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+The Project Gutenberg EBook of Romeo und Julia, by William Shakespeare
+(#16 in our series by William Shakespeare)
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+Copyright laws are changing all over the world. Be sure to check the
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+this or any other Project Gutenberg eBook.
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+how the file may be used. You can also find out about how to make a
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+**Welcome To The World of Free Plain Vanilla Electronic Texts**
+
+**eBooks Readable By Both Humans and By Computers, Since 1971**
+
+*****These eBooks Were Prepared By Thousands of Volunteers!*****
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+
+Title: Romeo und Julia
+
+Author: William Shakespeare
+
+Release Date: November, 2004 [EBook #6996]
+[This file was first posted on February 20, 2003]
+
+Edition: 10
+
+Language: German
+
+Character set encoding: ISO Latin-1
+
+*** START OF THE PROJECT GUTENBERG EBOOK, ROMEO UND JULIA ***
+
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+
+
+Thanks are given to Delphine Lettau for finding a huge collection of ancient
+German books in London.
+
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+This Etext is in German.
+
+We are releasing two versions of this Etext, one in 7-bit format,
+known as Plain Vanilla ASCII, which can be sent via plain email--
+and one in 8-bit format, which includes higher order characters--
+which requires a binary transfer, or sent as email attachment and
+may require more specialized programs to display the accents.
+This is the 8-bit version.
+
+This book content was graciously contributed by the Gutenberg Projekt-DE.
+That project is reachable at the web site http://gutenberg2000.de.
+
+Dieses Buch wurde uns freundlicherweise vom "Gutenberg Projekt-DE"
+zur Verfügung gestellt. Das Projekt ist unter der Internet-Adresse
+http://gutenberg2000.de erreichbar.
+
+
+
+
+Romeo und Julia
+
+William Shakespeare
+
+Übersetzt von August Wilhelm von Schlegel
+
+
+PERSONEN
+
+ESCALUS, Prinz von Verona
+
+[GRAF] PARIS, ein junger Edelmann, Verwandter des Prinzen
+
+MONTAGUE und CAPULET } Häupter zweier Häuser, welche in Zwist
+miteinander sind
+
+[Ein andrer CAPULET, des Vorigen Verwandter] Ein alter Mann,
+ein Onkel von Capulet
+
+ROMEO, Montagues Sohn
+
+MERCUTIO, Verwandter des Prinzen und Romeos Freund
+
+BENVOLIO, Montagues Neffe und Romeos Freund
+
+TYBALT, Neffe der Gräfin Capulet
+
+Bruder LORENZO, ein Franziskaner
+
+Bruder MARKUS, von demselben Orden
+
+ABRAHAM, Diener im Hause Montague
+
+BALTHASAR, Romeos Diener
+
+[SIMSON, GREGORIO, PETER und andere DIENER im Hause Capulet]
+
+SIMSON, Diener des Capulet
+
+GREGORIO, Diener des Capulet
+
+PETER, Diener von Julias Amme
+
+Drei MUSIKANTEN
+
+Ein PAGE des Paris; ein weiterer Page
+
+Ein APOTHEKER
+
+CHORUS
+
+Ein Offizier
+
+Gräfin MONTAGUE, Ehefrau des Montague
+
+Gräfin CAPULET, Ehefrau des Capulet
+
+JULIA, Capulets Tochter
+
+[WÄRTERIN, früher] Juliens Amme
+
+Bürger von Verona. Verschiedene Männer und Frauen, Verwandte
+beider Häuser.
+
+Masken, Garde, Wächter, Gefolge
+
+
+Die Szene ist den größten Teil des Stücks hindurch in Verona;
+zu Anfange des fünften Aktes in Mantua
+
+
+
+PROLOG
+
+
+(Der Chorus tritt auf.)
+
+CHORUS
+Zwei Häuser waren--gleich an Würdigkeit--
+ Hier in Verona, wo die Handlung steckt,
+Durch alten Groll zu neuem Kampf bereit,
+ Wo Bürgerblut die Bürgerhand befleckt.
+Aus dieser Feinde unheilvollem Schoß
+ Das Leben zweier Liebender entsprang,
+Die durch ihr unglückselges Ende bloß
+ Im Tod begraben elterlichen Zank.
+Der Hergang ihrer todgeweihten Lieb
+ Und der Verlauf der elterlichen Wut,
+Die nur der Kinder Tod von dannen trieb,
+ Ist nun zwei Stunden lang der Bühne Gut;
+Was dran noch fehlt, hört mit geduldgem Ohr,
+Bringt hoffentlich nun unsre Müh hervor.
+
+
+
+
+ERSTER AKT
+
+
+
+ERSTE SZENE
+
+(Ein öffentlicher Platz)
+
+(Simson und Gregorio, [zwei Bediente Capulets,] treten
+bewaffnet mit
+Schwertern und Schilden auf.)
+
+
+SIMSON
+Auf mein Wort, Gregorio, wir wollen nichts in die Tasche
+stecken.
+
+GREGORIO
+Freilich nicht, sonst wären wir Taschenspieler.
+
+SIMSON
+Ich meine, ich werde den Koller kriegen und vom Leder
+ziehn.
+
+GREGORIO
+Ne, Freund, deinen ledernen Koller mußt du bei Leibe
+nicht ausziehen.
+
+SIMSON
+Ich schlage geschwind zu, wenn ich aufgebracht bin.
+
+GREGORIO
+Aber du wirst nicht geschwind aufgebracht.
+
+SIMSON
+Ein Hund aus Montagues Hause bringt mich schon auf.
+
+GREGORIO
+Einen aufbringen heißt: ihn von der Stelle schaffen.
+Um tapfer zu sein, muß man standhalten. Wenn du dich
+also aufbringen läßt, so läufst du davon.
+
+SIMSON
+Ein Hund aus dem Hause bringt mich zum Standhalten.
+[Mit jedem Bedienten und jedem Mädchen Montagues will ich
+es aufnehmen.] Ich habe bei jedem Bedienten und Mädchen
+der Montagues den Vorrang und nehme also die Mauerseite
+ein, [so daß ich nicht auf die schmutzige Straßenmitte
+treten muß.]
+
+
+GREGORIO
+Daran sieht man, daß du ein schwacher Sklave bist;
+denn der schwächste geht gegen die Mauer.
+
+SIMSON
+Das ist wahr; und daher werden die Weiber, da sie die
+schwächeren sind, immer gegen die Mauer gedrückt:
+folglich werde ich Montagues Bediente von der Mauer
+wegstoßen und seine Mädchen gegen die Mauer drücken.
+
+GREGORIO
+Der Streit ist nur zwischen unseren Herrschaften und uns,
+ihren Bedienten. [Es mit den Mädchen aufnehmen? Pfui doch!
+Du solltest dich lieber von ihnen aufnehmen lassen.]
+
+SIMSON
+Einerlei! Ich will barbarisch zu Werke gehn. Hab ichs
+mit den Bedienten erst ausgefochten, so will ich mir die
+Mädchen unterwerfen. [Sie sollen die Spitze meines Degens
+fühlen, bis er stumpf wird.] Ich werde sie ihrer
+jungfräulichen Häupter berauben.
+
+GREGORIO
+Die Jungfrauen enthaupten?
+
+SIMSON
+Jawohl, die Jungfrauen enthaupten oder ihnen die
+Jungfräulichkeit nehmen, nimm es in dem einen oder
+anderen Sinn, ganz wie du willt.
+
+GREGORIO
+Sie werden es sinngemäß aufnehmen müssen, die es zu
+spüren bekommen.
+
+SIMSON
+Mich sollen sie zu spüren bekommen, solange ich noch
+standhalten kann: und es ist bekannt, daß ich ein hübsches
+Stück Fleisches bin.
+
+GREGORIO
+Nur gut, daß du nicht Fisch bist, sonst wärst du ein
+ärmlicher Dörr-Hering.--Zieh nur gleich vom Leder: Da
+kommen zwei aus dem Hause der Montagues.
+
+(Abraham und Balthasar treten auf.)
+
+SIMSON
+Hier, meine Waffe ist blank. Fang nur Händel an, ich will
+den Rücken decken.
+
+GREGORIO
+Den Rücken? Willst du Reißaus nehmen?
+
+SIMSON
+Fürchte nichts von mir!
+
+GREGORIO
+Ne, wahrhaftig! Ich dich fürchten?
+
+SIMSON
+Laß uns das Recht auf unsrer Seite behalten, laß sie
+anfangen!
+
+GREGORIO
+Ich will ihnen im Vorbeigehn ein Gesicht ziehen, sie
+mögens nehmen, wie sie wollen.
+
+SIMSON
+Wie sie wagen, lieber. Ich will ihnen einen Esel bohren;
+wenn sie es einstecken, so haben sie den Schimpf.
+
+(Abraham und Balthasar treten auf.)
+
+ABRAHAM
+Bohrt Ihr uns einen Esel, mein Herr?
+
+SIMSON
+Ich bohre einen Esel, mein Herr.
+
+ABRAHAM
+Bohrt Ihr uns einen Esel, mein Herr?
+
+SIMSON
+Ist das Recht auf unsrer Seite, wenn ich ja sage?
+
+GREGORIO
+Nein.
+
+SIMSON
+Nein, mein Herr! Ich bohre Euch keinen Esel, mein Herr.
+Aber ich bohre einen Esel, mein Herr.
+
+GREGORIO
+Sucht Ihr Händel, mein Herr?
+
+ABRAHAM
+Händel, Herr? Nein, mein Herr.
+
+SIMSON
+Wenn Ihr sonst Händel sucht, mein Herr: ich steh zu Diensten.
+Ich bediene einen ebenso guten Herrn wie Ihr.
+
+ABRAHAM
+Keinen bessern.
+
+SIMSON
+Sehr wohl, mein Herr!
+
+(Benvolio tritt auf.)
+
+GREGORIO
+Sag: einen bessern; hier kommt ein Vetter meiner Herrschaft.
+
+SIMSON
+Ja doch, einen bessern, mein Herr.
+
+ABRAHAM
+Ihr lügt!
+
+SIMSON
+Zieht, falls ihr Kerls seid! Frisch, Gregorio! denk mir an
+deinen Schwadronierhieb.
+
+(Sie fechten. Benvolio tritt auf.)
+
+BENVOLIO
+Ihr Narren, fort! Steckt eure Schwerter ein;
+Ihr wißt nicht, was ihr tut.
+
+(Er schlägt ihre Schwerter nieder. Tybalt tritt auf.)
+
+TYBALT
+Was? Ziehst du unter den verzagten Knechten?
+Hieher, Benvolio! Biet die Stirn dem Tode!
+
+BENVOLIO
+Ich stifte Frieden, steck dein Schwert nur ein!
+Wo nicht, so führ es, diese hier zu trennen!
+
+TYBALT
+Was? Ziehn und Friede rufen? Wie die Hölle
+Haß ich das Wort, wie alle Montagues
+Und dich! Wehr dich, du Memme!
+
+(Sie fechten. Verschiedene Anhänger beider Häuser kommen
+und mischen sich in den Streit; dann Bürger mit Knütteln.)
+
+ERSTER BÜRGER
+He! Spieß' und Stangen her!--Schlagt auf sie los!
+Weg mit den Capulets!--Weg mit den Montagues!
+
+(Capulet im Schlafrock und Gräfin Capulet.)
+
+CAPULET
+Was für ein Lärm?--Holla, mein langes Schwert!
+
+GRÄFIN CAPULET
+Nein, Krücken, Krücken! Wozu soll ein Schwert!
+
+CAPULET
+Mein Schwert, sag ich! Der alte Montague
+Kommt dort und schwingt die Klinge mir zum Hohn.
+
+(Montague und Gräfin Montague.)
+
+MONTAGUE
+Du Schurke Capulet!--
+
+MONTAGUE
+Schon manchen Morgen ward er dort gesehn,
+Wie er den frischen Tau durch Tränen mehrte
+Und, tief erseufzend, Wolk an Wolke drängte.
+Allein sobald im fernsten Ost die Sonne,
+Die allerfreunde, von Auroras Bett
+Den Schattenvorhang wegzuziehn beginnt,
+Stiehlt vor dem Licht mein finstrer Sohn sich heim
+Und sperrt sich einsam in sein Kämmerlein,
+Verschließt dem schönen Tageslicht die Fenster
+Und schaffet künstlich Nacht um sich herum.
+In schwarzes Mißgeschick wird er sich träumen,
+Weiß guter Rat den Grund nicht wegzuräumen.
+
+BENVOLIO
+Mein edler Oheim, wisset Ihr den Grund?
+
+MONTAGUE
+Ich weiß ihn nicht und kann ihn nicht erforschen.
+
+BENVOLIO
+Lagt Ihr ihm jemals schon deswegen an?
+
+MONTAGUE
+Ich selbst sowohl als mancher andre Freund.
+Doch er, der eignen Neigungen Vertrauter,
+Ist gegen sich, wie treu, will ich nicht sagen,
+Doch so geheim und in sich selbst gekehrt,
+So unergründlich forschendem Bemühn
+Wie eine Knospe, die ein Wurm zernagt,
+Eh sie der Luft ihr zartes Laub entfalten
+Und ihren Reiz der Sonne weihen kann.
+Erführen wir, woher sein Leid entsteht,
+Wir heilten es so gern, als wirs erspäht.
+
+(Romeo erscheint in einiger Entfernung.)
+
+BENVOLIO
+Da kommt er, seht! Geruht, uns zu verlassen;
+Galt ich ihm je was, will ich schon ihn fassen.
+
+MONTAGUE
+O beichtet' er für dein Verweilen dir
+Die Wahrheit doch!--Kommt, Gräfin, gehen wir!
+
+(Montague und Gräfin Montague gehen ab. Romeo tritt auf.)
+
+BENVOLIO
+Ha, guten Morgen, Vetter!
+
+ROMEO
+ Erst so weit?
+
+BENVOLIO
+Kaum schlug es neun.
+
+ROMEO
+ Weh mir. Gram dehnt die Zeit.
+War das mein Vater, der so eilig ging?
+
+BENVOLIO
+Er wars. Und welcher Gram dehnt Euch die Stunden?
+
+ROMEO
+Daß ich entbehren muß, was sie verkürzt.
+
+BENVOLIO
+Entbehrt Ihr Liebe?
+
+ROMEO
+ Nein.
+
+BENVOLIO
+ So ward sie Euch zuteil?
+
+ROMEO
+Nein, Lieb entbehr ich, wo ich lieben muß.
+
+BENVOLIO
+Ach, daß der Liebesgott, so mild im Scheine,
+So grausam in der Prob erfunden wird!
+
+ROMEO
+Ach, daß der Liebesgott, trotz seinen Binden,
+Zu seinem Ziel stets Pfade weiß zu finden!
+Wo speisen wir?--Ach, welch ein Streit war hier?
+Doch sagt mirs nicht, ich hört es alles schon:
+Haß gibt hier viel zu schaffen, Liebe mehr.
+Nun denn: Liebreicher Haß! Streitsüchtge Liebe!
+Du Alles, aus dem Nichts zuerst erschaffen!
+Schwermütger Leichtsinn! Ernste Tändelei!
+Entstelltes Chaos glänzender Gestalten!
+Bleischwinge! Lichter Rauch und kalte Glut!
+Stets wacher Schlaf, dein eignes Widerspiel!
+So fühl ich Lieb und hasse, was ich fühl!
+Du lachst nicht?
+
+BENVOLIO
+ Nein, das Weinen ist mir näher.
+
+ROMEO
+Warum, mein Herz?
+
+BENVOLIO
+ Um deines Herzens Qual.
+
+ROMEO
+Das ist der Liebe Unbill nun einmal.
+Schon eignes Leid will mir die Brust zerpressen,
+Dein Gram um mich wird voll das Maß mir messen.
+Die Freundschaft, die du zeigst, mehrt meinen Schmerz;
+Denn, wie sich selbst, so quält auch dich mein Herz.
+Lieb ist ein Rauch, den Seufzerdämpf erzeugten,
+Geschürt, ein Feur, von dem die Augen leuchten,
+Gequält, ein Meer, von Tränen angeschwellt;
+Was ist sie sonst? Verständge Raserei
+Und ekle Gall und süße Spezerei.
+Lebt wohl, mein Freund!
+
+(Im Gehen.)
+
+BENVOLIO
+ Sacht! Ich will mit Euch gehen;
+Ihr tut mir Unglimpf, laßt Ihr so mich stehen.
+
+ROMEO
+Ach, ich verlor mich selbst; ich bin nicht Romeo.
+Der ist nicht hier: er ist--ich weiß nicht, wo.
+
+BENVOLIO
+Entdeckt mir ohne Mutwill, wen Ihr liebt.
+
+ROMEO
+Bin ich nicht ohne Mut und ohne Willen?
+
+BENVOLIO
+Nein, sagt mirs ernsthaft doch!
+
+ROMEO
+Bitt einen ernsthaft um sein Testament,
+Den Kranken quälts, wenn man das Wort ihm nennt!
+Hört, Vetter, denn im Ernst: Ich lieb ein Weib.
+
+BENVOLIO
+Ich trafs doch gut, daß ich verliebt Euch glaubte.
+
+ROMEO
+Ein wackrer Schütz!--Und die ich lieb, ist schön.
+
+BENVOLIO
+Ein glänzend Ziel kann man am ersten treffen.
+
+ROMEO
+Dies Treffen traf dir fehl, mein guter Schütz;
+Sie weicht dem Pfeil aus, sie hat Dianens Witz
+Umsonst hat ihren Panzer keuscher Sitten
+Der Liebe kindisches Geschoß bestritten.
+Sie wehrt den Sturm der Liebesbitten ab,
+Steht nicht dem Angriff kecker Augen, öffnet
+Nicht ihren Schoß dem Gold, das Heilge lockt.
+O sie ist reich an Schönheit; arm allein,
+Weil, wenn sie stirbt, ihr Reichtum hin wird sein.
+
+BENVOLIO
+Beschwor sie der Enthaltsamkeit Gesetze?
+
+ROMEO
+Sie tats, und dieser Geiz vergeudet Schätze.
+Denn Schönheit, die der Lust sich streng enthält,
+Bringt um ihr Erb die ungeborne Welt.
+Sie ist zu schön und weis', um Heil zu erben,
+Weil sie, mit Weisheit schön, mich zwingt zu sterben.
+Sie schwor zu lieben ab, und dies Gelübd
+Ist Tod für den, der lebt, nur weil er liebt.
+
+BENVOLIO
+Folg meinem Rat, vergiß an sie zu denken!
+
+ROMEO
+So lehre mich, das Denken zu vergessen.
+
+BENVOLIO
+Gib deinen Augen Freiheit, lenke sie
+Auf andre Reize hin.
+
+ROMEO
+ Das ist der Weg,
+Mir ihren Reiz in vollem Licht zu zeigen.
+Die Schwärze jener neidenswerten Larven,
+Die schöner Frauen Stirne küssen, bringt
+Uns in den Sinn, daß sie das Schöne bergen.
+Der, welchen Blindheit schlug, kann nie das Kleinod
+Des eingebüßten Augenlichts vergessen.
+Zeigt mir ein Weib, unübertroffen schön:
+Mir gilt ihr Reiz wie eine Weisung nur,
+Worin ich lese, wer sie übertrifft.
+Leb wohl! Vergessen lehrest du mich nie.
+
+BENVOLIO
+Dein Schuldner sterb ich, glückt mir nicht die Müh.
+
+(Beide ab.)
+
+
+
+ZWEITE SZENE
+
+(Eine Straße)
+
+(Capulet, Paris und ein Diener kommen.)
+
+
+CAPULET
+Und Montague ist mit derselben Buße
+Wie ich bedroht? Für Greise, wie wir sind,
+Ist Frieden halten, denk ich, nicht so schwer.
+
+PARIS
+Ihr geltet beid als ehrenwerte Männer,
+Und Jammer ists um Euren langen Zwiespalt.
+Doch, edler Graf, wie dünkt Euch mein Gesuch?
+
+CAPULET
+Es dünkt mich so, wie ich vorhin gesagt.
+Mein Kind ist noch ein Fremdling in der Welt,
+Sie hat kaum vierzehn Jahre wechseln sehn.
+Laßt noch zwei Sommer prangen und verschwinden,
+Eh wir sie reif, um Braut zu werden, finden.
+
+PARIS
+Noch jüngre wurden oft beglückte Mütter.
+
+CAPULET
+Wer vor der Zeit beginnt, der endigt früh.
+All meine Hoffnungen verschlang die Erde;
+Mir blieb nur dieses hoffnungsvolle Kind.
+Doch werbt nur, lieber Graf! Sucht Euer Heil!
+Mein Will ist von dem ihren nur ein Teil.
+Wenn sie aus Wahl in Eure Bitten willigt,
+So hab ich im voraus ihr Wort gebilligt,
+Ich gebe heut ein Fest, von alters hergebracht,
+Und lud darauf der Gäste viel zu Nacht,
+Was meine Freunde sind: Ihr, der dazu gehöret,
+Sollt hoch willkommen sein, wenn Ihr die Zahl vermehret.
+In meinem armen Haus sollt Ihr des Himmels Glanz
+Heut nacht verdunkelt sehn durch irdscher Sterne Tanz.
+Wie muntre Jünglinge mit neuem Mut sich freuen,
+Wenn auf die Fersen nun der Fuß des holden Maien
+Dem lahmen Winter tritt: die Lust steht Euch bevor,
+Wann Euch in meinem Haus ein frischer Mädchenflor
+Von jeder Seit umgibt. Ihr hört, Ihr seht sie alle,
+Daß, die am schönsten prangt, am meisten Euch gefalle.
+Dann mögt Ihr in der Zahl auch meine Tochter sehn,
+Sie zählt für eine mit, gilt sie schon nicht für schön.
+Kommt, geht mit mir!--Du, Bursch, nimm das Papier mit Namen,
+Trab in der Stadt herum, such alle Herrn und Damen,
+So hier geschrieben stehn,
+
+(übergibt ein Papier)
+
+ und sag mit Höflichkeit:
+Mein Haus und mein Empfang steh ihrem Dienst bereit.
+
+(Capulet und Paris gehen ab.)
+
+DIENER
+Die Leute soll ich suchen, wovon die Namen hier geschrieben
+stehn? Es steht geschrieben, der Schuster soll sich um seine
+Elle kümmern, der Schneider um seinen Leisten, der Fischer
+um seinen Pinsel, der Maler um seine Netze. Aber mich schicken
+sie, um die Leute ausfindig zu machen, wovon die Namen hier
+geschrieben stehn, und ich kann doch gar nicht ausfindig
+machen, was für Namen der Schreiber hier aufgeschrieben hat.
+Ich muß zu den Gelahrten!--
+
+
+
+DRITTE SZENE
+
+(Ein Zimmer in Capulets Hause)
+
+(Gräfin Capulet und die Wärterin.)
+
+
+GRÄFIN CAPULET
+Ruft meine Tochter her; wo ist sie, Amme?
+
+WÄRTERIN
+Bei meiner Jungfernschaft im zwölften Jahr,
+Ich rief sie schon.--He, Lämmchen! zartes Täubchen--
+Daß Gott! wo ist das Kind? He, Juliette!
+
+(Julia kommt.)
+
+JULIA
+Was ist? Wer ruft mich?
+
+WÄRTERIN
+Eure Mutter.
+
+JULIA
+Hier bin ich, gnädge Mutter! Was beliebt?
+
+GRÄFIN CAPULET
+Die Sach ist diese!--Amme, geh beiseit,
+Wir müssen heimlich sprechen.--Amme, komm
+Nur wieder her, ich habe mich besonnen,
+Ich will dich mit zur Überlegung ziehn.
+Du weißt, mein Kind hat schon ein hübsches Alter.
+
+WÄRTERIN
+Das zähl ich, meiner Treu, am Finger her.
+
+GRÄFIN CAPULET
+Sie ist nicht vierzehn Jahre.
+
+WÄRTERIN
+Ich wette vierzehn meiner Zähne drauf--
+Zwar hab ich nur vier Zahn, ich arme Frau--,
+Sie ist noch nicht vierzehn. Wie lang ists bis Johannis?
+
+GRÄFIN CAPULET
+Ein vierzehn Tag und drüber.
+
+WÄRTERIN
+Nun, drüber oder drunter. Just den Tag,
+Johannistag zu Abend, wird sie vierzehn.
