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diff --git a/.gitattributes b/.gitattributes new file mode 100644 index 0000000..6833f05 --- /dev/null +++ b/.gitattributes @@ -0,0 +1,3 @@ +* text=auto +*.txt text +*.md text diff --git a/6990-8.txt b/6990-8.txt new file mode 100644 index 0000000..2f959c1 --- /dev/null +++ b/6990-8.txt @@ -0,0 +1,6869 @@ +The Project Gutenberg EBook of Coriolanus, by William Shakespeare +(#36 in our series by William Shakespeare) + +Copyright laws are changing all over the world. Be sure to check the +copyright laws for your country before downloading or redistributing +this or any other Project Gutenberg eBook. + +This header should be the first thing seen when viewing this Project +Gutenberg file. Please do not remove it. Do not change or edit the +header without written permission. + +Please read the "legal small print," and other information about the +eBook and Project Gutenberg at the bottom of this file. 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You can also find out about how to make a +donation to Project Gutenberg, and how to get involved. + + +**Welcome To The World of Free Plain Vanilla Electronic Texts** + +**eBooks Readable By Both Humans and By Computers, Since 1971** + +*****These eBooks Were Prepared By Thousands of Volunteers!***** + + +Title: Coriolanus + +Author: William Shakespeare + +Release Date: November, 2004 [EBook #6990] +[This file was first posted on February 20, 2003] + +Edition: 10 + +Language: German + +Character set encoding: ISO Latin-1 + +*** START OF THE PROJECT GUTENBERG EBOOK, CORIOLANUS *** + + + + +Thanks are given to Delphine Lettau for finding a huge collection of ancient +German books in London. + + + +This Etext is in German. + +We are releasing two versions of this Etext, one in 7-bit format, +known as Plain Vanilla ASCII, which can be sent via plain email-- +and one in 8-bit format, which includes higher order characters-- +which requires a binary transfer, or sent as email attachment and +may require more specialized programs to display the accents. +This is the 8-bit version. + +This book content was graciously contributed by the Gutenberg Projekt-DE. +That project is reachable at the web site http://gutenberg2000.de. + +Dieses Buch wurde uns freundlicherweise vom "Gutenberg Projekt-DE" +zur Verfügung gestellt. Das Projekt ist unter der Internet-Adresse +http://gutenberg2000.de erreichbar. + + + + +Coriolanus + +William Shakespeare + +Übersetzt von Dorothea Tieck +unter der Redaktion von Ludwig Tieck + + +Personen: + +Cajus Marcius Coriolanus, ein edler Römer + +Titus Lartius und Cominius, Anführer gegen die Volsker + +Menenius Agrippa, Coriolans Freund + +Sicinius Velutus und Junius Brutus, Volkstribunen + +Marcius, Coriolans kleiner Sohn + +Ein römischer Herold + +Tullus Aufidius, Anführer der Volsker + +Ein Unterfeldherr des Aufidius + +Verschworene + +Ein Bürger von Antium + +Zwei volskische Wachen + +Volumnia, Coriolans Mutter + +Virgilia, Coriolans Gemahlin + +Valeria, Virgilias Freundin + +Dienerinnen der Virgilia + +Römer und Volsker. Senatoren, Patrizier, Ädilen, Liktoren, Krieger, Bürger, Boten + + + + +Erster Aufzug + + + +Erste Szene + +Rom, eine Straße +Es tritt auf ein Haufe aufrührerischer Bürger mit Stäben, +Knütteln und anderen Waffen + + +Erster Bürger. +Ehe wir irgend weitergehn, hört mich sprechen. + +Zweiter Bürger. +Sprich! sprich!-- + +Erster Bürger. +Ihr alle seid entschlossen, lieber zu sterben als zu verhungern? + +Alle Bürger. +Entschlossen! entschlossen!-- + +Erster Bürger. +Erstlich wißt ihr: Cajus Marcius ist der Hauptfeind des Volkes. + +Alle Bürger. +Wir wissen's! Wir wissen's!-- + +Erster Bürger. +Laßt uns ihn umbringen, so können wir die Kornpreise selbst machen. +Ist das ein Wahrspruch? + +Alle Bürger. +Kein Geschwätz mehr darüber. Wir wollen's tun. Fort! fort! + +Zweiter Bürger. +Noch ein Wort, meine guten Bürger! + +Erster Bürger. +Wir werden für die armen Bürger gehalten, die Patrizier für die guten. +Das, wovon der Adel schwelgt, würde uns nähren. Gäben sie uns nur das +Überflüssige, ehe es verdirbt, so könnten wir glauben, sie nährten uns +auf menschliche Weise; aber sie denken, soviel sind wir nicht wert. +Der Hunger, der uns ausgemergelt, der Anblick unsers Elends ist gleichsam +ein Verzeichnis, in welchem postenweise ihr Überfluß aufgeführt wird. +Unser Leiden ist ihnen ein Gewinn. Dies wollen wir mit unsern Spießen +rächen, ehe wir selbst Spießgerten werden. Denn das wissen die Götter! +Ich rede so aus Hunger nach Brot, und nicht aus Durst nach Rache. + +Zweiter Bürger. +Wollt ihr besonders auf den Cajus Marcius losgehen? + +Alle. +Auf ihn zuerst, er ist ein wahrer Hund gegen das Volk. + +Zweiter Bürger. +Bedenkt ihr auch, welche Dienste er dem Vaterlande getan hat? + +Erster Bürger. +Sehr wohl! und man könnte ihn auch recht gern dafür loben; aber er +belohnt sich selbst dadurch, daß er so stolz ist. + +Zweiter Bürger. +Nein, rede nicht so boshaft. + +Erster Bürger. +Ich sage euch, was er rühmlich getan hat, tat er nur deshalb. Wenn auch +zu gewissenhafte Menschen so billig sind, zu sagen, es war für sein +Vaterland, so tat er's doch nur, seiner Mutter Freude zu machen und zum +Teil, um stolz zu sein; denn sein Stolz ist ebenso groß als sein Verdienst. + +Zweiter Bürger. +Was er an seiner Natur nicht ändern kann, das rechnet Ihr ihm für ein Laster. +Das dürft Ihr wenigstens nicht sagen, daß er habsüchtig ist. + +Erster Bürger. +Wenn ich das auch nicht darf, werden mir doch die Anklagen nicht ausgehen. +Er hat Fehler so überlei, daß die Aufzählung ermüdet. + +(Geschrei hinter der Szene.) + +Welch Geschrei ist das? Die andre Seite der Stadt ist in Aufruhr. Was stehn +wir hier und schwatzen? Aufs Kapitol! + +Alle. +Kommt! Kommt!-- + +Erster Bürger. +Still! Wer kommt hier? + +(Menenius Agrippa tritt auf) + +Zweiter Bürger. +Der würdige Menenius Agrippa, einer, der das Volk immer geliebt hat. + +Erster Bürger. +Der ist noch ehrlich genug. Wären nur die übrigen alle so! + +Menenius. +Was habt ihr vor, Landsleute? wohin geht ihr +Mit Stangen, Knütteln? Sprecht, was gibt's? Ich bitt euch! + +Erster Bürger. +Unsre Sache ist dem Senat nicht unbekannt; sie haben davon munkeln hören +seit vierzehn Tagen, was wir vorhaben und das wollen wir ihnen nun durch +Taten zeigen. Sie sagen, arme Klienten haben schlimmen Atem: sie sollen +erfahren, daß wir auch schlimme Arme haben. + +Menenius. +Ei, Leute! gute Freund' und liebe Nachbarn, +Wollt ihr euch selbst zugrunde richten? + +Erster Bürger. +Nicht möglich, wir sind schon zugrund gerichtet. + +Menenius. +Ich sag euch, Freund', es sorgt mit wahrer Liebe +Für euch der Adel. Eure Not betreffend, +Die jetzge Teurung, könntet ihr so gut +Dem Himmel dräun mit Knütteln, als sie schwingen +Gegen den Staat von Rom, des Lauf sich bricht +So grade Bahn, daß es zehntausend Zügel +Von härtrem Erz zerreißt, als jemals ihm +Nur eure Hemmung bietet. Diese Teurung, +Die Götter machen sie, nicht die Patrizier; +Gebeugte Knie, nicht Arme müssen helfen. +Ach! durch das Elend werdet ihr verlockt +Dahin, wo größres euch umfängt. Ihr lästert +Roms Lenker, die wie Väter für euch sorgen, +Wenn ihr wie Feinde sie verflucht. + +Erster Bürger. +Für uns sorgen!--nun, wahrhaftig!--Sie sorgten noch nie für uns. Uns +verhungern lassen, und ihre Vorratshäuser sind vollgestopft mit Korn. +Verordnungen machen gegen den Wucher, um die Wucherer zu unterstützen. +Täglich irgendein heilsames Gesetz gegen die Reichen widerrufen und +täglich schärfere Verordnungen ersinnen, die Armen zu fesseln und +einzuzwängen. Wenn der Krieg uns nicht auffrißt, tun sie's: das ist +ihre ganze Liebe für uns. + +Menenius. +Entweder müßt ihr selbst +Als ungewöhnlich tückisch euch bekennen, +Sonst schelt ich euch als töricht. Ich erzähl euch +Ein hübsches Märchen; möglich, daß ihr's kennt; +Doch, da's hier eben herpaßt, will ich wagen, +Es nochmals aufzuwärmen. + +Erster Bürger. +Gut, wir wollen's anhören, Herr. Ihr müßt aber nicht glauben, unser +Unglück mit einem Märchen wegfoppen zu können; doch, wenn Ihr wollt, +her damit. + +Menenius. +Einstmals geschah's, daß alle Leibesglieder, +Dem Bauch rebellisch, also ihn verklagten: +Daß er allein nur wie ein Schlund verharre +In Leibes Mitte, arbeitslos und müßig, +Die Speisen stets verschlingend, niemals tätig, +So wie die andern all, wo jene Kräfte +Sähn, hörten, sprächen, dächten, gingen, fühlten +Und, wechselseitig unterstützt, dem Willen +Und allgemeinen Wohl und Nutzen dienten +Des ganzen Leibs. Der Bauch erwiderte-- + +Erster Bürger. +Gut, Herr, was hat der Bauch denn nun erwidert? + +Menenius. +Ich sag es gleich.--Mit einer Art von Lächeln, +Das nicht von Herzen ging, nur gleichsam so-- +(Denn seht, ich kann den Bauch ja lächeln lassen +So gut als sprechen) gab er höhnisch Antwort +Den mißvergnügten Gliedern, die rebellisch +Die Einkünft ihm nicht gönnten; ganz so passend +Wie ihr auf unsre Senatoren scheltet, +Weil sie nicht sind wie ihr. + +Erster Bürger. +Des Bauches Antwort. Wie! +Das fürstlich hohe Haupt; das wache Auge; +Das Herz: der kluge Rat; der Arm: der Krieger; +Das Bein: das Roß; die Zunge: der Trompeter; +Nebst andern Ämtern noch und kleinern Hilfen +In diesem unserm Bau, wenn sie-- + +Menenius. +Was denn, +Mein Treu! der Mensch da schwatzt! Was denn? Was denn? + +Erster Bürger. +So würden eingezwängt vom Fresser Bauch, +Der nur des Leibes Abfluß-- + +Menenius. +Gut, was denn? + +Erster Bürger. +Die andern Kräfte, wenn sie nun so klagten, +Der Bauch, was könnt er sagen? + +Menenius. +Ihr sollt's hören. +Schenkt ihr ein bißchen, was ihr wenig habt, +Geduld, so sag ich euch des Bauches Antwort. + +Erster Bürger. +Ihr macht es lang. + +Menenius. +Jetzt paßt wohl auf, mein Freund! +Eur höchst verständger Bauch, er war bedächtig, +Nicht rasch, gleich den Beschuldgern, und sprach so: +"Wahr ist's, ihr einverleibten Freunde", sagt' er, +"Zuerst nehm ich die ganze Nahrung auf, +Von der ihr alle lebt; und das ist recht, +Weil ich das Vorratshaus, die Werkstatt bin +Des ganzen Körpers. Doch bedenkt es wohl; +Durch eures Blutes Ströme send ich sie +Bis an den Hof, das Herz--den Thron, das Hirn, +Und durch des Körpers Gäng und Windungen +Empfängt der stärkste Nerv, die feinste Ader +Von mir den angemeßnen Unterhalt, +Wovon sie leben. Und obwohl ihr alle--" +Ihr guten Freund' (habt acht), dies sagt der Bauch. + +Erster Bürger. +Gut. Weiter! + +Menenius. +"Seht ihr auch nicht all auf eins, +Was jeder Einzelne von mir empfängt, +Doch kann ich Rechnung legen, daß ich allen +Das feinste Mehl von allem wieder gebe, +Und nur die Klei' mir bleibt." Wie meint ihr nun? + +Erster Bürger. +Das war 'ne Antwort. Doch wie paßt das hier? + +Menenius. +Roms Senatoren sind der gute Bauch, +Ihr die empörten Glieder; denn erwägt +Ihr Mühn, ihr Sorgen. Wohl bedenkt, was alles +Des Staates Vorteil heischt; so seht ihr ein, +Kein allgemeines Gut, was ihr empfangt, +Das nicht entsprang und kam zu euch von ihnen, +Durchaus nicht von euch selbst. Was denkt ihr nun? +Du, große Zeh, in dieser Ratsversammlung. + +Erster Bürger. +Ich, die große Zehe? Warum die große Zehe? + +Menenius. +Weil du, der Niedrigst, Ärmst, Erbärmlichste +Von dieser weisen Rebellion, vorantrittst. +Du, Schwächling ohne Kraft und Ansehen, läufst +Voran und führst, dir Vorteil zu erjagen.-- +Doch schwenkt nur eure Stäb und dürren Knüttel, +Rom und sein Rattenvolk zieht aus zur Schlacht, +Der eine Teil muß Tod sich fressen. + +(Cajus Marcius tritt auf.) + +Heil! edler Marcius. + +Marcius. +Dank Euch! Was gibt es hier? Rebellsche Schurken, +Die ihr das Jucken eurer Einsicht kratzt, +Bis ihr zu Aussatz werdet. + +Erster Bürger. +Von Euch bekommen wir doch immer gute Worte. + +Marcius. +Ein gutes Wort dir geben, hieße schmeicheln +Jenseits des Abscheus. Was verlangt ihr, Hunde, +Die Krieg nicht wollt noch Frieden? jener schreckt euch, +Und dieser macht euch frech. Wer euch vertraut, +Find't euch als Hasen, wo er Löwen hofft +Wo Füchse, Gäns. Ihr seid nicht sichrer, nein! +Als glühnde Feuerkohlen auf dem Eis, +Schnee in der Sonne. Eure Tugend ist, +Den adeln, den Verbrechen niedertreten, +Dem Recht zu fluchen, das ihn schlägt. Wer Größe +Verdient, verdient auch euern Haß; und eure Liebe +Ist eines Kranken Gier, der heftig wünscht, +Was nur sein Übel mehrt. Wer sich verläßt +Auf eure Gunst, der schwimmt mit blei'rnen Flossen, +Und haut mit Binsen Eichen nieder. Hängt euch! +Euch traun? +Ein Augenblick, so ändert ihr den Sinn, +Und nennt den edel, den ihr eben haßtet, +Den schlecht, der euer Abgott war. Was gibt's? +Daß ihr, auf jedem Platz der Stadt gedrängt, +Schreit gegen den Senat, der doch allein, +Zunächst den Göttern, euch in Furcht erhält; +Ihr fräßt einander sonst. Was wollen sie? + +Menenius. +Nach eignem Preis das Korn, das, wie sie sagen +Im Überfluß daliegt. + +Marcius. +Hängt sie! Sie sagen's? +Beim Feuer sitzend, wissen sie genau, +Was auf dem Kapitol geschieht; wer steigt, +Wer gilt, wer fällt; da stiften sie Faktionen +Und schließen Ehen; stärken die Partei +Und beugen die, die nicht nach ihrem Sinn, +Noch unter ihre Nägelschuh. Sie sagen, +Korn sei genug vorhanden? +Wenn sich der Adel doch der Mild entschlüge, +Daß ich mein Schwert ziehn dürft. Ich häufte Berge +Von Leichen der zerhaunen Sklaven, höher, +Als meine Lanze fliegt. + +Menenius. +Nein, diese sind fast gänzlich schon beruhigt; +Denn, fehlt im Überfluß auch der Verstand, +So sind sie doch ausbündig feig. Doch sagt mir, +Was macht der andre Trupp? + +Marcius. +Schon ganz zerstreut. +Die Schurken! +Sie hungern, sagten sie, und ächzten Sprüchlein, +Als: "Not bricht Eisen; Hunde müssen fressen; +Das Brot ist für den Mund; die Götter senden +Nicht bloß den Reichen Korn." Mit solchen Fetzen +Macht sich ihr Klagen Luft; man hört sie gütig, +Bewilligt eine Fordrung--eine starke-- +(Des Adels Herz zu brechen, jede Kraft +Zu töten) und nun schmeißen sie die Mützen, +Als sollten auf des Mondes Horn sie hängen, +Frech laut und lauter jauchzend. + +Menenius. +Und was ward zugestanden? + +Marcius. +Fünf Tribunen, +Um ihre Pöbelweisheit zu vertreten, +Aus eigner Wahl: der ein ist Junius Brutus, +Sicinius und--was weiß ich--Tod und Pest! +Die Lumpen sollten eh die Stadt abdecken, +Als mich so weit zu bringen. Nächstens nun +Gewinnen sie noch mehr und fordern Größres +Mit Androhn der Empörung. + +Menenius. +Das ist seltsam. + +Marcius. +Geht, fort mit euch, ihr Überbleibsel! + +(Ein Bote tritt auf.) + +Bote. +Ist Cajus Marcius hier? + +Marcius. +Nun ja! was soll's? + +Bote. +Ich meld Euch, Herr, die Volsker sind in Waffen. + +Marcius. +Mich freut's! So werden wir am besten los +Den Überfluß, der schimmlicht wird.--Seht da, +Die würdgen Väter. Es treten auf Cominius, Titus Lartius und andre +Senatoren, Junius Brutus und Sicinius Velutus. + +Erster Senator. +Marcius, was Ihr uns sagtet, ist geschehn: +Die Volsker sind in Waffen. + +Marcius. +Ja, sie führt +Tullus Aufidius, der macht euch zu schaffen. +Ich sündge, seinen Adel ihm zu neiden, +Und wär ich etwas andres als ich bin, +So wünscht ich, er zu sein. + +Cominius. +Ihr fochtet miteinander. + +Marcius. +Wenn, halb und halb geteilt, die Welt sich zauste, +Und er auf meiner Seit, ich fiele ab, +Nur daß ich ihn bekämpft'.--Er ist ein Löwe, +Den ich zu jagen stolz bin. + +Erster Senator. +Darum, Marcius, +Magst du Cominius folgen in den Krieg. + +Cominius. +Ihr habt es einst versprochen. + +Marcius. +Herr, das hab ich, +Und halte Wort. Du, Titus Lartius, siehst +Noch einmal Tullus, mich ins Antlitz schlagen. +Wie--bist du krank? bleibst aus? + +Titus. +Nein, Cajus Marcius. +Ich lehn auf eine Krück und schlage mit der andern, +Eh ich dies' Werk versäum. + +Marcius. +O edles Blut! + +Erster Senator. +Begleitet uns zum Kapitol, dort harren +Die treusten Freunde unser. + +Titus. +Geht voran-- +Cominius, folgt ihm nach, wir folgen euch, +Ihr seid des Vorrangs würdig. + +Cominius. +Edler Marcius! + +Erster Senator (zu den Bürgern). +Geht, macht euch fort!--nach Haus! + +Marcius. +Nein, laßt sie folgen. +Die Volsker haben Korn; dahin ihr Ratten, +Die Scheuren freßt.--Hochadlige Rebellen, +Eur Mut schlägt herrlich aus. Ich bitte, folgt. + +(Senatoren, Cominius, Marcius, Titus Lartius und Menenius gehn ab; +die Bürger schleichen sich fort.) + +Sicinius. +War je ein Mensch so stolz wie dieser Marcius? + +Brutus. +Er hat nicht seinesgleichen. + +Sicinius. +Als wir ernannt zu Volkstribunen wurden-- + +Brutus. +Saht Ihr sein Aug, den Mund? + +Sicinius. +Ja, und sein Höhnen! + +Brutus. +Gereizt schont nicht sein Spott die Götter selbst. + +Sicinius. +Den keuschen Mond auch würd er lästern. + +Brutus. +Verschling ihn dieser Krieg; er ward zu stolz, +So tapfer wie er ist. + +Sicinius. +Solch ein Gemüt, +Gekitzelt noch vom Glück, verschmäht den Schatten, +Auf den er mittags tritt. Doch wundert's mich, +Wie nur sein Hochmut es erträgt, zu stehn +Unter Cominius. + +Brutus. +Ruhm, nach dem er zielt, +Und der schon reich ihn schmückt, wird besser nicht +Erhalten und erhöht, als auf dem Platz +Zunächst dem ersten; denn was nun mißlingt, +Das ist des Feldherrn Schuld, tut er auch alles, +Was Menschenkraft vermag; und schwindelnd Urteil +Ruft dann vom Marcius aus: O hätte dieser +Den Krieg geführt! + +Sicinius. +Gewiß und geht es gut, +So raubt das Vorurteil, am Marcius hängend, +Cominius jegliches Verdienst. + +Brutus. +Jawohl.-- +Cominius' halben Ruhm hat Marcius schon, +Erwarb er ihn auch nicht; und jenes Fehler, +Sie werden Marcius' Ruhm, tat er auch selbst +Nichts Großes mehr. + +Sicinius. +Kommt, laßt uns hin und hören +Die Ausfert'gung, und was in Art und Weise +Er, außer seiner Einzigkeit, nun geht +In diesen jetzgen Kampf. + +Brutus. +So gehn wir denn. + +(Beide ab.) + + + +Zweite Szene + +Corioli, das Staatsgebäude Tullus +Aufidius tritt auf mit einigen Senatoren + + +Erster Senator. +So glaubt Ihr wirklich denn, Aufidius, +Daß die von Rom erforschten unsern Plan, +Und wissen, was wir tun? + +Aufidius. +Glaubt ihr's denn nicht? +Was ward wohl je gedacht in unserm Staat, +Das nicht, eh's körperliche Tat geworden, +Rom ausgeforscht? Noch sind's vier Tage nicht, +Daß man von dort mir schrieb; so, denk ich, lautet's-- +Ich hab den Brief wohl hier;--ja, dieser ist's. +(Er liest.) "Geworben wird ein Heer; doch niemand weiß, +Ob für den Ost, den West. Groß ist die Teurung, +Das Volk im Aufruhr, und man raunt sich zu, +Cominius, Marcius, Euer alter Feind +(Der mehr in Rom gehaßt wird als von Euch), +Und Titus Lartius, ein sehr tapfrer Römer: +Daß diesen drei'n die Rüstung ward vertraut. +Wohin's auch geht, wahrscheinlich trifft es Euch; +Drum seht Euch vor." + +Erster Senator. +Im Feld stehn unsre Scharen; +Wir zweifeln nie, daß Rom, uns zu begegnen, +Stets sei bereit. + +Aufidius. +Und Ihr habt klug gehandelt, +Zu bergen Euern großen Plan, bis er +Sich zeigen mußte; doch im Brüten schon +Erkannt ihn Rom, so scheint's; durch die Entdeckung +Wird unser Ziel geschmälert, welches war, +Zu nehmen manche Stadt, eh selbst die Römer +Bemerkt, daß wir im Gang. + +Zweiter Senator. +Edler Aufidius, +Nehmt Eure Vollmacht, eilt zu Euren Scharen, +Laßt uns zurück, Corioli zu schützen; +Belagern sie uns hier, kommt zum Entsatz +Mit Eurem Heer zurück; doch sollt Ihr sehn, +Die Rüstung gilt nicht uns. + +Aufidius. +O! zweifelt nicht; +Ich sprech aus sichrer Nachricht. Ja--noch mehr, +Schon rückten einge Römerhaufen aus, +Und nur hieherwärts. Ich verlass euch, Väter. +Wenn wir und Cajus Marcius uns begegnen, +So ist geschworen, daß der Kampf nicht endet, +Bis einer fällt. + +Alle Senatoren. +Die Götter sein mit Euch! + +Aufidius. +Sie schirmen eure Ehren. + +Erster Senator. +Lebt wohl! + +Zweiter Senator. +Lebt wohl! + +Aufidius. +Lebt wohl! + +(Alle ab.) + + + +Dritte Szene + +Rom, im Hause des Marcius +Volumnia und Virgilia sitzen und nähen + + +Volumnia. +Ich bitte dich, Tochter, sing, oder sprich wenigstens trostreicher; +wenn mein Sohn mein Gemahl wäre, ich würde mich lieber seiner +Abwesenheit erfreuen, durch die er Ehre erwirbt, als der Umarmungen +seines Bettes, in denen ich seine Liebe erkennte. Da er noch ein zarter +Knabe war und das einzige Kind meines Schoßes, da Jugend und Anmut +gewaltsam alle Blicke auf ihn zogen, als die tagelangen Bitten eines +Königs einer Mutter nicht eine einzige Stunde seines Anblicks abgekauft +hätten, schon damals--wenn ich bedachte, wie Ehre solch ein Wesen +zieren würde, und daß es nicht besser sei als ein Gemälde, das an der +Wand hängt, wenn Ruhmbegier es nicht belebte--war ich erfreut, ihn da +Gefahren suchen zu sehn, wo er hoffen konnte, Ruhm zu finden. In einen +grausamen Krieg sandte ich ihn, aus dem er zurückkehrte, die Stirn mit +Eichenlaub umwunden. Glaube mir, Tochter, mein Herz hüpfte nicht mehr +vor Freuden, als ich zuerst hörte, es sei ein Knabe, als jetzt, da ich +zuerst, sah, er sei ein Mann geworden. + +Virgilia. +Aber wäre er nun in der Schlacht geblieben, teure Mutter, wie dann? + +Volumnia. +Dann wäre sein Nachruhm mein Sohn gewesen; in ihm hätte ich mein +Geschlecht gesehn. Höre mein offenherziges Bekenntnis: hätte ich zwölf +Söhne, jeder meinem Herzen gleich lieb, und keiner nur weniger teuer +als dein und mein guter Marcius, ich wollte lieber elf für ihr Vaterland +edel sterben sehn, als einen einzigen in wollüstigem Müßiggang schwelgen. +Es tritt eine Dienerin auf. + +Dienerin. +Edle Frau, Valeria wünscht Euch zu sehn. + +Virgilia. +Ich bitte, erlaubt mir, mich zurückzuziehn. + +Volumnia. +O nein! das sollst du nicht. +Mich dünkt, bis hier tönt deines Gatten Trommel, +Er reißt Aufidius bei den Haaren nieder; +Wie Kinder vor dem Bären fliehn die Volsker. +Mich dünkt, ich seh's! So stampft er und ruft aus: +"Memmen, heran! In Furcht seid ihr gezeugt; +Obwohl in Rom geboren." Und er trocknet +Die blutge Stirn mit ehrner Hand, und schreitet +So wie ein Schnitter, der sich vorgesetzt, +Alles zu mähn, wo nicht, den Lohn zu missen. + +Virgilia. +Die blutge Stirn!--o Jupiter! kein Blut. + +Volumnia. +O schweig, du Törin! schöner ziert's den Mann +Als Goldtrophäen. Die Brust der Hekuba +War schöner nicht, da sie den Hektor säugte, +Als Hektors Stirn, die Blut entgegenspritzte +Im Kampf den Griechenschwertern.--Sagt Valerien, +Wir sind bereit, sie zu empfangen. + +(Dienerin ab.) + +Virgilia. +Himmel! +Schütz meinen Mann vorm grimmigen Aufidius. + +Volumnia. +Er schlägt Aufidius' Haupt sich unters Knie +Und tritt auf seinen Hals. + +(Valeria tritt auf.) + +Valeria. +Ihr edlen Frauen, euch beiden guten Tag! + +Volumnia. +Liebe Freundin-- + +Virgilia. +Ich bin erfreut, Euch zu sehn, verehrte Frau. + +Valeria. +Was macht ihr beide? Ihr seid ausgemachte Haushälterinnen. Wie!--Ihr +sitzt hier und näht?--Ein hübsches Muster, das muß ich gestehn.