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diff --git a/.gitattributes b/.gitattributes new file mode 100644 index 0000000..6833f05 --- /dev/null +++ b/.gitattributes @@ -0,0 +1,3 @@ +* text=auto +*.txt text +*.md text diff --git a/7933-8.txt b/7933-8.txt new file mode 100644 index 0000000..1c6c17e --- /dev/null +++ b/7933-8.txt @@ -0,0 +1,4046 @@ +The Project Gutenberg EBook of Der Erste Theil von Koenig Heinrich dem +vierten, by William Shakespeare +#19 in our series by William Shakespeare + +Copyright laws are changing all over the world. Be sure to check the +copyright laws for your country before downloading or redistributing +this or any other Project Gutenberg eBook. + +This header should be the first thing seen when viewing this Project +Gutenberg file. Please do not remove it. Do not change or edit the +header without written permission. + +Please read the "legal small print," and other information about the +eBook and Project Gutenberg at the bottom of this file. 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Das Projekt ist unter der Internet-Adresse +http://gutenberg.spiegel.de/ erreichbar. + + + + +Der Erste Theil von König Heinrich dem vierten + +William Shakespeare + +Mit dem Leben und Tod von Heinrich Percy, genannt Hot-Spur. + +Übersetzt von Christoph Martin Wieland + + +Personen. + +König Heinrich der vierte. +Heinrich, Prinz von Wales, und Johann, Herzog von Lancaster, +Söhne des Königs. +Worcester, Northumberland, Hot-Spur, Mortimer, Erzbischoff von York, +Dowglas, Owen Glendower, Sir Richard Vernon und Sir Michell, +Feinde des Königs. +Westmorland, Sir Walter Blunt und Sir John Falstaff, von des +Königs Parthey. +Poins, Gadshill, Peto und Bardolph, Falstaffs Cameraden. +Lady Percy. +Lady Mortimer, Glendowers Tochter. +Die Wirthin Quikly. +Ein Scheriff, verschiedne Bediente im Wirthshaus, Fuhrleute, +Reisende, und andre stumme Personen. + +Die Scene liegt in England. + + + + +Erster Aufzug. + + + +Erste Scene. +(Der Hof in London.) +(König Heinrich, der Herzog von Lancaster, der Graf von +Westmorland, und andre Lords treten auf.) + + +König Heinrich. +Von Sorgen erschüttert und von blassem Kummer abgehärmt, finden wir +endlich den Augenblik, wo der geschrekte Friede wieder zu Athem +kommen kan, um in abgebrochenen Accenten von neuen Arbeiten zu +reden, die an weit entfernten Ufern unsern Muth beschäftigen sollen. +Nicht länger soll diese Erde das Blut ihrer eignen Kinder trinken, +nicht länger einheimische Zwietracht ihre Felder verheeren, und +mit dem eisernen Tritt des Kriegs ihre blühenden Auen zerstampfen. +Diese gegeneinander rükende Schlacht-Ordnungen, die gleich den +Meteoren eines witternden Himmels, alle von einerley Natur, von +einerley Ursprung, noch kürzlich mit der ganzen Wuth eines +Bürgerkrieges auf einander stiessen, sollen nun in gleichlauffenden +Linien, in schöner einträchtiger Ordnung, einen Weg ziehen; nicht +länger sollen Brüder gegen Brüder, Freunde gegen Freunde stehen; +nicht länger der mördrische Stahl, gleich einem übeleingescheideten +Messer, seinen eignen Herrn verwunden. Nein, meine Freunde; zu +jenem geheiligten Grabe Christi, unter dessen heilbringendem Creuz +wir zu streiten geschworen haben, wollen wir mit unserm Englischen +Kriegsheer ziehen, um diese Ungläubigen aus jenen heiligen Gefilden +zu treiben, über welche die gesegneten Füsse gegangen sind, die vor +vierzehnhundert Jahren zu unserm Heil an das bittre Creuz genagelt +worden sind. Jedoch dieses unser Vorhaben ist schon ein Jahr alt; +es ist unnöthig euch zu sagen, daß wir gehen wollen, und wir sind +izo nicht deßhalb zusammen gekommen. Laßt mich also von euch +vernehmen, mein geliebter Vetter von Westmorland, was unsre Raths- +Versammlung gestern wegen dieser wichtigen Unternehmung geschlossen +hat. + +Westmorland. +Gnädigster Herr, man betrieb diese Geschäfte mit grossem Eifer, und +es wurden verschiedne Überschläge der Unkosten entworfen: Als ein +ganz unverhofter Courier, mit verdrießlichen Zeitungen beladen, +dazwischen kam, von denen die schlimmste war, daß der edle Mortimer, +der die Leute von Hereford-Schire gegen den aufrührischen +Glendower führte, von den Welschen gefangen, und über tausend von +seinen Leuten niedergemezelt worden seyen, an deren todten Körpern +die Weiber der Welschen solche Mißhandlungen, eine so viehische +schaamlose Verstümmlung ausgeübt, die ohne Erröthen sich nicht +erzählen läßt. + +König Heinrich. +Es scheint also, die Nachrichten von diesem Aufstand haben unser +Geschäfte nach dem gelobten Lande abgebrochen? + +Westmorland. +Diese von noch mehrern begleitet, thaten es, Gnädigster Herr; denn +es kamen noch mehr ungleiche und mißbeliebige Zeitungen aus Norden +an. Am Kreuz-Erhöhungs-Tag geriethen dieser muthreiche Hot-Spur, +der junge Heinrich Percy, und Archibald, dieser tapfre und +ruhmvolle Schotte, zu Holmedon in ein blutiges Handgemeng, soviel +man aus den Anstalten und der Wut des Angriffs schliessen konnte; +denn derjenige, der diese Zeitung brachte, eilte mitten in der +stärksten Hize des Gefechts davon, ohne den Ausgang abzuwarten. + +König Heinrich. +Hier ist ein werther und getreu-eifriger Freund, Sir Walter Blunt, +der nur eben von seinem Pferd abgestiegen ist, um uns von Holmedon +die willkommne Nachricht zu bringen, daß der Graf von Douglas +geschlagen sey. Zehntausend kühne Schotten, und drey und zwanzig +Ritter sah Sir Walter auf den Ebnen von Holmedon in ihrem Blute +sich wälzen. Mordak, Grafen von Fife, den ältesten Sohn des +geschlagnen Douglas, und die Grafen von Athol, Murry, Angus und +Menteith hat Hot-Spur gefangen bekommen. Ist das nicht eine schöne +Beute? Eine edle That? Ha, Vetter, ist es nicht? + +Westmorland. +In der That, ein Sieg, worauf ein Prinz stolz zu seyn Ursach hätte. + +König Heinrich. +O warum nennst du dieses Wort, um traurige Gedanken in mir zu +erregen, und mich zur Sünde des Neids zu reizen, daß Milord +Northumberland der Vater eines so würdigen Sohns seyn soll; eines +Sohns, dessen Namen der Ruhm stets im Munde fährt; der gleich dem +höchsten Baum in einem Hayn, über alle andre emporragt; der +Liebling des Glüks, und ihr Stolz; indeß daß ich mit eben dem Blik, +der seinen Ruhm übersieht, zügellose Schwelgerey und Schande die +Stirne meines jungen Harry besudeln sehe. O könnt' es bewiesen +werden, daß irgend eine nächtliche trippelnde Fee unsre Kinder in +der Wiege verwechselt, und meinen Sohn Percy, den Seinigen +Plantagenet genennt hätte!--Aber laßt mich diesen Gedanken nicht +nachhängen--Was denkt ihr Vetter, von dieses jungen Percy Stolz? +Er behält die Gefangenen, die er in diesem Gefechte machte, für +sich zurük; und läßt mir sagen, daß ich keinen als Mordake, den +Grafen von Fife, haben soll. + +Westmorland. +Das ist seines Oheims Eingebung, das ist Worcester, der allen +Anscheinungen nach übel gegen euch gesinnt ist; der ists, der ihn +seine Federn aufblähen, und seinen jungen Kamm gegen eure Hoheit +emporsträuben macht. + +König Heinrich. +Ich habe nach ihm geschikt, um ihn deßwegen zur Verantwortung zu +ziehen, und das ist die Ursach, weswegen wir genöthigt sind, unser +heiliges Vorhaben nach Jerusalem aufzuschieben. Vetter, wir wollen +auf nächsten Mittwoch unsern grossen Rath in Windsor versammeln. +Benachrichtiget die Lords hievon, aber eilet schleunig zu uns zurük; +dann es muß noch mehr gesagt und gethan werden, als uns der +Unwille izt zu sagen erlaubt. + +Westmorland. +Ich gehorche, mein gebietender Herr. + +(Sie gehen ab.) + + + +Zweyte Scene. +(Ein Zimmer des Cron-Prinzen.) +(Heinrich, der Prinz von Wales, und Sir John Falstaff treten auf.) + + +Falstaff. +He, Hal,* was für Zeit ists am Tage, Junge? + +{ed. * Harry und Hal, sind abgekürzte Namen, statt Heinrich, so in +vertraulichem Umgang gebraucht worden.} + +Prinz Heinrich. +Deine löbliche Gewohnheit, dich in altem Sect zu besauffen, zu +fressen, bis du alle Knöpfe aufthun must, und den ganzen Nachmittag +auf Bänken zu schnarchen, wikelt deinen Wiz in soviel Fett und +Schmeer ein, daß du so gar verlernst, recht zu fragen, was du recht +wissen möchtest. Was, zum Teufel, hast du mit der Zeit am Tag zu +thun? Ja, wenn die Stunden Becher voll Sect wären, die Minuten +Capaunen, die Gloken Zungen von Kupplerinnen, die Uhren Schilde von +H**häusern, und die schöne Sonne selbst ein hübsches roßiges Mensch +in feuerfarbem Taft, dann liesse sich noch begreiffen, warum du +nach der Zeit fragtest. + +Falstaff. +Mein Treu, ihr geht mir nah' zu Leibe, Hal; denn wir andern, die +vom Beutelschneiden Handwerk machen, und beym Mond und dem +Silbergestirn herumgehen, und nicht beym Phöbus, "ihm dem edeln +Knecht so schön",** aber ich bitte dich, mein süsses Närrchen, wenn +du einmal König bist--wozu Gott deine Gnaden (Majestät wollt' ich +sagen, denn Gnade wirst du keine haben)-- + +{ed. ** (he, that wandring Knight so fair)--eine Zeile aus einer +alten Ballade. +Warburton.} + +Prinz Heinrich. +Wie? Keine? + +Falstaff. +Nein, mein Seel, nicht so viel als zu einem Prologus für ein paar +Eyer in Butter nöthig ist. + +Prinz Heinrich. +Gut, und wie weiter? Hey da, rund heraus, keine Umstände! + +Falstaff. +Sapperment nun dann, Närrchen, wenn du König bist, so sorge hübsch +dafür, daß wir andre ehrlichen Kerle, die ihr Handwerk bey Nacht +treiben, bey Tage von der Justiz ungeschoren bleiben. Laß uns der +Diana ihre Forster bleiben, Ritter vom Schatten, Lieblinge des +Monds; und laß die Leute sagen, wir seyen Leute von guter +Aufführung, da wir, gleich der See, von unsrer edeln und keuschen +Gebieterin, dem Mond, geführt werden***, unter deren Schuz und +Anführung wir--stehlen. + +{ed. *** Die Spässe des Hrn. John Falstaff sind nicht immer +übersetzlich, weil sie sich gar zu oft auf Wortspiele gründen, wie +hier, wo (government) und (govern) in einer ganz verschiednen +Bedeutung genommen werden, die sich im Deutschen nicht recht +ausdrüken ließ, und weswegen auch die Antwort des Prinzen nicht +recht paßt.} + +Prinz Heinrich. +Du hast recht, und dein Gleichniß paßt nicht übel; das Glük von uns +andern Mond-Rittern, nimmt immer ab und zu wie die See, weil es wie +die See vom Mond beherrscht wird. Zum Exempel, ein Beutel mit Gold +herzhaft weggeschnappt in lezter Montags-Nacht, wird wieder +lüderlich durchgebracht am Dienstag-Morgen; mit Fluchen und (leg +ab) gewonnen, mit Jauchzen und (bring herein) durchgewonnen; izt in +einer so niedrigen Ebbe als der Fuß einer Leiter, und in einem +Augenblik in einer so hohen Fluth als der Querbalken eines Galgens. + +Falstaff. +Meiner Six, du hast recht, Junge; und ist meine Wirthin in der +Schenke nicht ein recht angenehmes Mensch? + +Prinz Heinrich. +Wie der Honig von Hybla, alter Junge; und ist nicht ein Wamms von +Büffel ein recht angenehmes Stük Kleidung auf die Dauer? + +Falstaff. +Wie, was, was willt du damit sagen, närrischer Junge? Was gehen +mich deine Sticheleyen und deine Quidditäten an? Was, Pestilenz! +hab' ich mit einem Wamms von Büffel zu thun? + +Prinz Heinrich. +Und was, schwere Noth! Hab ich mit meiner Wirthin in der Schenke +zu thun? + +Falstaff. +Gut, hast du sie nicht oft und viel zum Abrechnen geruffen? + +Prinz Heinrich. +Hab ich dich jemals geruffen, daß du deinen Theil an der Zeche +zahlen sollst? + +Falstaff. +Nein, die Gerechtigkeit muß ich dir wiederfahren lassen, du hast +alles dort bezahlt. + +Prinz Heinrich. +Ja, und allenthalben, so lang mein Sekel reichte; und wenn er leer +war, so hab ich meinen Credit gebraucht. + +Falstaff. +Das ist wahr, und so gebraucht, daß, wenn es nicht vermuthlich wäre, +daß du der vermuthliche Erbe--Aber ich bitte dich, Närrchen, willt +du auch noch einen Galgen in England stehen lassen, wenn du König +bist? Willt du zugeben, daß ein resoluter Kerl von dem alten +rostigen grotesken Popanz, Gesez, sich schicanieren lassen soll? +Hänge mir ja keinen Dieb, wenn du König bist, das sag' ich dir. + +Prinz Heinrich. +Das will ich auch nicht; du sollt sie hängen. + +Falstaff. +Ich? Unvergleichlich! Beym Sapperment! Ich will ein +vortrefflicher Richter seyn. + +Prinz Heinrich. +Du verstehst mich nicht; ich meyne, du sollst in Person die Diebe +hängen, und also ein vortrefflicher Henker werden. + +Falstaff. +Gut, Hal, gut; das wär' ein Handwerk das sich zu meinem Humor so +gut schikte, als bey Hof aufzuwarten, das kan ich dir sagen. +Schlapperment! ich bin so schwermüthig wie ein Kater, oder wie ein +Bär, den man bey den Ohren zieht. + +Prinz Heinrich. +Oder wie ein alter Löwe, oder wie eines Liebhabers Laute? + +Falstaff. +Ja, oder wie die Scharrpfeiffe in einem Lincolnschirer Dudelsak. + +Prinz Heinrich. +Was sagst du zu einem Hasen, oder zur Melancholey einer Koth-Lache? + +Falstaff. +Du hast Gleichnisse von schlimmem Geschmak; und du bist in der That +der allerunvergleichlichste ausserordentliche Spizbube von einem +artigen jungen Prinzen--Aber, Hall, ich bitte dich, plage mich +nicht mehr mit solchen eiteln Dingen; ich wollte zu Gott, du und +ich wüßten eine Gelegenheit, wo man gute Namen zu Kauff kriegen +könnte; ein alter Lord aus dem Staats-Rath kriegte mich lezthin +euertwegen auf der Strasse zu paken, Sir; aber ich gab nicht acht +darauf was er sagte, ob er gleich sehr weislich sprach, und noch +dazu auf der Strasse. + +Prinz Heinrich. +Du thatest wol, denn die Weisheit läßt ihre Stimme hören auf den +Gassen, und niemand achtet ihr. + +Falstaff. +O du hast eine verdammte Anziehungs-Kraft, mein Seel, du könntest +einen Heiligen verführen. Du hast mir viel böses gethan, Hal, Gott +vergeb es dir. Eh ich dich kannte, Hal, wußt' ich nichts; und izt +bin ich, wenn einer die Wahrheit sagen wollte, wenig besser als +einer von den Schlimmsten. Ich muß diß Leben aufgeben, und ich +will es aufgeben; bey G***, wenn ich es nicht thue, so sey ich ein +Hunds**! Ich will keinem Königssohn in der Christenheit zulieb zum +T** fahren. + +Prinz Heinrich. +Wo wollen wir morgen einen Beutel rauben, Hans? + +Falstaff. +Wo du willt, Junge, ich mache mit; thue ichs nicht, so heisse mich +einen Hunds** und gieb mir Maulschellen. + +Prinz Heinrich. +Die Beßrung deines Lebens geht gut von statten, wie ich sehe; nur +erst Stoßseufzer, izt Strassenrauben. + +Falstaff. +Wie, Hal, das ist mein Beruf, Hal; es ist einem keine Sünde, in +seinem Beruf zu arbeiten. He! wer kommt? Poins! Nun werden wir +hören, ob Gadshill etwas ausfündig gemacht hat--O wenn die Leute +aus Verdienst selig würden, welches Loch in der Hölle wäre heiß +genug für diesen da! + + + +Dritte Scene. +(Poins zu den Vorigen), + + +Falstaff. +Das ist der allgewaltigste Spizbube, der jemals einem ehrlichen +Mann Halt! zugeruffen hat. + +Prinz Heinrich. +Guten Morgen, Ned. + +Poins. +Guten Morgen, mein lieber Hal. Was sagt Monsieur Gewissen? Was +sagt Sir John Sect und Zukerhans? Wie habt ihr's mit einander, du +und der Teufel, wegen deiner Seele, die du ihm verwichnen Char- +Freytag um ein Glas Madera-Wein und einen kalten Capaunen-Schenkel +verkauft hast? + +Prinz Heinrich. +Sir John hält sein Wort; der Teufel soll seine Waare haben; ihr +wißt daß er nie kein Sprüchwort gebrochen hat; er wird dem Teufel +geben, was ihm gehört. + +Poins. +So wirst du verdammt, wenn du dem Teufel dein Wort hältst? + +Prinz Heinrich. +Sonst würde er verdammt, weil er den Teufel betrogen hätte. + +Poins. +Aber, meine Jungens, meine Jungens, morgen früh, um vier Uhr, nach +Gadshill; es sind Pilgrims auf dem Weg, die mit reichen Opfern nach +Canterbury, und Kauffleute die mit wohlgespikten Beuteln nach +London gehen. Ich habe Visiere für euch alle, und ihr habt Pferde +für euch selbst. Gadshill ligt diese Nacht zu Rochester, ich hab +auf morgen Nachts ein Nacht-Essen in East-Cheap bestellt. Es ist +eine Sache die wir so sicher thun können, als schlaffen; wenn ihr +gehen wollt, so will ich euch eure Beutel mit Cronen voll stopfen; +wollt ihr nicht, so bleibt da, und der Henker hole euch. + +Falstaff. +Hört ihr, Yedward; wenn ich daheim bleibe und nicht mit gehe, so +will ich euch dafür hängen, daß ihr gegangen seyd. + +Poins. +Willt du das, Vielfraß? + +Falstaff. +Hal, willt du einer von uns seyn? + +Prinz Heinrich. +Wer, ich rauben? Ich, ein Dieb? Nein, bey meiner Treu! + +Falstaff. +Du hast weder Ehre noch Tapferkeit im Leibe, wenn du das thust; du +willt deine guten Freunde so im Stich lassen? Meiner Six, du hast +keinen Tropfen königliches Blut im Leib, wenn du nicht um zehn +Schillinge das Herz hast zu ruffen: Halt! + +Prinz Heinrich. +So sey es dann, einmal in meinem Leben will ich ein Tollkopf seyn. + +Falstaff. +Nun, das heißt einmal brav gesprochen. + +Prinz Heinrich. +Nein, geh' es wie es will, ich bleibe zu Hause. + +Falstaff. +Bey G** so will ich ein Verräther seyn, wenn du König bist. + +Prinz Heinrich. +Ich bekümmre mich nichts darum. + +Poins. +Sir John, ich bitte dich, laß den Prinzen und mich allein; ich will +ihm solche Gründe vorlegen, daß er gewiß gehen soll. + +Falstaff. +Gut, mögest du den Geist der Ueberredung haben, und er Ohren zu +hören, damit was du redest bewegen möge, und was er hört geglaubt +werde. Lebet wohl indessen, ihr sollt mich in East-Cheap finden. + +(Falstaff geht ab.) + + + +Poins. +Nun, mein lieber süsser Zuker-Prinz, reitet morgen mit mir. Ich +hab einen Spaß im Kopf, den ich allein nicht ausführen kan. +Falstaff, Bardolph, Peto und Gadshill sollen diese Leute berauben, +auf die wir einen Anschlag gemacht haben; ihr und ich wollen nicht +dabey zugegen seyn; wenn sie dann die Beute haben, und ihr und ich +sie ihnen nicht abjagen, so haut diesen Kopf von meinen Schultern. + +Prinz Heinrich. +Aber wie werden wir von ihnen kommen, wenn wir mit ihnen ausreiten? + +Poins. +Wie? Wir wollen vor oder nach ihnen fort, und ihnen einen gewissen +Plaz bestimmen, wo wir zusammentreffen wollen, und den können wir +ja hernach verfehlen, wenn's uns beliebt; und dann werden sie das +Abentheuer allein unternehmen, und sobald sie damit fertig sind, so +wollen wir über sie her. + +Prinz Heinrich. +Gut; aber es ist vermuthlich, daß sie uns an unsern Pferden, an +unsern Kleidern, und an hundert andern Merkmahlen erkennen werden. + +Poins. +Für das ist schon Rath geschaft. Unsre Pferde sollen sie nicht +sehen, denn die wollen wir im Wald anbinden; unsre Visiere wollen +wir gegen andre verwechseln, wenn wir von ihnen weg sind; und, +Sapperment! ich habe