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authorRoger Frank <rfrank@pglaf.org>2025-10-15 05:28:18 -0700
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+The Project Gutenberg EBook of Der Englander, by Jacob Michael Reinhold Lenz
+
+This eBook is for the use of anyone anywhere in the United States and most
+other parts of the world at no cost and with almost no restrictions
+whatsoever. You may copy it, give it away or re-use it under the terms of
+the Project Gutenberg License included with this eBook or online at
+www.gutenberg.org. If you are not located in the United States, you'll have
+to check the laws of the country where you are located before using this ebook.
+
+Title: Der Englander
+
+Author: Jacob Michael Reinhold Lenz
+
+Posting Date: August 23, 2014 [EBook #6819]
+Release Date: November, 2004
+First Posted: January 27, 2003
+
+Language: German
+
+Character set encoding: ISO-8859-1
+
+*** START OF THIS PROJECT GUTENBERG EBOOK DER ENGLANDER ***
+
+
+
+
+Produced by Delphine Lettau
+
+
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+
+
+
+
+
+This book content was graciously contributed by the Gutenberg Projekt-DE.
+That project is reachable at the web site http://gutenberg2000.de.
+
+Dieses Buch wurde uns freundlicherweise vom "Gutenberg Projekt-DE"
+zur Verfügung gestellt. Das Projekt ist unter der Internet-Adresse
+http://gutenberg2000.de erreichbar.
+
+
+
+
+Der Engländer
+
+Jakob Michael Reinhold Lenz
+
+eine dramatische Phantasterei
+
+
+Personen
+
+Robert Hot, ein Engländer
+Lord Hot, sein Vater
+Lord Hamilton, dessen Freund
+Die Prinzessin von Carignan
+ein Major in sardinischen Diensten
+verschiedene Soldaten
+Tognina, eine Buhlschwester
+ein Geistlicher
+verschiedene Bediente
+
+
+Der Schauplatz ist Turin.
+
+
+
+
+Erster Akt
+
+
+Erste Szene
+
+(Robert Hot spaziert mit einer Flinte vor dem Palast auf und ab.)
+
+(Es ist Nacht. In dem einen FlÜgel des Palasts schimmert hinter
+einer roten Gardine ein Licht durch.)
+
+
+ROBERT. Da steck ich nun im Musketierrock, ich armer Protheus. Habe
+die Soldaten, und ihre Knechtschaft, und ihre Pünktlichkeit sonst
+Ärger gehaßt, wie den Teufel.--Ha! was täte man nicht um dich,
+Armida? Es ist kalt. Brennt doch ein ewigs Feuer in dieser Brust,
+und wie vor einem Schmelzofen glüh` ich, wenn ich meine Augen zu
+jenen roten Gardinen erhebe. Dort schläft sie, dort schlummert sie
+jetzt vielleicht. O, der Kissen zu sein, der ihre Wange wiegt.--Wenn
+der Mond, der so dreist in ihn Zimmer darf, sie weckte, wenn er sie
+an's Fenster führte!--GÖtter!--Mein Vater kommt morgen an, mich
+nach England zurückzuführen--Komm, schöne Armida, rette mich! Laß
+mich dich noch einmal demütig anschauen, dann mit diesem Gewehr mir
+den Tod geben; meinem Vater auf ewig die grausame Gewalt nehmen, die
+er über mich hat. Mich nach England zurückzuführen! Mich zu den
+öffentlichen Geschäften brauchen! Mich mit Lord Hamiltons Tochter
+verheiraten! (schlägt auf sein Gewehr) Kommt nur! Eher möchtet ihr
+mich mit dem Teufel verheiraten. (geht lange stumm auf und ab.) O wie
+unglücklich ist doch der Mensch! In der ganzen Natur folgt alles
+seinem Triebe, der Sperber fliegt auf seine Beute, die Biene auf ihre
+Blume, der Adler in die Sonne selber--Der Mensch, nur der Mensch--Wer
+will mirs verbieten? Hab ich nicht zwanzig Jahre mir alles versagt,
+was Menschen sich wünschen und erstreben? Pflanzenleben gelebt,
+Steinleben? Bloß um die törichten Wünsche meines Vaters auszuführen;
+alle sterbliche Schönheit hintan gesetzt, und wie ein Schulmeister
+mir den Kopf zerbrochen; ohne Haar auf dem Kinn wie ein Greis gelebt,
+über nichts als Büchern und leblosen, wesenlosen Dingen, wie ein
+abgezogner Spiritus in einer Flasche, der sich selbst verraucht. Und
+nun, da ich das Gesicht finde, das mich für alles das entschädigen
+kann, das Gesicht, auf dem alle Glückseligkeit der Erde und des
+Himmels, wie in einem Brennpunkt vereinigt, mir entgegen winkt, das
+Lächeln, das mein ganzes unglückliches, sterbendes, verschmachtendes
+Herz umfaßt, und meinen ausgetrockneten, versteinerten Sinnen auf
+einmal zuzuwinken scheint: Hier ist Leben, Freude ohne Ende,
+Seligkeit ohne Grenzen--Ach! ich muß hinauf,--so wahr ein jeder
+Mensch einen Himmel sucht, weil er auf Erden nicht zufrieden werden
+kann.
+
+(Er schießt sein Gewehr ab, das Fenster öffnet sich, die Prinzessin
+sieht heraus.)
+
+ROBERT. (kniet.) Sind Sie's, göttliche Armida?--O zürnen Sie nicht
+über diese Verwegenheit! Sehen Sie herab auf einen Unglücklichen,
+der zu sterben entschlossen ist, und kein anderes Mittel wußte, Sie
+vor seinem Tod noch einmal zu sehen, Ihnen zu sagen, daß er für Sie
+stirbt. Die Sonne zürnt nicht, wenn ein dreister Vogel ihr entgegen
+fliegt und, von ihrem Glanz betäubt, sodann tot herab ins Meer fällt.
+
+ARMIDA. Wer spricht dort mit mir?
+
+ROBERT. Erlauben Sie mir, daß ich herauf komme, Ihnen meinen Namen zu
+nennen, meine Geschichte zu erzählen. Das tote Schweigen der Natur,
+und die feierliche Stille dieser meiner Sterbestunde flößt mir Mut
+ein. Ich gehe zum Himmel, wenn es einen gibt, und einem Sterbenden
+muß alles erlaubt sein.--(will aufstehen.)
+
+ARMIDA. Verwegner! Wer seid ihr?
+
+ROBERT. Ich bin ein Engländer, Prinzessin; bin der Stolz und die
+Hoffnung meines Vaters, der Lord Hot, Pair von England. Auf der
+letzten Maskerade bei Hof hab ich Sie gesehen, hab ich mit Ihnen
+getanzt; Sie haben es vergessen, ich aber nicht. Ich kann und darf
+nicht hoffen, Sie jemals zu besitzen, doch kann ich nicht leben ohne
+diese Hoffnung. Morgen kommt mein Vater an und will mich nach
+England zurückführen, und mit Lord Hamiltons Tochter verheiraten.
+Urteilen Sie nun, wie unglücklich ich bin. Er darfs nicht wissen,
+daß ich Soldat bin, sonst kauft er mich los; und wo denn Schutz
+finden; was denn anfangen, wenn mich dieser heilige Stand vor ihm und
+Lord Hamilton nicht mehr sicher stellen kann?--Bedauern Sie mich,
+Prinzessin; ich sehe, ich sehe das Mitleid aus ihren schwarzen Augen
+zittern; ich kann diesen süßen Seufzer mit meinen Lippen auffangen,
+der ihren Busen mir so göttlich weiß entgegen hebt.--O in diesem
+Augenblick zu sterben ist alle Glückseligkeit des Lebens wert.
+
+ARMIDA. Mein Herr! ich sehe wohl, daß Sie was anders sind, als Sie zu
+sein scheinen--daß Sie Bedauern verdienen--Sie sind damit zufrieden,
+wenn ich Sie bedauere? Ist Ihnen diese Versicherung nicht genug, so
+bedenken Sie doch, daß mehr verlangen, mein Unglück verlangen hieße.
+
+ROBERT. Ach, schöne Prinzessin! Nichts als bedauern? Und wenn auch
+das Sie nicht glücklich macht, so will ich den Urheber Ihres Unglücks
+strafen. (springt auf, nimmt sein Gewehr wieder, und geht herum. Die
+Runde kommt.)
+
+ROBERT. Wer da?
+
+RUNDE. Runde!
+
+ROBERT. Steh, Runde! (heimlich mit dem Major.)
+
+MAJOR. (laut.) Was ist vorgegangen, daß ihr geschossen habt?
+
+ROBERT. Ich habe einen Deserteur ertappt.
+
+MAJOR. Es hat doch niemand beim Appell gefehlt. Wer war's?
+
+ROBERT. Ich.
+
+MAJOR. Kerl, habt ihr den Verstand verloren? Löst ihn ab, führt ihn
+in die Hauptwache.
+
+
+
+
+Zweiter Akt
+
+
+Erste Szene
+
+(Der Prinzessin Palast. Major Borgia. Prinzessin von Carignan.)