--Was +macht Euer kleiner Sohn? + +Virgilia. +Ich danke Euch, edle Frau, er ist wohl. + +Volumnia. +Er mag lieber Schwerter sehn und die Trommel hören, als auf seinen +Schulmeister acht geben. + +Valeria. +O! auf mein Wort, ganz der Vater. Ich kann's beschwören, er ist ein +allerliebstes Knabe. Nein wahrlich, ich beobachtete ihn am Mittwoch +eine halbe Stunde ununterbrochen; er hat etwas so Entschloßnes in seinem +Benehmen. Ich sah ihn einem glänzenden Schmetterlinge nachlaufen, und als +er ihn gefangen hatte, ließ er ihn wieder fliegen, und nun wieder ihm +nach, und fiel der Länge nach hin, und wieder aufgesprungen und ihn noch +einmal gefangen. Hatte ihn sein Fall böse gemacht, oder was ihm sonst +sein mochte, aber er knirschte so mit den Zähnen und zerriß ihn! O! ihr +könnt nicht glauben, wie er ihn zerfetzte. + +Volumnia. +Ganz seines Vaters Art. + +Valeria. +Ei, wahrhaftig! er ist ein edles Kind. + +Virgilia. +Ein kleiner Wildfang, Valeria. + +Valeria. +Kommt, legt Eure Stickerei weg, Ihr müßt heut nachmittag mit mir die müßige +Hausfrau machen. + +Virgilia. +Nein, teure Frau, ich werde nicht ausgehn. + +Valeria. +Nicht ausgehn? + +Volumnia. +Sie wird, sie wird. + +Virgilia. +Nein, gewiß nicht; erlaubt es mir. Ich will nicht über die Schwelle +schreiten, eh mein Gemahl aus dem Kriege heimgekehrt ist. + +Valeria. +Pfui! wollt Ihr so wider alle Vernunft Euch einsperren? Kommt mit, Ihr +müßt eine gute Freundin besuchen, die im Kindbette liegt. + +Virgilia. +Ich will ihr eine schnelle Genesung wünschen und sie mit meinem Gebet +besuchen, aber hingehn kann ich nicht. + +Volumnia. +Nun, warum denn nicht? + +Virgilia. +Es ist gewiß nicht Trägheit oder Mangel an Liebe. + +Valeria. +Ihr wäret gern eine zweite Penelope; und doch sagt man, alles Garn, +das sie in Ulysses' Abwesenheit spann, füllte Ithaka nur mit Motten. +Kommt, ich wollte, Eure Leinwand wäre so empfindlich wie Euer Finger, +so würdet Ihr aus Mitleid aufhören, sie zu stechen. Kommt, Ihr müßt +mitgehn. + +Virgilia. +Nein, Liebe, verzeiht mir; im Ernst, ich werde nicht ausgehn. + +Valeria. +Ei wahrhaftig! Ihr müßt mitgehn; dann will ich Euch auch herrliche +Neuigkeiten von Eurem Gemahl erzählen. + +Virgilia. +O, liebe Valeria! es können noch keine gekommen sein. + +Valeria. +Wahrlich! ich scherze nicht mit Euch; es kam gestern abend Nachricht +von ihm. + +Virgilia. +In der Tat? + +Valeria. +Im Ernst, es ist wahr; ich hörte einen Senator davon erzählen. So war +es:--Die Volsker haben ein Heer ausrücken lassen, welchem Cominius, +der Feldherr, mit einem Teil der römischen Macht entgegengegangen ist. +Euer Gemahl und Titus Lartius belagern ihre Stadt Corioli; sie zweifeln +nicht daran, sie zu erobern und den Krieg bald zu beendigen.--Dies ist +wahr, bei meiner Ehre! Und nun bitte ich Euch, geht mit uns. + +Virgilia. +Verzeiht mir, gute Valeria; künftig will ich Euch in allem andern gehorchen. + +Volumnia. +Ei, laßt sie, Liebe. Wie sie jetzt ist, würde sie nur unser Vergnügen stören. + +Valeria. +Wirklich, das glaube ich auch. So lebt denn wohl. Kommt, liebe, teure Frau. +Ich bitte dich, Virgilia, wirf deine Feierlichkeit zur Tür hinaus und geh +noch mit. + +Virgilia. +Nein, auf mein Wort, Valeria. In der Tat, ich darf nicht; ich wünsche Euch +viel Vergnügen. + +Valeria. +Gut, so lebt denn wohl! + +(Alle ab.) + + + +Vierte Szene + +Vor Corioli +Mit Trommeln und Fahnen treten auf Marcius, Titus, Lartius, +Anführer, Krieger. Zu ihnen ein Bote + + +Marcius. +Ein Bote kommt. Ich wett, es gab ein Treffen. + +Titus. +Mein Pferd an Eures: nein. + +Marcius. +Es gilt. + +Titus. +Es gilt. + +Marcius. +Sprich du. Traf unser Feldherr auf den Feind? + +Bote. +Sie schaun sich an, doch sprachen sich noch nicht. + +Titus. +Das gute Pferd ist mein. + +Marcius. +Ich kauf's Euch ab. + +Titus. +Nein, ich verkauf und geb's nicht; doch Euch borg ich's +Für fünfzig Jahr.--Die Stadt nun fordert auf. + +Marcius. +Wie weit ab stehn die Heere? + +Bote. +Kaum drei Stunden. + +Marcius. +So hören wir ihr Feldgeschrei, sie unsers.-- +Nun, Mars, dir fleh ich, mach uns rasch im Werk, +Daß wir mit dampfendem Schwert von hinnen ziehn, +Den kampfgescharten Freunden schnell zu helfen. +Komm, blas nun deinen Aufruf. Es wird geblasen, auf den Mauern +erscheinen Senatoren und andre. Tullus Aufidius, ist er in der Stadt? + +Erster Senator. +Nein, doch gleich ihm hält jeder Euch gering +Und kleiner als das Kleinste. Horcht die Trommeln + +(Kriegsmusik aus der Ferne.) + +Von unsrer Jugend Schar. Wir brechen eh die Mauern, +Als daß sie uns einhemmten. Unsre Tore, +Zum Schein geschlossen, riegeln Binsen nur, +Sie öffnen sich von selbst. Horcht, weit her tönt's. + +(Kriegsgeschrei.) + +Das ist Aufidius. Merkt, wie er hantiert +Dort im gespaltnen Heer. + +Marcius. +Ha! Sie sind dran! + +Titus. +Der Lärm sei unsre Weisung. Leitern her! Die Volsker kommen aus der Stadt. + +Marcius. +Sie scheun uns nicht; nein, dringen aus der Stadt. +Werft vor das Herz den Schild und kämpft mit Herzen, +Gestählter als die Schild'. Auf, wackrer Titus! +Sie höhnen uns weit mehr, als wir gedacht; +Das macht vor Zorn mich schwitzen. Fort, Kamraden! +Wenn einer weicht, den halt ich für 'nen Volsker, +Und fühlen soll er meinen Stahl. Römer und Volsker gehn kämpfend ab. +Die Römer werden zurückgeschlagen. Marcius kommt wieder. + +Marcius. +Die ganze Pest des Südens fall auf euch! +Schandflecke Roms ihr!--Schwär' und Beulen zahllos +Vergiften euch, daß ihr ein Abscheu seid, +Eh noch gesehn, und gegen Windeshauch +Euch ansteckt meilenweit! Ihr Gänseseelen +In menschlicher Gestalt! Vor Sklaven lauft ihr, +Die Affen schlagen würden? Höll und Pluto! +Wund rücklings, Nacken rot, Gesichter bleich +Vor Furcht und Fieberfrost. Kehrt um! Greift an! +Sonst, bei des Himmels Blitz! lass' ich den Feind +Und stürz auf euch. Besinnt euch denn, voran! +Steht, und wir schlagen sie zu ihren Weibern, +Wie sie zu unsern Schanzen uns gefolgt! Ein neuer Angriff, Volsker +und Römer kämpfen. Die Volsker flüchten in die Stadt. Marcius verfolgt +sie. Auf geht das Tor, nun zeigt euch, wackre Helfer! +Für die Verfolger hat's das Glück geöffnet, +Nicht für die Flüchtgen. Nach! und tut wie ich. + +(Er stürzt in die Stadt und das Tor wird hinter ihm geschlossen.) + +Erster Soldat. +Tolldreist! ich nicht-- + +Zweiter Soldat. +Noch ich. + +Dritter Soldat. +Da seht! sie haben +Ihn eingesperrt. + +Alle. +Nun geht er drauf, das glaubt nur. + +(Titus Lartius tritt auf.) + +Titus. +Was ward aus Marcius? + +Alle. +Tot, Herr, ganz gewiß. + +Erster Soldat. +Den Flüchtgen folgt' er auf den Fersen nach +Und mit hinein; sie Augenblicks die Tore +Nun zugesperrt: drin ist er, ganz allein, +Der ganzen Stadt zu trotzen. + +Titus. +Edler Freund! +Du, fühlend kühner als dein fühllos Schwert, +Feststehend, wenn dies beugt, verloren bist du, Marcius! +Der reinste Diamant, so groß wie du, +Wär nicht ein solch Juwel; du warst ein Krieger +Nach Catos Sinn, nicht wild und fürchterlich +In Streichen nur; nein, deinem grimmen Blick +Und deiner Stimme donnergleichem Schmettern +Erbebten deine Feind', als ob die Welt +Im Fieber zitterte. Marcius kommt zurück, blutend, von den Feinden verfolgt. + +Erster Soldat. +Seht, Herr! + +Titus. +O! da ist Marcius! +Laßt uns ihn retten, oder mit ihm fallen. + +(Gefecht. Alle dringen in die Stadt.) + + + +Fünfte Szene + +In Corioli, eine Straße +Römer kommen mit Beute + + +Erster Römer. +Das will ich mit nach Rom nehmen. + +Zweiter Römer. +Und ich dies. + +Dritter Römer. +Hol's der Henker! ich hielt das für Silber. Marcius und Titus +treten auf mit einem Trompeter. + +Marcius. +Seht diese Trödler, die die Stunden schätzen +Nach rostgen Drachmen. Kissen, bleierne Löffel, +Blechstückchen, Wämser, die der Henker selbst +Verscharrte mit dem Leichnam, stiehlt die Brut, +Eh noch die Schlacht zu Ende.--Haut sie nieder!-- +O, hört des Feldherrn Schlachtruf! Fort zu ihm! +Dort kämpft, den meine Seele haßt, Aufidius, +Und mordet unsre Römer. Drum, mein Titus, +Nimm eine Anzahl Volks, die Stadt zu halten; +Mit denen, die der Mut befeuert, eil ich, +Cominius beizustehn. + +Titus. +Du blutest, edler Freund! +Die Arbeit war zu schwer, sie zu erneun +In einem zweiten Gang. + +Marcius. +Herr, rühmt mich nicht. +Dies Werk hat kaum mich warm gemacht. Lebt wohl! +Das Blut, das ich verzapft, ist mehr Arznei +Als mir gefährlich. Vor Aufidius so +Tret ich zum Kampf. + +Titus. +Fortunas holde Gottheit +Sei jetzt in dich verliebt; ihr starker Zauber +Entwaffne deines Feindes Schwert. O Held! +Dein Knappe sei das Glück! + +Marcius. +Dein Freund nicht minder, +Als derer, die zuhöchst sie stellt! Leb wohl! + +(Geht ab.) + +Titus. +Ruhmwürdger Marcius!-- +Geh du, blas auf dem Marktplatz die Trompete +Und ruf der Stadt Beamte dort zusammen, +Daß sie vernehmen unseren Willen. Fort! + +(Ab.) + + + +Sechste Szene + +In der Nähe von Cominius' Lager +Cominius und sein Heer auf dem Rückzuge + + +Cominius. +Erfrischt euch, Freunde. Gut gekämpft! Wir hielten +Wie Römer uns; nicht tollkühn dreist im Stehn, +Noch feig im Rückzug. Auf mein Wort, ihr Krieger, +Der Angriff wird erneut. Indem wir kämpften, +Erklang, vom Wind geführt, in Zwischenräumen +Der Freunde Schlachtruf. O! ihr Götter Roms! +Führt sie zum Ruhm und Sieg, so wie uns selbst +Daß unsre Heere, lächelnd sich begegnend, +Euch dankbar Opfer bringen. + +(Ein Bote tritt auf.) + +Deine Botschaft? + +Bote. +Die Mannschaft von Corioli brach aus +Und fiel den Marcius und den Lartius an. +Ich sah die Unsern zu den Schanzen fliehn, +Da eilt ich fort. + +Cominius. +Mich dünkt, sprichst du auch wahr, +So sprichst du doch nicht gut. Wie lang ist's her? + +Bote. +Mehr als 'ne Stunde, Herr. + +Cominius. +'s ist keine Meil, wir hörten noch die Trommeln. +Wie--gingst du eine Stund auf diese Meile? +Und bringst so spät Bericht? + +Bote. +Der Volsker Späher +Verfolgten mich, so lief ich einen Umweg +Von drei, vier Meilen; sonst bekamt Ihr, Herr, +Vor einer halben Stunde schon die Botschaft. + +(Marcius tritt auf.) + +Cominius. +Doch, wer ist jener, +Der aussieht wie geschunden? O! ihr Götter! +Er trägt des Marcius Bildung, und schon sonst +Hab ich ihn so gesehn. + +Marcius. +Komm ich zu spät? + +Cominius. +Der Schäfer unterscheidet nicht so gut +Schalmei und Donner, wie ich Marcius' Stimme +Von jedem schwächern Laut. + +Marcius. +Komm ich zu spät? + +Cominius. +Ja, wenn du nicht in fremdem Blut gekleidet, +Im eignen kommst. + +Marcius. +O! laßt mich Euch umschlingen: +Mit kräftgen Armen, wie als Bräutigam, +Mit freudgem Herzen, wie am Hochzeitstag, +Als Kerzen mir zu Bett geleuchtet. + +Cominius. +O! +Mein Kriegsheld, wie geht's dem Titus Lartius? + +Marcius. +Wie einem, der geschäftig Urteil spricht, +Zum Tode den verdammt, den zur Verbannung, +Den frei läßt, den beklagt, dem andern droht. +Er hält Corioli im Namen Roms +So wie ein schmeichelnd Windspiel an der Leine, +Die er nach Willkür löst. + +Cominius. +Wo ist der Sklav, +Der sprach, sie schlügen Euch zurück ins Lager? +Wo ist er? Ruft ihn her. + +Marcius. +Nein, laßt ihn nur. +Die Wahrheit sprach er; doch die edlen Herrn, +Das niedre Volk (verdammt: für sie Tribunen!), +Die Maus läuft vor der Katze nicht, wie sie +Vor Schuften rannten, schlechter als sie selbst. + +Cominius. +Wie aber drangt Ihr durch? + +Marcius. +Ist zum Erzählen Zeit? Ich denke nicht-- +Wo ist der Feind? Seid Ihr des Feldes Herr? +Wo nicht, was ruht Ihr, bis Ihr's seid? + +Cominius. +O Marcius! +Wir fochten mit Verlust und zogen uns +Zurück, den Vorteil zu erspähn. + +Marcius. +Wie steht ihr Heer? Wißt Ihr, auf welcher Seite +Die beste Mannschaft ist? + +Cominius. +Ich glaube, Marcius, +Im Vordertreffen kämpfen die Antiaten, +Ihr bestes Volk; Aufidius führt sie an, +Der ihrer Hoffnung Seel und Herz. + +Marcius. +Ich bitt dich, +Bei jeder Schlacht, in der vereint wir fochten, +Bei dem vereint vergoßnen Blut, den Schwüren, +Uns ewig treu zu lieben: stell mich grade +Vor die Antiaten und Aufidius hin; +Und säumt nicht länger. Nein, im Augenblick +Erfülle Speer- und Schwertgetön die Luft, +Und proben wir die Stunde. + +Cominius. +Wünscht ich gleich, +Du würdest in ein laues Bad geführt, +Dir Balsam aufgelegt: doch wag ich nie +Dir etwas zu verweigern. Wähl dir selbst +Für diesen Kampf die Besten. + +Marcius. +Das sind nur +Die Willigsten. Ist irgendeiner hier +(Und Sünde wär's, zu zweifeln), dem die Schminke +Gefällt, mit der er hier mich sieht gemalt, +Der üblen Ruf mehr fürchtet als den Tod, +Und schön zu sterben wählt statt schlechten Lebens, +Sein Vaterland mehr als sich selber liebt: +Wer so gesinnt, ob einer oder viele, +Der schwing die Hand, um mir sein Ja zu sagen, +Und folge Marcius. + +(Alle jauchzen, schwingen die Schwerter, drängen sich um ihn +und heben ihn auf ihren Armen empor.) + +Wie? Alle eins? Macht ihr ein Schwert aus mir? +Ist dies kein äußrer Schein, wer von euch allen +Ist nicht vier Volsker wert? Ein jeder kann +Aufidius einen Schild entgegentragen, +So hart wie seiner. Eine Anzahl nur, +Dank ich schon allen, wähl ich: und den andern +Spar ich die Arbeit für den nächsten Kampf, +Wie er sich bieten mag. Voran, ihr Freunde! +Vier meiner Leute mögen die erwählen, +Die mir am liebsten folgen. + +Cominius. Kommt, Gefährten, +Beweist, daß ihr nicht prahltet, und ihr sollt +Uns gleich in allem sein. + +(Alle ab.) + + + +Siebente Szene + +Das Tor vor Corioli +Titus Lartius, eine Besatzung in Corioli zurücklassend, +geht dem Marcius und Cominius mit Trommeln und Trompeten +entgegen, ihm folgt ein Anführer mit Kriegern + + +Titus. +Besetzt die Tore wohl, tut eure Pflicht, +Wie ich's euch vorschrieb. Send ich, schickt zur Hilfe +Uns die Zenturien nach; der Rest genügt +Für kurze Deckung. Geht die Schlacht verloren, +So bleibt die Stadt uns doch nicht. + +Anführer. +Traut auf uns. + +Titus. +Fort! und verschließet hinter uns die Tore. +Du, Bote, komm; führ uns ins römsche Lager. + +(Alle ab.) + + + +Achte Szene + +Schlachtfeld Kriegsgeschrei, +Marcius und Aufidius, die einander begegnen + + +Marcius. +Mit dir nur will ich kämpfen! denn dich haß ich +Mehr als den Meineid. + +Aufidius. +Ja, so haß ich dich. +Mir ist kein Drache Afrikas so greulich +Und giftig wie dein Ruhm. Setz deinen Fuß. + +Marcius. +Wer weicht, soll sterben als des andern Sklave, +Dann richten ihn die Götter. + +Aufidius. +Flieh ich, Marcius, +So hetz mich gleich dem Hasen. + +Marcius. +Noch vor drei Stunden, Tullus, +Focht ich allein in Eurer Stadt Corioli +Und hauste ganz nach Willkür. Nicht mein Blut +Hat so mich übertüncht; drum spann die Kraft +Aufs höchste, dich zu rächen! + +Aufidius. +Wärst du Hektor, +Die Geißel eurer prahlerischen Ahnen, +Du kamst mir nicht von hier. + +(Sie fechten; einige Volsker kommen dem Aufidius zu Hilfe.) + +Dienstwillig und nicht tapfer! Ihr beschimpft mich +Durch so verhaßten Beistand. + +(Alle fechtend ab.) + + + +Neunte Szene + +Das römische Lager +Man bläst zum Rückzug; Trompeten. Von einer Seite tritt auf +Cominius mit seinem Heer, von der andern Marcius, den Arm in +der Binde, und andre Römer + + +Cominius. +Erzählt ich dir dein Werk des heutgen Tages, +Du glaubtest nicht dein Tun; doch will ich's melden, +Wo Senatoren Trän' und Lächeln mischen, +Wo die Patrizier horchen und erbeben, +Zuletzt bewundern; wo sich Fraun entsetzen +Und, froh erschreckt, mehr hören; wo der plumpe +Tribun, der, dem Plebejer gleich, dich haßt, +Ausruft, dem eignen Groll zum Trotz: "Dank, Götter, +Daß unserm Rom ihr solche Helden schenktet!" +Doch kamst du nur zum Nachtisch dieses Festes, +Vorher schon voll gesättigt. Titus Lartius kommt mit seinen Kriegern. + +Titus. +O mein Feldherr! +Hier ist das Streitroß, wir sind das Geschirr. +Hättst du gesehn-- + +Marcius. +Still, bitt ich. Meine Mutter, +Die einen Freibrief hat, ihr Blut zu preisen, +Kränkt mich, wenn sie mich rühmt. Ich tat ja nur, +Was ihr: das ist, soviel ich kann, erregt, +Wie ihr es waret, für mein Vaterland. +Wer heut den guten Willen nur erfüllte, +Hat meine Taten überholt. + +Cominius. +Nicht darfst du +Das Grab sein deines Werts. Rom muß erkennen, +Wie köstlich sein Besitz. Es wär ein Hehl, +Ärger als Raub, nicht minder als Verleumdung, +Zu decken deine Tat, von dem zu schweigen, +Was durch des Preises höchsten Flug erhoben, +Bescheiden noch sich zeigt. Drum bitt ich dich, +Zum Zeichen, was du bist, und nicht als Lohn +Für all dein Tun, laß vor dem Heer mich reden. + +Marcius. +Ich hab so Wunden hier und da, die schmerzt es, +Sich so erwähnt zu hören. + +Cominius. +Geschäh's nicht, +Der Undank müßte sie zum Schwären bringen +Und bis zum Tod verpesten. Von den Pferden +(Wir fingen viel und treffliche) und allen +Den Schätzen, in der Stadt, im Feld erbeutet, +Sei dir der zehnte Teil; ihn auszusuchen +Noch vor der allgemeinen Teilung, ganz +Nach deiner eignen Wahl. + +Marcius. +Ich dank dir, Feldherr; +Doch sträubt mein Herz sich, einen Lohn zu nehmen +Als Zahlung meines Schwerts. Ich schlag es aus +Und will nur soviel aus gemeiner Teilung, +Wie alle, die nur ansahn, was geschah. + +(Ein langer Trompetenstoß. Alle rufen "Marcius! Marcius!", +werfen Mützen und Speere in die Höhe.) + +Daß die Drommeten, die ihr so entweiht, +Nie wieder tönen! Wenn Posaun und Trommel +Im Lager Schmeichler sind, mag Hof und Stadt +Ganz Lüge sein und Gleisnerei. Wird Stahl +Weich wie Schmarotzerseide, bleibe Erz +Kein Schirm im Kriege mehr! Genug, sag ich.-- +Weil ich die blutge Nase mir nicht wusch +Und einen Schwächling niederwarf, was mancher +Hier unbemerkt getan, schreit ihr mich aus +Mit übertriebnem, unverständgem Zuruf, +Als säh ich gern mein kleines Selbst gefüttert +Mit Lob, gewürzt durch Lügen. + +Cominius. +Zu bescheiden! +Ihr seid mehr grausam eignem Ruhm, als dankbar +Uns, die ihn redlich spenden; drum erlaubt: +Wenn gegen Euch Ihr wütet, legen wir +(Wie einem, der sich schadet) Euch in Fesseln +Und sprechen sichrer dann. Drum sei es kund +Wie uns der ganzen Welt, daß Cajus Marcius +Des Krieges Kranz erwarb. Und des zum Zeichen +Nehm er mein edles Roß, bekannt dem Lager, +Mit allem Schmuck; und heiß er von heut an, +Für das, was vor Corioli er tat, +Mit vollem Beifallsruf des ganzen Heeres: +Cajus Marcius Coriolanus.--Führe +Den zugefügten Namen allzeit edel! + +(Trompetenstoß.) + +Alle. +Cajus Marcius Coriolanus! + +Coriolanus. +Ich geh, um mich zu waschen; +Und ist mein Antlitz rein, so könnt Ihr sehn, +Ob ich erröte. Wie's auch sei, ich dank Euch-- +Ich denk Eur Pferd zu reiten und allzeit +Mich wert des edlen Namensschmucks zu zeigen, +Nach meiner besten Kraft. + +Cominius. +Nun zu den Zelten, +Wo, eh wir noch geruht, wir schreiben wollen +Nach Rom von unserm Glück. Ihr, Titus Lartius, +Müßt nach Corioli. Schickt uns nach Rom +Die Besten, daß wir dort mit ihnen handeln +Um ihr und unser Wohl. + +Titus. +Ich tu es, Feldherr. + +Coriolanus. +Die Götter spotten mein. Kaum schlug ich aus +Höchst fürstliche Geschenk' und muß nun betteln +Bei meinem Feldherrn. + +Cominius. +Was es sei: gewährt. + +Coriolanus. +Ich wohnt einmal hier in Corioli +Bei einem armen Mann, er war mir freundlich; +Er rief mich an: ich sah ihn als Gefangnen; +Doch da hatt ich Aufidius im Gesicht, +Und Wut besiegte Mitleid. Gebt, ich bitt Euch, +Frei meinen armen Wirt. + +Cominius. +O schöne Bitte! +Wär er der Schlächter meines Sohns, er sollte +Frei sein, so wie der Wind. Entlaßt ihn, Titus. + +Titus. +Marcius, sein Nam? + +Coriolanus. +Bei Jupiter! Vergessen-- +Ich bin erschöpft.--Ja--mein Gedächtnis schwindet. +Ist hier nicht Wein? + +Cominius. +Gehn wir zu unsern Zelten. +Das Blut auf Eurem Antlitz trocknet. Schnell +Müßt Ihr verbunden werden. Kommt. + +(Alle ab.) + + + +Zehnte Szene + +Das Lager der Volsker Trompetenstoß. +Tullus Aufidius tritt auf, blutend, Zwei Krieger mit ihm + + +Aufidius. +Die Stadt ist eingenommen. + +Erster Krieger. +Sie geben auf Bedingung sie zurück. + +Aufidius. +Bedingung!-- +Ich wollt, ich wär ein Römer, denn als Volsker +Kann ich nicht sein das, was ich bin.--Bedingung!-- +Was für Bedingung kann wohl der erwarten, +Der sich auf Gnad ergab? Marcius, fünfmal +Focht ich mit dir, so oft auch schlugst du mich, +Und wirst es, denk ich, träfen wir uns auch, +So oft wir speisen.--Bei den Elementen! +Wenn ich je wieder, Bart an Bart, ihm stehe, +Muß ich ihn ganz, muß er mich ganz vernichten; +Nicht mehr, wie sonst, ist ehrenvoll mein Neid; +Denn, dacht ich ihn mit gleicher Kraft zu tilgen +Ehrlich im Kampf, hau ich ihn jetzt, wie's kommt; +Wut oder List vernicht ihn. + +Erster Krieger. +'s ist der Teufel. + +Aufidius. +Kühner, doch nicht so schlau. Vergiftet ist +Mein Mut, weil er von ihm den Flecken duldet, +Verleugnet eignen Wert. Nicht Schlaf noch Tempel, +Ob nackt, ob krank; nicht Kapitol noch Altar, +Der Priester Beten, noch des Opfers Stunde, +Vor denen jede Wut sich legt, erheben +Ihr abgenutztes Vorrecht gegen mich +Und meinen Haß auf ihn. Wo ich ihn finde, +Daheim, in meines Bruders Schutz, selbst da, +Dem gastlichen Gebot zuwider, wusch ich +Die wilde Hand in seinem Herzblut. Geht-- +Erforscht, wie man die Stadt bewahrt, und wer +Als Geisel muß nach Rom. + +Erster Krieger. +Wollt Ihr nicht gehn? + +Aufidius. +Man wartet meiner im Zypressenwald, +Südwärts der Mühlen; dahin bringt mir Nachricht, +Wie die Welt geht, daß ich nach ihrem Schritt +Ansporne meinen Lauf. + +Erster Krieger. +Das will ich, Herr. + +(Alle ab.) + + + + +Zweiter Aufzug + + + +Erste Szene + +Rom, ein öffentlicher Platz +Es treten auf Menenius, Sicinius und Brutus + + +Menenius. +Der Augur sagte mir, wir würden heut Nachricht erhalten. + +Brutus. +Gute oder schlimme? + +Menenius. +Nicht nach dem Wunsch des Volks; denn sie lieben den Marcius nicht. + +Sicinius. +Natur lehrt die Tiere selbst ihre Freunde kennen. + +Menenius. +Sagt mir: Wen liebt der Wolf? + +Sicinius. +Das Lamm. + +Menenius. +Es zu verschlingen, wie die hungrigen Plebejer den edlen Marcius möchten. + +Brutus. +Nun, der ist wahrhaftig ein Lamm, das wie ein Bär blökt. + +Menenius. +Er ist wahrhaftig ein Bär, der wie ein Lamm lebt.--Ihr seid +zwei alte Männer: sagt mir nur eins, was ich euch fragen will. + +Brutus. +Gut, Herr. + +Menenius. +In welchem Unfug ist Marcius arm, in welchem ihr beide nicht reich seid? + +Brutus. +Er ist nicht arm an irgendeinem Fehler, sondern mit allen ausgestattet. + +Sicinius. +Vorzüglich mit Stolz. + +Brutus. +Und im Prahlen übertrifft er jeden andern. + +Menenius. +Das ist doch seltsam! Wißt ihr beide wohl, wie ihr in der Stadt +beurteilt werdet? Ich meine, von uns, aus den höheren Ständen. +Wißt ihr? + +Brutus. +Nun, wie werden wir denn beurteilt? + +Menenius. +Weil ihr doch eben vom Stolz sprachet--wollt ihr nicht böse werden? + +Brutus. +Nur weiter, Herr, weiter. + +Menenius. +Nun, es ist auch gleichgültig; denn ein sehr kleiner Dieb von +Gelegenheit raubt euch wohl einen sehr großen Vorrat von Geduld. +Laßt eurer Gemütsart den Zügel schießen und werdet böse, soviel +ihr Lust habt; wenigstens, wenn es euch Vergnügen macht, es zu sein. +Ihr tadelt Marcius wegen seines Stolzes? + +Brutus. +Wir tun es nicht allein, Herr. + +Menenius. +Das weiß ich wohl. Ihr könnt sehr wenig allein tun; denn eurer Helfer +sind viele, sonst würden auch eure Taten außerordentlich einfältig +herauskommen; eure Fähigkeiten sind allzu kindermäßig, um vieles +allein zu tun. Ihr sprecht von Stolz.--O! könntet ihr den Sack auf +eurem Rücken sehn und eine glückliche Überschau eures eignen edlen +Selbst anstellen.--O! könntet ihr das!