Ueberröke von Schetter im Vorrath, unter +denen niemand unsre Kleider kennen soll. + +Prinz Heinrich. +Aber ich besorge, sie werden uns zu stark seyn. + +Poins. +O was das anbetrift, zween von ihnen kenne ich als ein Paar so ächt- +gebohrne Memmen, als jemals den Rüken gewiesen haben; und was den +dritten betrift, wenn der sich länger wehrt als recht ist, so will +ich alles Gewehr verschwören. Der gröste Spaß von der Sache wird +in den miraculosen Lügen bestehen, die dieser nemliche dike +Spizbube uns vorsagen wird, wenn wir zum Nacht-Essen zusammen +kommen; wie er es zum wenigsten mit dreyßig aufgenommen, was für +Hiebe er bekommen, was für Gefahren er bestanden habe; und in der +Art, wie wir ihn aller dieser Aufschneidereyen überweisen werden, +ligt der Spaß. + +Prinz Heinrich. +Gut, ich will mit dir gehen; sorge für alles was wir nöthig haben, +und erwarte mich auf morgen Nachts in East-Cheap. Leb' wohl. + +Poins. +Lebet wohl, Milord. + +(Poins geht ab.) + +Prinz Heinrich. +Ich kenne auch alle, und will noch eine Weile diesen zügellosen +Humor eurer müßigen Lüderlichkeit in der Höhe halten; aber hierinn +will ich die Sonne nachahmen, die den unedeln anstekenden Dünsten +erlaubt, ihre Schönheit der Welt zu verbergen; damit, sobald es ihr +gefällt, wieder sie selbst zu seyn, sie desto mehr bewundert werde, +wenn sie, eine Zeitlang vermißt, auf einmal durch die faulen und +häßlichen Wolken hervorbricht, welche sie zu erstiken geschienen +hatten. Wenn das ganze Jahr aus lauter Fest-Tagen bestünde, so +würde man des Feyerns so überdrüßig werden als des Arbeitens; sie +sind nur erwünscht, weil sie selten kommen, und nichts gefällt mehr +als seltne Dinge. So werde ich, wenn ich einst dieses ausgelaßne +Wesen von mir werfe, und eine Schuld bezahle die ich nie +versprochen habe, die Besorgnisse der Leute um so mehr zuschanden +machen, je besser ich seyn werde als mein Wort. Und gleich einem +glänzenden Edelstein auf einem dunkeln Grund, wird meine +Verbesserung, meine Fehler überschimmernd, schöner scheinen, und +mehr Augen auf sich ziehen, als ein Leben, das keine Folie hat, +wodurch es erhoben wird. + +(Er geht ab.) + + + +Vierte Scene. +(Verwandelt sich in einen Saal des königlichen Palasts.) +(König Heinrich, Northumberland, Worcester, Hot-Spur, Sir Walter +Blunt, und andre treten auf.) + +König Heinrich. +Mein Blut ist zu kalt und zu milde gewesen, daß es bey einem so +unanständigen Betragen nicht aufwallte; ihr habt meine schwache +Seite gefunden, und tretet deßwegen meine Geduld mit Füssen; aber +versichert euch, ich will künftighin mehr seyn, was meine Würde, +als was meine Gemüthsart fordert, die zu sanft und milde gewesen +ist, und deßwegen die Ehrfurcht verlohren hat, die eine stolze +Seele nur dem Stolzen bezahlt. + +Worcester. +Unser Haus, Gnädigster Herr verdienet wahrlich nicht daß die +Geissel der Grösse gegen selbiges gebraucht werde, und dazu noch +eben dieser Grösse, die unsre eigne Hände so stattlich zu machen +geholfen haben. + +Northumberland. +Mein Gnädigster Herr-- + +König Heinrich. +Worcester, entferne dich; ich sehe Ungehorsam und Drohung in deinen +Augen. O Sir, eure Mine ist zu kühn und zu entschlossen, und die +Majestät kan unmöglich trozbietenden Stolz auf der Stirne eines +Unterthanen dulden. Ihr habt Erlaubniß uns zu verlassen. Wenn wir +euern Rath oder eure Dienste nöthig haben, werden wir euch ruffen +lassen. + +(Worcester geht ab.) + +Ihr wolltet ja reden-- + +(Zu Northumberland.) + + + +Northumberland. +Ja, mein Gnädigster Herr; diese Gefangne die in Eu. Majestät Namen +abgefordert wurden, und die Heinrich Percy zu Holmedon gemacht hat, +sind, wie er sagt, nicht so schlechterdings verweigert worden, wie +man Euer Majestät berichtet hat. Entweder Mißgunst oder +Mißverständniß ist dieses Vergehens schuldig, nicht mein Sohn. + +Hot-Spur. +Mein Gnädigster Herr, ich versagte keine Gefangne; aber dessen +erinnre ich mich, wie die Action zu Ende war, und ich, ganz +aufgetroknet von Hize und Arbeit, athemlos und abgemattet auf mein +Schwerdt mich lehnte, da kam ein gewisser junger Herr, nett, +zierlich aufgepuzt, frisch wie ein Bräutigam, und sein kürzlich +abgeschohrnes Kinn sah aus wie ein Stoppeln-Feld im Herbst. Er war +parfumirt wie ein Specerey-Krämer, und hielt zwischen seinem Finger +und seinem Daumen eine Schnupf-Büchse, die er alle Augenblike vor +die Nase hielt; immer hatte er was zu lächeln und zu schwazen; und +wie die Soldaten todte Körper vorbey trugen, hieß er sie ungezogne +Flegel, eine so unsaubre und unartige Bürde zwischen den Wind und +seine Adeliche Person zu bringen. Er fragte mich mit einem Strom +von Sonntags- und Frauenzimmer-Redensarten nach hundert Sachen, und +forderte mir endlich auch, zu Handen Eurer Majestät meine Gefangnen +ab. Ich, den meine Wunden überall schmerzten, und verdrießlich +darüber, daß mich ein solcher Papagay zur Unzeit übertäuben sollte, +antworte ihm im Unmuth und in der Ungeduld, ich weiß nicht was; er +sollte sie haben, oder er sollte sie nicht haben; denn es machte +mich toll, etwas das einem Mann ähnlich sah, vor mir zu sehen, das +von so vielen Farben schimmerte, und so süß roch, und von Flinten +und Trummeln und Wunden so Kammerfräulein-mäßig redte, und mir +sagte, für eine innerliche Quetschung sey kein unfehlbarers Mittel +als Spermacet, und es sey recht zu bedauren, sey es, daß dieser +verfluchte Salpeter aus den Eingeweiden der unschuldigen Erde +hervorgegraben worden sey, der so viele brave wolgewachsene Leute +so elendiglich umgebracht habe: Und wenn nur diese nichtswürdigen +Flinten nicht wären, so würde er selbst ein Soldat geworden seyn-- +Auf alles dieses sein kühles, unzusammenhängendes Geplauder gab ich +also, Gnädigster Herr, nur obenhin Antwort wie ich sagte; und ich +bitte euch, laßt seinen Bericht nicht die Gültigkeit einer Anklage +gegen einen Mann haben, der eurer Majestät so ergeben ist als ich. + +Blunt. +Die Umstände in Ueberlegung gezogen, Gnädigster Herr, so könnte +alles was Harry Percy damals zu so einer Person, an so einem Ort, +und in so einer Zeit gesagt haben möchte, billiger Maassen für todt +und abgethan gehalten, und nimmer zu seinem Nachtheil wieder +erwähnt werden. Denn was er damals sagte, dem entsagt er ja izo +wieder, wie ihr seht. + +König Heinrich. +Wie, und doch weigert er sich seine Gefangnen auszuliefern, ausser +mit der Bedingung, daß wir seinen Schwager, den närrischen Mortimer, +unverzüglich auf unsre eigne Unkosten auslösen sollen; ihn, der +geflissentlich das Leben aller derjenigen aufgeopfert hat, die er +gegen diesen Zauberer, diesen verdammten Glendower anführte, dessen +Tochter, wie wir hören, Mortimer kürzlich geheurathet hat. Sollen +unsre Kisten etwann ausgeleert werden, um einen Verräther +heimzukauffen? Nein, auf den nakten Wallischen Bergen laßt ihn +verhungern; nimmer werd' ich den Mann für meinen Freund halten, +dessen Zunge von mir nur den Aufwand eines Pfennigs verlangt, den +aufrührischen Mortimer auszulösen. + +Hot-Spur. +Den aufrührischen Mortimer? Das veränderliche Glük des Kriegs, +nicht sein Wille, hat ihn in die Hände der Feinde fallen lassen, +Gnädigster Herr; und zum Beweiß daß dieses die Wahrheit sey, +braucht es keine andre Zeugen, als alle diese Wunden, die er +empfieng, da er an dem beschilften Strande des anmuthigen Severns, +in einzelnem Kampf, Stirne gegen Stirne, den grösten Theil einer +Stunde lang den furchtbaren Glendower aufhielt. Dreymal ruhten sie, +um wieder zu Athem zu kommen, dreymal tranken sie, auf Verabredung, +vom Wasser des schnellen Severns, der, von ihren blutigen Bliken +erschrekt, angstvoll zwischen seinem zitternden Schilfrohr fortrann +und sein krauses Haupt im holen Ufer verbarg, vom Blut dieser +muthigen Kämpfer beflekt. Niemals hat unedle heuchlerische +Verrätherey ihren Anschlägen mit so tödtlichen Wunden eine Farbe +angestrichen; so großmüthig verschwendet kein Verräther sein Blut. +Gestattet also nicht, Gnädigster Herr, daß der edle Mortimer durch +eine so unverdiente Beschuldigung entehrt werde. + +König Heinrich. +Du lügst zu seinem Vortheil, Percy, du lügst; Niemals ist er mit +Glendower ins Handgemeng gekommen; er hätte eben so viel Muth +gehabt, es mit dem Teufel aufzunehmen, als mit Owen Glendower. +Schämst du dich nicht, solche Dinge vorzugeben? Aber, beym Himmel! +von dieser Stund an laßt mich nicht mehr von Mortimer reden hören. +Schikt mir eure Gefangnen durch die schleunigste Veranstaltung, +oder ihr sollt Nachrichten von mir bekommen, die euch nicht +gefallen werden--Milord Northumland, wir erlauben euch mit euerm +Sohn abzureisen. Eure Gefangnen, oder ihr sollt mehr von mir hören. + +(König Heinrich geht ab.) + +Hot-Spur. +Und wenn der Teufel käme und sie mir abheulen wollte, so schik' ich +sie nicht. Ich will ihm nach, und ihm das sagen; ich muß meinem +Herzen Luft machen, und wenn es mit Gefahr meines Kopfs wäre. + +Northumberland. +Wie? von Zorn trunken? Verziehe noch einen Augenblik, hier kommt +dein Oheim. (Worcester zu den Vorigen.) + +Hot-Spur. +Nicht mehr von Mortimer reden? Aber ich will von ihm reden, und +möge meine Seele keine Gnade im Himmel finden, wenn ich mich nicht +zu ihm schlage. Entweder will ich alle diese Adern ausleeren, und +mein Herzensblut, Tropfen für Tropfen in den Staub hingiessen, oder +ich will den zu Boden getretnen Mortimer so hoch in die Luft +emporheben als diesen König, diesen undankbaren gefühllosen +übermüthigen Bolingbroke. + +Northumberland. +Bruder, der König hat euern Neffen unsinnig gemacht. + +Worcester. +Wer brachte ihn denn in Hize, wie ich fortgegangen war? + +Hot-Spur. +Er will mit Gewalt meine Gefangnen haben, und wie ich darauf +bestund, daß er meinen Schwager auslösen sollte, da erblaßt' er wie +eine Leiche, indem er mich ansah, und zitterte vor dem blossen +Namen Mortimer. + +Worcester. +Ich kan's ihm nicht verdenken. Wurde nicht Mortimer von Richarden, +der nun todt ist, als der nächste Thronfolger erklärt? + +Northumberland. +Das wurde er; ich war bey der Ausruffung zugegen, es geschah zu +eben der Zeit, da der unglükliche König (dessen erlidtnes Unrecht +uns Gott verzeihen wolle!) gegen die Irländischen Rebellen auszog; +von denen er, durch Englands Aufstand abgeruffen, zurük kehrte, um +abgesezt, und bald hernach ermordet zu werden. + +Worcester. +Eine That, die uns in den Augen der ganzen Welt entehrt, und zum +Abscheu gemacht hat. + +Hot-Spur. +Aber sachte, ich bitte euch--König Richard erklärte also meinen +Bruder Mortimer zum Thronfolger? + +Northumberland. +Er that es, meine eigne Ohren haben es gehört. + +Hot-Spur. +Nun, so kan ich den König, seinen Vetter, nicht verdenken, daß er +ihn auf den kahlen Bergen verhungert zu sehen wünschte. Aber soll +es dann seyn, daß ihr, welche die Crone auf den Kopf dieses +undankbaren Mannes seztet, und um seinetwillen den verhaßten Fleken +der Verrätherey und des Meuchelmords tragt; soll es seyn, daß ihr +eine Welt voll Flüche auf euch nehmen wollt, um die Werkzeuge, die +verächtlichen Werkzeuge, die Strike, die Leiter und der Henker +eines Bolingbroks zu seyn? (O! vergebet mir, daß ich so +schändliche Benennungen gebrauchen muß, um den Mißbrauch anzuzeigen, +den dieser listige König von euch macht.) Und soll es, o Schande! +soll in unsern Tagen gesagt, und in Jahrbücher auf künftige Zeiten +gebracht werden, daß Männer von eurer Geburt und Macht sich, (wie +ihr beyde, Gott vergeb' es euch! gethan habt,) zu einer so +ungerechten Sache verbunden haben, als diese war, Richarden, diese +anmuthige liebliche Rose, zu Boden zu treten, und diesen Dornbusch, +Bolingbrok, an seine Stelle zu pflanzen? Soll es zu eurer noch +grössern Schande gesagt werden, daß ihr von demjenigen, für welchen +ihr dieser Schande euch unterzogen, zur Belohnung mißhandelt, +geäffet und verächtlich auf die Seite geworffen worden? Nein, es +ist noch Zeit, eure verbannte Ehre wieder zu lösen, und euch in die +gute Meynung der Welt wieder einzusezen. Rächet euch, rächet die +Beleidigungen dieses übermüthigen Königs, der Tag und Nacht nur +darauf denkt, wie er die Schuld, die er euch eingestehen muß, mit +euerm Tod bezahlen wolle. Ich sage also-- + +Worcester. +Nein, Vetter, saget nichts mehr. Es ist nun an mir, euch +Geheimnisse von tiefem und gefahrvollem Inhalt zu entfalten, so +gefährlich, und verwegen als es wäre, auf der schwachen Brüke eines +Speers über einen lautheulenden Waldstrom zu gehen. + +Hot-Spur. +Fällt er hinein, gute Nacht. Entweder schwimmen oder untergehen-- +Sendet Gefahr von Osten gegen Westen, so soll Ehre von Norden gegen +Süden sie durchkreuzen, und dann laßt sie sich mit einander +herumbalgen--O! das Blut wallt feuriger einen Löwen aufzuweken, +als den Lauf einer Hindin zu beflügeln. + +Northumberland. +Der Gedanke irgend einer grossen Unternehmung treibt ihn über die +Grenzen der Geduld. + +Hot-Spur. +Beym Himmel, mich däucht, es wäre nur ein leichter* Sprung, die +glänzende Ehre von dem blaßwangichten Mond herab zu reissen, oder +sich in die Tieffe eines bodenlosen Abgrunds hinab zu täuchen, und +die ertrunkne Ehre bey den Haaren herauf zu ziehen, wenn der Genuß +ihrer Vorzüge mit keinem Nebenbuhler getheilt, der Preiß einer +solchen Unternehmung wäre. + +{ed. * Hr. Warburton erinnert sich hiebey einer Stelle des +Euripides, worinn dieser vortreffliche Mahler der Leidenschaften +dem Eteocles den nemlichen Gedanken in den Mund legt: Mutter, ich +gesteh es unverhohlen, ich stiege dort wo die Sonne hervor geht +über die Sterne hinauf, oder hinab in den Abgrund der Erde, wenn +es möglich wäre, der Götter unumschränkten Thron zu bekommen. +S. 262 des 1sten Theils des Euripides, nach der Uebersezung des +Hrn. Professor Steinbrüchels.} + +Worcester. +Mein lieber Vetter, hört mir einen Augenblik zu, wenn es die +Lebhaftigkeit eurer Gemüths-Bewegung erlaubt. + +Hot-Spur. +Ich bitte euch um Vergebung. + +Worcester. +Eben diese edlen Schotten, die eure Gefangnen sind-- + + +Hot-Spur. +Ich will sie alle für mich behalten; beym Himmel, er soll keinen +einzigen haben, kein Haar von einem Schotten, und wenn dieses Haar +seine Seele erlösen könnte; ich will sie behalten, bey dieser Hand! + +Worcester. +Ihr rennt immer fort, und hört mich nicht an; ihr sollt ja diese +Gefangnen behalten. + +Hot-Spur. +Das will ich auch; dabey bleibts. Er sagte, er wolle den Mortimer +nicht auslösen; er verbot mir von Mortimer zu reden; aber ich will +ihn ausfinden, wenn er schläft, und ihm in sein Ohr hallen: +Mortimer! Ich will einen Staaren abrichten lassen, daß er nichts +als Mortimer ruffe, und will ihm den Staaren geben, um seinen Zorn +immer in Athem zu erhalten. + +Worcester. +Hört doch, Vetter, nur ein Wort. + +Hot-Spur. +Hier verschwör ich feyrlich alle andre Gedanken, als wie ich diesen +Bolingbroke quälen und tollmachen wolle. Und was diesen +eisenfresserischen Prinzen von Wales betrift, dächt' ich nicht, es +würde seinem Vater lieb seyn, wenn ihm ein Unglük begegnete, er +sollte mir mit einem Krug Weißbier vergiftet werden. + +Worcester. +Lebt wohl, Neffe; ich will mit euch reden, wenn ihr besser im +Stande seyd, zuzuhören. + +Northumberland. +Wie, was für ein wespen-züngichter, ungeduldiger Narr bist du, in +diesen weibischen Humor auszubrechen, und niemand hören zu wollen +als dich selbst? + +Hot-Spur. +Wie? seht ihr, mir ist, als ob ich mit Ruthen gehauen, mit Nesseln +gepeitscht und von Ameisen gestochen werde, wenn ich nur den Namen +dieses schändlichen falschen Bolingbroke höre. Zu Richards Zeiten-- +Wie hieß doch der Ort?--daß ihn die Pest!--er ligt in Glocester- +Schire--es war wo der hirnlose Herzog seinen Oheim ins Garn lokte, +seinen Oheim York--wo ich meine Knie zum erstenmal vor diesem König +der Liebkosungen, vor diesem Bolingbroke bog; wie ihr und er von +Ravenspurg kam't. + +Northumberland. +Zu Berkley-Castle. + +Hot-Spur. +Dort war es; ha! was für eine Menge überzükerte Complimente machte +mir damals dieser schwänzelnde Windhund vor! Wenn sein unmündiges +Glük zu Jahren gekommen seyn würde--und edler Harry Percy, und +liebster Vetter--Der Teufel hole solche Schmeichler!