines Atems heißem Wehn, +An diesem Beben fühl' ich es--du liebst, +Liebst (mich)! (Mich) wie ich (dich)!--ja wie ich (dich)! + +(Er kniet vor ihr.) + +Schlag deine Augen auf und leugne wenn du's kannst! +Blick' mich an und sag' nein!--du liebst Medea! + +(Erfaßt ihre beiden Hände und wendet die sich Sträubende gegen sich, +ihr fest ins Gesicht blickend.) + +Jason. +Du weinst! Umsonst, ich kenne Mitleid nicht +Mir Aug ins Aug, und sage: nein!--du liebst! +Ich liebe dich, du mich! Sprich's aus Medea! + +(Er hat sie ganz gegen sich gewendet. Ihr Auge trifft das seinige. +Sie schaut ihm mit einem tiefen Blick ins Auge.) + +Jason. +Dein Auge hat's gesagt, nun auch der Mund! +Sprich's aus Medea, sprich es aus: ich liebe! +Fällt dir's so schwer ich will dich's lehren, Kind. +Sprich's nach: ich liebe dich! + +(Er zieht sie an sich; sie verbirgt dem Zuge folgend das Gesicht in +seinen Haaren.) + +--Und noch kein Wort! +Kein Wort, obschon ich sehe, wie der Sturm +An deines Innern festen Säulen rüttelt. +Und doch kein Wort! + +(Aufspringend.) + +So hab' es Störrische! +Geh! Du bist frei, ich halte dich nicht mehr! +Kehr' wieder zu den Deinigen zurück, +Zu ihren Menschenopfern, Todesmahlen, +In deine Wildnis, Wilde kehr' zurück, +Geh! Du bist frei; ich halte dich nicht mehr! + +Aietes (von innen). +Hierher, Kolcher, hierher! + +Jason. +Dein Vater naht. +Sei froh, ich weigre dich ihm nicht. +Argonauten (kommen weichend. +Hinter ihnen) Aietes, Absyrtus (und) Kolcher(, die sie verfolgen.) + +Aietes (auftretend). +Braucht eure Waffen, wackre Genossen! +Wo ist mein Kind? + +Absyrtus. +Dort Vater sitzt sie. + +Aietes (zu Jason). +Verruchter Räuber, mein Kind gib mir zurück! + +Jason. +Wenn du mich bittest, nicht wenn du mir drohst. +Dort ist dein Kind. Nimm sie und führ' sie heim. +Nicht weil Du willst, weil sie will und weil ich will. + +(Zu Medeen hintretend und sie anfassend.) + +Steh auf Medea! Komm! Hier ist dein Vater! +Du sehntest dich nach ihm; hier ist er nun. +Verhüten es die Götter, daß ich hier +Zurück dich hielte wider deinen Willen. +Was zitterst du? du hast es selbst gewollt. + +(Er führt die Wankende zu ihrem Vater und gibt sie ihm in die Arme.) + +Hier Vater ist dein Kind. + +Aietes (Medeen empfangend, die das Gesicht auf seiner Schulter verbirgt). +Medea! + +Absyrtus. +Schwester! + +Jason. +Nun König, rüste dich zum Todeskampf! +Die Bande, die mich hielten sind gesprengt, +Zerronnen ist der schmeichelhafte Wahn, +Der mir der Tatkraft Sehnen abgespannt. +Mit ihr, die jetzo ruht in deinem Arm, +Legt' ich den Frieden ab und atme Krieg. +Auf, rüste dich, es gilt dein Heil und Leben! + +(Zu Medeen.) + +Du aber, die hier stumm und bebend liegt, +Das Angesicht so feindlich abgewandt, +Leb' wohl! Wir scheiden jetzt auf immerdar. +Es war ein Augenblick, wo ich gewähnt, +Du könntest fühlen, könntest mehr als hassen, +Wo ich geglaubt, die Götter hätten uns +Gewiesen an einander, dich und mich. +Das ist nunmehr vorbei. So fahre hin! +Du hast das Leben zweimal mir gerettet, +Das dank' ich dir und werd' es nie vergessen. +In ferner Heimat und nach langen Jahren +Will ich's erzählen in dem Kreis der Freunde. +Und frägt man mich und forscht: wem gilt die Träne, +Die fremd dir da im Männerauge funkelt? +Dann sprech' ich wohl in schmerzlicher Erinnrung: +Medea hieß sie; schön war sie und herrlich, +Allein ihr Busen barg kein Herz. + +Aietes. +Medea +Was ist? Feucht liegt dein Gesicht auf meiner Schulter. +Weinst du? + +Jason. +Du weinst? Laß mich die Tränen sehn, +O laß mich's glauben, daß du weinen kannst. +Blick' noch einmal nach mir, es ist das letztemal; +Ich will den Blick mittragen in die Ferne. +Denk' doch, es ist zum letzten- letztenmal. + +(Er faßt ihre herabhängende Hand.) + +Aietes. +Wagst du's, zu berühren ihre Hand? + +Jason (indem er ihre Hand fahren läßt). +Sie will nicht. Nun wohlan, so sei es denn! +Du siehst mich nimmermehr auf dieser Erde. +Leb' wohl Medea, leb' auf ewig wohl! + +(Er geht rasch.) + +Medea (das Gesicht hinwendend und den Arm ihm nachstreckend). +Jason! + +Jason (umkehrend). +Das war's! Medea! Komm zu mir! + +(Auf sie zueilend und ihre Hand fassend.) + +Zu mir! + +Aietes (sie an der andern Hand haltend). +Verwegner, fort! + +Jason (Aietes' Hand wegschleudernd und Medeen an sich reißend). +Wagst du's Barbar! +Sie ist mein Weib! + +Aietes. +Sein Weib?