-- + +Brutus. +Und was dann? + +Menenius. +Ei! dann entdecktet ihr ein paar so verdienstlose, stolze, gewaltsame, +hartköpfige Magistratspersonen (alias Narren), als nur irgendwelche +in Rom. + +Sicinius. +Menenius, Ihr seid auch bekannt genug. + +Menenius. +Ich bin bekannt als ein lustiger Patrizier und einer, der einen Becher +heißen Weins liebt, mit keinem Tropfen Tiberwasser gemischt. Man sagt, +ich sei etwas schwach darin, immer den ersten Kläger zu begünstigen; +hastig und entzündbar bei zu kleinen Veranlassungen; einer, der mit +dem Hinterteil der Nacht mehr Verkehr hat als mit der Stirn des Morgens. +Was ich denke, sag ich, und verbrauche meine Bosheit in meinem Atem. +Wenn ich zwei solchen Staatsmännern begegne, wie ihr seid +(Lykurgusse kann ich euch nimmermehr nennen), und das Getränk, das ihr +mir bietet, meinem Gaumen widerwärtig schmeckt, so mache ich ein krauses +Gesicht dazu. Ich kann nicht sagen: "Euer Edlen haben die Sache sehr gut +vorgetragen", wenn ich den Esel aus jedem eurer Worte herausgucken sehe; +und obwohl ich mit denen Geduld haben muß, welche sagen, ihr seid +ehrwürdige, ernste Männer, so lügen doch die ganz abscheulich, welche +behaupten, ihr hättet gute Gesichter. Wenn ihr dies auf der Landkarte +meines Mikrokosmus entdeckt, folgt daraus, daß ich auch bekannt genug +bin? Welch Unheil lesen eure blinden Scharfsichtigkeiten aus diesem +Charakter heraus, um sagen zu können, daß ich auch bekannt genug bin? + +Brutus. +Geht, Herr, geht! Wir kennen Euch gut genug. + +Menenius. +Ihr kennt weder mich, euch selbst, noch irgend etwas. Ihr seid nach der +armen Schelmen Mützen und Kratzfüßen ehrgeizig. Ihr bringt einen ganzen, +ausgeschlagenen Vormittag damit zu, einen Zank zwischen einem +Pomeranzenweibe und einem Kneipschenken abzuhören, und vertagt dann die +Streitfrage über drei Pfennig auf den nächsten Gerichtstag. Wenn ihr das +Verhör über irgendeine Angelegenheit zwischen zwei Parteien habt, und es +trifft sich, daß ihr von der Kolik gezwickt werdet, so macht ihr Gesichter +wie die Possenreißer; steckt die blutige Fahne gegen alle Geduld auf und +verlaßt, nach einem Nachttopf brüllend, den Prozeß blutend, nur noch +verwickelter durch euer Verhör. Ihr stiftet keinen andern Frieden in dem +Handel, als daß ihr beide Parteien Schurken nennt. Ihr seid ein paar +seltsame Kreaturen! + +Brutus. +Geht, geht! man weiß recht gut von Euch, daß Ihr ein beßrer Spaßmacher +bei der Tafel seid als ein unentbehrlicher Beisitzer auf dem Kapitol. + +Menenius. +Selbst unsre Priester müssen Spötter werden, wenn ihnen so lächerliche +Geschöpfe aufstoßen wie ihr. Wenn ihr auch am zweckmäßigsten sprecht, so +ist es doch das Wackeln eurer Bärte nicht wert; und für eure Bärte wäre es +ein zu ehrenvolles Grab, das Kissen eines Flickschneiders zu stopfen oder +in eines Esels Packsattel eingesargt zu werden. Und doch müßt ihr sagen: +"Marcius ist stolz!" der, billig gerechnet, mehr wert ist als alle eure +Vorfahren seit Deukalion; wenn auch vielleicht einige der Besten von ihnen +erbliche Henkersknechte waren. Ich wünsch Euer Gnaden einen guten Abend; +längere Unterhaltung mit euch würde mein Gehirn anstecken, denn ihr seid ja +die Hirten des Plebejerviehes. Ich bin so dreist, mich von euch zu beurlauben. +Brutus und Sicinius ziehen sich in den Hintergrund zurück. +Volumnia, Virgilia und Valeria kommen. Wie geht's, meine ebenso schönen als +ehrenwerten Damen? Luna selbst, wandelte sie auf Erden, wäre nicht edler. +Wohin folgt ihr euren Augen so schnell? + +Volumnia. +Ehrenwerter Menenius, mein Sohn Marcius kommt. Um der Juno willen, halt +uns nicht auf. + +Menenius. +Wie! Marcius kommt zurück? + +Volumnia. +Ja, teurer Menenius, und mit der herrlichsten Auszeichnung. + +Menenius. +Da hast du meine Mütze, Jupiter, und meinen Dank. Ha! Marcius kommt! + +Beide Frauen. +Ja, es ist wahr. + +Volumnia. +Seht, hier ist ein Brief von ihm; der Senat hat auch einen, seine Frau einen, +und ich glaube, zu Hause ist noch einer für Euch. + +Menenius. +Mein ganzes Haus muß heut nacht herumtanzen. Ein Brief an mich? + +Virgilia. +Ja, gewiß, es ist ein Brief für Euch da, ich habe ihn gesehn. + +Menenius. +Ein Brief an mich! Das macht mich für sieben Jahre gesund; in der ganzen Zeit +will ich dem Arzt ein Gesicht ziehen. Das herrlichste Rezept im Galen ist nur +Quacksalbsudelei und gegen dies Bewahrungsmittel nicht besser als ein +Pferdetrank. Ist er nicht verwundet? Sonst pflegte er verwundet zurückzukommen. + +Virgilia. +O! nein, nein, nein! + +Volumnia. +O, er ist verwundet, ich danke den Göttern dafür. + +Menenius. +Das tue ich auch, wenn es nicht zu arg ist. Bringt er Sieg in der Tasche mit? +--Die Wunden stehn ihm gut. + +Volumnia. +Auf der Stirn, Menenius. Er kommt zum drittenmal mit dem Eichenkranz heim. + +Menenius. +Hat er den Aufidius tüchtig in die Lehre genommen? + +Volumnia. +Titus Lartius schrieb: "Sie fochten miteinander, aber Aufidius entkam." + +Menenius. +Und es war Zeit für ihn, das kann ich ihm versichern. Hätte er ihm +standgehalten, so hätte ich nicht mögen so gefidiust werden für alle Kisten +in Corioli und das Gold, das in ihnen ist. Ist das dem Senat gemeldet? + +Volumnia. +Liebe Frauen, laßt uns gehn.--Ja, ja, ja!--Der Senat hat Briefe vom +Feldherrn, der meinem Sohn allein den Ruhm dieses Krieges zugesteht. +Er hat in diesem Feldzuge alle seine frühern Taten übertroffen. + +Valeria. +Gewiß, es werden wunderbare Dinge von ihm erzählt. + +Menenius. +Wunderbar? Ja, ich stehe Euch dafür, nicht ohne sein wahres Verdienst. + +Virgilia. +Geben die Götter, daß sie wahr seien! + +Volumnia. +Wahr! Pah! + +Menenius. +Wahr? Ich schwöre, daß sie wahr sind.--Wo ist er verwundet? +(Zu den Tribunen.) Gott schütze Euer liebwertesten Gnaden, Marcius kommt +nach Hause und hat nun noch mehr Ursach, stolz zu sein.--Wo ist er verwundet? + +Volumnia. +In der Schulter und am linken Arm. Das wird große Narben geben, sie dem +Volk zu zeigen, wenn er um seine Stelle sich bewirbt. Als Tarquin +zurückgeschlagen wurde, bekam er sieben Wunden an seinem Leib. + +Menenius. +Eine im Nacken und zwei im Schenkel, es sind neun, soviel ich weiß. + +Volumnia. +Vor diesem letzten Feldzuge hatte er fünfundzwanzig Wunden. + +Menenius. +Nun sind es siebenundzwanzig, und jeder Riß war eines Feindes Grab. + +(Trompeten und Freudengeschrei.) + +Hört die Trompeten! + +Volumnia. +Sie sind des Marcius Führer! Vor sich trägt er +Gejauchz der Lust, läßt Tränen hinter sich. +Der finstre Tod liegt ihm im nervgen Arm; +Erhebt er ihn, so stürzt der Feinde Schwarm. Trompeten. +Es treten auf Cominius und Titus Lartius, zwischen ihnen Coriolanus +mit einem Eichenkranz geschmückt, Anführer, Krieger, ein Herold. + +Herold. +Kund sei dir, Rom, daß Marcius ganz allein +Focht in Corioli und mit Ruhm erwarb +Zu Cajus Marcius einen Namen: diesen +Folgt ruhmvoll: Cajus Marcius Coriolanus. +Gegrüßt in Rom, berühmter Coriolanus! + +(Trompeten.) + +Alle. +Gegrüßt in Rom, berühmter Coriolanus! + +Coriolanus. +Laßt's nun genug sein, denn es kränkt mein Herz. +Genug, ich bitte! + +Cominius. +Sieh, Freund, deine Mutter. + +Coriolanus. +O! +Ich weiß, zu allen Göttern flehtest du +Für mein Gelingen. + +(Er kniet vor ihr nieder.) + +Volumnia. +Nein; auf, mein wackrer Krieger, +Mein edler Marcius, würdger Cajus, und +Durch taterkaufte Ehren neu benannt; +Wie war's doch? Coriolan muß ich dich nennen? +Doch sieh, dein Weib. + +Coriolanus. +Mein lieblich Schweigen, Heil! +Hättst du gelacht, käm auf der Bahr ich heim, +Da weinend meinen Sieg du schaust? O, Liebe! +So in Corioli sind der Witwen Augen, +Der Mütter, Söhne klagend. + +Menenius. +Die Götter krönen dich! + +Coriolanus. +Ei, lebst du noch? (Zu Valeria.) O! edle Frau, verzeiht! + +Volumnia. +Wohin nur wend ich mich? Willkommen heim! +Willkommen, Feldherr! Alle sind willkommen! + +Menenius. +Willkommen tausendmal. Ich könnte weinen +Und lachen; ich bin leicht und schwer. Willkommen! +Es treff ein Fluch im tiefsten Herzen den, +Der nicht mit Freuden dich erblickt. Euch drei +Sollt Rom vergöttern.--Doch, auf Treu und Glauben, +Holzäpfel, alte, stehn noch hier, die niemals +Durch Pfropfen sich veredeln. Heil euch, Krieger! +Die Nessel nennen wir nur Nessel, und +Der Narren Fehler Narrheit. + +Cominius. +Stets der Alte! + +Coriolanus. +Immer Menenius, immer. + +Herold. +Platz da! Weiter! + +Coriolanus (zu Frau und Mutter). +Deine Hand, und deine, +Eh noch mein eignes Haus mein Haupt beschattet, +Besuch ich erst die trefflichen Patrizier, +Von denen ich nicht Grüße nur empfing, +Auch mannigfache Ehren. + +Volumnia. +Ich erlebt es, +Erfüllt zu sehn den allerhöchsten Wunsch, +Den kühnsten Bau der Einbildung. Nur eins +Fehlt noch, und das, ich zweifle nicht, +Wird unser Rom dir schenken. + +Coriolanus. +Gute Mutter, +Ich bin auf meine Art ihr Sklave lieber, +Als auf die ihrige mit ihnen Herrscher. + +Cominius. +Zum Kapitol. + +(Trompeten, Hörner. Sie gehn alle im feierlichen +Zuge ab, wie sie kamen. Die Tribunen bleiben.) + +Brutus. +Von ihm spricht jeder Mund; das blöde Auge +Trägt Brillen, ihn zu sehn. Die Amme, schwatzend +Läßt ihren Säugling sich in Krämpfe schrein, +Von ihm herplappernd. Seht, die Küchenmagd +Knüpft um den rauchgen Hals ihr bestes Leinen, +Die Wand erkletternd; Buden, Bänk und Fenster +Gefüllt; das Dach besetzt, der First beritten +Mit vielerlei Gestaltung: alle einig +In Gier, nur ihn zu schaun. Es drängen sich +Fast nie gesehne Priester durch den Schwarm +Und stoßen, um beim Pöbel Platz zu finden; +Verhüllte Fraun ergeben Weiß und Rot +Auf zartgeschonter Wang dem wilden Raub +Von Phöbus' Feuerküssen. Solch ein Wirrwarr, +Als wenn ein fremder Gott, der mit ihm ist, +Sich still in seine Menschenform geschlichen +Und ihm der Anmut Zauber mitgeteilt. + +Sicinius. +Im Umsehn, glaub mir, wird er Konsul sein. + +Brutus. +Dann schlafe unser Amt, solang er herrscht. + +Sicinius. +Er kann nicht mäßgen Schritts die Würden tragen +Vom Anfang bis zum Ziel; er wird vielmehr +Verlieren den Gewinn. + +Brutus. +Das ist noch Trost. + +Sicinius. +O, zweifelt nicht: das Volk, für das wir stehn, +Vergißt, nach angebornen Bosheit, leicht +Auf kleinsten Anlaß diesen neuen Glanz; +Und daß er Anlaß gibt, ist so gewiß, +Als ihn sein Hochmut spornt. + +Brutus. +Ich hört ihn schwören, +Würb er um's Konsulat, so wollt er nicht +Erscheinen auf dem Marktplatz, noch sich hüllen +Ins abgetragne, schlichte Kleid der Demut; +Noch, wie die Sitt ist, seine Wunden zeigend +Dem Volk, um ihren übeln Atem betteln. + +Sicinius. +Gut! + +Brutus. +So war sein Wort. Eh gibt er's auf, als daß +Er's nimmt, wenn nicht der Adel ganz allein +Es durchsetzt mit den Vätern. + +Sicinius. +Höchst erwünscht! +Bleib er nur bei dem Vorsatz und erfüll ihn, +Kommt's zur Entscheidung. + +Brutus. +Glaubt's, er wird es tun. + +Sicinius. +Dann bringt es ihm, wie's unser Vorteil heischt, +Den sichern Untergang. + +Brutus. +Der muß erfolgen, +Sonst fallen wir. Zu diesem Endzweck denn +Bereden wir das Volk, daß er sie stets +Gehaßt; und, hätt er Macht, zu Eseln sie +Umschafft', verstummen hieße ihre Sprecher +Und ihre Freiheit bräche, schätze sie, +In Fähigkeit des Geists und Kraft zu handeln, +Von nicht mehr Seel und Nutzen für die Welt +Als das Kamel im Krieg, das nur sein Futter +Erhält, um Last zu tragen; herbe Schläge, +Wenn's unter ihr erliegt. + +Sicinius. +Dies eingeblasen, +Wenn seine Frechheit einst im höchsten Flug +Das Volk erreicht (woran's nicht fehlen wird, +Bringt man ihn auf, und das ist leichter noch +Als Hund auf Schafe hetzen), wird zur Glut, +Ihr dürr Gestrüpp zu zünden, dessen Dampf +Ihn schwärzen wird auf ewig. + +(Ein Bote tritt auf.) + +Brutus. +Nun, was gibt's? + +Bote. +Ihr seid aufs Kapitol geladen. Sicher +Glaubt man, daß Marcius Konsul wird. Ich sah +Die Stummen drängen, ihn zu sehn, die Blinden, +Ihn zu vernehmen, Frauen warfen Handschuh', +Jungfraun und Mädchen Bänder hin und Tücher, +Wo er vorbeiging; die Patrizier neigten +Wie vor des Jovis Bild. Das Volk erregte +Mit Schrein und Mützenwerfen Donnerschauer. +So etwas sah ich nie. + +Brutus. +Zum Kapitol! +Habt Ohr und Auge, wie's die Zeit erheischt, +Und Herz für die Entscheidung-- + +Sicinius. +Nehmt mich mit. + +(Alle ab.) + + + +Zweite Szene + +Das Kapitol +Zwei Ratsdiener welche Polster legen + + +Erster Ratsdiener. +Komm, komm. Sie werden gleich hier sein. Wie viele werben +um das Konsulat? + +Zweiter Ratsdiener. +Drei, heißt es; aber jedermann glaubt, daß Coriolanus es +erhalten wird. + +Erster Ratsdiener. +Das ist ein wackrer Gesell; aber er ist verzweifelt stolz +und liebt das gemeine Volk nicht. + +Zweiter Ratsdiener. +Ei! es hat viele große Männer gegeben, die dem Volk schmeichelten +und es doch nicht liebten. Und es gibt manche, die das Volk geliebt +hat, ohne zu wissen, warum? Also, wenn sie lieben, so wissen sie +nicht, weshalb, und sie hassen aus keinem besseren Grunde; darum, +weil es den Coriolanus nicht kümmert, ob sie ihn lieben oder hassen, +beweist er die richtige Einsicht, die er von ihrer Gemütsart hat; +und seine edle Sorglosigkeit zeigt ihnen dies deutlich. + +Erster Ratsdiener. +Wenn er sich nicht darum kümmerte, ob sie ihn lieben oder nicht, +so würde er sich unparteiisch in der Mitte halten und ihnen weder +Gutes noch Böses tun; aber er sucht ihren Haß mit größerm Eifer, +als sie ihm erwidern können, und unterläßt nichts, was ihn vollständig +als ihren Gegner zeigt. Nun, sich die Miene geben, daß man nach dem +Haß und dem Mißvergnügen des Volkes strebt, ist so schlecht, wie das, +was er verschmäht: ihnen um ihrer Liebe willen zu schmeicheln. + +Zweiter Ratsdiener. +Er hat sich um sein Vaterland sehr verdient gemacht. Und sein Aufsteigen +ist nicht auf so bequemen Staffeln wie jener, welche geschmeidig und +höflich gegen das Volk, mit geschwenkten Mützen, ohne weitre Tat, +Achtung und Ruhm eingingen. Er aber hat seine Verdienste ihren Augen +und seine Taten ihren Herzen so eingepflanzt, daß wenn ihre Zungen +schweigen wollten und dies nicht eingestehn, es eine Art von undankbarer +Beschimpfung sein würde; es zu leugnen, wäre eine Bosheit, die, indem +sie sich selbst Lügen strafte, von jedem Ohr, das sie hörte, Vorwurf und +Tadel erzwingen müßte. + +Erster Ratsdiener. +Nichts mehr von ihm, er ist ein würdiger Mann. Mach Platz, sie kommen. +Trompeten. Es treten auf der Konsul Cominius, dem die Liktoren vorausgehen, +Menenius, Coriolanus, mehrere Senatoren, Sicinius und Brutus. Senatoren +und Tribunen nehmen ihre Plätze. + +Menenius. +Da ein Beschluß gefaßt, der Volsker wegen, +Und wir den Titus Lartius heimberufen, +Bleibt noch als Hauptpunkt dieser zweiten Sitzung, +Des Helden edlen Dienst zu lohnen, der +So für sein Vaterland gekämpft.--Geruht dann, +Ehrwürdge, ernste Väter, und erlaubt +Ihm, der jetzt Konsul ist und Feldherr war +In unserm wohlbeschloßnen Krieg, ein wenig +Zu sagen von dem edlen Werk, vollführt +Durch Cajus Marcius Coriolanus, der +Hier mit uns ist, um dankbar ihn zu grüßen +Durch Ehre, seiner wert. + +Erster Senator. Cominius, sprich. +Laß, als zu lang, nichts aus. Wir glauben eh', +Daß unserm Staat die Macht zu lohnen fehlt, +Als uns der weitste Wille. Volksvertreter, +Wir bitten euer freundlich Ohr und dann +Eur günstig Fürwort beim gemeinen Volk, +Daß gelte, was wir wünschen. + +Sicinius. +Wir sind hier +Zu freundlichem Vergleiche; unsre Herzen +Nicht abgeneigt zu ehren, zu befördern +Ihn, der uns hier versammelt. + +Brutus. +Um so lieber +Tun wir dies freudgen Muts, gedenkt er auch +Des Volks mit beßrem Sinn, als er bisher +Es hat geschätzt. + +Menenius. +Das paßt nicht, paßt hier nicht. +Ihr hättet lieber schweigen sollen. Gefällt's euch, +Cominius anzuhören? + +Brutus. +Herzlich gern. +Doch war mein Warnen besser hier am Platz +Als der Verweis. + +Menenius. +Er liebt ja euer Volk; +Doch zwingt ihn nicht, ihr Schlafgesell zu sein. +Edler Cominius, spricht + +(Coriolanus steht auf und will gehn.) + +Nein, bleib nur sitzen. + +Erster Senator. +Bleib, Coriolanus, schäm dich nicht, zu hören, +Was edel du getan. + +Coriolanus. +Verzeiht mir, Väter, +Eh will ich noch einmal die Wunden heilen, +Als hören, wie ich dazu kam. + +Brutus. +Ich hoffe, +Mein Wort vertrieb Euch nicht. + +Coriolanus. +O nein! doch oft +Hielt ich den Streichen stand und floh vor Worten. +Nicht schmeichelt und drum kränkt Ihr nicht. Eur Volk, +Das lieb ich nach Verdienst. + +Menenius. +Setzt Euch. + +Coriolanus. +Eh ließ ich +Im warmen Sonnenschein den Kopf mir kratzen, +Wenn man zum Angriff bläst, als, müßig sitzend, +Mein Nichts zum Fabelwerk vergrößert hören. + +(Geht ab.) + +Menenius. +Volksvertreter! +Wie könnt er euer scheckgen Brut' wohl schmeicheln, +Wo einer gut im Tausend? wenn ihr seht, +Er wagt eh alle Glieder für den Ruhm, +Als eins von seinen Ohren, ihn zu hören? +Cominius, fahre fort. + +Cominius. +Mir fehlt's an Stimme. Coriolanus' Taten +Soll man nicht schwach verkünden. Wie man sagt, +Ist Mut die erste Tugend und erhebt +Zumeist den Eigner; ist es so, dann wiegt +Den Mann, von dem ich sprech, in aller Welt +Kein andrer auf. Mit sechzehn Jahren schon, +Da, als Tarquin Rom überzog, da focht er +Voraus den Besten. Der Diktator, hoch +Und groß gepriesen stets, sah seinen Kampf; +Wie mit dem Kinn der Amazon er jagte +Die bärtgen Lippen; zog aus dem Gedränge +Den hingestürzten Römer; schlug drei Feinde +Im Angesicht des Konsuls; traf Tarquin +Und stürzt' ihn auf das Knie. An jenem Tag, +Als er ein Weib konnt auf der Bühne spielen, +Zeigt' er sich ganz als Mann im Kampf; zum Lohn +Ward ihm der Eichenkranz. Sein zartes Alter +Gereift zum Manne, wuchs er, gleich dem Meer, +Und seit der Zeit, im Sturm von siebzehn Schlachten, +Streift' er den Kranz von jedem Schwert. Sein Letztes, +Erst vor, dann in Corioli, ist so, +Daß jedes Lob verarmt. Die Fliehnden hemmt' er, +Und durch sein hohes Beispiel ward dem Feigsten +Zum Spiel das Schrecknis. So wie Binsen tauchen +Dem Schiff im Segeln, wichen ihm die Menschen +Und schwanden seinem Streich. Sein Schwert, Todstempel, +Schnitt, wo es fiel, von Haupt zu Füßen nieder. +Vernichtung war er; jeglicher Bewegung +Hallt Sterberöcheln nach. Allein betrat er +Das Todestor der Stadt, das er bemalt +Mit unentrinnbarm Weh, und ohne Beistand +Entkommt er, trifft mit plötzlicher Verstärkung +Die Stadt, wie 'n Meteor; und sein ist alles, +Da plötzlich weckt ihm Schlachtgetöse rufend +Den wachen Sinn, und schnell den Mut verdoppelnd +Belebt sich frisch sein arbeitmüder Leib: +Er stürzt in neuen Kampf und schreitet nun +Blutdampfend über Menschenleben hin, +Als folg ihm Mord und Tod. Und bis wir Stadt +Und Schlachtfeld unser nannten, ruht' er nicht, +Um Atem nur zu schöpfen. + +Menenius. +Würdger Mann! + +Erster Senator. +Im vollsten Maß ist er der Ehre wert, +Die seiner harrt. + +Cominius. +Die Beute stieß er weg. +Kostbare Dinge sah er an, als wär's +Gemeiner Staub und Kehricht; wen'ger nimmt er, +Als selbst der Geiz ihm gäbe. Ihm ist Lohn +Für Großtat, sie zu tun. Zufrieden ist er, +Sein Leben so zu opfern ohne Zweck. + +Menenius. +Er ist von wahrem Adel. Ruft ihn her. + +Erster Senator. +Ruft Coriolanus. + +Erster Ratsdiener. +Er tritt schon herein. Coriolanus kommt zurück. + +Menenius. +Mt Freud ernennt dich, Coriolan, zum Konsul +Der sämtliche Senat. + +Coriolanus. +Stets weih ich ihm +Mein Leben, meinen Dienst. + +Menenius. +Jetzt bleibt nur noch, +Daß du das Volk anredest. + +Coriolanus. +Ich ersuch euch, +Erlaßt mir diesen Brauch; denn ich kann nicht +Das Kleid antun, entblößt stehn und sie bitten, +Um ihre Stimmen, meiner Wunden wegen. +Erlaubt, die Sitte zu umgehn. + +Sicinius. +Das Volk, Herr, +Muß Euer Werben haben, läßt nicht fahren +Den kleinsten Punkt des Herkomms. + +Menenius. +Reizt es nicht. +Nein, bitte! fügt Euch dem Gebrauch und nehmt, +Wie es bisher die Konsuln all getan, +Die Würd in ihrer Form. + +Coriolanus. +'s ist eine Rolle, +Die ich errötend spiel; auch wär es gut, +Dem Volke dies zu nehmen. + +Brutus. +Hört ihr das? + +Coriolanus. +Vor ihnen prahlen: dies tat ich und das; +Geheilte Schmarren zeigen, die ich bergen sollte, +Als hätt ich sie um ihres Atems Lohn +Allein bekommen.-- + +Menenius. +Nein, du mußt dich fügen. +Ihr Volkstribunen, euch empfehlen wir: +Macht den Entschluß bekannt. Dem edlen Konsul +Sei alle Freud und Ehre! + +Senatoren. +Den Coriolanus kröne Freud und Ehre! + +(Trompeten. Die Senatoren gehn.) + +Brutus. +Ihr seht, wie er das Volk behandeln will. + +Sicinius. +Wenn sie's nur merkten. Er wird sie ersuchen, +Als wie zum Hohn, daß er von ihnen bittet, +Was sie gewähren müssen. + +Brutus. +Doch sogleich +Erfahren sie, was hier geschah. Ich weiß, +Sie warten unser auf dem Markt. + +(Sie gehn ab.) + + + +Dritte Szene + +Das Forum +Mehrere Bürger treten auf + + +Erster Bürger. +Ein und für allemal: wenn er unsre Stimmen verlangt, können +wir sie ihm nicht abschlagen. + +Zweiter Bürger. +Wir können, Freund, wenn wir wollen. + +Dritter Bürger. +Wir haben freilich die Gewalt; aber es ist eine Gewalt, die wir +nicht Gewalt haben, zu gebrauchen. Denn wenn er uns seine Wunden +zeigt und seine Taten erzählt, so müssen wir unsre Zungen in diese +Wunden legen und für ihn sprechen; ebenso, wenn er uns seine edlen +Taten mitteilt, so müssen wir ihm unsre edle Anerkennung derselben +mitteilen. Undankbarkeit ist ungeheuer; wenn die Menge nun undankbar +wäre, das hieße, aus der Menge ein Ungeheuer machen; wir, die wir +Glieder derselben sind, würden ja dadurch Ungeheuerglieder werden. + +Erster Bürger. +Und es fehlt wenig, daß wir für nichts besser gehalten werden; +denn dazumal, als wir wegen des Korns einen Aufstand machten, +scheute er sich nicht, uns die vielköpfige Menge zu nennen. + +Dritter Bürger. +So hat uns schon mancher genannt. Nicht, weil von unsern Köpfen +einige braun, einige schwarz, einige scheckig und einige kahl sind, +sondern weil unser Witz so vielfarbig ist; und das glaube ich +wahrhaftig, auch wenn alle unsre Witze aus einem und demselben +Schädel herausgelassen würden, so flögen sie nach Ost, West, Nord +und Süd; und verständigten sie sich, einen graden Weg zu suchen, so +würden sie zugleich auf allen Punkten des Kompasses sein. + +Zweiter Bürger. +Glaubst du das? Wohin, denkst du, würde dann mein Witz fliegen? + +Dritter Bürger. +O! dein Witz kann nicht so schnell heraus, als der von andern Leuten; +denn er ist zu fest in einen Klotzkopf eingekeilt; aber wenn er seine +Freiheit hätte, so würde er gewiß südwärts fliegen. + +Zweiter Bürger. +Warum dahin? + +Dritter Bürger. +Um sich in einem Nebel zu verlieren; wären nun drei Viertel davon in +faulem Dunst weggeschmolzen, so würde der letzte Teil aus +Gewissenhaftigkeit zurückkommen, um dir zu einer Frau zu verhelfen. + +Zweiter Bürger. +Du hast immer deine Schwänke im Kopf. Schon gut, schon gut! + +Dritter Bürger. +Seid ihr alle entschlossen, eure Stimmen zu geben? Aber das macht +nichts; die größere Zahl setzt es durch. Ich bleibe dabei: wenn er +dem Volke geneigter wäre, so gab es nie einen bessern Mann. + +(Coriolanus und Menenius treten auf.) + +Hier kommt er! und zwar in dem Gewand der Demut. Gebt acht auf sein +Betragen.