--Gott verzeih' +mir's! Guter Oheim, sagt izt was ihr wollt, ich bin fertig. + +Worcester. +Nein, wenn ihr noch nicht fertig seyd, so macht nur fort, wir +wollen warten, bis es euch gelegen ist. + +Hot-Spur. +Ich bin fertig, auf meine Ehre. + +Worcester. +So wollen wir wieder zu unsern Schottischen Gefangnen. Gebt sie +unverzüglich ohne Lösegeld frey, und bedient euch dieses Sohns des +Dowglas, um ein Heer in Schottland zusammen zu bringen, welches, um +verschiedner Ursachen willen, die ich euch schriftlich zuschiken +will, euch ohne Mühe zugestanden werden wird. Ihr, Milord von +Northumberland, schleichet euch, indeß daß euer Sohn in Schottland +beschäftigt ist, in das Vertrauen dieses edlen und beliebten +Prälaten ein, des Erzbischoffs-- + +Hot-Spur. +Von York, nicht wahr? + +Worcester. +Ja, der den Tod seines Bruders, des Lord Scroop, zu Bristol, sehr +hart empfindt. Ich rede nicht aus blosser Vermuthung, was +vielleicht geschehen könnte; sondern von einer Sache, die schon +entworffen, beschlossen und verabredet ist; von einer Sache, die +nur auf eine solche Gelegenheit wartet, um zum Ausbruch zu kommen. + +Hot-Spur. +Ich rieche was; bey meinem Leben, es muß gut gehen! + +Northumberland. +Wie voreilig du bist! + +Hot-Spur. +Es kan unmöglich anders als ein edler Entwurf werden! Und dann +sollen sich die Schottische Macht, und Yorks Anhang mit Mortimer +vereinigen, ha! + +Worcester. +Das sollen sie. + +Hot-Spur. +In der That, das ist über die Maassen wol ausgesonnen. + +Worcester. +Die Ursache ist nicht gering, die uns so schleunig als es möglich +ist, unsre Köpfe emporzuheben befiehlt, wenn wir sie retten wollen. +Denn so niedrig wir sie immer tragen möchten, so wird der König +doch immer denken, daß er unser Schuldner sey; und daß wir uns +nicht eher für befriedigt halten werden, bis er seine Schuld +heimgezahlt habe. Ihr seht ja bereits, wie er uns je länger je +mehr von seinem Vertrauen und von seiner Zuneigung entfernt. + +Hot-Spur. +Das thut er, das thut er; wir wollen Rache an ihm nehmen. + +Worcester. +Vetter, lebt wohl. Geht nicht weiter in dieser Sache, als ich euch +durch meine Briefe anweisen werde. Wenn die Zeit reif seyn wird, +und das wird bald seyn, dann will ich in Geheim zu Glendower und +Mortimer mich begeben, wo ihr und Dowglas und unsre Völker, auf +meine Veranstaltungen, glüklich zusammen kommen sollen, um unser +Glük, das izt an einem Faden hängt, in unsern eignen starken Armen +zu tragen. + +Northumberland. +Lebet wohl, Bruder; ich habe die beste Hoffnung, daß alles gut von +statten gehen werde. + +Hot-Spur. +Lebt wohl, Oheim; O laßt die Stunden eilen, bis im blutigen +Schlachtfeld das Klirren der Schwerdter und das Aechzen der +Sterbenden mein belustigtes Ohr umtönt. + + + +Zweyter Aufzug. + + + +Erste Scene. +(Ein Wirthshaus bey Rochester.) (Ein Fuhrmann tritt mit einer +Laternen in der Hand auf, ruft dem Hausknecht, und giebt ihm eine +Commißion wegen seines Pferds; ein andrer Fuhrmann kommt dazu, und +die Flöhe in diesem Wirthshaus, worüber beyde sich beklagen, geben +Anlas zu einer kleinen Unterredung im fuhrmännischen Geschmak, +worinn, daß dich die Pest! und, geh' an Galgen, die schönsten +Blümchen sind. Gadshill, einer aus des Prinzen von Wales Bande, +kommt dazu, und erkundigt sich mit guter Manier bey ihnen, wenn die +Reisende, mit denen sie in diesem Wirtshaus angekommen, nach London +abzugehen gedenken.) + + + +Zweyte Scene. +(Ein kleines Gespräch zwischen Gadskill und einem Bedienten im +Wirthshaus, welches, ausser den Nachrichten, die der leztere dem +ersten von den Passagiers im Hause giebt, in einer Art von +Wizwechsel besteht, wovon der Uebersezer bekennt, daß es ihm +unmöglich fällt, die deutsche Sprache damit zu bereichern. +Diejenige, welche vielleicht glauben, daß er diese Unmöglichkeit +mit etwas weniger Trägheit hätte überwinden können, mögen sich zur +Probe an den sinnreichen Wörtern:) long-staff-six-penny-strikers(, +und) Mustachiopurple-hued-malt-worms (üben; und wenn ihnen auch +diese nicht zu schwer seyn sollten, so werden sie doch gestehen, +daß die unsaubern Wortspiele, die einen Theil dieser Scene +ausmachen, unübersezlich sind. Das beste ist, daß der Leser nicht +einen einzigen gesunden Gedanken, oder guten Einfall dabey +verliehrt. Man mag aus dem was wir übersezen, den Schluß auf +dasjenige machen, was wir auslassen müssen.) + + + +Dritte Scene. +(Verwandelt sich in die Landstrasse.) +(Prinz Heinrich, Poins und Peto treten auf.) + + +Poins. +Kommt, verbergt euch, verbergt euch; ich habe Falstaffs Pferd auf +die Seite gethan, und er murrt wie ein gummierter Sammet. + +Prinz Heinrich. +Halt dich ruhig. (Falstaff tritt auf.) + +Falstaff. +Poins, Poins! daß du gehangen wärst! Poins! + +Prinz Heinrich. +Still, du fettnierichter Spizbube, was für ein Geheul machst du da? + +Falstaff. +Wie, Poins! Hal! + +Prinz Heinrich (zu Poins.) +Er ist auf den Hügel hinauf gegangen, ich will geh'n und ihn +aufsuchen. + +Falstaff (auf einer andern Seite.) +Das ist meine Straffe davor, daß ich in dieses Diebs Gesellschaft +raube; der Raker hat mir mein Pferd auf die Seite gethan, der +Henker weiß wo hin. Wenn ich nur noch vier Quadrat-Schuhe weiter +zu Fuß gienge, so würd' ich mir den Blasebalg zersprengen. Gut, +ich zweifle nicht, daß ich eines schönen Tods für alles diß sterben +werde, in so fern ich dem Galgen entgehe, wenn ich diesen Spizbuben +todtschlage. Ich habe diese zwey und zwanzig Jahre her seine +Gesellschaft stündlich verschworen, und doch bin ich immer mit dem +Galgenstrik behext. Ich will gehangen seyn, wenn mir der Raker +nicht einen Liebes-Trank eingegeben hat; es kan anders nicht seyn; +ich hab' einen Liebes-Trank bekommen. Poins! Hal! Daß ihr die +Pest hättet! Bardolph! Peto! Ich will verhungern, wenn ich einen +Schritt weiter stehle. Wenn es nicht eine so gute That wär' als +ein Glas Bier auszutrinken, wenn ich ein ehrlicher Mann würde und +diese Galgenschwengel verliesse, so will ich der ausgemachteste +Halunke seyn, der jemals mit Zähnen gekäut hat. Acht Ellen unebner +Grund ist siebenzig Meilen für mich, wenn ich zu Fuß gehen muß. +Das hol der Henker, wenn Diebe nicht einmal ehrlich an einander +seyn können! + +(Er hört sie flüstern.) + +He! daß euch die Pestilenz alle mit einander! Gebt mir mein +Pferd, ihr Schelme, gebt mir mein Pferd, und geht an den Galgen. + +Prinz Heinrich. +Schweige, du Schmeer-Bauch, lieg nieder, leg dein Ohr hart an den +Boden, und horch, ob du nicht den Fußtritt von Reisenden hören +kanst. + +Falstaff. +Habt ihr ein paar Hebel, oder etliche, daß ihr mich wieder aufheben +könnt, wenn ich einmal liege? Sapperment! Ich wollte um alles +Geld in deines Vaters Schazkammer, mein eigen Fleisch nicht noch +einmal so weit zu Fuß tragen. Was zum T** meynt ihr damit, daß ihr +mich so vexiert--Ich bitte dich, Prinz Hal, hilf mir zu meinem +Pferd, guter Königs-Sohn. + +Prinz Heinrich. +Weg, du Schurke! Soll ich dein Stallknecht seyn? + +Falstaff. +Geh, und häng dich selbst an deinen eignen Cronprinzlichen +Kniebändern auf. Wenn ich ertappt werde, so will ich euch für +diesen Streich bezahlen; ich will reden was ich weiß, das glaubt +mir. Wenn ich's nicht dahinbringe, daß man Gassenhauer auf euch +macht, und sie im Ton von H**liedern in den Strassen singt, so möge +ein Becher mit Sect mein Gift seyn! Wenn man einen Spaß so weit +treibt, und noch dazu zu Fuß! Ich haß' es! (Gadshill und Bardolph +zu den Vorigen.) + +Gadshill. +Steh! + +Falstaff. +Das thue ich, wieder meinen Willen. + +Poins. +O, es ist unser Spion, ich kenn' ihn an der Stimme. Bardolph, was +giebts Neues? + +Bardolph. +Maskirt euch, maskirt euch, zieht eure Visiere herab: es kommt dort +Geld für den König vom Hügel herunter, Geld, das in des Königs +Schazkammer geht. + +Falstaff. +Du lügst, du Spizbube, es geht in des Königs Wirthshaus. + +Gadshill. +Es ist genug, uns alle--(reich zu machen). + +Falstaff. +An den Galgen zu bringen. + +Prinz Heinrich. +Ihr Herren, stellt ihr Viere euch ihnen vorn in dem holen Weg +entgegen; Ned Poins und ich wollen tiefer herunter gehen; wenn sie +euch entrinnen, so fallen sie doch uns in die Hände. + +Peto. +Aber wie viel sind ihrer? + +Gadshill. +Ihrer acht oder zehen. + +Falstaff. +Sakerlot! So werden sie ja uns berauben. + +Prinz Heinrich. +Was Sir Hans Wanst für eine Memme ist! + +Falstaff. +In der That, ich bin nicht Hans von Gaunt, euer Großvater, aber +doch auch keine Memme, Hal. + +Prinz Heinrich. +Gut, wir wollen's auf die Probe ankommen lassen. + +Poins. +Holla, Jak, dein Pferd steht hinter dem Zaun dort: wenn du's nöthig +hast, so wirst du's dort finden. Lebt wohl und haltet euch wohl! + +Prinz Heinrich (zu Poins leise.) +Ned, wo sind unsre Ueberkleider? + +Poins. +Hier, hart an uns; Laßt euch ja nicht sehen. + +(Sie gehen auf die Seit.) + +Falstaff. +Nun, meine Herren, ein jeder an seine Arbeit, wer das beste kriegt, +der hat's! + + + +Vierte Scene. +(Einige Reisende treten auf.) + + +Reisende. +Kommt, Nachbar; der Junge soll unsre Pferde den Hügel herunter +führen; wir wollen eine Weile zu Fuß gehen, um eine Veränderung zu +machen. + +Die Diebe. +Halt! + +Reisende. +Gott helf uns! + +Falstaff. +Schlagt zu; nieder mit ihnen, schneidet den Lumpenhunden die Hälse +ab, ha! Ihr verfluchtes Ungeziefer, ihr Schlingel von Spekfressern; +sie sind unsre Feinde, zu Boden mit ihnen, zieht sie aus. + +Reisende. +O wir sind verlohren, wir und die unsrigen auf immer. + +Falstaff. +An den Galgen, ihr dikbauchichten Schurken, seyd ihr verlohren? +Nein, ihr fetten Lümmel, ich wollt' euer ganzer Vorrath wäre hier; +nieder, ihr Spekseiten etc. + +(Sie binden und berauben die Reisenden, und gehen ab.) + +(Prinz Heinrich und Poins treten auf.) + +Prinz Heinrich. +Die Diebe haben die ehrlichen Leute gebunden; wenn izt du und ich +die Diebe berauben, und mit der Beute im Triumph nach London ziehen +könnte, das wäre eine Materie für eine Woche, ein Gelächter für +einen Monat, und ein Spaß für immer. + +Poins. +Sachte, ich höre sie kommen. (Die Diebe kommen zurük.) + +Falstaff. +Kommt, meine Herren, wir wollen theilen, und dann zu Pferde, eh der +Tag anbricht. Wenn der Prinz und Poins nicht zwo ausgemachte +Memmen sind, so ist keine Billigkeit mehr in der Welt. Dieser +Poins hat nicht mehr Herz als eine wilde Ente. + +(Indem sie theilen, werden sie von dem Prinzen und Poins überfallen.) + +Prinz Heinrich. +Euer Geld! + +Poins. +Ihr Galgenschwengel! + +(Die Diebe rennen fort, und Falstaff, nachdem er einen oder zween +Streiche bekommen, läuft auch davon, und läßt die Beute dahinten.) + +Prinz Heinrich. +Das hat nicht viel Mühe gekostet. Nun lustig zu Pferd; die Diebe +sind zerstreut, und in einen so grossen Schreken gesezt, daß sie +das Herz nicht haben, sich wieder zu sammeln; ein jeder hält den +andern für einen Gerichtsdiener. Hinweg, guter Ned. Wie wird der +arme dike Falstaff izt schwizen! Wenn ich nicht lachen müßte, ich +könnte Mitleiden mit ihm haben. + +(Sie gehen ab.) + + + +Fünfte Scene. +(Lord Percys Haus.) +(Hot-Spur tritt allein auf, einen Brief lesend.) + + +Hot-Spur. +"Was mich selbst betrift, Milord, so könnt ich um der Freundschaft +willen, die ich gegen euer Haus trage, wünschen, dort zu seyn." Er +könnte wünschen dort zu seyn; warum ist er denn nicht dort? "Um +der Freundschaft willen, die er gegen unser Haus trägt." Es zeigt +sich aus diesem, daß er seinen eignen Speicher mehr liebt als unser +Haus. Laßt doch weiter sehen: "Euere Unternehmung ist gefährlich." +Das wissen wir; es ist gefährlich einen Schnuppen zu kriegen, zu +schlaffen, zu trinken; aber laßt euch sagen, Milord Hasenfuß, daß +wir aus dieser Nessel-Gefahr, die Blume, Sicherheit, pflüken wollen. +"Eure Unternehmung ist gefährlich, die Freunde, die ihr nennt, +sind ungewiß, die Zeit selbst ist unschiklich, und euer ganzer +Entwurf zu leicht, einem so mächtigen Widerstand das Gegengewicht +zu halten." Sagt ihr das, sagt ihr das? So sag ich euch wieder +zurük, daß ihr eine schüchterne feige Hindin seyd, und daß ihr lügt. +Wo hat denn der Mann sein Hirn? Bey G**! Unser Entwurf ist ein +so guter Entwurf als jemals einer gemacht worden ist; unsre Freunde +sind zuverläßig und standhaft; ein guter Entwurf, gute Freunde, und +von denen man sich alles versprechen kan; ein vortrefflicher +Entwurf und recht gute Freunde! Was für ein kaltherziger Schurke +das ist! Wie? Milord von York billigt und begünstigt das Vorhaben +selbst und den Entwurf, und diese Memme hier--Bey meiner Hand, wär' +ich bey ihm, ich könnte ihm mit seiner Frauen Luftfächer das Hirn +ausschlagen. Ist nicht mein Vater, mein Oheim und ich selbst +dabey? Lord Edmund Mortimer, Milord von York, und Owen Glendower? +Ist nicht Dowglas dabey? Hab' ich nicht von ihnen allen Briefe, +daß sie auf den neunten dieses Monats ihre Waffen mit den meinigen +vereinbaren wollen? Sind nicht einige von ihnen würklich schon +ausgerükt? Was für ein verdammter Schurke ist das! Ha, ihr werdet +nun sehen, daß er in der Aufrichtigkeit seiner Zagheit und seines +kalten Bluts zum Könige gehen, und unser ganzes Vorhaben entdeken +wird. O ich könnte mich selbst in zwey spalten, daß ich eine +solche Schüssel voll geschwungne Milch in eine so edle Unternehmung +habe einmengen wollen. An den Galgen mit ihm, er mag es dem König +sagen. Wir sind gerüstet, ich will diese Nacht noch vorrüken.-- + + + +Sechste Scene. +(Lady Percy zu Hot-Spur.) + + +Hot-Spur. +--Was giebt's, Käthe? Ich muß dich in zwo Stunden verlassen. + +Lady. +O mein liebster Lord, warum seyd ihr so allein? Wegen was für +eines Verbrechens ist eure Gemahlin diese Nacht von ihres Harrys +Bette verbannt worden? Sage mir, mein Liebster, was ist es, das +dir deinen Appetit, dein Vergnügen und deinen Schlaf raubt? Warum +heftest du deine Augen auf den Boden? Warum fährst du so oft auf, +wenn du allein sizest? Warum hast du die frische Farbe deiner +Wangen verlohren? Und warum giebst du mein Kleinod, meine Rechte +an dich, der trübsinnigen Schwermuth preiß? Unter deinem unruhigen +Schlummer hab ich an deiner Seite gewacht, und dich von Krieg und +Schlachten murmeln gehört; du redtest mit deinem Pferde, oder +rieffest, (Courage! Zum Treffen!) Du redtest von Ausfällen und +Rükzügen; von Laufgräben, Zelten, Palisaden, Schanzen, Brustwehren, +Carthaunen, Canonen, Feldschlangen, von Ranzionen der Gefangnen, +und von erschlagnen Soldaten--Deine Seele war so sehr mit +kriegrischer Arbeit beschäftigt, und hat selbst im Schlaf dich in +eine so große Bewegung gesezt, daß grosse Schweißtropfen auf deiner +Stirne gestanden, und die Muskeln deines Gesichts aufgelauffen sind, +wie wir an Leuten sehen, denen vor allzuhastiger Bewegung der +Athem zurück bleibt. O! was für schrekenvolle Zeichen sind das! +Ihr habt irgend ein schweres Geschäfte vor euch, und ich muß es +wissen, oder ihr liebt mich nicht. (Ein Bedienter kommt herein.) + +Hot-Spur. +He! ist Willhelm mit dem Paquet abgegangen? + +Bedienter. +Ja, Milord, schon vor einer Stunde. + +Hot-Spur. +Hat der Kellner diese Pferde vom Scheriff gebracht? + +Bedienter. +Eines, Milord, bracht' er eben izt. + +Hot-Spur. +Was für eines? Den Rothschimmel, mit den gestuzten Ohren, nicht +wahr? + +Bedienter. +Ja, Gnädiger Herr. + +Hot-Spur. +Dieser Rothschimmel soll mein Thron seyn. Gut, ich will ihn gleich +besteigen. (O Esperance!)* Führte ihn der Kellner in den Parc? + +{ed. * Dieses französische Wort ist vermuthlich da, damit es die Lady +Percy nicht verstehen solle.} + +Lady. +Aber höret, Milord-- + +Hot-Spur. +Was willt du sagen, Milady? + +Lady. +Was führt euch dann weg? + +Hot-Spur. +Wie? Mein Pferd, Liebe, mein Pferd. + +Lady. +Weg mit dir, du tollköpfiger Affe! Eine Wiesel hat nicht so viel +Spleen als ihr--Bey meiner Treue, ich will euer Geschäfte wissen, +das will ich. Ich fürchte mein Bruder Mortimer geht damit um, +seinen Anspruch gelten zu machen, und verlangt euern Beystand; aber +wenn ihr geht-- + +Hot-Spur. +Soweit zu Fuß zu gehen, würde mich müde machen, Liebe. + +Lady. +Kommt, kommt, ihr kleiner Papagay, antwortet mir geradezu auf das +was ich euch frage. Ich breche dir deinen kleinen Finger ab, Harry, +wenn du mir nicht die ganze Wahrheit gestehst. + +Hot-Spur. +Weg, weg, kleiner Kindskopf--Lieben! Ich liebe dich nicht, ich +denke nicht an dich, Käthe; es ist izt keine Zeit mit Puppen zu +spielen, und mit Lippen zu fechten. Izt ist es um blutige Nasen, +und gespaltete Hirnschädel zu thun--Was sagst du, Käthe? Was willt +du von mir? + +Lady. +Liebt ihr mich dann nicht mehr? In der That nicht. Gut, so thut +es nicht. Denn wenn ich nicht mehr verdiene, von euch geliebt zu +werden, so bin ich auch nicht werth, daß ich mich selbst liebe. +Liebt ihr mich nicht? Nein, sag mir's, redst du im Scherz oder +nicht? + +Hot-Spur. +Komm, willt du mich reiten sehen? Wenn ich zu Pferd bin, dann will +ich schwören, daß ich dich unendlich liebe. Aber hörst du, Käthe, +du mußt mich nicht weiter ausfragen, wohin ich gehe; noch +Muthmassungen anstellen, warum? Wohin ich muß, muß ich, und um es +kurz zu machen, diesen Abend müssen wir scheiden, liebste Käthe. +Ich weiß daß du verständig bist, aber doch nicht verständiger als +Harry Percy's Weib. Du hast Muth, so viel ein Weibsbild haben soll; +und an Verschwiegenheit übertrift dich gewiß kein Frauenzimmer in +der Welt. Ich zweifle also keinen Augenblik daran, daß du nichts +sagen wirst, wenn du nichts weißst; und in so weit hab' ich ein +vollkommnes Zutrauen zu dir, meine süsse Käthe. + +Lady. +Wie? In so weit? + +Hot-Spur. +Nicht einen Zollbreit mehr. Aber hörst du, Käthe, wohin ich gehe, +sollt du auch gehen. Heute will ich abreisen, und morgen sollst du +mir folgen. Bist du nun zufrieden, Käthe? + +Lady. +Ich muß wohl. + +(Sie gehen ab.) + + + +Siebende und achte Scene. +(Der Schauplaz verwandelt sich in das Wirthshaus zum Bären-Kopf in +East-Cheap.) +(Ein paar unübersezliche Scenen, im Geschmak der trübsten Hefen +der pöbelhaftesten Canaille, zwischen dem Prinzen Heinrich, Poins, +Franz, dem Kellerjungen, und dem Wirth. Folgende Stelle ist das +Beste davon.) + + +Prinz Heinrich. +Ich hab, glaub' ich, auf einmal alle Launen im Leibe, die jemals +Launen gewesen sind, seit den alten 'Tagen des guten Großvater +Adams bis auf das Säuglings-Alter dieser gegenwärtigen zwölften +Stunde Mitternachts. Und doch bin ich nicht von Percy's Humor, +dieses Eisenfressers aus Norden, der mir sechs oder sieben Duzend +Schotten zum Frühstük todt schlägt, und wascht dann seine Hände, +und sagt zu seiner Frauen: Der Henker hole dieses ruhige Leben! +Ich habe ja nichts zu thun. "O mein süsser Harry", sagt sie dann, +"wie viele hast du heute todt geschlagen?" Gebt meinem Rothschimmel +zu trinken, sagt er, und antwortet ihr eine Stunde drauf ganz +kaltsinnig, ihrer vierzehn, oder so was, eine Kleinigkeit--Ich +bitte dich, ruf mir den Falstaff herein; ich will den Percy machen, +und der verdammte Schweinsbraten soll die Dame Mortimer, sein Weib, +agiren. Ruft den Schmeer-Bauch herein! + + + +Neunte Scene. +(Falstaff, Gadshill, Bardolph und Peto zu den Vorigen.) + + +Poins. +Willkommen, Jak; wo bist du gewesen? + +Falstaff. +Daß die schwere Noth alle feige Memmen, sag ich, und die Kränke +oben drauf; und Amen! Gieb mir ein Glas Sect, Junge--Eh ich diese +Lebensart fortseze, will ich Fuß-Soken nähen, und sie wieder fliken, +wenn sie brechen. Daß die Pestilenz alle feige Memmen! Gieb mir +ein Glas mit Sect, Schurke. Ist denn keine Tugend mehr in der Welt? + +(Er trinkt.) + +Prinz Heinrich. +Hast du den Titan nie ein Stük Butter küssen gesehen? und wie es +von den zärtlichen Sachen, die er ihm sagte, wegschmolz? Wenn du's +gesehen hast, so sieh' diese Composition. + +Falstaff. +Ihr Galgenschwengel, hier ist ja Kalk* in diesem Sect; es ist doch +nichts als Schelmerey in spizbübischen Leuten; aber eine Memme ist +noch ärger als ein Glas Sect worinn Kalk ist. Eine nichtswürdige +Memme!--Geh deines Wegs, alter Jak, stirb wenn du willt; wenn +Tapferkeit, wahre Tapferkeit nicht auf dem ganzen Erdenrund +vergessen ist, so bin ich ein Pikling. Es leben nicht drey brave +Männer ungehangen in England, und einer von ihnen ist fett, und +wird, Gott helf ihm, nach gerade alt--eine böse Welt, sag ich! Ich +wollt' ich wär' ein Weber**; ich könnte Psalmen singen, und Lieder +wie man's haben wollte. Daß die Pestilenz alle Memmen, sag ich! + +{ed. * Sir Richard Hawkins, einer von der Königin Elisabeth +See-Capitains, sagt in seinen Reisen S. 379: "Seitdem die +Spanischen Secte in unsern Wirtshäusern so gemein sind, die in der +Zubereitung mit Kalk vermischt werden, um sich länger zu erhalten, +beklagt sich unsre Nation über Stein, Wassersucht, und eine +Menge andrer Krankheiten, von denen wir nichts wußten, eh der +Gebrauch dieser Weine so sehr überhand nahm. Ausserdem vergeht +kein Jahr, daß nicht zwey Millionen Cronen dafür aus unserm Lande +gehen etc." Dieses leztere war in der That ein wesentliches Übel. +Aber daß Kalk den Stein verursachen soll, muß wohl nur ein +Vorurtheil des guten ehrlichen alten Mannes gewesen seyn, indem in +einem weit weisern Alter ein altes Weib ihr Glük damit gemacht hat, +uns zu zeigen, daß Kalk eine Arzney gegen den Stein sey. Warburton.