+
+
+MAJOR. Eure Hoheit verzeihen, daß ich mich untertänigst beurlaube.
+Es wird Kriegsrat über einen Deserteur gehalten, bei dem ich
+unumgänglich gegenwärtig sein muß.
+
+ARMIDA. Eben deswegen, Herr Major, habe ich Sie rufen lassen. Er ist
+unter meinem Fenster in Verhaft genommen worden, ich war wach, als
+der Schuß geschah. Der Mensch muß eine verborgene Melancholie haben,
+die ihn zu dergleichen gewaltsamen Entschließungen bringt.
+
+MAJOR. Man will sagen, daß er nicht von geringerem Herkommen sein
+soll. Einige haben mir sogar behaupten wollen, er sei ein Lord, und
+von einem der ersten Häuser in England.
+
+PRINZESSIN. Desto behutsamer müssen Sie gehen. Erkundigen Sie sich
+sorgfältig nach seiner Familie bei ihm.
+
+MAJOR. Es ist schon geschehen. Er will aber nichts sagen, und die
+Strenge der königlichen Verordnungen--
+
+PRINZESSIN. Ich gelte auch etwas bei dem König, und mein Bruder; und
+ich will, daß Sie ihm das Leben nicht absprechen, Herr Major, wenn
+Ihnen Ihr zeitlich Glück lieb ist.
+
+MAJOR. Nach dem Kriegsreglement hat er das Leben verwirkt--
+
+PRINZESSIN.
+Ich gehe, mich dem Könige deswegen zu Füßen zu werfen, unterdessen
+erkundigen Sie sich aufs sorgfältigste nach seinen Eltern, und sehen
+Sie, daß Sie ihnen, so geschwind es sein kann, Nachricht von diesem
+Vorfall geben. Ich bitte mirs von Ihnen zu Gnaden aus, Herr Major!
+
+MAJOR. Eurer Hoheit Befehle sind mir in allen andern Stücken
+heilig--(sie gibt ihm noch einen Blick, und geht ab. Der Major
+gleichfalls von der andern Seite.)
+
+
+
+Zweite Szene
+
+(Roberts Gefängnis. In der Dämmerung.)
+
+
+ROBERT. (spielt die Violine und singt dazu.)
+
+ So geht's denn aus dem Weltgen 'raus,
+ O Wollust, zu vergehen!
+ Ich sterbe sonder Furcht und Graus,
+ Ich habe sie gesehen.
+ Brust und Gedanke voll von ihr:
+ So komm, o Tod! ich geige dir;
+ So komm, o Tod! und tanze mir.
+
+Nur um ein paar Ellen hÄtt' ich ihr näher sein sollen, ihre Mienen
+auf mich herabscheinen zu sehen--ihren Atem zu trinken--Man muß
+genÜgsam sein--Das Leben ist mir gut genug geworden, es ist Zeit, daß
+ich gehe, eh es schlimmer wird. (spielt wieder.)
+
+ O Wollust--o Wollust, zu vergehen!
+ Ich habe--habe sie gesehen.
+
+
+(Die Prinzessin von Carignan tritt ins GefÄngnis, verkleidet als ein
+junger Offizier. Ihr Bruder als Gemeiner.)
+
+ROBERT. Himmlisches Licht, das mich umgibt! (läßt die Geige fallen,
+kniet.)
+
+PRINZESSIN. Stehen Sie auf, mein Herr! ich bring Ihnen Ihr
+Urteil--Ihre Begnadigung vielmehr. Ich war die Ursache der
+unglÜcklichen Verirrung Ihrer Einbildungskraft, ich mußte dafür
+sorgen, daß sie nicht von zu traurigen Folgen für Sie würde. Sie
+werden nicht sterben. Stehen Sie auf. (als ob sie ihn aufrichte.)
+
+ROBERT. (bleibt kniend.) Nicht sterben? Und das nennen Sie Gnade!
+--Oft ist das Leben ein Tod, Prinzessin, und der Tod ein besseres
+Leben.
+
+PRINZESSIN. Das Leben ist das hÖchste Gut, das wir besitzen.
+
+ROBERT. Freilich hört mit dem Tod alles auf, aber im höchsten Genuß
+aufhören heißt tausendfach genießen. Gönnen Sie mir dieses Glück,
+Prinzessin, (ihr einen Dolch reichend, der auf einem Sessel liegt,)
+lassen Sie mich den Tod aus diesen Händen nehmen, von denen er mir
+allein Wohltat ist. Ich will meinen entfliehenden Atem in diese
+Hände zurückgeben, die ihn schon lange gefesselt hatten, die zu
+berühren, meine scheidende Seele schon tausendmal auf meinen Lippen
+geschwebt ist.
+
+PRINZESSIN. (setzt sich.) Mein Freund!--(knöpft sich ein Armband ab.)
+Hier haben Sie etwas, das Ihnen das Leben angenehmer machen soll;
+nehmen Sie es mit in Ihre Gefangenschaft, versüßen Sie sich die
+Einsamkeit damit; und bilden Sie sich ein, daß das Urbild von diesem
+Gemälde vielleicht nicht so fühllos bei Ihren Leiden würde gewesen
+sein, als es dieser ungetreue Schatten von ihm sein wird. (gibt ihm
+das Portrait, und eilt jählings ab.)
+
+ROBERT. (in die Knie sinkend, das Bild am Gesicht.) Ach, nun
+Ewigkeiten zu leben!--mit diesem Bilde!--Wesen! wenn eins da ist,
+furchtbarstes aller Wesen! könntest du so grausam gegen einen
+handhohen Sterblichen sein, und mir dies im Tode nehmen--Wenn ein
+Leben nach dem Tode wäre--dies ist das erstemal, daß mich der Gedanke
+bei den Haaren faßt, und in einen grauenvollen Abgrund
+hinabschüttelt--Ein Leben nach dem Tode, und ohne sie--Nein, sie
+wußte, was sie mir brachte, Leben und ihr Bild. Es ist ihr daran
+gelegen, daß ich sie nicht aus diesem Herzen verliere, und wenn ich
+verginge, verging ein Teil ihres Glücks mit. Ich will also die
+Begnadigung um ihretwillen annehmen. (steht auf, nimmt das Urteil von
+dem Tisch und liest,) "in eine lebenslängliche Verweisung auf die
+Festung." Lebenslänglich! das ist genug--aber sie wird vor mir stehen,
+ihre Hand wird mir den Schweiß von der Stirne trocknen, die Tränen
+von den Backen wischen--die Augen mir zudrücken, wenn ich ausgelitten
+habe. Überall werd ich sie hören, sie sehen, sie sprechen, und
+die Kette, an der ich arbeite, wird ihre Kette sein. (fährt zusammen.)
+Wen seh ich!
+
+(Der alte Lord Hot tritt herein.)
+
+LORD. Unwürdiger! ist das der Ort, wo ich dich anzutreffen hoffte?
+
+ROBERT. (fällt ihm zu Füßen, eine Weile stumm.) Lassen Sie mich zu
+mir selber kommen, mein Vater--
+
+LORD. (hebt ihn auf, und umarmt ihn.)
+Armer, wahnwitziger, kranker Schulknabe! du ein Pair im
+Parlement?--
+
+ROBERT. Hören Sie mich an.-LORD. Ich weiß alles. Ich
+komme von der Prinzessin von Carignan (Robert zittert.) Du hast die
+Dame unglücklich gemacht, sie kann es sich und ihre Reizungen nicht
+verzeihen, einen Menschen so gänzlich um seinen Verstand gebracht zu
+haben, der jung, hoffnungsvoll, in der Blüte seiner Jahre und
+Fähigkeiten, seinen Vater und Vaterland in den größten Erwartungen
+hintergeht. Hier ist deine Befreiung! Willst du der Prinzessin
+nicht auf ewig einen Dorn in ihr Herz drücken, so steh auf, setz dich
+ein mit mir, und kehr nach England zurück.
+
+ROBERT. (eine Weile außer Fassung. dann fährt er plötzlich nach der
+Ordre in des Vaters Händen, und will sie zerreißen.)
+
+LORD. Nichtswürdiger!--deine Begnadigung!--
+
+ROBERT. Nein, die Begnadigung meiner Prinzessin war viel gnädiger.
+Ich habe die Festung verdient, weil ich mich unterstanden, ihre Ruhe
+zu stören. Aber ich blieb ihr nah; derselbe Himmel umwölbte mich,
+dieselbe Luft wehte mich an--es waren keine Länder, kein ungetreues
+Meer zwischen uns; ich konnte wenigstens von Zeit zu Zeit Neuigkeiten
+von ihr zu hören hoffen--Aber nun auf ewig von ihr hinweggerissen,
+in den Strudel der öffentlichen Geschäfte; vom König, und Ihnen, und
+Lord Hamilton gezwungen, in den Armen der Lady Hamilton--sie zu
+vergessen!--Behalten Sie Ihre Begnadigung für sich, und gehen in die
+Wälder, von wilden Tieren Zärtlichkeit für ihre Jungen zu lernen.