--Du schweigst Verworfne? + +Jason (Medeen auf die andere Seite führend). +Hierher Medea, fort von diesen Wilden. +Von nun an bist du mein und keines Andern! + +Aietes. +Medea, du weigerst dich nicht? du folgst ihm? +Stößt ihm nicht den Stahl in die frevelnde Brust? +Verruchte, war's vielleicht dein eignes Werk? + +(Auf Jason eindringend.) + +Meine Tochter gib mir, mein verlocktes Kind! + +Medea (sich zwischen beide werfend). +Vater, töt' ihn nicht! Ich lieb' ihn! + +Jason. +Er konnte dir's entreißen und ich nicht! + +Aietes. +Schamlose! Du selbst gestehst's? Gestehst deine Schande? +O, daß ich nicht merkte die plumpe List, +Daß ich selbst sie sandte in seinen Arm, +Vertrauend der Väter Blut in ihren Adern! + +Jason. +Darfst du sie schmähen? + +Medea. +Höre mich Vater! +Es ist geschehn was ich fürchtete. Es ist. +Aber laß uns klar sein, Vater, klar! +In schwarzen Wirbeln dreht sich's um mich +Aber ich will hindurch, empor aus Dunkel und Nacht. +Noch läßt sich's wenden, ab sich wenden. Höre mich! + +Aietes. +Was soll ich hören? Ich habe gesehn! + +Medea. +Vater! Vernicht' uns nicht alle. +Löse den Zauber, beschwichtige den Sturm! +Heiß ihn dableiben, den Führer der Fremden, +Nimm ihn auf, nimm ihn an! +An deiner Seite herrsch' er in Kolchis, +Dir befreundet, dein Sohn! + +Aietes. +Mein Sohn? Mein Feind. +Tod ihm, und dir, wenn du nicht folgst! +Willst du mit mir? Sprich! Willst du oder nicht? + +Medea. +Höre mich. + +Aietes. +Willst du, oder nicht? + +Absyrtus. +Gönn' ihr zu sprechen, Vater! + +Aietes. +Ja oder nein? +Laß mich Sohn!--Willst du?--Sie kommt nicht.--Schlange! + +(Er holt mit dem Schwert aus.) + +Jason (sich vor sie hinstellend). +Du sollst sie nicht verletzen! + +Absyrtus (zugleich dem Vater in den Arm fallend). +Vater, was tust du? + +Aietes. +Du hast recht. Nicht sterben soll sie, leben; +Leben in Schmach und Schande; verstoßen, verflucht, +Ohne Vater, ohne Heimat, ohne Götter! + +Medea. +Vater! + +Aietes. +Du hast mich betrogen, verraten. +Bleib! Nicht mehr betreten sollst du mein Haus. +Ausgestoßen sollst du sein, wie das Tier der Wildnis, +Sollst in der Fremde sterben, verlassen, allein. +Folg' ihm, dem Buhlen, nach in seine Heimat, +Teile sein Bett, sein Irrsal, seine Schmach; +Leb' im fremden Land, eine Fremde, +Verspottet, verachtet, verhöhnt, verlacht; +Er selbst, für den du hingibst Vater und Vaterland +Wird dich verachten, wird dich verspotten, +Wenn erloschen die Lust, wenn gestillt die Begier; +Dann wirst du stehn und die Hände ringen, +Sie hinüberbreiten nach dem Vaterland, +Getrennt durch weite, brandende Meere, +Deren Wellen dir murmelnd bringen des Vaters Fluch! + +Medea (knieend). +Vater! + +Aietes. +Zurück! Ich kenne dich nicht! +Komm, mein Sohn! Ihr Anblick verpestet, +Ihre Stimme ist Todeslaut meinem Ohr. +Umklammre nicht meine Kniee, Verruchte! +Sieh ihn dort, ihn, den du gewählt; +Ihm übergeb' ich dich; +Er wird mich rächen, er wird dich strafen, +Er selber, früher als du denkst. + +Medea. +Vater! + +Aietes + +(indem er die Knieende von sich stößt, daß sie halbliegend +zurücksinkt). +Weg deine Hand, ich kenne dich nicht! +Fort mein Sohn, mein einziges Kind! +Fort mein Sohn aus ihrer Nähe! + +(Ab mit Absyrtus und Kolchern.) + +Jason. +Flieh nur Barbar, der Rach' entgehst du nicht! + +(Zu den Argonauten.) + +Nun Freunde gilt's; die Waffen haltet fertig +Zum letzten Streich, der Sieg bringt oder Tod. + +(Auf Medeen zeigend.) + +Sie kennt das Vließ, den Ort, der es verbirgt, +Mit ihr vollbringen wir's und dann zu Schiff. + +(Zu Medeen hintretend, die noch auf eine Hand gestützt, die andre +über die Stirne gelegt am Boden liegt.) + +Steh auf Medea, er ist fort.--Steh auf! + +(Er hebt sie auf.) + +Hier bist du sicher. + +Medea (die sich in seinen Armen aufgerichtet hat, aber mit einem Kniee +noch am Boden liegt). +Jason, sprach er wahr? + +Jason (sie ganz aufhebend). +Denk' nicht daran! + +Medea (scheu an ihn geschmiegt). +O Jason, sprach er wahr? + +Jason. +Vergiß was du gehört, was du gesehn, +Was du gewesen bist auf diese Stunde. +Aietes' Kind ist Jasons Weib geworden, +An dieser Brust hängt deine Pflicht, dein Recht. +Und wie ich diesen Schleier von dir reiße, +Durchwoben mit der Unterird'schen Zeichen, +So reiß' ich dich von all den Banden los, +Die dich geknüpft an dieses Landes Frevel. +Hier Griechen eine Griechin! Grüßet sie! + +(Er reißt ihr den Schleier ab.) + +Medea (darnach fassend). +Der Götter Schmuck! + +Jason. +Der Unterird'schen! Fort! +Frei wallt das Haar nun um die offne Stirn; +So frei und offen bist du Jasons Braut. Nun nur noch eins und dann +zu Schiff und fort. +Das Vließ, du kennst's, zeig' an mir, wo es liegt! + +Medea. +Ha schweig! + +Jason. +Warum? + +Medea. +Sprich nicht davon! + +Jason. +Mein Wort hab' ich gegeben, es zu holen +Und ohne Siegespreis kehrt Jason nicht zurück. + +Medea. +Ich sage dir, sprich nicht davon! +Ein erzürnter Gott hat es gesendet, +Unheil bringt es, (hat) es gebracht! +Ich bin dein Weib! Du hast mir's entrissen, +Aus der Brust gerissen das zagende Wort, +Ich bin dein, führe