} + +Prinz Heinrich. +Was giebts, Wollsak! was brummt ihr? + +Falstaff. +Ein Königs-Sohn? Wenn ich dich nicht mit einem Dolch von einem +Span aus deinem Königreich hinaus jagen, und alle deine Unterthanen +wie eine Heerde wilder Gänse vor dir her treiben will, so will ich +meine Tage kein Haar mehr an meinem Kinn tragen. Ihr, Prinz von +Wales? + +Prinz Heinrich. +Wie, du H**sohn von einem diken Flegel, was hast du denn? + +Falstaff. +Seyd ihr nicht eine Memme? Antwortet mir auf das, und Poins hier? + +Prinz Heinrich. +Du Wanst, wenn du mich eine Memme nennst, so bist du des Todes. + +Falstaff. +Ich hätte dich eine Memme geheissen? Eh will ich dich zur Hölle +gehen sehen, eh ich dich eine Memme heissen wollte; aber tausend +Pfund wollt' ich drum geben, wenn ich so geschwinde lauffen könnte, +wie du. O! was das betrift, eure Schultern habt ihr so gerad als +ihr's wünschen könnt, ihr bekümmert euch nichts darum, euern Rüken +sehen zu lassen. Nennt ihr das, euern Freunden den Rüken deken? +Daß die Pest ein solches Rükendeken hätte! Gebt mir ein Glas Sect. +Ich will eine H** seyn, wenn ich heute noch einen Tropfen +getrunken habe. + +Prinz Heinrich. +O du Schurke! du hast ja dein Maul kaum abgewischt, seitdem du das +leztemal getrunken hast. + +Falstaff. +Das ist all eins. + +(Er trinkt.) + +Daß die Pest alle feige Memmen, dabey bleib ich! + +Prinz Heinrich. +Was willt du denn damit? + +Falstaff. +Was ich damit will? hier sind unser vier, die diesen Morgen +tausend Pfund geraubt haben. + +Prinz Heinrich. +Wo ist das Geld? Wo ist es? + +Falstaff. +Wo es ist? Zum T** ist es, genommen ist es uns worden; ihrer +hundert gegen uns arme viere. + +Prinz Heinrich. +Was sagst du, ihrer hundert? + +Falstaff. +Ich will ein H*f*t seyn, wenn ich mich nicht zwey Stunden lang mit +einem Duzend von ihnen herumgehauen habe. Es ist ein Mirakel, daß +ich davon gekommen bin. Ich bin achtmal durch mein Wamms gestossen +worden, viermal durch die Hosen, mein Schild ist durch und durch +gehauen, und mein Schwerdt hat Scharten wie eine Hand-Säge, (ecce +signum.) Ich habe mich nie besser gehalten, seitdem ich ein Mann +bin. Hätten's andre auch so gemacht! Daß sie die Pest, die Memmen! +--Laßt sie reden; wenn sie mehr oder weniger sagen als wahr ist, so +sind sie Schurken, und Kinder der Finsterniß. + +Prinz Heinrich. +Redet, ihr Herren, wie gieng es dann her? + +Gadshill. +Wir vier machten uns an ihrer zwölf ungefehr-- + + +Falstaff. +Sechszehn wenigstens, Milord. + +Gadshill. +Und banden sie. + +Peto. +Nein, nein, gebunden wurden sie nicht. + +Falstaff. +Du Raker, sie wurden gebunden, einer nach dem andern; wenn's nicht +so ist, so will ich ein Jude seyn, ein hebräischer Jude. + +Gadshill. +Wie wir nun theilten, so überfielen uns sechs oder sieben frische +Männer. + +Falstaff. +Und banden die andern los, und da kamen die übrigen. + +Prinz Heinrich. +Wie? Fochtet ihr dann mit ihnen allen? + +Falstaff. +Mit Allen? Ich weiß nicht was ihr Alle nennt; aber wenn ich nicht +wenigstens mit fünfzig von ihnen fochte, so will ich ein Büschel +Rettiche seyn. Wenn ihrer nicht zwey oder drey und fünfzig an dem +armen alten Jak waren, so sey ich keine zweybeinichte Creatur. + +Poins. +Der Himmel verhüte, daß ihr keine von ihnen ermordet habt! + +Falstaff. +Gut, das kan er nun nicht mehr verhüten. Ich habe zween von ihnen +gepfeffert; zween, das kan ich sagen, hab' ich bezahlt, zween in +Schetter-Röken. Ich will dir was sagen, Hal; wenn ich dich anlüge, +so spey' mir ins Gesicht, nenn' mich einen Gaul; du kennst meine +alte Manier im parieren; so lag ich, und so führt ich meine Klinge; +vier Schurken in Schetter fielen über mich her, wie gesagt. + +Prinz Heinrich. +Was, viere? Du sagtest eben, es seyen nur zween gewesen. + +Falstaff. +Viere, Hal, viere sagte ich. + +Poins. +Ja, ja, er sagte viere. + +Falstaff. +Diese viere fielen mich alle von vornen an, und stiessen tapfer auf +mich zu; aber ich machte nicht viel Federlesens, sondern faßte auf +einmal alle ihre sieben Klingen mit meinem Schild auf; so-- + + +Prinz Heinrich. +Sieben? Es waren ihrer ja nur viere diesen Augenblik. + +Falstaff. +In Schetter. + +Poins. +Ja, ja, vier in Schetter-Röken. + +Falstaff. +Sieben, bey meinem Bauch, oder ich bin ein H*f*t. + +Prinz Heinrich (leise zu Poins.) +Ich bitte dich, laß ihn machen, es werden noch mehr draus werden. + +Falstaff. +Hörst du mich, Hal? + +Prinz Heinrich. +Ja, und versteh dich auch, Jak. + +Falstaff. +Gut, gut, es ist auch werth daß man aufhorche; diese neun Kerle in +Schetter, wovon ich dir sagte-- + +Prinz Heinrich. +So, schon wieder zween mehr-- + +Falstaff. +Wie sie sahen, daß ihre Klingen abgebrochen waren, fiengen sie an +zurük zu weichen; aber ich gieng ihnen mit Händen und Füssen zu +Leibe, und in einem Gedanken, lagen sieben von eilfen im Gras. + +Prinz Heinrich. +Das ist entsezlich. Eilf Männer von Schetter aus zween! + +Falstaff. +Aber da führte mir der T** drey mißgezeugte Schurken in Kendal-Grün +auf den Rüken, die auf mich zuwalkten; denn es war so dunkel, Hal, +daß du deine Hand nicht hättest sehen können-- + +Prinz Heinrich. +Diese Lügen sind so dik und fett als du selbst bist. Wie, du +kleyen-hirnichter Wanst, du H**sohn von einem unflätigen, +schmuzigen Schmeer-Bauch-- + +Falstaff. +Wie? Bist du toll, bist du toll? Ist es nicht die Wahrheit, die +Wahrheit? + +Prinz Heinrich. +Wie konntest du denn sehen, daß diese Leute in Kendal-Grün gekleidt +waren, wenn es so dunkel war, daß du deine Hand nicht sehen +konntest? Komm, laß sehen wie du das machtest; was sagst du hierzu? + +Poins. +Nun, Jak, wie machtet ihr das, sagt einmal. + +Falstaff. +Wie, ihr wollt's mit Gewalt wissen, mit Gewalt? Nein, und wenn ich +auf dem Strappado wäre, oder auf allen Foltern der ganzen Welt, ich +wollt' euch nichts sagen, wenn ihr's mit Gewalt wissen wolltet. + +Prinz Heinrich. +Es ist Zeit dem Spaß ein Ende zu machen. Wißt also, diese +blutreiche Memme hier, dieser Bett-Druker, dieser Pferd-Rüken- +Brecher, dieses Gebürge von Fleisch-- + +Falstaff. +Weg mit euch, ihr Hunger-Darm, ihr Aal-Haut, ihr dürre Kalbs-Zunge, +ihr Ochsen-Ziemer, ihr Stok-Fisch--O wenn ich nur einen längern +Athem hätte!--Was ist dir noch mehr ähnlich? Ihr Ellen-Maaß, ihr +Fiddelbogen-Futteral, ihr langer Rauf-Degen-- + +Prinz Heinrich. +Gut, verschnauffe eine Weile, und fahre hernach fort; und wenn du +dich in niederträchtigen Gleichnissen erschöpft hast, so höre mich +nur dieses sagen. + +Poins. +Horch auf, Jak. + +Prinz Heinrich. +Wir beyde sahen euch viere ihrer viere angreifen, ihr bandet sie, +und bemeistertet euch ihrer Baarschaft; nun gebt Achtung wie es +weiter gierig. Wir beyde fielen hierauf über euch viere her, +jagten euch auseinander, und nahmen euch eure Beute weg; so ist's +und wir können sie euch hier im Hause zeigen. Und ihr, Falstaff, +ihr trugt eure Kutteln so leicht weg, mit einer so behenden +Hurtigkeit, und brülltet so kläglich um Gnade, und renntet und +brülltet in einem fort, so gut als ich jemals ein Stierkalb brüllen +hörte. Was für ein Sclave bist du, deinen Degen so zu zerhaken wie +du gethan hast, und dann zu sagen, es sey vom Fechten gekommen? +Was für eine Ausflucht, was für eine Lüge, was für eine Höle kanst +du ausfündig machen, dich vor dieser offenbaren, unläugbaren +Schande zu verbergen? + +Poins. +Komm, laß es uns hören, Jak. Wie willst du dir nun hinaushelfen? + +Falstaff. +Bey G**, ich kannte euch so gut, als der so euch gemacht hat. Wie, +hört ihr, meine Herren, hätt' ich den präsumtiven Erben umbringen +sollen? Hätt' ich meine Hand an den Cron-Prinzen legen sollen? +Wie, du weißst, daß ich so tapfer als Hercules bin; aber der +Instinct hielt mich dißmal zurük; der Löwe greift niemals den Cron- +Prinzen an: Der Instinct ist ein mächtiges Ding. Aus Instinct ward +ich eine Memme, und ich werde mein Lebenlang deßwegen von dir und +mir nur eine desto bessere Meinung haben; denn das beweißt +unleugbar, daß ich ein tapfrer Löwe bin, und daß du der ächte Cron- +Prinz bist. Aber, bey G**, Jungens, es freut mich, daß ihr das +Geld habt--Wirthin! riegle die Thüre; wache die Nacht durch, und +bete Morgens. Hey da, ihr lustigen Brüder, Jungens, Gold-Püpchens, +sagt, wie wollen wir uns lustig machen? Wollen wir eine Comödie +(ex tempore) spielen? + +{ed. ** In der Verfolgung der Protestanten in Flandern unter +Philipp dem 2ten, brachten diejenigen die bey dieser Gelegenheit +nach England kamen, die Wollen-Manufacturen mit. Diese waren +Calvinisten, welche jederzeit durch ihre Neigung zum +Psalmensingen sich unterschieden haben. +Warburtun.} + +Prinz Heinrich. +Ich bins zufrieden--und der Inhalt soll dein Davon lauffen seyn. + +Falstaff. +Ah!--nichts mehr hievon, Hal, wenn du mich lieb hast. + + + +Zehnte Scene. +(Die Wirthin kommt herein und meldet dem Prinzen, daß ein Herr von +Hofe da sey, der auf Befehl des Königs mit ihm sprechen wolle. +Falstaff wird abgeschikt zu hören was er wolle.) + + + +Eilfte Scene. +(Falstaff kommt zurük, und bringt die Zeitung von dem Aufstand, +den Percy, Northumberland, Douglas, und Glendower, im Norden von +England erregt, und daß der Prinz auf morgen zum König, seinem +Vater, beschieden sey. Dieses giebt zu einer kleinen Comödie von +der pöbelhaftest-bürlesken Art Anlas, worinn Falstaff den König +macht, und den Prinzen wegen seiner unanständigen Lebensart und +lüderlichen Gesellschaft ausschilt, jedoch mit Ausnahme des +einzigen Falstaff, von dem er viel Gutes sagt. Der Prinz behauptet, +Falstaff habe den König nicht recht gemacht, übernimmt diese Rolle +selbst, läßt Falstaffen den Prinzen seyn, und sagt alsdann eben so +viel böses von Falstaff als dieser vorhin Gutes von sich selbst +gesagt hatte. Folgendes mag zur Probe dienen:) + + +Prinz Heinrich (in der Person des Königs.) +Ich höre grosse Klagen über dich. + +Falstaff (in der Person des Prinzen.) +Sakerlot! Gnädigster Herr, sie sind alle erlogen-- + +Prinz Heinrich. +Du schwörst, unartiger Bube? Von nun an komm nimmer vor meine +Augen! Du gehst einen verderblichen Weg; es ist ein Teufel, der +dich jagt, ein Teufel in Gestalt eines fetten alten Manns; eine +Tonne von einem Mann ist deine Gesellschaft. Wie, schämst du dich +nicht mit diesem Weinfasse umzugehen, mit diesem zusammengeballten +Klumpen von Bestialität, mit diesem ungeheuren Kessel voll Sect, +mit diesem ausgestoßen Felleisen von Kutteln,--diesem ehrwürdigen +Laster, dieser grauen Büberey, diesem Vater Spizbuben, dieser +bejahrten Eitelkeit? Wozu ist er gut, als Sect zu kosten und +auszutrinken? Worinn ist er nett und manierlich, als einen +Capaunen zu zerlegen und aufzuessen? Worinn hat er Verstand als in +Ränken? Wozu braucht er seine Ränke als zu Bubenstüken? Worinn +ist er ein Lotterbube als in allen Dingen? Und worinn ist er +löblich als in nichts? + +Falstaff. +Wen meynt Euer Majestät? + +Prinz Heinrich. +Diesen ruchlosen schändlichen Verführer der Jugend, Falstaff, +diesen alten weißbartigen Satan. + +Falstaff. +Milord, den Mann kenn' ich. + +Prinz Heinrich. +Das weiß ich wol. + +Falstaff. +Aber wenn ich sagte, daß er ein schlimmerer Mann sey als ich selbst, +so sagt' ich mehr als ich weiß. Daß er alt ist, davon zeugen +leider! seine weissen Haare; aber daß er, mit Respect vor euch zu +sagen, ein H**jäger sey, das läugne ich schlechterdings. Wenn Sect +und Zuker etwas unrechtes ist, so helf G** den Schlimmen! Wenn alt +und aufgeräumt seyn, eine Sünde ist, so kenn' ich manchen alten +Wirth, der verdammt werden müßte; wenn fett seyn, Haß verdient, so +müßten Pharaons magre Kühe liebenswürdig seyn. Nein, Gnädigster +Herr, verbannet Peto, verbannet Bardolph, verbannet Poins; aber den +guten alten Jak Falstaff, den wakern Jak Falstaff, den ehrlichen +Jak Falstaff, den tapfern Jak Falstaff, und desto tapfrer, da er, +wie man nicht läugnen kan, der alte Jak Falstaff ist, den verbannt +nicht aus Harry's Gesellschaft: Wolltet ihr den guten diken Jak von +mir verbannen, so verbannet eben so mehr die ganze Welt von mir-- +([Diese unvollkommne Probe, (denn man hat dennoch einige Blümchen +auslassen müssen) wird den Leser vermuthlich geneigt machen, dem +Uebersezer in Absicht der Falstaffischen Scenen Vollmacht zu geben, +darüber nach eignem Belieben zu schalten. Man muß ein Engländer +seyn, diese Scenen von Engländern spielen sehen, und eine gute +Portion Pounsch dazu im Kopfe haben, um den Geschmak daran zu +finden, den Shakespears Landsleute gröstentheils noch heutiges +Tages an diesen Gemählden des untersten Grads von pöbelhafter +Ausgelassenheit des Humors und der Sitten finden sollen.]) +(Bardolph und die Wirthin lauffen erschroken herein, und melden, +daß der Scheriff mit der Wache vor der Thüre sey, und das Haus +durchsuchen wolle. Prinz Heinrich übernimmt es ihn abzufertigen, +nachdem er Falstaffen und den übrigen befohlen, sich zu verbergen.) + + + +Zwölfte Scene. +(Der Scheriff kommt mit einem von den Fuhrleuten der Beraubten, +und fragt nach Falstaffen, welchen er beschuldigt, den Raub +begangen zu haben. Der Prinz antwortet ihm ganz ernsthaft, und +also in reimlosen Versen (denn Shakespear ist, wie wir wissen, ein +genauer Beobachter des Decorum,) der Mann sey nicht hier, indem er +ihn Geschäfte halber ausgeschikt habe; er giebt aber dem Scheriff +sein Ehrenwort, daß er ihn bis morgen Mittags stellen, und wenn es +sich finde, daß er den Raub begangen, der Justiz überlassen wolle. +Der Scheriff nimmt hierauf seinen demüthigen Abschied, und der +Prinz erklärt sich gegen Peto, daß er den Beraubten ihr Geld mit +Wucher wieder zurükgeben, morgen nach Hofe und von da zu Felde +gehen, sie aber allerseits mit sich nehmen, und bey der Armee +anständig unterbringen wolle.) + + + + +Dritter Aufzug. + + + +Erste Scene. +(Des Archi-Diaconus von Bangor Haus in Wales.) +(Hot-Spur, Worcester, Mortimer und Owen Glendower treten auf.) + + +Mortimer. +Diese Versprechungen sind schön, die Partheyen zuverläßig, und +unser Vorhaben voller Hoffnung eines glüklichen Ausgangs. + +Hot-Spur. +Milord Mortimer, und Vetter Glendower, wollt ihr nicht Plaz nehmen? +Und ihr, Oheim Worcester--Der Henker hol' es! ich habe die Land- +Carte vergessen. + +Glendower. +Nein, hier ist sie. Sezt euch, Vetter Percy, sezt euch, guter +Vetter Hot-Spur: Denn wenn Lancaster euch bey diesem Namen nennen +hört, dann erblassen seine Wangen, und mit einem emporsteigenden +Seufzer wünscht er, daß ihr im Himmel seyn möchtet. + +Hot-Spur. +Und ihr in der Hölle, so oft er von Owen Glendower reden hört. + +Glendower. +Ich tadle ihn nicht; in meiner Geburts-Stunde erfüllte sich die +Stirne des Himmels mit feurigen Gestalten und brennenden Meteoren; +wißt, der ganze Erdball zitterte in seinen innersten Gewölben, wie +eine Memme, als ich gebohren ward. + +Hot-Spur. +Das würd' er gethan haben, wenn in der nemlichen Stunde eurer +Mutter Kaze Junge gehabt hätte, und ihr nie gebohren worden wäret. + +Glendower. +Ich sage, die Erde bebte wie ich gebohren ward. + +Hot-Spur. +Und ich sage, wenn die Erde das that, so dachte sie nicht wie ich, +in so fern ihr euch einbildet, sie zitterte aus Furcht vor euch. + +Glendower. +Die Himmel waren lauter Feuer, und die Erde bebte. + +Hot-Spur. +Die Erde bebte also, weil sie den Himmel in Feuer sah, und nicht +weil ihr gebohren wurdet. Die kranke Natur bricht oft in seltsame +Paroxismen aus; die Erde wird zuweilen von dem unbändigen Wind, der +in ihren Leib eingekerkert ist, mit einer Art von Colik gequält; er +sträubt sich durchzubrechen, und schüttelt die gute alte Mutter so +stark, daß hohe Schlösser und bemooßte Glokenthürme umstürzen. Wie +ihr gebohren wurdet, so hatte unsre Groß-Mutter Erde eben einen +solchen Anstoß von Bauchweh, und das war alles. + +Glendower. +Vetter, diese Reden würde ich nicht von vielen andern ertragen. +Erlaubt mir euch noch einmal zu sagen, daß bey meiner Geburt die +Stirne des Himmels voller feuriger Gestalten war; die Geissen +rennten von den Bergen herab, und die Heerden auf den Feldern +brüllten auf eine unnatürliche Art vor Schreken. Diese Zeichen +deuteten an daß ich ausserordentlich seyn würde, und der ganze Lauf +meines Lebens hat bewiesen, daß ich nicht in die Classe der +gewöhnlichen Menschen gehöre. Wo lebt, innert den seebespühlten +Grenzen von England, Wales und Schottland, der Mann der sich rühmen +kan, mein Lehrmeister gewesen zu seyn? Und dennoch hab ich den +Sohn eines Weibs noch nicht gesehen, der es in irgend einer +Wissenschaft oder Kunst mit mir aufnehmen könnte. + +Hot-Spur. +Ich glaube selbst, daß niemand besser welsch redt--ich will zum +Mittag-Essen. + +Mortimer. +Ruhig, Vetter Percy; ihr macht ihn noch böse. + +Glendower. +Ich kan die Geister aus dem Abgrund hervorrufen. + +Hot-Spur. +Das kan ich auch, und das kan jedermann; aber kommen sie, wenn ihr +ihnen ruft? + +Glendower. +Wie, ich kan dich dem Teufel gebieten lehren. + +Hot-Spur. +Und ich kan dich den Teufel beschämen lehren; du darfst nur die +Wahrheit reden: Sprich wahr, und beschäme den Teufel, sagt das +Sprüchwort. Wenn du im Stand bist ihn zu beschwören, so bring ihn +her; und ich will im Stand seyn, ihn mit Schaam wieder wegzujagen. +O! sagt euer Lebenlang die Wahrheit, und beschämt den Teufel. + +Mortimer. +Kommt, kommt, wozu soll dieses Gewäsche nüzen? + +Glendower. +Dreymal hat Heinrich Bolingbroke sich meiner Macht entgegen +gestellt; dreymal hab ich ihn von den Ufern des Wye und des +silbersandigen Severn, ohne Stiefel und von Gewittern verfolgt, +heimgeschikt. + +Hot-Spur. +Heimgeschikt, ohne Stiefeln und noch dazu in schlimmem Wetter. Wie, +ins T** Namen, entgieng er dem Fieber? + +Glendower. +Kommt, hier ist die Carte; wollen wir nach unsern dreyfachen +Ansprüchen unser Recht theilen? + +Mortimer. +Der Archi-Diaconus