+Suschen und sie--Gott gebe jedem Christen
+Das ewge Leben!--waren eines Alters.
+Nun, Suschen ist bei Gott;
+Sie war zu gut für mich. Doch wie ich sagte,
+Johannistag zu Abend wird sie vierzehn.
+Das wird sie, meiner Treu; ich weiß recht gut.
+Elf Jahr ists her, seit wir 's Erdbeben hatten;
+Und ich entwöhnte sie--mein Leben lang
+Vergeß ichs nicht--just auf denselben Tag.
+Ich hatte Wermut auf die Brust gelegt
+Und saß am Taubenschlage in der Sonne;
+Die gnädge Herrschaft war zu Mantua.
+Ja, ja! Ich habe Grütz im Kopf! Nun, wie ich sagte:
+Als es den Wermut auf der Warze schmeckte
+Und fand ihn bitter--närrsches, kleines Ding--,
+Wie's böse ward und zog der Brust ein Gsicht!
+Krach! sagt' der Taubenschlag; und ich, fürwahr,
+Ich wußte nicht, wie ich mich tummeln sollte,
+Und seit der Zeit ists nun elf Jahre her.
+Denn damals stand sie schon allein; mein Treu,
+Sie lief und watschelt' Euch schon flink herum.
+Denn tags zuvor fiel sie die Stirn entzwei,
+Und da hob sie mein Mann--Gott hab ihn selig!
+Er war ein lustger Mann--vom Boden auf.
+Ei, sagt' er, fällst du so auf dein Gesicht?
+Wirst rücklings fallen, wenn du klüger bist,
+Nicht wahr, mein Kind? Und liebe, heilge Frau!
+Das Mädchen schrie nicht mehr und sagte: Ja.
+Da seh man, wie so 'n Spaß zum Vorschein kommt!
+Und lebt ich tausend Jahre lang, ich wette,
+Daß ich es nie vergaß. Nicht wahr, mein Kind? sagt' er;
+Und 's liebe Närrchen ward still und sagte: Ja.
+
+GRÄFIN CAPULET
+Genug davon, ich bitte, halt dich ruhig.
+
+WÄRTERIN
+Ja, gnädge Frau. Doch lächerts mich noch immer,
+Wie 's Kind sein Schreien ließ und sagte: Ja,
+Und saß ihm, meiner Treu, doch eine Beule,
+So dick wie 'n Hühnerei, auf seiner Stirn,
+Recht gfährlich dick, und es schrie bitterlich.
+Mein Mann, der sagte: Ei, fällst aufs Gesicht?
+Wirst rücklings fallen, wenn du älter bist.
+Nicht wahr, mein Kind? Still wards und sagte: Ja.
+
+JULIA
+Ich bitt dich, Amme, sei doch auch nur still.
+
+WÄRTERIN
+Gut, ich bin fertig. Gott behüte dich!
+Du warst das feinste Püppchen, das ich säugte.
+Erleb ich deine Hochzeit noch einmal,
+So wünsch ich weiter nichts.
+
+GRÄFIN CAPULET
+Die Hochzeit, ja, das ist der Punkt, von dem
+Ich sprechen wollte. Sag mir, liebe Tochter,
+Wie stehts mit deiner Lust, dich zu vermählen?
+
+JULIA
+Ich träumte nie von dieser Ehre noch.
+
+WÄRTERIN
+Ein Ehre! Hättst du eine andre Amme
+Als mich gehabt, so wollt ich sagen: Kind,
+Du habest Weisheit mit der Milch gesogen.
+
+GRÄFIN CAPULET
+Gut, denke jetzt dran; jünger noch als du
+Sind angesehne Fraun hier in Verona
+Schon Mütter worden. Ist mir recht, so war
+Ich deine Mutter in demselben Alter,
+Wo du noch Mädchen bist. Mit einem Wort:
+Der brave Paris wirbt um deine Hand.
+
+WÄRTERIN
+Das ist ein Mann, mein Fräulein! Solch ein Mann,
+Als alle Welt--ein wahrer Zuckermann!
+
+GRÄFIN CAPULET
+Die schönste Blume von Veronas Flor.
+
+WÄRTERIN
+Ach ja, 'ne Blume! Gelt, 'ne rechte Blume!
+
+GRÄFIN CAPULET
+Was sagst du? Wie gefällt dir dieser Mann?
+Heut abend siehst du ihn bei unserm Fest.
+Dann lies im Buche seines Angesichts,
+In das der Schönheit Griffel Wonne schrieb,
+Betrachte seiner Züge Lieblichkeit,
+Wie jeglicher dem andern Zierde leiht.
+Was dunkel in dem holden Buch geblieben,
+Das lies in seinem Aug am Rand geschrieben.
+Und dieses Freiers ungebundner Stand,
+Dies Buch der Liebe braucht nur einen Band.
+Der Fisch lebt in der See, und doppelt teuer
+Wird äußres Schön' als innrer Schönheit Schleier.
+Das Buch glänzt allermeist im Aug der Welt,
+Das goldne Lehr in goldnen Spangen hält.
+So wirst du alles, was er hat, genießen,
+Wenn du ihn hast, ohn etwas einzubüßen.
+
+WÄRTERIN
+Einbüßen? Nein, zunehmen wird sie eher;
+Die Weiber nehmen oft durch Männer zu.
+
+GRÄFIN CAPULET
+Sag kurz, fühlst du dem Grafen dich geneigt?
+
+JULIA
+Gern will ich sehn, ob Sehen Neigung zeugt;
+Doch weiter soll mein Blick den Flug nicht wagen,
+Als ihn die Schwingen Eures Beifalls tragen.
+
+(Ein Diener kommt.)
+
+DIENER
+Gnädige Frau, die Gäste sind da, das Abendessen auf dem
+Tisch; Ihr werdet gerufen, das Fräulein gesucht, die Amme
+in der Speisekammer zum Henker gewünscht, und alles geht
+drunter und drüber. Ich muß fort, aufwarten; ich bitte Euch,
+kommt unverzüglich!
+
+GRÄFIN CAPULET
+Gleich!--
+
+(Der Diener geht ab.)
+
+ Paris wartet; Julia, komm geschwind!
+
+WÄRTERIN
+Such frohe Nacht auf frohe Tage, Kind!
+
+(Alle ab.)
+
+
+
+VIERTE SZENE
+
+(Eine Straße)
+
+(Romeo, Mercutio, Benvolio mit fünf oder sechs Masken,
+Fackelträgern und anderen.)
+
+
+ROMEO
+Soll diese Red uns zur Entschuldgung dienen?
+Wie? Oder treten wir nur grad hinein?
+
+BENVOLIO
+Umschweife solcher Art sind nicht mehr Sitte.
+Wir wollen keinen Amor, mit der Schärpe
+Geblendet, der den bunt bemalten Bogen
+Wie ein Tatar geschnitzt aus Latten trägt
+Und wie 'ne Vogelscheuch die Frauen schreckt;
+Auch keinen hergebeteten Prolog,
+Wobei viel zugeblasen wird, zum Eintritt.
+Laßt sie uns nur, wofür sie wollen, nehmen,
+Wir nehmen ein paar Tänze mit und gehn.
+
+ROMEO
+Ich mag nicht springen; gebt mir eine Fackel!
+Da ich so finster bin, so will ich leuchten.
+
+MERCUTIO
+Nein, du mußt tanzen, lieber Romeo.
+
+ROMEO
+Ich wahrlich nicht! Ihr seid so leicht von Sinn
+Als leicht beschuht; mich drückt ein Herz von Blei
+Zu Boden, daß ich kaum mich regen kann.
+
+MERCUTIO
+Ihr seid ein Liebender; borgt Amors Flügel
+und schwebet frei in ungewohnten Höhn.
+
+ROMEO
+Ich bin zu tief von seinem Pfeil durchbohrt,
+Auf seinen leichten Schwingen hoch zu schweben.
+Gewohnte Fesseln lassen mich nicht frei;
+Ich sinke unter schwerer Liebeslast.
+
+MERCUTIO
+Und wolltet Ihr denn in die Liebe sinken?
+Ihr seid zu schwer für ein so zartes Ding.
+
+ROMEO
+Ist Lieb ein zartes Ding? Sie ist zu rauh,
+Zu wild, zu tobend; und sie sticht wie Dorn.
+
+MERCUTIO
+Begegnet Lieb Euch rauh, so tut desgleichen!
+Stecht Liebe, wenn sie sticht; das schlägt sie nieder.
+
+(Zu einem andern aus dem Gefolge.)
+
+Gebt ein Gehäuse für mein Antlitz mir:
+
+(Eine Maske aufsetzend.)
+
+'ne Larve für 'ne Larve!
+
+(Bindet die Maske vor.)
+
+ Nun erspähe
+Die Neugier Mißgestalt: was kümmerts mich?
+Erröten wird für mich dies Wachsgesicht.
+
+BENVOLIO
+Fort! Klopft, und dann hinein! Und sind wir drinnen,
+So rühre gleich ein jeder flink die Beine!
+
+ROMEO
+Mir eine Fackel! Leichtgeherzte Buben,
+Die laßt das Estrich mit den Sohlen kitzeln.
+Ich habe mich verbrämt mit einem alten
+Großvaterspruch: Wer 's Licht hält, schauet zu!
+Nie war das Spiel so schön; doch ich bin matt.
+
+MERCUTIO
+Jawohl, zu matt, dich aus dem Schlamme--nein,
+Der Liebe wollt ich sagen--dich zu ziehn,
+Worin du leider steckst bis an die Ohren.
+Macht fort, wir leuchten ja dem Tage hier.
+
+ROMEO
+Das tun wir nicht.
+
+MERCUTIO
+ Ich meine, wir verscherzen,
+Wie Licht bei Tag, durch Zögern unsre Kerzen.
+Nehmt meine Meinung nach dem guten Sinn
+Und sucht nicht Spiele des Verstandes drin.
+
+ROMEO
+Wir meinens gut, da wir zum Balle gehen;
+Doch es ist Unverstand.
+
+MERCUTIO
+ Wie? Laßt doch sehen!
+
+ROMEO
+Ich hatte diese Nacht 'nen Traum.
+
+MERCUTIO
+ Auch ich.
+
+ROMEO
+Was war der Eure?
+
+MERCUTIO
+ Daß auf Träume sich
+Nichts bauen läßt, daß Träume öfters lügen.
+
+ROMEO
+Sie träumen Wahres, weil sie schlafend liegen.
+
+MERCUTIO
+Nun seh ich wohl, Frau Mab hat Euch besucht.
+
+[ROMEO
+Frau Mab, wer ist sie?
+
+MERCUTIO]
+Sie ist der Feenwelt Entbinderin.
+Sie kommt, nicht größer als der Edelstein
+Am Zeigefinger eines Aldermanns,
+Und fährt mit 'nem Gespann von Sonnenstäubchen
+Den Schlafenden quer auf der Nase hin.
+Die Speichen sind gemacht aus Spinnenbeinen,
+Des Wagens Deck aus eines Heupferds Flügeln,
+Aus feinem Spinngewebe das Geschirr,
+Die Zügel aus des Mondes feuchtem Strahl;
+Aus Heimchenknochen ist der Peitsche Griff,
+Die Schnur aus Fasern; eine kleine Mücke
+Im grauen Mantel sitzt als Fuhrmann vorn,
+Nicht halb so groß als wie ein kleines Würmchen,
+Das in des Mädchens müßgem Finger nistet.
+Die Kutsch ist eine hohle Haselnuß,
+Vom Tischler Eichhorn oder Meister Wurm
+Zurechtgemacht, die seit uralten Zeiten
+Der Feen Wagner sind. In diesem Staat
+Trabt sie dann Nacht für Nacht; befährt das Hirn
+Verliebter, und sie träumen dann von Liebe,
+Des Schranzen Knie, der schnell von Reverenzen,
+Des Anwalts Finger, der von Sporteln gleich,
+Der Schönen Lippen, die von Küssen träumen;
+Oft plagt die böse Mab mit Bläschen diese,
+Weil ihren Odem Näscherei verdarb.
+Bald trabt sie über eines Hofmanns Nase,
+Dann wittert er im Traum sich Ämter aus,
+Bald kitzelt sie mit eines Zinshahns Federn
+Des Pfarrers Nase, wenn er schlafend liegt,
+Von einer bessern Pfründe träumt ihm dann;
+Bald fährt sie über des Soldaten Nacken,
+Der träumt sofort von Niedersäbeln, träumt
+Von Breschen, Hinterhalten, Damaszenern,
+Von manchem klaftertiefen Ehrentrunk;
+Nun trommelts ihm ins Ohr: da fährt er auf
+Und flucht in seinem Schreck ein paar Gebete
+Und schläft von neuem. Eben diese Mab
+Verwirrt der Pferde Mähnen in der Nacht
+Und flicht in struppges Haar die Weichselzöpfe,
+Die, wiederum entwirrt, auf Unglück deuten.
+Dies ist die Hexe, welche Mädchen drückt,
+Die auf dem Rücken ruhn, und die sie lehrt,
+Als Weiber einst die Männer zu ertragen.
+Dies ist sie--
+
+ROMEO
+ Still, o still, Mercutio!
+Du sprichst von einem Nichts.
+
+MERCUTIO
+ Wohl wahr, ich rede
+Von Träumen, Kindern eines müßgen Hirns,
+Von nichts als eitler Phantasie erzeugt,
+Die aus so dünnem Stoff als Luft besteht
+Und flüchtger wechselt als der Wind, der bald
+Um die erfrorne Brust des Nordens buhlt
+Und, schnell erzürnt, hinweg von dannen schnaubend,
+Die Stirn zum taubeträuften Süden kehrt.
+
+BENVOLIO
+Der Wind, von dem Ihr sprecht, entführt uns selbst.
+Man hat gespeist; wir kamen schon zu spät.
+
+ROMEO
+Zu früh, befürcht ich; denn mein Herz erbangt
+Und ahnet ein Verhängnis, welches, noch
+Verborgen in den Sternen, heute nacht
+Bei dieser Lustbarkeit den furchtbarn Zeitlauf
+Beginnen und das Ziel des lästgen Lebens,
+Das meine Brust verschließt, mir kürzen wird
+Durch einen schnöd verwirkten frühen Tod.
+Doch er, der mir zur Fahrt das Steuer lenkt,
+Richt auch mein Segel!--Auf, ihr lustgen Freunde!
+
+BENVOLIO
+Rührt Trommeln!
+
+(Alle ab.)
+
+
+
+FÜNFTE SZENE
+
+(Ein Saal in Capulets Hause)
+
+(Musikanten warten. Diener kommen.)
+
+
+ERSTER DIENER
+Wo ist Schmorpfanne, daß er nicht abräumen hilft? Der wird
+Teller wechseln, Teller scheuern!
+
+ZWEITER DIENER
+Wenn die gute Lebensart in eines oder zweier Menschen Händen
+sein soll, die noch obendrein ungewaschen sind: 's ist ein
+unsaubrer Handel.
+
+ERSTER DIENER
+Die Klappstühle fort! Rückt den Schenktisch beiseit! Seht
+nach dem Silberzeuge! Kamerad, heb mir ein Stück Marzipan
+auf, und wo du mich liebhast, sag dem Pförtner, daß er Suse
+Mühlstein und Lene hereinläßt. Anton! Schmorpfanne!
+
+(Andre Diener kommen.)
+
+ZWEITER DIENER
+Hier, Bursch, wir sind parat.
+
+ERSTER DIENER
+Im großen Saale verlangt man euch, vermißt man euch, sucht man
+euch.
+
+ZWEITER DIENER
+Wir können nicht zugleich hier und dort sein.--Lustig, Kerle,
+haltet euch brav; wer am längsten lebt, kriegt den ganzen Bettel.
+
+(Sie ziehen sich in den Hintergrund zurück. Capulet etc.
+[und die Seinen] mit den Gästen und Masken [und Dienerschaft].)
+
+CAPULET
+Willkommen, meine Herrn! Wenn Eure Füße
+Kein Leichdorn plagt. Ihr Damen, flink ans Werk!
+He, he. Ihr schönen Fraun, wer von Euch allen
+Schlägts nun wohl ab zu tanzen? Ziert sich eine,
+Ich wette, die hat Hühneraugen. Nun,
+Hab ichs Euch nah gelegt? Ihr Herrn, willkommen!
+Ich weiß die Zeit, da ich 'ne Larve trug
+Und einer Schönen eine Weis' ins Ohr
+Zu flüstern wußte, die ihr wohlgefiel.
+Das ist vorbei, vorbei! Willkommen, Herren!
+Kommt, Musikanten, spielt! Macht Platz da, Platz!
+Ihr Mädchen, frisch gesprungen!
+
+(Musik und Tanz. [--Zu den Dienern:])
+
+Mehr Licht, ihr Burschen, und beiseit die Tische!
+Das Feuer weg! Das Zimmer ist zu heiß.--
+Ha, recht gelegen kommt der unverhoffte Spaß.
+Na, setzt Euch, setzt Euch, Vetter Capulet!
+Wir beide sind ja übers Tanzen hin.
+Wie lang ists jetzo, seit wir uns zuletzt
+In Larven steckten?
+
+ZWEITER CAPULET
+ Dreißig Jahr, mein Seel.
+
+CAPULET
+Wie, Schatz? So lang noch nicht, so lang noch nicht.
+Denn seit der Hochzeit des Lucentio
+Ists etwa fünfundzwanzig Jahr, sobald
+Wir Pfingsten haben; und da tanzten wir.
+
+ZWEITER CAPULET
+'s ist mehr, 's ist mehr! Sein Sohn ist älter, Herr,
+Sein Sohn ist dreißig.
+
+CAPULET
+ Sagt mir das doch nicht!
+Sein Sohn war noch nicht mündig vor zwei Jahren.
+
+ROMEO
+(zu einem Diener aus seinem Gefolge.)
+Wer ist das Fräulein, welche dort den Ritter
+Mit ihrer Hand beehrt?
+
+DER DIENER
+ Ich weiß nicht, Herr.
+
+ROMEO
+Oh, sie nur lehrt die Kerzen, hell zu glühn!
+Wie in dem Ohr des Mohren ein Rubin,
+So hängt der Holden Schönheit an den Wangen
+Der Nacht; zu hoch, zu himmlisch dem Verlangen.
+Sie stellt sich unter den Gespielen dar
+Als weiße Taub in einer Krähenschar.
+Schließt sich der Tanz, so nah ich ihr: ein Drücken
+Der zarten Hand soll meine Hand beglücken.
+Liebt ich wohl je? Nein, schwör es ab, Gesicht!
+Du sahst bis jetzt noch wahre Schönheit nicht.
+
+TYBALT
+Nach seiner Stimm ist dies ein Montague.
+(Zu einem Diener.)
+Hol meinen Degen, Bursch!--Was? Wagt der Schurk,
+Vermummt in eine Fratze, herzukommen
+Zu Hohn und Schimpfe gegen unser Fest?
+Fürwahr, bei meines Stammes Ruhm und Adel,
+Wer tot ihn schlüg, verdiente keinen Tadel!
+
+CAPULET
+Was habt Ihr, Vetter? Welch ein Sturm? Wozu?
+
+TYBALT
+Seht, Oheim, der da ist ein Montague!
+Der Schurke drängt sich unter Eure Gäste
+Und macht sich einen Spott an diesem Feste.
+
+CAPULET
+Ist es der junge Romeo?
+
+TYBALT
+Der Schurke Romeo!
+
+CAPULET
+Seid ruhig, Herzensvetter! Laßt ihn gehn!
+Er hält sich wie ein wackrer Edelmann;
+Und in der Tat, Verona preiset ihn
+Als einen sittgen, tugendsamen Jüngling.
+Ich möchte nicht für alles Gut der Stadt
+In meinem Haus ihm einen Unglimpf tun.
+Drum seid geduldig; merket nicht auf ihn.
+Das ist mein Will, und wenn du diesen ehrst,
+So zeig dich freundlich, streif die Runzeln weg,
+Die übel sich bei einem Feste ziemen.
+
+TYBALT
+Kommt solch ein Schurk als Gast, so stehn sie wohl.
+Ich leid ihn nicht.
+
+CAPULET
+ Er soll gelitten werden,
+Er soll!--Herr Junge, hört Er das? Nur zu!
+Wer ist hier Herr? Er oder ich? Nur zu!
+So, will Er ihn nicht leiden?--Helf mir Gott!--
+Will Hader unter meinen Gästen stiften?
+Will sich als starken Mann hier wichtig machen?
+
+TYBALT
+Ists nicht 'ne Schande, Oheim?
+
+CAPULET
+ Zu! Nur zu!
+Ihr seid ein kecker Bursch. Ei, seht mir doch!
+Der Streich mag Euch gereun; ich weiß schon was.
+Ihr macht mirs bunt! Ja, das käm eben recht!--
+Brav, Herzenskinder!--Geht, vorwitzig seid Ihr!
+Seid ruhig, sonst--Mehr Licht, mehr Licht, zum Kuckuck!--
+Will ich zur Ruh Euch bringen!--Lustig, Kinder!
+
+TYBALT
+Mir kämpft Geduld aus Zwang mit willger Wut
+Im Innern und empört mein siedend Blut.
+Ich gehe.--Hand ist frommer Waller Kuß.
+
+ROMEO
+Haben nicht Heilge Lippen wie die Waller?
+
+JULIA
+Ja, doch Gebet ist die Bestimmung aller.
+
+ROMEO
+O so vergönne, teure Heilge nun,
+Daß auch die Lippen wie die Hände tun.
+Voll Inbrunst beten sie zu dir: erhöre,
+Daß Glaube nicht sich in Verzweiflung kehre!
+
+JULIA
+Du weißt, ein Heilger pflegt sich nicht zu regen,
+Auch wenn er eine Bitte zugesteht.
+
+ROMEO
+So reg dich, Holde, nicht, wie Heilge pflegen,
+Derweil mein Mund dir nimmt, was er erfleht.
+
+(Er küßt sie.)
+
+Nun hat dein Mund ihn aller Sünd entbunden.
+
+JULIA
+So hat mein Mund zum Lohn Sünd für die Gunst?
+
+ROMEO
+Zum Lohn die Sünd? O Vorwurf, süß erfunden!
+Gebt sie zurück!
+
+(Küßt sie wieder.)
+
+JULIA
+ Ihr küßt recht nach der Kunst.
+
+WÄRTERIN (tritt heran.)
+Mama will Euch ein Wörtchen sagen, Fräulein.
+
+ROMEO
+Wer ist des Fräuleins Mutter?
+
+WÄRTERIN
+ Ei nun, Junker,
+Das ist die gnädge Frau vom Hause hier,
+Gar eine wackre Frau und klug und ehrsam.
+Die Tochter, die Ihr spracht, hab ich gesäugt.
+Ich sag Euch, wer ihr' habhaft werden kann,
+Ist wohl gebettet.
+
+ROMEO
+Sie eine Capulet? O teurer Preis! Mein Leben
+Ist meinem Feind als Schuld dahingegeben!
+
+BENVOLIO
+Fort, laßt uns gehn; die Lust ist bald dahin.
+
+ROMEO
+Ach, leider wohl! Das ängstet meinen Sinn.
+
+CAPULET
+Nein, liebe Herrn, denkt noch ans Weggehn nicht!
+Ein kleines, schlichtes Mahl ist schon bereitet.--
+Muß es denn sein? Nun wohl, ich dank Euch allen;
+Ich dank Euch, edle Herren: Gute Nacht!--
+Mehr Fackeln her!--Kommt nun, bringt mich zu Bett.
+
+(Zum zweiten Capulet.)
+
+Wahrhaftig, es wird spät, ich will zur Ruh.
+
+(Alle ab, außer Julia und Wärterin.)
+
+JULIA
+Komm zu mir, Amme; wer ist dort der Herr?
+
+WÄRTERIN
+Tiberios, des alten, Sohn und Erbe.
+
+JULIA
+Wer ists, der eben aus der Türe geht?
+
+WÄRTERIN
+Das, denk ich, ist der junge [Marcellin] Petruchio.
+
+JULIA
+Wer folgt ihm da, der gar nicht tanzen wollte?
+
+WÄRTERIN
+Ich weiß nicht.
+
+JULIA
+Geh, frage, wie er heißt!--Ist er vermählt,
+So ist das Grab zum Brautbett mir erwählt.