mich wohin du willst +Aber kein Wort mehr von jenem Vließ! +In vorahnender Träume dämmerndem Licht +Haben mir's die Götter gezeigt +Gebreitet über Leichen, +Besprützt mit Blut, +Meinem Blut! +Sprich nicht davon! + +Jason. +Ich aber muß, nicht sprechen nur davon, +Ich muß es holen, folge was da wolle. +Drum laß die Furcht und führ' mich hin zur Stelle +Daß ich vollende, was mir auferlegt. + +Medea. +Ich? Nimmermehr! + +Jason. +Du willst nicht? + +Medea. +Nein! + +Jason. +Und weigerst du mir Beistand, hol' ich's selbst. + +Medea. +So geh! + +Jason (sich zum Fortgehen wendend.) +Ich gehe. + +Medea (dumpf). +Geh--in deinen Tod! + +Jason. +Kommt Freunde, laßt den Ort uns selbst erkunden! + +(Er geht.) + +Medea. +Jason! + +Jason (wendet sich um). +Was ist? + +Medea. +Du gehst in deinen Tod! + +Jason. +Kam ich hierher und fürchtete den Tod? + +Medea (auf ihn zueilend und seine Hand fassend). +Ich sage dir, du stirbst. + +(Halblaut.) + +In der Höhle liegt's verwahrt, +Verteidigt von allen Greueln +Der List und der Gewalt. +Labyrinthische Gänge, +Sinnverwirrend, +Abgründe, trügerisch bedeckt, +Dolche unterm Fußtritt, +Tod im Einhauch, +Mord in tausendfacher Gestalt, +Und das Vließ, am Baum hängt's, +Giftbestrichen, +Von der Schlange gehütet, +Die nicht schläft, +Die nicht schont, +Unnahbar. + +Jason. +Ich hab' mein Wort gegeben und ich lös' es. + +Medea. +Du gehst? + +Jason. +Ich geh'! + +Medea + +(sich ihm in den Weg werfend). +Und wenn ich hin mich werfe +Flehend deine Kniee umfass' und rufe: +Bleib! bleib! + +Jason. +Nichts hält mich ab! + +Medea. +O Vater, Vater! +Wo bist du? Nimm mich mit! + +Jason. +Was klagst du? +Wohl eher wär' das Recht zu klagen mir. +Ich tue was ich muß, du hast zu wählen. +Du weigerst dich und so geh' ich allein. + +(Er geht.) + +Medea. +Du gehst? + +Jason. +Ich geh'! + +Medea. +Trotz allem was ich bat, +Doch gehst du? + +Jason. +Ja! + +Medea (aufspringend). +So komm! + +Jason. +Wohin? + +Medea. +Zum Vließ, +Zum Tod!--Du sollst (allein) nicht sterben, +Ein Haus, Ein Leib und Ein Verderben! + +Jason (sich ihr nähernd). +Medea! + +Medea (ausweichend). +Die Liebkosung laß +Ich habe sie erkannt!--O Vater! Vater! +So komm, laß uns holen was du suchst; +Reichtum, Ehre, +Fluch, Tod! +In der Höhle liegt's verwahrt +Weh dir, wenn sich's offenbart! +Komm! + +Jason (ihre Hand fassend). +Was quält dich? + +Medea (indem sie ihre Hand aufschreiend wegzieht). +Ah!--Phryxus!--Jason! + +Jason. +Um aller Götter willen! + +Medea. +Komm! Komm! + +(Huscht fort mit weit aufgerissenen Augen vor sich hinstarrend. +Die andern folgen.) + +(Der Vorhang fällt.) + + + + +Vierter Aufzug + +(Das Innere einer Höhle. Kurzes Theater. Im Vorgrunde rechts das +Ende einer von oben herabführenden Treppe. In der Felsenwand des +Hintergrunds ein großes, verschlossenes Tor.) + + +Medea (steigt, in der einen Hand einen Becher in der andern eine Fackel +die Treppe herab). +Komm nur herab! Wir sind am Ziel! + +Jason (oben, noch hinter der Szene). +Hierher das Licht! + +Medea (die Stiege hinaufleuchtend). +Was ist? + +Jason (mit gezogenem Schwerte auftretend und die Stiege eilig +herabsteigend). +Es strich an mir vorbei! Halt! Dort! + +Medea. +Was? + +Jason. +An der Pforte steht's den Eingang wehrend. + +Medea (hinleuchtend). +Sieh, es ist nichts und niemand wehrt dir Eingang, +Wenn du nicht selbst. + +(Sie setzt den Becher weg und steckt die Fackel in einen Ring am +Treppengeländer.) + +Jason. +Du bist so ruhig. + +Medea. +Und du bist's nicht! + +Jason. +Als es noch nicht begonnen +Als ich's nur wollte, bebtest du, und nun-- + +Medea. +Mir graut, daß du es willst, nicht daß du's tust. +Bei dir ist's umgekehrt. + +Jason. +Mein Aug ist feig, +Mein Herz ist mutig.--Rasch ans Werk!--Medea! + +Medea. +Was starrst du ängstlich? + +Jason. +Bleicher Schatten, weiche! +Laß frei die Pforte, du hältst mich nicht ab. + +(Auf die Pforte zugehend.) + +Ich geh' trotz dir, durch dich zum Ziel--nun ist er fort! +Wie öffnet man das Tor? + +Medea. +Ein Schwerthieb an die Platte +Dort in der Mitte öffnet es. + +Jason. +Gut denn! +Du wartest meiner hier. + +Medea. +Jason! + +Jason. +Was noch? + +Medea (weich und schmeichelnd). +Geh nicht! + +Jason. +Du reizest mich! + +Medea. +Geh nicht o Jason! + +Jason. +Hartnäckige kann nichts dich denn bewegen, +Zu opfern meinem Entschluß deinen Wahn? + +Medea. +Man ehrt den Wahn auch dessen, den man liebt. + +Jason. +Genug nunmehr, ich will! + +Medea. +Du willst? + +Jason. +Ich will. + +Medea. +Und nichts vermag dagegen all mein Flehn? + +Jason. +Und nichts vermag dagegen all dein Flehn. + +Medea. +Und auch mein Tod nichts? + +(Sie entreißt ihm durch eine rasche Bewegung das Schwert.) + +Sieh! dein eignes Schwert +Gekehrt ist's gegen meine Brust. Ein Schritt noch weiter +Und vor dir liegt Medea kalt und tot. + +Jason. +Mein Schwert! + +Medea. +Zurück! Du ziehst's aus meiner Brust! +Kehrst du zurück? + +Jason. +Nein! + +Medea. +Und wenn ich mich töte? + +Jason. +Beweinen kann ich dich, rückkehren nicht. +Mein Höchstes für mein Wort und wär's dein Leben! + +(Auf sie zugehend.) + +Gib Raum, Weib, und mein Schwert! + +Medea (indem sie ihm das Schwert gibt). +So nimm es hin +Aus meiner Hand, du süßer Bräutigam! +Und töte dich und mich!