--Wir müssen nicht so beisammen bleiben, sondern zu ihm gehn, +wo er steht, einzeln oder zu zweien und dreien. Er muß jedem besonders +eine Bitte vortragen, dadurch erlangt der einzelne die Ehre, ihm seine +eigne Stimme mit seiner eignen Zunge zu geben. Darum folgt mir, und ich +will euch anweisen, wie ihr zu ihm gehn sollt. + +Alle. +Recht so, recht so! + +(Sie gehn ab.) + +Menenius. +Nein, Freund, Ihr habt nicht recht. Wißt Ihr denn nicht, +Die größten Männer taten's. + +Coriolanus. +Was nur sag ich? +Ich bitte!--Herr.--Verdammt! ich kann die Zunge +In diesen Gang nicht bringen. Seht die Wunden-- +Im Dienst des Vaterlands empfing ich sie, +Als ein'ge Euer Brüder brüllend liefen +Vor unsern eignen Trommeln. + +Menenius. +Nein.--Ihr Götter! +Nicht davon müßt Ihr reden. Nein, sie bitten, +An Euch zu denken. + +Coriolanus. +An mich denken! Hängt sie! +Vergäßen sie mich lieber, wie die Tugend, +Umsonst von Priestern eingeschärft. + +Menenius. +Ich bitte! +Verderbt nicht alles, sprecht sie an; doch, bitt ich, +Anständger Weis. Es kommen zwei Bürger. + +Coriolanus. +Heißt ihr Gesicht sie waschen +Und ihre Zähne reinigen. Ach! da kommt so'n Paar! +Ihr wißt den Grund, weshalb ich hier bin, Freund. + +Erster Bürger. +Jawohl; doch sagt, was Euch dazu gebracht? + +Coriolanus. +Mein eigner Wert. + +Zweiter Bürger. +Euer eigner Wert? + +Coriolanus. +Ja, Nicht +Mein eigner Wunsch. + +Erster Bürger. +Wie? Nicht Euer eigner Wunsch? + +Coriolanus. +Nein, Freund! nie war's mein eigner Wunsch, mit Betteln +Den Armen zu belästigen. + +Erster Bürger. +Ihr müßt denken, +Wenn wir Euch etwas geben, ist's in Hoffnung, +Durch Euch auch zu gewinnen. + +Coriolanus. +Gut, sagt mir den Preis des Konsulats. + +Erster Bürger. +Der Preis ist: freundlich drum zu bitten. + +Coriolanus. +Freundlich? +Ich bitte, gönnt mir's. Wunden kann ich zeigen, +Wenn wir allein sind--Eure Stimme, Herr! +Was sagt Ihr? + +Zweiter Bürger. +Würdger Mann, Ihr sollt sie haben. + +Coriolanus. +Geschloßner Kauf! +Zwei edle Stimmen also schon erbettelt. +Eur Almosen hab ich!--Geht! + +Erster Bürger. +Doch das ist seltsam. + +Zweiter Bürger. +Müßt ich sie nochmals geben--doch--meinthalb. + +(Sie gehn ab.) + +Zwei andere Bürger kommen. + +Coriolanus. +Ich bitt euch nun, wenn sich's zu dem Tone eurer Stimmen paßt, +daß ich Konsul werde; ich habe hier den üblichen Rock an. + +Dritter Bürger. +Ihr habt Euch edel um Euer Vaterland verdient gemacht und habt +Euch auch nicht edel verdient gemacht. + +Coriolanus. +Euer Rätsel? + +Dritter Bürger. +Ihr waret eine Geißel für seine Feinde; Ihr waret eine Rute für +seine Freunde. Ihr habt, die Wahrheit zu sagen, das gemeine Volk +nicht geliebt. + +Coriolanus. +Ihr solltet mich für um so tugendhafter halten, da ich meine Liebe +nicht gemein gemacht habe. Freund, ich will meinem geschwornen Bruder, +dem Volk, schmeicheln, um eine beßre Meinung von ihm zu ernten: es +ist ja eine Eigenschaft, die sie hoch anrechnen. Und da der Weisheit +ihrer Wahl mein Hut lieber ist als mein Herz, so will ich mich auf +die einschmeichelnde Verbeugung üben und mich mit ihnen abfinden auf +ganz nachäffende Art. Das heißt, Freund, ich will die Bezauberungskünste +irgendeines Volksfreundes nachäffen und den Verlangenden höchst +freigebig mitteilen. Deshalb bitt ich euch: laßt mich Konsul werden. + +Vierter Bürger. +Wir hoffen, uns in Euch einen Freund zu erwerben, und geben Euch darum +unsre Stimmen herzlich gern. + +Dritter Bürger. +Ihr habt auch mehrere Wunden für das Vaterland empfangen. + +Coriolanus. +Ich will eure Kenntnis nicht dadurch besiegeln, daß ich sie euch zeige. +Ich will eure Stimmen sehr hoch schätzen und euch nun nicht länger zur +Last fallen. + +Beide Bürger. +Die Götter geben Euch Freude: das wünschen wir aufrichtig. + +(Die Bürger gehn ab.) + +Coriolanus. +O süße Stimmen! +Lieber verhungert, lieber gleich gestorben, +Als Lohn erbetteln, den wir schon erworben. +Warum soll hier im Narrenkleid ich stehn, +Um Hinz und Kunz und jeden anzuflehn +Um nutzlos Fürwort? Weil's der Brauch verfügt. +Doch wenn sich alles vor Gebräuchen schmiegt, +Wird nie der Staub des Alters abgestreift, +Berghoher Irrtum wird so aufgehäuft, +Daß Wahrheit nie ihn überragt. Eh zahm, +Noch Narr ich bin, sei aller Ehrenkram +Dem, den's gelüstet.--Halb ist's schon geschehn, +Viel überstanden, mag's nun weitergehn. + +(Drei andre Bürger kommen.) + +Mehr Stimmen noch!-- +Eure Stimmen! denn für eure Stimmen focht ich, +Für eure Stimmen wacht ich, für eure Stimmen +Hab ich zwei Dutzend Narben; achtzehn Schlachten +Hab ich gesehn, gehört; für eure Stimmen +Getan sehr vieles, minder, mehr. Eure Stimmen! +Gewiß, gern wär ich Konsul. + +Fünfter Bürger. +Er hat edel gehandelt, und kein redlicher Mann kann ihm seine +Stimme versagen. + +Sechster Bürger. +Darum laßt ihn Konsul werden. Die Götter verleihen ihm Glück +und machen ihn zum Freund des Volkes. + +Alle. +Amen! Amen! +Gott schütz dich, edler Konsul! + +Coriolanus. +Würdge Stimmen! + +(Die Bürger gehn ab.) + +Menenius, Sicinius und Brutus treten auf. + +Menenius. +Ihr gnügtet jetzt der Vorschrift. Die Tribunen +Erhöhen Euch durch Volkesstimm, es bleibt nur, +Daß im Gewand der Würde Ihr alsbald +Nun den Senat besucht. + +Coriolanus. +Ist dies nun aus? + +Sicinius. +Genügt habt Ihr dem Brauche des Ersuchens, +Das Volk bestätigt Euch, Ihr seid geladen +Zur Sitzung, um ernannt sogleich zu werden. + +Coriolanus. +Wo? Im Senat? + +Sicinius. +Ja, Coriolanus, dort. + +Coriolanus. +Darf ich die Kleider wechseln? + +Sicinius. +Ja, Ihr dürft es. + +Coriolanus. +Das will ich gleich; und kenn ich selbst mich wieder, +Mich zum Senat verfügen. + +Menenius. +Ich geh mit Euch. Wollt ihr uns nicht begleiten? + +Brutus. +Wir harren hier des Volks. + +Sicinius. +Gehabt euch wohl! + +(Coriolan und Menenius gehn ab.) + +Er hat's nun, und, mich dünkt, sein Blick verriet, +Wie's ihm am Herzen liegt. + +Brutus. +Mit stolzem Herzen trug er +Der Demut Kleid. Wollt Ihr das Volk entlassen? Die Bürger +kommen zurück. + +Sicinius. +Nun, Freunde, habt ihr diesen Mann erwählt? + +Erster Bürger. +Ja, unsre Stimmen hat er. + +Brutus. +Die Götter machen wert ihn eurer Liebe. + +Zweiter Bürger. +Amen! Nach meiner armen, schwachen Einsicht +Verlacht' er uns, um unsre Stimmen bittend. + +Dritter Bürger. +Gewiß, er höhnt' uns gradezu. + +Erster Bürger. +Nein, das ist seine Art; er höhnt' uns nicht. + +Zweiter Bürger. +Du bist der einzge, welcher sagt, er habe +Uns schmählich nicht behandelt; zeigen sollt er +Die Ehrenmal', fürs Vaterland die Wunden. + +Sicinius. +Nun, und das tat er doch? + +Mehrere Bürger. +Nein, keiner sah sie. + +Dritter Bürger. +Er habe Wunden, insgeheim zu zeigen, +Sprach er, uns so den Hut verächtlich schwenkend: +Ich möchte Konsul sein;--doch, alter Brauch +Erlaubt es nicht, als nur durch eure Stimmen. +Drum eure Stimmen!--Als wir eingewilligt, +Da hieß es: Dank für eure Stimmen, dank euch! +O süße Stimmen! nun ihr gabt die Stimmen, +Stör ich euch länger nicht.--War das kein Hohn? + +Sicinius. +Ihr waret blöde, scheint's, dies nicht zu sehn; +Und, saht ihr's, allzu kindisch, freundlich doch +Die Stimmen ihm zu leihn. + +Brutus. +Was? Spracht ihr nicht +Nach Anweisung? Als er noch ohne Macht +Und nur des Vaterlands geringer Diener, +Da war er euer Feind, sprach stets der Freiheit +Entgegen und den Rechten, die ihr habt +Im Körper unsers Staats; und nun erhoben +Zu mächtgem Einfluß und Regierung selbst-- +Wenn er auch da mit bösem Sinn verharrt, +Feind der Plebejer, könnten eure Stimmen +Zum Fluch euch werden. Konntet ihr nicht sagen: +Gebühr auch seinem edlen Tun nichts mindres, +Als was er suche, mög er doch mit Huld, +Zum Lohn für eure Stimmen, euer denken, +Verwandelnd seinen Haß für euch in Liebe, +Euch Freund und Gönner sein? + +Sicinius. +Spracht ihr nun so, +Wie man euch riet, so ward sein Geist erregt, +Sein Sinn geprüft; so ward ihm abgelockt +Ein gütiges Versprechen, woran ihr, +Wenn Ursach sich ergab, ihn mahnen konntet. +Wo nicht, so ward sein trotzig Herz erbittert, +Das keinem Punkt sich leicht bequemt, der irgend +Ihn binden kann; so, wenn in Wut gebracht, +Nahmt ihr den Vorteil seines Zornes wahr, +Und er blieb unerwählt. + +Brutus. +Bemerktet ihr, +Wie er euch frech verhöhnt', indem er bat, +Da eure Lieb er brauchte? Wie--und glaubt ihr, +Es wird euch nicht sein Hohn zermalmend treffen, +Wenn ihm die Macht wird? War in all den Körpern +Denn nicht ein Herz? Habt ihr nur deshalb Zungen, +Weisheit, Vernunft zu überschrein? + +Sicinius. +Habt ihr +Nicht Bitten sonst versagt? und jetzo ihm, +Der euch nicht bat, nein, höhnte, wollt ihr schenken +Die Stimmen, die sonst jeder ehrt? + +Dritter Bürger. +Noch ward er nicht ernannt, wir können's weigern. + +Zweiter Bürger. +Und wollen's weigern. +Fünfhundert Stimmen schaff ich von dem Klang. + +Erster Bürger. +Ich dopple das und ihre Freund' als Zutat. + +Brutus. +So macht euch eilig fort. Sagt diesen Freunden, +Sie wählen einen Konsul, der der Freiheit +Sie wird berauben, uns so stimmlos machen +Wie Hunde, die man für ihr Kläffen schlägt +Und doch zum Kläffen hält. + +Sicinius. +Versammelt sie +Und widerruft, nach reiferm Urteil, alle +Die rasche Wahl. An seinen Stolz erinnert, +An seinen alten Groll auf euch. Vergeßt nicht, +Wie er mit Hoffart trug der Demut Kleid, +Wie flehend er euch höhnt'. Nur eure Liebe, +Gedenkend seiner Dienste, hindert' euch, +Zu sehn, wie sein Benehmen jetzt erschien, +Das achtungslos und spöttisch er gestaltet +Nach eingefleischtem Haß. + +Brutus. +Legt alle Schuld +Uns, den Tribunen, bei und sprecht: wir drängten +Euch, keines Einwurfs achtend, so, daß ihr +Ihn wählen mußtet. + +Sicinius. +Sagt, ihr stimmtet bei +Mehr, weil wir's euch befohlen als geleitet +Von eigner, wahrer Lieb; und eur Gemüt +Erfüllt von dem mehr, was ihr solltet tun, +Als was ihr wolltet, gabt ihr eure Stimmen +Ganz gegen euern Sinn. Gebt uns die Schuld. + +Brutus. +Ja, schont uns nicht; sagt, daß wir euch gepredigt, +Wie jung er schon dem Vaterland gedient, +Wie lang seitdem; aus welchem Stamm er sproßt, +Dem edlen Haus der Marcier; daher kam +Auch Ancus Marcius, Numas Tochtersohn, +Der nach Hostilius hier als König herrschte; +Das Haus gab uns auch Publius und Quintus, +Die uns durch Röhren gutes Wasser schafften; +Auch Censorinus, er, des Volkes Liebling, +Den, zweimal Censor, dieser Name schmückte, +Der war sein großer Ahn. + +Sicinius. +Ein so Entsproßner, +Der außerdem durch eignen Wert verdiente +Den hohen Platz; wir schärften stets euch ein, +Sein zu gedenken; doch da ihr erwägt + +(Messend sein jetzges Tun mit dem vergangnen), + +Er werd euch ewig Feind sein, widerruft ihr +Den übereilten Schluß. + +Brutus. +Sagt, nimmer wär's geschehn +(Darauf kommt stets zurück) ohn unsern Antrieb. +Und eilt, wenn ihr die Stimmzahl gezogen, +Aufs Kapitol. + +Mehrere Bürger. +Das wolln wir. Alle fast +Bereun schon ihre Wahl. + +(Die Bürger gehn ab.) + +Brutus. +So geh's nun fort; +Denn besser ist's, den Aufstand jetzt zu wagen, +Der später noch gefährlicher sich zeigte. +Wann er, nach seiner Art, in Wut gerät +Durch ihr Verweigern, so bemerkt und nützt +Den Vorteil seines Zorns. + +Sicinius. +Zum Kapitol! +Kommt, laßt uns dort sein vor dem Strom des Volks; +Dies soll, wie's teilweis ist, ihr Wille scheinen, +Was unser Treiben war. + +(Sie gehn ab.) + + + + +Dritter Aufzug + + + +Erste Szene + +Rom. Eine Straße Hörner. +Es treten auf Coriolanus, Menenius, Cominius, Titus Lartius, +Senatoren und Patrizier + + +Coriolanus. +Tullus Aufidius drohte denn von neuem? + +Titus. +Er tat's; und das war auch die Ursach, schneller +Den Frieden abzuschließen. + +Coriolanus. +So stehn die Volsker, wie sie früher standen, +Bereit, wenn sich der Anlaß beut, uns wieder +Zu überziehn. + +Cominius. +Sie sind so matt, o Konsul! +Daß wir wohl kaum in unserm Lebensalter +Ihr Banner fliegen sehn. + +Coriolanus. +Saht ihr Aufidius? + +Titus. +Ich gab ihm Sicherheit; er kam und fluchte +Ergrimmt den Volskern, die so niederträchtig +Die Stadt geräumt. Er lebt in Antium jetzt. + +Coriolanus. +Sprach er von mir? + +Titus. +Das tat er, Freund. + +Coriolanus. +Wie? Was? + +Titus. +Wie oft er, Schwert an Schwert, Euch angerannt; +Daß er von allen Dingen auf der Welt +Euch haß zumeist; sein Gut woll er verpfänden +Ohn Hoffnung des Ersatzes, könn er nur +Eur Sieger heißen. + +Coriolanus. +Dort in Antium lebt er? + +Titus. +In Antium. + +Coriolanus. +O! hätt ich Ursach, dort ihn aufzusuchen, +Zu trotzen seinem Haß! Willkommen hier! + +(Sicinius und Brutus treten auf.) + +Ha! seht, das da sind unsre Volkstribunen, +Zungen des großen Mundes; mir verächtlich, +Weil sie ihrer Amtsgewalt sich brüsten, +Mehr als der Adel dulden kann. + +Sicinius. +Nicht weiter! + +Coriolanus. +Ha! was ist das? + +Brutus. +Es ist gefährlich, geht Ihr-- +Zurück! + +Coriolanus. +Woher der Wechsel? + +Menenius. +Was geschah? + +Cominius. +Ward er vom Adel nicht und Volk bestätigt? + +Brutus. +Cominius, nein! + +Coriolanus. +Hatt ich von Kindern Stimmen? + +Erster Senator. +Macht Platz, Tribunen, er soll auf den Markt. + +Brutus. +Das Volk ist gegen ihn empört. + +Sicinius. +Halt ein! +Sonst Unheil überall. + +Coriolanus. +Dies eure Herde? +Die müssen Stimmen haben, jetzt zum Ja +Und gleich zum Nein?--Und ihr, was schafft denn ihr? +Seid ihr das Maul, regiert nicht ihre Zähne? +Habt ihr sie nicht gehetzt? + +Menenius. +Seid ruhig, ruhig! + +Coriolanus. +Das ist nur ein Komplott und abgekartet, +Um die Gewalt des Adels zu zerbrechen. +Duldet's--und lebt mit Volk, das nicht kann herrschen +Und nicht beherrscht sein. + +Brutus. +Nennt es nicht Komplott. +Das Volk schreit, ihr verhöhntet es, und neulich, +Als Korn umsonst verteilt ward, murrtet Ihr, +Schmähtet die Volkesfreunde, schaltet sie +Des Adels Feinde, Schmeichler, Zeitendiener. + +Coriolanus. +Nun, dies war längst bekannt. + +Brutus. +Allein nicht allen. + +Coriolanus. +Gabt ihr die Weisung ihnen jetzt? + +Brutus. +Ich, Weisung? + +Coriolanus. +Solch Tun sieht Euch schon ähnlich. + +Brutus. +Nicht unähnlich, +Und jedenfalls doch besser als das Eure. + +Coriolanus. +Warum denn ward ich Konsul? Ha! beim Himmel! +Nichtswürdig will ich sein wie ihr, dann macht mich +Zu euerm Mittribun. + +Sicinius. +Zuviel schon tut Ihr +Zur Aufreizung des Volks. Wollt Ihr die Bahn, +Die Ihr begannt, vollenden, sucht den Weg, +Den Ihr verloren habt, mit sanfterm Geist. +Sonst könnt Ihr nimmermehr als Konsul herrschen, +Noch als Tribun zur Seit ihm stehn. + +Menenius. +Nur ruhig! + +Cominius. +Man täuscht das Volk, verhetzt es.--Solche Falschheit +Ziemt Römern nicht. Verdient hat Coriolan +Nicht, daß man ehrlos diesen Stein ihm lege +In seine Ehrenbahn. + +Coriolanus. +Vom Korn mir sprechen? +Dies war mein Wort, und ich will's wiederholen. + +Menenius. +Nicht jetzt, nicht jetzt! + +Erster Senator. +Nicht jetzt in dieser Hitze. + +Coriolanus. +Bei meinem Leben! jetzt laßt mich gewähren, +Ihr Freunde! Ihr vom Adel! +Fest schau die schmutzge wankelmütge Menge +Mich an, der ich nicht schmeichle, und bespiegle +Sich selbst in mir.--Ich sag es wiederum: +Wir ziehn, sie hätschelnd, gegen den Senat +Unkraut der Rebellion, Frechheit, Empörung, +Wofür wir selbst gepflügt, den Samen streuten, +Da wir mit uns, der edlern Zahl, sie mengten, +Die keine andre Macht und Tugend missen, +Als die sie selbst an Bettler weggeschenkt. + +Menenius. +Nun gut, nichts mehr! + +Erster Senator. +Kein Wort mehr, laßt Euch bitten! + +Coriolanus. +Wie? nicht mehr? +Hab ich mein Blut fürs Vaterland vergossen, +Furchtlos dem fremden Dräun, so soll die Brust +Laut schelten, bis sie bricht auf diesen Aussatz, +Vor dessen Pest wir graun, und tun doch alles, +Um von ihm angesteckt zu sein. + +Brutus. +Ihr sprecht vom Volk +Als wäret Ihr ein Gott, gesandt zu strafen, +Und nicht ein Mensch, so schwach wie sie. + +Sicinius. +Gut wär es, +Wir sagten dies dem Volk. + +Menenius. +Wie! seinen Zorn? + +Coriolanus. +Zorn! +Wär ich so sanft wie mitternächtger Schlaf, +Beim Jupiter! dies wäre meine Meinung. + +Sicinius. +Und diese Meinung +Soll bleiben in sich selbst verschloßnes Gift, +Nicht andre mehr vergiften noch. + +Coriolanus. +Soll bleiben? +Hört ihr der Gründlinge Triton? Bemerkt ihr +Sein herrschend "Soll"? + +Cominius. +'s war ungesetzlich. + +Coriolanus. +Soll! +Du guter, aber höchst unkluger Adel! +Ehrbare, doch achtlose Senatoren! +Wie gebt ihr so der Hydra nach, zu wählen +Den Diener, der mit eigenmächtgem "Soll" + +(Er nur Trompet und Klang des Ungeheuers), + +Frech euern Strom in sumpfgen Teich will leiten +Und eure Macht auf sich.--Hat er Gewalt, +Neigt euch als blödgesinnt; wenn keine, weckt +Die Langmut, die Gefahr bringt. Seid ihr weise, +Gleicht nicht gemeinen Toren; seid ihr's nicht, +Legt ihnen Polster hin.--Ihr seid Plebejer, +Wenn Senatoren sie; sie sind nichts mindres, +Wenn durch der Stimmen Mischung nur nach ihnen +Das Ganze schmeckt. Sie wählten sich Beamte-- +Wie diesen, der sein "Soll" entgegensetzt, +Sein pöbelhaftes "Soll", weit würdgerm Rat, +Als Griechenland nur je verehrt. Beim Zeus! +Beschimpft wird so der Konsul, und mein Herz weint, +Zu sehn, wie, wenn zwei Mächte sich erheben +Und keine herrscht, Verderben, ungesäumt, +Dringt in die Lücke zwischen beid und stürzt +Die eine durch die andre. + +Cominius. +Gut, zum Marktplatz! + +Coriolanus. +Wer immer riet, das Korn der Vorratshäuser +Zu geben unentgeltlich, wie's gebräuchlich +Manchmal in Griechenland-- + +Menenius. +Genug! Nicht weiter! + +Coriolanus. +(Obgleich das Volk dort freire Macht besaß) +Der, sag ich, nährt Empörung, führt herbei +Den Untergang des Staats. + +Brutus. +Wie kann das Volk +Dem seine Stimme geben, der so spricht? + +Coriolanus. +Ich geb euch Gründe, +Mehr wert als ihre Stimmen: Korn, sie wissen's, +War nicht von uns ein Dank; sie waren sicher, +Sie taten nichts dafür; zum Krieg gepreßt, +Als selbst des Vaterlandes Herz erkrankte, +Da wollte keiner aus dem Tor: der Eifer +Verdient nicht Korn umsonst; hernach im Krieg +Ihr Meutern und Empören, ihres Mutes +Erhabne Proben, sprachen schlecht ihr Lob.-- +Die Klage, +Womit sie oftmals den Senat beschuldigt, +Aus ungebornem Grund, kann nie erzeugen +Ein Recht auf freie Schenkung. Nun--was weiter? +Wie mag so vielgeteilter Schlund verdaun +Die Güte des Senats? Die Taten sprechen, +Was Worte sagen möchten. Wir verlangten's, +Wir sind der größre Hauf; und sie, recht furchtsam, +Sie gaben, was wir heischten.--So erniedern +Wir unser hohes Amt, sind schuld, daß Pöbel +Furcht unsre Sorgfalt schilt. Dies bricht dereinst +Die Schranken des Senats und läßt die Krähen +Hinein, daß sie die Adler hacken. + +Menenius. +Kommt! Genug. + +Brutus. +Genug im Übermaß! + +Coriolanus. +Nein! nehmt noch mehr: +Was nur den Schwur, sei's göttlich, menschlich, heiligt, +Besiegle meinen Schluß. Die Doppelherrschaft, +Wo dieser Teil mit Grund verachtet, jener +Ohn Grund frohlockt, wo Adel, Macht und Weisheit +Nichts tun kann ohne jenes Ja und Nein +Des großen Unverstands--dies muß verdrängen, +Was wahrhaftig nötig ist, um Raum zu geben +Dem haltlos Nichtgen.--Hemmt man so den Zweck, +So folgt, daß nichts dem Zweck gemäß geschieht-- +Darum beschwör ich euch! +Ihr, die ihr wen'ger zaghaft seid als weise, +Die ihr mehr liebt des Staates feste Gründung +Als Ändrung scheut, die höher stets geachtet +Ein edles Leben als ein langes, die +Nicht fürchten, durch gewagte Kur zu retten +Den Leib vom sichern Tod--mit eins reißt aus +Die vielgespaltne Zung, laßt sie nicht lecken +Dies Süß, was ihnen Gift ist. Eur Entehrung +Verstümmelt das gesunde Urteil und +Beraubt den Staat der Einheit, die ihm ziemt, +So daß ihm Macht fehlt, Gutes, das er möchte, +Zu tun, weil ihn das Böse stets verhindert. + +Brutus. +Er sprach genug. + +Sicinius. +Er sprach als Hochverräter +Und soll es büßen, wie's Verräter tun. + +Coriolanus. +Elender du! Schmach sei dein Grab! Was soll das Volk, +Was soll's mit den kahlköpfigen Tribunen? +Anhangend ihnen weigert's den Gehorsam +Der höhern Obrigkeit. In einem Aufruhr, +Da nicht das Recht, nein, da die Not Gesetz war, +Da wurden sie gewählt--Zu beßrer Zeit +Sagt von dem Recht nun kühn: Dies ist das Recht, +Und schleudert in den Staub hin ihre Macht. + +Brutus. +Offner Verrat! + +Sicinius. +Der da ein Konsul? Nein. + +Brutus. +He! die Ädilen her! laßt ihn verhaften. + +Sicinius. +Geht, ruft das Volk. + +(Brutus geht ab.) + +Ich selbst, in seinem Namen, +Ergreife dich als Neurer und Empörer +Und Feind des Staats.--Folg, ich befehl es dir, +Um Rechenschaft zu stehn. + +Coriolanus. +Fort, alter Bock! + +Senatoren und Patrizier. +Wir schützen ihn. + +Menenius. +Die Hand weg, alter Mann! + +Coriolanus. +Fort, morsches Ding, sonst schüttl ich deine Knochen +Dir aus den Kleidern. + +Sicinius. +Helft! ihr Bürger, helft! Brutus kommt zurück mit den +Ädilen und einer Schar Bürger. + +Menenius. +Mehr Achtung beiderseits. + +Sicinius. +Hier ist er, welcher euch +Ganz machtlos machen will. + +Brutus. +Greift ihn, Ädilen. + +Die Bürger. +Nieder mit ihm! zu Boden! + +(Geschrei von allen Seiten.) + +Waffen! Waffen! + +(Alle drängen sich um Coriolanus.) + +Zweiter Senator. +Tribunen! Edle! Bürger! Haltet! Ha! +Sicinius! Brutus! Coriolanus! Bürger! + +Die Bürger. +Den Frieden haltet! Frieden! Haltet alle! + +Menenius. +Was wird draus werden? Ich bin außer Atem, +Es droht uns Untergang! Ich kann nicht, sprecht, +Tribunen, ihr, zum Volk. Coriolanus, ruhig! +Sprich, Freund Sicinius. + +Sicinius. +Hört mich, Bürger. Ruhig! + +Die Bürger. +Hört den Tribun. Still! Rede, rede, rede! + +Sicinius. +Ihr seid daran, die Freiheit zu verlieren. +Marcius will alles von euch nehmen, Marcius, +Den eben ihr zum Konsul wähltet. + +Menenius. +Pfui! +Dies ist der Weg zu zünden, nicht zu löschen. + +Erster Senator. +Die Stadt zu schleifen, alles zu zerstören. + +Sicinius. +Was ist die Stadt wohl, als das Volk? + +Die Bürger. +Ganz recht! +Das Volk nur ist die Stadt. + +Brutus. +Durch aller Einstimmung sind wir erwählt +Als Obrigkeit des Volks. + +Die Bürger. +Und sollt es bleiben. + +Menenius. +Ja, so sieht's aus. + +Cominius. +Dies ist der Weg, um alles zu zerstören, +Das Dach zu stürzen auf das Fundament +Und zu begraben jede Rangordnung +In Trümmerhaufen!