+
+LORD. Elender! so machst du die menschenfreundlichsten Bemühungen zu
+nichte, und stößest die Hände, die dich von dem Sturze des Abgrundes
+weghaschen wollen, mit Undankbarkeit von dir. Wisse! es ist nicht
+meine Hand, die du zurückstößt, es ist die Hand deiner Prinzessin
+selber. Sie hat dir diese Befreiung ausgewirkt, und damit sie deine
+unsinnige Leidenschaft und diese Großmut nicht nährte, hat sie mich
+gebeten, ihr meinen Namen dazu zu leihen, hat sie sich gestellt, dir
+eine zweideutige Begnadigung ausgewirkt zu haben, um sich dadurch in
+deiner Phantasie einen widerwärtigen Schatten zu geben. Aber deine
+Raserei ist unheilbar; wenigstens zittre, ihren großmütigen Absichten
+entgegen zu stehen, und wenn du nicht willst, daß sie dich als den
+Störer ihres ganzen Glücks auf ewig hassen soll--flieh! sie befiehlt
+es dir aus meinem Munde-ROBERT. (lange vor sich hinsehend.) Das ist
+in der Tat fürchterlich! diese Klarheit, die mich umgibt, und mir die
+liebe Dunkelheit, die mich so glücklich machte, auf immer entreißt.
+Also die Prinzessin selber arbeitet dran, daß ich fortkomme, daß ich
+nach England gehen, und sie in den Armen einer andern auf ewig
+vergessen soll.
+
+LORD. Sie hat mich in ganz Turin aufsuchen lassen, da sie unter der
+Liste der Durchreisenden meinen Namen gefunden. Sie muß von meiner
+Ankunft unterrichtet gewesen sein.
+
+ROBERT. Das ist viel Sorgfalt für mein Glück, für meine Heilung.--Ich
+bin freilich ein großer Tor--Aber wenn Sie sie gesehen hätten, Lord
+Hot,--und mit meinen Augen--das erstemal, als ich sie auf der
+Maskerade sah--wie sie so da stand in ihrer ganzen Jugend, und alles
+um sie lachte, und gaukelte, und glänzte, die roten Bänder an ihrem
+Kopfschmucke von ihren Wangen die Röte stahlen, die Diamanten aus
+ihren Augen das Feuer bettelten, und alles um sie her verlosch, und
+man, wie bei einer göttlichen Erscheinung für die ganze Natur, die
+Sinne verlor, und nur sie und ihre Reize aus der weit verschwundenen
+Schöpfung übrig behielt. Und was für ein Herz diese Schönheit
+bedeckt. Jedermann in Turin kennt sie, jedermann spricht von ihr mit
+Bewunderung und Liebe. Es ist ein Engel, Lord Hot! ich weiß Züge von
+ihr, die kalte Weltweise haben schaudernd gemacht.--Mein Vater, ich
+kann noch nicht mit nach England. Ich werde heilen, ich muß heilen,
+aber ich muß mich erst noch erholen, eh ich so stark bin, es selber
+zu wollen.
+
+LORD. (faßt ihn an der Hand.) Komm! so bald du vernünftig wirst,
+wirst du glücklich sein, und mich und uns alle glücklich machen, am
+meisten aber die, die du anbetest.
+
+ROBERT. (legt beide Arme über einander, den Himmel lang ansehend.)
+Ich glücklich? (zuckt die Achseln, und geht mit Lord Hot ab.)
+
+
+
+
+Dritter Akt
+
+
+Erste Szene
+
+(Robert in einem Domino ganz ermüdet nach Hause kommend, und sich in
+Lehnstuhl werfend. Es ist Mitternacht, mehr gegen die Morgenstunde.)
+
+
+ROBERT. Sie wollen mich durch Mummereien und Vergnügen durch Raserei
+wieder zu meinem Verstand bringen. Sie haben recht gehabt, sie haben
+mich wenigstens so weit gebracht, daß ich durch eine verstellte
+Gleichgültigkeit ihr Argusauge betrügen, und ihren bittern
+Spöttereien über die schönste Torheit meines Lebens ausweichen kann.
+Ha, unter allen Foltern des Lebens, auf die der Scharfsinn der
+Menschen gesonnen haben kann, kenn ich keine größere, als zu lieben
+und ausgelacht zuwerden. Und die Marmorherzen machen ihrem Gewissen
+diese Peinigung ihrer Nebenmenschen so leicht, weil sie ihnen so
+wenig Mühe kostet, weil sie ihrem Stolz und eingebildeten Weisheit so
+sehr schmeichelt, weil sie die schlechteste Erdensöhne mit so
+geringen Kosten über den würdigsten Göttersohn hinaus setzt. Ha! sie
+sollen diese Freude nicht mehr haben.--Mich auslachen!--mich dünkt,
+ein Teil von dem Hohn fällt auch auf den Gegenstand zurück, den ich
+anbete--(springt auf) und das ist ärger, als wenn Himmel und Erde
+zusammen fielen, und die Götter ein Spiel der Säue würden--Ruhig,
+Robert! da kommen sie. (wirft sich wieder in den Lehnstuhl und
+scheint zu schlummern.)
+
+(Lord Hot und Lord Hamilton kommen. Sie habens gesehen, und lächeln
+einander zu.)
+
+LORD HOT. Es läßt sich doch zur Besserung mit ihm an.
+
+LORD HAMILTON. Wenn nur ein Mittel wäre, ihm den Geschmack an Wollust
+und Behäglichkeit beizubringen; er hat sie noch nie gekostet; und
+wenn das so fortstürmt in seiner Seele, kann er sie auch nie kosten
+lernen.
+
+LORD HOT. Wenn ich ihn nur in England hätte!
+
+LORD HAMILTON. Hier! Hier! Die italienische Augen haben eine große
+Beredsamkeit, besonders für ein britisches Herz.
+
+ROBERT. (zwischen den Zähnen.) Der Verräter!
+
+LORD HOT. Es tut mir leid, daß ich ihm keine mitgegeben, als er von
+Hause ging.
+
+LORD HAMILTON. Ich kenne hier eine, die einen Antonius von Padua
+verführt haben würde. Augen, so jugendlich schmachtend, als Venus
+zum erstenmal aufschlug, da sie aus dem Meerschaum sich loswand, und
+die Götter brünstig vom Himmel zog. Es ist ein so vollkommenes
+Meisterstück der Natur, daß alle Pinsel unserer Maler an ihr
+verzweifelt sind. Ihre Arme, ihr Busen, ihr Wuchs, ihre
+Stellungen--Ach wenn sie sich einladend zurück lehnt, und tausend
+zärtliche Regungen den Schnee ihres Busen aufzuarbeiten
+anfangen-ROBERT. (wirft ihm seine Uhr an den Kopf.) Nichtswürdiger!
+
+LORD HOT. (läuft ganz erhitzt auf ihn zu, als ob er ihn schlagen
+wollte.) Nichtswürdiger du selber! Du verdienst, daß man dich in das
+tiefste Loch unter der Erde steckte.
+
+LORD HAMILTON. (der sich erholt hat, faßt Lord Hot an.) Geduld, Lord
+Hot! ich bitte dich. Geduld, Mann! Es wird sich alles von selber
+geben. Ich billige diese Hitze an Roberten, er hat sie von dir. Du
+hättest es nicht besser gemacht, wenn du in seinen Jahren wärst--Es
+wird sich legen, ich versichere dich. Ich hoffe noch die Zeit zu
+erleben, da Robert über sich lachen wird.
+
+ROBERT. (kniend.) Götter! (beißt sich in die Hände.)
+
+LORD HAMILTON. Wir wollen ihn seinem Nachdenken überlassen, er ist
+kein Kind mehr. (führt Lord Hot ab.)
+
+ROBERT. Das mein' ich, daß er kein Kind ist. Wie hoch diese Leute
+über mich sind, wie sie über mich wegschreiten! wie man über eine
+verächtliche Made wegschreitet--Und ihr Vorzug! daß sie kalt sind;
+daß sie lachen können, wo ich nicht lachen kann--Nun, es wird sich
+alles von selbst geben, Robert wird ein gescheuter, vernünftiger Mann
+werden! Es wird schon kommen, nur Geduld!--Unterdessen (öffnet ein
+Fenster und springt heraus.)
+
+
+
+
+Vierter Akt
+
+
+Erste Szene
+
+(Robert Hot, als ein Savoyard gekleidet, unter dem Fenster der
+Prinzessin von Carignan in der schönsten sternhellen Nacht.)