--Ich halte dich nicht mehr! + +Jason (auf die Pforte zugehend). +Wohlan! + +Medea. +Halt! Eins noch! Willst du jetzt schon sterben? +Das Vließ, am heiligen Baum +Ein Drache hütet's, grimm, +Unverwundbar seine Schuppenhaut, +Alldurchdringend sein Eisenzahn, +Du besiegst ihn nicht. + +Jason. +Ich ihn, oder er mich. + +Medea. +Grausamer, Unmenschlicher! +Oder er dich! und du gehst? + +Jason. +Wozu die Worte? + +Medea. +Halt! +Den Becher hier nimm! +Vom Honig des Berges +Dem Tau der Nacht, +Und der Milch der Wölfin +Brauset drin gegoren ein Trank. +Setz' ihn hin wenn du eintrittst, +In der Ferne stehend. +Und der Drache wird kommen, +Nahrung suchend, +Zu schlürfen den Trank. +Dann tritt hin zum Baume +Und nimm das Vließ--Nein, nimm's nicht, +Nimm's nicht und bleib! + +Jason. +Törin! Her den Trank! Gib! + +(Er nimmt ihr den Becher aus der Hand.) + +Medea (um seinen Hals fallend). +Jason!--So küss' ich dich und so, und so, und so! +Geh in dein Grab und laß auch Raum für mich! +Bleib! + +Jason. +Laß mich Weib! Mir schallt ein höhrer Ruf! + +(Gegen die Pforte zugehend.) + +Und bärgest du des Tartarus Entsetzen, +Ich steh' dir! + +(Er haut mit dem Schwerte gegen die Pforte.) + +Tut euch auf, ihr Pforten!--Ah! + +(Die Pforten springen auf und zeigen eine innere schmälere Höhle, +seltsam beleuchtet. Im Hintergrunde ein Baum. An ihm hängt +hellglänzend das goldene Vließ. Um Baum und Vließ windet sich eine +ungeheure Schlange, die beim Aufspringen der Pforte ihr in dem +Laube verborgenes Haupt hervorstreckt und züngelnd vor sich hin +blickt.) + +(Jason fährt aufschreiend zurück und kommt wieder in den Vorgrund.) + + + +Medea (wild lachend). +Bebst du? Schauert dir das Gebein? +Hast's ja gewollt, warum gehst du nicht? +Starker, Kühner, Gewaltiger! +Nur gegen mich hast du Mut? +Bebst vor der Schlange? Schlange! +Die mich umwunden, die mich umstrickt, +Die mich verderbt, die mich getötet! +Blick' hin, blick's an das Scheusal +Und geh und stirb! + +Jason. +Haltet aus meine Sinne, haltet aus! +Was bebst du Herz? Was ist's mehr als sterben? + +Medea. +Sterben? Sterben? Es gilt den Tod! +Geh hin mein süßer Bräutigam, +Wie züngelt deine Braut! + +Jason. +Von mir weg, Weib, in deiner Raserei! +Mein Geist geht unter in des deinen Wogen! + +(Gegen das Tor zu.) + +Blick' nur nach mir; du findest deinen Mann! +Und wärst du zehnmal scheußlicher, hier bin ich! + +(Er geht drauf los.) + +Medea. +Jason! + +Jason. +Hinein! + +Medea. +Jason! + +Jason. +Hinein! + +(Er geht hinein, die Pforten fallen hinter ihm zu.) + +Medea (schreiend an die nunmehr geschlossene Pforte hinstürzend). +Er geht! Er stirbt. + +Jason (von innen). +Wer schloß die Pforte zu? + +Medea. +Ich nicht! + +Jason. +Mach' auf! + +Medea. +Ich kann nicht.--Um aller Götter willen! +Setz' hin die Schale, zaudre nicht! +Du bist verloren wenn du zauderst. +--Jason!--Hörst du mich?--Setz' hin die Schale!-- +Er hört mich nicht!--Er ist am Werk! +Am Werk!--Hilfe, Ihr dort oben! +Schaut herab auf uns, ihr Götter! +Doch nein, nein, schaut nicht herab +Auf die schuldige Tochter, +Der Schuldigen Gemahl; +Ich schenk' euch die Hilfe, ihr mir die Rache! +Kein Götteraug seh' es, +Dunkel hülle die Nacht +Unser Tun und uns! +Jason lebst du?--Antwort gib! +Gib Antwort!--Alles stumm +Alles tot!--Ha?--Er ist tot! +Er spricht nicht, ist tot.--tot. + +(Sie sinkt an der Türe nieder.) + +Liegst du mein Bräutigam? Laß Raum, +Raum für die Braut! + +Jason (inwendig, schreckhaft). +Ah! + +Medea (aufspringend). +Das war seiner Stimme Klang! Er lebt! +Ist in Gefahr! Zu ihm! Auf, Pforte, auf! +Wähnst du zu widerstehn? Ich spotte dein! +Auf! + +(Sie reißt mit einem Zuge gewaltsam beide Torflügel auf.) + +Jason (stürzt wankend heraus, das Vließ als Banner auf einer Lanze +tragend.) + +Medea. +Lebst du? + +Jason. +Leben?--Leben?--Ja!--Zu! zu da! + +(Er schließt ängstlich die Pforte zu.) + +Medea. +Und hast das Vließ? + +Jason (es weit von sich weghaltend). +Berühr's nicht! Feuer! Feuer! + +(Seine Rechte mit ausgestreckten Fingern hinhaltend.) + +Sieh hier die Hand--wie ich's berührt--verbrannt! + +Medea (seine Hand nehmend). +Das ist ja Blut! + +Jason. +Blut? + +Medea. +Auch am Haupte Blut. +Hast dich verletzt? + +Jason. +Weiß ich's?