-- + +Sicinius. +Dies verdient den Tod! + +Brutus. +Jetzt gilt's, daß unser Ansehn wir behaupten +Oder verlieren. Wir erklären hier +Im Namen dieses Volks, durch dessen Macht +Wir sind erwählt für sie: Marcius verdient +Sogleich den Tod. + +Sicinius. +Deshalb legt Hand an ihn, +Bringt zum Tarpejschen Felsen und von dort +Stürzt in Vernichtung ihn. + +Brutus. +Ädilen, greift ihn! + +Die Bürger. +Ergib dich, Marcius! + +Menenius. +Hört ein einzig Wort! +Tribunen, hört! ich bitt euch, nur ein Wort. + +Ädilen. +Still, still! + +Menenius. +Seid, was ihr scheint, Freunde des Vaterlands. +Ergreift mit weiser Mäßgung, was gewaltsam +Ihr herzustellen strebt. + +Brutus. +Die kalten Mittel, +Sie scheinen kluge Hilf und sind nur Gift, +Wenn so die Krankheit rast. Legt Hand an ihn +Und schleppt ihn auf den Fels! + +Coriolanus. +Nein, gleich hier sterb ich. + +(Er zieht sein Schwert.) + +Es sah wohl mancher unter euch mich kämpfen; +Kommt und versucht nun selbst, was ihr nur saht. + +Menenius. +Fort mit dem Schwert. Tribunen, steht zurück. + +Brutus. +Legt Hand an ihn. + +Menenius. +Helft! helft dem Marcius! helft! +Ihr hier vom Adel, helft ihm, jung und alt. + +Die Bürger. +Nieder mit ihm! Nieder mit ihm! + +(Handgemenge, die Tribunen, die Ädilen und das +Volk werden hinausgetrieben.) + +Menenius. +Geh! fort, nach deinem Haus! enteile schnell! +Zugrund geht alles sonst. + +Zweiter Senator. +Fort! + +Coriolanus. +Haltet stand! +Wir haben ebensoviel Freund als Feinde. + +Menenius. +Soll's dahin kommen? + +Erster Senator. +Das verhütet, Götter! +Mein edler Freund, ich bitte, geh nach Haus. +Laß uns des Schadens Kur. + +Menenius. +Denn unsre Wund ist's: +Du kannst nicht selbst dich heilen. Fort, ich bitte. + +Cominius. +Freund, geh hinweg mit uns. + +Coriolanus. +O! wären sie Barbaren! (und sie sind's, +Obwohl Roms Brut) nicht Römer! (und sie sind's nicht, +Obwohl geworfen vor dem Kapitol). + +Menenius. +Komm! +Nimm deinen edlen Zorn nicht auf die Zunge; +Einst kommt uns beßre Zeit. + +Coriolanus. +Auf ebnem Boden +Schlüg ich wohl ihrer vierzig. + +Menenius. +Ich auch nehm es +Mit zwei der besten auf, ja, den Tribunen. + +Cominius. +Doch hier ist Übermacht nicht zu berechnen; +Und Mannheit wird zur Torheit, stemmt sie sich +Entgegen stürzendem Gebäu. Entfernt Euch, +Eh dieser Schwarm zurückkehrt, dessen Wut +Rast wie gehemmter Strom, und übersteigt, +Was sonst ihn niederhielt. + +Menenius. +Ich bitte, geh! +So seh ich, ob mein alter Witz noch anschlägt +Bei Leuten, die nur wenig haben. Flicken +Muß man den Riß mit Lappen jeder Farbe. + +Coriolanus. +Nun komm! + +(Coriolanus, Cominius und andere gehn ab.) + +Erster Patrizier. +Der Mann hat ganz sein Glück zerstört. + +Menenius. +Sein Sinn ist viel zu edel für die Welt. +Er kann Neptun nicht um den Dreizack schmeicheln, +Nicht Zeus um seine Donner: Mund und Herz ist eins. +Was seine Brust nur schafft, kommt auf die Zunge, +Und ist er zornig, so vergißt er gleich, +Daß man den Tod je nannte. + +(Geräusch hinter der Szene.) + +Ein schöner Lärm. + +Zweiter Patrizier. +O! wären sie im Bett! + +Menenius. +Wären sie in der Tiber! Was, zum Henker, +Konnt er nicht freundlich sprechen! Brutus, Sicinius, +Bürger kommen zurück. + +Sicinius. +Wo ist die Viper, +Die unsre Stadt entvölkern möcht, um alles +In allem drin zu sein? + +Menenius. +Würdge Tribunen-- + +Sicinius. +Wir stürzen ihn von dem Tarpejschen Fels +Mit strenger Hand; er trotzet dem Gesetz, +Drum weigert das Gesetz ihm das Verhör; +Die Macht der bürgerlichen Strenge fühl er, +Die ihm so nichtig dünkt. + +Erster Bürger. +Er soll erfahren, +Des Volkes edler Mund sind die Tribunen, +Wir seine Hand. + +Mehrere Bürger. +Er soll! er soll! + +Menenius. +Freund-- + +Sicinius. +Still! + +Menenius. +Schreit nicht Vertilgung, wo ein mäßges Jagen +Zum Ziel euch führen mag. + +Sicinius. +Wie kommt's, daß Ihr +Ihm halft, sich fort zu machen? + +Menenius. +Hört mich an: +Wie ich den Wert des Konsuls kenne, kann ich +Auch seine Fehler nennen. + +Sicinius. +Konsul? welcher Konsul? + +Menenius. +Der Konsul Coriolan. + +Brutus. +Er, Konsul? + +Die Bürger. +Nein, nein, nein, nein, nein! + +Menenius. +Vergönnt, ihr, gutes Volk, und ihr, Tribunen, +Gehör, so möcht ich ein, zwei Worte sagen, +Die euch kein weitres Opfer kosten sollen +Als diese kurze Zeit. + +Sicinius. +So faßt Euch kurz, +Denn wir sind fest entschlossen, abzutun +Den giftgen Staatsverräter; ihn verbannen +Läßt die Gefahr bestehn; ihn hier behalten +Ist sichrer Tod. Drum wird ihm zuerkannt: +Er sterb noch heut. + +Menenius. +Verhüten das die Götter! +Soll unser hohes Rom, des Dankbarkeit +Für die verdienten Kinder steht verzeichnet +In Jovis Buch, entmenscht, verworfne Mutter, +Den eignen Sohn verschlingen. + +Sicinius. +Ein Schad ist er, muß ausgeschnitten werden. + +Menenius. +Ein Glied ist er, das einen Schaden hat: +Es abzuschneiden tödlich, leicht zu heilen. +Was tat er Rom, wofür er Tod verdiente? +Weil er die Feind' erschlug? Sein Blut, vergossen +(Und das, ich schwör's, ist mehr, als er noch hat, +Und manchen Tropfen), floß nur für sein Land;-- +Wird, was ihm bleibt, vergossen durch sein Land, +Das wär uns allen, die es tun und dulden, +Ein ewges Brandmal. + +Sicinius. +Das ist nur Gewäsch. + +Brutus. +Gänzlich verkehrt! Als er sein Land geliebt, +Ehrt' es ihn auch. + +Menenius. +Hat uns der Fuß gedient +Und wird vom Krebs geschädigt, denken wir +Nicht mehr der vor'gen Dienste? + +Brutus. +Schweigt nur still. +Zu seinem Hause hin! reißt ihn heraus, +Damit die Ansteckung von giftger Art +Nicht weiter fort sich zünde. + +Menenius. +Nur ein Wort. +So tigerfüßge Wut, sieht sie den Schaden +Der ungehemmten Eile, legt zu spät +Blei an die Sohlen.--Drum verfahrt nach Recht, +Daß nicht, da er beliebt, Partein sich rotten +Und unser hohes Rom durch Römer falle. + +Brutus. +Wenn das geschäh! + +Sicinius. +Was schwatzt Ihr da? +Wie er Gesetz' verhöhnte, sahn wir ja. +Ädilen schlagen! Trotz uns bieten! Kommt! + +Menenius. +Erwägt nur dies: er ist im Krieg erwachsen; +Seit er ein Schwert mocht haben, lernt' er fein +Gesiebte Sprache nicht, wirft Mehl und Kleie +Nun im Gemengsel aus. Bewilligt mir, +Ich geh zu ihm und bring ihn friedlich her, +Wo nach der Form des Rechts er Rede steht +Auf seine äußerste Gefahr. + +Erster Senator. +Tribunen, +Die Weis ist menschlich; allzu blutig würde +Der andre Weg, und im Beginnen nicht +Der Ausgang zu erkennen. + +Sicinius. +Edler Menenius, +So handelt Ihr denn als des Volks Beamter;-- +Ihr Leute, legt die Waffen ab. + +Brutus. +Geht nicht nach Haus. + +Sicinius. +Hin auf den Markt, dort treffen wir Euch wieder, +Und bringt ihr Marcius nicht, so gehn wir weiter +Auf unserm ersten Weg. + +(Ab.) + +Menenius. +Ich bring ihn euch. + +(Zu den Senatoren.) + +Geht mit mir, ich ersuch euch. Er muß kommen, +Sonst folgt das Schlimmste. + +Erster Senator. +Laßt uns zu ihm gehn. + +(Alle ab.) + + + +Zweite Szene + +Zimmer in Coriolans Hause +Coriolanus tritt auf mit einigen Patriziern + + +Coriolanus. +Laßt sie mir um die Ohren alles werfen: +Mir drohn mit Tod durch Rad, durch wilde Rosse; +Zehn Berg' auf den Tarpejschen Felsen türmen, +Daß sich der Absturz tiefer reißt, als je +Das Auge sieht: doch bleib ich ihnen stets +Also gesinnt. + +Erster Patrizier. +Ihr handelt um so edler. + +(Volumnia tritt auf.) + +Coriolanus. +Mich wundert, wie die Mutter +Mein Tun nicht billigt, die doch lumpge Sklaven +Sie stets genannt; Geschöpfe, nur gemacht, +Daß sie mit Pfenngen schachern; barhaupt stehn +In der Versammlung, gähnen, staunen, schweigen, +Wenn einer meines Ranges sich erhebt, +Redend von Fried und Krieg. +(Zu Volumnia.) Ich sprach von Euch. +Weshalb wünscht Ihr mich milder? Soll ich falsch sein +Der eignen Seele? Lieber sagt, ich spiele +Den Mann nur, der ich bin. + +Volumnia. +O! Sohn, Sohn, Sohn! +Hättst deine Macht du doch erst angelegt, +Eh du sie abgenutzt. + +Coriolanus. +Sie fahre hin! + +Volumnia. +Du konntest mehr der Mann sein, der du bist, +Wenn du es wen'ger zeigtest; schwächer waren +Sie deinem Sinn entgegen, hehltest du +Nur etwas mehr, wie du gesinnt, bis ihnen +Die Macht gebrach, um dich zu kreuzen. + +Coriolanus. +Hängt sie! + +Volumnia. +Ja, und verbrennt sie! Menenius kommt mit Senatoren. + +Menenius. +Kommt! kommt! Ihr wart zu rauh, etwas zu rauh. +Ihr müßt zurück, es bessern. + +Erster Senator. +Da hilft nichts. +Denn tut Ihr dieses nicht, reißt auseinander +Die Stadt und geht zugrund. + +Volumnia. +O! laß dir raten. +Ich hab ein Herz, unbeugsam, wie das deine, +Doch auch ein Hirn, das meines Zornes Ausbruch +Zu besserm Vorteil lenkt. + +Menenius. +Recht, edle Frau. +Eh er sich so der Herde beugt, wenn's nicht +Die Fieberwut der Zeit als Mittel heischte +Dem ganzen Staat, schnallt' ich die Rüstung um, +Die ich kaum tragen kann. + +Coriolanus. +Was muß ich tun? + +Menenius. +Zu den Tribunen kehren. + +Coriolanus. +Was weiter denn? + +Menenius. +Bereun, was Ihr gesprochen. + +Coriolanus. +Um ihretwillen? +Nicht kann ich's um der Götter willen tun; +Muß ich's denn ihretwillen tun? + +Volumnia. +Du bist zu herrisch. +Magst du auch hierin nie zu edel sein, +Gebietet Not doch auch.--Du selbst oft sagtest: +"Wie Ehr und Politik als treue Freunde +Im Krieg zusammen gehn." Ist's dies, so sprich, +Wie sie im Frieden wohl sich schaden können, +Daß sie in ihm sich trennen? + +Coriolanus. +Pah! + +Menenius. +Gut gefragt. + +Volumnia. +Bringt es im Krieg dir Ehre, der zu scheinen, +Der du nicht bist (und großer Zwecke halb +Gebrauchst du diese Politik), entehrt's nun, +Daß sie im Frieden soll Gemeinschaft halten +Mit Ehre, wie im Krieg, da sie doch beiden +Gleich unentbehrlich ist? + +Coriolanus. +Was drängst du so? + +Volumnia. +Weil jetzt dir obliegt, zu dem Volk zu reden, +Nicht nach des eignen Sinnes Unterweisung, +Noch in der Art, wie dir dein Herz befiehlt; +Mit Worten nur, die auf der Zunge wachsen, +Bastardgeburten, Lauten nur und Silben, +Die nicht des Herzens Wahrheit sind verpflichtet. +Dies, wahrlich, kann sowenig dich entehren, +Als eine Stadt durch sanftes Wort erobern, +Wo sonst dein Glück entscheiden müßt und Wagnis +Von vielem Blutvergießen.-- +Ich wollte meine Art und Weise bergen, +Wenn Freund' und Glück es in Gefahr verlangten, +Und blieb' in Ehr.--Ich steh hier auf dem Spiel, +Dein Weib, dein Sohn, die Edlen, der Senat, +Und du willst lieber unserm Pöbel zeigen, +Wie du kannst finster sehn, als einmal lächeln, +Um ihre Gunst zu erben und zu schützen, +Was ohne sie zugrund geht. + +Menenius. +Edle Frau! +Kommt, geht mit uns, sprecht freundlich und errettet +Nicht nur, was jetzt gefährlich, nein, was schon +Verloren war. + +Volumnia. +Ich bitte dich, mein Sohn, +Geh hin, mit dieser Mütz in deiner Hand, +So streck sie aus, tritt so an sie heran, +Dein Knie berühr die Stein'; in solchem Tun ist +Gebärd ein Redner, und der Einfalt Auge +Gelehrter als ihr Ohr. Den Kopf so wiegend +Und oft auch so, dein stolzes Herz bestrafend, +Sei sanft, so wie die Maulbeer überreif, +Die jedem Drucke weicht. Dann sprich zu ihnen: +Du seist ihr Krieger, im Gelärm erwachsen, +Habst nicht die sanfte Art, die, wie du einsähst, +Dir nötig sei, die sie begehren dürften, +Wärbst du um ihre Gunst; doch wolltst du sicher +Dich künftig wandeln zu dem Ihrigen, +So weit Natur und Kraft in dir nur reichten. + +Menenius. +Das nur getan, +So wie sie sagt, sind alle Herzen dein, +Denn sie verzeihn so leicht, wenn du sie bittest, +Als sonst sie müßig schwatzen. + +Volumnia. +O! gib nach! +Laß dir nur diesmal raten. Weiß ich schon, +Du sprängst eh mit dem Feind in Feuerschlünde, +Als daß du ihm in Blumenlauben schmeichelst. +Hier ist Cominius. + +(Cominius tritt auf) + +Cominius. +Vom Marktplatz komm ich, Freund, und dringend scheint, +Daß Ihr Euch sehr verstärkt, sonst hilft Euch nur +Flucht oder Sanftmut. Alles ist in Wut. + +Menenius. +Nur gutes Wort. + +Cominius. +Das, glaub ich, dient am besten, +Zwingt er sein Herz dazu. + +Volumnia. +Er muß und will. +Laß dich erbitten; sag: "Ich will", und geh! + +Coriolanus. +Muß ich mit bloßem Kopf mich zeigen? Muß ich +Mit niedrer Zunge Lügen strafen so +Mein edles Herz, das hier verstummt? Nun gut, ich tu's. +Doch käm's nur auf das einzge Stück hier an, +Den Marcius, sollten sie zu Staub ihn stampfen +Und in den Wind ihn streun.--Zum Marktplatz nun. +Ihr zwingt mir eine Rolle auf, die ich nie +Natürlich spiele. + +Cominius. +Kommt, wir helfen Euch. + +Volumnia. +O! hör mich, holder Sohn. Du sagtest oft, +Daß dich mein Lob zum Krieger erst gemacht. +So spiel, mein Lob zu ernten, eine Rolle, +Die du noch nie geübt. + +Coriolanus. +Ich muß es tun. +Fort, meine Sinnesart! Komm über mich, +Geist einer Metze. Mein Kriegsschrei sei verwandelt, +Der in die Trommeln rief, jetzt in ein Pfeifchen, +Dünn wie des Hämlings, wie des Mädchens Stimme, +Die Kinder einlullt; eines Buben Lächeln +Wohn auf der Wange mir; Schulknabentränen +Verdunkeln mir den Blick; des Bettlers Zunge +Reg in dem Mund sich; mein bepanzert Knie, +Das nur im Bügel krumm war, beuge sich +Wie des, der Pfennge fleht.--Ich will's nicht tun, +Nicht so der eignen Wahrheit Ehre schlachten, +Und durch des Leibs Gebärdung meinen Sinn +Zu ewger Schand abrichten. + +Volumnia. +Wie du willst. +Von dir zu betteln ist mir größre Schmach, +Als dir von ihnen. Fall alles denn in Trümmer! +Mag lieber deinen Stolz die Mutter fühlen, +Als stets Gefahr von deinem Starrsinn fürchten. +Den Tod verlach ich, großgeherzt wie du. +Mein ist dein Mut, ja, den sogst du von mir, +Dein Stolz gehört dir selbst. + +Coriolanus. +Sei ruhig, Mutter, +Ich bitte dich!--Ich gehe auf den Markt; +Schilt mich nicht mehr. Als Taschenspieler nun +Stehl ich jetzt ihre Herzen, kehre heim +Von jeder Zunft geliebt. Siehst du, ich gehe. +Grüß meine Frau. Ich kehr als Konsul wieder; +Sonst glaube nie, daß meine Zung es weit +Im Weg des Schmeichelns bringt. + +Volumnia. +Tu, was du willst. + +(Sie geht ab.) + +Cominius. +Fort, die Tribunen warten. Rüstet Euch +Mit milder Antwort; denn sie sind bereit, +Hör ich, mit härtern Klagen, als die jetzt +Schon auf Euch lasten. + +Coriolanus. +"Mild" ist die Losung. Bitte, laßt uns gehn. +Laßt sie mit Falschheit mich beschuldigen, ich +Antworte ehrenvoll. + +Menenius. +Nur aber milde. + +Coriolanus. +Gut, milde sei's denn, milde. + +(Alle ab.) + + + +Dritte Szene + +Das Forum +Sicinius und Brutus treten auf + + +Brutus. +Das muß der Hauptpunkt sein: daß er erstrebt +Tyrannische Gewalt; entschlüpft er da, +Treibt ihn mit seinem Volkshaß in die Enge, +Und daß er nie verteilen ließ die Beute, +Die den Antiaten abgenommen ward. + +(Ein Ädil tritt auf.) + +Nun, kommt er? + +Ädil. +Er kommt. + +Brutus. +Und wer begleitet ihn? + +Ädil. +Der alte +Menenius und die Senatoren, die +Ihn stets begünstigt. + +Brutus. +Habt Ihr ein Verzeichnis +Von allen Stimmen, die wir uns verschafft, +Geschrieben nach der Ordnung? + +Ädil. +Ja, hier ist's. + +Brutus. +Habt Ihr nach Tribus sie gesammelt? + +Ädil. +Ja. + +Sicinius. +So ruft nun ungesäumt das Volk hieher, +Und hören sie mich sagen: "So soll's sein, +Nach der Gemeinen Fug und Recht", sei's nun +Tod, Geldbuß oder Bann: so laß sie schnell +"Tod" rufen, sag ich: "Tod!", "Geldbuße", sag ich: "Buße", +Auf ihrem alten Vorrecht so bestehn +Und auf der Kraft in der gerechten Sache. + +Ädil. +Ich will sie unterweisen. + +Brutus. +Und haben sie zu schreien erst begonnen, +Nicht aufgehört, nein, dieser wilde Lärm +Muß die Vollstreckung Augenblicks erzwingen +Der Strafe, die wir rufen. + +Ädil. +Wohl, ich gehe. + +Sicinius. +Und mach sie stark und unserm Wink bereit, +Wann wir ihn immer geben. + +Brutus. +Macht Euch dran! + +(Der Ädil geht ab.) + +Reizt ihn sogleich zum Zorn; er ist gewohnt +Zu siegen, und ihm gilt als höchster Ruhm +Der Widerspruch. Einmal in Wut, nie lenkt er +Zur Mäßigung zurück; dann spricht er aus, +Was er im Herzen hat; genug ist dort, +Was uns von selbst hilft, ihm den Hals zu brechen. +Es treten auf Coriolanus, Menenius, Cominius, Senatoren +und Patrizier. + +Sicinius. +Nun seht, hier kommt er. + +Menenius. +Sanft, das bitt ich dich. + +Coriolanus. +Ja, wie ein Stallknecht, der für lumpgen Heuer +Den Schurken zehnfach einsteckt.--Hohe Götter! +Gebt Rom den Frieden und den Richterstühlen +Biderbe Männer! Pflanzet Lieb uns ein! +Füllt dicht mit Friedensprunk die Tempelhallen, +Und nicht mit Krieg die Straßen. + +Erster Senator. +Amen! Amen! + +Menenius. +Ein edler Wunsch. + +Sicinius. +Ihr Bürger, tretet näher. Der Ädil kommt mit den Bürgern. + +Ädil. +Auf die Tribunen merkt! Gebt acht! Still! still! + +Coriolanus. +Erst hört mich reden. + +Beide Tribunen. +Gut, sprecht--ruhig denn. + +Coriolanus. +Werd ich nicht weiter angeklagt als hier? +Wird alles jetzt gleich ausgemacht? + +Sicinius. +Ich frage: +Ob Ihr des Volkes Stimm Euch unterwerft, +Die Sprecher anerkennt und willig tragt +Die Strafe des Gesetzes für die Fehler, +Die man Euch dartun wird? + +Coriolanus. +Ich trage sie. + +Menenius. +O, Bürger, seht! er sagt, er will sie tragen: +Der Kriegesdienste, die er tat, gedenkt; +Seht an die Wunden, die sein Körper hat, +Sie gleichen Gräbern auf geweihtem Boden. + +Coriolanus. +Geritzt von Dornen, Schrammen, nur zum Lachen. + +Menenius. +Erwägt noch ferner: +Daß, hört ihr ihn nicht gleich dem Bürger sprechen, +Den Krieger findet ihr in ihm. Nehmt nicht +Den rauhen Klang für bös gemeintes Wort; +Nein, wie gesagt, so wie's dem Krieger ziemt, +Nicht feindlich euch. + +Cominius. +Gut, gut, nichts mehr. + +Coriolanus. +Wie kommt's, +Daß ich, einstimmig anerkannt als Konsul, +Nun so entehrt bin, daß zur selben Stunde +Ihr mir die Würde nehmt? + +Sicinius. +Antwortet uns. + +Coriolanus. +Sprecht denn, 's ist wahr, so sollt ich ja. + +Sicinius. +Wir zeihn dich, daß du hast gestrebt, zu stürzen +Recht und Verfassung Roms und so dich selbst +Tyrannisch aller Herrschaft anzumaßen, +Und darum stehst du hier als Volksverräter. + +Coriolanus. +Verräter!-- + +Menenius. +Still nur, mäßig!--Dein Versprechen. + +Coriolanus. +Der tiefsten Hölle Glut verschling das Volk! +Verräter ich! du lästernder Tribun! +Und säßen tausend Tod' in deinem Auge, +Und packten Millionen deine Fäuste, +Wärn doppelt die auf deiner Lügnerzunge: +Ich, ich sag' dennoch dir, du lügst!--die Brust +So frei, als wenn ich zu den Göttern bete. + +Sicinius. +Hörst du dies, Volk? + +Die Bürger. +Zum Fels mit ihm! Zum Fels mit ihm! + +Sicinius. +Seid ruhig! +Wir brauchen neuer Fehl' ihn nicht zu zeihn; +Was ihr ihn tun saht, reden hörtet, +Wie er euch fluchte, eure Diener schlug, +Streiche dem Recht erwidernd, denen trotzte, +Die, machtbegabt, ihn richten sollten: dies +So frevelhaft, so hochverräterisch, +Verdient den härtsten Tod. + +Brutus. +Doch, da er Dienste +Dem Staat getan-- + +Coriolanus. +Was schwatzt Ihr noch von Diensten? + +Brutus. +Ich sag es, der ich's weiß. + +Coriolanus. +Ihr? + +Menenius. +Ist es dies, +Was Eurer Mutter Ihr verspracht? + +Cominius. +O hört. +Ich bitt Euch. + +Coriolanus. +Nein, ich will nichts weiter hören. +Laß sie ausrufen: Tod vom steilen Fels, +Landflüchtges Elend, Schinden, eingekerkert +Zu schmachten, tags mit einem Korn--doch kauft ich +Nicht für ein gutes Wort mir ihre Gnade, +Nicht zähmt ich mich, für was sie schenken können, +Bekäm ich's für 'nen "Guten Morgen" schon. + +Sicinius. +Weil er, soviel er konnt, von Zeit zu Zeit, +Aus Haß zum Volke Mittel hat gesucht, +Ihm seine Macht zu rauben, und auch jetzt +Als Feind sich wehrt, nicht nur in Gegenwart +Erhabnen Rechts, nein, gegen die Beamten, +Die es verwalten: in des Volkes Namen +Und unsrer, der Tribunen, Macht verbannen +Wir augenblicklich ihn aus unsrer Stadt. +Bei Strafe, vom Tarpejschen Fels gestürzt +Zu sein, betret er nie die Tore Roms. +In 's Volkes Namen sag ich: So soll's sein. + +Die Bürger. +So soll es sein! So soll's sein! Fort mit ihm! +Er ist verbannt, und also soll es sein. + +Cominius. +Hört mich, ihr Männer, Freunde hier im Volk. + +Sicinius. +Er ist verurteilt. Nichts mehr. + +Cominius. +Laßt mich sprechen. +Ich war eur Konsul, und Rom kann an mir +Die Spuren seiner Feinde sehn. Ich liebe +Des Vaterlandes Wohl mit zartrer Ehrfurcht, +Heiliger und tiefer als mein eignes Leben, +Mehr als mein Weib und ihres Leibes Kinder, +Die Schätze meines Bluts. Wollt ich nun sagen-- + +Sicinius. +Wir wissen, was Ihr wollt. Was könnt Ihr sagen? + +Brutus. +Zu sagen ist nichts mehr. Er ist verbannt +Als Feind des Volks und seines Vaterlands. +So soll's sein. + +Die Bürger. +So soll's sein! So soll es sein! + +Coriolanus. +Du schlechtes Hundepack! des Hauch ich hasse +Wie fauler Sümpfe Dunst; des Gunst mir teuer +Wie unbegrabner Männer totes Aas, +Das mir die Luft vergift't.--Ich banne dich! +Bleibt hier zurück mit eurem Unbestand, +Der schwächste Lärm mach euer Herz erbeben, +Eur Feind mit seines Helmbuschs Nicken fächle +Euch in Verzweiflung; die Gewalt habt immer, +Zu bannen eure Schützer--bis zuletzt +Eur stumpfer Sinn, der glaubt, erst wenn er fühlt, +Der nicht einmal euch selbst erhalten kann, +Stets Feind euch selbst, euch endlich unterwerfe +Als höchst verworfne Sklaven einem Volk +Das ohne Schwertstreich euch gewann. Verachtend +Um euch die Stadt--wend ich so meinen Rücken-- +Noch anderswo gibt's eine Welt. + +(Coriolanus, Cominius, Menenius, Senatoren und Patrizier gehn ab.) + +Ädilen. +Des Volkes Feind ist fort! ist fort! ist fort! + +Die Bürger. +Verbannt ist unser Feind! ist fort! Ho! Ho! + +(Sie jauchzen und werfen ihre Mützen.) + +Sicinius. +Geht, seht ihm nach zum Tor hinaus und folgt ihm, +Wie er euch sonst mit bitterm Schmähn verfolgte, +Kränkt ihn, wie er's verdient.--Laßt eine Wache +Uns durch die Stadt begleiten. + +Die Bürger. +Kommt, kommt! ihm nach! zum Tor hinaus, so kommt! +Edle Tribunen, euch der Götter Schutz! + +(Alle ab.) + + + +Vierte Szene + +Rom, vor einem Tore der Stadt +Es treten auf Coriolanus, Volumnia, Virgilia, Menenius, +Cominius und mehrere junge Patrizier + + +Coriolanus. +Nein, weint nicht mehr. Ein kurz Lebwohl. Das Tier +Mit vielen Köpfen stößt mich weg. Ei, Mutter! +Wo ist dein alter Mut! Du sagtest oft: +Es sei das Unglück Prüfstein der Gemüter, +Gemeine Not trag ein gemeiner Mensch. +Es segl' auf stiller See mit gleicher Kunst +Ein jedes Boot; doch bei den schwersten Schlägen +Des Glücks gelassen bleiben, das erheische +Den höchsten Sinn.--Du ludest oft mir auf +Belehrungen, die unbezwinglich machten +Die Herzen, die sie ganz durchdrangen. + +Virgilia. +O Himmel! Himmel! + +Coriolanus. +Nein, ich bitte, Frau-- + +Volumnia. +Die Pestilenz treff alle Zünfte Roms +Und die Gewerke Tod! + +Coriolanus. +Was, was! Ich werde +Geliebt sein, wenn ich bin gemißt. Nun Mutter! +Wo ist der Geist, der sonst dich sagen machte, +Wärst du das Weib des Herkules gewesen, +Sechs seiner Taten hättest du getan, +Und deinem Mann so vielen Schweiß erspart? +Cominius! +Frisch auf! Gott schütz euch!--Lebt wohl, Frau und Mutter! +Mir geht's noch gut.--Menenius, alter, treuer, +Salzger als jüngern Manns sind deine Tränen, +Und giftig deinem Aug. Mein weiland Feldherr, +Ich sah dich finster, und oft schautest du +Herzhärtend Schauspiel; sag den bangen Frauen: +Beweinen Unvermeidliches sei Torheit +Sowohl als drüber lachen.--Weißt du, Mutter, +Mein Wagnis war dein Trost ja immer! und, +Das glaube fest, geh ich auch jetzt allein, +So wie ein Drache einsam, den die Höhle +Gefürchtet macht, besprochen mehr, weil nicht gesehn, +Dein Sohn ragt über dem Gemeinen stets; +Wo nicht, fällt er durch Tück und niedre List. + +Volumnia. +Mein großer Sohn! +Wo willst du hin? Nimm für die erste Zeit +Cominius mit, bestimme dir den Lauf, +Statt wild dich jedem Zufall preiszugeben, +Der auf dem Weg dich anfällt. + +Coriolanus. +O ihr Götter! + +Cominius. +Den Monat bleib ich bei dir; wir bedenken, +Wo du magst weilen, daß du von uns hörest +Und wir von dir; daß, wenn die Zeit den Anlaß +Für deine Rückberufung reift, wir nicht +Nach einem Mann die Welt durchsuchen müssen, +Die Gunst verlierend, welche stets erkaltet, +Ist jener fern, der sie bedarf. + +Coriolanus. +Leb wohl! +Du trägst der Jahre viel, hast übersatt +Kriegsschwelgerei, mit einem umzutreiben, +Des Gier noch frisch. Bringt mich nur aus dem Tor; +Komm, süßes Weib, geliebte Mutter und +Ihr wohlerprobten Freunde.