+
+WÄRTERIN (kommt zurück.)
+Sein Nam ist Romeo, ein Montague
+Und Eures großen Feindes einzger Sohn.
+
+JULIA
+So einzge Lieb aus großem Haß entbrannt!
+Ich sah zu früh, den ich zu spät erkannt.
+O Wunderwerk: ich fühle mich getrieben,
+Den ärgsten Feind aufs zärtlichste zu lieben.
+
+WÄRTERIN
+Wieso, wieso?
+
+JULIA
+Es ist ein Reim, den ich von einem Tänzer
+Soeben lernte.
+
+(Man ruft drinnen: Julia!)
+
+WÄRTERIN
+ Gleich, wir kommen ja!
+Kommt, laßt uns gehn; kein Fremder ist mehr da.
+
+(Ab.)
+
+(Der Chorus tritt auf.)
+
+CHORUS
+Die alte Liebe stirbt in ihm dahin,
+ Und junge Zuneigung beerbt sie da;
+Die Schöne, nach der schmachtend stand sein Sinn,
+ Scheint nicht mehr schön nun neben Julia.
+Er wird geliebt und liebt nun auch zum Schluß,
+ Ein Zauberblick kann beiderseits nicht fehln,
+Doch scheint als Feind sie, der ers klagen muß,
+ Und seiner Falle Köder muß sie stehln.
+Als Feind gesehn, darf er nicht zu ihr her,
+ Zu schwörn, wie wirs sonst bei Verliebten sehn;
+Auch sie liebt ihn, doch kann noch weniger
+ Zum neu geliebten irgendwohin gehn:
+Doch Zeit schafft Rat, Verlangen leiht die Kraft
+Und lindert Leid durch süße Leidenschaft.
+
+(Geht ab.)
+
+
+
+
+ZWEITER AKT
+
+
+
+ERSTE SZENE
+
+(Ein offner Platz, der an Capulets Garten stößt)
+
+(Romeo tritt auf.)
+
+
+ROMEO
+Kann ich von hinnen, da mein Herz hier bleibt?
+Geh, frostge Erde, suche deine Sonne!
+
+(Er ersteigt die Mauer und springt hinunter.
+Benvolio und Mercutio treten auf.)
+
+BENVOLIO
+He, Romeo, he, Vetter!
+
+MERCUTIO
+ Er ist klug
+Und hat, mein Seel, sich heim ins Bett gestohlen.
+
+BENVOLIO
+Er lief hieher und sprang die Gartenmauer
+Hinüber. Ruf ihn, Freund Mercutio!
+
+MERCUTIO
+Ja, auch beschwören will ich. Romeo!
+Was? Grillen! Toller! Leidenschaft! Verliebter!
+Erscheine du, gestaltet wie ein Seufzer;
+Sprich nur ein Reimchen, so genügt mirs schon;
+Ein Ach nur jammre, paare Lieb und Triebe;
+Gib der Gevattrin Venus ein gut Wort,
+Schimpf eins auf ihren blinden Sohn und Erben,
+Held Amor, der so flink gezielt, als König
+Kophetua das Bettlermädchen liebte.
+Er höret nicht, er regt sich nicht, er rührt sich nicht.
+Der Aff ist tot; ich muß ihn wohl beschwören.
+Nun wohl: Bei Rosalindens hellem Auge,
+Bei ihrer Purpurlipp und hohen Stirn,
+Bei ihrem zarten Fuß, dem schlanken Bein,
+Den üppgen Hüften und der Region,
+Die ihnen nahe liegt, beschwör ich dich,
+Daß du in eigner Bildung uns erscheinest.
+
+BENVOLIO
+Wenn er dich hört, so wird er zornig werden.
+
+MERCUTIO
+Hierüber kann ers nicht; er hätte Grund,
+Bannt ich hinauf in seiner Dame Kreis
+Ihm einen Geist von seltsam eigner Art
+Und ließe den da stehn, bis sie den Trotz
+Gezähmt und nieder ihn beschworen hätte.
+Das wär Beschimpfung! Meine Anrufung
+Ist gut und ehrlich; mit der Liebsten Namen
+Beschwör ich ihn, bloß um ihn aufzurichten.
+
+BENVOLIO
+Komm! Er verbarg sich unter jenen Bäumen
+Und pflegt des Umgangs mit der feuchten Nacht.
+Die Lieb ist blind, das Dunkel ist ihr recht.
+
+MERCUTIO
+Ist Liebe blind, so zielt sie freilich schlecht.
+Nun sitzt er wohl an einen Baum gelehnt
+Und wünscht, sein Liebchen wär die reife Frucht
+Und fiel ihm in den Schoß. Doch, gute Nacht,
+Freund Romeo! Ich will ins Federbett;
+Das Feldbett ist zum Schlafen mir zu kalt.
+Komm, gehn wir?
+
+BENVOLIO
+ Ja, es ist vergeblich, ihn
+Zu suchen, der nicht will gefunden sein.
+
+(Beide ab.)
+
+
+
+ZWEITE SZENE
+
+(Capulets Garten)
+
+(Romeo kommt.)
+
+
+ROMEO
+Der Narben lacht, wer Wunden nie gefühlt.
+
+(Julia erscheint oben an einem Fenster.)
+
+Doch still, was schimmert durch das Fenster dort?
+Es ist der Ost, und Julia die Sonne!--
+Geh auf, du holde Sonn! Ertöte Lunen,
+Die neidisch ist und schon vor Grame bleich,
+Daß du viel schöner bist, obwohl ihr dienend.
+O da sie neidisch ist, so dien ihr nicht!
+Nur Toren gehn in ihrer blassen, kranken
+Vestalentracht einher; wirf du sie ab!
+Sie ist es, meine Göttin, meine Liebe!
+O wüßte sie, daß sie es ist!--
+Sie spricht, doch sagt sie nichts: was schadet das?
+Ihr Auge redt, ich will ihm Antwort geben.--
+Ich bin zu kühn, es redet nicht zu mir.
+Ein Paar der schönsten Stern am ganzen Himmel
+Wird ausgesandt und bittet Juliens Augen,
+In ihren Kreisen unterdes zu funkeln.
+Doch wären ihre Augen dort, die Sterne
+In ihrem Antlitz? Würde nicht der Glanz
+Von ihren Wangen jene so beschämen
+Wie Sonnenlicht die Lampe? Würd ihr Aug
+Aus luftgen Höhn sich nicht so hell ergießen,
+Daß Vögel sängen, froh den Tag zu grüßen?
+O wie sie auf die Hand die Wange lehnt!
+Wär ich der Handschuh doch auf dieser Hand
+Und küßte diese Wange!
+
+JULIA
+ Weh mir!
+
+ROMEO
+ Horch!
+Sie spricht. O sprich noch einmal, holder Engel!
+Denn über meinem Haupt erscheinest du
+Der Nacht so glorreich, wie ein Flügelbote
+Des Himmels dem erstaunten, über sich
+Gekehrten Aug der Menschensöhne, die
+Sich rücklings werfen, um ihm nachzuschaun,
+Wenn er dahin fährt auf den trägen Wolken
+Und auf der Luft gewölbtem Busen schwebt.
+
+JULIA
+O Romeo! Warum denn Romeo?
+Verleugne deinen Vater, deinen Namen!
+Willst du das nicht, schwör dich zu meinem Liebsten,
+Und ich bin länger keine Capulet!
+
+ROMEO (für sich.)
+Hör ich noch länger, oder soll ich reden?
+
+JULIA
+Dein Nam ist nur mein Feind. Du bliebst du selbst,
+Und wärst du auch kein Montague. Was ist
+Denn Montague? Es ist nicht Hand, nicht Fuß,
+Nicht Arm noch Antlitz, noch ein andrer Teil
+Von einem Menschen. Sei ein andrer Name!
+Was ist ein Name? Was uns Rose heißt,
+Wie es auch hieße, würde lieblich duften;
+So Romeo, wenn er auch anders hieße,
+Er würde doch den köstlichen Gehalt
+Bewahren, welcher sein ist ohne Titel.
+O Romeo, leg deinen Namen ab,
+Und für den Namen, der dein Selbst nicht ist,
+Nimm meines ganz!
+
+ROMEO (indem er näher hinzutritt.)
+ Ich nehme dich beim Wort.
+Nenn Liebster mich, so bin ich neu getauft
+Und will hinfort nicht Romeo mehr sein.
+
+JULIA
+Wer bist du, der du, von der Nacht beschirmt,
+Dich drängst in meines Herzens Rat?
+
+ROMEO
+ Mit Namen
+Weiß ich dir nicht zu sagen, wer ich bin.
+Mein eigner Name, teure Heilge, wird,
+Weil er dein Feind ist, von mir selbst gehaßt;
+Hätt ich ihn schriftlich, so zerriss' ich ihn.
+
+JULIA
+Mein Ohr trank keine hundert Worte noch
+Von diesen Lippen, doch es kennt den Ton.
+Bist du nicht Romeo, ein Montague?
+
+ROMEO
+Nein, Holde; keines, wenn dir eins mißfällt.
+
+JULIA
+Wie kamst du her? O sag mir, und warum?
+Die Gartenmaur ist hoch, schwer zu erklimmen;
+Die Stätt ist Tod--bedenk nur, wer du bist--,
+Wenn einer meiner Vettern dich hier findet.
+
+ROMEO
+Der Liebe leichte Schwingen trugen mich,
+Kein steinern Bollwerk kann der Liebe wehren;
+Und Liebe wagt, was irgend Liebe kann,
+Drum hielten deine Vettern mich nicht auf.
+
+JULIA
+Wenn sie dich sehn, sie werden dich ermorden.
+
+ROMEO
+Ach, deine Augen drohn mir mehr Gefahr
+Als zwanzig ihrer Schwerter; blick du freundlich,
+So bin ich gegen ihren Haß gestählt.
+
+JULIA
+Ich wollt um alles nicht, daß sie dich sähn.
+
+ROMEO
+Vor ihnen hüllt mich Nacht in ihren Mantel.
+Liebst du mich nicht, so laß sie nur mich finden;
+Durch ihren Haß zu sterben wär mir besser
+Als ohne deine Liebe Lebensfrist.
+
+JULIA
+Wer zeigte dir den Weg zu diesem Ort?
+
+ROMEO
+Die Liebe, die zuerst mich forschen hieß;
+Sie lieh mir Rat, ich lieh ihr meine Augen.
+Ich bin kein Steuermann, doch wärst du fern
+Wie Ufer, von dem fernsten Meer bespült,
+Ich wagte mich nach solchem Kleinod hin.
+
+JULIA
+Du weißt, die Nacht verschleiert mein Gesicht,
+Sonst färbte Mädchenröte meine Wangen
+Um das, was du vorhin mich sagen hörtest.
+Gern hielt ich streng auf Sitte, möchte gern
+Verleugnen, was ich sprach; doch weg mit Form!
+Sag, liebst du mich? Ich weiß, du wirsts bejahn,
+Und will dem Worte traun; doch wenn du schwörst,
+So kannst du treulos werden; wie sie sagen,
+Lacht Jupiter des Meineids der Verliebten.
+O holder Romeo, wenn du mich liebst:
+Sags ohne Falsch! Doch dächtest du, ich sei
+Zu schnell besiegt, so will ich finster blicken,
+Will widerspenstig sein und Nein dir sagen,
+So du dann werben willst; sonst nicht um alles.
+Gewiß, mein Montague, ich bin zu herzlich,
+Du könntest denken, ich sei leichten Sinns.
+Ich glaube, Mann, ich werde treuer sein
+Als sie, die fremd zu tun geschickter sind.
+Auch ich, bekenn ich, hätte fremd getan,
+Wär ich von dir, eh ichs gewahrte, nicht
+Belauscht in Liebesklagen. Drum vergib!
+Schilt diese Hingebung nicht Flatterliebe,
+Die so die stille Nacht verraten hat.
+
+ROMEO
+Ich schwöre, Fräulein, bei dem heilgen Mond,
+Der silbern dieser Bäume Wipfel säumt--Lieben sei!
+
+ROMEO
+Wobei denn soll ich schwören?
+
+JULIA
+ Laß es ganz!
+Doch willst du, schwör bei deinem edlen Selbst,
+Dem Götterbilde meiner Anbetung;
+So will ich glauben.
+
+ROMEO
+ Wenn die Herzensliebe--
+
+JULIA
+Gut, schwöre nicht! Obwohl ich dein mich freue,
+Freu ich mich nicht des Bundes dieser Nacht.
+Er ist zu rasch, zu unbedacht, zu plötzlich,
+Gleicht allzusehr dem Blitz, der nicht mehr ist,
+Noch eh man sagen kann: es blitzt.--Schlaf süß!
+Des Sommers warmer Hauch kann diese Knospe
+Der Liebe wohl zur schönen Blum entfalten,
+Bis wir das nächste Mal uns wiedersehn.
+Nun gute Nacht! So süße Ruh und Frieden,
+Als mir im Busen wohnt, sei dir beschieden.
+
+ROMEO
+Ach, willst du lassen mich so ungetröstet?
+
+JULIA
+Welch Tröstung kannst du diese Nacht begehren?
+
+ROMEO
+Gib deinen treuen Liebesschwur für meinen!
+
+JULIA
+Ich gab ihn dir, eh du darum gefleht;
+Und doch, ich wollt, er stünde noch zu geben.
+
+ROMEO
+Wolltst du mir ihn entziehn? Wozu das, Liebe?
+
+JULIA
+Um unverstellt ihn dir zurückzugeben.
+Allein ich wünsche, was ich habe, nur.
+So grenzenlos ist meine Huld, die Liebe
+So tief ja wie das Meer. Je mehr ich gebe,
+Je mehr auch hab ich: beides ist unendlich.
+Ich hör im Haus Geräusch; leb wohl. Geliebter!
+
+(Die Wärterin ruft hinter der Szene.)
+
+Gleich, Amme! Holder Montague, sei treu!
+Wart einen Augenblick; ich komme wieder!
+
+(Sie geht zurück.)
+
+ROMEO
+O selge, selge Nacht! Nur fürcht ich, weil
+Mich Nacht umgibt, dies alles sei nur Traum,
+Zu schmeichelnd süß, um wirklich zu bestehn.
+
+(Julia erscheint wieder am Fenster.)
+
+JULIA
+Drei Worte, Romeo, dann gute Nacht!
+Wenn deine Liebe tugendsam gesinnt
+Vermählung wünscht, so laß mich morgen wissen
+Durch jemand, den ich zu dir senden will,
+Wo du und wann die Trauung willst vollziehn.
+Dann leg ich dir mein ganzes Glück zu Füßen
+Und folge durch die Welt dir, meinem Herrn.
+
+(Die Wärterin hinter der Szene: Fräulein!)
+
+Ich komme, gleich!--Doch meinst du es nicht gut,
+So bitt ich dich--
+
+(Die Wärterin hinter der Szene: Fräulein!)
+
+ Im Augenblick, ich komme!
+--Hör auf zu werben, laß mich meinem Gram!
+Ich sende morgen früh.
+
+ROMEO
+ Beim ewgen Heil!
+
+JULIA
+Nun tausend gute Nacht!
+
+(Geht zurück.)
+
+ROMEO
+Raubst du dein Licht ihr, wird sie bang durchwacht.
+Wie Knaben aus der Schul eilt Liebe hin zum Lieben,
+Wie Knaben an ihr Buch wird sie hinweggetrieben.
+
+(Er entfernt sich langsam. Julia erscheint wieder am Fenster.)
+
+JULIA
+St! Romeo, st! O eines Jägers Stimme,
+Den edlen Falken wieder herzulocken!
+Abhängigkeit ist heiser, wagt nicht laut
+Zu reden, sonst zersprengt ich Echos Kluft
+Und machte heisrer ihre luftge Kehle
+Als meine mit dem Namen Romeo.
+
+ROMEO (umkehrend.)
+Mein Leben ists, das meinen Namen ruft.
+Wie silbersüß tönt bei der Nacht die Stimme
+Der Liebenden, gleich lieblicher Musik
+Dem Ohr des Lauschers!
+
+JULIA
+ Romeo!
+
+ROMEO
+ Mein Fräulein!
+
+JULIA
+Um welche Stunde soll ich morgen schicken?
+
+ROMEO
+Um neun.
+
+JULIA
+ Ich will nicht säumen; zwanzig Jahre
+Sinds bis dahin. Doch ich vergaß, warum
+Ich dich zurückgerufen.
+
+ROMEO
+Laß hier mich stehn, derweil du dich bedenkst.
+
+JULIA
+Auf daß du stets hier weilst, werd ich vergessen,
+Bedenkend, wie mir deine Näh so lieb.
+
+ROMEO
+Auf daß du stets vergessest, werd ich weilen,
+Vergessend, daß ich irgend sonst daheim.
+
+JULIA
+Es tagt beinah, ich wollte nun, du gingst;
+Doch weiter nicht, als wie ein tändelnd Mädchen
+Ihr Vögelchen der Hand entschlüpfen läßt,
+Gleich einem Armen in der Banden Druck,
+Und dann zurück ihn zieht am seidnen Faden;
+So liebevoll mißgönnt sie ihm die Freiheit.
+
+ROMEO
+War ich dein Vögelchen!
+
+JULIA
+ Ach wärst du's. Lieber!
+Doch hegt und pflegt ich dich gewiß zu Tod.
+Nun gute Nacht! So süß ist Trennungswehe,
+Ich rief wohl gute Nacht, bis ich den Morgen sähe.
+
+(Sie geht zurück.)
+
+ROMEO
+Schlaf wohn auf deinem Aug, Fried in der Brust!
+O wär ich Fried und Schlaf und ruht in solcher Lust!
+Ich will zur Zell des frommen Vaters gehen,
+Mein Glück ihm sagen und um Hülf ihn flehen.
+
+(Ab.)
+
+
+
+DRITTE SZENE
+
+([Ein Klostergarten] Bruder Lorenzos Zelle)
+
+(Bruder Lorenzo mit einem Körbchen.)
+
+
+LORENZO
+Der Morgen lächelt froh der Nacht ins Angesicht
+Und säumet das Gewölk im Ost mit Streifen Licht.
+Die matte Finsternis flieht wankend, wie betrunken,
+Von Titans Pfad, besprüht von seiner Rosse Funken.
+Eh höher nun die Sonn ihr glühend Aug erhebt,
+Den Tau der Nacht verzehrt und neu die Welt belebt,
+Muß ich dies Körbchen hier voll Kraut und Blumen lesen,
+Voll Pflanzen giftger Art und diensam zum Genesen.
+Die Mutter der Natur, die Erd, ist auch ihr Grab,
+Und was ihr Schoß gebar, sinkt tot in ihn hinab,
+Und Kinder mannigfalt, so all ihr Schoß empfangen,
+Sehn wir, gesäugt von ihr, an ihren Brüsten hangen.
+An vielen Tugenden sind viele drunter reich,
+Ganz ohne Wert nicht eins, doch keins dem andern gleich.
+Oh, große Kräfte sinds, weiß man sie recht zu pflegen,
+Die Pflanzen, Kräuter, Stein in ihrem Innern hegen;
+Was nur auf Erden lebt, da ist auch nichts so schlecht,
+Daß es der Erde nicht besondern Nutzen brächt.
+Doch ist auch nichts so gut, das, diesem Ziel entwendet,
+Abtrünnig seiner Art, sich nicht durch Mißbrauch schändet.
+In Laster wandelt sich selbst Tugend, falsch geübt,
+Wie Ausführung auch wohl dem Laster Würde gibt.
+Die kleine Blume hier beherbergt giftge Säfte
+In ihrer zarten Hüll und milde Heilungskräfte!
+Sie labet den Geruch und dadurch jeden Sinn;
+Gekostet, dringt sie gleich zum Herzen tötend hin.
+Zwei Feinde lagern so im menschlichen Gemüte
+Sich immerdar im Kampf: verderbter Will und Güte,
+Und wo das Schlechtre herrscht mit siegender Gewalt,
+Dergleichen Pflanze frißt des Todes Wurm gar bald.
+
+(Romeo tritt auf.)
+
+ROMEO
+Mein Vater, guten Morgen!
+
+LORENZO
+ Sei der Herr gesegnet!
+Wes ist der frühe Gruß, der freundlich mir begegnet?
+Mein junger Sohn, es zeigt, daß wildes Blut dich plagt,
+Daß du dem Bett so früh schon Lebewohl gesagt.
+Die wache Sorge lauscht im Auge jedes Alten,
+Und Schlummer bettet nie sich da, wo Sorgen walten;
+Doch da wohnt goldner Schlaf, wo mit gesundem Blut
+Und grillenfreiem Hirn die frische Jugend ruht.
+Drum läßt mich sicherlich dein frühes Kommen wissen,
+Daß innre Unordnung vom Lager dich gerissen.
+Wie? Oder hätte gar mein Romeo die Nacht
+--Nun rat ichs besser--nicht im Bette hingebracht?
+
+ROMEO
+So ists, ich wußte mir viel süßre Ruh zu finden.
+
+LORENZO
+Verzeih die Sünde Gott! Warst du bei Rosalinden?
+
+ROMEO
+Bei Rosalinden, ich? Ehrwürdger Vater, nein!
+Vergessen ist der Nam und dieses Namens Pein.
+
+LORENZO
+Das ist mein wackrer Sohn! Allein wo warst du? Sage!
+
+ROMEO
+So hör; ich sparte gern dir eine zweite Frage.
+Ich war bei meinem Feind auf einem Freudenmahl,
+Und da verwundete mich jemand auf einmal.
+Desgleichen tat ich ihm, und für die beiden Wunden
+Wird heilge Arzenei bei deinem Amt gefunden.
+Ich hege keinen Groll, mein frommer, alter Freund,
+Denn sieh, zustatten kommt die Bitt auch meinem Feind.
+
+LORENZO
+Einfältig, lieber Sohn! Nicht Silben fein gestochen!
+Wer Rätsel beichtet, wird in Rätseln losgesprochen.
+
+ROMEO
+So wiss' einfältiglich: Ich wandte Seel und Sinn
+In Lieb auf Capulets holdselge Tochter hin.
+Sie gab ihr ganzes Herz zurück mir für das meine,
+Und uns Vereinten fehlt zum innigsten Vereine
+Die heilge Trauung nur; doch wie und wo und wann
+Wir uns gesehn, erklärt und Schwur um Schwur getan,
+Das alles will ich dir auf unserm Weg erzählen;
+Nur bitt ich, willge drein, noch heut uns zu vermählen!
+
+LORENZO
+O heiliger Sankt Franz! Was für ein Unbestand!
+Ist Rosalinde schon aus deiner Brust verbannt,
+Die du so heiß geliebt? Liegt junger Männer Liebe
+Denn in den Augen nur, nicht in des Herzens Triebe?
+O heiliger Sankt Franz! Wie wusch ein salzig Naß
+Um Rosalinden dir so oft die Wangen blaß!
+Und löschen konnten doch so viele Tränenfluten
+Die Liebe nimmer dir; sie schürten ihre Gluten.
+Noch schwebt der Sonn ein Dunst von deinen Seufzern vor,
+Dein altes Stöhnen summt mir noch im alten Ohr,
+Sieh, auf der Wange hier ist noch die Spur zu sehen
+Von einer alten Trän, die noch nicht will vergehen.
+Und warst du je du selbst und diese Schmerzen dein,
+So war der Schmerz und du für Rosalind allein.
+Und so verwandelt nun? Dann leide, daß ich spreche:
+Ein Weib darf fallen, wohnt in Männern solche Schwäche.
+
+ROMEO
+Oft schmältest du mit mir um Rosalinden schon.
+
+LORENZO
+Weil sie dein Abgott war, nicht weil du liebtest, Sohn.
+
+ROMEO
+Und mahntest oft mich an, die Liebe zu besiegen.
+
+LORENZO
+Nicht um in deinem Sieg der zweiten zu erliegen.
+
+ROMEO
+Ich bitt dich, schmäl nicht! Sie, der jetzt mein Herz gehört,
+Hat Lieb um Liebe mir und Gunst um Gunst gewährt.
+Das tat die andre nie.
+
+LORENZO
+ Sie wußte wohl, dein Lieben
+Sei zwar ein köstlich Wort, doch nur in Sand geschrieben.