+
+
+ROBERT. Hast du kein Mitleiden mit mir, Unbarmherzige? Fühlst du
+nicht, wer hier herumgeht, so trostlos, so trostlos, daß die Steine
+sich für Erbarmen bewegen. Was hab ich begangen, was hab ich
+verbrochen, daß ich so viel ausstehen muß? Womit hab ich dich
+beleidigt, erzürnter Himmel, ihr kalten und freundlichen Sterne, die
+ihr so schön und so grausam auf mich niederseht? Auch in dem Stück
+ihr ähnlich. Muß denn alles gefühllos sein, was vollkommen ist; nur
+darum anbetenswert, weil es, in sich selbst glücklich, seine Anbeter
+nicht der Aufmerksamkeit würdig achtet.--(Wirft sich nieder auf sein
+Angesicht, dann hebt er sich auf.) Ja, Hamilton hat recht weisgesagt,
+ich bin so weit gekommen, daß ich über mich selbst machen muß. Ist
+es nicht höchst lächerlich, so da zu liegen, dem Spott aller
+Vorübergehenden, selbst dem Geknurr und Gemurr der Hunde ausgesetzt;
+ich der einzige meiner Familie, auf dessen sich entwickelnde Talente
+ganz England harrte? Robert, du bist in der Tat ein Narr. Zurück!
+zurück! zu deinem Vater, und werd einmal klug. (leiert auf seiner
+Marmotte.)
+
+ a di di dal da
+ a di didda dalli di da.
+
+Ach, gnÄdigste Prinzessin, einen Heller! allergnädigste kÖnigliche
+Majestät.
+
+ a di di dal da
+ di di didda dallidida.
+
+O--o! geben Sie mir doch einen Heller, Eure kaiserliche
+MajestÄt--Eure päpstliche Heiligkeit--O--o!
+
+(Das Fenster geht auf, es fliegt etwas heraus in Papier gewickelt.
+Robert fängts begierig auf.)
+
+O, das Geld kommt von ihr--(kÜßt es.) In Papier--Wer weiß, was darauf
+geschrieben steht. (Macht das Papier auf,) und tritt an eine Laterne.)
+Nichts!--Robert!--weiß--ganz weiß!--Du hast nichts, Robert, du
+verdienst nichts.--Wer weiß, warfs ein Bedienter heraus.--Ja doch; es
+kam nicht aus ihrem Fenster; es kam aus dem obern Stock, und wo mir
+recht ist, sah ich einen roten Ärmel. Geh zurück in deines Vaters
+Haus, Robert! es ist eben so gut--Wenn nur die Bedienten meines
+Vaters ihm von diesem Aufzug nichts sagen, sonst bin ich verloren.
+Ich schleiche mich noch wohl hinein.--(ab.)
+
+
+
+
+Fünfter Akt
+
+Erste Szene
+
+(Robert in seinem Zimmer, krank auf seinem Bette. Lord Hot tritt
+herein.)
+
+
+LORD HOT. Nun, wie stehts? Haben die Kopfschmerzen nachgelassen?
+
+ROBERT. So etwas, Mylord.
+
+LORD HOT. Nun, es wird schon besser werden; ich hoff, ich vertreib
+sie dir. Steh auf, und zieh dich an, du sollst mit mir zur
+Prinzessin von Carignan.
+
+ROBERT. (faßt ihn hastig an beide Hände.) Was sagen Sie? Sie spotten
+meiner.
+
+LORD HOT. Ich spotte nicht; du sollst dich zugleich von ihr
+beurlauben.
+
+ROBERT. Hat sie mich verlangt.
+
+LORD HOT. Verlangt--sie hat wohl viel Zeit, an dich zu denken. Sie
+empfängt gegenwärtig die Glückwünschungen des ganzen Hofs, und du
+wirst doch auch nicht der letzte sein, vor deiner Abreise nach London
+ihr auch die deinige abzulegen.
+
+ROBERT. Glückwünschungen--und wozu?
+
+LORD HOT. Sie vermählt sich--
+
+ROBERT. (schreit.) Vermählt sich! (fällt zurück und in Ohnmacht.)
+
+LORD HOT. Wie nun, Robert?--was ist dir, Robert?--Ich Unglücklicher!
+--Hülfe! (sucht ihn zu ermuntern.)
+
+LORD HAMILTON. Wie stehts? hats angeschlagen?
+
+LORD HOT. Er ist tot.-HAMILTON. (nähert sich.) Nun er wird wieder
+aufleben, (ihn gleichfalls vergeblich zu ermuntern suchend.) Man muß
+ihm eine Ader schlagen. (streift ihm den Arm auf.) Geschwind,
+Bediente, ein Lanzett, oder einen Chirurgen, was ihr am ersten
+bekommen kÖnnt.
+
+ROBERT. (erwacht, und sieht wild umher.) Wer ist da?
+
+LORD HOT. (bekümmert.) Dein Vater--deine guten Freunde.
+
+ROBERT. (stößt ihn von sich.) Weg mit den Vätern!--Laßt mich allein!
+--(sehr hitzig.) Laßt mich allein! sag ich!
+
+HAMILTON. Wir müssen ihn allein lassen, daß er sich erholen kann; der
+Zwang, den er sich in unserer Gegenwart antut, ist ihm tödlich.--Es
+wird sich alles von selbst legen.
+
+LORD HOT. Du bist immer mit dem alles von selber--Wenigstens alles
+Gewehr ihm weggenommen. (greift an den Tisch und um die Wände umher,
+und geht mit Lord Hamilton ab.)
+
+ROBERT. Also vermählt! Das Schwert, das am letzten Haar über meinem
+Kopfe hing, fällt.--Aus!--alles aus. (springt auf, und tappt nach
+einem Gewehr.) Ich vergaß es--O deine elende väterliche Vorsicht!
+(rennt mit dem Kopf gegen die Wand, und sinkt auf den Boden.) Also
+ein anderer--ein anderer--und vermutlich ein junger, schöner,
+liebenswürdiger, vollkommener--einer, den sie lang geliebt hat, weil
+sie so ernstlich auf meine Heilung bedacht war.--Desto schlimmer,
+wenn er vollkommen ist, desto schlimmer!--er wird ihr ganzes Herz
+fesseln, und was wird für mich übrig bleiben? nicht einmal Mitleid,
+nicht ein einziger armer verirrter Gedanke für mich--Ganz aus ihrem
+Andenken verschwunden, vernichtet--Daß ich mich nicht selbst
+vernichten kann!--(springt auf, und will sich zum Fenster naus
+stürzen, Hamilton stürzt herein, und hält ihn zurück.)
+
+HAMILTON. Wohin, Wahnwitziger?
+
+ROBERT. (ganz kalt.) Ich wollte sehen, was es für Wetter gäbe--Ich
+bin dein Herzensfreund, Hamilton; ich wollt, ich hätte deinen Sohn,
+oder deine Tochter hier.
+
+HAMILTON. Was wolltest du mit ihnen?
+
+ROBERT. (sehr gelassen.) Ich wollte deine Tochter heiraten.--Laß mich
+los!
+
+HAMILTON. Ihr sollt euch zu Bette legen. Ihr seid in einem
+gefährlich fiebrischen Zustand. Kommt, legt euch!
+
+ROBERT. Zu Bette?--Ja, mit deiner Tochter!--Laß mich los!
+
+HAMILTON. Zu Bette! oder ich werd euch binden lassen.
+
+ROBERT. Mich binden? (kehrt sich hastig um, und faßt ihn an der Kehle.)
+Schottischer Teufel!
+
+HAMILTON. (wind't sich von ihm los, und schiebt ihn aufs Bett.) He!
+Wer ist da! Bediente! Lord Hot!
+
+ROBERT. Ihr seid der stärkere. Gewalt geht vor Recht. (legt sich
+freiwillig nieder, und fängt an zu rufen.) Georg! Johann! Eduard!
+He, wer ist da! Kommt, und fragt den Lord Hamilton, was er von euch
+haben will?
+
+(Bediente komen herein.)
+
+HAMILTON. Ihr sollt mir den jungen Herrn hier bewachen. Seht zu, daß
+ihr ihn zum Einschlafen bringt--ihr sollt mir Red und Antwort für ihn
+geben.
+
+ROBERT. Hahaha! und bind ihm nur die Hände, ich rat es euch, denn er
+hat einen kleinen Fehler hier. (sich auf die Stirn schlagend.)
+
+HAMILTON. Gebt Acht auf ihn; ihr sollt mir für alles stehen, ich sags
+euch! und wenn ers zu arg macht, so ruft mich nur--und ich will den
+Junker an sein Bett schließen lassen.
+
+ROBERT. (sieht ihn wild an, ohne ein Wort zu sagen.)
+
+(Hamilton geht ab.)
+
+ROBERT. (zu den beiden Bedienten.) Nicht wahr, William, der Mensch
+ist nicht gescheut. Sagt mir aufrichtig, scheint er euch nicht ein
+wenig verrückt zu sein, der Lord Hamilton? Er bild't sich wohl ein,
+daß ich ein Kind, oder ein Narr, oder noch was schlimmers bin, weil
+ich nicht (sich ehrerbietig bückend) Lord Hamilton sein kann.
+
+WILLIAMS. Halten Sie sich ruhig, junger Herr.
+
+ROBERT. Maulaffe! bist du auch angesteckt?--Komm du her, Peter, du
+bist mir immer lieber gewesen, als der weise Esel da. Sagt mir doch,
+habt ihr nichts von Feierlichkeiten gehört, die in der Stadt
+angestellt werden sollen, von Illuminationen, Freudenfeuer?--
+
+PETER.
+Wenn Sie doch könnten in Schlaf kommen, mein lieber junger Herr!