--Bin ich draußen, +Sagt: Lebe wohl! und lächelt. Bitte, kommt-- +Solang ich überm Boden bin, sollt ihr +Stets von mir hören und nie etwas andres, +Als was dem frühern Marcius gleicht. + +Menenius. +So würdig, +Wie man nur hören kann. Laßt uns nicht weinen. +Könnt ich nur sieben Jahr herunterschütteln +Von diesen alten Gliedern--bei den Göttern! +Ich wollt auf jedem Schritt dir folgen! + +Coriolanus. +Kommt! +Deine Hand. + +(Alle ab.) + + + +Fünfte Szene + +Sicinius, Brutus und ein Ädil treten auf. + + +Sicinius. +Schickt sie nach Hause, er ist fort. Nicht weiter. +Der Adel ist gekränkt, der, wie wir sahen, +Für ihn Partei ergriff. + +Brutus. +Da unsre Macht +Wir nun gezeigt, laßt uns demütger scheinen, +Nun es geschehn, als da's im Werden. + +Sicinius. +Schickt sie heim. +Sagt ihnen, fort sei nun ihr großer Feind +Und neu befestigt ihre Macht. + +Brutus. +Entlaßt sie. +Hier kommt die Mutter. Volumnia, Virgilia und Menenius treten auf. + +Sicinius. +Laßt uns fort! + +Brutus. +Weshalb? + +Sicinius. +Man sagt, sie sei verrückt. + +Brutus. +Sie sah uns schon. +Weicht ihr nicht aus. + +Volumnia. +Ha, wohlgetroffen! +Der Götter aufgehäufte Strafen lohnen +Euch eure Liebe. + +Menenius. +Still, seid nicht so laut. + +Volumnia. +Könnt ich vor Tränen nur, ihr solltet hören-- +Doch sollt ihr etwas hören. Wollt Ihr gehn? + +Virgilia. +Auch Ihr sollt bleiben. Hätt ich doch die Macht, +Das meinem Mann zu sagen. + +Sicinius. +Seid Ihr männisch? + +Volumnia. +Ja, Narr. Ist das 'ne Schande? Seht den Narren! +War nicht ein Mann ihr Vater? Warst du fuchsisch, +Zu bannen ihn, der Wunden schlug für Rom, +Mehr als du Worte sprachst? + +Sicinius. +O gütger Himmel! + +Volumnia. +Mehr edle Wunden als du kluge Worte, +Und zu Roms Heil. Eins sag ich dir--doch geh. +Nein, bleiben sollst du! Wäre nur mein Sohn, +Sein gutes Schwert in Händen, in Arabien, +Und dort vor ihm dein Stamm. + +Sicinius. +Was dann? + +Virgilia. +Was dann? +Er würde dort dein ganz Geschlecht vertilgen. + +Volumnia. +Bastard' und alles. +O Wackrer! du trägst Wunden viel für Rom. + +Menenius. +Kommt, kommt! seid ruhig. + +Sicinius. +Ich wollt, er wär dem Vaterland geblieben, +Was er ihm war, statt selbst den edlen Knoten +Zu lösen, den er schlang. + +Brutus. +So wünscht ich auch. + +Volumnia. +"So wünscht ich auch"? Ihr hetztet auf den Pöbel, +Katzen, die seinen Wert begreifen können +Wie die Mysterien ich, die nicht der Himmel +Der Erd enthüllen will. + +Brutus. +Kommt, laßt uns gehn. + +Volumnia. +Nun ja, ich bitt euch! geht! +Ihr tatet wackre Tat.--Hört dies noch erst: +So weit das Kapitol hoch überragt +Das kleinste Haus in Rom, so weit mein Sohn, +Der Gatte dieser Frau, hier dieser, seht ihr? +Den ihr verbanntet, überragt euch alle. + +Brutus. +Genug. Wir gehn. + +Sicinius. +Was bleiben wir, gehetzt +Von einer, der die Sinne fehlen? + +Volumnia. +Nehmt +Noch mein Gebet mit euch. + +(Die Tribunen gehn ab.) + +O! hätten doch die Götter nichts zu tun, +Als meine Flüch erfüllen. Träf ich sie +Nur einmal tags, erleichtern würd's mein Herz +Von schwerer Last. + +Menenius. +Ihr gabt es ihnen derb, +Und habt auch Grund. Speist Ihr mit mir zu Nacht? + +Volumnia. +Zorn ist mein Nachtmahl; so mich selbst verzehrend, +Verschmacht ich an der Nahrung. Laßt uns gehn. +Laßt dieses schwache Wimmern, klagt wie ich, +Der Juno gleich im Zorn.--Kommt, kommt! + +Menenius. +Pfui, pfui! + +(Sie gehn ab.) + + + + +Vierter Aufzug + + + +Erste Szene + +Landstraße zwischen Rom und Antium +Ein Römer und ein Volsker, die sich begegnen + + +Römer. +Ich kenne Euch recht gut, Freund, und Ihr kennt mich auch. +Ich denke, Ihr heißt Adrian? + +Volsker. +Ganz recht. Wahrhaftig, ich hatte Euch vergessen. + +Römer. +Ich bin ein Römer und tue jetzt wie Ihr Dienste gegen Rom. +Kennt Ihr mich nun? + +Volsker. +Nikanor? nicht? + +Römer. +Ganz recht. + +Volsker. +Ihr hattet mehr Bart, als ich Euch zuletzt sah; aber +Euer Gesicht wird mir durch Eure Zunge kenntlich.--Was +gibt es Neues in Rom? Ich habe einen Auftrag vom Staat +der Volsker, Euch dort auszukundschaften, und Ihr habt +mir eine Tagereise erspart. + +Römer. +In Rom hat es einen seltsamen Aufstand gegeben: das Volk +gegen die Senatoren, Patrizier und Edeln. + +Volsker. +Hat es gegeben? Ist es denn nun vorbei? Unser Staat denkt +nicht so; sie machen die stärksten Rüstungen und hoffen, +sie in der Hitze der Entzweiung zu überfallen. + +Römer. +Der große Brand ist gelöscht; aber eine geringe Veranlassung +würde ihn wieder in Flammen setzen; denn den Edeln geht die +Verbannung des würdigen Coriolan so zu Herzen, daß sie ganz +in der Stimmung sind, dem Volk alle Gewalt zu nehmen und ihnen +ihre Tribunen auf immer zu entreißen. Dies glimmt unter der +Asche, das kann ich Euch versichern, und ist fast reif zum +heftigsten Ausbruch. + +Volsker. +Coriolan verbannt? + +Römer. +Ja, verbannt. + +Volsker. +Mit der Nachricht werdet Ihr willkommen sein, Nikanor. + +Römer. +Das Wetter ist jetzt gut für euch. Man pflegt zu sagen, die +beste Zeit, eine Frau zu verführen, sei, wenn sie sich mit +ihrem Manne überworfen hat. Euer edler Tullus Aufidius kann +sich in diesem Kriege hervortun, da sein großer Gegner Coriolanus +jetzt für sein Vaterland nichts tut. + +Volsker. +Das kann ihm nicht fehlen. Wie glücklich war ich, Euch so +unvermutet zu begegnen! Ihr habt meinem Geschäft ein Ende +gemacht, und ich will Euch nun freudig nach Hause begleiten. + +Römer. +Ich kann Euch vor dem Abendessen noch höchst sonderbare Dinge +von Rom erzählen, die ihren Feinden sämtlich zum Vorteil gereichen. +Habt ihr ein Heer bereit? Wie? + +Volsker. +Ja, und ein wahrhaft königliches. Die Zenturionen und ihre +Mannschaft sind schon förmlich verteilt und stehn im Sold, so +daß sie jede Stunde aufbrechen können. + +Römer. +Es freut mich, daß sie so marschfertig sind, und ich denke, ich +bin der Mann, der sie sogleich in Bewegung setzen wird. Also +herzlich willkommen, und höchst vergnügt durch Eure Gesellschaft. + +Volsker. +Ihr nehmt mir die Worte aus dem Munde; ich habe die meiste Ursach, +mich dieser Zusammenkunft zu freuen. + +Römer. +Gut, laßt uns gehn. + +(Sie gehn ab.) + + + +Zweite Szene + +Antium. Vor Aufidius' Haus +Coriolanus tritt auf in geringem Anzuge verkleidet und verhüllt. + + +Coriolanus. +Dies Antium ist ein hübscher Ort. O Stadt! +Ich schuf dir deine Witwen. Manche Erben +Der schönen Häuser hört ich in der Schlacht +Stöhnen und sterben.--Kenne mich drum nicht, +Sonst morden mich mit Bratspieß deine Weiber, +In kindscher Schlacht mit Steinen deine Knaben. + +(Es kommt ein Bürger.) + +Gott grüß Euch, Herr. + +Der Bürger. +Und Euch. + +Coriolanus. +Zeigt mir, ich bitte, +Wo Held Aufidius wohnt. Ist er in Antium? + +Bürger. +Ja, und bewirtet heut in seinem Haus +Die Ersten unsrer Stadt. + +Coriolanus. +Wo ist sein Haus? + +Bürger. +Dies ist's, Ihr steht davor. + +Coriolanus. +Lebt wohl. Ich dank Euch. + +(Der Bürger geht ab.) + +O Welt! du rollend Rad! Geschworne Freunde, +Die in zwei Busen nur ein Herz getragen, +Die Zeit und Bett und Mahl und Arbeit teilten, +Vereinigt stets, als wie ein Zwillingspaar, +In ungetrennter Liebe, brechen aus +Urplötzlich durch den Hader um ein Nichts +In bittern Haß.--So auch erboste Feinde, +Die Haß und Grimm nicht schlafen ließ vor Planen, +Einander zu vertilgen, durch 'nen Zufall, +Ein Ding, kein Ei wert, werden Herzensfreunde, +Und Doppelgatten ihre Kinder. So auch ich. +Ich hasse den Geburtsort, liebe hier +Die Feindesstadt.--Hinein! Erschlägt er mich, +So übt er gutes Recht; nimmt er mich auf, +So dien ich seinem Land. + +(Geht ab.) + + + +Dritte Szene + +Halle in Aufidius' Hause +Man hört Musik von innen; es kommt ein Diener + + +Erster Diener. +Wein, Wein! Was ist das für Aufwartung?--Ich glaube, +die Burschen sind alle im Schlaf. (Geht ab.) Ein zweiter +Diener kommt. + +Zweiter Diener. +Wo ist Cotus? Der Herr ruft ihn. Cotus. + +(Geht ab. Coriolanus tritt auf.) + +Coriolanus. +Ein hübsches Haus; das Mahl riecht gut. Doch ich +Seh keinem Gaste gleich. Der erste Diener kommt wieder. + +Erster Diener. +Was wollt Ihr, Freund? Woher kommt Ihr? Hier ist kein +Platz für Euch. Bitte, macht Euch fort. + +Coriolanus. +Ich habe bessern Willkomm nicht verdient, +Wenn Coriolan ich bin. Der Zweite Diener kommt. + +Zweiter Diener. +Wo kommst du her, Freund? Hat der Pförtner keine Augen +im Kopf, daß er solche Gesellen herein läßt? Bitte, mach +dich fort. + +Coriolanus. +Hinweg! + +Zweiter Diener. +Hinweg? Geh du hinweg. + +Coriolanus. +Du bist mir lästig. + +Zweiter Diener. +Bist du so trotzig? Man wird schon mit dir sprechen. +Der dritte Diener kommt. + +Dritter Diener. +Was ist das für ein Mensch? + +Erster Diener. +Ein so wunderlicher, wie ich noch keinen sah. Ich kann ihn +nicht aus dem Hause kriegen. Ich bitte, ruf doch mal den Herrn her. + +Dritter Diener. +Was habt Ihr hier zu suchen, Mensch? Bitte, scher dich +aus dem Haus. + +Coriolanus. +Laßt mich hier stehn, nicht schad ich euerm Herd. + +Dritter Diener. +Wer seid Ihr? + +Coriolanus. +Ein Mann von Stande. + +Dritter Diener. +Ein verwünscht armer. + +Coriolanus. +Gewiß, das bin ich. + +Dritter Diener. +Ich bitte Euch, armer Mann von Stande, sucht Euch ein andres +Quartier; hier ist kein Platz für Euch.--Ich bitte Euch, packt +Euch fort. + +Coriolanus. +Euerm Berufe folgt. Hinweg! Stopft euch mit kalten Bissen. + +(Stößt den Diener weg.) + +Dritter Diener. +Was, Ihr wollt nicht? Bitte, sage doch meinem Herrn, was er +hier für einen seltsamen Gast hat. + +Zweiter Diener. +Das will ich. + +(Geht ab.) + +Dritter Diener. +Wo wohnst du? + +Coriolanus. +Unter dem Firmament. + +Dritter Diener. +Unter dem Firmament? + +Coriolanus. +Ja. + +Dritter Diener. +Wo ist das? + +Coriolanus. +In der Stadt der Geier und Krähen. + +Dritter Diener. +In der Stadt der Geier und Krähen? Was das für ein Esel ist! +So wohnst du auch wohl bei den Dohlen? + +Coriolanus. +Nein, ich diene nicht deinem Herrn. + +Erster Diener. +Kerl! was hast du mit meinem Herrn zu schaffen? + +Coriolanus. +Nun, das ist doch schicklicher, als wenn ich mit deiner Frau +zu schaffen hätte. Du schwatzest und schwatzest.--Trag deine +Teller weg. Marsch! + +(Er schlägt ihn hinaus. Aufidius tritt auf.) + +Aufidius. +Wo ist der Mensch? + +Zweiter Diener. +Hier, Herr. Ich hätte ihn wie einen Hund hinausgeprügelt, ich +wollte nur die Herren drinnen nicht stören. + +Aufidius. +Woher kommst du? Was willst du? Dein Name? Weshalb antwortest +du nicht? Sprich, Mensch, wie heißest du? + +Coriolanus (schlägt den Mantel auseinander). +Wenn, Tullus, +Du noch nicht mich erkennst, und, mich beschauend, +Nicht findest, wer ich bin, zwingt mich die Not, +Mich selbst zu nennen. + +Aufidius. +Und wie ist dein Name? + +Coriolanus. +Ein Name, schneidend für der Volsker Ohr, +Und rauhen Klangs für dich. + +Aufidius. +Wie ist dein Name? +Du hast ein grimmig Aussehn, deine Mien ist +Gebieterisch. Ist auch zerfetzt dein Tauwerk, +Zeigst du als wackres Schiff dich. Wie dein Name? + +Coriolanus. +Zieh deine Stirn in Falten. Kennst mich jetzt? + +Aufidius. +Nicht kenn ich dich. Dein Name? + +Coriolanus. +Mein Nam ist Cajus Marcius, der dich selbst +Vorerst und alle deine Landsgenossen +Sehr schwer verletzt' und elend machte; Zeuge: +Mein dritter Name Coriolan. Die Kriegsmühn, +Die Todsgefahr und all die Tropfen Bluts, +Vergossen für das undankbare Rom, +Das alles wird bezahlt mit diesem Namen, +Er, starkes Mahnwort und Anreiz zu Haß +Und Feindschaft, die du mir mußt hegen. Nur +Der Name bleibt. Die Grausamkeit des Volks, +Ihr Neid, gestattet von dem feigen Adel, +Die alle mich verließen, schlang das andre. +Sie duldeten's, mich durch der Sklaven Stimmen +Aus Rom gezischt zu sehn.--Diese Verruchtheit +Bringt mich an deinen Herd; die Hoffnung nicht, +Versteh mich recht, mein Leben zu erhalten; +Denn fürchtet ich den Tod, so mied' ich wohl +Von allen Menschen dich zumeist;--nein, Haß, +Ganz meinen Neidern alles wettzumachen, +Bringt mich hierher.--Wenn du nun in dir trägst +Ein Herz des Grimms, das Rache heischt für alles, +Was dich als Mann gekränkt, und die Verstümmlung +Und Schmach in deinem ganzen Land will strafen, +Mach dich gleich dran, daß dir mein Elend nütze, +Daß dir mein Rachedienst zur Wohltat werde; +Denn ich bekämpfe +Mein gifterfülltes Land mit aller Wut +Der Höllengeister. Doch fügt es sich so: +Du wagst es nicht und bist ermüdet, höher +Dein Glück zu steigern, dann, mit einem Wort, +Bin ich des Lebens auch höchst überdrüssig; +Dann biet ich dir und deinem alten Haß +Hier meine Gurgel.--Schneidest du sie nicht, +So würdest du nur als ein Tor dich zeigen; +Denn immer hab ich dich mit Grimm verfolgt +Und Tonnen Blutes deinem Land entzapft. +Ich kann nur leben dir zum Hohn, es sei denn, +Um Dienste dir zu tun. + +Aufidius. +O Marcius, Marcius! +Ein jedes Wort von dir hat eine Wurzel +Des alten Neids mir aus der Brust gejätet. +Wenn Jupiter +Von jener Wolk uns als Orakel riefe: +"Wahr ist's!" nicht mehr als dir würd ich ihm glauben. +Ganz edler Marcius! O! laß mich umwinden +Den Leib mit meinen Armen, gegen den +Mein fester Speer wohl hundertmal zerbrach, +Und traf den Mond mit Splittern. Hier umfang ich +Den Amboß meines Schwerts und ringe nun +So edel und so heiß mit deiner Liebe, +Als je mein eifersüchtger Mut gerungen +Mit deiner Tapferkeit. Laß mich bekennen: +Ich liebte meine Braut, nie seufzt' ein Mann +Mit treurer Seele; doch, dich hier zu sehn, +Du hoher Geist! dem springt mein Herz noch freudger, +Als da mein neuvermähltes Weib zuerst +Mein Haus betrat. Du Mars, ich sage dir, +Ganz fertig steht ein Kriegsheer, und ich wollte +Noch einmal dir den Schild vom Arme hauen, +Wo nicht, den Arm verlieren. Zwölfmal hast du +Mich ausgeklopft, und jede Nacht seitdem +Träumt ich vom Balgen zwischen dir und mir. +Wir waren beid in meinem Schlaf am Boden, +Die Helme reißend, bei der Kehl uns packend: +Halbtot vom Nichts erwacht ich.--Würdger Marcius! +Hätt ich nicht andern Streit mit Rom, als nur, +Daß du von dort verbannt, ich böte auf +Von zwölf zu siebzig alles Volk, um Krieg +Ins Herz des undankbaren Roms zu gießen +Mit überschwellnder Flut.--O komm! tritt ein +Und nimm die Freundeshand der Senatoren, +Die jetzt hier sind, mir Lebewohl zu sagen, +Der eure Länderein angreifen wollte, +Wenn auch nicht Rom selbst. + +Coriolanus. +Götter, seid gepriesen! + +Aufidius. +Willst du nun selbst als unumschränkter Herr +Dein eigner Rächer sein, so übernimm +Die Hälfte meiner Macht; bestimme du, +Wie dir gefällt, da du am besten kennst +Des Landes Kraft und Schwäche, deinen Weg, +Sei's, anzuklopfen an die Tore Roms, +Sei's, sie an fernen Grenzen heimzusuchen, +Erst schreckend, dann vernichtend. Doch tritt ein +Und sei empfohlen jenen, daß sie ja +Zu deinen Wünschen sprechen.--Tausend Willkomm! +Und mehr mein Freund als du je Feind gewesen, +Und, Marcius, das ist viel. Komm, deine Hand. + +(Coriolanus und Aufidius gehn ab.) + +Erster Diener. +Das ist eine wunderliche Verändrung. + +Zweiter Diener. +Bei meiner Hand, ich dachte, ihn mit einem Prügel +hinauszuschlagen, und doch ahnete mir, seine Kleider +machten von ihm eine falsche Aussage. + +Erster Diener. +Was hat er für einen Arm! Er schwenkte mich herum mit +seinem Daum und Finger, wie man einen Kreisel tanzen läßt. + +Zweiter Diener. +Nun, ich sah gleich an seinem Gesicht, daß was Besonderes +in ihm steckte. Er hatte mir eine Art von Gesicht, sag ich-- +ich weiß nicht, wie ich es nennen soll. + +Erster Diener. +Das hatte er. Er sah aus, gleichsam--ich will mich hängen lassen, +wenn ich nicht dachte, es wäre mehr in ihm, als ich denken konnte. + +Zweiter Diener. +Das dachte ich auch, mein Seel. Er ist geradezu der herrlichste +Mann der Welt. + +Erster Diener. +Das glaube ich auch. Aber einen besseren Krieger als er kennst +du doch wohl. + +Zweiter Diener. +Wer? mein Herr? + +Erster Diener. +Ja, das ist keine Frage. + +Zweiter Diener. +Der wiegt sechs solche auf. + +Erster Diener. +Nein, das nun auch nicht, doch ich halte ihn für einen +bessern Krieger. + +Zweiter Diener. +Mein Treu! sieh, man kann nicht sagen, was man davon +denken soll; was die Verteidigung einer Stadt betrifft, +da ist unser Feldherr vorzüglich. + +Erster Diener. +Ja, und auch für den Angriff. Der dritte Diener kommt +zurück. + +Dritter Diener. +O, Bursche, ich kann euch Neuigkeiten erzählen, Neuigkeiten, +ihr Flegel! + +Die beiden andern. +Was? was? was? Laß hören. + +Dritter Diener. +Ich wollte kein Römer sein, lieber alles in der Welt; lieber +wäre ich ein verurteilter Mensch. + +Erster und zweiter Diener. +Warum? Warum? + +Dritter Diener. +Nun, der ist da, der unsern Feldherrn immer zwackte, der +Cajus Marcius. + +Erster Diener. +Warum sagtest du, unsern Feldherrn zwacken? + +Dritter Diener. +Ich sage just nicht, unsern Feldherrn zwacken; aber er war +ihm doch immer gewachsen. + +Zweiter Diener. +Kommt, wir sind Freunde und Kameraden. Er war ihm immer zu +mächtig, das habe ich ihn selbst sagen hören. + +Erster Diener. +Er war ihm, kurz und gut, zu mächtig, Vor Corioli hackte und +zwackte er ihn wie eine Karbonade. + +Zweiter Diener. +Und hätte er was von einem Kannibalen gehabt, so hätte er +ihn wohl gebraten und aufgegessen dazu. + +Erster Diener. +Aber dein andres Neues? + +Dritter Diener. +Nun, da drinnen machen sie soviel Aufhebens von ihm, als wenn +er der Sohn und Erbe des Mars wäre. Obenan gesetzt bei Tische, +von keinem der Senatoren gefragt, der sich nicht barhäuptig vor +ihn hinstellt. Unser Feldherr selbst tut, als wenn er seine +Geliebte wäre, segnet sich mit Berührung seiner Hand und dreht +das Weiße in den Augen heraus, wenn er spricht. Aber der Grund +und Boden meiner Neuigkeit ist: unser Feldherr ist mitten +durchgeschnitten und nur noch die Hälfte von dem, was er gestern +war; denn der andre hat die Hälfte durch Ansuchen und Genehmigung +der ganzen Tafel. Er sagt, er will gehn und den Pförtner von Rom +bei den Ohren zerren, er will alles vor sich niedermähen und sich +glatten Weg machen. + +Zweiter Diener. +Und er ist der Mann danach, es zu tun, mehr als irgend jemand, +den ich kenne. + +Dritter Diener. +Es zu tun? Freilich wird er's tun! Denn versteht, Leute, er hat +ebensoviel Freunde als Feinde; und diese Freunde, Leute, wagten +gleichsam nicht, versteht mich, Leute, sich als seine Freunde, +wie man zu sagen pflegt, zu zeigen, solange er in Mißkreditierung +war. + +Erster Diener. +In Mißkreditierung? Was ist das? + +Dritter Diener. +Aber Leute, wenn sie seinen Kamm wieder hoch sehen werden und +den Mann in seiner Kraft, so werden sie aus ihren Höhlen kriechen +wie Kaninchen nach dem Regen, und ihm alle nachlaufen. + +Erster Diener. +Aber wann geht das los? + +Dritter Diener. +Morgen, heute, sogleich. Ihr werdet die Trommel heute nachmittag +schlagen hören, es ist gleichsam noch eine Schüssel zu ihrem Fest, +die verzehrt werden muß, ehe sie sich den Mund abwischen. + +Zweiter Diener. +Nun, so kriegen wir doch wieder eine muntre Welt. Der Friede ist zu +nichts gut als Eisen zu rosten, Schneider zu vermehren und Bänkelsänger +zu schaffen. + +Erster Diener. +Ich bin für den Krieg, sage ich, er übertrifft den Frieden wie der +Tag die Nacht; er ist lustig, wachsam, gesprächig, immer was Neues; +Friede ist Stumpfheit, Schlafsucht, dick, faul, taub, unempfindlich +und bringt mehr Bastarde hervor, als der Krieg Menschen erwürgt. + +Zweiter Diener. +Richtig; und wie man auf gewisse Weise den Krieg Notzucht nennen kann, +so macht, ohne Widerrede, der Friede viele Hahnrei'. + +Erster Diener. +Ja, und er macht, daß die Menschen einander hassen. + +Dritter Diener. +Und warum? Weil sie dann einander weniger nötig haben. Der Krieg ist +mein Mann.--Ich hoffe, Römer sollen noch ebenso wohlfeil werden als +Volsker. Sie stehn auf, sie stehn auf! + +Alle. +Hinein! hinein! + +(Alle ab.) + + + +Vierte Szene + +Rom. Ein öffentlicher Platz +Sicinius und Brutus treten auf + + +Sicinius. +Man hört von ihm nichts, hat ihn nicht zu fürchten. +Was ihn gestärkt, ist zahm, wo Friede jetzt +Und Ruh im Volke, welches sonst empört +Und wild. Wir machen seine Freund' erröten, +Daß alles blieb im ruh'gen Gleis. Sie sähen +Viel lieber, ob sie selbst auch drunter litten, +Aufrührerhaufen unsre Straßen stürmen, +Als daß der Handwerksmann im Laden singt +Und alle freudig an die Arbeit gehn. + +(Menenius tritt auf.) + +Brutus. +Wir griffen glücklich durch. Ist das Menenius? + +Sicinius. +Er ist es. O! er wurde sehr geschmeidig +Seit kurzem.--Seid gegrüßt! + +Menenius. +Ich grüß euch beide. + +Sicinius. +Euer Coriolanus wird nicht sehr vermißt, +Als von den Freunden nur; der Staat besteht +Und würde stehn, wenn er ihn mehr noch haßte. + +Menenius. +Gut ist's und könnte noch weit besser sein, +Hätt er sich nur gefügt. + +Sicinius. +Wo ist er? Wißt Ihr's-- + +Menenius. +Ich hörte nichts; auch seine Frau und Mutter +Vernehmen nichts von ihm. Es kommen mehrere Bürger. + +Die Bürger. +Der Himmel schütz euch! + +Sicinius. +Guten Abend, Nachbarn! + +Brutus. +Guten Abend allen! Allen guten Abend! + +Erster Bürger. +Wir, unsre Fraun und Kinder sind verpflichtet, +Auf Knien für euch zu beten. + +Sicinius. +Geh's euch wohl. + +Brutus. +Lebt wohl, ihr Nachbarn. Hätte Coriolanus +Euch so geliebt wie wir! + +Die Bürger. +Der Himmel segn euch. + +Die Tribunen. +Lebt wohl! lebt wohl! + +(Die Bürger gehn ab.) + +Sicinius. +Dies ist beglücktre wohl und liebre Zeit, +Als da die Burschen durch die Straßen liefen, +Zerstörung brüllend. + +Brutus. +Cajus Marcius war +Im Krieg ein würdger Held, doch unverschämt +Von Stolz gebläht, ehrgeizig übers Maß, +Selbstsüchtig-- + +Sicinius. +Unumschränkte Macht erstrebend +Ohn andern Beistand. + +Menenius. +Nein das glaub ich nicht. + +Sicinius. +Das hätten wir, so daß wir's all' beweinten, +Empfunden, wär er Konsul nur geblieben. + +Brutus. +Die Götter wandten's gnädig ab, und Rom +Ist frei und sicher ohne ihn. Ein Ädil kommt + +Ädil. +Tribunen, +Da ist ein Sklave, den wir festgesetzt; +Der sagt: "Es brach mit zwei verschiednen Heeren +Der Volsker Macht ins römische Gebiet, +Und mit des Krieges fürchterlichster Wut +Verwüsten sie das Land." + +Menenius. +Das ist Aufidius, +Der, da er unsers Marcius Bann gehört, +Die Hörner wieder ausstreckt in die Welt, +Die er einzog, als Marcius stand für Rom, +Und nicht ein Blickchen wagte. + +Sicinius. +Ei, was schwatzt Ihr +Vom Marcius da. + +Brutus. +Peitscht diesen Lügner aus. Es kann nicht sein. +Die Volsker wagen nicht den Bruch. + +Menenius. +Es kann nicht sein? +Wohl sagt uns die Erinnrung, daß es sein kann; +Dreimal bezeugt' er uns dasselbe Beispiel +In meiner Zeit.--Sprecht doch mit dem Gesellen, +Eh ihr ihn straft, fragt ihn, wo er's gehört; +Ihr möchtet sonst wohl eure Warnung peitschen, +Den Boten schlagen, der euch wahren will +Vor dem, was zu befürchten. + +Sicinius. +Sprecht nicht so! +Ich weiß, es kann nicht sein. + +Brutus. +Es ist unmöglich. Ein Bote kommt. + +Bote. +In größter Eil versammelt der Senat +Sich auf dem Kapitol.