+Komm, junger Flattergeist! Komm nur, wir wollen gehn;
+Ich bin aus einem Grund geneigt, dir beizustehn:
+Vielleicht, daß dieser Bund zu großem Glück sich wendet
+Und eurer Häuser Groll durch ihn in Freundschaft endet.
+
+ROMEO
+O laß uns fort von hier! Ich bin in großer Eil.
+
+LORENZO
+Wer hastig läuft, der fällt; drum eile nur mit Weil.
+
+(Beide ab.)
+
+
+
+VIERTE SZENE
+
+(Eine Straße)
+
+(Benvolio und Mercutio kommen.)
+
+
+MERCUTIO
+Wo, Teufel, kann der Romeo stecken? Kam er heute nacht nicht
+nach Hause?
+
+BENVOLIO
+Nach seines Vaters Hause nicht; ich sprach seinen Diener.
+
+MERCUTIO
+Ja, dies hartherzge Frauenbild, die Rosalinde,
+Sie quält ihn so, er wird gewiß verrückt.
+
+BENVOLIO
+Tybalt, des alten Capulet Verwandter,
+Hat dort ins Haus ihm einen Brief geschickt.
+
+MERCUTIO
+Eine Ausforderung, so wahr ich lebe!
+
+BENVOLIO
+Romeo wird ihm die Antwort nicht schuldig bleiben.
+
+MERCUTIO
+Auf einen Brief kann ein jeder antworten, wenn er schreiben kann.
+
+BENVOLIO
+Nein, ich meine, er wird dem Briefsteller zeigen, daß er Mut
+hat, wenn man ihm so was zumutet.
+
+MERCUTIO
+Ach, der arme Romeo; er ist ja schon tot! Durchbohrt von einer
+weißen Dirne schwarzem Auge; durchs Ohr geschossen mit einem
+Liebesliedchen; seine Herzensscheibe durch den Pfeil des
+kleinen blinden Schützen mitten entzweigespalten. Ist er der
+Mann darnach, es mit dem Tybalt aufzunehmen?
+
+BENVOLIO
+Nun, was ist Tybalt denn Großes?
+
+MERCUTIO
+Kein papierner Held, das kann ich dir sagen! Oh, er ist ein
+beherzter Zeremonienmeister der Ehre. Er ficht, wie Ihr ein
+Liedlein singt, hält Takt und Maß und Ton. Er beobachtet seine
+Pausen; eins--zwei--drei; dann sitzt Euch der Stoß in der
+Brust! Er bringt Euch einen seidnen Knopf unfehlbar ums Leben.
+Ein Raufer, ein Raufer! Ein Ritter vom ersten Range, der Euch
+alle Gründe eines Ehrenstreits an den Fingern herzuzählen weiß.
+Ach die göttliche Passade! Die doppelte Finte! Der!
+
+BENVOLIO
+Der--was?
+
+MERCUTIO
+Der Henker hole diese phantastischen, gezierten, lispelnden
+Eisenfresser! Was sie für neue Töne anstimmen!--"Eine sehr
+gute Klinge"--"Ein sehr wohlgewachsener Mann!"--"Eine sehr
+gute Hure!"--Wetter, sie hatte doch einen bessern Liebhaber,
+um sie zu bereimen!--, Dido eine Trutschel, Kleopatra eine
+Zigeunerin, Helena und Hero Metzen und lose Dirnen, Thisbe ein
+artiges Blauauge oder sonst so was, will aber nichts vorstellen.
+
+(Romeo tritt auf.)
+
+Signor Romeo, bonjour! Da habt Ihr einen französischen Gruß
+für Eure französischen Pumphosen! Ihr spieltet uns diese
+Nacht einen schönen Streich.
+
+ROMEO
+Guten Morgen, meine Freunde! Was für einen Streich?
+
+MERCUTIO
+Einen Diebesstreich. Ihr stahlt Euch unversehens davon.
+
+ROMEO
+Verzeihung, guter Mercutio. Ich hatte etwas Wichtiges vor,
+und in einem solchen Falle tut man wohl einmal der Höflichkeit
+Gewalt an.
+
+MERCUTIO
+Das soll wohl heißen, daß in einem solchen Falle ein Mann dazu
+vergewaltigt wird, sich in den Schenkeln zu verbeugen.
+
+ROMEO
+Das bedeutet, einen höflichen Knicks zu machen.
+
+MERCUTIO
+Du hast es allergnädigst erfaßt.
+
+ROMEO
+Eine äußerst höfliche Auslegung.
+
+MERCUTIO
+Ich bringe die Höflichkeit zur höchsten Blüte.
+
+ROMEO
+Blüte steht für Blume.
+
+MERCUTIO
+Richtig.
+
+ROMEO
+Nun, dann ist mein Tanzschuh gut geblümt.
+
+MERCUTIO
+Gut gesagt: spinne mir nun diesen Scherz weiter, bis du deinen
+Tanzschuh abgenutzt hast; so daß, wenn seine einzige Sohle
+abgenutzt ist, der Scherz solo und einzigartig hernach übrig
+bleibe.
+
+ROMEO
+Oh einfachbesohlter Scherz, einfach einzigartig in seiner Einfalt!
+
+MERCUTIO
+Tritt zwischen uns, guter Benvolio; mein Witz schwindet mir.
+
+ROMEO
+Dann gib ihm Peitsche und Sporen, Peitsche und Sporen; oder
+ich rufe mich zum Sieger aus.
+
+MERCUTIO
+Nein, wenn dein Witz ebenso ziellos herumgaloppiert wie bei einer
+Wildgansjagd, bin ich fertig; denn du hast mehr von einer
+schnatternden Wildgans in einem deiner Sinne, da bin ich mir
+sicher, als ich in meinen ganzen fünfen: bin ich Euch mit der
+Schnatterei zu nahe getreten?
+
+{Wildgansjagd (wild-goose chase}: Ein Wettrennen zu Pferde, bei
+dem der führende Reiter die Strecke bestimmt. Im übertragenen
+Sinn: ein sehr wenig erfolgversprechendes Unternehmen.}
+
+ROMEO
+Du bist nie nahe zu mir getreten, außer mit Schnatterei.
+
+MERCUTIO
+Für diesen Scherz werde ich dir am Ohr knabbern.
+
+ROMEO
+Nein, guter Gänserich, beiß mich nicht.
+
+MERCUTIO
+Dein Witz ist wie ein sehr bitterer Süßapfel; er ist eine äußerst
+scharfe Soße.
+
+ROMEO
+Und ist er dann nicht genau die richtige Beilage zu einer süßen
+Gans?
+
+MERCUTIO
+Oh, das ist ein Witz aus Glacéleder, der sich von einem kleinen
+Zoll auf eine große Elle dehnen läßt!
+
+ROMEO
+Ich werde ihn durch das Wort "groß" ausdehnen, welches, wenn es
+der Gans hinzugefügt wird, dich weit und breit als eine große
+Schnattergans dastehen läßt.
+
+MERCUTIO
+Wie nun? [Du sprichst ja ganz menschlich. Wie kommt es, daß du
+auf einmal deine aufgeweckte Zunge und deine muntern Augen
+wiedergefunden hast? So hab ich dich gern.] Ist das nicht besser
+als das ewige Liebesgekrächze? Jetzt bist du umgänglich, jetzt
+bist du Romeo; jetzt bist du was du bist, in deiner Kunst ebenso
+wie in deiner Natur, denn dieser faselnde Amor ist wie ein großer
+Einfaltspinsel, der lächsend auf und ab rennt, um sein Stöckchen
+in einem Loch zu verstecken.
+
+BENVOLIO
+Halt ein, halt ein.
+
+MERCUTIO
+Du wünschst, daß ich meine Ergüße unzeitig beende.
+
+BENVOLIO
+Ansonsten wäre es dir zu lang geworden.
+
+MERCUTIO
+O, du irrst dich; es wäre sogleich wieder kurz geworden, denn ich
+bin bereits in die volle Tiefe vorgedrungen und beabsichtigte in
+der Tat, auf dem Fall nicht länger herumzureiten.
+
+ROMEO
+Seht den prächtigen Aufzug!
+
+(Die Wärterin und Peter hinter ihr.)
+
+MERCUTIO
+Was kommt da angesegelt?
+
+BENVOLIO
+Zwei, zwei: ein Männerhemd und ein Unterrock.
+
+WÄRTERIN
+Peter!
+
+PETER
+Was beliebt?
+
+WÄRTERIN
+Meinen Fächer, Peter!
+
+MERCUTIO
+Gib ihn ihr, guter Peter, um ihr Gesicht zu verstecken.
+Ihr Fächer ist viel hübscher wie ihr Gesicht.
+
+WÄRTERIN
+Schönen guten Morgen, Ihr Herren!
+
+MERCUTIO
+Schönen guten Abend, schöne Dame!
+
+WÄRTERIN
+Warum guten Abend?
+
+MERCUTIO
+Euer Brusttuch deutet auf Sonnenuntergang.
+
+WÄRTERIN
+Pfui, was ist das für ein Mensch?
+
+ROMEO
+Einer, Verehrte, den Gott geschaffen hat, daß er sich selbst
+verderbe.
+
+WÄRTERIN
+Schön gesagt, bei meiner Seele! Daß er sich selbst verderbe!
+Ganz recht! Aber, Ihr Herren, kann mir keiner von Euch sagen,
+wo ich den jungen Romeo finde?
+
+ROMEO
+Ich kanns Euch sagen; aber der junge Romeo wird älter sein, wenn
+Ihr ihn gefunden habt, als er war, da Ihr ihn suchtet.
+Ich bin der Jüngste, der den Namen führt, weil kein schlechterer
+da war.
+
+WÄRTERIN
+Gut gegeben.
+
+MERCUTIO
+So? Ist das Schlechteste gut gegeben? Nun wahrhaftig: gut
+begriffen! Sehr vernünftig!
+
+WÄRTERIN
+Wenn Ihr Romeo seid, mein Herr, so wünsche ich Euch insgeheim
+zu sprechen.
+
+BENVOLIO
+Sie wird ihn irgendwohin auf den Abend bitten.
+
+MERCUTIO
+Eine Kupplerin, eine Kupplerin! Ho, ho!
+
+BENVOLIO
+Was witterst du?
+
+MERCUTIO
+[Neue Jagd, neue Jagd!--] Kein Häschen, mein Herr; außer vielleicht
+einer Häsin, mein Herr, in einer Fastenspeise, die schon etwas
+schal und schimmelig-grau geworden ist, bevor sie vernascht wurde.
+(Singt.) Ein Has', ergraut,
+ Und ein Has', ergraut,
+Welch sehr gute Fastenspeis';
+ Doch ein Has', der ergraut,
+ Ist zu viel zugetraut,
+Wenns ergraut eh' ichs verspeis.
+
+{Es ist sicher kein Zufall, daß das Wort "hoar" (ergraut) genauso
+klingt wie "whore" (Hure) und daß die sprichwörtliche
+Vermehrungsfreudigkeit der Hasen auch eine Interpretation von
+"hare" (Hase) als Hure nahelegt. So lautet die erste Zeile wörtlich
+"Ein alter Hase, (der) ergraut (ist)", doch der Zuhörer versteht
+"Eine alte Hure".}
+
+Romeo, kommt nach Eures Vaters Hause, wir wollen zu Mittag
+da essen.
+
+ROMEO
+Ich komme euch nach.
+
+MERCUTIO
+Lebt wohl, alte Schöne! Lebt wohl,
+(Singt.)
+o Schöne--Schöne--Schöne!
+
+(Benvolio und Mercutio gehen ab.)
+
+WÄRTERIN
+Sagt mir doch, was war das für ein unverschämter Gesell, der
+nichts als Schelmstücke im Kopfe hatte?
+
+ROMEO
+Jemand, der sich selbst gern reden hört, meine gute Frau, und der
+in einer Minute mehr spricht, als er in einem Monate verantworten
+kann.
+
+WÄRTERIN
+Ja, und wenn er auf mich was zu sagen hat, so will ich ihn bei den
+Ohren kriegen, und wäre er auch noch vierschrötiger, als er ist,
+und zwanzig solcher Hasenfüße obendrein; und kann ichs nicht, so
+könnens andre. So 'n Lausekerl! Ich bin keine von seinen Kreaturen,
+ich bin keine von seinen Karnuten.
+(Zu Peter.)
+Und du mußt auch dabeistehen und leiden, daß jeder Schuft sich nach
+Belieben über mich hermacht!
+
+PETER
+Ich habe nicht gesehn, daß sich jemand über Euch hergemacht hätte,
+sonst hätte ich geschwind vom Leder gezogen, das könnt Ihr glauben.
+Ich kann so gut ausziehen wie ein andrer, wo es einen ehrlichen Zank
+gibt und das Recht auf meiner Seite ist.
+
+WÄRTERIN
+Nu, weiß Gott, ich habe mich so geärgert, daß ich am ganzen Leibe
+zittre. So 'n Lausekerl!--Seid so gütig, mein Herr, auf ein Wort!
+Und was ich Euch sagte: Mein junges Fräulein befahl mir. Euch zu
+suchen. Was sie mir befahl. Euch zu sagen, das will ich für mich
+behalten; aber erst laßt mich Euch sagen, wenn Ihr sie wolltet bei
+der Nase herumführen, sozusagen, das wäre eine unartige Aufführung,
+sozusagen. Denn seht, das Fräulein ist jung, und also, wenn Ihr
+falsch gegen sie zu Werke gingt, das würde sich gar nicht gegen
+ein Fräulein schicken und wäre ein recht nichtsnutziger Handel.
+
+ROMEO
+Empfiehl mich deinem Fräulein! Ich beteure dir--
+
+WÄRTERIN
+Du meine Zeit! Gewiß und wahrhaftig, das will ich ihr wiedersagen.
+O jemine, sie wird sich vor Freude nicht zu lassen wissen!
+
+ROMEO
+Was willst du ihr sagen, gute Frau? Du gibst nicht Achtung.
+
+WÄRTERIN
+Ich will ihr sagen, daß Ihr beteuert, und ich meine, das ist
+recht wie ein Kavalier gesprochen.
+
+ROMEO
+Sag ihr, sie mög ein Mittel doch ersinnen,
+Zur Beichte diesen Nachmittag zu gehn.
+Dort in Lorenzos Zelle soll alsdann,
+Wenn sie gebeichtet, unsre Trauung sein.
+Hier ist für deine Müh.
+
+WÄRTERIN
+Nein, wahrhaftig, Herr, keinen Pfennig!
+
+ROMEO
+Nimm, sag ich dir; du mußt!
+
+WÄRTERIN
+Heut nachmittag? Nun gut, sie wird Euch treffen.
+
+ROMEO
+Du, gute Frau, wart hinter der Abtei,
+Mein Diener soll dir diese Stunde noch,
+Geknüpft aus Seilen, eine Leiter bringen,
+Die zu dem Gipfel meiner Freuden ich
+Hinan will klimmen in geheimer Nacht.
+Leb wohl! Sei treu, so lohn ich deine Müh.
+Leb wohl! Empfiehl mich deinem Fräulein!
+
+WÄRTERIN
+Nun, Gott der Herr gesegn es!--Hört, noch eins!
+
+ROMEO
+Was willst du, gute Frau?
+
+WÄRTERIN
+Schweigt Euer Diener? Habt Ihr nie vernommen:
+Wo zwei zu Rate gehn, laßt keinen dritten kommen?
+
+ROMEO
+Verlaß dich drauf, der Mensch ist treu wie Gold.
+
+WÄRTERIN
+Nun gut, Herr, meine Herrschaft ist ein allerliebstes Fräulein.
+O jemine, als sie noch so ein kleines Dingelchen war--Oh, da ist
+ein Edelmann in der Stadt, einer, der Paris heißt, der gern
+einhaken möchte; aber das gute Herz mag ebenso lieb eine Kröte
+sehn, eine rechte Kröte, als ihn.--Ich ärgre sie zuweilen und sag
+ihr: Paris wär doch der hübscheste; aber Ihr könnt mirs glauben,
+wenn ich das sage, so wird sie so blaß wie ein Tischtuch. Fängt
+nicht Rosmarin und Romeo mit demselben Buchstaben an?
+
+ROMEO
+Ja, gute Frau; beide mit einem R.
+
+WÄRTERIN
+Ach, Spaßvogel, warum nicht gar? Das schnurrt ja wie 'n Spinnrad.
+Nein, ich weiß wohl, es fängt mit einem andern Buchstaben an, und
+sie hat die prächtigsten Reime und Sprichwörter darauf, daß Euch
+das Herz im Leibe lachen tät, wenn Ihrs hörtet.
+
+ROMEO
+Empfiehl mich deinem Fräulein!
+
+(Ab.)
+
+WÄRTERIN
+Jawohl, viel tausendmal!
+
+(Romeo geht ab.)
+
+--Peter!
+
+PETER
+Was beliebt?
+
+WÄRTERIN
+Peter, nimm meinen Fächer und geh vorauf!
+
+(Beide ab.)
+
+
+
+FÜNFTE SZENE
+
+(Capulets Garten)
+
+(Julia tritt auf.)
+
+
+JULIA
+Neun schlug die Glock, als ich die Amme sandte.
+In einer halben Stunde wollte sie
+Schon wieder hier sein. Kann sie ihn vielleicht
+Nicht treffen? Nein, das nicht. Oh, sie ist lahm!
+Zu Liebesboten taugen nur Gedanken,
+Die zehnmal schneller fliehn als Sonnenstrahlen,
+Wenn sie die Nacht von finstern Hügeln scheuchen.
+Deswegen ziehn ja leichtbeschwingte Tauben
+Der Liebe Wagen, und Cupido hat
+Windschnelle Flügel. Auf der steilsten Höhe
+Der Tagereise steht die Sonne jetzt;
+Von neun bis zwölf, drei lange Stunden sinds,
+Und dennoch bleibt sie aus. O hätte sie
+Ein Herz und warmes, jugendliches Blut,
+Sie würde wie ein Ball behende fliegen,
+Es schnellte sie mein Wort dem Trauten zu
+Und seines mir.
+Doch Alte tun, als lebten sie nicht mehr,
+Träg, unbehülflich, und wie Blei so schwer.
+
+(Die Wärterin und Peter kommen.)
+
+O Gott, sie kommt!
+
+(Die Amme und Peter treten auf.)
+
+ Was bringst du, goldne Amme?
+Trafst du ihn an? Schick deinen Diener weg!
+
+WÄRTERIN
+Wart vor der Türe, Peter!
+
+(Peter ab.)
+
+JULIA
+Nun, Mütterchen? Gott, warum blickst du traurig?
+Ist dein Bericht schon traurig, gib ihn fröhlich,
+Und klingt er gut, verdirb die Weise nicht,
+Indem du sie mit saurer Miene spielst.
+
+WÄRTERIN
+Ich bin ermattet; laßt ein Weilchen mich!
+Das war 'ne Jagd! Das reißt in Gliedern mir!
+
+JULIA
+Ich wollt, ich hätte deine Neuigkeit,
+Du meine Glieder. Nun, so sprich geschwind!
+Ich bitt dich, liebe, liebe Amme, sprich!
+
+WÄRTERIN
+Was für 'ne Hast! Könnt Ihr kein Weilchen warten?
+Seht Ihr nicht, daß ich außer Atem bin?
+
+JULIA
+Wie außer Atem, wenn du Atem hast,
+Um mir zu sagen, daß du keinen hast?
+Der Vorwand deines Zögerns währt ja länger
+Als der Bericht, den du dadurch verzögerst.
+Gib Antwort: Bringst du Gutes oder Böses!
+Nur das, so wart ich auf das Nähere gern.
+Beruhge mich! Ists Gutes oder Böses?
+
+WÄRTERIN
+Ei, Ihr habt mir eine recht einfältige Wahl getroffen; Ihr versteht
+auch einen Mann auszulosen! Romeo--ja, das ist der rechte!--Er hat
+zwar ein hübscher Gesicht wie andre Leute; aber seine Beine gehen
+über alle Beine, und Hand und Fuß und die ganze Positur--es läßt
+sich eben nicht viel davon sagen, aber man kann sie mit nichts
+vergleichen. Er ist kein Ausbund von feinen Manieren, doch wett
+ich drauf, wie ein Lamm so sanft.--Treibs nur so fort, Kind, und
+fürchte Gott!--Habt Ihr diesen Mittag zu Hause gegessen?
+
+JULIA
+Nein, nein! Doch all dies wußt ich schon zuvor.
+Was sagt er von der Trauung? Hurtig: was?
+
+WÄRTERIN
+O je, wie schmerzt der Kopf mir! Welch ein Kopf!
+Er schlägt, als wollt er gleich in Stücke springen.
+Da hier mein Rücken, o mein armer Rücken!
+Gott sei Euch gnädig, daß Ihr hin und her
+So viel mich schickt, mich bald zu Tode hetzt.
+
+JULIA
+Im Ernst, daß du nicht wohl bist, tut mir leid.
+Doch, beste, beste Amme, sage mir:
+Was macht mein Liebster?
+
+WÄRTERIN
+Eur Liebster sagt, so wie ein wackrer Herr--und ein artiger und
+ein freundlicher und ein hübscher Herr und, auf mein Wort, ein
+tugendsamer Herr.--Wo ist denn Eure Mutter?
+
+JULIA
+Wo meine Mutter ist? Nun, sie ist drinnen;
+Wo wär sie sonst? Wie seltsam du erwiderst:
+Eur Liebster sagt, so wie ein wackrer Herr--
+Wo ist denn Eure Mutter?
+
+WÄRTERIN
+ Jemine!
+Seid Ihr so hitzig? Seht doch! Kommt mir nur!
+Ist das die Bähung für mein Gliederweh?
+Geht künftig selbst, wenn Ihr 'ne Botschaft habt.
+
+JULIA
+Das ist 'ne Not! Was sagt er? Bitte, sprich!
+
+WÄRTERIN
+Habt Ihr Erlaubnis, heut zu beichten?
+
+JULIA
+ Ja.
+
+WÄRTERIN
+So macht Euch auf zu Eures Paters Zelle,
+Da harrt ein Mann, um Euch zur Frau zu machen.
+Nun steigt das lose Blut Euch in die Wangen,
+Gleich sind sie Scharlach, wenns was Neues gibt.
+Eilt Ihr ins Kloster; ich muß sonst wohin,
+Die Leiter holen, die der Liebste bald
+Zum Nest hinan, wenns Nacht wird, klimmen soll.
+Ich bin das Lasttier, muß für Euch mich plagen,
+Doch Ihr sollt Eure Last zur Nacht schon tragen.
+Ich will zur Mahlzeit erst; eilt Ihr zur Zelle hin!
+
+JULIA
+Zu hohem Glücke, treue Pflegerin!
+
+(Beide ab.)
+
+
+
+SECHSTE SZENE
+
+(Bruder Lorenzos Zelle)
+
+(Lorenzo und Romeo.)
+
+
+LORENZO
+Der Himmel lächle so dem heilgen Bund,
+Daß künftge Tag' uns nicht durch Kummer schelten!
+
+ROMEO
+Amen! So sei's! Doch laß den Kummer kommen,
+So sehr er mag; wiegt er die Freuden auf,
+Die mir in ihrem Anblick eine flüchtge
+Minute gibt? Füg unsre Hände nur
+Durch deinen Segensspruch in eins, dann tue
+Sein Äußerstes der Liebeswürger Tod;
+Genug, daß ich nur mein sie nennen darf.
+
+LORENZO
+So wilde Freude nimmt ein wildes Ende
+Und stirbt im höchsten Sieg, wie Feur und Pulver
+Im Kusse sich verzehrt. Die Süßigkeit
+Des Honigs widert durch ihr Übermaß,
+Und im Geschmack erstickt sie unsre Lust.
+Drum liebe mäßig; solche Lieb ist stet;
+Zu hastig und zu träge kommt gleich spät.
+
+(Julia tritt auf.)
+
+Hier kommt das Fräulein, sieh,
+Mit leichtem Tritt, der keine Blume biegt.
+Sieh, wie die Macht der Lieb und Wonne siegt!
+
+(Julia tritt auf.)
+
+JULIA
+Ehrwürdger Herr, ich sag Euch guten Abend.
+
+LORENZO
+Für mich und sich dankt Romeo, mein Kind.
+
+JULIA
+Es gilt ihm mit, sonst wär sein Dank zuviel.