--Nun komm! Nun komm! + +Medea. +Hast du's vollführt, wie ich's gesagt? + +Jason. +Ja wohl. +Die Schale stellt' ich hin, mich selber seitwärts +Und harrte schnaufend. Rufen hört' ich, doch +Nicht zu erwidern wagt' ich vor dem Tier. +Das hob sich blinkend auf und, und schon wähnt' ich +Auf mich hin schieb' es rauschend seine Ringe; +Allein der Trank war's, den das Untier suchte, +Und weit gestreckt in durstig langen Zügen +Sog, meiner nicht mehr achtend, es den Trank. +Bald, trunken oder tot lag's unbeweglich. +Ich rasch hervor vom marternden Versteck, +Zum Baum hin und das Vließ--hier ist's--Nun fort! + +Medea. +So komm, und schnell! + +Jason. +Als ich's vom Baume holte, +Da rauscht' es auf, wie seufzend, durch die Blätter +Und hinter mir riefs: Wehe! +Ha?--Wer ruft? + +Medea. +Du selbst! + +Jason. +Ich? + +Medea. +Komm! + +Jason. +Wohin? + +Medea. +Fort! + +Jason. +Fort, ja fort! +Geh du voran, ich folge mit dem Vließ +Geh nur! Geh, zaudre nicht! Voraus! Voran! + +(Beide ab, die Treppe hinauf.) + +(Freier Platz vor der Höhle. Im Hintergrunde die Aussicht aufs +Meer, die auf der rechten Seite durch einen am Ufer liegenden Hügel +verdeckt wird, hinter dem, nur mit den Masten und dem Vorderteile +sichtbar, das Schiff der Argonauten liegt.) +Milo, Argonauten, (teils mit Arbeiten des Einschiffens beschäftigt, +teils als Wachen und ruhend gruppiert.) + +Milo. +Das Schiff ist hergezogen. Gut. Doch hört! +Nicht Anker ausgeworfen! Hört ihr? (Nicht)! +Der Augenblick kann uns die Abfahrt bringen +Und ob's zum lichten Zeit dann, weiß ich nicht. + +(Auf und ab gehend.) + +Er kommt noch immer nicht. Daß er ihr traute! +Ich hab' ihn wohl gewarnt. Doch hört er Warnung? +Sonst ja, daheim, da horcht' er meiner Rede +Und tat auch was ihm riet mein treuer Mund +So folgsam, so ein Kind, und doch ein Mann. +Doch hier ist er verwandelt ganz und gar +Verwandelt gleich--uns allen, sagt' ich schier, +Vom gift'gen Anhauch dieses Zauberbodens. +O dieses Weib! Mir graut denk' ich an sie. +Wie sie so dastand mit den dunkeln Brauen +Gleich Wetterwolken an der finstern Stirn, +Das Augenlid gesenkt, im düstern Sinnen: +Nun hob sich's und wie Wetterleuchten fuhr +Der Blick hervor und faßt' und schlug und traf.-- +Ihn traf er!--Nu die Götter mögen's wenden. Was bringen dort die +Beiden. Griechen sind's. +Ein Weib! Gebunden! Memmen ihr!--Holla! + +Zwei Griechen (treten auf,) +Gora (mit gebundenen Händen in ihrer Mitte.) + +Milo. +Was ist? Was bindet ihr das Weib!--Gleich löst sie! + +Soldat. +Das Weib da kam an unsre Vorwacht, Herr +Und fragte nach--nu nach der Kolcherin +Die heut wir fingen. + +Gora. +Kolcherin? +Ha Sklav', Medea ist's, +Des Kolcherfürsten Tochter. +Wo habt ihr sie? + +Soldat. +Wir wollten sie nicht lassen, daß sie nicht +Dem Feinde Kundschaft gäb' von unsrer Lagrung +Allein sie wehrt' es und fast männlich, Herr. +Da banden wir sie, weil sie sich nicht fügte, +Und bringen sie euch her! + +Milo. +Löst ihre Bande! + +(Es geschieht.) + +Gora. +Wo ist Medea? Wo ist mein Kind? + +Milo. +Dein Kind? + +Gora. +Ich hab' sie gesäugt gepflegt. +Als eine Mutter mein Kind. Wo habt ihr sie? +Sie sagen: freien Willens sei sie geblieben +Bei euch in eures Lagers Umfang; +Aber 's ist Lüge, ich kenne Medea +Ich kenne mein Kind. +Gefangen haltet ihr sie zurück. +Gebt sie heraus! Wo ist sie? + +Milo. +Ganz gut kommst als Genossin du für sie +Leicht fände sie sich einsam unter Menschen. +Bringt sie ins Schiff! + +Gora. +So weilt sie dort? + +Milo. +Geh nur! +Zu bald wirst du sie noch erblicken!--Geh! + +Gora (die abgeführt wird). +Ins Meer, nicht in das Schiff, wenn ihr mich täuscht. + +(Ab.) + +Milo + +(ihr nachschauend). +Ha! bringen wir die wilden Tiere alle +Nach Griechenland, ich sorge, man erdrückt uns, +Die Seltenheit zu sehn!--Und Er kommt nicht! + +(Man hört dumpfe Schläge unter der Erde.) + +Was ist das?--Horch!--Speit auch der Boden Wunder? +Versucht's der Feind?-- + +(Gegen die Krieger, das Schwert ziehend.) + +Holla! zur Hand! + +(Die Krieger greifen nach ihren Waffen.) + +Milo. +Die Erde hebt sich!--Was geschieht noch alles? +(Eine Falltüre öffnet sich am Boden.) Medea (steigt herauf.) + +Medea. +Hier ist der Tag. + +(Nachdem sie ganz heroben ist.) + +Und hier die Deinen. +Ich hielt was ich versprach. +Jason (mit dem Vließ-Banner steigt auch herauf. +Medea läßt die Falltüre nieder.) + +Milo + +(auf ihn zueilend und seine Hand nehmend). +Du bist es Jason! +Du! + +Jason (der mit gebeugtem Kopf dagestanden, emporblickend). +Jason!--Wo?--Ja so! Ja, ja! + +(Ihm die linke Hand reichend. In der rechten hält er das Banner.) + +Freund Milo! + +Milo (im Vortreten). +Und mit dem Vließ? + +Jason (schreckhaft sich umsehend). +Ha!