--Sie hörten Botschaft, +Die ihr Gesicht entfärbt. + +Sicinius. +Das macht der Sklave. +Laßt vor dem Volk ihn peitschen; sein Verhetzen-- +Nichts als sein Märchen. + +Bote. +Nicht doch, würdger Herr. +Des Sklaven Wort bestätigt sich, und weit, +Weit schlimmer, als er aussagt. + +Sicinius. +Wie, weit schlimmer? + +Bote. +Es wird von vielen Zungen frei gesprochen, +Ob glaublich, weiß ich nicht, es führe Marcius, +Aufidius zugesellt, ein Heer auf Rom; +So weite Rache schwörend, wie der Anfang +Der Dinge weit vom jetzt ist. + +Sicinius. +O! höchst glaublich! + +Brutus. +Nur ausgestreut, damit der schwächre Teil +Den guten Marcius heim soll wünschen. + +Sicinius. +Freilich +Ist das der Kniff. + +Menenius. +Nein, dies ist unwahrscheinlich. +Nicht mehr kann mit Aufidius er sich einen, +Als was am heftigsten sich widerspricht. Es kommt ein zweiter Bote. + +Bote. +Man läßt in Eil aufs Kapitol euch fordern; +Ein furchtbar Heer, geführt von Cajus Marcius, +Aufidius zugesellt, verwüstet rings +Die ganze Landschaft und betritt den Weg +Hierher, durch Feur gebahnt, zerstörend alles, +Was ihrer Wut begegnet. + +(Cominius tritt auf) + +Cominius. +Oh! ihr habt Hübsches angerichtet. + +Menenius. +Nun, was gibt's? + +Cominius. +Die eignen Töchter helft ihr schänden und +Der Dächer Blei auf eure Schädel schmelzen, +Vor euren Augen eure Fraun entehren. + +Menenius. +Was gibt es denn? Was gibt's denn? + +Cominius. +Verbrennen eure Tempel bis zum Grund, +Und eure Recht', auf die ihr pocht, verjagen +Bis in ein Mäuseloch. + +Menenius. +Ich bitt Euch--sprecht! +Ich fürcht, ihr habt es schön gemacht. O sprecht! +Wenn Marcius sich verband den Volskern-- + +Cominius. +Wenn? +Er ist ihr All, er führt sie als ein Wesen, +Das nicht Natur erschuf, nein, eine Gottheit, +Die höher ihn begabt. Sie folgen ihm +Her gegen uns Gezücht, so ruhig, sicher, +Wie Knaben bunte Schmetterlinge jagen +Und Schlächter Fliegen töten. + +Menenius. +Ihr habt's schön gemacht. +Ihr, eure Schürzfellmänner, die so fest +Auf ihre Handwerksstimmen hielten, und +Der Knoblauchfresser Atem. + +Cominius. +Schütteln wird er +Euch um die Ohren Rom. + +Menenius. +Wie Herkules +Die reife Frucht abschüttelt'. Schöne Arbeit! + +Brutus. +So ist es wahr? + +Cominius. +Ja, und ihr sollt erbleichen, +Bevor ihr's anders findet. Jede Stadt +Fällt lachend ab, und wer sich widersetzt, +Den höhnt man ob der tapfern Dummheit aus, +Der stirbt als treuer Narr. Wer kann ihn tadeln? +Die Feind' ihm sind, sehn jetzo, was er ist. + +Menenius. +Wir alle sind verloren, wenn der Edle +Nicht Gnade übt. + +Cominius. +Wer soll ihn darum bitten? +Aus Schande können's die Tribunen nicht; +Das Volk verdient von ihm Erbarmen, wie +Der Wolf vom Schäfer.--Seine besten Freunde, +Sagten sie: "Schone Rom!", sie kränkten ihn +Gleich jenen, welche seinen Haß verdient, +Und zeigten sich als Feinde. + +Menenius. +Das ist wahr. +Wenn er den Brand an meine Schwelle legte, +Sie zu verzehren, hätt ich nicht die Stirn, +Zu sagen: "Bitte, laß!"-- Ihr treibt es schön, +Ihr und das Handwerk. Herrlich Werk der Hand! + +Cominius. +Ihr brachtet +Solch Zittern über Rom, daß sich's noch nie +So hilflos fand. + +Die Tribunen. +Sagt nicht, daß wir es brachten. + +Menenius. +So? Waren wir's? Wir liebten ihn, doch tierisch +Und knechtisch feig, nicht adlig, wichen wir +Dem Pack, das aus der Stadt ihn zischte. + +Cominius. +Ich fürchte, +Sie brüllen wieder ihn herein. Aufidius, +Der Männer zweiter, folgt nur seinem Wink, +Als dient' er unter ihm. Verzweiflung nur +Kann Rom ihm nun statt Kriegskunst und Verteidgung +Und Macht entgegenstellen. Es kommt ein Haufen Bürger. + +Menenius. +Hier kommt das Pack. +Und ist Aufidius mit ihm? Ja, ihr seid's, +Die unsre Luft verpestet, als ihr warft +Die schweißgen Mützen in die Höh und schriet: +"Verbannt sei Coriolan."--Nun kommt er wieder, +Und jedes Haar auf seiner Krieger Haupt +Wird euch zur Geißel.--Soviel Narrenköpfe, +Als Mützen flogen, wird er niederstrecken +Zum Lohn für eure Stimmen.--Nun, was tut's? +Und wenn er all' uns brennt in eine Kohle, +Geschieht uns recht. + +Die Bürger. +Wir hörten böse Zeitung. + +Erster Bürger. +Was mich betrifft, als ich gesagt: "Verbannt ihn", +Da sagt ich: "Schade drum!" + +Zweiter Bürger. +Das tat ich auch. + +Dritter Bürger. +Das tat ich auch; und, die Wahrheit zu sagen, das taten viele +von uns. Was wir taten, das taten wir zum allgemeinen Besten; +und obgleich wir freiwillig in seine Verbannung einwilligten, +so war es doch gegen unsern Willen. + +Cominius. +Ihr seid ein schönes Volk, ihr Stimmen! + +Menenius. +Ihr machtet's herrlich, ihr und euer Pack. +Gehn wir aufs Kapitol? + +Cominius. +Jawohl. Was sonst? + +(Cominius und Menenius gehn ab.) + +Sicinius. +Geht, Freunde, geht nach Haus, seid nicht entmutigt. +Dies ist sein Anhang, der das wünscht bestätigt, +Was er zu fürchten vorgibt. Geht nach Haus. +Seid ohne Furcht. + +Erster Bürger. +Die Götter seien uns gnädig. Kommt, Nachbarn, laßt uns nach Hause +gehn. Ich sagte immer: Wir taten unrecht, als wir ihn verbannten. + +Zweiter Bürger. +Das taten wir alle. Kommt, laßt uns nach Hause gehn. + +(Die Bürger gehn ab.) + +Brutus. +Die Neuigkeit gefällt mir nicht. + +Sicinius. +Mir auch nicht. + +Brutus. +Aufs Kapitol! Mein halb Vermögen gäb ich, +Könnt ich als Lüge diese Nachricht kaufen. + +Sicinius. +Kommt, laßt uns gehn. + +(Gehn ab.) + + + +Fünfte Szene + +Ein Lager in geringer Entfernung von Rom +Aufidius und ein Hauptmann treten auf + + +Aufidius. +Noch immer laufen sie dem Römer zu? + +Hauptmann. +Ich weiß nicht, welche Zauberkraft er hat; +Doch dient zum Tischgebet er Euren Kriegern, +Wie zum Gespräch beim Mahl und Dank am Schluß. +Ihr seid in diesem Krieg verdunkelt, Herr, +Selbst von den Eignen. + +Aufidius. +Jetzt kann ich's nicht ändern, +Als nur durch Mittel, die die Kräfte lähmten +Von unsrer Absicht. Er beträgt sich stolzer, +Selbst gegen mich, als ich es je erwartet, +Da ich zuerst ihn aufnahm. Doch sein Wesen +Bleibt darin sich getreu. Ich muß entschuldgen, +Was nicht zu bessern ist. + +Hauptmann. +Doch wünscht ich, Herr, +Zu Eurem eignen Heil, Ihr hättet nie +Mit ihm geteilt Eur Ansehn, nein, entweder +Die Führung selbst behalten oder ihm +Allein sie überlassen. + +Aufidius. +Wohl weiß ich, was du meinst; und, sei versichert, +Wenn's zur Erklärung kommt, so denkt er nicht, +Wes ich ihn kann beschuldgen. Scheint es gleich, +Und glaubt er selbst, und überzeugt sich auch +Das Volk, daß er in allem redlich handelt +Und guten Haushalt für die Volsker führt; +Ficht, gleich dem Drachen, siegt, sobald er nur +Das Schwert gezückt; doch blieb noch ungetan, +Was ihm den Hals soll brechen oder meinen +Gefährden, wenn wir miteinander rechnen. + +Hauptmann. +Herr, glaubt Ihr, daß er Roms sich wird bemeistern? + +Aufidius. +Jedwede Stadt ist sein, eh er belagert, +Und ihm ergeben ist der Adel Roms; +Patrizier lieben ihn und Senatoren. +Den Krieg versteht nicht der Tribun. Das Volk +Wird schnell zurück ihn rufen, wie's ihn eilig +Von dort verstieß. Ich glaub, er ist für Rom, +Was für den Fisch der Meeraar, der ihn fängt +Durch angeborne Macht. Erst war er ihnen +Ein edler Diener; doch er konnte nicht +Die Würden mäßig tragen. Sei's nun Stolz, +Der immer, bleibt das Glück unwandelbar, +Den Glücklichen befleckt; sei's Urteilsmangel, +Wodurch er nicht den Zufall klug genutzt, +Den er beherrschte; oder sei's Natur, +Die ihn aus einem Stück schuf--stets derselbe +Im Helme wie im Rat, herrscht' er im Frieden +Mit unbeugsamer Streng und finsterm Ernst, +Wie er dem Krieg gebot. Schon eins von diesen +(Von jedem hat er etwas, keines ganz, +So weit sprech ich ihn frei) macht' ihn gefürchtet, +Gehaßt, verbannt.--Doch so ist sein Verdienst, +Daß es im Übermaß erstirbt. So fällt +Stets unser Wert der Zeiten Deutung heim; +Und Macht, die an sich selbst zu loben ist, +Hat kein so unverkennbar Grab, als wenn +Von Rednerbühnen wird ihr Tun gepriesen. +Der Nagel treibt den Nagel, Brand den Brand, +Kraft sinkt durch Kraft, durch Recht wird Recht verkannt. +Kommt, laßt uns gehn. Ist, Cajus, Rom erst dein, +Dann bist der Ärmste du und dann bald mein. + +(Sie gehn ab.) + + + + +Fünfter Aufzug + + + +Erste Szene + +Rom, ein öffentlicher Platz +Es treten auf Menenius, Cominius, Sicinius, Brutus und andere + + +Menenius. +Nein, ich geh nicht.--Ihr hört, was dem er sagte, +Der einst sein Feldherr war; der ihn geliebt +Aufs allerzärtlichste. Mich nannt er Vater; +Doch was tut das?--Geht ihr, die ihn verbannt, +'ne Meile schon vor seinem Zelt fallt nieder +Und schleicht so kniend in seine Gnade.--Nein: +Wollt er nichts von Cominius hören, bleib ich +Zu Haus. + +Cominius. +Er tat, als kennte er mich nicht. + +Menenius. +Hört ihr's? + +Cominius. +Doch einmal nannt er mich bei meinem Namen: +Die alte Freundschaft macht ich geltend, Blut, +Gemeinsam sonst vergossen. Coriolan +Wollt er nicht sein, verbat sich jeden Namen: +Er sei ein Nichts, ein ungenanntes Wesen, +Bis er sich einen Namen neu geschmiedet +Im Brande Roms. + +Menenius. +Ah! so. Ihr machtet's gut. +Ein Paar Tribunen, die für Rom sich quälten, +Wohfeil zu machen Kohlen.--Edler Ruhm! + +Cominius. +Ich mahnt ihn, wie so königlich Verzeihung, +Je minder sie erwartet sei. Er sprach, +Das sei vom Staat ein kahles Wort an ihn, +Den selbst der Staat bestraft. + +Menenius. +Das war ganz recht. +Was konnt er anders sagen? + +Cominius. +Ich suchte dann sein Mitleid zu erwecken +Für die besondern Freund'. Er gab zur Antwort: +Nicht lesen könn er sie aus einem Haufen +Verdorbner, schlechter Spreu, auch sei es Torheit, +Um ein zwei arme Körner stinken lassen +Den Unrat unverbrannt. + +Menenius. +Um ein paar Körner? +Davon bin ich eins, seine Frau und Mutter, +Sein Kind, der wackre Freund, wir sind die Körner: +Ihr seid die dumpfe Spreu, und eur Gestank +Dringt bis zum Mond; wir müssen für euch brennen. + +Sicinius. +Seid milde doch, wenn ihr zu helfen weigert +In so ratloser Zeit. Verhöhnt uns mindestens +Mit unserm Elend nicht; denn sprächet Ihr +Für Euer Vaterland, Eur gutes Wort, +Mehr als ein eilig aufgerafftes Heer, +Hemmt' unsern Landsmann. + +Menenius. +Nein ich bleib davon. + +Sicinius. +Ich bitt Euch, geht zu ihm. + +Menenius. +Was soll es nutzen? + +Brutus. +Versuchen nur, was Eure Liebe kann +Für Rom bei Marcius. + +Menenius. +Und gesetzt, daß Marcius +Zurück mich schickt, wie er Cominius tat, +Ganz ungehört.--Die Folge? +Noch ein gekränkter Freund, von Gram durchbohrt +Durch seine Härte. Nun? + +Sicinius. +Euern Willen +Erkennt Rom dankbar nach dem Maß, wie Ihr +Die gute Meinung zeigt. + +Menenius. +Ich will's versuchen-- +Kann sein, er hört mich; doch, die Lippe beißen +Und grollen mit Cominius schwächt mein Herz. +Man traf die Stunde nicht, vor Tische war's. +Und sind die Adern leer, ist kalt das Blut, +Dann schmollen wir dem Morgen, sind unwillig +Zu geben und vergeben; doch gefüllt +Die Röhren und Kanäle unsers Bluts +Mit Wein und Nahrung, macht die Seele schmeidger +Als priesterliches Fasten.--Drum erpaß ich, +Bis er für mein Gesuch in Tafellaune, +Und dann mach ich mich an ihn. + +Brutus. +Ihr kennt den wahren Pfad zu seiner Güte +Und könnt des Wegs nicht fehlen. + +Menenius. +Gut, ich prüf ihn. +Geh's, wie es will, bald werd ich selber wissen, +Ob's mir gelang. + +(Geht ab.) + +Cominius. +Er hört ihn nimmer. + +Sicinius. +Nicht? + +Cominius. +Glaubt mir, er sitzt in Gold, sein Blick so feurig, +Als wollt er Rom verbrennen; und sein Zorn +Ist Kerkermeister seiner Gnad.--Ich kniete, +Nur leise sprach er: "Auf!"--entließ mich--so-- +Mit seiner stummen Hand. Was er tun würde, +Schickt' er mir schriftlich nach; was er nicht würde, +Zwäng ihn ein Eid, sich selbst nicht nachzugeben. +So daß uns keine Hoffnung bleibt-- +Wenn's seine edle Mutter nicht und Gattin-- +Die, hör ich, sind gewillt, ihn anzuflehn +Um Gnade für die Stadt; drum gehn wir hin, +Daß unser bestes Wort sie noch mehr treibe. + +(Gehn ab.) + + + +Zweite Szene + +Lager der Volsker vor Rom +Zwei Wachen der Volsker, zu ihnen kommt Menenius + + +Erste Wache. +Halt!--Woher kommt Ihr? + +Zweite Wache. +Halt, und geht zurück! + +Menenius. +Ihr wacht wie Männer. Gut; doch mit Vergunst, +Ich bin ein Staatsbeamter und gekommen, +Mit Coriolan zu sprechen. + +Erste Wache. +Von wo? + +Menenius. +Von Rom. + +Erste Wache. +Ihr kommt nicht durch, Ihr müßt zurück.--Der Feldherr +Will nichts von dort mehr hören. + +Zweite Wache. +Ihr sollt Eur Rom in Flammen sehn, bevor +Mit Coriolan Ihr sprecht. + +Menenius. +Ihr guten Freunde, +Habt ihr gehört von Rom den Feldherrn sprechen +Und seinen Freunden dort? Zehn gegen eins, +So traf mein Nam eur Ohr, er heißt Menenius. + +Erste Wache. +Mag sein. Zurück! denn Euers Namens Würde +Bringt Euch nicht durch. + +Menenius. +Ich sage dir, mein Freund, +Dein Feldherr liebt mich, denn ich war die Chronik +Des Guten, das er tat, und wo sein Ruhm +Als gleichlos stand, wohl etwas übertrieben. +Denn immer zeugt ich gern für meine Freunde +(Von denen er der liebste), ganz und groß, +Soweit's die Wahrheit litt. Zuweilen wohl +So wie auf scheinbar glattem Grund die Kugel, +Sprang ich was jenseits, machte fast im Loben +Ein wenig Wind.--Drum, Kerl, muß ich auch durch. + +Erste Wache. +Mein Treu, Herr, wenn Ihr auch so viele Lügen für ihn +als jetzt Worte für Euch gesprochen habt, so sollt Ihr +doch nicht durch. Nein--und wenn auch das Lügen so +verdienstlich wäre wie ein keusches Leben. Darum--zurück! + +Menenius. +Ich bitte dich, Mensch, erinnere dich, daß ich Menenius +heiße, der immer die Partei deines Feldherrn hielt. + +Zweite Wache. +Wenn Ihr auch sein Lügner gewesen seid, wie Ihr vorgebt, +so bin ich einer, der in seinem Dienst die Wahrheit spricht +und Euch sagt, daß Ihr hier nicht hinein dürft. Darum, zurück! + +Menenius. +Hat er zu Mittag gegessen? weißt du's nicht? denn ich wollte +nicht gern eher mit ihm reden als nach der Mahlzeit. + +Erste Wache. +Nicht wahr, Ihr seid ein Römer? + +Menenius. +Ich bin, was dein Feldherr ist. + +Erste Wache. +Dann solltet Ihr auch Rom hassen, so wie er. Könnt Ihr, +nachdem Ihr Euern Verteidiger zu Euern Toren hinausgestoßen +und in Eurer blödsinnigen Volkswut Euerm Feind Euern eignen +Schild gegeben habt, noch glauben, seine Rache ließe sich durch +die schwächlichen Seufzer alter Frauen abwenden, durch das +jungfräuliche Händefalten Eurer Töchter, oder durch gichtlahme +Fürbitte eines so welken, kindischen Mannes, wie Ihr zu sein +scheint? Könnt Ihr glauben, das Feuer, das Eure Stadt entflammen +soll, mit so schwachem Atem auszublasen? Nein, Ihr irrt Euch-- +darum, zurück nach Rom und bereitet Euch zu Eurer Hinrichtung. +Ihr seid verurteilt ohne Aufschub und Gnade, das hat der General +geschworen. + +Menenius. +Bursche, wenn dein Hauptmann wüßte, daß ich hier bin, so würde er +mich mit Achtung behandeln. + +Erste Wache. +Geht, mein Hauptmann kennt Euch nicht. + +Menenius. +Ich meine den Feldherrn. + +Erste Wache. +Der Feldherr fragt nichts nach Euch.--Zurück, ich sag es Euch, +geht, sonst zapfe ich noch Eure halbe Unze Blut ab--zurück! denn +mehr könnt Ihr nicht haben! Fort! + +Menenius. +Nein, aber, Mensch! Mensch! Coriolanus und Aufidius treten auf. + +Coriolanus. +Was gibt's? + +Menenius. +Jetzt, Geselle, will ich dir etwas einbrocken--du sollst +nun sehn, daß ich in Achtung stehe. Du sollst gewahr werden, +daß solch ein Hans Schilderhaus mich nicht von meinem Sohn +Coriolan wegtreiben kann. Sieh an der Art, wie er mit mir +sprechen wird, ob du nicht reif für den Galgen bist, oder +für eine Todesart von längrer Aussicht und größerer Qual. +Sieh nun her und fall sogleich in Ohnmacht wegen dessen, was +dir bevorsteht.--Die glorreichen Götter mögen stündliche +Ratsversammlung halten wegen deiner besondern Glückseligkeit +und dich nicht weniger lieben als dein alter Vater Menenius. +O! mein Sohn! mein Sohn! du bereitest uns Feuer? Sieh, hier +ist Wasser, um es zu löschen. Ich war schwer zu bewegen, zu +dir zu gehn; aber weil ich überzeugt bin, daß keiner besser +als ich dich bewegen kann, so bin ich mit Seufzern aus den +Toren dort hinausgeblasen worden und beschwöre dich nun, Rom +und deinen flehnden Landsleuten zu verzeihn. Die gütigen Götter +mögen deinen Zorn sänftigen und die Hefen davon hier auf diesen +Schurken leiten, auf diesen, der mir, wie ein Klotz, den +Eintritt zu dir versagte. + +Coriolanus. +Hinweg! + +Menenius. +Wie, hinweg? + +Coriolanus. +Weib, Mutter, Kind, nicht kenn ich sie.--Mein Tun +Ist andern dienstbar. Eignet mir die Rache +Auch gänzlich, kann doch von den Volskern nur +Verzeihung kommen. Daß wir einst vertraut, +Vergifte lieber undankbar Vergessen, +Als Mitleid sich, wie sehr, erinnre. Fort denn! +Mein Ohr ist fester Euerm Flehn verschlossen, +Als Eure Tore meiner Kraft. Doch nimm dies, +Weil ich dich liebt, ich schrieb's um deinetwillen +Und wollt es senden. Kein Wort mehr, Menenius. +Verstatt ich dir. Der Mann, Aufidius, +War mir sehr lieb in Rom; und dennoch siehst du-- + +Aufidius. +Du bleibst dir immer gleich. + +(Coriolanus und Aufidius gehn ab.) + +Erste Wache. +Nun, Herr, ist Euer Name Menenius? + +Zweite Wache. +Ihr seht, er ist ein Zauber von großer Kraft. Ihr wißt nun +den Weg nach Hause. + +Erste Wache. +Habt Ihr gehört, wie wir ausgescholten sind, weil wir Eure +Hoheit nicht einließen? + +Zweite Wache. +Warum doch, denkt Ihr, soll ich nun in Ohnmacht fallen? + +Menenius. +Ich frage weder nach der Welt noch nach euerm Feldherrn. +Was solche Kreaturen betrifft, wie ihr, so weiß ich kaum, ob +sie da sind, so unbedeutend seid ihr.--Wer den Entschluß fassen +kann, von eigner Hand zu sterben, fürchtet es von keiner andern. +Mag euer Feldherr das Ärgste tun; und, was euch betrifft, bleibt, +was ihr seid, lange, und eure Erbärmlichkeit wachse mit euerm Alter! +Ich sage euch das, was mir gesagt wurde: Hinweg!-- + +(Er geht ab.) + +Erste Wache. +Ein edler Mann, das muß ich sagen. + +Zweite Wache. +Der würdigste Mann ist unser Feldherr, er ist ein Fels, eine Eiche, +die kein Sturm erschüttert. + +(Sie gehn ab.) + + + +Dritte Szene + +Coriolans Zelt +Es treten auf Coriolanus, Aufidius und andere + + +Coriolanus. +So ziehn wir morgen denn mit unserm Heer +Vor Rom. Ihr, mein Genoß in diesem Krieg, +Tut Euren Senatoren kund, wie redlich +Ich alles ausgeführt. + +Aufidius. +Nur ihren Vorteil +Habt Ihr beachtet; Euer Ohr verstopft +Roms allgemeinem Flehn; nie zugelassen +Geheimes Flüstern; nein, selbst nicht von Freunden, +Die ganz auf Euch vertraut. + +Coriolanus. +Der alte Mann, +Den ich nach Rom gebrochnen Herzens sende, +Er liebte mehr mich als mit Vaterliebe, +Ja, machte mich zum Gott.--Die letzte Zuflucht +War, ihn zu senden; und aus alter Liebe, +Blickt ich schon finster, tat ich noch einmal +Den ersten Antrag, den sie abgeschlagen +Und jetzt nicht nehmen können; ihn zu ehren, +Der mehr zu wirken hoffte, gab ich nach, +Sehr wenig nur. Doch neuer Sendung, Bitte, +Sei's nun vom Staat, von Freunden, leih ich nun +Mein Ohr nicht mehr.--Ha! welch ein Lärm ist das? + +(Geschrei hinter der Szene.) + +Werd ich versucht, zu brechen meinen Schwur, +Indem ich ihn getan? Ich werd es nicht. Es treten auf Virgilia, +Volumnia, die den jungen Mardas an der Hand führt. Valeria mit +Gefolge. Alle in Trauer. Mein Weib voran, dann die ehrwürdge Form, +Die meinen Leib erschuf, an ihrer Hand +Der Enkel ihres Bluts.--Fort, Sympathie! +Brecht, all ihr Band' und Rechte der Natur! +Sei's tugendhaft, in Starrsinn fest zu bleiben.-- +Was gilt dies Beugen mir? dies Taubenauge, +Das Götter lockt zum Meineid?--Ich zerschmelze! +Und bin nicht festre Erd als andre Menschen-- +Ha! meine Mutter beugt sich-- +Als wenn Olympus sich vor kleinem Hügel +Mit Flehen neigte; und mein junger Sohn +Hat einen Blick der Bitt, aus dem allmächtig +Natur schreit: "Weiger's nicht!"--Nein, pflüge auf +Der Volsker Rom, verheer Italien.--Nimmer +Soll, wie unflügge Brut, Instinkt mich führen; +Ich steh, als wär der Mensch sein eigner Schöpfer +Und kennte keinen Ursprung. + +Virgilia. +Herr und Gatte! + +Coriolanus. +Mein Auge schaut nicht mehr wie sonst in Rom. + +Virgilia. +Der Gram, der uns verwandelt hat, macht dich +So denken. + +Coriolanus. +Wie ein schlechter Spieler jetzt +Vergaß ich meine Roll und bin verwirrt, +Bis zur Verhöhnung selbst.--Blut meines Herzens! +Vergib mir meine Tyrannei; doch sage +Drum nicht: "Vergib den Römern."--O! ein Kuß, +Lang wie mein Bann und süß wie meine Rache. +Nun, bei der Juno Eifersucht, den Kuß +Nahm ich, Geliebte, mit, und meine Lippe +Hat ihn seitdem jungfräulich treu bewahrt. +Ihr Götter! wie? ich schwatze? +Und aller Mütter edelste der Welt +Blieb unbegrüßt?--Mein Knie, sink in die Erde, +Drück tiefer deine Pflicht dem Boden ein +Als jeder andre Sohn. + +(Er kniet nieder.) + +Volumnia. +Steh auf gesegnet! +Daß, auf nicht weicherm Kissen als der Stein, +Ich vor dir knie und Huldgung neuer Art +Dir weihe, die bisher ganz falsch verteilt +War zwischen Kind und Eltern. + +(Sie kniet.) + +Coriolanus. +Was ist das? +Ihr vor mir knien? vor dem gescholtnen Sohn? +Dann mögen Kiesel vor der öden Bucht +Frech an die Sterne springen; rebellsche Winde +Die Feuersonn mit stolzen Zedern peitschen, +Mordend Unmöglichkeit, zum Kinderspiel +Zu machen das, was ewig nie kann sein. + +Volumnia. +Du bist mein Krieger, +Ich half dich formen. Kennst du diese Frau? + +Coriolanus. +Die edle Schwester des Publicola, +Die Luna Roms, keusch wie die Eiszacken, +Die aus dem reinsten Schnee der Frost erschuf +Am Heiligtum Dianens. Seid gegrüßt, Valeria. + +Volumnia. +Dies ein kleiner Auszug von dir selbst, +Der durch die Auslegung erfüllter Jahre +Ganz werden kann wie du. + +Coriolanus. +Der Gott der Krieger, +Mit Beistimmung des höchsten Zeus, erziehe +Zum Adel deinen Sinn, daß du dich stählst, +Der Schande unverwundbar, und im Krieg +Ein groß Seezeichen stehst, den Stürmen trotzend, +Die rettend, die dich schaun. + +Volumnia. +Knie nieder, Bursch. + +Coriolanus. +Das ist mein wackrer Sohn. + +Volumnia. +Er und dein Weib, die Frau hier und ich selbst +Sind Flehende vor dir. + +Coriolanus. +Ich bitt euch, still! +Wo nicht, bedenket dies, bevor ihr sprecht: +Was zu gewähren ich verschwor, das nehmt nicht +Als euch verweigert; heißt mich nicht entlassen +Mein Heer; nicht, wieder unterhandeln mit +Den Handarbeitern Roms; nicht sprecht mir vor, +Worin ich unnatürlich scheine; denkt nicht +Zu sänftgen meine Wut und meine Rache +Mit euren kältern Gründen. + +Volumnia. +O! nicht mehr! nicht mehr! +Du hast erklärt, du willst uns nichts gewähren; +Denn nichts zu wünschen haben wir, als das, +Was du schon abschlugst; dennoch will ich bitten, +Daß, weichst du unsern Bitten aus, der Tadel +Auf deine Härte falle. Hör uns drum. + +Coriolanus. +Aufidius und ihr Volsker, merkt, wir hören +Nichts insgeheim von Rom. Nun, eure Bitte? + +Volumnia. +Wenn wir auch schwiegen, sagte doch dies Kleid +Und unser bleiches Antlitz, welch ein Leben +Seit deinem Bann wir führten. Denke selbst, +Wie wir, unselger als je Fraun auf Erden, +Dir nahn! Dein Anblick, der mit Freudentränen +Die Augen füllen soll, das Herz mit Wonne, +Netzt sie mit Leid, und quält's mit Furcht und Sorge; +Da Mutter, Weib und Kind es sehen müssen, +Wie Sohn, Gemahl und Vater grausam wühlt +In seines Landes Busen.