+
+ROMEO
+Ach Julia! Ist deiner Freude Maß
+Gehäuft wie meins und weißt du mehr die Kunst,
+Ihr Schmuck zu leihn, so würze rings die Luft
+Durch deinen Hauch; laß des Gesanges Mund
+Die Seligkeit verkünden, die wir beide
+Bei dieser teuern Näh im andern finden.
+
+JULIA
+Gefühl, an Inhalt reicher als an Worten,
+Ist stolz auf seinen Wert und nicht auf Schmuck.
+Nur Bettler wissen ihres Guts Betrag;
+Doch meine treue Liebe stieg so hoch,
+Daß keine Schätzung ihre Schätz erreicht.
+
+LORENZO
+Kommt, kommt mit mir, wir schreiten gleich zur Sache.
+Ich leide nicht, daß ihr allein mir bleibt,
+Bis euch die Kirch einander einverleibt.
+
+(Alle ab.)
+
+
+
+
+DRITTER AKT
+
+
+
+ERSTE SZENE
+
+(Ein öffentlicher Platz)
+
+(Mercutio, Benvolio, Page und Diener.)
+
+
+BENVOLIO
+Ich bitt dich, Freund, laß uns nach Hause gehn!
+Der Tag ist heiß, die Capulets sind draußen,
+Und treffen wir, so gibt es sicher Zank:
+Denn bei der Hitze tobt das tolle Blut.
+
+MERCUTIO
+Du bist mir so ein Zeisig, der, sobald er die Schwelle eines
+Wirtshauses betritt, mit dem Degen auf den Tisch schlägt und
+ausruft: Gebe Gott, daß ich dich nicht nötig habe!--a kommen
+die Capulets.
+
+MERCUTIO
+Bei meiner Sohle! Mich kümmerts nicht.
+
+(Tybalt und andre kommen.)
+
+TYBALT (zu seinen Leuten.)
+Schließt euch mir an, ich will mit ihnen reden.--
+Guten Tag, Ihr Herrn! Ein Wort mit Euer einem!
+
+MERCUTIO
+Nur ein Wort mit einem von uns? Gebt noch was zu, laßt es ein Wort
+und einen Schlag sein!
+
+TYBALT
+Dazu werdet Ihr mich bereit genug finden, wenn Ihr mir Anlaß gebt.
+
+MERCUTIO
+Könntet Ihr ihn nicht nehmen, ohne daß wir ihn gäben?
+
+TYBALT
+Mercutio, du harmonierst mit Romeo.
+
+MERCUTIO
+Harmonierst? Was? Machst du uns zu Musikanten? Wenn du uns zu
+Musikanten machen willst, so sollst du auch nichts als Dissonanzen
+zu hören kriegen. Hier ist mein Fiedelbogen, wart, der soll Euch
+tanzen lehren! Alle Wetter! Über das Harmonieren!
+
+BENVOLIO
+Wir reden hier auf öffentlichem Markt;
+Entweder sucht Euch einen stillern Ort,
+Wo nicht, besprecht Euch kühl von Eurem Zwist.
+Sonst geht! Hier gafft ein jedes Aug auf uns.
+
+MERCUTIO
+Zum Gaffen hat das Volk die Augen; laß sie!
+Ich weich und wank um keines willen, ich!
+
+(Romeo tritt auf.)
+
+TYBALT
+Herr, zieht in Frieden! Hier kommt mein Gesell.
+
+(Romeo tritt auf.)
+
+MERCUTIO
+Ich will gehängt sein, Herr, wenn Ihr sein Meister seid.
+Doch stellt Euch nur, er wird sich zu Euch halten;
+In dem Sinn mögen Eure Gnaden wohl
+Gesell ihn nennen.
+
+TYBALT
+Hör, Romeo! Der Haß, den ich dir schwur,
+Gönnt diesen Gruß dir nur: Du bist ein Schurke!
+
+ROMEO
+Tybalt, die Ursach, die ich habe, dich
+Zu lieben, mildert sehr die Wut, die sonst
+Auf diesen Gruß sich ziemt. Ich bin kein Schurke,
+Drum lebe wohl! Ich seh, du kennst mich nicht.
+
+TYBALT
+Nein, Knabe, dies entschuldigt nicht den Hohn,
+Den du mir angetan; kehr um und zieh!
+
+ROMEO
+Ich schwöre dir, nie tat ich Hohn dir an.
+Ich liebe mehr dich, als du denken kannst,
+Bis du die Ursach meiner Liebe weißt.
+Drum, guter Capulet, ein Name, den
+Ich wert wie meinen halte, sei zufrieden!
+
+MERCUTIO
+O zahme, schimpfliche, verhaßte Demut!
+Die Kunst des Raufers trägt den Sieg davon.--
+
+(Er zieht.)
+
+Tybalt, du Ratzenfänger, willst du dran?
+
+TYBALT
+Was willst du denn von mir?
+
+MERCUTIO
+Mein guter Katzenkönig, nichts als eins von Euern neun Leben;
+damit will ich mich nebenbei lustig machen, und wenn Ihr mir
+wieder über den Weg lauft, auch die andern acht ausklopfen.
+Wollt Ihr bald Euren Degen bei den Ohren aus der Scheide ziehn?
+Macht zu, sonst habt Ihr meinen um die Ohren, eh er heraus ist.
+
+TYBALT
+Ich steh zu Dienst.
+
+(Er zieht.)
+
+ROMEO
+Lieber Mercutio, steck den Degen ein!
+
+MERCUTIO
+Kommt, Herr! Laßt Eure Finten sehn!
+
+(Sie fechten.)
+
+ROMEO
+Zieh, Benvolio!
+Schlag zwischen ihre Degen! Schämt euch doch
+Und haltet ein mit Wüten! Tybalt! Mercutio!
+Der Prinz verbot ausdrücklich solchen Aufruhr
+In Veronas Gassen. Halt, Tybalt! Freund Mercutio!
+
+(Tybalt entfernt sich mit seinen Anhängern.)
+
+MERCUTIO
+Ich bin verwundet.--
+Zum Teufel beider Sippschaft! Ich bin hin.
+Und ist er fort? Und hat nichts abgekriegt?
+
+BENVOLIO
+Bist du verwundet, wie?
+
+MERCUTIO
+Ja, ja, geritzt, geritzt!--Wetter, 's ist genug.--
+Wo ist mein Page?--Bursch, hol einen Wundarzt!
+
+(Der Page geht ab.)
+
+ROMEO
+Sei guten Muts, Freund! Die Wunde kann nicht beträchtlich sein.
+
+MERCUTIO
+Nein, nicht so tief wie ein Brunnen noch so weit wie eine
+Kirchtüre; aber es reicht eben hin. Fragt morgen nach mir,
+und Ihr werdet einen stillen Mann an mir finden. Für diese
+Welt, glaubts nur, ist mir der Spaß versalzen.--Hol der Henker
+eure beiden Häuser!--Was? Von einem Hund, einer Maus, einer
+Ratze, einer Katze zu Tode gekratzt zu werden! Von so einem
+Prahler, einem Schuft, der nach dem Rechenbuche ficht!--Warum
+zum Teufel kamt Ihr zwischen uns? Unter Eurem Arm wurde ich
+verwundet.
+
+ROMEO
+Ich dacht es gut zu machen.
+
+MERCUTIO
+O hilf mir in ein Haus hinein, Benvolio.
+Sonst sink ich hin.--Zum Teufel eure Häuser!
+Sie haben Würmerspeis aus mir gemacht.
+Ich hab es tüchtig weg; verdammte Sippschaft!
+
+(Mercutio und Benvolio ab.)
+
+ROMEO
+Um meinetwillen wurde dieser Ritter,
+Dem Prinzen nah verwandt, mein eigner Freund,
+Verwundet auf den Tod; mein Ruf befleckt
+Durch Tybalts Lästerungen, Tybalts, der
+Seit einer Stunde mir verschwägert war.
+O süße Julia, deine Schönheit hat
+So weibisch mich gemacht; sie hat den Stahl
+Der Tapferkeit in meiner Brust erweicht.
+
+(Benvolio kommt zurück.)
+
+BENVOLIO
+O Romeo, der wackre Freund ist tot,
+Sein edler Geist schwang in die Wolken sich,
+Der allzu früh der Erde Staub verschmäht.
+
+ROMEO
+Nichts kann den Unstern dieses Tages wenden;
+Er hebt das Weh an, andre müssens enden.
+
+(Tybalt kommt zurück.)
+
+BENVOLIO
+Da kommt der grimmige Tybalt wieder her.
+
+ROMEO
+Am Leben! Siegreich! Und mein Freund erschlagen!
+Nun flieh gen Himmel, schonungsreiche Milde!
+Entflammte Wut, sei meine Führerin!
+
+(Tybalt kommt zurück.)
+
+Nun, Tybalt, nimm den Schurken wieder, den du
+Mir eben gabst! Der Geist Mercutios
+Schwebt nah noch über unsern Häuptern hin
+Und harrt, daß deiner sich ihm zugeselle.
+Du oder ich! sonst folgen wir ihm beide.
+
+TYBALT
+Elendes Kind, hier hieltest du's mit ihm
+Und sollst mit ihm von hinnen.
+
+ROMEO
+ Dies entscheide!
+
+(Sie fechten; Tybalt fällt.)
+
+BENVOLIO
+Flieh, Romeo, die Bürger sind in Wehr
+Und Tybalt tot. Steh so versteinert nicht!
+Flieh, flieh, der Prinz verdammt zum Tode dich,
+Wenn sie dich greifen. Fort, nur fort mit dir!
+
+ROMEO
+Weh mir, ich Narr des Glücks!
+
+BENVOLIO
+ Was weilst du noch?
+
+(Romeo ab. Bürger treten auf.)
+
+EIN BÜRGER
+Wo lief er hin, der den Mercutio totschlug?
+Der Mörder Tybalts? Hat ihn wer gesehn?
+
+BENVOLIO
+Da liegt der Tybalt.
+
+EIN BÜRGER
+ Auf, Herr, geht mit mir!
+Gehorcht! Ich mahn Euch von des Fürsten wegen.
+
+(Der Prinz mit Gefolge, Montague, Capulet, ihre
+Gemahlinnen und andre.)
+
+PRINZ
+Wer durfte freventlich hier Streit erregen?
+
+BENVOLIO
+O edler Fürst, ich kann verkünden recht
+Nach seinem Hergang dies unselige Gefecht.
+Der deinen wackren Freund Mercutio
+Erschlagen, liegt hier tot, entleibt vom Romeo.
+
+GRÄFIN CAPULET
+Mein Vetter! Tybalt! Meines Bruders Kind!
+O Fürst! O mein Gemahl! O seht, noch rinnt
+Das teure Blut! Mein Fürst, bei Ehr und Huld,
+Im Blut der Montagues tilg ihre Schuld!--
+O Vetter, Vetter!
+
+PRINZ
+Benvolio, sprich, wer hat den Streit erregt?
+
+BENVOLIO
+Der tot hier liegt, von Romeo erlegt.
+Viel gute Worte gab ihm Romeo,
+Hieß ihn bedenken, wie gering der Anlaß,
+Wie sehr zu fürchten Euer höchster Zorn.
+Dies alles, vorgebracht mit sanftem Ton,
+Gelaßnem Blick, bescheidner Stellung, konnte
+Nicht Tybalts ungezähmte Wut entwaffnen.
+Dem Frieden taub, berennt mit scharfem Stahl
+Er die entschloßne Brust Mercutios;
+Der kehrt gleich rasch ihm Spitze gegen Spitze
+Und wehrt mit Kämpfertrotz mit einer Hand
+Den kalten Tod ab, schickt ihn mit der andern
+Dem Gegner wieder, des Behendigkeit
+Zurück ihn schleudert. Romeo ruft laut:
+Halt, Freunde, auseinander! Und geschwinder
+Als seine Zunge schlägt sein rüstger Arm,
+Dazwischen stürzend, beider Mordstahl nieder.
+Recht unter diesem Arm traf des Mercutio Leben
+Ein falscher Stoß vom Tybalt. Der entfloh,
+Kam aber gleich zum Romeo zurück,
+Der eben erst der Rache Raum gegeben.
+Nun fallen sie mit Blitzeseil sich an,
+Denn eh ich ziehen konnt, um sie zu trennen,
+War der beherzte Tybalt umgebracht.
+Er fiel, und Romeo, bestürzt, entwich.
+Ich rede wahr, sonst führt zum Tode mich.
+
+GRÄFIN CAPULET
+Er ist verwandt mit Montagues Geschlecht,
+Aus Freundschaft spricht er falsch, verletzt das Recht.
+Die Fehd erhoben sie zu ganzen Horden,
+Und alle konnten nur ein Leben morden.
+Ich fleh um Recht; Fürst, weise mich nicht ab:
+Gib Romeo, was er dem Tybalt gab!
+
+PRINZ
+Er hat Mercutio, ihn Romeo erschlagen;
+Wer soll die Schuld des teuren Blutes tragen?
+
+GRÄFIN MONTAGUE
+Fürst, nicht mein Sohn, der Freund Mercutios;
+Was dem Gesetz doch heimfiel, nahm er bloß:
+Das Leben Tybalts.
+
+PRINZ
+ Weil er das verbrochen,
+Sei über ihn sofort der Bann gesprochen.
+Mich selber trifft der Ausbruch eurer Wut,
+Um euren Zwiespalt fließt mein eignes Blut;
+Allein ich will dafür so streng euch büßen,
+Daß mein Verlust euch ewig soll verdrießen.
+Taub bin ich jeglicher Beschönigung,
+Kein Flehn, kein Weinen kauft Begnadigung;
+Drum spart sie. Romeo flieh schnell von hinnen!
+Greift man ihn, soll er nicht dem Tod entrinnen.
+Tragt diese Leiche weg! Vernehmt mein Wort!
+Wenn Gnade Mörder schont, verübt sie Mord!
+
+(Alle ab.)
+
+
+
+ZWEITE SZENE
+
+(Ein Zimmer in Capulets Hause)
+
+(Julia tritt auf.)
+
+
+JULIA
+Hinab, du flammenhufiges Gespann,
+Zu Phöbus' Wohnung! Solch ein Wagenlenker
+Wie Phaethon jagt' euch gen Westen wohl
+Und brächte schnell die wolkige Nacht herauf.
+Verbreite deinen dichten Vorhang, Nacht,
+Du Liebespflegerin, damit das Auge
+Der Neubegier sich schließ und Romeo
+Mir unbelauscht in diese Arme schlüpfe.
+Verliebten gnügt zu der geheimen Weihe
+Das Licht der eignen Schönheit, oder wenn
+Die Liebe blind ist, stimmt sie wohl zur Nacht.
+Komm, ernste Nacht, du züchtig stille Frau,
+Ganz angetan mit Schwarz, und lehre mich
+Ein Spiel, wo jedes reiner Jugend Blüte
+Zum Pfände setzt, gewinnend zu verlieren!
+Verhülle mit dem schwarzen Mantel mir
+Das wilde Blut, das in den Wangen flattert,
+Bis scheue Liebe kühner wird und nichts
+Als Unschuld sieht in innger Liebe Tun.
+Komm, Nacht! Komm, Romeo, du Tag in Nacht,
+Denn du wirst ruhn auf Fittichen der Nacht
+Wie frischer Schnee auf eines Raben Rücken.
+Komm, milde, liebevolle Nacht! Komm, gib
+Mir meinen Romeo! Und stirbt er einst,
+Nimm ihn, zerteil in kleine Sterne ihn:
+Er wird des Himmels Antlitz so verschönen,
+Daß alle Welt sich in die Nacht verliebt
+Und niemand mehr der eitlen Sonne huldigt.--
+Ich habe Lieb erworben wie ein Haus,
+Und durfte noch nicht einziehn; bin verkauft,
+Doch noch nicht übergeben. Dieser Tag
+Währt so verdrießlich lang mir wie die Nacht
+Vor einem Fest dem ungeduldgen Kinde,
+Das noch sein neues Kleid nicht tragen durfte.
+
+(Die Wärterin mit einer Strickleiter.)
+
+Da kommt die Amme ja, die bringt Bericht,
+Und jede Zunge, die nur Romeo
+Beim Namen nennt, spricht so beredt wie Engel.
+
+(Die Amme tritt auf mit einer Strickleiter.)
+
+Nun, Amme? Sag, was gibts, was hast du da?
+Die Stricke, die dich Romeo hieß holen?
+
+WÄRTERIN
+Ja, ja, die Stricke!
+
+(Sie wirft sie auf die Erde.)
+
+JULIA
+Weh mir! Was gibts? Was ringst du so die Hände?
+
+WÄRTERIN
+Daß Gott erbarm! Er ist tot, er ist tot, er ist tot!
+Wir sind verloren, Fräulein, sind verloren!
+O weh uns! Er ist hin! Ermordet! Tot!
+
+JULIA
+So neidisch kann der Himmel sein?
+
+WÄRTERIN
+Ja, das kann Romeo; der Himmel nicht.
+O Romeo, wer hätt es je gedacht?
+O Romeo, Romeo!
+
+JULIA
+Welch Teufel bist du, daß du so mich folterst?
+Die grause Hölle nur brüllt solche Qual.
+Hat Romeo sich selbst ermordet? Sprich!
+Und sagt du "Ja", vergiftet dieser Laut
+Mehr als des Basilisks todbringend "Aug".
+Ich bin nicht "ich", wenns gibt ein solches "Ja",
+Dies Auge zu, das dich zwingt zu dem "Ja".
+
+{Ein Wortspiel mit den Wörtern "aye" (ja), "I" (ich) und
+"eye" (Auge), die alle gleich ausgesprochen werden.}
+
+Ist er entleibt, sag ja, wo nicht, sag nein!
+Ein kurzer Laut entscheidet Wonn und Pein.
+
+WÄRTERIN
+Ich sah die Wunde, meine Augen sahn sie
+--Behüte Gott!--auf seiner tapfern Brust;
+Die blutge Leiche, jämmerlich und blutig,
+Bleich, bleich wie Asche, ganz mit Blut besudelt,
+Ganz starres Blut--de wieder! Pulsschlag, hemme dich!
+Ein Sarg empfange Romeo und mich!
+
+WÄRTERIN
+O Tybalt, Tybalt! O mein bester Freund!
+Leutselger Tybalt, wohlgesinnter Herr!
+So mußt ich leben, um dich tot zu sehn?
+
+JULIA
+Was für ein Sturm tobt so von jeder Seite?
+Ist Romeo erschlagen? Tybalt tot?
+Mein teurer Vetter? Teuerster Gemahl?
+Dann töne nur des Weltgerichts Posaune!
+Wer lebt noch, wenn dahin die beiden sind?
+
+WÄRTERIN
+Dahin ist Tybalt, Romeo verbannt;
+Verbannt ist Romeo, der ihn erschlug.
+
+JULIA
+Gott! Seine Hand, vergoß sie Tybalts Blut?
+
+WÄRTERIN
+Sie tats, sie tats! O weh uns, weh, sie tats!
+
+JULIA
+O Schlangenherz, von Blumen überdeckt!
+Wohnt' in so schöner Höhl ein Drache je?
+Holdselger Wütrich! Engelgleicher Unhold!
+Ergrimmte Taube! Lamm mit Wolfesgier!
+Verworfne Art in göttlichster Gestalt!
+Das rechte Gegenteil des, was mit Recht
+Du scheinest: ein verdammter Heiliger,
+Ein ehrenwerter Schurke!--O Natur!
+Was hattest du zu schaffen in der Hölle,
+Als du des holden Leibes Paradies
+Zum Lustsitz einem Teufel übergabst?
+War je ein Buch, so arger Dinge voll,
+So schön gebunden? Oh, daß Falschheit doch
+Solch herrlichen Palast bewohnen kann!
+
+WÄRTERIN
+Kein Glaube, keine Treu noch Redlichkeit
+Ist unter Männern mehr. Sie sind meineidig,
+Falsch sind sie, lauter Schelme, lauter Heuchler!--
+Wo ist mein Diener? Gebt mir Aquavit!
+Die Not, die Angst, der Jammer macht mich alt.
+Zu Schanden werde Romeo!
+
+JULIA
+ Die Zunge
+Erkranke dir für einen solchen Wunsch!
+Er war zur Schande nicht geboren; Schande
+Weilt mit Beschämung nur auf seiner Stirn.
+Sie ist ein Thron, wo man die Ehre mag
+Als Allbeherrscherin der Erde krönen.
+O wie unmenschlich war ich, ihn zu schelten!
+
+WÄRTERIN
+Von Eures Vetters Mörder sprecht Ihr Gutes?
+
+JULIA
+Soll ich von meinem Gatten Übles reden?
+Ach, armer Gatte! Welche Zunge wird
+Wohl deinem Namen Liebes tun, wenn ich,
+Dein Weib von wenig Stunden, ihn zerrissen?
+Doch, Arger, was erschlugst du meinen Vetter?
+Der Arge wollte den Gemahl erschlagen.
+Zurück zu eurem Quell, verkehrte Tränen!
+Dem Schmerz gebühret eurer Tropfen Zoll,
+Ihr bringt aus Irrtum ihn der Freude dar.
+Mein Gatte lebt, den Tybalt fast getötet,
+Und tot ist Tybalt, der ihn töten wollte.
+Dies alles ist ja Trost: was wein ich denn?
+Ich hört ein schlimmres Wort als Tybalts Tod,
+Das mich erwürgte; ich vergäß es gern!
+Doch ach, es drückt auf mein Gedächtnis schwer
+Wie Freveltaten auf des Sünders Seele.
+Tybalt ist tot und Romeo verbannt!
+O dies "Verbannt", dies eine Wort "Verbannt"
+Erschlug zehntausend Tybalts. Tybalts Tod
+War gnug des Wehes, hätt es da geendet!
+Und liebt das Leid Gefährten, reiht durchaus
+An andre Leiden sich, warum denn folgte
+Auf ihre Botschaft: tot ist Tybalt, nicht:
+Dein Vater, deine Mutter, oder beide?
+Das hätte sanftre Klage wohl erregt.
+Allein dies Wort: verbannt ist Romeo,
+Aus jenes Todes Hinterhalt gesprochen,
+Bringt Vater, Mutter, Tybalt, Romeo
+Und Julien um! Verbannt ist Romeo!
+Nicht Maß noch Ziel kennt dieses Wortes Tod,
+Und keine Zung erschöpfet meine Not.--
+Wo mag mein Vater, meine Mutter sein?
+
+WÄRTERIN
+Bei Tybalts Leiche heulen sie und schrein.
+Wollt Ihr zu ihnen gehn? Ich bring Euch hin.
+
+JULIA
+So waschen sie die Wunden ihm mit Tränen?
+Ich spare meine für ein bängres Sehnen.
+Nimm diese Seile auf.--Ach, armer Strick,
+Getäuscht wie ich! Wer bringt ihn uns zurück?
+Zum Steg der Liebe knüpft' er deine Bande,
+Ich aber sterb als Braut im Witwenstande.
+Komm, Amme, komm! Ich will ins Brautbett! Fort!
+Nicht Romeo, den Tod umarm ich dort.
+
+WÄRTERIN
+Geht nur ins Schlafgemach! Zum Troste find ich
+Euch Romeo: ich weiß wohl, wo er steckt.
+Hört, Romeo soll Euch zur Nacht erfreuen;
+Ich geh zu ihm; beim Pater wartet er.
+
+JULIA
+O such ihn auf! Gib diesen Ring dem Treuen;
+Bescheid aufs letzte Lebewohl ihn her!
+
+(Beide ab.)
+
+
+
+DRITTE SZENE
+
+(Bruder Lorenzos Zelle)
+
+(Lorenzo und Romeo kommen.] Bruder Lorenzo tritt auf.)
+
+
+LORENZO
+Komm, Romeo! Hervor, du Mann der Furcht!
+Bekümmernis hängt sich mit Lieb an dich,
+Und mit dem Mißgeschick bist du vermählt.
+
+(Romeo tritt auf.)
+
+ROMEO
+Vater, was gibts? Wie heißt des Prinzen Spruch?
+Wie heißt der Kummer, der sich zu mir drängt
+Und noch mir fremd ist?
+
+LORENZO
+ Zu vertraut, mein Sohn,
+Bist du mit solchen widrigen Gefährten.