hat es schon, sehr gleich, durch drey Linien +getheilt: England, vom Trent bis hier zum Severn, Süd- und Ostwärts, +ist mein Antheil; alles was gegen Westen ligt, Wales, und alle +diese fruchtbaren Länder innert den Ufern des Severn, sollen Owen +Glendowers seyn; und, Vetter Percy, der übrige nordliche Theil, +jenseits des Trent, euer. Unser dreyfacher Verglich ist bereits +aufgesezt, und wenn die Instrumente gesiegelt und ausgewechselt +seyn werden, welches in dieser Nacht noch geschehen kan, so wollen +wir, ihr, Vetter Percy, und ich, und Mylord von Worcester, morgen +ausrüken, um uns, der Abrede gemäß, zu Schrewsbury mit euerm Vater +und den Schottischen Völkern zu vereinbaren. Mein Vater Glendower +ist noch nicht fertig, auch haben wir in diesen vierzehn Tagen +seiner noch nicht vonnöthen; und diese Zeit ist mehr als +hinreichend, + +(zu Glendower) + +daß ihr eure Vasallen, Freunde und Nachbarn aufbieten könnet. + +Glendower. +Ich werde in kürzerer Frist bey euch seyn, Milords; und ich will +euch eure Ladys mitbringen, von denen ihr euch izt, ohne Abschied, +wegstehlen müßt; denn es wird eine Welt voll Wasser vergossen +werden, wenn ihr und eure Weiber scheiden müßt. + +Hot-Spur. +Mich däucht, mein Antheil, Nordwärts von Burton hier, ist lange +nicht so groß als der eurige. Seht, wie dieser Fluß, indem er sich +hier schlangenweis zurük krümmt, mir einen grossen halben Mond von +dem schönsten Theil meines ganzen Landes abschneide. Ich will den +Strom hier aufgetroknet haben, und hier soll in einem neugegrabnen +Canal der glatte silberne Trent schön und eben dahinfliessen; er +soll sich nicht mit so tieffen Krümmungen winden, und mich hier +eines so reichen Bodens berauben. + +Glendower. +Er soll sich nicht winden? Er soll, er muß; ihr seht ja, er thut's. + +Mortimer. +Aber ihr seht ja, daß er hier auf dieser Seite euch eben so viel +wieder zulegt, als er euch auf der andern abschneidet. + +Worcester. +Ja, aber es wird nur wenig Mühe brauchen ihn hier herüber zu leiten, +um auf der Nordseite diesen Strich Lands zu gewinnen, und dann +fließt er gerad und eben. + +Hot-Spur. +Ich will es so haben, es wird bald geschehen seyn. + +Glendower. +Ich werde keine Veränderung zugeben. + +Hot-Spur. +Ihr wollt nicht? + +Glendower. +Nein, und ihr sollt keine machen. + +Hot-Spur. +Und wer ist der, der nein dazu sagen wird? + +Glendower. +Der bin ich. + +Hot-Spur. +So sagt es auf welsch, damit ich es nicht verstehe. + +Glendower. +Ich kan englisch reden, Lord, so gut als ihr, denn ich ward am +Englischen Hof erzogen; ich habe manches englische Lied als +Jüngling auf meiner Harfe begleitet, und den Beyfall der Schönsten +erlangt, wenn ich meine Stimme mit ihren Accenten vermählte; eine +Geschiklichkeit, die man nie an euch gesehen hat. + +Hot-Spur. +Glaubt mir, es sollte mir leid seyn, wenn es anders wäre. Ich +wollte lieber eine Kaze seyn, und, Miau, schreyen!--als einer von +diesen schnurrenden Reimen-Mäklern; ich will lieber einen küpfernen +Kerzenstok umfallen hören, oder ein ungeschmiertes Rad in der Achse +kirren, es würde mir lange nicht so weh in den Zähnen thun, als +dieses läppische Geklingel von Poeterey; das ist ja nicht anders, +als wie wenn man einen stolpernden Klepper zwingen will, einen +guten Schritt zu gehen. + +Glendower. +Kommt, kommt, Trent soll abgeleitet werden. + +Hot-Spur. +Was bekümmert mich das? Ich will dem ersten Freund der mir gute +Dienste thut, dreymal so viel Land geben; aber hier, versteht mich +wohl, wo es um einen Vertrag zu thun ist, wollt ich um den neunten +Theil eines Haars schicaniren. Sind die Instrumente aufgesezt? +Können wir gehen? + +Glendower. +Der Mond scheint hell, ihr könnt diese Nacht abreisen; ich will den +Schreiber treiben, und indessen eure Weiber auf euern Abschied +vorbereiten; ich fürchte meine Tochter wird unsinnig davon werden, +so verliebt ist sie in ihren Mortimer. + +(Er geht ab.) + + + +Zweyte Scene. + + +Mortimer. +Fy, Vetter Percy, warum könnt ihr meinen Vetter nicht unangefochten +lassen? + +Hot-Spur. +Ich kan nicht anders; er macht mich manchmal toll, wenn er mir vom +Maulwurf und der Ameise erzählt, und von den Propheceyungen des +Träumer Merlins, und von einem Drachen, und von einem Fisch ohne +Floßfedern, und von einem Greiffen mit beschnittnen Flügeln, und +von einer hüpfenden Kaze, kurz von einer Menge solchem +abgeschmaktem Hocus-Pocus, das mir die Geduld ausgehen macht. Ich +will euch was sagen, er hielt mich verwichne Nacht zum wenigsten +neun Stunden auf, mir die Namen der verschiednen Teufel +herzurechnen, die seine Lakeyen seyn sollen; ich schrie--hum!--und-- +wohl, wohl! Aber ich gab ihm nicht auf ein Wort Acht. O! er ist +so beschwerlich wie ein müdes Pferd, oder ein keiffendes Weib; +ärger als ein rauchiges Haus. Ich wollte lieber bey Käs und +Knoblauch in einer Windmühle leben, und weit von ihm seyn; als +Kazen fressen, und seinem Geschrey zuhören, in irgend einem +Sommerhaus in der Christenheit. + +Mortimer. +Er ist, bey allem dem, ein verdienstvoller Edelmann, +ausserordentlich belesen, und in den seltsamsten Wissenschaften +erfahren; tapfer wie ein Löwe; überaus leutselig, und gütig wie die +Minen von Indien. Soll ich's euch sagen, Vetter; er giebt euerm +Temperament ungemein viel nach, und thut sich selbst die gröste +Gewalt an, wenn ihr ihn auf eine so anzügliche Art in seinem Humor +durchkreuzt; ich versichre euch, der Mann lebt nicht, der ihn ohne +Gefahr, so wie ihr gethan habt, hätte reizen dürfen. Aber thut es +nicht oft, ich bitte euch. + +Worcester. +In der That, Milord, ihr seyd zu tadelsüchtig, und habt, seitdem +ihr hier seyd, genug gethan, um seine Geduld aufs äusserste zu +bringen. Ihr müßt diesen Fehler nothwendig verbessern lernen, Herr. +Ob dieses hastige Wesen gleich manchmal Grösse, Muth und Feuer +anzeigt, (und das ist der größte Vortheil den ihr davon haben +könnet;) so giebt es hingegen auch öfters das Ansehen einer rohen +Wildheit, eines Mangels an Lebensart und Sitten, und den Schein von +Stolz, Aufgeblasenheit, übertriebner Einbildung und Verachtung +andrer Leute; Fehler, wodurch ein Mann, mit den grösten Verdiensten, +die er sonst haben mag, die Herzen der Leute verliehrt, und die +einen Fleken auf die ganze schöne Seite werfen, wodurch er sonst +die Hochachtung der Welt gewonnen hätte. + +Hot-Spur. +Gut, ihr habt mich nun genug geschulmeistert denke ich; ich +verlang' euch den Vorzug der Höflichkeit nicht streitig zu machen-- +hier kommen unsre Weiber, und wir wollen unsern Abschied nehmen. + + + +Dritte Scene. +(Glendower mit Lady Mortimer und Lady Percy, zu den Vorigen.) + + +Mortimer. +Das ist ein Umstand, der mir oft tödtlichen Verdruß macht, mein +Weib kann nicht englisch reden, und ich nicht welsch. + +Glendower. +Meine Tochter weint, sie will nicht von euch scheiden, sie will +auch ein Soldat werden, sie will in den Krieg. + +Mortimer. +Milord, sagt ihr, sie und meine Tante Percy sollen uns in kurzem +folgen. + +(Glendower spricht welsch mit ihr, und sie antwortet ihm darinn.) + +Glendower. +Sie will sich nicht trösten lassen; eine kleine eigensinnige Hexe, +bey der keine Ueberredung anschlagen will. + +Mortimer. +Ich versteh' deine Blike, ich bin ein Meister in diesem anmuthigen +Welsch, das du aus diesen zween schwellenden Himmeln hervorathmest, +und, wären wir nicht in Gesellschaft, ich wollte dir in der +nemlichen Sprache antworten; ich verstehe deine Küsse, und du die +meinige, in dieser fühlbaren Unterredung haben wir keinen +Dollmetscher nöthig; aber ich will nicht ruhen, Liebe, bis ich +deine Sprache gelernt habe; denn von deinen Lippen tönt das Welsche +so anmuthig als aus einer Sommerlaube der süsse Gesang einer Feen- +Königin, von den entzükenden Griffen ihrer goldnen Laute beseelt. + +Glendower. +O! wenn du in Zärtlichkeit schmilzst, so wird sie gar unsinnig +werden. + +(Die Lady redt wieder welsch.) + +Mortimer. +Ach! hierinn bin ich die Unwissenheit selbst. + +Glendower. +Sie bittet, daß ihr euch niederlegen und euer holdes Haupt auf +ihrem Schooß ruhen lassen sollt, und sie will euch den Gesang +singen, den ihr so gerne hört, und euer Blut in eine angenehme +Schwermuth wiegend, den Gott des Schlafs auf euern Augliedern +krönen; euch in dieses zauberische Mittel zwischen Schlaf und +Wachen senken, das dem Gemische von Nacht und Tag ähnlich ist, eine +Stunde eh der Gott des Lichts seinen goldnen Lauf aus Osten beginnt. + +Mortimer. +Von Herzen gerne will ich mich sezen, und sie singen hören; +inzwischen, denk' ich, werden unsre Papiere fertig werden. + +Glendower. +Thut das, und obgleich die Musicanten, die euch dazu aufspielen +sollen, tausend Meilen weit von hier in der Luft hangen, so sollen +sie doch in einem Wink zugegen seyn. Sezt euch, und horcht. + +Hot-Spur. +Komm, Käthe, du bist eine Meisterin im Niederligen; komm, geschwind, +geschwind, daß ich meinen Kopf auf deine Schooß legen kan. + +Lady. +Geht, alberne Gans. + +(Die Musik fängt an.) + +Hot-Spur. +Nun merk' ich, daß der Teufel welsch versteht; bey unsrer Frauen, +er ist kein schlimmer Musicant; kein Wunder, daß er so wunderliche +Launen hat. + +Lady Percy. +Wenn es die Launen ausmachten, so müßtet ihr über und über +musicalisch seyn: Ligt still, ihr Dieb', und hört die Lady welsch +singen. + +Hot-Spur. +Ich wollte lieber meine Lady Brake auf irländisch heulen hören. + +Lady. +Soll ich dir deinen Kopf zerbrechen? + +Hot-Spur. +Nein. + +Lady. +Nun, so lig still. + +Hot-Spur. +Das auch nicht, das schikt sich nur für eine Lady. + +Lady. +Nun, so helf dir Gott! + +Hot-Spur. +In der welschen Lady Bette. + +Lady. +Was sagtest du? + +Hot-Spur. +Still, sie singt. + +(Lady Mortimer singt ein welsches Lied.) + + + +Hot-Spur. +Komm, Käthe, du must mir auch eins singen. + +Lady Percy. +Ich gewiß nicht, bey meiner Treu. + +Hot-Spur. +Bey deiner Treu? du schwörst ja wie ein Zukerbekers-Weib! Nicht +du, bey deiner Treu! und, so wahr ich leb, und, hol mich Gott, und, +so wahr als die Sonn am Himmel ist; wenn man dich so armselig +schwören hört, so dächte man, du seyst nie weiter als bis nach +Finsbury gekommen. Schwör mir wie eine Lady, Käthe, die du bist, +einen hübschen den Mund ausfüllenden Schwur, und überlaß das meiner +Treu und dergleichen Pfeffer- und Ingwerkrämerische Blümchen, den +ehrlichen Leuten die am Sonntag ihr hübsches Kleid anziehen.--Komm, +sing. + +Lady. +Ich will nicht singen. + +Hot-Spur. +Und ich will gehen; wenn die Aufsäze fertig sind, so können wir in +zwo Stunden schon fort seyn. Kommt mit, wenn ihr wollt. + +(Er geht ab.) + +Glendower. +Kommt, kommt, Lord Mortimer; ihr seyd, däucht mich, so träge zum +Gehen als Lord Percy feurig ist. Unsre Instrumente werden fertig +seyn; wir wollen nur sigeln und dann gleich zu Pferde. + +Mortimer. +Von Herzen gerne. + +(Sie gehen ab.) + + + +Vierte Scene. +(Verwandelt sich in den Audienz-Saal zu Windsor.) +(König Heinrich, der Prinz von Wales, Lords und Gefolge treten auf.) + + +König Heinrich. +Lords, verlaßt uns eine Weile; der Prinz von Wales und ich müssen +allein mit einander sprechen; aber entfernt euch nicht weit, denn +wir werden euch bald wieder nöthig haben. + +(Die Lords gehen ab.) + +Ich weiß nicht, ob es Gott so haben will, daß zu Befriedigung +seines geheimen Grimms über irgend eine mißfällige That meines +Lebens aus meinem eignen Blut ein Rächer und eine Peitsche für mich +entstehen sollte; aber der ganze Zusammenhang deiner Aufführung und +Lebensart läßt mich nichts anders glauben, als daß du ganz allein +zum Werkzeug der heissen Rache des Himmels wieder mich bestimmt +bist. Oder sage mir, wär es sonst möglich, daß so zügellose und +niederträchtige Neigungen, so elende, so pöbelhafte, so schändliche, +so ruchlose Handlungen, so nichtswürdige Belustigungen, eine so +verächtliche, so wilde Gesellschaft, als diejenige womit du gepaart +oder mit der du vielmehr ganz in eins verwachsen bist, fähig seyn +sollten, dich deiner angebohrnen Hoheit vergessen zu machen, und +dein fürstliches Herz zu sich herunter zu ziehen? + +Prinz Heinrich. +Gnädigster Herr, ich wünschte daß ich von allen Vergehungen so frey +wäre, als ich gewiß bin, mich von vielen reinigen zu können, die +mir zur Last gelegt werden. Indessen erlaubet mir wenigstens so +viele Nachsicht von Euer Majestät zu erbitten, daß, wenn viele von +diesen nachtheiligen Erzählungen, womit niederträchtige Zeitungs- +Mäkler das Ohr der Fürsten zu umsumsen pflegen, sich falsch +befinden, meine aufrichtige Reue wegen einiger würklicher +Vergehungen, worinn meine Jugend ausschweiffend und tadelhaft +gewesen ist, Vergebung erlangen möge. + +König Heinrich. +Der Himmel vergebe dir! Aber laß mich dir mein Erstaunen darüber +bezeugen, Harry, daß deine Neigungen sich so weit von dem edeln +Flug aller deiner Vorältern entfernen. Du hast durch deine rohe +Lebensart deinen Plaz im Staats-Rath verlohren, der nun durch +deinen jüngern Bruder erfüllt wird; du hast die Herzen des ganzen +Hofs, und alle Prinzen von meinem Blut verlohren. Niemand hoffet +oder erwartet etwas Gutes von deiner Zeit, und jede Seele sagt sich +selbst prophetisch deinen Fall vorher. Hätte ich deine Sitten +gehabt, hätt' ich in den Augen der Welt mich so gemein und +verächtlich gemacht, durch eine so pöbelhafte Gesellschaft mir +selbst meinen Werth benommen; die Meynung, die mir zur Crone half, +würde dem vorigen Besizer treu geblieben seyn, und mich in +ruhmloser Verbannung, unbemerkt und in der Menge des verdienstlosen +Hauffens, verlohren, vergessen haben. Aber da ich selten gesehen +wurde, erschien ich niemals, ohne wie ein Comet, jedes Aug' auf +mich zu ziehen. Die Väter sagten dann zu ihren Kindern: Diß ist er! +Wo, wo? fragten andre; welcher ist Bolingbroke? Und dann stahl +ich, wie ein andrer Prometheus, diese huldreiche Leutseligkeit vom +Himmel, dieses göttliche Feuer, wodurch die Könige die Liebe ihrer +Unterthanen nähren, entzog die Herzen des Volks durch die Demuth, +in die ich mich einkleidete, ihrem Oberherrn, und empfieng lautes +Zujauchzen und frolokende Grüsse, selbst in der Gegenwart des +gekrönten Königs. Auf diese Art erhielt ich mich immer frisch und +neu in den Augen der Menge; und meine Gegenwart, mit desto größrer +Pracht begleitet, je seltner sie war, schien jedesmal ein +öffentliches Fest, das mit allgemeinen Freuden-Zeichen gefeyrt +wurde. Der hüpfende König trabte indeß in einer Gesellschaft von +Hofnarren und schaalen Wizlingen, (wie dürre Reiser gleich +angezündt und gleich verbrennt), auf und nieder, vergab seine +Königliche Würde, mengte sich unter unbärtige Spaßvögel und Geken, +und erlaubte ihnen seine Majestät durch Scherze und unanständige +Vertraulichkeit zu entweihen; er ließ sich, wie die gemeinsten +Pflastertreter, in allen Gassen sehen, und sättigte die Leute durch +seinen täglichen Anblik so sehr, bis er ihnen ekelhaft wurde. +Mußte er sich hernach bey öffentlichen Anläsen sehen lassen, so +ward er nur, wie der Gukguk im Brachmonat, gehört, nicht geachtet; +geseh'n, aber mit dem nachläßigen Blik, der über einen alltäglichen +Gegenstand hinweggleitet; nicht mit dem weitoffnen wundervollen +Auge, das auf die sonnengleiche Majestät geheftet wird, wenn sie +selten aus ihrer Verhüllung hervorglänzt; sondern mit schläfrigen, +gesenkten Augliedern, mit dem düstern verdrießlichen Blik, den man +auf einen Feind wirft, von dessen Gegenwart man belästigt, gedrükt +und überfüllt wird. Und in eben dieser Linie, Harry, stehst du. +Du hast deine fürstliche Vorrechte verlohren, indem du dich +niederträchtiger Gesellschaft Preiß gegeben hast. Nicht ein +einziges Auge, das nicht deines alltäglich gewordnen Anbliks +überdrüßig ist; das meinige ausgenommen, das dich zu sehen verlangt +hat, und nun, wider meinen Willen, von den Zeichen einer +allzugrossen Zärtlichkeit überfließt. + +Prinz Heinrich. +Ich werde mich beeifern, mein gnädigster Herr, künftig mehr ich +selbst zu seyn. + +König Heinrich. +Um alles in der Welt, was du in dieser Stunde bist, war Richard +damals da ich aus Frankreich zu Ravenspurg ans Land sezte, und +gerade was ich damals war, ist Percy izt. Bey meinem Scepter und +bey meiner Seele! er hat mehr würklichen Antheil am Staat, als du, +der künftige Thronfolger. Ohne Recht, ohne den Schatten eines +Rechts füllt er die Felder mit Harnischen, erhebt sein Haupt gegen +des Löwen gewafnete Tazen, und, ob er gleich nicht älter ist als du, +führt er doch bejahrte Helden und ehrwürdige Bischöffe zu blutigen +Schlachten an. Was für eine unsterbliche Ehre hat er an dem +ruhmvollen Dowglas eingelegt, dessen grosse Thaten und seltne +Kriegs-Erfahrenheit ihm den Namen des größten Feldherrn in allen +Christlichen Königreichen erworben haben? Dreymal hat dieser Hot- +Spur, dieser Kriegs-Gott in Windeln, dieser unmündige Held, den +grossen Douglas in offner Schlacht überwunden, einmal ihn sogar +gefangen genommen, aber wieder in Freyheit gesezt, und einen Freund +aus ihm gemacht, um mit seinem Beystand den Frieden und die +Sicherheit unsers Throns zu erschüttern. Und was sagst du hiezu? +Percy, Northumberland, der Erzbischoff von York, Douglas und +Mortimer, haben einen Bund gegen uns gemacht, und empören sich-- +Aber wem, und wozu erzähl' ich diese Neuigkeiten? Wie, Harry, muß +ich vielleicht dich selbst, den nächsten an meinem Herzen und an +meinem Thron, auch dich, unter meine Feinde zählen? Du bist fähig +genug, aus unterwürfiger feiger Niederträchtigkeit, oder einem +Anstoß von Spleen, in Percys Solde wider mich zu fechten; und, wie +ein Hund um seine Fersen dich schmiegend, und höflich einen +gnädigen Blik von ihm erbuhlend, zu zeigen, wie sehr du abgeartet +bist. + +Prinz Heinrich. +Denket nicht so, Gnädigster Herr, ihr werdet es anders finden, und +der Himmel verzeihe denen, die mich in Eu. Majestät Gedanken so +tief erniedriget haben. Aber an Percys Kopf will ich mich +rechtfertigen, und am Schluß irgend eines glorreichen Tages, mit +dem Bewußtseyn, daß ich's werth bin, euch sagen, ich sey euer Sohn; +und das soll der Tag seyn, er komme wann er will, da dieser Sohn +der Ehre und des Ruhms, dieser tapfre Hot-Spur, dieser überall +geprießne Ritter, und euer nichts geachteter Harry, im blutigen +Felde zusammen kommen werden. Möchte immerhin jede Ehre die auf +seinem Helm sizt, und jede Schmach über meinem Haupte sich +verdoppeln! Denn er soll