--Mit dem Vließ!-- + +(Es hinhaltend.) + +Hier ist's! + +(Sich noch einmal umsehend.) + +Ein widerlicher Mantel dort, der graue +Und drein gehüllt der Mann bis an die Zähne. + +(Auf ihn zugehend.) + +Borg' mir den Mantel, Freund! + +(Der Soldat gibt den Mantel.) + +Ich kenne dich +Du bist Archytas aus Korinth. Ja, ja +Ein lust'ger Kauz, ein (Geist) mit Fleisch und Blut! + +(Ihn an der Schulter anfassend.) + +Mit Fleisch und Blut! + +(Widerlich lachend.) + +Ha! ha!--Ich dank' dir Freund! + +Milo. +Wie sonderbar-- + +Jason + +(den Mantel um das Vließ hüllend). +Wir wollen das verhüllen, +So--und hier aufbewahren bis wir's brauchen. + +(Er legt das Vließ hinter ein Felsenstück, auf das sich Medea +sinnend gesetzt hat.) + +Was sinnest du Medea, sinnest jetzt? +Laß uns die Überlegung aufbewahren +Als Zeitvertreib auf langer Überfahrt. +Komm her mein Weib, mir angetraut +Bei Schlangenzischen unterm Todestor. + +Milo (sich zu Medea wendend). +Das Schiff dort birgt, was dir willkommen wohl. +Ein Weib, Medeens Pflegerin sich nennend +Ward eingebracht-- + +Medea. +Gora.--Zu ihr! + +Jason (rauh). +Bleib da! + +(Medea erschrocken die Hände auf Brust und Stirn legend, bleibt +stehen.) + +Jason (milder). +Ich bitte dich bleib da! + +(Indem er sie zurückführt.) + +Geh nicht Medea! + +(Sie wirft einen scheuen Blick auf ihn.) + +Entwöhne dich vom Umgang jener Wilden +Dafür an unseren gewöhne dich! +Wir sind jetzt Eins, wir müssen einig denken. + +Milo. +Kommt jetzt zu Schiff! + +Jason. +Ja, ja! Komm mit Medea! +Wie lau die Feinde sind! Ich hätte Lust +Zu fechten, fechten. Doch sie schlafen scheint es! + +Absyrtus + +(hinter der Szene). +Hierher! + +Milo. +Sie schlafen nicht. + +Jason. +So besser! Schließt euch! +Zieht gegen unser Fahrzeug euch zurück. +Wir wollen unser Angedenken ihnen +Zum Abschied noch erneun auf immerdar. + +(Er rafft das verhüllte Vließ auf.) + +Medea, in den Kreis und zittre nicht! +Absyrtus (tritt mit) Kolchern (auf.) + +Absyrtus. +Hier ist sie! Komm zu mir! Medea! Schwester! + +Medea (die bei seinem Eintritt ihm unwillkürlich einige +Schritte entgegen gegangen ist, jetzt stehen bleibend). +Wohl deine Schwester, doch Medea nicht! + +Jason. +Was weilst du dort? Tritt wieder her zu uns! + +Absyrtus (mitleidig zu ihr tretend). +So wär' es wahr denn, was sie alle sagen +Und ich nicht glauben konnte bis auf jetzt. +Du wolltest ziehen mit den fremden Männern? +Verlassen unsre Heimat, unsern Herd +Den Vater und mich Medea +Mich, der dich so liebt, du arme Schwester! + +Medea (an seinen Hals stürzend). +O Bruder! Bruder! + +(Mit tränenerstickter Stimme.) + +O mein Bruder! + +Absyrtus. +Nein es ist nicht wahr!--Du weinst! +Ich muß auch weinen. Doch was tut's? +Ich schäme mich der Tränen nicht Genossen +Im K a m p f will ich zeigen, was ich wert. +Weine nicht Schwester, komm mit mir! + +Medea (an seinem Halse, kaum vernehmlich). +O könnt' ich gehn mit dir! + +Jason (hinzutretend). +Du willst mit ihm? + +Medea (furchtsam). +Ich? + +Jason. +Du sagtest's! + +Medea. +Sagt' ich etwas Bruder? +Nein, ich sagte nichts! + +Absyrtus. +Wohl sagtest du's, und komm, o komm, +Ich führe dich zum Vater, er verzeiht! +Schon hat ihn mein Flehen halb erweicht; +Gewiß verzeiht er, noch ist nichts geschehn, +Die Fremden, sie fanden's noch nicht das Vließ. + +Medea (sich entsetzt aus seinen Armen losreißend). +Nicht? + +(Schaudernd.) + +Sie haben's! + +Jason (indem er die Hülle von dem Vließ reißt und es +hochgeschwungen vorzeigt). +Hier! + +Absyrtus. +Das Vließ! + +(Zu Medeen.) + +So hast du uns denn doch verraten +Geh hin in Unheil denn und in Verderben! + +(Zu Jason.) + +Behalt sie, doch das Vließ gib mir heraus! + +Jason. +Du schwärmst mein junger Fant! Mach' dich von hinnen, +Und sag' dem Vater was du hier gesehn. +Nehm' ich die Tochter, schenk' ich ihm den Sohn! + +Absyrtus. +Das Vließ! + +Jason. +Ich will dein Blut nicht. Schweig und geh! +Mit Drachen ist mein Arm gewohnt zu kämpfen, +Mit Toren nicht wie Du: Geh sag' ich geh! + +Absyrtus (eindringend). +Das Vließ. + +Jason (ausweichend). +Mir zu begegnen ist gefährlich, +Denn ich bin grimmig wie der grimme Leu. + +Absyrtus. +Das Vließ! + +Jason. +So hab's! + +(Er haut, über die linke Schulter ausholend mit einem grimmigen +Seitenhieb auf Absyrtus, daß Helm, Schild und Schwert ihm rasselnd +entfallen, er selbst aber, obschon unverwundet, taumelnd +niederstürzt.) + +Medea + +(bei dem Fallenden auf die Kniee stürzend und sein Haupt in ihrem +Schoß verbergend). +Halt ein! + +Jason. +Ich töt' ihn nicht! +Allein gehorchen muß er, (muß--gehorchen)! + +Medea (Absyrtus aufrichtend). +Steh auf! + +(Er ist aufgestanden und lehnt sich betäubt an ihre Brust.) + +Medea. +Bist du verletzt? + +Absyrtus (matt). +Es schmerzt!