+Ich bring dir Nachricht von des Prinzen Spruch.
+
+ROMEO
+Und hat sein Spruch mir nicht den Stab gebrochen?
+
+LORENZO
+Ein mildres Urteil floß von seinen Lippen:
+Nicht Leibes Tod, nur leibliche Verbannung.
+
+ROMEO
+Verbannung? Sei barmherzig! Sage: Tod!
+Verbannung trägt der Schrecken mehr im Blick,
+Weit mehr als Tod!--O sage nicht Verbannung!
+
+LORENZO
+Hier aus Verona bist du nur verbannt;
+Sei ruhig, denn die Welt ist groß und weit.
+
+ROMEO
+Die Welt ist nirgends außer diesen Mauern;
+Nur Fegefeuer, Qual, die Hölle selbst.
+Von hier verbannt ist aus der Welt verbannt,
+Und solcher Bann ist Tod. Drum gibst du ihm
+Den falschen Namen.--Nennst du Tod Verbannung,
+Enthauptest du mit goldnem Beile mich
+Und lächelst zu dem Streich, der mich ermordet.
+
+LORENZO
+O schwere Sünd, o undankbarer Trotz!
+Dein Fehltritt heißt nach unsrer Satzung Tod;
+Doch dir zulieb hat sie der gütge Fürst
+Beiseit gestoßen und Verbannung nur
+Statt jenes schwarzen Wortes ausgesprochen.
+Und diese teure Gnad erkennst du nicht?
+
+ROMEO
+Nein, Folter; Gnade nicht! Hier ist der Himmel,
+Wo Julia lebt, und jeder Hund und Katze
+Und kleine Maus, das schlechteste Geschöpf,
+Lebt hier im Himmel, darf ihr Antlitz sehn;
+Doch Romeo darf nicht. Mehr Würdigkeit,
+Mehr Ansehn, mehr gefällge Sitte lebt
+In Fliegen als in Romeo. Sie dürfen
+Das Wunderwerk der weißen Hand berühren
+Und Himmelswonne rauben ihren Lippen,
+Die sittsam in Vestalenunschuld stets
+Erröten, gleich als wäre Sünd ihr Kuß.
+Dies dürfen Fliegen tun, ich muß entfliehn;
+Sie sind ein freies Volk, ich bin verbannt.
+Und sagst du noch, Verbannung sei nicht Tod?
+So hattest du kein Gift gemischt, kein Messer
+Geschärft, kein schmählich Mittel schnellen Todes,
+Als dies "Verbannt", zu töten mich? Verbannt!
+O Mönch! Verdammte sprechen in der Hölle
+Dies Wort mit Heulen aus; hast du das Herz,
+Da du ein heilger Mann, ein Beichtiger bist,
+Ein Sündenlöser, mein erklärter Freund,
+Mich zu zermalmen mit dem Wort Verbannung?
+
+LORENZO
+Du kindisch blöder Mann, hör doch ein Wort!
+
+ROMEO
+O du willst wieder von Verbannung sprechen!
+
+LORENZO
+Ich will dir eine Wehr dagegen leihn,
+Der Trübsal süße Milch, Philosophie,
+Um dich zu trösten, bist du gleich verbannt.
+
+ROMEO
+Und noch verbannt? Hängt die Philosophie!
+Kann sie nicht schaffen eine Julia,
+Aufheben eines Fürsten Urteilspruch,
+Verpflanzen eine Stadt, so hilft sie nicht,
+So taugt sie nicht, so rede länger nicht!
+
+LORENZO
+Nun seh ich wohl. Wahnsinnige sind taub.
+
+ROMEO
+Wärs anders möglich? Sind doch Weise blind.
+
+LORENZO
+Laß über deinen Fall mit dir mich rechten!
+
+ROMEO
+Du kannst von dem, was du nicht fühlst, nicht reden.
+Wärst du so jung wie ich und Julia dein,
+Vermählt seit einer Stund, erschlagen Tybalt,
+Wie ich von Lieb entglüht, wie ich verbannt,
+Dann möchtest du nur reden, möchtest nur
+Das Haar dir raufen, dich zu Boden werfen
+Wie ich und so dein künftges Grab dir messen.
+
+([Er wirft sich an den Boden.] Man klopft draußen.)
+
+LORENZO
+Steh auf, man klopft; verbirg dich, lieber Freund!
+
+ROMEO
+O nein, wo nicht des bangen Stöhnens Hauch
+Gleich Nebeln mich vor Späheraugen schirmt.
+
+(Man klopft.)
+
+LORENZO
+Horch, wie man klopft!--Wer da?--Fort, Romeo!
+Man wird dich fangen.--Wartet doch ein Weilchen!--
+Steh auf
+
+(Man klopft.)
+
+ und rett ins Lesezimmer dich!--
+
+(Man klopft.)
+
+Ja, ja! im Augenblick!--Gerechter Gott,
+Was für ein starrer Sinn!--ehn und dich zurückzurufen
+Mit zwanzighunderttausendmal mehr Freude,
+Als du mit Jammer jetzt von hinnen ziehst.
+Geh, Wärterin, voraus, grüß mir dein Fräulein;
+Heiß sie das ganze Haus zu Bette treiben,
+Wohin der schwere Gram von selbst sie treibt;
+Denn Romeo soll kommen.
+
+WÄRTERIN
+O je, ich blieb hier gern die ganze Nacht
+Und hörte gute Lehr. Da sieht man doch,
+Was die Gelahrtheit ist!--Nun, gnädger Herr,
+Ich will dem Fräulein sagen, daß Ihr kommt.
+
+ROMEO
+Tu das und sag der Holden, daß sie sich
+Bereite, mich zu schelten.
+
+WÄRTERIN
+ Gnädger Herr,
+Hier ist ein Ring, den sie für Euch mir gab.
+Eilt Euch, macht fort, sonst wird es gar zu spät.
+
+(Ab.)
+
+ROMEO
+Wie ist mein Mut nun wieder neu belebt!
+
+LORENZO
+Geh! Gute Nacht! Und hieran hängt dein Los:
+Entweder geh, bevor man Wachen stellt,
+Wo nicht, verkleidet in der Frühe fort.
+Verweil in Mantua; ich forsch indessen
+Nach deinem Diener, und er meldet dir
+Von Zeit zu Zeit ein jedes gute Glück,
+Das hier begegnet. Gib mir deine Hand!
+Es ist schon spät. Fahr wohl denn! Gute Nacht!
+
+ROMEO
+Mich rufen Freuden über alle Freuden,
+Sonst wärs ein Leid, von dir so schnell zu scheiden.
+Leb wohl!
+
+(Beide ab.)
+
+
+
+VIERTE SZENE
+
+(Ein Zimmer in Capulets Hause)
+
+(Capulet, Gräfin Capulet, Paris.)
+
+
+CAPULET
+Es ist so schlimm ergangen, Graf, daß wir
+Nicht Zeit gehabt, die Tochter anzumahnen.
+Denn seht, sie liebte herzlich ihren Vetter.
+Das tat ich auch; nun, einmal stirbt man doch.--
+Es ist schon spät, sie kommt nicht mehr herunter,
+Ich sag Euch, wärs nicht der Gesellschaft wegen,
+Seit einer Stunde läg ich schon im Bett.
+
+PARIS
+So trübe Zeit gewährt nicht Zeit zum Frein;
+Gräfin, schlaft wohl, empfehlt mich Eurer Tochter!
+
+GRÄFIN CAPULET
+Ich tu's und forsche morgen früh sie aus.
+Heut nacht verschloß sie sich mit ihrem Gram.
+
+CAPULET
+Graf Paris, ich vermesse mich zu stehn
+Für meines Kindes Lieb; ich denke wohl,
+Sie wird von mir in allen Stücken sich
+Bedeuten lassen, ja ich zweifle nicht.--
+Frau, geh noch zu ihr, eh du schlafen gehst,
+Tu meines Sohnes Paris Lieb ihr kund
+Und sag ihr, merk es wohl: auf nächsten Mittwoch!
+Still, was ist heute?
+
+PARIS
+ Montag, edler Herr.
+
+CAPULET
+Montag? So, so! Gut, Mittwoch ist zu früh.
+Sei's Donnerstag!--Sag ihr: am Donnerstag
+Wird sie vermählt mit diesem edlen Grafen.
+Wollt Ihr bereit sein? Liebt Ihr diese Eil?
+Wir tuns im stillen ab: nur ein paar Freunde;
+Denn seht, weil Tybalt erst erschlagen ist,
+So dächte man, er läg uns nicht am Herzen,
+Als unser Blutsfreund, schwärmten wir zu viel.
+Drum laßt uns ein halb Dutzend Freunde laden
+Und damit gut. Wie dünkt Euch Donnerstag?
+
+PARIS
+Mein Graf, ich wollte, Donnerstag wär morgen.
+
+CAPULET
+Gut, geht nur heim! Sei's denn am Donnerstag.--
+Geh, Frau, zu Julien, eh du schlafen gehst,
+Bereite sie auf diesen Hochzeittag.--
+Lebt wohl, mein Graf!
+
+(Paris ab.)
+
+ He! Licht auf meine Kammer!
+Nach meiner Weise ists so spät, daß wir
+Bald früh es nennen können. Gute Nacht!
+
+([Capulet und die Gräfin ab.] Alle ab.)
+
+
+
+FÜNFTE SZENE
+
+(Eine offene Galerie vor Juliens Zimmer mit Blick auf den Garten)
+
+(Romeo und Julia.)
+
+
+JULIA
+Willst du schon gehn? Der Tag ist ja noch fern.
+Es war die Nachtigall und nicht die Lerche,
+Die eben jetzt dein banges Ohr durchdrang;
+Sie singt des Nachts auf dem Granatbaum dort.
+Glaub, Lieber, mir: es war die Nachtigall.
+
+ROMEO
+Die Lerche wars, die Tagverkünderin,
+Nicht Philomele; sieh den neidschen Streif,
+Der dort im Ost der Frühe Wolken säumt.
+Die Nacht hat ihre Kerzen ausgebrannt,
+Der muntre Tag erklimmt die dunstgen Höhn;
+Nur Eile rettet mich, Verzug ist Tod.
+
+JULIA
+Trau mir, das Licht ist nicht des Tages Licht,
+Die Sonne hauchte dieses Luftbild aus,
+Dein Fackelträger diese Nacht zu sein,
+Dir auf dem Weg nach Mantua zu leuchten.
+Drum bleibe noch; zu gehn ist noch nicht not.
+
+ROMEO
+Laß sie mich greifen, ja, laß sie mich töten!
+Ich gebe gern mich drein, wenn du es willst.
+Nein, jenes Grau ist nicht des Morgens Auge,
+Der bleiche Abglanz nur von Cynthias Stirn.
+Das ist auch nicht die Lerche, deren Schlag
+Hoch über uns des Himmels Wölbung trifft.
+Ich bleibe gern; zum Gehn bin ich verdrossen.
+Willkommen, Tod, hat Julia dich beschlossen!--
+Nun, Herz? Noch tagt es nicht, noch plaudern wir.
+
+JULIA
+Es tagt, es tagt! Auf, eile, fort von hier!
+Es ist die Lerche, die so heiser singt
+Und falsche Weisen, rauhen Mißton gurgelt.
+Man sagt, der Lerche Harmonie sei süß;
+Nicht diese: sie zerreißt die unsre ja.
+Die Lerche, sagt man, wechselt mit der Kröte
+Die Augen; möchte sie doch auch die Stimme!
+Die Stimm ists ja, die Arm aus Arm uns schreckt,
+Dich von mir jagt, da sie den Tag erweckt.
+Stets hell und heller wirds: wir müssen scheiden.
+
+ROMEO
+Hell? Dunkler stets und dunkler unsre Leiden!
+
+(Die Wärterin kommt herein.)
+
+WÄRTERIN
+Fräulein!
+
+JULIA
+Amme?
+
+WÄRTERIN
+Die gnädge Gräfin kommt in Eure Kammer;
+Seid auf der Hut; schon regt man sich im Haus.
+
+(Wärterin ab.)
+
+JULIA (das Fenster öffnend.)
+Tag, schein herein, und Leben, flieh hinaus!
+
+ROMEO
+Ich steig hinab; laß dich noch einmal küssen!
+
+(Er steigt [aus dem Fenster] herab.)
+
+JULIA (aus dem Fenster ihm nachsehend.)
+Freund! Gatte! Trauter! Bist du mir entrissen?
+Gib Nachricht jeden Tag, zu jeder Stunde;
+Schon die Minut enthält der Tage viel.
+Ach, so zu rechnen bin ich hoch in Jahren,
+Eh meinen Romeo ich wiederseh.
+
+ROMEO (außerhalb.)
+Leb wohl! Kein Mittel laß ich aus den Händen,
+Um dir, du Liebe, meinen Gruß zu senden.
+
+JULIA
+O denkst du, daß wir je uns wiedersehn?
+
+ROMEO
+Ich zweifle nicht, und all dies Leiden dient
+In Zukunft uns zu süßerem Geschwätz.
+
+JULIA
+O Gott, ich hab ein Unglück ahnend Herz,
+Mir deucht, ich säh dich, da du unten bist,
+Als lägst du tot in eines Grabes Tiefe.
+Mein Auge trügt mich, oder du bist bleich.
+
+ROMEO
+So, Liebe, scheinst du meinen Augen auch.
+Der Schmerz trinkt unser Blut. Leb wohl, leb wohl!
+
+(Ab.)
+
+JULIA
+O Glück, ein jeder nennt dich unbeständig;
+Wenn du es bist: was tust du mit dem Treuen?
+Sei unbeständig. Glück! Dann hältst du ihn
+Nicht lange, hoff ich, sendest ihn zurück.
+
+GRÄFIN CAPULET (hinter der Szene.)
+He, Tochter, bist du auf?
+
+JULIA
+Wer ruft mich? Ist es meine gnädge Mutter?
+Wacht sie so spät noch, oder schon so früh?
+Welch ungewohnter Anlaß bringt sie her?
+
+(Gräfin Capulet kommt herein.)
+
+GRÄFIN CAPULET
+Nun, Julia, wie gehts?
+
+JULIA
+ Mir ist nicht gut.
+
+GRÄFIN CAPULET
+Noch immer weinend um des Vetters Tod?
+Willst du mit Tränen aus der Gruft ihn waschen?
+Und könntest du's, das rief' ihn nicht ins Leben;
+Drum laß das! Trauern zeugt von vieler Liebe,
+Doch zu viel trauern zeugt von wenig Witz.
+
+JULIA
+Um einen Schlag, der so empfindlich traf,
+Erlaubt zu weinen mir!
+
+GRÄFIN CAPULET
+ So trifft er dich;
+Der Freund empfindet nichts, den du beweinst.
+
+JULIA
+Doch ich empfind und muß den Freund beweinen.
+
+GRÄFIN CAPULET
+Mein Kind, nicht seinen Tod so sehr beweinst du,
+Als daß der Schurke lebt, der ihn erschlug.
+
+JULIA
+Was für ein Schurke?
+
+GRÄFIN CAPULET
+ Nun, der Romeo.
+
+JULIA (beiseit.)
+Er und ein Schurk sind himmelweit entfernt.--
+
+(Laut.)
+
+Vergeb ihm Gott! Ich tu's von ganzem Herzen;
+Und dennoch kränkt kein Mann, wie er, mein Herz.
+
+GRÄFIN CAPULET
+Ja freilich, weil der Meuchelmörder lebt.
+
+JULIA
+Ja, wo ihn diese Hände nicht erreichen!--
+O rächte niemand doch als ich den Vetter!
+
+GRÄFIN CAPULET
+Wir wollen Rache nehmen, sorge nicht;
+Drum weine du nicht mehr. Ich send an jemand
+Zu Mantua, wo der Verlaufne lebt,
+Der soll ein kräftig Tränkchen ihm bereiten,
+Das bald ihn zum Gefährten Tybalts macht.
+Dann wirst du hoffentlich zufrieden sein.
+
+JULIA
+Fürwahr, ich werde nie mit Romeo
+Zufrieden sein, erblick ich ihn nicht--tot--,
+Wenn so mein Herz um einen Blutsfreund leidet.
+Ach, fändet Ihr nur jemand, der ein Gift
+Ihm reichte, gnädge Frau; ich wollt es mischen,
+Daß Romeo, wenn ers genommen, bald
+In Ruhe schliefe.--Wie mein Herz es haßt,
+Ihn nennen hören--und nicht zu ihm können,
+Die Liebe, die ich zu dem Vetter trug,
+An dem, der ihn erschlagen hat, zu büßen!
+
+GRÄFIN CAPULET
+Findst du das Mittel, find ich wohl den Mann.
+Doch bring ich jetzt dir frohe Zeitung, Mädchen.
+
+JULIA
+In so bedrängter Zeit kommt Freude recht.
+Wie lautet sie, ich bitt Euch, gnädge Mutter?
+
+GRÄFIN CAPULET
+Nun Kind, du hast 'nen aufmerksamen Vater:
+Um dich von deinem Trübsinn abzubringen,
+Ersann er dir ein plötzlich Freudenfest,
+Des ich so wenig mich versah wie du.
+
+JULIA
+Ei, wie erwünscht! Was wär das, gnädge Mutter?
+
+GRÄFIN CAPULET
+Ja, denk dir, Kind, am Donnerstag frühmorgens
+Soll der hochedle, wackre junge Herr,
+Graf Paris, in Sankt Peters Kirche dich
+Als frohe Braut an den Altar geleiten.
+
+JULIA
+Nun, bei Sankt Peters Kirch und Petrus selbst,
+Er soll mich nicht als frohe Braut geleiten!
+Mich wundert diese Eil, daß ich vermählt
+Muß werden, eh mein Freier kommt zu werben.
+Ich bitt Euch, gnädge Frau, sagt meinem Vater
+Und Herrn, ich wollte noch mich nicht vermählen,
+Und wenn ichs tue, schwör ich: Romeo,
+Von dem Ihr wißt, ich haß ihn, soll es lieber
+Als Paris sein.--Fürwahr, das ist wohl Zeitung!
+
+GRÄFIN CAPULET
+Da kommt dein Vater, sag du selbst ihm das,
+Sieh, wie er sichs von dir gefallen läßt.
+
+(Capulet und die Wärterin kommen.)
+
+CAPULET
+Die Luft sprüht Tau beim Sonnenuntergang,
+Doch bei dem Untergange meines Neffen,
+Da gießt der Regen recht.
+Was? Eine Traufe, Mädchen? Stets in Tränen?
+Stets Regenschauer? In so kleinem Körper
+Spielst du auf einmal See und Wind und Kahn,
+Denn deine Augen ebben stets und fluten
+Von Tränen wie die See; dein Körper ist der Kahn,
+Der diese salzge Flut befährt; die Seufzer
+Sind Winde, die, mit deinen Tränen tobend,
+Wie die mit ihnen, wenn nicht Stille plötzlich
+Erfolgt, den hin und her geworfnen Körper
+Zertrümmern werden.--Nun, wie steht es, Frau?
+Hast du ihr unsern Ratschluß hinterbracht?
+
+GRÄFIN CAPULET
+Ja, doch sie will es nicht, sie dankt Euch sehr.
+Wär doch die Törin ihrem Grab vermählt!
+
+CAPULET
+Sacht, rede deutlich, rede deutlich, Frau!
+Was? Will sie nicht? Weiß sie uns keinen Dank?
+Ist sie nicht stolz? Schätzt sie sich nicht beglückt,
+Daß wir solch einen würdgen Herrn vermocht,
+Trotz ihrem Unwert, ihr Gemahl zu sein?
+
+JULIA
+Nicht stolz darauf, doch dankbar, daß Ihrs tatet.
+Stolz kann ich nie auf das sein, was ich hasse,
+Doch dankbar selbst für Haß, gemeint wie Liebe.
+
+CAPULET
+Ei seht mir, seht mir! Kramst du Weisheit aus?
+Stolz--und ich dank Euch--ner Schleife hin.
+Pfui, du bleichsüchtges Ding, du lose Dirne!
+Du Talggesicht!
+
+GRÄFIN CAPULET
+ O pfui! Seid Ihr von Sinnen?
+
+JULIA
+Ich fleh Euch auf den Knien, mein guter Vater,
+Hört mit Geduld ein einzig Wort nur an!
+
+CAPULET
+Geh mir zum Henker, widerspenstge Dirne!
+Ich sage dirs: zur Kirch auf Donnerstag,
+Sonst komm mir niemals wieder vors Gesicht.
+Sprich nicht! Erwidre nicht! Gib keine Antwort!
+Die Finger jucken mir. O Weib, wir glaubten
+Uns kaum genug gesegnet, weil uns Gott
+Dies eine Kind nur sandte; doch nun seh ich,
+Dies eine war um eines schon zuviel,
+Und nur ein Fluch ward uns in ihr beschert.
+Du Hexe!
+
+WÄRTERIN
+ Gott im Himmel segne sie!
+Eur Gnaden tun nicht wohl, sie so zu schelten.
+
+CAPULET
+Warum, Frau Weisheit? Haltet Euern Mund,
+Prophetin! Schnattert mit Gevatterinnen!
+
+WÄRTERIN
+Ich sage keine Schelmstück!
+
+CAPULET
+ Geht mit Gott!
+
+WÄRTERIN
+Darf man nicht sprechen?
+
+CAPULET
+ Still doch, altes Waschmaul!
+Spart Eure Predigt zum Gevatterschmaus;
+Hier brauchen wir sie nicht.
+
+GRÄFIN CAPULET
+ Ihr seid zu hitzig!
+
+CAPULET
+Gotts Sakrament, es macht mich toll! Bei Tag,
+Bei Nacht, spät, früh, allein und in Gesellschaft,
+Zu Hause, draußen, wachend und im Schlaf,
+War meine Sorge stets, sie zu vermählen.
+Nun, da ich einen Herrn ihr ausgemittelt,
+Von fürstlicher Verwandtschaft, schönen Gütern,
+Jung, edel auferzogen, ausstaffiert,
+Wie man wohl sagt, mit ritterlichen Gaben,
+Kurz, wie man einen Mann sich wünschen möchte,
+Und dann ein albern, winselndes Geschöpf,
+Ein weinerliches Püppchen da zu haben,
+Die, wenn ihr Glück erscheint, zur Antwort gibt:
+Heiraten will ich nicht, ich kann nicht lieben,
+Ich bin zu jung, ich bitt, entschuldigt mich.--
+Gut, willst du nicht, du sollst entschuldigt sein;
+Gras', wo du willst, du sollst bei mir nicht hausen.
+Sieh zu! Bedenk! Ich pflege nicht zu spaßen.
+Der Donnerstag ist nah: die Hand aufs Herz!
+Und bist du mein, so soll mein Freund dich haben;
+Wo nicht, geh, bettle, hungre, stirb am Wege!
+Denn nie, bei meiner Seel, erkenn ich dich,
+Und nichts, was mein, soll dir zugute kommen.
+Bedenk dich! Glaub, ich halte, was ich schwur!
+
+(Ab.)
+
+JULIA
+Und wohnt kein Mitleid droben in den Wolken,
+Das in die Tiefe meines Jammers schaut?
+O süße Mutter, stoß mich doch nicht weg!
+Nur einen Monat, eine Woche Frist!
+Wo nicht, bereite mir das Hochzeitsbette
+In jener düstern Gruft, wo Tybalt liegt!
+
+GRÄFIN CAPULET
+Sprich nicht zu mir, ich sage nicht ein Wort.
+Tu, was du willst, denn ich bin mit dir fertig.
+
+(Ab.)
+
+JULIA
+O Gott! Wie ist dem vorzubeugen, Amme?
+Mein Gatt auf Erden, meine Treu im Himmel--
+Wie soll die Treu zur Erde wiederkehren,
+Wenn sie der Gatte nicht, der Erd entweichend,
+Vom Himmel sendet? Tröste, rate, hilf!
+Weh, weh mir, daß der Himmel solche Tücken
+An einem sanften Wesen übt wie mir!
+Was sagst du? Hast du kein erfreuend Wort,
+Kein Wort des Trostes?
+
+WÄRTERIN
+ Meiner Seel, hier ists:
+Er ist verbannt, und tausend gegen eins,
+Daß er sich nimmer wieder her getraut,
+Euch anzusprechen; oder tät ers doch,
+So müßt es schlechterdings verstohlen sein.