--Weh, uns Armen! +Uns trifft am härtsten deine Wut; du wehrst uns +Die Götter anzuflehn, ein Trost, den alle, +Nur wir nicht, teilen: denn wie könnten wir's? +Wie können für das Vaterland wir beten, +Was unsre Pflicht? und auch für deinen Sieg, +Was unsre Pflicht?--Ach! unsre teure Amme, +Das Vaterland, geht unter, oder du, +Du Trost im Vaterland. Wir finden immer +Ein unabwendbar Elend, wird uns auch +Ein Wunsch gewährt; wer auch gewinnen mag, +Entweder führt man dich, Abtrünn'gen, Fremden, +In Ketten durch die Straßen; oder du +Trittst im Triumph des Vaterlandes Schutt +Und trägst die Palme, weil du kühn vergossest +Der Frau, des Kindes Blut; denn ich, mein Sohn, +Ich will das Schicksal nicht erwarten, noch +Des Krieges Schluß. Kann ich dich nicht bewegen, +Daß lieber jedem Teil du Huld gewährst, +Als einen stürzest--Traun, du sollst nicht eher +Dein Vaterland bestürmen, bis du tratst +(Glaub mir, du sollst nicht) auf der Mutter Leib, +Der dich zur Welt gebar. + +Virgilia. +Ja, auch auf meinen, +Der diesen Sohn dir gab, auf daß dein Name +Der Nachwelt blüh. + +Der kleine Marcius. +Auf mich soll er nicht treten. +Fort lauf ich, bis ich größer bin, dann fecht ich. + +Coriolanus. +Wer nicht will Wehmut fühlen, gleich den Frauen, +Der muß nicht Frau noch Kindes Antlitz schauen. +Zu lange saß ich. + +(Er steht auf.) + +Volumnia. +Nein, so geh nicht fort. +Zielt' unsre Bitte nur dahin, die Römer +Zu retten durch den Untergang der Volsker, +Die deine Herrn, so möchtst du uns verdammen +Als Mörder deiner Ehre.--Nein, wir bitten, +Daß beide du versöhnst; dann sagen einst +Die Volsker: "Diese Gnad erwiesen wir",-- +Die Römer: "Wir empfingen sie"; und jeder +Gibt dir den Preis und ruft: "Gesegnet sei +Für diesen Frieden!"--Großer Sohn, du weißt, +Des Krieges Glück ist ungewiß; gewiß +Ist dies, daß, wenn du Rom besiegst, der Lohn +Den du dir erntest, solch ein Name bleibt, +Dem, wie er nur genannt wird, Flüche folgen. +Dann schreibt die Chronik einst: "Der Mann war edel, +Doch seine letzte Tat löscht' alles aus, +Zerstört' sein Vaterland; drum bleibt sein Name +Ein Abscheu künftgen Zeiten."--Sprich zu mir. +Der Ehre zartste Fordrung war dein Streben, +In ihrer Hoheit Göttern gleich zu sein: +Den Luftraum mit dem Donner zu erschüttern +Und dann den Blitz mit einem Keil zu tauschen, +Der nur den Eichbaum spaltet. Wie? nicht sprichst du?-- +Hältst du es würdig eines edlen Mannes, +Sich stets der Kränkung zu erinnern?--Tochter, +Sprich du, er achtet auf dein Weinen nicht.-- +Sprich du, mein Kind-- +Vielleicht bewegt dein Kindgeschwätz ihn mehr, +Als unsre Rede mag.--Kein Mann auf Erden +Verdankt der Mutter mehr; doch hier läßt er +Mich schwatzen wie ein Weib am Pranger.--Nie +Im ganzen Leben gabst der lieben Mutter +Du freundlich nach, wenn sie, die arme Henne, +Nicht andrer Brut erfreut, zum Krieg dich gluckte, +Und sicher heim, mit Ehren stets beladen.-- +Heiß ungerecht mein Flehn und stoß mich weg; +Doch ist's das nicht, so bist nicht edel du, +Und strafen werden dich die Götter, daß +Du mir die Pflicht entziehst, die Müttern ziemt. +Er kehrt sich ab!-- +Kniet nieder Fraun, beschäm ihn unser Knien. +Dem Namen Coriolanus ziemt Verehrung, +Nicht Mitleid unserm Flehn.--Kniet, sei's das Letzte.-- +Nun ist es aus--wir kehren heim nach Rom +Und sterben mit den Unsern.--Nein, sieh her! +Dies Kind, nicht kann es sagen, was es meint; +Doch kniet es, hebt die Händ empor mit uns, +Spricht so der Bitte Recht mit größrer Kraft, +Als du zu weigern hast.--Kommt, laßt uns gehn: +Der Mensch hat eine Volskerin zur Mutter, +Sein Weib ist in Corioli, dies Kind +Gleicht ihm durch Zufall.--So sind wir entlassen, +Still bin ich, bis die Stadt in Flammen steht, +Dann sag ich etwas noch. + +Coriolanus. +O! Mutter!--Mutter! + +(Er faßt die beiden Hände der Mutter. Pause.) + +Was tust du? Sieh, die Himmel öffnen sich, +Die Götter schaun herab; den Auftritt, unnatürlich, +Belachen sie.--O! meine Mutter! Mutter! O! +Für Rom hast glücklich du den Sieg gewonnen; +Doch deinen Sohn--O glaub es, glaub es nur, +Ihm höchst gefahrvoll hast du den bezwungen, +Wohl tödlich selbst. Doch mag es nur geschehn! +Aufidius, kann ich Krieg nicht redlich führen, +Schließ ich heilsamen Frieden. Sprich, Aufidius, +Wärst du an meiner Statt, hättst du die Mutter +Wen'ger gehört? ihr wen'ger zugestanden? + +Aufidius. +Ich war bewegt. + +Coriolanus. +Ich schwöre drauf, du warst es. +Und nichts Geringes ist es, wenn mein Auge +Von Mitleid träuft. Doch rate mir, mein Freund! +Was für Bedingung machst du? denn nicht geh ich +Nach Rom, ich kehre mit euch um und bitt euch, +Seid hierin mir gewogen.--O Mutter! Frau! + +Aufidius (für sich). +Froh bin ich, daß dein Mitleid, deine Ehre, +Dich so entzwein; hieraus denn schaff ich mir +Mein ehemalges Glück. + +(Die Frauen wollen sich entfernen.) + +Coriolanus. +O! jetzt noch nicht. +Erst trinken wir, dann tragt ein beßres Zeugnis +Als bloßes Wort nach Rom, das gegenseitig +Auf billige Bedingung wir besiegeln. +Kommt, tretet mit uns ein. Ihr Fraun verdient, +Daß man euch Tempel baut; denn alle Schwerter +Italiens und aller Bundsgenossen, +Sie hätten diesen Frieden nicht erkämpft. + +(Alle ab.) + + + +Vierte Szene + +Rom. Ein öffentlicher Platz +Menenius und Sicinius treten auf + + +Menenius. +Seht ihr dort jenen Vorsprung am Kapitol? jenen Eckstein? + +Sicinius. +Warum? Was soll er? + +Menenius. +Wenn es möglich ist, daß Ihr ihn mit Euerm kleinen Finger von +der Stelle bewegt, dann ist einige Hoffnung, daß die römischen +Frauen, besonders seine Mutter, etwas bei ihm ausrichten können.-- +Aber! ich sage, es ist keine Hoffnung; unsre Kehlen sind verurteilt +und warten auf den Henker. + +Sicinius. +Ist es möglich, daß eine so kurze Zeit die Gemütsart +eines Menschen so verändert? + +Menenius. +Es ist ein Unterschied zwischen einer Raupe und einem +Schmetterling; und doch war der Schmetterling eine Raupe. +Dieser Marcius ist aus einem Menschen ein Drache geworden, +die Schwingen sind ihm gewachsen, er ist mehr als ein +kriechendes Geschöpf. + +Sicinius. +Er liebte seine Mutter von Herzen. + +Menenius. +Mich auch. Aber er kennt jetzt seine Mutter sowenig als ein +achtjähriges Roß. Die Herbigkeit seines Angesichts macht reife +Trauben sauer. Wenn er wandelt, so bewegt er sich wie ein Turm, +und der Boden bebt unter seinem Tritt. Er ist imstande, einen +Harnisch mit seinem Blick zu durchbohren; er spricht wie eine +Glocke, und sein "Hm" ist eine Batterie. Er sitzt da in seiner +Herrlichkeit wie ein Abbild Alexanders. Was er befiehlt, das +geschehen soll, das ist schon vollendet, indem er es befiehlt. +Ihm fehlt zu einem Gotte nichts als Ewigkeit und ein Himmel, +darin zu thronen. + +Sicinius. +Doch, Gnade, wenn Ihr ihn richtig beschreibt. + +Menenius. +Ich male ihn nach dem Leben. Gebt nur acht, was für Gnade seine +Mutter mitbringen wird. Es ist nicht mehr Gnade in ihm als Milch +in einem männlichen Tiger; das wird unsre arme Stadt empfinden.-- +Und alles dies haben wir euch zu danken. + +Sicinius. +Die Götter mögen sich unser erbarmen! + +Menenius. +Nein, bei dieser Gelegenheit werden sich die Götter unser nicht +erbarmen. Als wir ihn verbannten, achteten wir nicht auf sie, und +da er nun zurückkommt, um uns den Hals zu brechen, achten sie nicht +auf uns. + +(Ein Bote tritt auf.) + +Bote. +Wollt Ihr das Leben retten, flieht nach Hause, +Das Volk hat Euren Mittribun ergriffen +Und schleift ihn durch die Straßen. Alle schwören, +Er soll, wenn keinen Trost die Frauen bringen, +Den Tod zollweis empfinden. Ein Zweiter Bote kommt. + +Sicinius. +Was für Nachricht? + +Bote. +Heil! Heil! Die Frauen haben obgesiegt, +Es ziehn die Volsker ab und Marcius geht. +Ein frohrer Tag hat nimmer Rom begrüßt, +Nicht seit Tarquins Vertreibung. + +Sicinius. +Freund, sag an, +Ist's denn auch wirklich wahr? weißt du's gewiß? + +Bote. +Ja, so gewiß die Sonne Feuer ist. +Wo stecktet Ihr, daß Ihr noch zweifeln könnt? +Geschwollne Flut stürzt so nicht durch den Bogen, +Wie die Beglückten durch die Tore. Horcht! (Man hört Trompeten, +Hoboen, Trommeln und Freudengeschrei.) Posaunen, Flöten, +Trommeln und Drommeten, +Zimbeln und Pauken und der Römer Jauchzen, +Es macht die Sonne tanzen. + +(Freudengeschrei.) + +Menenius. +Gute Zeitung. +Ich geh den Fraun entgegen. Die Volumnia +Ist von Patriziern, Konsuln, Senatoren +Wert eine Stadt voll, solcher Volkstribunen +Ein Meer und Land voll.--Ihr habt gut gebetet, +Für hunderttausend eurer Kehlen gab ich +Heut früh nicht einen Pfennig. Hört die Freude! + +(Musik und Freudengeschrei.) + +Sicinius. +Erst für die Botschaft segnen Euch die Götter, +Und dann nehmt meinen Dank. + +Bote. +Wir haben alle +Viel Grund zu vielem Dank. + +Sicinius. +Sind sie schon nah? + +Bote. +Fast schon am Tor. + +Sicinius. +Laßt uns entgegengehn +Und ihren Jubel mehren. Die Frauen treten auf, von Senatoren, +Patriziern und Volk begleitet +Sie gehn über die Bühne. + +Erster Senator. +Seht unsre Schutzgöttin, das Leben Roms! +Ruft alles Volk zusammen, preist die Götter, +Macht Freudfeuer, streut den Weg mit Blumen +Und übertönt den Schrei, der Marcius bannte, +Ruft ihn zurück im Willkomm seiner Mutter. +Willkommen! ruft den Fraun Willkommen zu. + +Alle. +Willkommen! edle Frauen! seid willkommen! + +(Trommeln und Trompeten. Alle ab.) + + + +Fünfte Szene + +Antium. Ein öffentlicher Platz +Aufidius tritt auf mit Begleitern + + +Aufidius. +Geht, sagt den Senatoren, ich sei hier, +Gebt ihnen dies Papier, und wenn sie's lasen, +Heißt sie zum Marktplatz kommen, wo ich selbst +Vor ihrem und des ganzen Volkes Ohr +Bekräftge, was hier steht. Der Angeklagte +Zog eben in die Stadt und ist gewillt, +Sich vor das Volk zu stellen, in der Hoffnung, +Durch Worte sich zu rein'gen. Geht. + +(Die Begleiter gehn ab. Drei oder vier Verschworne treten auf.) + +Willkommen! + +Erster Verschworner. +Wie steht's mit unserm Feldherrn? + +Aufidius. +Grade so +Wie dem, der durch sein Wohltun wird vergiftet, +Den sein Erbarmen mordet. + +Zweiter Verschworner. +Edler Herr, +Wenn bei derselben Absicht Ihr verharrt, +Zu der Ihr unsern Beitritt wünscht, erretten +Wir Euch von der Gefahr. + +Aufidius. +Ich weiß noch nicht. +Wir müssen handeln nach des Volkes Stimmung. + +Dritter Verschworner. +Das Volk bleibt ungewiß, solang es noch +Kann wählen zwischen euch. Der Fall des einen +Macht, daß der andre alles erbt. + +Aufidius. +Ich weiß es. +Auch wird der Vorwand, ihm eins beizubringen, +Beschönigt. Ich erhob ihn, gab mein Wort +Für seine Treu. Er, so emporgestiegen, +Begoß mit Schmeicheltau die neuen Pflanzen, +Die Freunde mir verführend; zu dem Zweck +Bog er sein Wesen, das man nur vorher +Als rauh, unlenksam und freimütig kannte. + +Dritter Verschworner. +Jawohl, sein Starrsinn, als er einst die Würde +Des Konsuls suchte, die er nur verlor, +Weil er nicht nachgab-- + +Aufidius. +Davon wollt ich reden. +Deshalb verbannt, kam er an meinen Herd, +Bot seinen Hals dem Dolch. Ich nahm ihn auf, +Macht ihn zu meinesgleichen, gab ihm Raum +Nach seinem eignen Wunsch, ja, ließ ihn wählen +Aus meinem Heer, zu seines Plans Gelingen, +Die besten, kühnsten Leute. Selbst auch dient' ich +Für seinen Plan, half ernten Ruhm und Ehre, +Die er ganz nahm als eigen. Selbst mir Schaden +Zu tun, war ich fast stolz. Bis ich am Ende +Sein Söldner schien, nicht Mitregent, den er +Mit Gunst bezahlt und Beifall; als wär ich +Für Lohn in seinem Dienste. + +Erster Verschworner. +Ja, das tat er, +Das Heer erstaunte drob. Und dann zuletzt, +Als Rom sein war, und wir nicht wen'ger Ruhm +Als Beut erwarteten-- + +Aufidius. +Dies ist der Punkt, +Wo meine ganze Kraft ihm widerstrebt. +Für wen'ge Tropfen Weibertränen, wohlfeil +Wie Lügen, konnt er Schweiß und Blut verkaufen +Der großen Unternehmung. Darum sterb er, +Und ich ersteh in seinem Fall.--Doch, horcht.-- + +(Trommeln und Trompeten, Freudengeschrei des Volks.) + +Erster Verschworner. +Ihr kamt zur Vaterstadt, gleich einem Boten, +Und wurdet nicht begrüßt; bei seiner Rückkehr +Zerreißt ihr Schrein die Luft. + +Zweiter Verschworner. +Ihr blöden Toren! +Die Kinder schlug er euch: ihr sprengt die Kehlen, +Ihm Glück zu wünschen. + +Dritter Verschworner. +Drum zu Euerm Vorteil, +Eh er noch sprechen kann, das Volk zu stimmen +Durch seine Rede, fühl er Euer Schwert. +Wir unterstützen Euch, daß, wenn er liegt, +Auf Eure Art sein Wort gedeutet wird, +Mit ihm sein Recht begraben. + +Aufidius. +Sprich nicht mehr, +Hier kommt schon der Senat. Die Senatoren treten auf. + +Die Senatoren. +Ihr seid daheim willkommen! + +Aufidius. +Das hab ich nicht verdient; doch, würdge Herrn, +Last ihr bedächtig durch, was ich euch schrieb? + +Die Senatoren. +Wir taten's. + +Erster Senator. +Und mit Kummer, dies zu hören. +Was früher er gefehlt, das, glaub ich, war +Nur leichter Strafe wert; doch da zu enden, +Wo er beginnen sollte, wegzuschenken +Den Vorteil unsers Kriegs, uns zu bezahlen +Mit unsern Kosten und Vergleich zu schließen +Statt der Erobrung--das ist unverzeihlich. + +Aufidius. +Er naht, ihr sollt ihn hören. Coriolanus tritt ein mit +Trommeln und Fahnen, Bürger mit ihm. + +Coriolanus. +Heil, edle Herrn! Heim kehr ich, euer Krieger, +Unangesteckt von Vaterlandsgefühlen, +So wie ich auszog. Euerm hohen Willen +Bleib ich stets untertan.--Nun sollt ihr wissen, +Daß uns der herrlichste Erfolg gekrönt: +Auf blutgem Pfade führt ich euern Krieg +Bis vor die Tore Roms. Wir bringen Beute, +Die mehr als um ein Dritteil überwiegt +Die Kosten dieses Kriegs. Wir machten Frieden, +Mit minderm Ruhm nicht für die Antiaten +Als Schmach für Rom, und überliefern hier, +Von Konsuln und Patriziern unterschrieben +Und mit dem Siegel des Senats versehn, +Euch den Vergleich. + +Aufidius. +Lest ihn nicht, edle Herrn. +Sagt dem Verräter, daß er eure Macht +Im höchsten Grad gemißbraucht. + +Coriolanus. +Was? Verräter? + +Aufidius. +Ja, du Verräter, Marcius! + +Coriolanus. +Marcius? + +Aufidius. +Ja, Marcius, Cajus Marcius! denkst du etwa, +Daß ich mit deinem Raub dich schmücke, deinem +Gestohlnen Namen Coriolan? +Ihr Herrn und Häupter dieses Staats, meineidig +Verriet er eure Sach und schenkte weg +Für ein'ge salzge Tropfen euer Rom, +Ja, eure Stadt, an seine Frau und Mutter, +Den heilgen Eid zerreißend, wie den Faden +Verfaulter Seide, niemals Kriegesrat +Berufend. Nein, bei seiner Amme Tränen +Weint' er und heulte euern Sieg hinweg, +Daß Pagen sein sich schämten und Soldaten +Sich staunend angesehn. + +Coriolanus. +Hörst du das, Mars? + +Aufidius. +O! nenne nicht den Gott, du Knab der Tränen!-- + +Coriolanus. +Ha! + +Aufidius. +Nichts mehr! + +Coriolanus. +Du grenzenloser Lügner! zu groß machst du +Mein Herz für meinen Busen. Knab? O Sklave! +Verzeiht mir, Herrn, das ist das erste Mal, +Daß man mich zwingt zu schimpfen.--Ihr Verehrten, +Straft Lügen diesen Hund; sein eignes Wissen +(Denn meine Striemen sind ihm eingedrückt, +Und diese Zeichen nimmt er mit ins Grab) +Schleudr' ihm zugleich die Lüg in seinen Hals. + +Erster Senator. +Still, beid, und hört mich an. + +Coriolanus. +Reißt mich in Stück', ihr Volsker! Männer, Kinder, +Taucht euern Stahl in mich.--Knab?--Falscher Hund! +Wenn eure Chronik Wahrheit spricht--da steht's, +Daß, wie im Taubenhaus der Adler, ich +Gescheucht die Volsker in Corioli. +Allein--ich--tat es. Knabe! + +Aufidius. +Edle Herrn, +So laßt ihr an sein blindes Glück euch mahnen, +Und eure Schmach? Durch diesen frechen Prahler +Vor euren eignen Augen? + +Die Verschwornen. +Dafür sterb er! + +Die Bürger. (Durcheinander.) +Reißt ihn in Stücke, tut es gleich.--Er tötete meinen Sohn-- +meine Tochter.--Er tötete meinen Vetter Marcus!-- +Er tötete meinen Vater! + +Zweiter Senator. +Still! keine blinde Wut. Seid ruhig. Still! +Der Mann ist edel, und sein Ruhm umschließt +Den weiten Erdkreis. Sein Vergehn an uns +Sei vor Gericht gezogen. Halt, Aufidius! +Und stör den Frieden nicht. + +Coriolanus. +O! hätt ich ihn! +Und sechs Aufidius, mehr noch, seinen Stamm, +Mein treues Schwert zu prüfen! + +Aufidius. +Frecher Bube! + +Die Verschwornen. +Durchbohrt! durchbohrt! durchbohrt ihn! + +(Aufidius und die Verschwornen ziehen und erstechen Coriolanus. +Aufidius stellt sich auf ihn.) + +Die Senatoren. +Halt, halt ein! + +Aufidius. +Ihr edlen Herrn! o! hört mich an. + +Erster Senator. +O Tullus! + +Zweiter Senator. +Du hast getan, was Tugend muß beweinen. + +Dritter Senator. +Tritt nicht auf ihn. Seid ruhig, all ihr Männer, +Steckt eure Schwerter ein. + +Aufidius. +Ihr Herrn, erkennt ihr (wie in dieser Wut, +Von ihm erregt, nicht möglich) die Gefahren, +Die euch sein Leben droht', erfreut ihr euch, +Daß er so weggeräumt. Beruft mich, Edle, +Gleich in den Rat, so zeig ich, daß ich bin +Eur treuster Diener, oder ich erdulde +Die schwerste Strafe. + +Erster Senator. +Tragt die Leiche fort, +Und trauert über ihn. Er sei geehrt, +Wie je ein edler Leichnam, dem der Herold +Zum Grab gefolgt. + +Zweiter Senator. +Sein eigner Ungestüm +Nimmt von Aufidius einen Teil der Schuld, +So kehrt's zum Besten. + +Aufidius. +Meine Wut ist hin, +Mein Herz durchbohrt der Gram. So nehmt ihn auf, +Helft, drei der ersten Krieger, ich der vierte. +Die Trommel rührt, und laßt sie traurig tönen, +Schleppt nach die Speer'. Obwohl in dieser Stadt +Er manche gatten-, kinderlos gemacht +Und nie zu sühnend Leid auf uns gebracht, +So sei doch seiner ehrenvoll gedacht. +Helft mir. + +(Sie tragen die Leiche Coriolans fort. Trauermarsch.) + + +Ende dieses Projekt Gutenberg Etextes Coriolanus, von +William Shakespeare (Übersetzt von Dorothea Tieck +unter der Redaktion von Ludwig Tieck) + + + + + +*** END OF THE PROJECT GUTENBERG EBOOK, CORIOLANUS *** + +This file should be named 6990-8.txt or 6990-8.zip + +Project Gutenberg eBooks are often created from several printed +editions, all of which are confirmed as Public Domain in the US +unless a copyright notice is included. Thus, we usually do not +keep eBooks in compliance with any particular paper edition. + +We are now trying to release all our eBooks one year in advance +of the official release dates, leaving time for better editing. +Please be encouraged to tell us about any error or corrections, +even years after the official publication date. + +Please note neither this listing nor its contents are final til +midnight of the last day of the month of any such announcement. +The official release date of all Project Gutenberg eBooks is at +Midnight, Central Time, of the last day of the stated month. A +preliminary version may often be posted for suggestion, comment +and editing by those who wish to do so. + +Most people start at our Web sites at: +https://gutenberg.org or +http://promo.net/pg + +These Web sites include award-winning information about Project +Gutenberg, including how to donate, how to help produce our new +eBooks, and how to subscribe to our email newsletter (free!). + + +Those of you who want to download any eBook before announcement +can get to them as follows, and just download by date. This is +also a good way to get them instantly upon announcement, as the +indexes our cataloguers produce obviously take a while after an +announcement goes out in the Project Gutenberg Newsletter. + +http://www.ibiblio.org/gutenberg/etext04 or +ftp://ftp.ibiblio.org/pub/docs/books/gutenberg/etext04 + +Or /etext03, 02, 01, 00, 99, 98, 97, 96, 95, 94, 93, 92, 92, 91 or 90 + +Just search by the first five letters of the filename you want, +as it appears in our Newsletters. + + +Information about Project Gutenberg (one page) + +We produce about two million dollars for each hour we work. The +time it takes us, a rather conservative estimate, is fifty hours +to get any eBook selected, entered, proofread, edited, copyright +searched and analyzed, the copyright letters written, etc. Our +projected audience is one hundred million readers. If the value +per text is nominally estimated at one dollar then we produce $2 +million dollars per hour in 2002 as we release over 100 new text +files per month: 1240 more eBooks in 2001 for a total of 4000+ +We are already on our way to trying for 2000 more eBooks in 2002 +If they reach just 1-2% of the world's population then the total +will reach over half a trillion eBooks given away by year's end. + +The Goal of Project Gutenberg is to Give Away 1 Trillion eBooks! +This is ten thousand titles each to one hundred million readers, +which is only about 4% of the present number of computer users. + +Here is the briefest record of our progress (* means estimated): + +eBooks Year Month + + 1 1971 July + 10 1991 January + 100 1994 January + 1000 1997 August + 1500 1998 October + 2000 1999 December + 2500 2000 December + 3000 2001 November + 4000 2001 October/November + 6000 2002 December* + 9000 2003 November* +10000 2004 January* + + +The Project Gutenberg Literary Archive Foundation has been created +to secure a future for Project Gutenberg into the next millennium. + +We need your donations more than ever! + +As of February, 2002, contributions are being solicited from people +and organizations in: Alabama, Alaska, Arkansas, Connecticut, +Delaware, District of Columbia, Florida, Georgia, Hawaii, Illinois, +Indiana, Iowa, Kansas, Kentucky, Louisiana, Maine, Massachusetts, +Michigan, Mississippi, Missouri, Montana, Nebraska, Nevada, New +Hampshire, New Jersey, New Mexico, New York, North Carolina, Ohio, +Oklahoma, Oregon, Pennsylvania, Rhode Island, South Carolina, South +Dakota, Tennessee, Texas, Utah, Vermont, Virginia, Washington, West +Virginia, Wisconsin, and Wyoming. + +We have filed in all 50 states now, but these are the only ones +that have responded. + +As the requirements for other states are met, additions to this list +will be made and fund raising will begin in the additional states. +Please feel free to ask to check the status of your state. + +In answer to various questions we have received on this: + +We are constantly working on finishing the paperwork to legally +request donations in all 50 states. If your state is not listed and +you would like to know if we have added it since the list you have, +just ask. + +While we cannot solicit donations from people in states where we are +not yet registered, we know of no prohibition against accepting +donations from donors in these states who approach us with an offer to +donate. + +International donations are accepted, but we don't know ANYTHING about +how to make them tax-deductible, or even if they CAN be made +deductible, and don't have the staff to handle it even if there are +ways. + +Donations by check or money order may be sent to: + +Project Gutenberg Literary Archive Foundation +PMB 113 +1739 University Ave. +Oxford, MS 38655-4109 + +Contact us if you want to arrange for a wire transfer or payment +method other than by check or money order. + +The Project Gutenberg Literary Archive Foundation has been approved by +the US Internal Revenue Service as a 501(c)(3) organization with EIN +[Employee Identification Number] 64-622154. 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