+
+ROBERT. Immer dieselbe Leier; wenn ich nicht närrisch wäre, könntet
+ihr mich dazu machen.--Die Prinzessin von Carignan soll morgen
+Hochzeit halten, ob was dran ist! Habt ihr nichts gehört?
+
+(Peter und William sehen sich mit verwunderungsvollen großen Augen an.)
+
+ROBERT. Seid ihr denn stumm geworden, ihr Holzköpf. Ists euch
+verboten, mirs zu sagen? Wer hats euch verboten? Geschwind!
+
+PETER. Lieber junger Herr, wenn Sie sich zudeckten, und sähen in
+Schweiß zu kommen. (er will ihn anfassen, Robert stößt ihn von sich.)
+Wenn Sie nur in Ruh kommen könnten, allerliebster junger Herr.
+
+ROBERT. Daß dich Gott verdamm, mit deiner Ruh!--Setz dich! (er setzt
+sich aufs Bett, *Robert* faßt ihn an den Kragen.) Den Augenblick sag
+mir, Bestie, wie heißt der Gemahl der Prinzessin von Carignan?
+
+WILLIAMS. (kommt von der anderen Seite, faßt ihn gewaltsam an, und
+kehrt ihn um.) Will er wohl ruhig sein, oder ich nehm ihn
+augenblicklich, und bind ihn fest ans Bett.
+
+ROBERT. (schweigt ganz stille.)
+
+PETER. (zu Williams.) Gott und Herr! er phantasiert erschrecklich.
+
+ROBERT. (nachdem er eine Weile stille gelegen.) Gut, daß ich mit dir
+reden darf, mitleidige Wand. Es ist mir doch, als ob du dich gegen
+mich bewegtest, dich herab zu mir neigtest, und stumm, aber gefühlig
+zu meiner Verzweiflung zittertest. Sieh, wie ich verraten da liege!
+alles, alles verrät mich--(zieht das Bild der Prinzessin aus seinem
+Busen, und macht das Futteral auf.) Auch dies. Auch diese schwarzen
+Augen, die keinen Menschen scheinen unglücklich sehen zu können, die
+Liebe und Wohltun wie die Gottheit selber sind. Sie hat alles das
+angestellt.--Sie will mich wahnwitzig haben--Sie, heiraten! könnte
+sie das, wenn ihr Herz weich und menschlich wäre. Nein, sie ist
+grausamer als alle wilde Tiere, grausamer als ein Tyrann, grausamer
+als das Schicksal selbst, das Weinen und Beten nie verändern kann.
+Sie kann mich leiden sehen, und an Hochzeitsfreuden denken--Und doch,
+wenn sie muß! wenn sie glücklicher dadurch wird--Ja, ich will gern
+leiden, will das Schlachtopfer ihres Glücks sein--Stirb, stirb, stirb,
+*Robert*! es war dein Schicksal, du mußt nicht darüber murren, sonst
+wirst du ausgelacht. (Bleibt mit dem Bild ans Gesicht gedrückt eine
+Weile stumm auf seinem Kissen liegen.)
+
+(Tognina, eine Buhlerin, schön geputzt, tritt leise herein. Peter
+geht ihr auf den Zehen entgegen.)
+
+PETER. Still, er schläft!--das ist ein Glück. Wir dachten schon, er
+sollt uns zum Fenster heraus springen. Die Hitze ist gar zu groß bei
+ihm.
+
+TOGNINA. Laßt mich nur! ich werd ihn nicht wecken. Ich werd an
+seinem Bett warten, bis er aufwacht. (setzt sich ans Bett.)
+
+ROBERT. (kehrt sich hastig um.) Wer ist da?
+
+TOGNINA. Schöner junger Herr! werden Sie nicht böse, daß ich so
+ungebeten herein komme. Ich bin hierher gewiesen, ich bin eine arme
+Waise, die Vater und Mutter verloren hat, und sich kümmerlich von
+ihrer Hände Arbeit nähren muß.
+
+ROBERT. Das sieht man euch nicht an.
+
+TOGNINA. Alles, was ich mir verdiene, wend ich auf meine Kleidung.
+Ich denke, es steht einem jungen Mädchen nicht so übel an, als wenn
+sie das bißchen Schönheit, das ihr der Himmel gab, nicht einmal sucht
+an den Tag zu legen. Ich will nicht gefallen, gnädiger Herr, (ihn
+zärtlich ansehend) ich weiß wohl, daß ich nicht im Stande bin,
+Zärtlichkeit einzuflößen; aber zum wenigsten bin ich hochmütig genug,
+daß ich niemand durch meine Gestalt beleidigen mag.
+
+ROBERT. Was wollt ihr von mir?
+
+TOGNINA. (etwas verwirrt.) Von Ihnen?--was ich von Ihnen will?--Das
+ist eine seltsame Frage, die ich Ihnen so geschwind nicht beantworten
+kann. Ich höre, daß Sie krank sind, schöner junger Herr, Sie
+brauchen Pflege, Sie brauchen Aufwartung. Sie brauchen vielleicht
+auf die Nacht eine Wärterin.
+
+ROBERT. (die Zähne knirschend.) Wer hat euch gesagt, daß ich krank
+sei?
+
+TOGNINA. Niemand, gütiger Herr--die Frau vom Hause hat es mir
+gesagt--und in der Tat, man sieht es Ihnen an; (seine Hand fassend.)
+Dieser Puls will mir nicht gefallen. (streift ihm den Arm auf.) Was
+für einen schönen weißen Arm Si ehaben--und wie nervigt! dieser Arm
+könnte Herkules Keule tragen.
+
+ROBERT. (reißt ich los von ihr, richtet sich auf, und sieht sie starr
+an.) Wer seid ihr?
+
+TOGNINA. Ich bin--ich habe es Ihnen ja schon gesagt, wer ich bin.
+
+ROBERT. Ihr seid eine Zauberin; aber (auf sein Herz weisend) hier ist
+Stein, Kieselstein. Wißt ihr das?
+
+TOGNINA. Das gesteh ich.--Haben Sie noch nie geliebt?--Ich muß Ihnen
+doch sagen, hier ward gestern eine neue Oper gegeben--Die Scythen,
+oder der Sieg des Liebesgottes--Unvergleichlich, Mylord; gewiß--Es
+war auch so ein junger Herr drinne, wie Sie, der alles Frauenzimmer
+verachtete. Aber was meinen Sie wohl, womit die Liebesgöttin und die
+Amors ihn bekämpften? Raten Sie einmal, ich bitte Sie, was für
+fürchterliche Waffen sie seiner knotigen Keule entgegen setzten?
+
+ROBERT. Vergiftete Blicke, wie die eurigen.
+
+TOGNINA. Blumen, junger Herr, nichts als arme Blumen--(reißt sich
+eine Rose von der Brust, und wirft ihn damit.) Sehen Sie, so machten
+sies--Spielend (eine aus ihrem Haarputze) Spielend. (wieder eine
+andere von ihrer Brust.) spielend überwanden sie ihn. Hahaha, (ihn
+an die Hand fassend) ist das nicht lustig, mein kleines Herzchen?
+
+ROBERT. (verstohlen, die Zähne knirschend.) O unbarmherziger Himmel!
+--Armida!--(Tognina ans Knie fassend.) Ihr seid gefährlich, Kleine!
+voll Lüsternheit! voll Liebreiz! Laßt uns allein bleiben, ich habe
+euch viel zu sagen.
+
+(Sie winkt den Bedienten, die gehen heraus.)
+
+ROBERT. (zieht das Portrait aus dem Busen.) Seht, hier hab ich ein
+Bild, das allein ist euch im Wege. Wenn ihr Meisterin von meinem
+Herzen werden wollt, gebt mir eine Schere, daß ich es von diesem
+Halse löse, dan den ich es damals leider, ach, auf ewig knüpfte! Ich
+bin nicht im Stande, euch in eurer zauberreiches Auge zu sehen, eure
+weiche Hand gegen mein Herz zu drücken, euren glühenden Lippen meinen
+zitternden Mund entgegen zu strecken, so lang dies Bild an meinem
+Halse hängt.
+
+TOGNINA. Gleich, gnädiger Herr! (zieht eine Schere aus ihrem Etui,
+und sett sich aufs Bett, ihm das Bild abzulösen.)
+
+ROBERT. (reißt ihr die Schere aus der Hand, und gibt sich einen Stich
+in die Gurgel.) Grisette! hab ich dich endlich doch überlistet.
+
+TOGNINA. Ich in des Todes! Hülfe!--(läuft heraus.)
+
+ROBERT. Ists denn so weit--(breitet die Arme aus.) Ich komme, ich
+komme!--Furchtbarstes aller Wesen! an dessen Dasein ich so lange
+zweifelte; das ich zu meinem Trost leugnete, ich fühle dich--Du, der
+du meine Seele hierher gesetzt! du, der sie wieder in seine grausame
+Gewalt nimmt. Nur nicht verbiete mir, daß ich ihrer nicht mehr
+denken darf. Eine lange, furchtbare Ewigkeit ohne sie. Sieh, wenn
+ich gesündigt habe, ich will gern Straf und Marter dulden;
+Höllenqualen dulden, wie du sie mir auflegen magst; nur laß das
+Andenken an sie sie mir versüßen.