--Die Stirn! + +Medea (ihre Lippen auf seine Stirne pressend). +Mein Bruder! + +Milo + +(der früher spähend abgegangen ist, kommt jetzt eilig zurück). +Auf! Die Feinde nahen! Auf! +In großer Zahl, der König an der Spitze! + +Medea (ihren Bruder fester an sich drückend). +Mein Vater! + +Absyrtus (matt). +Unser Vater! + +Jason (zu den Beiden). +Ihr, zurück! + +Milo (auf Absyrtus zeigend). +Der Sohn sei Geisel gegen seinen Vater +Bringt ihn dort auf die Höh' zum Schiff hinauf! + +Absyrtus (matt die ihn Anfassenden abwehren wollend). +Berührt ihr mich? + +Medea. +O laß uns gehn, mein Bruder! + +(Sie werden auf die Höhe gebracht.) + +Jason. +Hinan, ins Schiff und spannt die Segel auf. +Aietes (kommt mit bewaffneten) Kolchern. + +Aietes (hereinstürzend). +Haltet ein! Meine Kinder! Mein Sohn! + +Absyrtus (oben am Hügel sich loszumachen strebend). +Mein Vater! + +Jason (den Hügel hinauf rufend). +Haltet ihn! + +(Zu Aietes.) + +Er bleibt bei mir, +Folgt mir zu Schiff, als Geisel wider dich. +Wenn nur ein Kahn, ein Nachen uns verfolgt +So stürzt dein Sohn hinab ins Wellengrab! +Erst wenn erreicht ist Kolchis' letzte Spitze, +Setz' ich ihn aus und send' ihn her zu dir. +Barbar, du lehrtest mich, dich zu bekämpfen! + +Aietes. +Sohn, stehst du in den Armen der Verworfnen? + +Absyrtus (fruchtlos sich loszuwinden strebend). +Laß mich! + +Medea. +Mein Bruder!--Vater! + +Jason. +Haltet ihn! + +Aietes. +Komm, Sohn! + +Jason. +Umsonst! + +Aietes. +So komm' ich, Sohn, zu dir! +Mir nach ihr Kolcher, folget eurem König! + +Jason. +Zurück! + +Aietes (vordrängend). +Glaubst du, du schreckest mich? + +Jason. +Zurück! +Du rettest nicht den Sohn, als wenn du weichst. +Kein Haar wird ihm gekrümmt, ich schwör' es dir! +Bringt ihn an Bord! + +Absyrtus (ringend). +Mich? Nimmermehr! + +Aietes. +Mein Sohn! + +Absyrtus. +Fall sie an, befrei' den Sohn, o Vater! + +Aietes. +Kann ich's? sie töten dich, wenn ich's tue! + +Absyrtus. +Lieber frei sterben, als leben gefangen +Fall' ich auch, wenn nur sie fallen mit! + +Jason. +An Bord mit ihm! + +Aietes. +Sohn komm! + +Absyrtus (der sich losgerissen hat). +Ich komme Vater! +Frei bis zum Tod! Im Tode räche mich! + +(Er springt von der Klippe ins Meer.) + +Medea. +Mein Bruder! Nimm mich mit! + +(Sie wird zurückgehalten und sinkt nieder.) + +Aietes. +Mein Sohn! + +Jason. +Er stirbt! +Die hohen Götter ruf' ich an zu Zeugen +Daß d u ihn hast getötet und nicht ich! + +Aietes. +Mein Sohn!--Nun Rache! Rache! + +(Auf Jason eindringend.) + +Stirb! + +Jason. +Laß mich! +Soll ich dich töten? + +Aietes. +Mörder stirb! + +Jason. +Ich Mörder? +Mörder du selber! + +(Das Vließ einem Nebenstehenden entreißend, dem er es früher zu +halten gegeben.) + +Kennst du dies? + +Aietes (schreiend zurücktaumelnd). +Das Vließ! + +Jason + +(es ihm vorhaltend). +Kennst du's? +Und kennst du auch das Blut, das daran klebt? +'s ist Phryxus' Blut!--Dort deines Sohnes Blut! +Du Phryxus' Mörder, Mörder deines Sohns! + +Aietes. +Verschling mich Erde! Gräber tut euch auf. + +(Stürzt zur Erde.) + +Jason. +Zu spät, sie decken deinen Frevel nicht. +Als Werkzeug einer höheren Gewalt +Steh' ich vor dir. Nicht zittre für dein Leben, +Ich will nicht deinen Tod; ja stirb erst spät, +Damit noch fernen Enkeln kund es werde, +Daß sich der Frevel rächt auf dieser Erde. +Nun rasch zu Schiff, die Segel spannet auf +Zurück ins Vaterland! + +Aietes (an der Erde). +Weh mir weh +Legt mich ins Grab zu meinem Sohn! +(Indem die Kolcher sich um den König gruppieren und Jason mit den +Argonauten das Schiff besteigt fällt der Vorhang.) + + +Ende dieses Projekt Gutenberg Etextes Die Argonauten, +von Franz Grillparzer. + + + + + +End of the Project Gutenberg EBook of Die Argonauten, by Franz Grillparzer + +*** END OF THE PROJECT GUTENBERG EBOOK DIE ARGONAUTEN *** + +This file should be named 8argo10.txt or 8argo10.zip +Corrected EDITIONS of our eBooks get a new NUMBER, 8argo11.txt +VERSIONS based on separate sources get new LETTER, 8argo10a.txt + +Produced by Delphine Lettau and Mike Pullen + +Project Gutenberg eBooks are often created from several printed +editions, all of which are confirmed as Public Domain in the US +unless a copyright notice is included. Thus, we usually do not +keep eBooks in compliance with any particular paper edition. + +We are now trying to release all our eBooks one year in advance +of the official release dates, leaving time for better editing. +Please be encouraged to tell us about any error or corrections, +even years after the official publication date. + +Please note neither this listing nor its contents are final til +midnight of the last day of the month of any such