+Nun, weil denn so die Sachen stehn, so denk ich,
+Das beste wär, daß Ihr den Grafen nähmt.
+Ach, er ist solch ein allerliebster Herr!
+Ein Lump ist Romeo nur gegen ihn.
+Ein Adlersauge, Fräulein, ist so grell,
+So schön, so feurig nicht, wie Paris seins.
+Ich will verwünscht sein, ist die zweite Heirat
+Nicht wahres Glück für Euch; weit vorzuziehn
+Ist sie der ersten. Oder wär sie's nicht?
+Der erste Mann ist tot, so gut als tot;
+Denn lebt er schon, habt Ihr doch nichts von ihm.
+
+JULIA
+Sprichst du von Herzen?
+
+WÄRTERIN
+ Und von ganzer Seele,
+Sonst möge Gott mich strafen!
+
+JULIA
+ Amen!
+
+WÄRTERIN
+ Was?
+
+JULIA
+Nun ja, du hast mich wunderbar getröstet.
+Geh, sag der Mutter, weil ich meinen Vater
+Erzürnt, so woll ich nach Lorenzos Zelle,
+Zu beichten und Vergebung zu empfangen.
+
+WÄRTERIN
+Gewiß, das will ich; Ihr tut weislich dran.
+
+(Ab.)
+
+JULIA
+O alter Erzfeind, höllischer Versucher!
+Ists ärgre Sünde, so zum Meineid mich
+Verleiten, oder meinen Gatten schmähn
+Mit eben dieser Zunge, die zuvor
+Viel tausendmal ihn ohne Maß und Ziel
+Gepriesen hat?--
+Seht, wie sie fröhlich aus der Beichte kommt!
+
+(Julia tritt auf.)
+
+CAPULET
+Nun, Starrkopf? Sag, wo bist herumgeschwärmt?
+
+JULIA
+Wo ich gelernt, die Sünde zu bereun
+Hartnäckgen Ungehorsams gegen Euch
+Und Eur Gebot, und wo der heilge Mann
+Mir auferlegt, vor Euch mich hinzuwerfen,
+Vergebung zu erflehn.--Vergebt, ich bitt Euch!
+Von nun an will ich stets Euch folgsam sein.
+
+CAPULET
+Schickt nach dem Grafen, geht und sagt ihm dies.
+Gleich morgen früh will ich dies Band geknüpft sehn.
+
+JULIA
+Ich traf den jungen Grafen bei Lorenzo,
+Und alle Huld und Lieb erwies ich ihm,
+So das Gesetz der Zucht nicht übertritt.
+
+CAPULET
+Nun wohl, das freut mich, das ist gut.--Steh auf!
+So ist es recht.--Laßt mich den Grafen sehn.
+Potztausend, geht, sag ich, und holt ihn her!--
+So wahr Gott lebt, der würdge fromme Pater,
+Von unsrer ganzen Stadt verdient er Dank.
+
+JULIA
+Kommt, Amme, wollt Ihr mit mir auf mein Zimmer?
+Mir helfen Putz erlesen, wie Ihr glaubt,
+Daß mir geziemt, ihn morgen anzulegen?
+
+GRÄFIN CAPULET
+Nein, nicht vor Donnerstag; es hat noch Zeit.
+
+CAPULET
+Geh mit ihr, Amme, morgen gehts zur Kirche.
+
+(Julia und die Wärterin ab.)
+
+GRÄFIN CAPULET
+Die Zeit wird kurz zu unsrer Anstalt fallen;
+Es ist fast Nacht.
+
+CAPULET
+ Blitz! Ich will frisch mich rühren,
+Und alles soll schon gehn, Frau, dafür steh ich.
+Geh du zu Julien, hilf an ihrem Putz.
+Ich gehe nicht zu Bett; laß mich gewähren,
+Ich will die Hausfrau diesmal machen.--Heda!--
+Kein Mensch zur Hand?--Gut, ich will selber gehn
+Zum Grafen Paris, um ihn anzutreiben
+Auf morgen früh; mein Herz ist mächtig leicht,
+Seit dies verkehrte Mädchen sich besonnen.
+
+(Capulet und die Gräfin ab.)
+
+
+
+DRITTE SZENE
+
+(Juliens Kammer)
+
+(Julia und die Wärterin.)
+
+
+JULIA
+Ja, dieser Anzug ist der beste.--Doch
+Ich bitt dich, liebe Amme, laß mich nun
+Für diese Nacht allein; denn viel Gebete
+Tun not mir, um den Himmel zu bewegen,
+Daß er auf meinen Zustand gnädig lächle,
+Der, wie du weißt, verderbt und sündlich ist.
+
+(Gräfin Capulet kommt.)
+
+GRÄFIN CAPULET
+Seid ihr geschäftig? Braucht ihr meine Hülfe?
+
+JULIA
+Nein, gnädge Mutter, wir erwählten schon
+Zur Tracht für morgen alles Zubehör.
+Gefällt es Euch, so laßt mich jetzt allein
+Und laßt zu Nacht die Amme mit Euch wachen,
+Denn sicher habt Ihr alle Hände voll
+Bei dieser eilgen Anstalt.
+
+GRÄFIN CAPULET
+ Gute Nacht!
+Geh nun zu Bett und ruh; du hast es nötig.
+
+(Gräfin Capulet und die Wärterin ab.)
+
+JULIA
+Lebt wohl!--Gott weiß, wann wir uns wiedersehn.
+Kalt rieselt matter Schau'r durch meine Adern,
+Der fast die Lebenswärm erstarren macht.
+Ich will zurück sie rufen mir zum Trost.
+Amme!--Doch was soll sie hier?
+Mein düstres Spiel muß ich allein vollenden.
+Komm du, mein Kelch!--
+Doch wie, wenn dieser Trank nun gar nichts wirkte,
+Wird man dem Grafen mit Gewalt mich geben?
+Nein, nein! Dies solls verwehren. Lieg du hier!--
+
+(Sie legt einen Dolch neben sich.)
+
+Wie? Wär es Gift, das mir mit schlauer Kunst
+Der Mönch bereitet, mir den Tod zu bringen,
+Auf daß ihn diese Heirat nicht entehre,
+Weil er zuvor mich Romeo vermählt?
+So, fürcht ich, ists!--Doch dünkt mich, kanns nicht sein,
+Denn er ward stets ein frommer Mann erfunden.
+Ich will nicht Raum so bösem Argwohn geben.
+Wie aber, wenn ich, in die Gruft gelegt,
+Erwache vor der Zeit, da Romeo
+Mich zu erlösen kommt? Furchtbarer Fall!
+Werd ich dann nicht in dem Gewölb ersticken,
+Des giftger Mund nie reine Lüfte einhaucht,
+Und so erwürgt da liegen, wann er kommt?
+Und leb ich auch, könnt es nicht leicht geschehn,
+Daß mich das grause Bild von Tod und Nacht
+Zusammen mit den Schrecken jenes Ortes
+Dort im Gewölb in alter Katakombe,
+Wo die Gebeine aller meiner Ahnen
+Seit vielen hundert Jahren aufgehäuft,
+Wo frisch beerdigt erst der blutge Tybalt
+Im Leichentuch verwest; wo, wie man sagt,
+In mitternächtger Stunde Geister hausen--
+Weh, weh!--könnt es nicht leicht geschehn, daß ich,
+Zu früh erwachend--und nun ekler Dunst,
+Gekreisch wie von Alraunen, die man aufwühlt,
+Das Sterbliche, die's hören, sinnlos macht--
+Oh, wach ich auf, werd ich nicht rasend werden,
+Umringt von all den greuelvollen Schrecken,
+Und toll mit meiner Väter Gliedern spielen?
+Und Tybalt aus dem Leichentuche zerren?
+Und in der Wut mit irgendeines Ahnherrn
+Gebein zerschlagen mein zerrüttet Hirn?
+O da! Mich dünkt, ich sehe Tybalts Geist!
+Er späht nach Romeo, der seinen Leib
+Auf einen Degen spießte.--Tybalt, halt!--
+Ich komme, Romeo! Dies trink ich dir!
+
+([Sie trinkt und] wirft sich auf das Bett.)
+
+
+
+VIERTE SZENE
+
+(Ein Saal in Capulets Hause)
+
+(Gräfin Capulet und die Wärterin.)
+
+
+GRÄFIN CAPULET
+Da, nehmt die Schlüssel, holt noch mehr Gewürz!
+
+WÄRTERIN
+Sie wollen Quitten und Orangen haben
+Für ihre Bäckerei.
+
+(Capulet kommt.)
+
+CAPULET
+Auf, rührt euch, frisch! Schon kräht der zweite Hahn,
+Die Morgenglocke läutet; 's ist drei Uhr.
+Sieh nach dem Backwerk, Frau Angelika,
+Spar nichts daran!
+
+WÄRTERIN
+ Topfgucker! Geht nur, geht!
+Macht Euch zu Bett! Ja, Ihr seid morgen krank,
+Wenn Ihr die ganze Nacht nicht schlaf!
+
+CAPULET
+Kein bißchen! Was! Ich hab um Kleiners wohl
+Die Nächte durchgewacht und war nie krank.
+
+GRÄFIN CAPULET
+Ja, ja! Ihr wart ein feiner Vogelsteller
+Zu Eurer Zeit! Nun aber will ich Euch
+Vor solchem Wachen schon bewachen.
+
+(Gräfin und Wärterin ab.)
+
+CAPULET
+O Ehestand, o Wehestand! Nun, Kerle!
+
+(Diener mit Bratspießen, Scheiten und Körben treten auf.)
+
+Was bringt ihr da!
+
+(Diener mit Bratspießen, Scheiten und Körben gehn über die Bühne.)
+
+ERSTER DIENER
+'s ist für den Koch, Herr; was, das weiß ich nicht.
+
+CAPULET
+Macht zu, macht zu!
+
+(Erster Diener ab.)
+
+ Hol trockne Klötze, Bursch!
+Ruf Petern, denn der weiß es, wo sie sind.
+
+ZWEITER DIENER
+Braucht Ihr 'nen Klotz, Herr, bin ich selber da
+Und hab nicht nötig, Petern anzugehn.
+
+(Ab.)
+
+CAPULET
+Blitz! Gut gesagt! Ein lustger Teufel! ha,
+Du sollst das Haupt der Klötze sein.--Wahrhaftig,
+'s ist Tag; der Graf wird mit Musik gleich kommen.
+Das woll er, sagt' er ja; ich hör ihn schon.
+
+(Musik hinter der Szene.)
+
+Frau! Wärterin! He, sag ich, Wärterin!
+
+(Die Wärterin kommt.)
+
+Weckt Julien auf! Geht, putzt sie mir heraus!
+Ich geh indes und plaudre mit dem Grafen.
+Eilt Euch, macht fort! Der Bräutgam ist schon da.
+Fort, sag ich Euch.
+
+(Beide ab.)
+
+
+
+FÜNFTE SZENE
+
+(Juliens Kammer)
+
+(Julia auf dem Bett. Die Wärterin kommt.)
+
+
+WÄRTERIN
+Fräulein!--Nun, Fräulein! Julia!--Nun, das schläft!
+He, Lamm! He, Fräulein! Pfui, Langschläferin!
+Mein Schätzchen, sag ich! Süßes Herz! Mein Bräutchen!
+Was, nicht ein Laut? Ihr nehmt Eur Teil voraus,
+Schlaft für 'ne Woche; denn ich steh dafür,
+Auf nächste Nacht hat seine Ruh Graf Paris
+Daran gesetzt, daß wenig Ruh Ihr habt!
+Behüt der Herr sie! Wie gesund sie schläft!
+Ich muß sie aber wecken.--Fräulein! Fräulein!
+Laßt Euch den Grafen nur im Bett ertappen,
+Der wird Euch schon ermuntern; meint Ihr nicht?--
+Was, schon in vollen Kleidern? Und so wieder
+Sich hingelegt? Ich muß durchaus Euch wecken.
+He, Fräulein! Fräulein! Fräulein!--
+Daß Gott, daß Gott! Zu Hülfe! Sie ist tot!
+Ach, liebe Zeit! Daß ich je ward geboren!
+Bringt Weingeist, he! He, gnädger Herr! Frau Gräfin!
+
+(Grafin Capulet kommt.)
+
+GRÄFIN CAPULET
+Was ist das für ein Lärm?
+
+WÄRTERIN
+ O Unglückstag!
+
+GRÄFIN CAPULET
+Was gibts?
+
+WÄRTERIN
+ Seht, seht nur! O betrübter Tag!
+
+GRÄFIN CAPULET
+O weh, o weh! Mein Kind, mein einzig Leben!
+Erwach, leb auf, ich sterbe sonst mit dir!
+O Hülfe, Hülfe! Ruft doch Hülfe!
+
+(Capulet kommt.)
+
+CAPULET
+Schämt euch! Bringt Julien her! Der Graf ist da.
+
+WÄRTERIN
+Ach sie ist tot, verblichen, tot! O wehe!
+
+GRÄFIN CAPULET
+O wehe, wehe, sie ist tot, tot, tot!
+
+CAPULET
+Laßt mich sie sehn!--Gott helf uns! Sie ist kalt,
+Ihr Blut steht still, die Glieder sind ganz starr,
+Von diesen Lippen schied das Leben längst,
+Der Tod liegt auf ihr, wie ein Maienfrost
+Auf des Gefildes schönster Blume liegt.
+Fluch dieser Stund! Ich armer alter Mann!
+
+WÄRTERIN
+O Unglückstag!
+
+GRÄFIN CAPULET
+ O jammervolle Stunde!
+
+CAPULET
+Der Tod, der mir sie nahm, mir Klagen auszupressen,
+Er bindet meine Zung und macht sie stumm.
+
+(Bruder Lorenzo, Graf Paris und Musikanten treten auf.)
+
+LORENZO
+Kommt! Ist die Braut bereit zur Kirch zu gehn?
+
+CAPULET
+Bereit zu gehn, um nie zurückzukehren.--
+O Sohn, die Nacht vor deiner Hochzeit buhlte
+Der Tod mit deiner Braut. Sieh, wie sie liegt,
+Die Blume, die in seinem Arm verblühte.
+Mein Eidam ist der Tod, der Tod mein Erbe;
+Er freite meine Tochter. Ich will sterben,
+Ihm alles lassen; wer das Leben läßt,
+Der läßt dem Tode alles.
+
+PARIS
+Hab ich nach dieses Morgens Licht geschmachtet,
+Und bietet es mir solchen Anblick dar?
+
+GRÄFIN CAPULET
+Unseliger, verhaßter, schwarzer Tag!
+Der Stunden jammervollste, so die Zeit
+Seit ihrer langen Pilgerschaft gesehn.
+Nur eins, ein einzig armes, liebes Kind,
+Ein Wesen nur, mich dran zu freun, zu laben--
+Und grausam riß es nun der Tod mir weg!
+
+WÄRTERIN
+O Weh! O Jammer--Jammer--Sachen hier sehn gar erbärmlich aus.
+
+(Ab.)
+
+[ZWEITER] ERSTER MUSIKANT (zeigt auf sein Instrument.)
+Ja, meiner Treu, die Sachen hier könnten wohl besser aussehen,
+aber sie klingen doch gut.
+
+{Im Original bezieht der Musiker den Ausspruch der Amme aufgrund
+der Doppeldeutigkeit des Wortes "case" (Sache, Kasten) auf den
+Kasten für sein Instrument: "Ja, bei meiner Treu, den Kasten kann
+man doch ausbessern."}
+
+PETER
+O Musikanten, Musikanten, spielt:
+"Frisch auf, mein Herz! Frisch auf, mein Herz, und singe!"
+O spielt, wenn euch mein Leben lieb ist, spielt:
+"Frisch auf, mein Herz!"
+
+ERSTER MUSIKANT
+Warum: "Frisch auf, mein Herz?"
+
+PETER
+O Musikanten, weil mein Herz selber spielt: "Mein Herz voll Angst
+und Nöten." O spielt mir eine lustige Litanei, um mich aufzurichten.
+
+[ZWEITER] ERSTER MUSIKANT
+Nichts da von Litanei! Es ist jetzt nicht Spielens Zeit.
+
+PETER
+Ihr wollt es also nicht?
+
+[MUSIKANTEN] ERSTER MUSIKANT
+Nein.
+
+PETER
+Nun, so will ich es euch schon [eintränken] gründlich geben.
+
+ERSTER MUSIKANT
+Was wollt Ihr uns [eintränken] geben?
+
+PETER
+[Keinen Wein] Kein Geld, wahrhaftig; sondern Spott,--ich werde
+es euch geben, indem ich euch als Spielmänner beschimpfe.
+
+ERSTER MUSIKANT
+Dann werde ich Euch eine Dienstboten-Kreatur nennen.
+
+PETER
+Dann wird Euer Schädel den Dolch dieser Dienstboten-Kreatur zu
+spüren bekommen. Ich dulde solche Töne nicht: [ich will euch eure
+Instrumente um den Kopf schlagen.] Ich will euch befa-sol-laen.
+Das notiert euch!
+
+ERSTER MUSIKANT
+Wenn Ihr uns befa-sol-laet, so notiert Ihr uns.
+
+ZWEITER MUSIKANT
+Bitte steckt Euren Dolch ein und zieht Euren Witz hervor.
+
+PETER
+Dann legt euch mit meinem Witz an! Ich werde euch mit eisernem
+Witz verbleuen und meinen eisernen Dolch einstecken.--
+[Hört, spannt mir einmal eure Schafsköpfe wie die Schafsdärme an
+euren Geigen.] Antwortet verständlich: Wenn in der Leiden hartem Drang
+Das bange Herze will erliegen,
+Musik mit ihrem Silberklang--Warum "Silberklang"? warum "Musik
+mit ihrem Silberklang"? Was sagt Ihr, Hans Kolophonium?
+
+ERSTER MUSIKANT
+Ei nun, Musje, weil Silber einen feinen Klang hat.
+
+PETER
+Recht artig! Was sagt Ihr, Michel Hackebrett?
+
+ZWEITER MUSIKANT
+Ich sage "Silberklang", weil Musik nur für Silber klingt.
+
+PETER
+Auch recht artig! Was sagt Ihr, Jakob Gellohr?
+
+DRITTER MUSIKANT
+Mein Seel, ich weiß nicht, was ich sagen soll.
+
+PETER
+Oh, ich bitt Euch um Vergebung! Ihr seid der Sänger, Ihr singt
+nur; so will ich es denn für Euch sagen. Es heißt "Musik mit
+ihrem Silberklang", weil solche Kerle wie Ihr kein Gold fürs
+Spielen kriegen! Musik mit ihrem Silberklang
+Weiß hülfreich ihnen obzusiegen.
+
+(Geht [singend] ab.)
+
+ERSTER MUSIKANT
+Was für ein Pestkerl ist das?
+
+ZWEITER MUSIKANT
+Hol ihn der Henker! Kommt, wir wollen hier hineingehn, auf
+die Trauerleute warten und sehen, ob es nichts zu essen gibt.
+
+(Alle ab.)
+
+
+
+
+FÜNFTER AKT
+
+
+
+ERSTE SZENE
+
+(Mantua. Eine Straße)
+
+(Romeo tritt auf.)
+
+
+ROMEO
+Darf ich dem Schmeichelblick des Schlafes traun,
+So deuten meine Träum ein nahes Glück.
+Leicht auf dem Thron sitzt meiner Brust Gebieter;
+Mich hebt ein ungewohnter Geist mit frohen
+Gedanken diesen ganzen Tag empor.
+Mein Mädchen, träumt ich, kam und fand mich tot
+--Seltsamer Traum, der Tote denken läßt!--
+Und hauchte mir solch Leben ein mit Küssen,
+Daß ich vom Tod erstand und Kaiser war.
+Ach Herz! Wie süß ist Liebe selbst begabt,
+Da schon so reich an Freud ihr Schatten ist!
+
+(Balthasar tritt auf.)
+
+Ha, Neues von Verona! Sag, wie stehts?
+Bringst du vom Pater keine Briefe mit?
+Was macht mein teures Weib? Wie lebt mein Vater?
+Ist meine Julie wohl? Das frag ich wieder,
+Denn nichts kann übel stehn, gehts ihr nur wohl.
+
+BALTHASAR
+Nun, ihr gehts wohl, und nichts kann übel stehn.
+Ihr Körper schläft in Capulets Begräbnis,
+Und ihr unsterblich Teil lebt bei den Engeln.
+Ich sah sie senken in der Väter Gruft
+Und ritt in Eil hieher, es Euch zu melden.
+O Herr, verzeiht die schlimme Botschaft mir,
+Weil Ihr dazu den Auftrag selbst mir gabt!
+
+ROMEO
+Ist es denn so? Ich biet euch Trotz, ihr Sterne!--
+Du kennst mein Haus, hol mir Papier und Tinte
+Und miete Pferde; ich will fort zu Nacht.
+
+BALTHASAR
+Verzeiht, ich darf Euch so nicht lassen, Herr!
+Ihr seht so blaß und wild, und Eure Blicke
+Weissagen Unglück.
+
+ROMEO
+ Nicht doch, du betrügst dich.
+Laß mich und tu, was ich dich heiße tun.
+Hast du für mich vom Pater keine Briefe?
+
+BALTHASAR
+Nein, bester Herr.
+
+ROMEO
+ Es tut nichts; mach dich auf
+Und miete Pferd', ich komme gleich nach Haus.
+
+(Balthasar ab.)
+
+Wohl, Julia, heute nacht ruh ich bei dir.
+Ich muß auf Mittel sinnen.--O wie schnell
+Drängt Unheil sich in der Verzweiflung Rat!
+Mir fällt ein Apotheker ein; er wohnt
+Hier irgendwo herum.--Ich sah ihn neulich,
+Zerlumpt, die Augenbrauen überhangend;
+Er suchte Kräuter aus; hohl war sein Blick,
+Ihn hatte herbes Elend ausgemergelt.
+Ein Schildpatt hing in seinem dürftgen Laden,
+Ein ausgestopftes Krokodil und Häute
+Von mißgestalten Fischen; auf dem Sims
+Ein bettelhafter Prunk von leeren Büchsen
+Und grüne Töpfe, Blasen, muffger Samen,
+Bindfaden-Endchen, alte Rosenkuchen,
+Das alles dünn verteilt, zur Schau zu dienen.
+Betrachtend diesen Mangel, sagt ich mir:
+Bedürfte jemand Gift hier, des Verkauf
+In Mantua sogleich zum Tode führt,
+Da lebt ein armer Schelm, ders ihm verkaufte.
+Oh, der Gedanke zielt' auf mein Bedürfnis,
+Und dieser dürftge Mann muß mirs verkaufen.
+Soviel ich mich entsinn, ist dies das Haus.
+Weils Festtag ist, schloß seinen Kram der Bettler.
+Hei Holla! Apotheker!
+
+(Der Apotheker kommt heraus.)
+
+APOTHEKER
+ Wer ruft so laut?
+
+ROMEO
+Mann, komm hieher!--erregt mir Schrecken.
+
+(Entfernt sich.)
+
+ROMEO
+O du verhaßter Schlund, du Bauch des Todes,
+Der du der Erde Köstlichstes verschlangst,
+So brech ich deine morschen Kiefer auf
+
+(Er bricht die Tür des Grabmals auf.)
+
+Und will, zum Trotz, noch mehr dich überfüllen.
+
+(Er bricht die Tür des Gewölbes auf.)
+
+PARIS
+Ha, der verbannte, stolze Montague,
+Der Juliens Vetter mordete; man glaubt,
+An diesem Grame starb das holde Wesen.
+Hier kommt er jetzt, um niederträchtgen Schimpf
+Den Leichen anzutun; ich will ihn greifen!
+
+(Tritt hervor.)
+
+Laß dein verruchtes Werk, du Montague!
+Wird Rache übern Tod hinaus verfolgt?
+Verdammter Bube, ich verhafte dich;
+Gehorch und folge mir, denn du mußt sterben.
+
+ROMEO
+Fürwahr, das muß ich; darum kam ich her.
+Versuch nicht, guter Jüngling, den Verzweifelnden!
+Entflieh und laß mich; denke dieser Toten!
+Laß sie dich schrecken!--Ich beschwör dich, Jüngling,
+Lad auf mein Haupt nicht eine neue Sünde,
+Wenn du zur Wut mich reizest; geh, o geh,
+Bei Gott, ich liebe mehr dich wie mich selbst,
+Denn gegen mich gewaffnet komm ich her.