kommen, der Tag, da dieser junge +Nordische Held seine glänzenden Thaten gegen meine Verachtung +austauschen soll. Percy ist nur mein Factor, Gnädigster Herr, der +glorreiche Thaten für mich aufhäuffen muß; ich will ihn zu einer +scharfen Rechenschaft ziehen, und er soll mir jeden Ruhm, nicht den +kleinsten ausgenommen, einhändigen, oder ich will ihm die Rechnung +aus seinem Herzen reissen. Diß versprach ich im Namen des Himmels +hier; und wenn ich lebe, um es zu vollbringen, so erlaubet mir Eu. +Majestät zu bitten, daß es als eine Genugthüung für die +Ausschweiffungen meiner Jugend angesehen werde. Wo nicht, so +bezahlt das Ende des Lebens alle Schulden, und eher will ich +hundert tausend Tode sterben, eh ich den kleinsten Theil dieses +Gelübds brechen sollte. + +König Heinrich. +Hundert tausend Rebellen sterben durch diese Erklärung. Du sollst +einen Auftrag, und hiezu unbeschränkte Vollmacht bekommen. (Blunt +kommt herein.) Was bringst du neues, Blunt? Deine Blike kündigen +etwas Unerwartetes vorher. + +Blunt. +Der Lord Mortimer von Schottland hat die Nachricht eingesandt, daß +Dowglas und die Englischen Rebellen den eilften dieses Monats zu +Schrewsbury sich vereinigen würden. Sie machen ein furchtbares +Heer aus, wenn jeder von den Verschwornen sein Versprechen hält, so +furchtbar, als jemals die Empörung in einem Staat aufgebracht hat. + +König Heinrich. +Der Graf von Westmorland, und mein Sohn Johann von Lancaster, sind +heute schon aufgebrochen; denn diese Nachricht ist schon fünf Tage +alt. Auf nächste Mittwoche, Harry, sollt du, und Donnstags wollen +wir selbst ausziehen, und zu Bridgnorth wollen wir zusammentreffen. +Du, Harry, sollt deinen Marsch durch Glocester-Schire nehmen; und +in zwölf oder vierzehn Tagen soll unsre ganze Macht zu Bridgnorth +sich vereinbaren. Hinweg! jeder Augenblik, um den wir uns +verspäten, ist ein Vortheil für sie. + +(Sie gehen ab.) + + + +Fünfte und sechste Scene. +(Ein paar pöbelhafte und schmuzige Zwischen-Scenen aus dem +Wirthshaus zum Bären-Kopf in East-Cheap, zwischen Falstaff, +Bardolph, der Wirthin, dem Prinzen und Peto.) + + + +Vierter Aufzug. + + + +Erste Scene. +(Verwandelt sich in Schrewsbury.) +(Hot-Spur, Worcester und Dowglas treten auf.) + + +Hot-Spur. +Wohl gesprochen, mein edler Schotte, wenn nicht oft die Wahrheit +selbst, in diesem verschmizten Zeit-Alter, für Schmeicheley +gehalten würde. Aber ein Dowglas muß von solchem Gehalt seyn, daß +kein Kriegsmann vom Gepräge dieser Zeit einen so allgemeinen Cours +durch die Welt habe wie er. Beym Himmel, ich kan nicht schmeicheln; +aber einen bravern Plaz hat niemand in meinem Herzen als ihr. +Nein, nehmt mich beym Wort; sezt mich auf die Probe, Lord. + +Dowglas. +Du bist der König der Ehre, und wenn jemand auf Erden Athem holt, +der dir den Vorzug streitig machen will, wer er auch sey, dem will +ich Troz bieten. (Ein Bote zu den Vorigen.) + +Hot-Spur. +Thut das, und ihr thut wohl--Was für Briefe hast du hier?-- + +Bote. +Von euerm Vater. + +Hot-Spur. +Briefe von ihm? Warum kommt er nicht selbst? + +Bote. +Er kan nicht kommen, Milord, er ist gefährlich krank. + +Hot-Spur. +Himmel! Wie hat er die Musse in dieser entscheidenden Zeit krank +zu seyn? Wer führt seine Truppen an? Unter wessen Commando kommen +sie? + +Bote. +Seine Briefe müssen seine Gesinnung entdeken; mir ist nichts +bekannt. + +Hot-Spur. +Seine Gesinnung? + +Worcester. +Muß er denn zu Bette liegen? + +Bote. +Er lag schon vier Tage eh ich abgieng; und wie ich abreißte, waren +die Aerzte seinetwegen in grossen Sorgen. + +Worcester. +Ich wollte, der Zustand dieser Zeit wäre erst geheilt gewesen, eh +er krank geworden wäre; seine Gesundheit war nie mehr werth, als +izt. + +Hot-Spur. +Krank in einer solchen Zeit! O! diese Krankheit stekt das +Lebensblut unsrer Unternehmung an! Sie wird unser ganzes Lager +ansteken. Er schreibt mir hier, daß eine heftige Krankheit--und +daß seine Freunde durch Abgeordnete nicht sobald zusammen gebracht +werden könnten, ja daß er es nicht einmal rathsam halte, ein so +wichtiges und gefährliches Geschäft einer andern Seele als seiner +eigenen anzuvertrauen. Indeß rathet er uns doch mit unsrer kleinen +Macht auszurüken, und eine Probe zu machen, wie das Glük für uns +gesinnt sey; denn, seinem Bericht nach, läßt sich nimmer zaudern, +indem der König von unserm ganzen Vorhaben unterrichtet ist. Was +sagt ihr dazu? + +Worcester. +Euers Vaters Krankheit ist ein grosser Nachtheil für uns. + +Hot-Spur. +Es ist ein Glied, das uns abgehauen ist--und doch, in der That, ist +es nicht so; wir werden ihn würklich weniger vermissen als es izt +scheint. Wär' es gut, unser ganzes Glük auf einen einzigen Wurf zu +sezen? Ein so grosses Capital dem schlüpfrigen Ungefehr einer +zweifelhaften Stunde zu überlassen? Es wäre nicht gut; denn wie +leicht könnten wir in dieser einzigen Stunde das Ende aller unsrer +Hoffnungen finden. + +Dowglas. +Vermuthlich würd' es so gegangen seyn; da uns hingegen, wie die +Sachen izt ligen, eine Zuflucht übrig bleibt, deren Gewißheit uns +zu unserm Vorhaben desto kühner machen wird. + +Hot-Spur. +So ists, ein Sammelplaz, wo wir uns wieder erholen können, wenn der +Teufel und ein feindseliger Zufall unsre erste Unternehmung +mißlingen macht. + +Worcester. +Dem ungeachtet wünschte ich, euer Vater wäre hier. Die Natur +unsrer Unternehmung leidet keine Theilung; viele, welche nicht +wissen, warum er abwesend ist, werden glauben, daß Klugheit, Treue, +und blosses Mißfallen an unserm Verfahren den Grafen zurük halte. +Ihr sehet leicht, wie nachtheilig eine solche Vermuthung unsrer +Parthey seyn muß. Uns ist alles daran gelegen, die schwache Seite +unsrer Unternehmung zu verbergen, und jedes Taglicht, jede Öffnung +und Rize zu verstopfen, durch die das Auge der Vernunft in das +Inn're derselben dringen könnte. Diese Abwesenheit euers Vaters +zieht einen Vorhang auf, der den Unberichteten eine Ursache zur +Furcht zeigt, wovon sie vorher nicht geträumt haben. + +Hot-Spur. +Ihr geht zu weit, Milord. Ich sehe seine Abwesenheit vielmehr als +einen Umstand an, der unserm grossen Vorhaben einen Glanz giebt, +und eine größre Meynung davon erweken muß, als wenn er hier wäre; +denn müssen nicht die Leute denken, wenn wir ohne ihn im Stande +seyen, dem Königreich einen Stoß zu versezen, so werden wir, mit +seinem Beystand, unfehlbar alles unter über sich kehren. Noch geht +alles gut, noch ziehen alle unsre Strike. + +Dowglas. +Wie wir's nur wünschen können; in Schottland wird kein Wort von +dergleichen Besorgnissen gehört. + + + +Zweyte Scene. +(Sir Richard Vernon zu den Vorigen.) + + +Hot-Spur. +Mein Vetter Vernon, willkommen, bey meiner Seele! + +Vernon. +Wollte der Himmel, daß meine Zeitung einen Willkomm werth wäre, +Milord. Der Graf von Westmorland ist in Begleitung des Prinzen +Johann von Lancaster mit siebentausend Mann im Anzug. + +Hot-Spur. +Das kan er; was mehr? + +Vernon. +Ueberdem hab' ich in Erfahrung gebracht, daß der König in eigner +Person entweder schon ausgerükt, oder doch entschlossen sey, aufs +schleunigste mit einer grossen Macht hieher zu kommen. + +Hot-Spur. +Er soll auch willkommen seyn. Wo ist sein Sohn? der leichtfüßige, +und tollköpfige Prinz von Wales und seine Cameraden, die die Welt +auf die Seite lachen, und ihr sagen, sie könne gehen wohin sie +wolle. + +Vernon. +Sie sind alle gerüstet, alle in Waffen, alle befiedert wie die +Straussen, alle in Gold schimmernd wie die Bilder in der Kirche, +lebhaft wie der May, prächtig wie die Sonne im Junius, muthwillig +wie junge Geissen, und wild wie die Löwen. Ich sah ihn, den jungen +Heinrich, mit aufgezognem Viesier, in voller Rüstung, gleich dem +beflügelten Mercur sich vom Boden auf- und so leicht in seinen +Sattel schwingen, als ob ein Engel aus den Wolken herabgeschlüpft +wäre, um auf einem feurigen Pegasus sich um die Unterwelt herum zu +tummeln. + +Hot-Spur. +Nichts mehr, nichts mehr; dieses Lob ist ungesunder als die Sonn' +im Merz. Laßt sie kommen; sie kommen als Schlacht-Opfer, mit +Blumen bekränzt, um der feueraugichten Kriegs-Göttin, alle warm und +blutend, aufgeopfert zu werden. Der beschupte Mars soll bis an die +Ohren im Blut auf seinem Altar sizen. Ich bin ganz in Feuer, da +ich höre, daß eine so reiche Beute so nah, und doch noch nicht +unser ist. Kommt, laßt mich mein Pferd besteigen, welches mich wie +einen Donnerkeil gegen den Busen dieses Prinzen von Wales +schleudern soll. Ein Harry soll dem andern begegnen, und nicht +ablassen, bis einer von beyden fällt. O daß Glendower hier wäre! + +Vernon. +Das erinnert mich noch an einen Umstand. Ich hörte zu Worcester, +da ich durchritt, daß er vor diesen vierzehn Tagen seine Macht +nicht zusammenbringen kan. + +Dowglas. +Das ist die schlimmste Zeitung unter allen. + +Worcester. +Ja, in der That, das hat einen frostigen Ton. + +Hot-Spur. +Wie stark mag des Königs Armee seyn? + +Vernon. +Dreyßigtausend Mann. + +Hot-Spur. +Laßt es vierzigtausend seyn; da mein Vater und Glendower nicht hier +sind, so mag unsre einzelne Macht diesen grossen Tag aushalten. +Kommt, wir wollen unsre Leute mustern; der jüngste Tag ist nahe; +sterben wir alle, und mit Freuden, wenn es je gestorben seyn muß! + +Dowglas. +Redet nicht vom Sterben; für dieses nächste halbe Jahr fürcht' ich +den Tod nicht. + +(Sie gehen ab.) + + + +Dritte Scene. +(Verwandelt sich in eine Landstrasse ohnweit Coventry.) +(Falstaff und Bardolph treten auf.) + + +Falstaff. +Bardolph, geh du voran nach Coventry, und füll' mir eine Flasche +mit Sect: Unsre Soldaten sollen nur durchmarschiren; wir wollen +unser Nachtquartier zu Sutton-Cop-Hill nehmen. + +Bardolph. +Wollt ihr mir Geld geben, Hauptmann? + +Falstaff. +Leg du's aus, leg du's aus. + +Bardolph. +Eine Flasche Sect macht einen Engel.* + +{ed. * Eine Münze, die zehn Englische Schillinge gilt.} + +Falstaff. +Und wenn sie's macht, so nimm ihn für deine Mühe; und wenn sie +zwanzig macht, so nimm alle zwanzig; ich stehe für das Gepräge. +Sag meinem Lieutenant Peto, daß er am Thor auf mich warten soll. + +Bardolph. +Ich will, Hauptmann; Adieu. + +(Er geht ab.) + +Falstaff. +Wenn ich mich nicht meiner Soldaten schäme, so sey ich ein +Stokfisch: ich habe des Königs Werb-Patent verflucht mißbraucht. +An hundert und fünfzig Soldaten hab' ich dreyhundert und etliche +Pfund gewonnen. Wie gieng das zu? Ich preßte niemand als +haushäbiger Leute Bauer-Jungens, oder versprochne Junggesellen, die +schon zweymal proclamirt worden, so eine Gattung von warmen Sclaven, +die eben so gern den Teufel hörten als eine Trummel, Bursche die +vor dem blossen Namen einer Canone ärger zittern als eine +angeschoßne wilde Ente. Ich presse mir keine andre als solche +geröstete Butterschnitten, die kaum soviel Herz im Leib haben, als +ein Steknadel-Kopf groß ist, und die kauffen sich alle vom Dienst +los. Und nun besteht meine ganze Compagnie aus lauter alten +abgeschabnen Corporals, Lieutenants, und dergleichen; Leuten, +welche, die Wahrheit zu sagen, nie Soldaten gewesen sind, aber doch +so zerlumpt aussehen wie Lazarus in den alten Tapeten, wenn ihm des +reichen Schlemmers Hunde seine Schwären leken; abgedankte Bediente, +jüngere Söhne von jüngern Brüdern, rebellische Bierzapfer, +ausgehaußte Wirthe; kurz, alles Ungeziefer, das ein langer Friede +auszubrüten pflegt; Kerls, die euch glauben machten, ich habe +hundert und fünfzig verlohrne Söhne zusammengebracht, die nur eben +vom Schweinhüten und Treberfressen hergekommen seyen. Ein +närrischer Bursche begegnete mir unterwegs, und sagte, ich hätte +alle Galgen abgeleert, und sogar todte Leichname gepreßt. Keines +Menschen Auge hat jemals solche Vögel-Schreker gesehen; ich +marschire nicht mit ihnen durch Coventry, das ist eine ausgemachte +Sache. Und die Galgenschwengel treten noch dazu mit so weit +auseinander gerekten Beinen einher, als ob sie in Fesseln giengen; +in der That, ich bekam die meisten von ihnen aus Gefängnissen. Es +sind nicht mehr als anderthalb Hemder in meiner ganzen Compagnie, +und das halbe sind zwey zusammengenähte Teller-Tücher, wie ein +Herolds-Mantel ohne Ermel um die Schultern geworfen; und das Hemd +ist, wenn ich die Wahrheit sagen soll, meinem Wirth zu St. Albans +gestohlen worden, oder dem rothnasichten Bierschenken zu Daintry. +Aber das ist all eins, sie werden Wäsche genug an jedem Zaune +finden. (Der Prinz Heinrich und Westmorland treten auf.) + +Prinz Heinrich. +Wie gehts, diker Jak? Wie gehts, Matraze? + +Falstaff. +Ha, ist das nicht Hal? Hey da, närrischer Junge, was zum T** +machst du in Warwikschire? Ah, mein guter Lord von Westmorland, +ich bitt' euch um Verzeihung; ich dachte Euer Herrlichkeit sey +würklich schon zu Schrewsbury. + +Westmorland. +In der That, Sir John, es wäre mehr als Zeit daß ich dort seyn +sollte, und ihr auch; aber meine Leute sind schon dort. Der König +giebt auf uns alle acht, das kan ich euch sagen; wir müssen diese +Nacht alle fort. + +Falstaff. +Gut, sorget nicht für mich, ich bin so wachtsam wie eine Kaze, +wenn's Rahm zu mausen giebt. + +Prinz Heinrich. +Sag mir Jak, wem sind diese Kerls, die dort hinter uns drein kommen? + +Falstaff. +Mein, Hal, mein. + +Prinz Heinrich. +In meinem Leben hab ich keine so armselige Lumpenhunde gesehen. + +Falstaff. +Wohl, wohl; sie sind gut genug zum Verschiessen; Futter für Pulver, +Futter für Pulver; sie füllen einen Graben so gut aus als brave +Leute; das sind Leute, die ich dem Tod zuführe, Mann. + +Westmorland. +Das ist schon gut, aber, sie sehen doch gar zu armselig und hungrig +aus, Sir John, gar zu bettelhaft. + +Falstaff. +Auf meine Treu, was ihre Armuth anlangt, so weiß ich nicht woher +sie sie haben; und ihr hungriges Aussehen betreffend, so bin ich +gewiß, daß sie es mir nicht abgesehen haben. + +Prinz Heinrich. +Darauf will ich selber schwören--Aber, Junge, beschleunige dich, +wir müssen weiter; Percy ist schon ausgerükt. + +Falstaff. +Wie, ist der König schon im Lager? + +Westmorland. +Das ist er, Sir John; ich fürchte, wir halten uns zu lang auf. + +Falstaff. +Gut: ein anders ist zu einem Treffen, und ein anders zu einem +Schmause gehen; man kommt zum ersten immer früh genug. + +(Sie gehen ab.) + + + +Vierte Scene. +(Verwandelt sich in Schrewsbury.) +(Hot-Spur, Worcester, Dowglas und Vernon treten auf.) + + +Hot-Spur. +Wir wollen ihn diese Nacht angreiffen. + +Worcester. +Es kan nicht seyn. + +Dowglas. +So gebt ihr ihm einen Vortheil. + +Vernon. +Nicht ein Haar. + +Hot-Spur. +Wie könnt ihr das sagen? Wartet er nicht auf Verstärkung? + +Vernon. +Das thun wir auch. + +Hot-Spur. +Seine Erwartung ist gewiß, die unsre zweifelhaft. + +Worcester. +Besinnt euch besser, mein lieber Neffe; haltet euch diese Nacht +noch ruhig. + +Vernon. +Thut das, Milord. + +Dowglas. +Ihr rathet nicht wohl; die Furcht giebt euch diesen Rath ein. + +Vernon. +Lästert mich nicht, Dowglas; bey meinem Leben! (und ich habe Muth +genug, diß mit meinem Leben zu behaupten,) wenn wahre Ehre mir ruft, +so geh ich so wenig mit Furcht zu Rath als ihr, Milord, oder +irgend ein Schotte in der Welt. Morgen im Schlachtfeld soll sichs +zeigen, wer von uns sich fürchtet. + +Dowglas. +Gut, oder diese Nacht. + +Vernon. +Ich bin's zufrieden. + +Hot-Spur. +Diese Nacht, sag ich. + +Vernon. +Kommt, kommt, es kan nicht seyn; mich wundert sehr, wie Männer von +so grosser Erfahrenheit als ihr die Ursache übersehen können, die +den Aufschub nothwendig machen. Meines Vetters Vernons Pferde sind +noch nicht da, Worcester's Reuterey kam erst heute, und nun sind +die Pferde müd, ohne Feuer, und der Ruhe bedürftig. + +Hot-Spur. +Das sind auch des Feindes seine; gröstentheils von der Reise +abgemattet; da hingegen die mehresten von den unsrigen vollkommen +ausgeruht haben. + +Worcester. +Der König ist uns zu sehr an der Zahl überlegen; um Gottes willen, +Neffe, wartet bis wir unsre Macht beysammen haben. + +(Man hört eine Trompete, die das Zeichen zu einer Unterredung bläst.) + + + +Fünfte Scene. +(Sir Walter Blunt zu den Vorigen.) + + +Blunt. +Ich komme mit gnädigen Anerbietungen von seiner Majestät, wenn ihr +mir Gehör geben wollt. + +Hot-Spur. +Willkommen, Sir Walter Blunt; und wollte Gott, ihr wäret +entschlossen, wie wir; einige von uns lieben euch, und eben diese +beneiden eure Verdienste und euern Namen, weil ihr nicht auf unsrer +Seite, sondern als Feind uns entgegen steht. + +Blunt. +Und verhüt' es der Himmel, daß ich anders stehen sollte, so lang +als ihr, pflichtvergeßner Weise, gegen die geheiligte Majestät +stehet. Aber zu meinem Geschäfte--Der König verlangt zu wissen, +was für Beschwerungen, oder was für eine Ursach euch bewogen habe, +den einheimischen Frieden durch verwegne Feindseligkeiten zu +stören? Wenn der König eure Verdienste um ihn, die er eingesteht, +auf irgend eine Art vergessen haben sollte, so verlangt er, daß ihr +eure Klagen führen sollt; eure Wünsche sollen euch ohne Verzug mit +Wucher und mit vollkommner Begnadigung für euch, und für diejenige +die von euch verleitet worden, gewähret seyn. + +Hot-Spur. +Der König ist sehr gütig; und wir wissen wol, daß der König weiß, +wenn es Zeit ist zu versprechen, und wenn, zu halten. Mein Vater, +mein Oheim und ich selbst sezten ihm die Crone auf, die er trägt; +und zu einer Zeit, da er nicht sechs und zwanzig Mann stark war, da +er verachtet, unglüklich und heruntergebracht, ein armer muthloser +Verbannter, in sein Vaterland angekrochen kam; da hieß ihn mein +Vater am Ufer willkommen, und da er ihn schwören und bey Gott +betheuren hörte, er komme nur um Herzog von Lancaster zu seyn, sein +Erbtheil in Besiz zu nehmen, und seine Begnadigung zu suchen, +schwor ihm mein Vater, aus Mitleiden und gutem Herzen, daß er ihm +beystehen wolle, und that es auch. Wie nun die Lords und die Edeln +des Reichs sahen, daß er von Northumberland unterstüzt war, kamen +sie, bald mehr bald weniger, ihm ihre Büklinge und Kniebeugungen zu +machen, giengen ihm aus Städten, Fleken und Dörfern entgegen, +warteten an allen Zäunen und Heken auf ihn, stunden in Hohlwegen, +legten Geschenke vor ihm aus, schwuren ihm Eide, und gaben ihm ihre +Erben, die, in goldnen Schaaren, wie Edelknaben an seinen Fersen +hinterher zogen. Nunmehr, da er seine Grösse sah, stieg er mir ein +wenig höher als das Gelübde das er anfangs, da sein Blut noch +demüthig floß, auf dem nakten Ufer von Ravenspurg gethan hatte; nun +fängt er an von Verbesserungen gewisser Staats-Gebrechen, von +Aufhebung gewisser Edicte zu reden, die, wie er sagt, dem gemeinen +Wesen sehr beschwerlich wären, schreyt über Mißbräuche, und scheint +über die Bedrükung seines Vaterlands zu weinen; und durch diesen +Schein, durch diese Mine von Gerechtigkeit gewinnt er alle Herzen, +die er dadurch zu angeln sucht: Geht dann weiter, schlägt mir allen +Günstlingen, die der abwesende König zur Regierung des Reichs +hinterlassen hatte, die Köpfe ab.