+
+(Lord Hot, Lord Hamilton, Bedienten und Tognina kommen.)
+
+LORD HOT. Ich unglücklicher Vater!
+
+HAMILTON. Er wird sich nur geritzt haben.
+
+LORD HOT. Verbindt ihn; er verblutet sich. (reißt ein Schnupftuch aus
+der Tasche, und sucht das Blut aufzuhalten.) Kommt denn der Wundarzt
+noch nicht? So lauft denn jemand anderswo nach ihm! lauft alle
+miteinander nach ihm!--Das sind die Folgen deiner Politik, Hamilton.
+
+HAMILTON. (zu Tognina.) Ihr ward rasend, daß ihr ihm das Messer in
+die Hand gabt.
+
+TOGNINA. Er tat so ruhig, gnädiger Herr.
+
+LORD HOT. Mörder! Mörder! allezusammen! ihr habt mich um meinen Sohn
+gebracht.
+
+HAMILTON. Es kann unmöglich so gefährlich sein.
+
+ROBERT. (im Wundfieber.) Nein, Armida! nein!--so viel Augen haben
+nach mir gefunkelt! so viel Busen nach mir sich ausgedehnt! ich hätte
+so viel Vergnügen haben können--nein, das ist nicht dankbar.
+
+LORD HOT. Kommt denn der Wundarzt nicht?
+
+ROBERT. Nein, das ist nicht artig--Ich war jung, ich war schön! o
+schön! schön! ich war zum Fressen, sagten sie--Sie wurden rot, wenn
+sie mit mir sprachen, sie stotterten, sie stammelten, sie
+zitterten--nur eine, sagte ich, nur eine--und das mein Lohn!
+
+LORD HOT. Geschwind lauft zu meinem Beichtvater!
+
+(Bediente ab.)
+
+(Wundarzt kommt; nähert sich, und untersucht die Wunde.)
+
+LORD HOT. Nun, wie ists? ist Hoffnung da?
+
+WUNDARZT. (blickt auf, und sieht ihn eine Weile bedenklich an.)
+
+LORD HOT. (fällt auf einen Stuhl.) Aus!
+
+WUNDARZT. Warum soll ich Ihnen mit vergeblicher Hoffnung
+schmeicheln?--die Luftröhre ist beschädigt.
+
+LORD HOT. (legt die Hand vors Gesicht und weint.)
+
+ROBERT. Nun--nun--nun--meine Armida! jetzt gilt es dir zu beweisen,
+wer unter uns beiden Recht hat--jetzt--jetzt--Laß meinen Vater sagen!
+laß die ganze Welt sagen-LORD HOT. (sthet auf, zu Lord Hamilton.) Du
+hast mich um meinen Sohn gebracht, Hamilton--Dein waren alle diese
+Anschläge!--du sollst mir dran glauben, oder ich-HAMILTON. Besser ihn
+tot beweint, als ihn wahnwitzig herum geschleppt. (geht ab.)
+
+(Lord Hot zeiht den Degen, und will ihm nach. Sein Beichtvater, der
+herein tritt, hält ihn zurück.)
+
+BEICHTVATER. Wohin, Lord Hot?
+
+LORD HOT. Der Mörder meines Sohns-BEICHTVATER. Kommen Sie! der
+Verlust tut Ihnen noch zu weh, als daß Sie gesund davon urteilen
+können.
+
+LORD HOT. So helfen Sie uns wenigstens seine junge Seele retten. Es
+war sein Unglück, daß er in der Kindheit über gewisse Bücher kam, die
+ihm Zweifel an seiner Religion beibrachten. Aber er zweifelt nicht
+aus Libertinage, das kann ich Ihnen versichern. Reden Sie ihm zu,
+Mann Gottes, da er am Rande der Ewigkeit steht.
+
+BEICHTVATER. (tritt näher, und setzt sich auf sein Bett.) Lord Robert,
+ich weiß nicht, ob Sie mich noch verstehen, aber ich hoffe zu Gott,
+der Sie erschaffen hat, er wird wenigstens einige meiner Worte den
+Weg zu Ihrem Herzen finden lassen, wenn Ihr Verstand sie gleich nicht
+mehr fassen kann. Bedenken Sie, wenn Sie noch Kräfte übrig haben,
+welchem entscheidenden Augenblick Sie nahe sind, und wenden Sie die
+letzte dieser Kräfte an, das, was ich ihnen sage, zu beherzigen.
+
+ROBERT. (nimmt das Bild hervor, und küßt es.) Daß ich das hier lassen
+muß.
+
+BEICHTVATER. Sie gehen in die Ewigkeit über! Lord Robert, Lord
+Robert, machen Sie Ihr Herz los von allem Irdischen. Sie sind jung,
+Sie sind liebenswürdig, Sie haben Ihrem Vaterlande die reizendste
+Hoffnungen vernichtet; aber Ihr Herz ist noch Ihre; wenden Sie das
+von den Geschöpfen, an denen Sie zu sehr hingen, zu dem Schöpfer, den
+Sie beleidiget haben, der Ihnen verzeihen will, der Sie noch liebt,
+wenn Sie ihm das Herz wieder ganz weihen, das Sie ihm entrissen haben.
+
+ROBERT. (kehrt sich auf die andere Seite.)
+
+BEICHTVATER. Unglücklicher! Sie wollen nicht? Bedenken Sie, wo Sie
+stehen, und vor wem.--Wollen Sie mir die Hand drauf reichen, daß Sie
+sich seinem Willen unterwerfen wollen--noch ist es Zeit--Sie bewegen
+die Lippen.--Sie wollen mir etwas sagen.
+
+ROBERT. (kehrt sich um, der Beichtvater hält ihm das Ohr hin, er
+flüstert ihm unvernehmlich zu.)
+
+BEICHTVATER. Unter Bedingungen!--Bedenken Sie, was Sie
+verlangen--Bedingungen mit Ihrem Schöpfer? (Robert hält ihm die Hand,
+er reicht ihm das Ohr noch einmal hin)--Daß er Ihnen erlaube,
+Armiden nicht zu vergessen--O lieber Lord Robert! in den letzten
+Augenblicken!--Bedenken Sie, daß der Himmel Güter hat, die Ihnen noch
+unbekannt sind; Güter die die irrdischen so weit übertreffen, als die
+Sonne das Licht der Kerzen übertrifft. Wollten Sie nicht mehr
+besitzen können; zu Ihrer Marter auf ewig im Gedächtnis zu behalten.
+
+ROBERT. (hebt das Bild in die Höhe, und drückt es ans Gesicht, mit
+äußerster Anstrengung halb röchelnd) Armida! Armida.--Behaltet euren
+Himmel für euch.
+
+(er stirbt.)
+
+
+Ende dieses Projekt Gutenberg Etextes Der Engländer, von Jakob
+Michael Reinhold Lenz.
+
+
+
+
+
+
+
+
+
+
+End of Project Gutenberg's Der Englander, by Jacob Michael Reinhold Lenz
+
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+Project Gutenberg (https://www.gutenberg.org) public repository for
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+The Project Gutenberg EBook of Der Engländer, by Jacob Michael Reinhold Lenz
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+Copyright laws are changing all over the world. Be sure to check the
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+this or any other Project Gutenberg eBook.
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+This header should be the first thing seen when viewing this Project
+Gutenberg file. Please do not remove it. Do not change or edit the
+header without written permission.
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+how the file may be used. You can also find out about how to make a
+donation to Project Gutenberg, and how to get involved.
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+**Welcome To The World of Free Plain Vanilla Electronic Texts**
+
+**eBooks Readable By Both Humans and By Computers, Since 1971**
+
+*****These eBooks Were Prepared By Thousands of Volunteers!*****
+
+
+Title: Der Engländer
+
+Author: Jacob Michael Reinhold Lenz
+
+Release Date: November, 2004 [EBook #6819]
+[Yes, we are more than one year ahead of schedule]
+[This file was first posted on January 27, 2003]
+
+Edition: 10
+
+Language: German
+
+Character set encoding: ASCII
+
+*** START OF THE PROJECT GUTENBERG EBOOK, DER ENGLäNDER ***
+
+
+
+
+Thanks are given to Delphine Lettau for finding a huge collection of ancient
+German books in London.
+
+
+
+This Etext is in German.
+
+We are releasing two versions of this Etext, one in 7-bit format,
+known as Plain Vanilla ASCII, which can be sent via plain email--
+and one in 8-bit format, which includes higher order characters--
+which requires a binary transfer, or sent as email attachment and
+may require more specialized programs to display the accents.
+This is the 7-bit version.
+
+This book content was graciously contributed by the Gutenberg Projekt-DE.
+That project is reachable at the web site http://gutenberg2000.de.
+
+Dieses Buch wurde uns freundlicherweise vom "Gutenberg Projekt-DE"
+zur Verfuegung gestellt. Das Projekt ist unter der Internet-Adresse
+http://gutenberg2000.de erreichbar.