announcement. +The official release date of all Project Gutenberg eBooks is at +Midnight, Central Time, of the last day of the stated month. A +preliminary version may often be posted for suggestion, comment +and editing by those who wish to do so. + +Most people start at our Web sites at: +http://gutenberg.net or +http://promo.net/pg + +These Web sites include award-winning information about Project +Gutenberg, including how to donate, how to help produce our new +eBooks, and how to subscribe to our email newsletter (free!). + + +Those of you who want to download any eBook before announcement +can get to them as follows, and just download by date. This is +also a good way to get them instantly upon announcement, as the +indexes our cataloguers produce obviously take a while after an +announcement goes out in the Project Gutenberg Newsletter. + +http://www.ibiblio.org/gutenberg/etext03 or +ftp://ftp.ibiblio.org/pub/docs/books/gutenberg/etext03 + +Or /etext02, 01, 00, 99, 98, 97, 96, 95, 94, 93, 92, 92, 91 or 90 + +Just search by the first five letters of the filename you want, +as it appears in our Newsletters. + + +Information about Project Gutenberg (one page) + +We produce about two million dollars for each hour we work. The +time it takes us, a rather conservative estimate, is fifty hours +to get any eBook selected, entered, proofread, edited, copyright +searched and analyzed, the copyright letters written, etc. Our +projected audience is one hundred million readers. If the value +per text is nominally estimated at one dollar then we produce $2 +million dollars per hour in 2002 as we release over 100 new text +files per month: 1240 more eBooks in 2001 for a total of 4000+ +We are already on our way to trying for 2000 more eBooks in 2002 +If they reach just 1-2% of the world's population then the total +will reach over half a trillion eBooks given away by year's end. + +The Goal of Project Gutenberg is to Give Away 1 Trillion eBooks! +This is ten thousand titles each to one hundred million readers, +which is only about 4% of the present number of computer users. + +Here is the briefest record of our progress (* means estimated): + +eBooks Year Month + + 1 1971 July + 10 1991 January + 100 1994 January + 1000 1997 August + 1500 1998 October + 2000 1999 December + 2500 2000 December + 3000 2001 November + 4000 2001 October/November + 6000 2002 December* + 9000 2003 November* +10000 2004 January* + + +The Project Gutenberg Literary Archive Foundation has been created +to secure a future for Project Gutenberg into the next millennium. + +We need your donations more than ever! + +As of February, 2002, contributions are being solicited from people +and organizations in: Alabama, Alaska, Arkansas, Connecticut, +Delaware, District of Columbia, Florida, Georgia, Hawaii, Illinois, +Indiana, Iowa, Kansas, Kentucky, Louisiana, Maine, Massachusetts, +Michigan, Mississippi, Missouri, Montana, Nebraska, Nevada, New +Hampshire, New Jersey, New Mexico, New York, North Carolina, Ohio, +Oklahoma, Oregon, Pennsylvania, Rhode Island, South Carolina, South +Dakota, Tennessee, Texas, Utah, Vermont, Virginia, Washington, West +Virginia, Wisconsin, and Wyoming. + +We have filed in all 50 states now, but these are the only ones +that have responded. + +As the requirements for other states are met, additions to this list +will be made and fund raising will begin in the additional states. +Please feel free to ask to check the status of your state. + +In answer to various questions we have received on this: + +We are constantly working on finishing the paperwork to legally +request donations in all 50 states. If your state is not listed and +you would like to know if we have added it since the list you have, +just ask. + +While we cannot solicit donations from people in states where we are +not yet registered, we know of no prohibition against accepting +donations from donors in these states who approach us with an offer to +donate. + +International donations are accepted, but we don't know ANYTHING about +how to make them tax-deductible, or even if they CAN be made +deductible, and don't have the staff to handle it even if there are +ways. + +Donations by check or money order may be sent to: + +Project Gutenberg Literary Archive Foundation +PMB 113 +1739 University Ave. +Oxford, MS 38655-4109 + +Contact us if you want to arrange for a wire transfer or payment +method other than by check or money order. + +The Project Gutenberg Literary Archive Foundation has been approved by +the US Internal Revenue Service as a 501(c)(3) organization with EIN +[Employee Identification Number] 64-622154. 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