-- + +Blunt. +Ich kam nicht, solche Dinge anzuhören. + +Hot-Spur. +Also zur Hauptsache; kurz hernach, sezte er den König ab, beraubte +ihn bald darauf so gar des Lebens, und bemächtigte sich so des +ganzen Staats. Um dieses Betragen noch schlimmer zu machen, lidt' +er, daß sein Vetter, der Graf von March, (der wenn jeder erhält was +ihm gehört, in der That sein König ist) in Wales, eingebauert würde, +und ließ ihn dort ohne Ranzion im Kerker ligen; warf mitten in +meinen glüklichen Siegen, einen unverdienten Groll auf mich, suchte +mich durch Kunstgriffe in Fallen zu loken, strich meinen Oheim aus +der Zahl der Staatsräthe aus, jagte in einem Anstoß von Wuth meinen +Vater vom Hofe, brach Eid auf Eid, häufte Beleidigungen auf +Beleidigungen, und trieb uns endlich in dieser Vereinigung unsre +Sicherheit zu suchen, und zugleich sein Recht zur Crone zu prüfen, +welches wir nicht gültig genug finden, um lange zu dauern. + +Blunt. +Ist das die Antwort, die ich dem Könige zurükbringen soll? + +Hot-Spur. +Nein, Sir Walter; wir wollen uns eine Weile zurükziehen. Geht zum +König zurük, und würket eine zulängliche Versicherung von ihm aus, +die uns zur Wiederkehr Muth machen könnte; und morgen früh soll ihm +mein Oheim unsre Gesinnungen überbringen: und hiemit lebet wohl! + +Blunt. +Ich wünschte, ihr wolltet Gnade und Freundschaft annehmen. + +Hot-Spur. +Es kan geschehen, wenn wir können. + +Blunt. +Der Himmel geb' es! + +(Sie gehen ab.) + + + +Sechste Scene. +(Verwandelt sich in den Palast des Erzbischoffs von York.) +(Der Erzbischoff und Sir Michell treten auf.) + + +York. +Hier, mein lieber Sir Michell, bringt diesen versiegelten Brief mit +geflügelter Eile dem Lord Marschall; dieser ist an meinen Vetter +Scroop, und die übrigen an ihre Addressen. Wenn ihr wißtet wie +viel daran gelegen ist, ihr würdet eilen. + +Sir Michell. +Gnädigster Herr, ich errathe ihren Inhalt. + +York. +Es ist leicht möglich. Morgen, mein lieber Sir Michell, ist ein +Tag, der dem Leben von zehntausend Menschen das Urtheil sprechen +wird. Denn, meinen Nachrichten zufolge, ist der König mit einer +grossen und schnell-aufgebotnen Macht gegen den Lord Percy nach +Schrewsbury angerükt; und ich besorge, Sir Michell, Northumberlands +Krankheit, auf dessen Beystand man am meisten gezählt hatte, und +Owen Glendowers Abwesenheit, der von dräuenden Propheceyungen zurük +gehalten worden, werden nachtheilige Folgen haben; Percy's Macht +ist nicht stark genug, es mit dem König aufzunehmen. + +Sir Michell. +Wie, Milord, Dowglas und Mortimer sind ja bey ihm. + +York. +Nein, Mortimer nicht. + +Sir Michell. +Aber Mordake, Vernon, Heinrich Percy, und Milord von Worcester sind +doch da, und mit ihnen eine Schar von tapfern jungen Helden, von +den auserlesensten edeln Jünglingen. + +York. +Das ist so; aber der König hat den Adel des ganzen Reichs +aufgeboten: der Prinz von Wales, Lord John von Lancaster, der edle +Westmorland, der tapfre Blunt, und viele andre von gleichem Werth, +Männer von Ansehn und Kriegs-Erfahrenheit, sind bey seinem Heer. + +Sir Michell. +Zweifelt nicht, Milord, sie werden tapfer empfangen werden. + +York. +Ich hoffe nicht weniger; aber es ist doch nöthig zu fürchten, und +um das schlimmste was begegnen könnte, zu verhüten, so eilet, Sir +Michell. Denn wenn Lord Percy nicht die Oberhand erhält, so hat +der König im Sinn, eh er seine Truppen auseinander gehen läßt, uns +hier einen Besuch zu machen, und die Vorsichtigkeit selbst +erfordert, das äusserste gegen ihn zu thun. Beschleuniget euch +also, ich muß gehen und noch an andre Freunde schreiben; und hiemit +lebet wohl, Sir Michell. + +(Sie gehen ab.) + + + + +Fünfter Aufzug. + + + +Erste Scene. +(Das Königliche Lager zu Schrewsbury.) +(König Heinrich, der Prinz von Wales, Lord John von Lancaster, +Graf von Westmorland, Sir Walter Blunt und Falstaff treten auf.) + + +König Heinrich. +Wie blutig die Sonne von jenem buschichten Hügel herab sieht! Der +Tag erblaßt vor Schreken über ihren Grimm. + +Prinz Heinrich. +Der Südwind bläßt die Trompeten zu ihrem Vorhaben, und kündigt +durch sein hohles Flüstern im Laub ein Ungewitter, und einen +stürmischen Tag vorher. + +König Heinrich. +So sympathisirt also das Wetter mit den Verliehrenden; denn für die +Gewinnenden ist das Garstige schön. + +(Die Trompeten erschallen.) + +(Worcester und Sir Richard Vernon treten auf.) + +König Heinrich. +Wie nun, Milord von Worcester. Es ist nicht fein, daß ihr und ich +auf einen solchen Fuß zusammen kommen sollen. Ihr habt unser +Zutrauen betrogen, habt uns genöthigt unsre bequemen Friedens- +Kleider abzuwerfen, und unsre alten Glieder in harten Stahl zu +zwängen; es ist nicht wohl gethan, Milord, es ist nicht wohl gethan. +Was ist nun eure Gesinnung? Wollt ihr wieder in die Sphäre des +Gehorsams zurük kehren, worinn ihr ein so schönes und natürliches +Licht von euch gabet, und nicht länger ein aufgedunsenes Meteor, +ein furchterwekendes Wunderzeichen seyn, ein Vorbote von Unheil für +noch ungebohrne Zeiten? + +Worcester. +Vergönnet mir Gehör, mein Gebietender Herr; was mich selbst betrift, +so könnt' ich mir gerne gefallen lassen, den Rest meines Lebens in +Ruhe zuzubringen: Ich versichre, daß ich den Tag dieses +öffentlichen Bruchs nicht gesucht habe. + +König Heinrich. +Ihr habt ihn nicht gesucht, Sir? Woher kommt er dann? + +Falstaff. +Er fand die Rebellion in seinem Wege ligen, und da hub er sie eben +auf. + +Prinz Heinrich. +Still, Schmeerbauch, still. + +Worcester. +Es gefiel Eurer Majestät, eure günstigen Blike von mir und meinem +ganzen Hause zu wenden; und doch muß ich euch erinnern, Gnädigster +Herr, daß wir eure ersten und eifrigsten Freunde waren. Um +euertwillen brach ich in Richards Zeiten meinen Marschalls-Stab, +und reißte Tag und Nacht, euch entgegen zu gehen, und eure Hand zu +küssen, zu einer Zeit, da ihr an Macht und Ansehen weit unter mir +war't; ich, mein Bruder, und sein Sohn waren es, die mit ihrer +Gefahr euch in euer Vaterland wieder einsezten. Ihr schwurt uns, +zu Doncaster schwur't ihr diesen Eid, ihr hättet keine Absichten +gegen den Staat, und verlangtet nichts weiters als euer angefallnes +Recht, den Siz von Gaunt, das Herzogthum von Lancaster; hiezu +schwuren wir euch unsern Beystand: Aber da in kurzer Zeit das Glük +wie ein Plazregen auf euch herabregnete, und sowohl unsre Hülfe als +die günstigen Umstände der Zeit, die Abwesenheit des Königs, die +Mißbräuche einer unbesonnenen Regierung, die Bedrükungen, die ihr +erlidten hattet, und die widrigen Winde, die den König in Irland so +lange zurükhielten, daß ganz England ihn für todt hielt, sich +vereinigten euch groß zu machen; wußtet ihr euch dieses +Zusammenflusses von Vortheilen so wohl zu bedienen, daß ihr, eures +Eides zu Doncaster uneingedenk, die oberste Regierung selbst in +eure Hände spieltet; und nun machtet ihr's uns, die euch genährt +hatten, gerade wie es die undankbare Brut des Gukguks dem Sperling +macht, ihr bemeistert euch unsers Nestes, und wuchset, von uns +geäzt, zu einer solchen Grösse an, daß unsre Liebe selbst sich, aus +Furcht verschlungen zu werden, nicht erkühnen durfte euch nahe zu +kommen; sondern mit schüchternem Flügel mußten wir unsre Sicherheit +ausser euerm Gesichte suchen, und unsre Sicherheit allein ist die +Ursache, die uns genöthigt hat, uns auf diese Weise zu vereinigen, +und Mittel gegen euch zu gebrauchen, die ihr durch unfreundliches +Bezeugen, gefährliche Gesinnungen, und Verlezung eurer uns +zugeschwornen Verheissungen uns gegen euch selbst in die Hände +gegeben habt. + +König Heinrich. +Diese Dinge habt ihr freylich zu Papier gebracht, auf Marktpläzen +ausruffen, und von den Canzeln ablesen lassen, um der Rebellion +eine Farbe anzustreichen, wodurch unbesonnene Schwindel-Köpfe und +armselige Malcontenten, die nur durch einen allgemeinen Jammer +gedeyhen können, angelokt werden möchten. Und wenn hat es dem +Aufruhr jemals an solchen Wasserfarben, seine Sache zu +überstreichen, oder an verzweifelten Bettlern gemangelt, die nach +einer Zeit von Verwirrung und Zerrüttung hungern? + +Prinz Heinrich. +In unsern beyden Heeren ist manche Seele, die für diese trozige +Ausforderung theuer bezahlen wird. Sagt euerm Neffen, der Prinz +von Wales vereinige sich mit der ganzen Welt zum Lobe von Heinrich +Percy: Bey meinen Hoffnungen! (dieses gegenwärtige Unterfangen bey +Seite gesezt,) denk ich nicht, daß ein braverer, unerschroknerer +und tapfrerer junger Mann in der Welt lebt als er; er, den die +Natur hervorgebracht zu haben scheint, das Gedächtniß der ehmaligen +Helden in unserm Alter zu erneuern. Was mich betrift, zu meiner +Schande sag ich's, ich habe mein Leben noch mit keiner edeln That +bezeichnet; und er ist berechtigt, mich des Namens eines Ritters +unwürdig zu halten, wie ich höre daß er's thut. Aber vor seiner +Majestät erklär' ich mich hier, ich bin's zufrieden, daß er sich +des ganzen Vortheils seines ruhmvollen Namens über mich bediene, +und erbiete mich, um beyder Theile Blut zu sparen, in einem +einzelnen Kampf mein Glük mit ihm zu versuchen. + +König Heinrich. +Und wir sezen Vertrauen genug in dich, Prinz von Wales, dein +Erbieten gut zu heissen, so unendlich viele Betrachtungen dir +gleich im Wege stehen--Nein, guter Worcester, nein; wir lieben +unser Volk; wir lieben auch diejenigen, die sich auf euers Neffen +Seite haben verleiten lassen; und wollen sie unsre angebotne Gnade +annehmen, so soll er und sie und ihr, und ein jeder wer er seyn mag, +wieder mein Freund seyn, und ich will der seinige seyn. Diß sagt +euerm Neffen, und meldet mir zurük, was er thun will. Will er sich +aber nicht zum Ziel legen, so wacht scharfe Züchtigung an meiner +Seite, und sie soll ihr Amt thun. Hiemit kehrt zurük; wir wollen +izt durch keine Antwort beunruhiget seyn; unser Anerbieten ist edel, +überlegt es wohl. + +(Worcester und Vernon gehen ab.) + +Prinz Heinrich. +Es wird nicht angenommen werden, bey meinem Leben! Dowglas und Hot- +Spur sind beyde zu stolz, sich von einer Welt in Waffen schreken zu +lassen. + +König Heinrich. +Also hinweg, jeder Anführer an seinen Plaz. Sobald wir ihre +Antwort haben, wollen wir den Angriff thun; und Gott sey auf unsrer +Seite, wie unsre Sache gerecht ist! + +(Sie gehen ab.) + + + +Zweyte Scene. +(Der Prinz und Falstaff bleiben zurük.) + + +Falstaff. +Hal, wenn du mich im Treffen ligen siehst, so sey so gut und leg +mich so zu rechte; es ist ein Freundschafts-Dienst-- + +Prinz Heinrich. +Den dir niemand, als ein Colossus leisten kan. Sprich dein Gebet +und leb wohl. + +Falstaff. +Ich wollt' es wäre Bettzeit, Hall, und alles wäre vorbey. + +Prinz Heinrich. +Wie? du bist dem Himmel deinen Tod schuldig, und du must doch +einmal bezahlen. + +Falstaff. +Aber nicht izt; und es sollte mir leid seyn, wenn ich ihn vor +meinem Termin bezahlte. Was brauch' ich so voreilig zu seyn, da er +mich nicht anfordert? Gut, was thut das zur Sache, die Ehre +fordert mich auf--Ganz recht, und wenn mich also die Ehre +auffordert und ich komme um, wie dann? Kan die Ehre mir ein Bein +ansezen? Nein: Oder einen Arm? Nein: Oder kan sie mir den Schmerz +einer Wunde wegnehmen? Nein: Die Ehre versteht sich also nicht auf +die Chirurgie? Nein: Was ist dann die Ehre? Ein Wort: Was ist das +Wort Ehre? Luft. Wer hat sie? Der arme Jak, der an einer +Mittwoche starb. Fühlt er sie dann? Nein. Hört er sie? Nein. +Sie fällt also nicht in die Sinnen? Nicht in die Sinnen eines +Todten. Aber lebt sie etwann mit den Lebenden? Nein, das läßt ihr +der Neid nicht zu. Ich verlange also nichts davon; die Ehre ist +nichts mehr als ein gemahlter Wappenschilt an einem Sarge, und hier +endet sich mein Catechismus. + +(Er geht ab.) + + + +Dritte Scene. +(Verwandelt sich in Percys Lager.) +(Worcester und Vernon treten auf.) + + +Worcester. +O nein, mein Neffe muß das gütige Anerbieten des Königs nicht +erfahren, Sir Richard. + +Vernon. +Und doch wär's am besten, er wißt' es. + +Worcester. +Dann wären wir alle verlohren. Es ist unmöglich, es kan nicht seyn, +daß der König sein Versprechen halte, wieder unser Freund zu seyn; +er wird uns nimmer trauen, und bald genug Mittel gefunden haben, +uns neuer Verbrechen zu beschuldigen, um dieses bestraffen zu +können. Ein niemals einschlummernder Verdacht wird, so lange wir +leben, hundert spähende Augen auf uns geheftet halten; denn der +Verrätherey traut man nicht mehr als einem Fuchs, der, so zahm er +sich stellt, und so freundlich man mit ihm umgeht, doch immer einen +Rest von seinen angebohrnen Tüken behält. Wir möchten aussehen wie +wir wollten, frölich oder düster, so würd' es uns übel ausgedeutet +werden; kurz, wir würden gehalten werden wie die Ochsen im Stall, +je besser gefüttert, desto näher dem Tode. Meines Neffen Vergehen +könnte noch vergessen werden; ihm kömmt die Entschuldigung der +Jugend und des Bluts zustatten; sein Beyname Hot-Spur giebt ihm +schon ein Privilegium, und man schreibt bey ihm alles auf die +Rechnung des cholerischen Temperaments, von dem er beherrscht wird; +ich und sein Vater müßten für seine Sünde büssen. Wir hätten ihn +verleitet, würd' es heissen; wir als die Quelle von allem, müßten +für alles bezahlen. Laßt ihn also, mein lieber Vetter, ja nichts +von dem Anerbieten des Königs wissen, es mag gehen wie es will. + +Vernon. +Sagt ihm was ihr für gut haltet, ich will es bekräftigen. Hier +kommt euer Neffe. + + + +Vierte Scene. +(Hot-Spur und Dowglas zu den Vorigen.) + + +Hot-Spur. +Mein Oheim ist wieder da: Sezt den Lord von Westmorland in Freyheit. +Oheim, was giebt's Neues? + +Worcester. +Der König ist entschlossen, es auf ein Treffen ankommen zu lassen. + +Dowglas. +So wollen wir ihn durch den Lord von Westmorland heraus fordern. + +Hot-Spur. +Lord Dowglas, geht und sagt ihm das. + +Dowglas. +Das will ich, und mit Freuden. + +(Dowglas geht ab.) + +Worcester. +Der König scheint gar nicht zum Verzeihen geneigt. + +Hot-Spur. +Batet ihr darum? Das verhüte Gott! + +Worcester. +Ich sagte ihm ganz glimpflich von unsern Beschwerungen, von seinem +gebrochnen Eid; und er wußte sich nicht besser zu helfen, als daß +er seinen Meineid mit einem zweyten läugnete. Er nennt uns +Rebellen, Verräther, und droht ganz trozig, uns nach der Schärfe +davor zu züchtigen. (Dowglas kommt zurük.) + +Dowglas. +Waffnet euch, Milords, waffnet euch; ich habe dem König Heinrich +eine brave Ausfordrung in die Zähne gestossen; Westmorland, der als +Geisel hier war, trägt sie ihm zu, und er kan nun nicht anders als +sie schleunig wieder zurük bringen. + +Worcester. +Der Prinz von Wales trat vor dem König hervor, und forderte euch +zum Zweykampf heraus, Neffe. + +Hot-Spur. +Wollte der Himmel, wir beyde hätten den Handel allein auszumachen, +und niemand müßte heut kurzen Athem holen, als ich und Harry +Monmouth! Sagt mir, sagt mir, wie sprach er von mir? That er +verächtlich? + +Vernon. +Nein, auf meine Seele! In meinem Leben hört' ich keine +bescheidnere Ausforderung; ein Bruder könnte den andern nicht +höflicher auffordern, wenn es um eine blosse Waffenübung, um ein +Ritterspiel zu thun wäre. Er bezeugte alle Hochachtung gegen euch, +die ein Mann fordern kan, erhob euern Werth mit einer fürstlichen +Zunge, und sprach von euern Verdiensten wie eine Chronik; und was +in der That ein Zeichen eines fürstlichen Gemüths war, er sprach +mit Schaamröthe von sich selbst, und beschalt seine übel +zugebrachte Jugend mit einem Anstand, der zu beweisen schien, daß +seine bessere Seele über die andre meister seyn könne, sobald er +wolle. Hier hielt er inn; aber laßt mich der Welt sagen, wenn er +den Neid dieses Tages überlebt, so hat England nie eine schönere +Hoffnung besessen, so sehr auch die Ausschweiffungen seiner Jugend +sie verdunkelt haben. + +Hot-Spur. +Vetter, ich glaube du bist in seine Thorheiten verliebt; ich habe +nie von einem Prinzen gehört, der die ausgelassenste Wildheit so +weit getrieben hätte. Aber sey er was er will, eh es Nacht ist, +will ich ihn mit einer so soldatischen Umarmung bewillkommen, daß +er unter meiner Höflichkeit zusammenschrumpfen soll. Zun Waffen, +hurtig! Und ihr, Cameraden, und Freunde, bedenkt selbst was ihr zu +thun habt, da ich, der die Gabe der Beredsamkeit nicht hat, nicht +geschikt bin, euer Blut durch meinen Zuspruch zu erhizen. + + + +Fünfte Scene. +(Ein Bote zu den Vorigen.) + + +Bote. +Milord, hier sind Briefe für Eu. Gnaden. + +Hot-Spur. +Ich kan sie izt nicht lesen. O meine Freunde, wir haben eine kurze +Zeit zu leben, und von dieser kurzen Zeit eine einzige Minute +unedel zu verschwenden, wäre zu lange. Ueberleben wir diesen Tag, +so leben wir, um auf Könige zu treten; sterben wir, ist das nicht +ein schöner Tod, wenn Könige mit uns sterben müssen? (Ein andrer +Bote.) + +Bote. +Gnädiger Herr, der König ist im Anzug. + +Hot-Spur. +Ich dank ihm, daß er mich in meinem Mährchen unterbricht, denn +reden ist nicht meine Sache. Nur noch diß, ein jeder thue sein +Bestes. Und hier zieh ich ein Schwerdt, dessen Stahl ich, an +diesem gefahrvollen Tage, mit dem besten Blut, das ich finden kan, +färben werde. Nun, (Esperanza!) Percy!* und rükt aus; laßt alle +die muntern Instrumente des Kriegs ertönen, und bey dieser Musik +laßt uns einander umarmen; denn ich wollte den Himmel an die Erde +sezen, daß einige von uns die Zeit nicht sehen werden, einander +wieder so zu bewillkommen. + +(Sie umarmen sich und gehen ab. Die Trompeten lassen sich hören.) + +{ed. * Diß war, nach Halls Chronik Bl. 22, das Wort zum Angriff in +Percy's Armee. Pope.