+
+
+
+
+Der Englaender
+
+Jakob Michael Reinhold Lenz
+
+eine dramatische Phantasterei
+
+
+Personen
+
+Robert Hot, ein Englaender
+Lord Hot, sein Vater
+Lord Hamilton, dessen Freund
+Die Prinzessin von Carignan
+ein Major in sardinischen Diensten
+verschiedene Soldaten
+Tognina, eine Buhlschwester
+ein Geistlicher
+verschiedene Bediente
+
+
+Der Schauplatz ist Turin.
+
+
+
+
+Erster Akt
+
+
+Erste Szene
+
+(Robert Hot spaziert mit einer Flinte vor dem Palast auf und ab.)
+
+(Es ist Nacht. In dem einen FlUegel des Palasts schimmert hinter
+einer roten Gardine ein Licht durch.)
+
+
+ROBERT. Da steck ich nun im Musketierrock, ich armer Protheus. Habe
+die Soldaten, und ihre Knechtschaft, und ihre Puenktlichkeit sonst
+Aerger gehasst, wie den Teufel.--Ha! was taete man nicht um dich,
+Armida? Es ist kalt. Brennt doch ein ewigs Feuer in dieser Brust,
+und wie vor einem Schmelzofen glueh' ich, wenn ich meine Augen zu
+jenen roten Gardinen erhebe. Dort schlaeft sie, dort schlummert sie
+jetzt vielleicht. O, der Kissen zu sein, der ihre Wange wiegt.--Wenn
+der Mond, der so dreist in ihn Zimmer darf, sie weckte, wenn er sie
+an's Fenster fuehrte!--GOetter!--Mein Vater kommt morgen an, mich
+nach England zurueckzufuehren--Komm, schoene Armida, rette mich! Lass
+mich dich noch einmal demuetig anschauen, dann mit diesem Gewehr mir
+den Tod geben; meinem Vater auf ewig die grausame Gewalt nehmen, die
+er ueber mich hat. Mich nach England zurueckzufuehren! Mich zu den
+oeffentlichen Geschaeften brauchen! Mich mit Lord Hamiltons Tochter
+verheiraten! (schlaegt auf sein Gewehr) Kommt nur! Eher moechtet ihr
+mich mit dem Teufel verheiraten. (geht lange stumm auf und ab.) O wie
+ungluecklich ist doch der Mensch! In der ganzen Natur folgt alles
+seinem Triebe, der Sperber fliegt auf seine Beute, die Biene auf ihre
+Blume, der Adler in die Sonne selber--Der Mensch, nur der Mensch--Wer
+will mirs verbieten? Hab ich nicht zwanzig Jahre mir alles versagt,
+was Menschen sich wuenschen und erstreben? Pflanzenleben gelebt,
+Steinleben? Bloss um die toerichten Wuensche meines Vaters auszufuehren;
+alle sterbliche Schoenheit hintan gesetzt, und wie ein Schulmeister
+mir den Kopf zerbrochen; ohne Haar auf dem Kinn wie ein Greis gelebt,
+ueber nichts als Buechern und leblosen, wesenlosen Dingen, wie ein
+abgezogner Spiritus in einer Flasche, der sich selbst verraucht. Und
+nun, da ich das Gesicht finde, das mich fuer alles das entschaedigen
+kann, das Gesicht, auf dem alle Glueckseligkeit der Erde und des
+Himmels, wie in einem Brennpunkt vereinigt, mir entgegen winkt, das
+Laecheln, das mein ganzes unglueckliches, sterbendes, verschmachtendes
+Herz umfasst, und meinen ausgetrockneten, versteinerten Sinnen auf
+einmal zuzuwinken scheint: Hier ist Leben, Freude ohne Ende,
+Seligkeit ohne Grenzen--Ach! ich muss hinauf,--so wahr ein jeder
+Mensch einen Himmel sucht, weil er auf Erden nicht zufrieden werden
+kann.
+
+(Er schiesst sein Gewehr ab, das Fenster oeffnet sich, die Prinzessin
+sieht heraus.)
+
+ROBERT. (kniet.) Sind Sie's, goettliche Armida?--O zuernen Sie nicht
+ueber diese Verwegenheit! Sehen Sie herab auf einen Ungluecklichen,
+der zu sterben entschlossen ist, und kein anderes Mittel wusste, Sie
+vor seinem Tod noch einmal zu sehen, Ihnen zu sagen, dass er fuer Sie
+stirbt. Die Sonne zuernt nicht, wenn ein dreister Vogel ihr entgegen
+fliegt und, von ihrem Glanz betaeubt, sodann tot herab ins Meer faellt.
+
+ARMIDA. Wer spricht dort mit mir?
+
+ROBERT. Erlauben Sie mir, dass ich herauf komme, Ihnen meinen Namen zu
+nennen, meine Geschichte zu erzaehlen. Das tote Schweigen der Natur,
+und die feierliche Stille dieser meiner Sterbestunde floesst mir Mut
+ein. Ich gehe zum Himmel, wenn es einen gibt, und einem Sterbenden
+muss alles erlaubt sein.--(will aufstehen.)
+
+ARMIDA. Verwegner! Wer seid ihr?
+
+ROBERT. Ich bin ein Englaender, Prinzessin; bin der Stolz und die
+Hoffnung meines Vaters, der Lord Hot, Pair von England. Auf der
+letzten Maskerade bei Hof hab ich Sie gesehen, hab ich mit Ihnen
+getanzt; Sie haben es vergessen, ich aber nicht. Ich kann und darf
+nicht hoffen, Sie jemals zu besitzen, doch kann ich nicht leben ohne
+diese Hoffnung. Morgen kommt mein Vater an und will mich nach
+England zurueckfuehren, und mit Lord Hamiltons Tochter verheiraten.
+Urteilen Sie nun, wie ungluecklich ich bin. Er darfs nicht wissen,
+dass ich Soldat bin, sonst kauft er mich los; und wo denn Schutz
+finden; was denn anfangen, wenn mich dieser heilige Stand vor ihm und
+Lord Hamilton nicht mehr sicher stellen kann?--Bedauern Sie mich,
+Prinzessin; ich sehe, ich sehe das Mitleid aus ihren schwarzen Augen
+zittern; ich kann diesen suessen Seufzer mit meinen Lippen auffangen,
+der ihren Busen mir so goettlich weiss entgegen hebt.--O in diesem
+Augenblick zu sterben ist alle Glueckseligkeit des Lebens wert.
+
+ARMIDA. Mein Herr! ich sehe wohl, dass Sie was anders sind, als Sie zu
+sein scheinen--dass Sie Bedauern verdienen--Sie sind damit zufrieden,
+wenn ich Sie bedauere? Ist Ihnen diese Versicherung nicht genug, so
+bedenken Sie doch, dass mehr verlangen, mein Unglueck verlangen hiesse.
+
+ROBERT. Ach, schoene Prinzessin! Nichts als bedauern? Und wenn auch
+das Sie nicht gluecklich macht, so will ich den Urheber Ihres Ungluecks
+strafen. (springt auf, nimmt sein Gewehr wieder, und geht herum. Die
+Runde kommt.)
+
+ROBERT. Wer da?
+
+RUNDE. Runde!
+
+ROBERT. Steh, Runde! (heimlich mit dem Major.)
+
+MAJOR. (laut.) Was ist vorgegangen, dass ihr geschossen habt?
+
+ROBERT. Ich habe einen Deserteur ertappt.
+
+MAJOR. Es hat doch niemand beim Appell gefehlt. Wer war's?
+
+ROBERT. Ich.
+
+MAJOR. Kerl, habt ihr den Verstand verloren? Loest ihn ab, fuehrt ihn
+in die Hauptwache.
+
+
+
+
+Zweiter Akt
+
+
+Erste Szene
+
+(Der Prinzessin Palast. Major Borgia. Prinzessin von Carignan.)
+
+
+MAJOR. Eure Hoheit verzeihen, dass ich mich untertaenigst beurlaube.
+Es wird Kriegsrat ueber einen Deserteur gehalten, bei dem ich
+unumgaenglich gegenwaertig sein muss.
+
+ARMIDA. Eben deswegen, Herr Major, habe ich Sie rufen lassen. Er ist
+unter meinem Fenster in Verhaft genommen worden, ich war wach, als
+der Schuss geschah. Der Mensch muss eine verborgene Melancholie haben,
+die ihn zu dergleichen gewaltsamen Entschliessungen bringt.
+
+MAJOR. Man will sagen, dass er nicht von geringerem Herkommen sein
+soll. Einige haben mir sogar behaupten wollen, er sei ein Lord, und
+von einem der ersten Haeuser in England.
+
+PRINZESSIN. Desto behutsamer muessen Sie gehen. Erkundigen Sie sich
+sorgfaeltig nach seiner Familie bei ihm.
+
+MAJOR. Es ist schon geschehen. Er will aber nichts sagen, und die
+Strenge der koeniglichen Verordnungen--
+
+PRINZESSIN. Ich gelte auch etwas bei dem Koenig, und mein Bruder; und
+ich will, dass Sie ihm das Leben nicht absprechen, Herr Major, wenn
+Ihnen Ihr zeitlich Glueck lieb ist.