+Fort, eile, leb und nenn barmherzig ihn,
+Den Rasenden, der dir gebot zu fliehn!
+
+PARIS
+Ich kümmre mich um dein Beschwören nicht
+Und greife dich als Missetäter hier.
+
+ROMEO
+Willst du mich zwingen? Knabe, sieh dich vor!
+
+(Sie fechten.)
+
+PAGE
+Sie fechten! Gott, ich will die Wache rufen.
+
+PARIS
+O ich bin hin!--
+
+(Fällt.)
+
+ Hast du Erbarmen, öffne
+Die Gruft und lege mich zu Julien.
+
+(Er stirbt.)
+
+ROMEO
+Auf Ehr, ich wills.--Laßt sein Gesicht mich schaun.
+Mercutios edler Vetter ists, Graf Paris.
+Was sagte doch mein Diener, weil wir ritten,
+Als die bestürmte Seel es nicht vernahm?
+Ich glaube, Julia habe sich mit Paris
+Vermählen sollen: sagt' er mir nicht so?
+Wie, oder träumt ichs? Oder bild ichs mir
+Im Wahnsinn ein, weil er von Julien sprach?
+O gib mir deine Hand, du, so wie ich,
+Ins Buch des herben Unglücks eingezeichnet!
+Ich bette dich in eine stolze Gruft.
+Doch Gruft? Nein, helle Wölbung, Jungerschlagner!
+Denn hier liegt Julia: ihre Schönheit macht
+Dies Grab zur Feierhalle voll von Licht.
+Toter, lieg da, von totem Mann begraben!
+
+(Er legt Paris in das Begräbnis.)
+
+Wie oft sind Menschen, schon des Todes Raub,
+Noch fröhlich worden! Ihre Wärter nennens
+Den letzten Lebensblitz. Wohl mag nun dies
+Ein Blitz mir heißen.--O mein Herz! Mein Weib!
+Der Tod, der deines Odems Balsam sog,
+Hat über deine Schönheit nichts vermocht.
+Noch bist du nicht besiegt; der Schönheit Fahne
+Weht purpurn noch auf Lipp und Wange dir;
+Hier pflanzte nicht der Tod sein bleiches Banner.--
+Liegst du da, Tybalt, in dem blutgen Tuch?
+O welchen größern Dienst kann ich dir tun,
+Als mit der Hand, die deine Jugend fällte,
+Des Jugend, der dein Feind war, zu zerreißen?
+Vergib mir, Vetter!--Liebe Julia,
+Warum bist du so schön noch? Soll ich glauben,
+Der körperlose Tod entbrenn in Lieb
+Und der verhaßte, hagre Unhold halte
+Als seine Buhle hier im Dunkeln dich?
+Aus Furcht davor will ich dich nie verlassen
+Und will aus diesem Palast dichter Nacht
+Nie wieder weichen. Hier, hier will ich bleiben
+Mit Würmern, so dir Dienerinnen sind.
+O hier bau ich die ewge Ruhstatt mir
+Und schüttle von dem lebensmüden Leibe
+Das Joch feindseliger Gestirne.--Augen,
+Blickt euer Letztes! Arme, nehmt die letzte
+Umarmung! Und, o Lippen, ihr, die Tore
+Des Odems, siegelt mit rechtmäßgem Kusse
+Den ewigen Vertrag dem Wuchrer Tod.
+Komm, bittrer Führer, widriger Gefährt,
+Verzweifelter Pilot! Nun treib auf einmal
+Dein sturmerkranktes Schiff in Felsenbrandung!
+Dies auf dein Wohl, wo du auch stranden magst!
+Dies meiner Lieben!--
+
+(Er trinkt.)
+
+ O wackrer Apotheker,
+Dein Trank wirkt schnell.--Und so im Kusse sterb ich.
+
+(Er stirbt, Bruder Lorenzo kommt vom andern Ende des Kirchhofes
+mit Laterne Brecheisen und Spaten.)
+
+LORENZO
+Helf mir Sankt Franz! Wie oft sind über Gräber
+Nicht meine alten Füße heut gestolpert.
+Wer ist da?
+Wer ists, der noch so spät zu Toten geht?
+
+{"Who is it that consorts, so late, the dead?" Dieser Vers findet
+sich in der Fassung des "Project Gutenberg Shakespeare Team's",
+fehlt aber in allen anderen mir bekannten Ausgaben.}
+
+BALTHASAR
+Ein Freund, und einer, dem Ihr wohl bekannt.
+
+LORENZO
+Gott segne dich! Sag mir, mein guter Freund,
+Welch eine Fackel ists, die dort ihr Licht
+Umsonst den Würmern leiht und blinden Schädeln?
+Mir scheint, sie brennt in Capulets Begräbnis.
+
+BALTHASAR
+Ja, würdger Pater, und mein Herr ist dort,
+Ein Freund von Euch.
+
+LORENZO
+ Wer ist es?
+
+BALTHASAR
+ Romeo.
+
+LORENZO
+Wie lange schon?
+
+BALTHASAR
+ Voll eine halbe Stunde.
+
+LORENZO
+Geh mit mir zu der Gruft!
+
+BALTHASAR
+ Ich darf nicht, Herr.
+Mein Herr weiß anders nicht, als ich sei fort,
+Und drohte furchtbarlich den Tod mir an,
+Blieb ich, um seinen Vorsatz auszuspähn.
+
+LORENZO
+So bleib, ich geh allein.--Ein Graun befällt mich;
+Oh, ich befürchte sehr ein schlimmes Unglück!
+
+BALTHASAR
+Derweil ich unter dieser Eibe schlief,
+Träumt ich, mein Herr und noch ein andrer föchten,
+Und er erschlüge jenen.
+
+LORENZO
+ Romeo?
+
+(Er geht weiter nach vorn.)
+
+O wehe, weh mir! Was für Blut befleckt
+Die Steine hier an dieses Grabmals Schwelle?
+Was wollen diese herrenlosen Schwerter,
+Daß sie verfärbt hier liegen an der Stätte
+Des Friedens?
+
+(Er geht in das Begräbnis.)
+
+ Romeo?--Ach, bleich!--Wer sonst?
+Wie? Paris auch? Und in sein Blut getaucht?
+O welche unmitleidge Stund ist schuld
+An dieser kläglichen Begebenheit?--
+Das Fräulein regt sich.
+
+JULIA (erwachend.)
+O Trostesbringer! Wo ist mein Gemahl?
+Ich weiß recht gut noch, wo ich sollte sein;
+Da bin ich auch. Wo ist mein Romeo?
+
+(Geräusch von Kommenden.)
+
+LORENZO
+Ich höre Lärm.--Kommt, Fräulein, flieht die Grube
+Des Tods, der Seuchen, des erzwungnen Schlafs;
+Denn eine Macht, zu hoch dem Widerspruch,
+Hat unsern Rat vereitelt. Komm, o komm!
+Dein Gatte liegt an deinem Busen tot,
+Und Paris auch; komm, ich versorge dich
+Bei einer Schwesternschaft von heilgen Nonnen.
+Verweil mit Fragen nicht; die Wache kommt.
+Geh, gutes Kind!
+
+(Geräusch hinter der Szene.)
+
+ Ich darf nicht länger bleiben.
+
+(Ab.)
+
+JULIA
+Geh nur, entweich, denn ich will nicht von hinnen.--
+
+(Bruder Lorenzo geht ab.)
+
+Was ist das hier? Ein Becher, festgeklemmt
+In meines Trauten Hand?--Gift, seh ich, war
+Sein Ende vor der Zeit.--O Böser! Alles
+Zu trinken, keinen gütgen Tropfen mir
+Zu gönnen, der mich zu dir brächt?--Ich will
+Dir deine Lippen küssen. Ach, vielleicht
+Hängt noch ein wenig Gift daran und läßt mich
+An einer Labung sterben.
+
+(Sie küßt ihn.)
+
+ Deine Lippen
+Sind warm.
+
+ERSTER WÄCHTER (hinter der Szene.)
+ Wo ist es, Knabe? Führ uns!
+
+JULIA
+Wie? Lärm?--Dann schnell nur!
+
+(Sie ergreift Romeos Dolch.)
+
+ O willkommner Dolch!
+
+(Sie ergreift Romeos Dolch.)
+
+Dies werde deine Scheide.
+
+(Ersticht sich.)
+
+ Roste da
+Und laß mich sterben!
+
+(Sie fällt auf Romeos Leiche und stirbt.
+Wächter mit dem Pagen des Paris.)
+
+PAGE
+Dies ist der Ort, da, wo die Fackel brennt.
+
+ERSTER WÄCHTER
+Der Boden ist voll Blut; durchsucht den Kirchhof,
+Ein paar von euch; geht, greifet, wen ihr trefft.
+
+(Einige von der Wache ab.)
+
+Betrübt zu sehn! Hier liegt der Graf erschlagen,
+Und Julia blutend, warm und kaum verschieden,
+Die schon zwei Tage hier begraben lag.--
+Geht, sagts dem Fürsten! Weckt die Capulets!
+Lauft zu den Montagues! Ihr andern sucht!
+
+(Andre Wächter ab.)
+
+Wir sehn den Grund, der diesen Jammer trägt;
+Allein den wahren Grund des bittern Jammers
+Erfahren wir durch näh're Kundschaft nur.
+
+(Einige von der Wache kommen mit Balthasar zurück.)
+
+ZWEITER WÄCHTER
+Hier ist der Diener Romeos; wir fanden
+Ihn auf dem Kirchhof.
+
+ERSTER WÄCHTER
+Bewahrt ihn sicher, bis der Fürst erscheint!
+
+([Ein andrer] Andere Wächter kommen zurück mit Lorenzo.)
+
+DRITTER WÄCHTER
+Hier ist ein Mönch, der zittert, weint und ächzt;
+Wir nahmen ihm den Spaten und die Haue,
+Als er von jener Seit des Kirchhofs kam.
+
+ERSTER WÄCHTER
+Verdächtges Zeichen! Haltet auch den Mönch!
+
+(Der Prinz und sein Gefolge.)
+
+PRINZ
+Was für ein Unglück ist so früh schon wach,
+Das Uns aus Unsrer Morgenruhe stört?
+
+(Capulet, Gräfin Capulet und andre kommen.)
+
+CAPULET
+Was ists, daß draußen so die Leute schrein?
+
+GRÄFIN CAPULET
+Das Volk ruft auf den Straßen: "Romeo"
+Und "Julia" und "Paris"; alles rennt
+Mit lautem Ausruf unserm Grabmal zu.
+
+PRINZ
+Welch Schrecken ists, das Unser Ohr betäubt?
+
+ERSTER WÄCHTER
+Durchlauchtger Herr, entleibt liegt hier Graf Paris;
+Tot Romeo; und Julia, tot zuvor,
+Noch warm und erst getötet.
+
+PRINZ
+Sucht, späht, erforscht die Täter dieser Greuel!
+
+ERSTER WÄCHTER
+Hier ist ein Mönch und Romeos Bedienter;
+Man fand Gerät bei ihnen, das die Gräber
+Der Toten aufzubrechen dient.
+
+CAPULET
+ O Himmel!
+O Weib! Sieh hier, wie unsre Tochter blutet.
+Der Dolch hat sich verirrt; sieh seine Scheide
+Liegt ledig auf dem Rücken Montagues,
+Er selbst steckt fehl in unsrer Tochter Busen.
+
+GRÄFIN CAPULET
+O weh mir! Dieser Todesanblick mahnt
+Wie Grabgeläut mein Alter an die Grube.
+
+(Montague und andre kommen.)
+
+PRINZ
+Komm, Montague! Früh hast du dich erhoben,
+Um früh gefallen deinen Sohn zu sehn.
+
+MONTAGUE
+Ach, gnädger Fürst, mein Weib starb diese Nacht;
+Gram um des Sohnes Bann entseelte sie.
+Welch neues Leid bricht auf mein Alter ein?
+
+PRINZ
+Schau hin, und du wirst sehn.
+
+MONTAGUE
+O Ungeratner! Was ist das für Sitte,
+Vor deinem Vater dich ins Grab zu drängen?
+
+PRINZ
+Versiegelt noch den Mund des Ungestüms,
+Bis wir die Dunkelheiten aufgehellt
+Und ihren Quell und wahren Ursprung wissen.
+Dann will ich Eurer Leiden Hauptmann sein
+Und selbst zum Tod Euch führen.--Still indes!
+Das Mißgeschick sei Sklave der Geduld. -
+Führt die verdächtigen Personen vor!
+
+LORENZO
+Mich trifft, obschon den Unvermögendsten,
+Am meisten der Verdacht des grausen Mordes,
+Weil Zeit und Ort sich gegen mich erklärt.
+Hier steh ich, mich verdammend und verteidgend,
+Der Kläger und der Anwalt meiner selbst.
+
+PRINZ
+So sag ohn Umschweif, was du hievon weißt!
+
+LORENZO
+Kurz will ich sein, denn kurze Frist des Atems
+Versagt gedehnte Reden. Romeo,
+Der tot hier liegt, war dieser Julia Gatte,
+Und sie, die tot hier liegt, sein treues Weib.
+Ich traute heimlich sie, ihr Hochzeittag
+War Tybalts letzter, des unzeitger Tod
+Den jungen Gatten aus der Stadt verbannte;
+Und Julia weint' um ihn, nicht um den Vetter.
+Ihr, um den Gram aus ihrer Brust zu treiben,
+Verspracht und wolltet sie dem Grafen Paris
+Vermählen mit Gewalt. Da kommt sie zu mir
+Mit wildem Blick, heißt mich auf Mittel sinnen,
+Um dieser zweiten Heirat zu entgehn,
+Sonst wollt in meiner Zelle sie sich töten.
+Da gab ich, so belehrt durch meine Kunst,
+Ihr einen Schlaftrunk; er bewies sich wirksam
+Nach meiner Absicht, denn er goß den Schein
+Des Todes über sie. Indessen schrieb ich
+An Romeo, daß er sich herbegäbe
+Und hülf aus dem erborgten Grab sie holen
+In dieser Schreckensnacht, als um die Zeit,
+Wo jenes Trankes Kraft erlösche. Doch
+Den Träger meines Briefs, den Bruder Markus,
+Hielt Zufall auf, und gestern abend bracht er
+Ihn mir zurück. Nun ging ich ganz allein
+Um die bestimmte Stunde des Erwachens,
+Sie zu befrein aus ihrer Ahnen Gruft,
+Und dacht in meiner Zelle sie zu bergen,
+Bis ich es Romeo berichten könnte.
+Doch wie ich kam, Minuten früher nur,
+Eh sie erwacht', fand ich hier tot zu früh
+Den treuen Romeo, den edlen Paris.
+Jetzt wacht' sie auf; ich bat sie, fortzugehn
+Und mit Geduld des Himmels Hand zu tragen;
+Doch da verscheucht' ein Lärm mich aus der Gruft.
+Sie, in Verzweiflung, wollte mir nicht folgen
+Und tat, so scheints, sich selbst ein Leides an.
+Dies weiß ich nur; und ihre Heirat war
+Der Wärterin vertraut. Ist etwas hier
+Durch mich verschuldet, laßt mein altes Leben,
+Nur wenig Stunden vor der Zeit, der Härte
+Des strengsten Richterspruchs geopfert werden.
+
+PRINZ
+Wir kennen dich als einen heilgen Mann.--
+Wo ist der Diener Romeos? Was sagt er?
+
+BALTHASAR
+Ich brachte meinem Herrn von Juliens Tod
+Die Zeitung, und er ritt von Mantua
+In Eil zu diesem Platz, zu diesem Grabmal.
+Den Brief hier gab er mir für seinen Vater,
+Und drohte Tod mir, als er in die Gruft ging,
+Wo ich mich nicht entfernt und dort ihn ließe.
+
+PRINZ
+Gib mir den Brief; ich will ihn überlesen.--
+Wo ist der Bub des Grafen, der die Wache
+Geholt?--Sag, Bursch, was machte hier dein Herr?
+
+PAGE
+Er kam, um Blumen seiner Braut aufs Grab
+Zu streun, und hieß mich fern stehn, und das tat ich.
+Drauf naht' sich wer mit Licht, das Grab zu öffnen,
+Und gleich zog gegen ihn mein Herr den Degen;
+Alsbald lief ich davon und holte Wache.
+
+PRINZ
+Hier dieser Brief bewährt das Wort des Mönchs,
+Den Liebesbund, die Zeitung ihres Todes;
+Auch schreibt er, daß ein armer Apotheker
+Ihm Gift verkauft, womit er gehen wolle
+Zu Juliens Gruft, um neben ihr zu sterben.--
+Wo sind sie, diese Feinde?--Capulet, Montague!
+Seht, welch ein Fluch auf eurem Hasse ruht,
+Daß Liebe eure Freuden töten muß!
+Und ich, weil ich dem Zwiespalt nachgesehn,
+Verlor auch zwei Verwandte. Alle büßen.
+
+CAPULET
+O Bruder Montague, gib mir die Hand!
+Das ist das Leibgedinge meiner Tochter,
+Denn mehr kann ich nicht fordern.
+
+MONTAGUE
+ Aber ich
+Vermag dir mehr zu geben; denn ich will
+Aus klarem Gold ihr Bildnis fertgen lassen.
+Solang Verona seinen Namen trägt,
+Komm nie ein Bild an Wert dem Bilde nah
+Der treuen, liebevollen Julia.
+
+CAPULET
+So reich will ich es Romeo bereiten.
+O arme Opfer unsrer Zwistigkeiten!
+
+PRINZ
+Nur düstern Frieden bringt uns dieser Morgen;
+Die Sonne scheint, verhüllt vor Weh, zu weilen.
+Kommt, offenbart mir ferner, was verborgen,
+Ich will dann strafen oder Gnad erteilen,
+Denn nie verdarben Liebende noch so
+Wie diese: Julia und ihr Romeo.
+
+(Alle ab.)
+
+
+
+Ende dieses Projekt Gutenberg Etextes Romeo und Julia, von
+William Shakespeare (Übersetzt von August Wilhelm von Schlegel)
+
+
+
+
+
+*** END OF THE PROJECT GUTENBERG EBOOK, ROMEO UND JULIA ***
+
+This file should be named 6996-8.txt or 6996-8.zip
+
+Project Gutenberg eBooks are often created from several printed
+editions, all of which are confirmed as Public Domain in the US
+unless a copyright notice is included. Thus, we usually do not
+keep eBooks in compliance with any particular paper edition.
+
+We are now trying to release all our eBooks one year in advance
+of the official release dates, leaving time for better editing.
+Please be encouraged to tell us about any error or corrections,
+even years after the official publication date.
+
+Please note neither this listing nor its contents are final til
+midnight of the last day of the month of any such announcement.
+The official release date of all Project Gutenberg eBooks is at
+Midnight, Central Time, of the last day of the stated month. A
+preliminary version may often be posted for suggestion, comment
+and editing by those who wish to do so.
+
+Most people start at our Web sites at:
+https://gutenberg.org or
+http://promo.net/pg
+
+These Web sites include award-winning information about Project
+Gutenberg, including how to donate, how to help produce our new
+eBooks, and how to subscribe to our email newsletter (free!).
+
+
+Those of you who want to download any eBook before announcement
+can get to them as follows, and just download by date. This is
+also a good way to get them instantly upon announcement, as the
+indexes our cataloguers produce obviously take a while after an
+announcement goes out in the Project Gutenberg Newsletter.
+
+http://www.ibiblio.org/gutenberg/etext04 or
+ftp://ftp.ibiblio.org/pub/docs/books/gutenberg/etext04
+
+Or /etext03, 02, 01, 00, 99, 98, 97, 96, 95, 94, 93, 92, 92, 91 or 90
+
+Just search by the first five letters of the filename you want,
+as it appears in our Newsletters.
+
+
+Information about Project Gutenberg (one page)
+
+We produce about two million dollars for each hour we work. The
+time it takes us, a rather conservative estimate, is fifty hours
+to get any eBook selected, entered, proofread, edited, copyright
+searched and analyzed, the copyright letters written, etc. Our
+projected audience is one hundred million readers. If the value
+per text is nominally estimated at one dollar then we produce $2
+million dollars per hour in 2002 as we release over 100 new text
+files per month: 1240 more eBooks in 2001 for a total of 4000+
+We are already on our way to trying for 2000 more eBooks in 2002
+If they reach just 1-2% of the world's population then the total
+will reach over half a trillion eBooks given away by year's end.
+
+The Goal of Project Gutenberg is to Give Away 1 Trillion eBooks!
+This is ten thousand titles each to one hundred million readers,
+which is only about 4% of the present number of computer users.
+
+Here is the briefest record of our progress (* means estimated):
+
+eBooks Year Month
+
+ 1 1971 July
+ 10 1991 January
+ 100 1994 January
+ 1000 1997 August
+ 1500 1998 October
+ 2000 1999 December
+ 2500 2000 December
+ 3000 2001 November
+ 4000 2001 October/November
+ 6000 2002 December*
+ 9000 2003 November*
+10000 2004 January*
+
+
+The Project Gutenberg Literary Archive Foundation has been created
+to secure a future for Project Gutenberg into the next millennium.
+
+We need your donations more than ever!
+
+As of February, 2002, contributions are being solicited from people
+and organizations in: Alabama, Alaska, Arkansas, Connecticut,
+Delaware, District of Columbia, Florida, Georgia, Hawaii, Illinois,
+Indiana, Iowa, Kansas, Kentucky, Louisiana, Maine, Massachusetts,
+Michigan, Mississippi, Missouri, Montana, Nebraska, Nevada, New
+Hampshire, New Jersey, New Mexico, New York, North Carolina, Ohio,
+Oklahoma, Oregon, Pennsylvania, Rhode Island, South Carolina, South
+Dakota, Tennessee, Texas, Utah, Vermont, Virginia, Washington, West
+Virginia, Wisconsin, and Wyoming.
+
+We have filed in all 50 states now, but these are the only ones
+that have responded.
+
+As the requirements for other states are met, additions to this list
+will be made and fund raising will begin in the additional states.
+Please feel free to ask to check the status of your state.
+
+In answer to various questions we have received on this:
+
+We are constantly working on finishing the paperwork to legally
+request donations in all 50 states. If your state is not listed and
+you would like to know if we have added it since the list you have,
+just ask.
+
+While we cannot solicit donations from people in states where we are
+not yet registered, we know of no prohibition against accepting
+donations from donors in these states who approach us with an offer to
+donate.
+
+International donations are accepted, but we don't know ANYTHING about
+how to make them tax-deductible, or even if they CAN be made
+deductible, and don't have the staff to handle it even if there are
+ways.
+
+Donations by check or money order may be sent to:
+
+Project Gutenberg Literary Archive Foundation
+PMB 113
+1739 University Ave.
+Oxford, MS 38655-4109
+
+Contact us if you want to arrange for a wire transfer or payment
+method other than by check or money order.
+
+The Project Gutenberg Literary Archive Foundation has been approved by
+the US Internal Revenue Service as a 501(c)(3) organization with EIN
+[Employee Identification Number] 64-622154. Donations are
+tax-deductible to the maximum extent permitted by law. As fund-raising
+requirements for other states are met, additions to this list will be
+made and fund-raising will begin in the additional states.
+
+We need your donations more than ever!
+
+You can get up to date donation information online at:
+
+https://www.gutenberg.org/donation.html
+
+
+***
+
+If you can't reach Project Gutenberg,
+you can always email directly to:
+
+Michael S. Hart <hart@pobox.com>
+
+Prof. Hart will answer or forward your message.
+
+We would prefer to send you information by email.
+
+
+**The Legal Small Print**
+
+
+(Three Pages)
+
+***START**THE SMALL PRINT!**FOR PUBLIC DOMAIN EBOOKS**START***
+Why is this "Small Print!" statement here? You know: lawyers.
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+ does *not* contain characters other than those
+ intended by the author of the work, although tilde
+ (~), asterisk (*) and underline (_) characters may
+ be used to convey punctuation intended by the
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+ form by the program that displays the eBook (as is
+ the case, for instance, with most word processors);
+ OR
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+[Portions of this eBook's header and trailer may be reprinted only
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+
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+No investigation has been made concerning possible copyrights in
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