} + + + +Sechste Scene. +(Der König mit seiner Armee; man bläßt zum Angriff.) +(Hernach treten Dowglas und Sir Walter Blunt auf.) + + +Blunt. +Wer bist du, daß du mir überall so in den Weg kommst? Was für Ehre +suchst du an mir einzulegen? + +Dowglas. +Wisse denn, mein Name ist Dowglas, und ich verfolge dich deßwegen +so, weil man mir sagt, du seyst ein König. + +Blunt. +Man sagt dir die Wahrheit. + +Dowglas. +Der Lord von Stafford hat bereits davor bezahlt, daß er dir gleich +sieht; denn weil ich ihn für dich ansah, König Harry, so hat ihm +dieses Schwerdt ein Ende gemacht. Und so soll es auch dir thun, es +wäre dann, daß du dich mir gefangen geben willst. + +Blunt. +Ich bin nicht gebohren mich zu ergeben, du übermüthiger Schotte, +und du sollt einen König finden, der Staffords Tod rächen wird. + +(Sie fechten, Blunt fällt.) + +(Indem tritt Hot-Spur auf.) + +Hot-Spur. +O Dowglas, hättest du zu Holmedon so gefochten, nie hätt ich über +einen Schotten gesiegt. + +Dowglas. +Alles ist gethan, alles gewonnen, todt ligt der König hier! + +Hot-Spur. +Wo? + +Dowglas. +Hier. + +Hot-Spur. +Dieser, Dowglas? Nein: Ich kenne sein Gesicht zu wohl; ein braver +Ritter war es, sein Name war Blunt; er trägt nur eine Rüstung wie +der König. + +Dowglas. +Ah! du Unsinniger! zu theuer hast du einen geborgten Titel +erkauft. Warum sagtest du mir, du seyst ein König? + +Hot-Spur. +Der König hat viele, die in seinen Kleidern gehen. + +Dowglas. +So will ich, bey meinem Schwerdt, alle seine Kleider umbringen, +seine ganze Garderobe, Stük für Stük bis ich ihn selbst antreffe. + +Hot-Spur. +Auf und hinweg; unsre Leute halten sich so gut, daß wir uns den +Sieg versprechen können. + +(Sie gehen ab.) + + + +Siebende und achte Scene. +(Falstaff und der Prinz Heinrich.) (Falstaff redt im Ton einer +Memme eine kleine Weile mit sich selbst; der Prinz der dazu kommt +verlangt seinen Degen von ihm; Falstaff will ihn nicht hergeben, so +lange Percy noch lebe, und bietet dem Prinzen sein Pistol an; indem +es der Prinz aus dem Hulfter herausziehen will, zieht er eine +Flasche mit Sect heraus; ein lautes Gelächter aus dem Paradies +bewillkommt diesen guten Einfall, und die Absicht dieser Scene ist +erreicht.) + + + +Neunte Scene. +(Trompeten und Feldgeschrey; Excursionen; der König, der Prinz, +Lord John von Lancaster, und der Graf von Westmorland treten auf.) + + +König Heinrich. +Ich bitte dich, Harry, zieh' dich zurük, du blutest zu stark; Lord +John von Lancaster, geht ihr mit ihm. + +Lancaster. +Nicht eher, Gnädigster Herr, bis ich auch blute. + +Prinz Heinrich. +Ich bitte Eu. Majestät, auszuharren, unsre Entfernung möchte unsre +Freunde in Verwirrung sezen. + +König Heinrich. +Ich will; Milord von Westmorland, führt ihn in sein Zelt. + +Westmorland. +Kommt, Milord, ich will euch in euer Zelt führen. + +Prinz Heinrich. +Mich führen, Milord? Ich bedarf eurer Hülfe nicht. Der Himmel +verhüte, daß eine Nadelrize den Prinzen von Wales von einem solchen +Feld wie dieses ist, treiben soll, wo so viel Edle Männer in ihrem +Blute zertreten ligen, und triumphierende Rebellen den Tod um sich +her verbreiten. + +Lancaster. +Wir athmen hier zu lange; kommt, Vetter von Westmorland, auf diesem +Weg ligt unsre Pflicht; um's Himmels willen, kommt. + +Prinz Heinrich. +Beym Himmel, du hast mich betrogen, Lancaster; ich dachte nicht daß +du Herr von einem solchen Geiste seyst; sonst liebt' ich dich als +einen Bruder, John, aber nun lieb' ich dich wie meine eigne Seele. + +König Heinrich. +Ich sah' ihn dem Lord Percy mit einem Muth die Spize bieten, den +ich von einem so jungen Krieger nicht vermuthen durfte. + +Prinz Heinrich. +O, dieser Junge hat Feuer für uns alle. + +(Sie gehen ab.) + +(König Heinrich bleibt; Dowglas tritt auf.) + +Dowglas. +Wieder ein König? Sie wachsen wie die Köpfe der Hydra. Ich bin +Dowglas, allen verderblich die diese Farbe tragen--Wer bist du, der +hier die Person eines Königs machen will? + +König Heinrich. +Der König selbst, Dowglas, der herzlich bedaurt, daß du schon so +viele Schatten von ihm angetroffen, eh du ihn selbst gefunden hast. +Ich habe zween Söhne, die dich und Percy auf dem ganzen +Schlachtfeld aufsuchen; aber da du mir so glüklich in die Hände +fällst, will ich's mit dir aufnehmen; vertheidige dich! + +Dowglas. +Ich fürchte, du bist auch nur ein Phantom; und doch trägst du dich +in der That wie ein König; aber mein bist du, das bin ich gewiß, +wer du auch bist, und so will ich dich gewinnen. + +(Sie fechten; indem der König in Gefahr ist, kommt der Prinz von +Wales dazu.) + + + +Prinz Heinrich. +Hebe deinen Kopf auf, du nichtswürdiger Schotte, oder du sollst +nimmer ihn nicht wieder empor heben: die Geister von Scherley, +Stafford und Blunt sind in meinen Armen; der Prinz von Wales ists, +der dir dräut, und der nie verspricht, was er nicht zu bezahlen +gedenkt. + +(Sie fechten, Dowglas flieht.) + +Munter, Gnädigster Herr! Wie befindet sich Euer Majestät? Sir +Nicolas Gawsey hat um Hülfe geschikt, und das hat auch Clifton +gethan. Ich will gerade zu Clifton. + +König Heinrich. +Bleib und athme einen Augenblik. Du hast meine verlohrne Achtung +wieder erkauft, Harry, und durch diese edle Rettung bewiesen, daß +dir mein Leben nicht gleichgültig ist. + +Prinz Heinrich. +O Himmel! das gröste Unrecht thaten die mir, die jemals gesagt +haben, daß ich euern Tod wünsche. Wär' es so, so hätt ich nur +Dowglassens dräuende Hand allein über euch lassen können; sie würde +euer Ende schneller als alles Gift der Welt befördert, und euerm +Sohn die verrätherische Mühe erspart haben. + +König Heinrich. +Eile du izt zu Clifton; ich will zu Sir Nicolas Gawsey. + +(Der König geht ab.) + + + +Zehnte Scene. +(Hot-Spur, der Prinz von Wales.) + + +Hot-Spur. +Wenn ich recht sehe, so bist du Harry Monmouth. + +Prinz Heinrich. +Du sprichst, als ob ich meinen Namen verläugnen wolle. + +Hot-Spur. +Mein Nam' ist Harry Percy. + +Prinz Heinrich. +Ich sehe also einen sehr tapfern Rebellen, der diesen Namen trägt. +Ich bin der Prinz von Wales, und denke nicht, Percy, länger neben +mir um den Preis der Ehre zu buhlen. Zween Sterne können ihren +Lauf nicht in einer Sphäre halten, und Ein England kan sich in kein +doppeltes Reich für Harry Percy, und für den Prinzen von Wales +theilen. + +Hot-Spur. +Auch soll es nicht; die Stunde ist gekommen, die einem von uns +beyden ein Ende machen muß; und wollte der Himmel, dein Name im +Krieg wär' izt so groß als meiner. + +Prinz Heinrich. +Er soll größer werden, eh wir von einander scheiden, und ich will +alle diese aufblühenden Ehren von deinem Kamme pflüken, um einen +Kranz für meine Stirne daraus zu machen. + +Hot-Spur. +Ich kan dich nicht länger so prahlen hören. + +(Sie fechten.) + +(Falstaff kommt dazu.) + +Falstaff. +Bravo, Hall, drauf los, Hall! Hey sa, ihr werdet hier kein +Kinderspiel finden, das kan ich euch sagen. (Dowglas tritt auf, +und ficht mit Falstaff, der sogleich zu Boden fällt, als ob er todt +sey; Dowglas geht wieder ab, und der Prinz stößt den Percy nieder.) + +Hot-Spur. +O Harry, du hast mich meines Ruhms beraubt; der Verlust des Lebens +schmerzt mich weniger, als alle die stolzen Titel, die du mir +abgewonnen hast; sie verwunden meine Seele tiefer als dein Schwerdt +mein Fleisch; aber die Seele ist eine Sclavin des Lebens, und das +Leben ein Spiel des Glüks--O, ich könnte propheceyen, wenn die +kalte Hand des Todes nicht auf meiner Zunge läge, nun, Percy, bist +du Staub, eine Speise für-- + +(Er stirbt.) + +Prinz Heinrich. +Würmer, braver Percy. Fahr du wohl! Unglüklicher Ehrgeiz, wie +klein schrumpfest du zusammen! Wie dieser Leib noch einen Geist in +sich hatte, war ein Königreich ein zu kleiner Raum für ihn; izt +sind zween Schritte verächtliche Erde Raums genug. Diese Erde, die +den todten Percy trägt, trägt keinen Lebenden, der ihm gleicht. +Wär'st du noch empfindlich, so würd' es mir nicht erlaubt seyn, +meiner Achtung für dich diesen Ausbruch zu lassen. Aber nun laß +mich dein zerfeztes Antliz verhüllen, und nimm diesen lezten Dienst +der Liebe von meiner Hand. Fahre wohl, und nimm deinen Ruhm mit +dir gen Himmel; deine Schmach schlafe mit dir in deinem Grab, und +werde nicht in deiner Grabschrift erwähnt!-- + +(Er sieht Falstaffen.) + +Wie, alte Bekanntschaft? Konnte alle diese Menge Fleisch nicht +ein wenig Leben verwahren? Armer Jak, fahr wohl! Einen bessern +Mann möcht' ich besser gespart haben.* + +(Geht ab.) + +{ed. * Man läßt hier ein halb Duzent kahle Reime weg, die des +Prinzen unwürdig sind, und die ganze Scene entstellen.} + + + +Eilfte Scene. +(Falstaff steht wieder auf, und amüsirt sich selbst mit frostigen +Wortspielen über die Vorsichtigkeit die er gehabt, sich todt zu +stellen. Zulezt besorgt er, Percy möchte auch wieder aufwachen, +und giebt ihm deßwegen noch einen Stoß, indem die folgende Scene +angeht.) + + + +Zwölfte Scene. +(Prinz Heinrich, und John von Lancaster treten auf.) + + +Prinz Heinrich. +Komm, Bruder John; du hast dich das erstemal vortrefflich wol +gehalten. + +Lancaster. +Sachte, wen haben wir hier? Sagtet ihr mir nicht, dieser dike Kerl +sey todt? + +Prinz Heinrich. +Das that ich, ich sah ihn ohne Athem auf dem Boden ligen. Bist du +bey Leben, oder sehen wir dein Gespenst? Rede, unsre Ohren müssen +das Zeugniß unsrer Augen bestätigen, wenn wir ihnen glauben sollen; +du bist nicht, was du scheinst. + +Falstaff. +Nein, das ist gewiß; ich bin nicht gedoppelt; aber wenn ich nicht +Hans Falstaff bin, so will ich ein Hans Dampf seyn. Hier ligt +Percy; wenn euer Vater mir eine Ehre dafür anthun will, so mag er's; +wo nicht, so kan er den nächsten Percy selber umbringen. Ich +hoffe entweder Graf oder Herzog zu werden, das kan ich euch +versichern. + +Prinz Heinrich. +Wie? Ich erlegte den Percy, und dich sah ich todt ligen. + +Falstaff. +Thatst du das? Herr, Herr! Wie die Welt dem Lügen ergeben ist! +Ich versichre euch, ich lag ohne Athem auf dem Boden, und er auch; +aber wir stunden beyde zugleich wieder auf, und fochten eine ganze +lange Stunde, nach der Gloke von Schrewsbury; wenn man mir's +glauben will, gut; wo nicht, so mögen diejenige, so die Tapferkeit +belohnen sollten, die Sünde auf sich nehmen; ich will mein Leben +dran sezen, daß ich ihm die Wunde in das dike Bein gegeben habe: +Wenn der Mann noch lebte, und es läugnen wollte, ich wollte ihm ein +Stük von meinem Degen zu fressen geben. + +Lancaster. +Das ist die seltsamste Begebenheit, die ich jemals gehört habe. + +Prinz Heinrich. +Das ist der seltsamste Bursche, Bruder John--Komm du, nimm dein +Bagage hübsch auf den Rüken, und wenn eine Lüge dir was Gutes thun +kan, so will ich sie, dir zu gefallen, mit den günstigsten +Ausdrüken übergülden, die ich finden kan.-- + +(Man hört zum Rükzug blasen.) + +Das Feld ist unser! Komm, Bruder, wir wollen mitten auf das +Schlachtfeld, und sehen, welche von unsern Freunden noch leben, und +welche gefallen sind. + +(Sie gehen ab.) + +Falstaff. +Ich will auch hinter drein. Das will ich doch sehen, wie sie mich +belohnen werden. Der Himmel lohn' es dem, der mich belohnt! Wenn +ich groß werde, so werd' ich um die Hälfte meines Bauchs kleiner +werden; denn ich will dann purgieren, und den Sect lassen, und ein +ordentliches Leben führen, wie ein Edelmann thun soll. + +(Er geht ab.) + + + +Dreyzehnte Scene. +(Trompeten: König Heinrich, der Prinz von Wales, Lord John von +Lancaster, Graf von Westmorland, mit Worcester und Vernon als +Gefangnen, treten auf.) + + +König Heinrich. +So fand die Empörung noch allemal ihre Züchtigung. Uebelgesinnter +Worcester, sandten wir nicht euch allen Gnade, Verzeihung, und +freundschaftliche Erbietungen zu? Und du erfrechtest dich unsre +Erklärung in das Gegentheil zu verkehren, und durch diesen Betrug +deines Vetters Zutrauen zu seinem Verderben zu mißbrauchen! Drey +tapfre Ritter, die an diesem Tag auf unsrer Seite gefallen sind, +ein edler Graf, und viele andre wakern Leute würden noch leben, +wenn du redlich, wie ein Christ, für das Beste unsrer Armeen +gedacht hättest. + +Worcester. +Was ich gethan habe, dazu zwang mich meine Erhaltung; und ich +unterziehe mich geduldig meinem Schiksal, da es nicht in meiner +Macht stund, ihm auszuweichen. + +König Heinrich. +Führet Worcestern und Vernon zum Tode; den übrigen Mitschuldigen +geben wir noch Frist. Wie steht es im Felde? + +Prinz Heinrich. +Der tapfre Schotte, Lord Douglas, wie er sah, daß keine Hoffnung +übrig war, diesen Tag zu gewinnen; daß Percy erschlagen war, und +die Furcht alle seine Leute ergriffen hat, entfloh mit den übrigen; +und ein Fall, den er that, richtete ihn so übel zu, daß er in die +Hände der Nachsezenden fiel. Er ist in meinem Zelt, und ich bitte +Euer Majestät um die Gnade, daß ich über ihn disponieren dürfe. + +König Heinrich. +Herzlich gern. + +Prinz Heinrich. +So übertrag' ich dann euch, Bruder Lancaster, die Vollziehung +dieses rühmlichen Werks der Großmuth. Geht zu Douglas, und sezt +ihn, ohne Lösegeld und Bedingung, in völlige Freyheit. Die +Tapferkeit, die er an dem heutigen Tag auf unsre Köpfe erprobet hat, +hat uns gelehrt, so schöne Thaten selbst an unsern Feinden +hochzuschäzen. + +Lancaster. +Ich danke Euer Gnaden für einen Auftrag, den ich sogleich mit +Vergnügen befolgen werde. + +König Heinrich. +Nun bleibt nichts übrig, als unsre Macht zu theilen. Ihr, Sohn +Johann, und mein Vetter Westmorland, sollt euch in möglichstes Eile +nach York wenden, um Northumberlanden und den Prälaten Scroop +anzugreiffen, die sich wie wir hören, mit grossem Eifer zum Krieg +rüsten. Ich selbst und mein Sohn Harry, werden nach Wales ziehen, +mit Glendower und dem Grafen von March zu fechten. [Noch ein Tag +wie dieser, wird der Empörung den Muth benehmen; laßt uns, nach +einem so schönen Anfang, nicht ablassen, bis wir alles Unsrige +wieder gewonnen haben.]* + +{ed. * Reime im Original.} + + +Ende dieses Projekt Gutenberg Etextes Der Erste Theil von König +Heinrich dem vierten, von William Shakespeare. + +Mit dem Leben und Tod von Heinrich Percy, genannt Hot-Spur. + +Übersetzt von Christoph Martin Wieland. + + + + + +End of the Project Gutenberg EBook of Der Erste Theil von Koenig Heinrich +dem vierten, by William Shakespeare + +*** END OF THE PROJECT GUTENBERG EBOOK KOENIG HEINRICH DEM VIERTEN, ERSTE *** + +This file should be named 7933-8.txt or 7933-8.zip + +Delphine Lettau and Mike Pullen + +Project Gutenberg eBooks are often created from several printed +editions, all of which are confirmed as Public Domain in the US +unless a copyright notice is included. Thus, we usually do not +keep eBooks in compliance with any particular paper edition. + +We are now trying to release all our eBooks one year in advance +of the official release dates, leaving time for better editing. +Please be encouraged to tell us about any error or corrections, +even years after the official publication date. + +Please note neither this listing nor its contents are final til +midnight of the last day of the month of any such announcement. +The official release date of all Project Gutenberg eBooks is at +Midnight, Central Time, of the last day of the stated month. A +preliminary version may often be posted for suggestion, comment +and editing by those who wish to do so. + +Most people start at our Web sites at: +https://gutenberg.org or +http://promo.net/pg + +These Web sites include award-winning information about Project +Gutenberg, including how to donate, how to help produce our new +eBooks, and how to subscribe to our email newsletter (free!). + + +Those of you who want to download any eBook before announcement +can get to them as follows, and just download by date. This is +also a good way to get them instantly upon announcement, as the +indexes our cataloguers produce obviously take a while after an +announcement goes out in the Project Gutenberg Newsletter. + +http://www.ibiblio.org/gutenberg/etext03 or +ftp://ftp.ibiblio.org/pub/docs/books/gutenberg/etext03 + +Or /etext02, 01, 00, 99, 98, 97, 96, 95, 94, 93, 92, 92, 91 or 90 + +Just search by the first five letters of the filename you want, +as it appears in our Newsletters. + + +Information about Project Gutenberg (one page) + +We produce about two million dollars for each hour we work. The +time it takes us, a rather conservative estimate, is fifty hours +to get any eBook selected, entered, proofread, edited, copyright +searched and analyzed, the copyright letters written, etc. Our +projected audience is one hundred million readers. If the value +per text is nominally estimated at one dollar then we produce $2 +million dollars per hour in 2002 as we release over 100 new text +files per month: 1240 more eBooks in 2001 for a total of 4000+ +We are already on our way to trying for 2000 more eBooks in 2002 +If they reach just 1-2% of the world's population then the total +will reach over half a trillion eBooks given away by year's end. + +The Goal of Project Gutenberg is to Give Away 1 Trillion eBooks! +This is ten thousand titles each to one hundred million readers, +which is only about 4% of the present number of computer users. + +Here is the briefest record of our progress (* means estimated): + +eBooks Year Month + + 1 1971 July + 10 1991 January + 100 1994 January + 1000 1997 August + 1500 1998 October + 2000 1999 December + 2500 2000 December + 3000 2001 November + 4000 2001 October/November + 6000 2002 December* + 9000 2003 November* +10000 2004 January* + + +The Project Gutenberg Literary Archive Foundation has been created +to secure a future for Project Gutenberg into the next millennium. + +We need your donations more than ever! + +As of February, 2002, contributions are being solicited from people +and organizations in: Alabama, Alaska, Arkansas, Connecticut, +Delaware, District of Columbia, Florida, Georgia, Hawaii, Illinois, +Indiana, Iowa, Kansas, Kentucky, Louisiana, Maine, Massachusetts, +Michigan, Mississippi, Missouri, Montana, Nebraska, Nevada, New +Hampshire, New Jersey, New Mexico, New York, North Carolina, Ohio, +Oklahoma, Oregon, Pennsylvania, Rhode Island, South Carolina, South +Dakota, Tennessee, Texas, Utah, Vermont, Virginia, Washington, West +Virginia, Wisconsin, and Wyoming. + +We have filed in all 50 states now, but these are the only ones +that have responded. + +As the requirements for other states are met, additions to this list +will be made and fund raising will begin in the additional states. +Please feel free to ask to check the status of your state. + +In answer to various questions we have received on this: + +We are constantly working on finishing the paperwork to legally +request donations in all 50 states. 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