+
+MAJOR. Nach dem Kriegsreglement hat er das Leben verwirkt--
+
+PRINZESSIN.
+Ich gehe, mich dem Koenige deswegen zu Fuessen zu werfen, unterdessen
+erkundigen Sie sich aufs sorgfaeltigste nach seinen Eltern, und sehen
+Sie, dass Sie ihnen, so geschwind es sein kann, Nachricht von diesem
+Vorfall geben. Ich bitte mirs von Ihnen zu Gnaden aus, Herr Major!
+
+MAJOR. Eurer Hoheit Befehle sind mir in allen andern Stuecken
+heilig--(sie gibt ihm noch einen Blick, und geht ab. Der Major
+gleichfalls von der andern Seite.)
+
+
+
+Zweite Szene
+
+(Roberts Gefaengnis. In der Daemmerung.)
+
+
+ROBERT. (spielt die Violine und singt dazu.)
+
+ So geht's denn aus dem Weltgen 'raus,
+ O Wollust, zu vergehen!
+ Ich sterbe sonder Furcht und Graus,
+ Ich habe sie gesehen.
+ Brust und Gedanke voll von ihr:
+ So komm, o Tod! ich geige dir;
+ So komm, o Tod! und tanze mir.
+
+Nur um ein paar Ellen hAett' ich ihr naeher sein sollen, ihre Mienen
+auf mich herabscheinen zu sehen--ihren Atem zu trinken--Man muss
+genUegsam sein--Das Leben ist mir gut genug geworden, es ist Zeit, dass
+ich gehe, eh es schlimmer wird. (spielt wieder.)
+
+ O Wollust--o Wollust, zu vergehen!
+ Ich habe--habe sie gesehen.
+
+
+(Die Prinzessin von Carignan tritt ins GefAengnis, verkleidet als ein
+junger Offizier. Ihr Bruder als Gemeiner.)
+
+ROBERT. Himmlisches Licht, das mich umgibt! (laesst die Geige fallen,
+kniet.)
+
+PRINZESSIN. Stehen Sie auf, mein Herr! ich bring Ihnen Ihr
+Urteil--Ihre Begnadigung vielmehr. Ich war die Ursache der
+unglUecklichen Verirrung Ihrer Einbildungskraft, ich musste dafuer
+sorgen, dass sie nicht von zu traurigen Folgen fuer Sie wuerde. Sie
+werden nicht sterben. Stehen Sie auf. (als ob sie ihn aufrichte.)
+
+ROBERT. (bleibt kniend.) Nicht sterben? Und das nennen Sie Gnade!
+--Oft ist das Leben ein Tod, Prinzessin, und der Tod ein besseres
+Leben.
+
+PRINZESSIN. Das Leben ist das hOechste Gut, das wir besitzen.
+
+ROBERT. Freilich hoert mit dem Tod alles auf, aber im hoechsten Genuss
+aufhoeren heisst tausendfach geniessen. Goennen Sie mir dieses Glueck,
+Prinzessin, (ihr einen Dolch reichend, der auf einem Sessel liegt,)
+lassen Sie mich den Tod aus diesen Haenden nehmen, von denen er mir
+allein Wohltat ist. Ich will meinen entfliehenden Atem in diese
+Haende zurueckgeben, die ihn schon lange gefesselt hatten, die zu
+beruehren, meine scheidende Seele schon tausendmal auf meinen Lippen
+geschwebt ist.
+
+PRINZESSIN. (setzt sich.) Mein Freund!--(knoepft sich ein Armband ab.)
+Hier haben Sie etwas, das Ihnen das Leben angenehmer machen soll;
+nehmen Sie es mit in Ihre Gefangenschaft, versuessen Sie sich die
+Einsamkeit damit; und bilden Sie sich ein, dass das Urbild von diesem
+Gemaelde vielleicht nicht so fuehllos bei Ihren Leiden wuerde gewesen
+sein, als es dieser ungetreue Schatten von ihm sein wird. (gibt ihm
+das Portrait, und eilt jaehlings ab.)
+
+ROBERT. (in die Knie sinkend, das Bild am Gesicht.) Ach, nun
+Ewigkeiten zu leben!--mit diesem Bilde!--Wesen! wenn eins da ist,
+furchtbarstes aller Wesen! koenntest du so grausam gegen einen
+handhohen Sterblichen sein, und mir dies im Tode nehmen--Wenn ein
+Leben nach dem Tode waere--dies ist das erstemal, dass mich der Gedanke
+bei den Haaren fasst, und in einen grauenvollen Abgrund
+hinabschuettelt--Ein Leben nach dem Tode, und ohne sie--Nein, sie
+wusste, was sie mir brachte, Leben und ihr Bild. Es ist ihr daran
+gelegen, dass ich sie nicht aus diesem Herzen verliere, und wenn ich
+verginge, verging ein Teil ihres Gluecks mit. Ich will also die
+Begnadigung um ihretwillen annehmen. (steht auf, nimmt das Urteil von
+dem Tisch und liest,) "in eine lebenslaengliche Verweisung auf die
+Festung." Lebenslaenglich! das ist genug--aber sie wird vor mir stehen,
+ihre Hand wird mir den Schweiss von der Stirne trocknen, die Traenen
+von den Backen wischen--die Augen mir zudruecken, wenn ich ausgelitten
+habe. Ueberall werd ich sie hoeren, sie sehen, sie sprechen, und
+die Kette, an der ich arbeite, wird ihre Kette sein. (faehrt zusammen.)
+Wen seh ich!
+
+(Der alte Lord Hot tritt herein.)
+
+LORD. Unwuerdiger! ist das der Ort, wo ich dich anzutreffen hoffte?
+
+ROBERT. (faellt ihm zu Fuessen, eine Weile stumm.) Lassen Sie mich zu
+mir selber kommen, mein Vater--
+
+LORD. (hebt ihn auf, und umarmt ihn.)
+Armer, wahnwitziger, kranker Schulknabe! du ein Pair im
+Parlement?--
+
+ROBERT. Hoeren Sie mich an.-LORD. Ich weiss alles. Ich
+komme von der Prinzessin von Carignan (Robert zittert.) Du hast die
+Dame ungluecklich gemacht, sie kann es sich und ihre Reizungen nicht
+verzeihen, einen Menschen so gaenzlich um seinen Verstand gebracht zu
+haben, der jung, hoffnungsvoll, in der Bluete seiner Jahre und
+Faehigkeiten, seinen Vater und Vaterland in den groessten Erwartungen
+hintergeht. Hier ist deine Befreiung! Willst du der Prinzessin
+nicht auf ewig einen Dorn in ihr Herz druecken, so steh auf, setz dich
+ein mit mir, und kehr nach England zurueck.
+
+ROBERT. (eine Weile ausser Fassung. dann faehrt er ploetzlich nach der
+Ordre in des Vaters Haenden, und will sie zerreissen.)
+
+LORD. Nichtswuerdiger!--deine Begnadigung!--
+
+ROBERT. Nein, die Begnadigung meiner Prinzessin war viel gnaediger.
+Ich habe die Festung verdient, weil ich mich unterstanden, ihre Ruhe
+zu stoeren. Aber ich blieb ihr nah; derselbe Himmel umwoelbte mich,
+dieselbe Luft wehte mich an--es waren keine Laender, kein ungetreues
+Meer zwischen uns; ich konnte wenigstens von Zeit zu Zeit Neuigkeiten
+von ihr zu hoeren hoffen--Aber nun auf ewig von ihr hinweggerissen,
+in den Strudel der oeffentlichen Geschaefte; vom Koenig, und Ihnen, und
+Lord Hamilton gezwungen, in den Armen der Lady Hamilton--sie zu
+vergessen!--Behalten Sie Ihre Begnadigung fuer sich, und gehen in die
+Waelder, von wilden Tieren Zaertlichkeit fuer ihre Jungen zu lernen.
+
+LORD. Elender! so machst du die menschenfreundlichsten Bemuehungen zu
+nichte, und stoessest die Haende, die dich von dem Sturze des Abgrundes
+weghaschen wollen, mit Undankbarkeit von dir. Wisse! es ist nicht
+meine Hand, die du zurueckstoesst, es ist die Hand deiner Prinzessin
+selber. Sie hat dir diese Befreiung ausgewirkt, und damit sie deine
+unsinnige Leidenschaft und diese Grossmut nicht naehrte, hat sie mich
+gebeten, ihr meinen Namen dazu zu leihen, hat sie sich gestellt, dir
+eine zweideutige Begnadigung ausgewirkt zu haben, um sich dadurch in
+deiner Phantasie einen widerwaertigen Schatten zu geben. Aber deine
+Raserei ist unheilbar; wenigstens zittre, ihren grossmuetigen Absichten
+entgegen zu stehen, und wenn du nicht willst, dass sie dich als den
+Stoerer ihres ganzen Gluecks auf ewig hassen soll--flieh! sie befiehlt
+es dir aus meinem Munde-ROBERT. (lange vor sich hinsehend.) Das ist
+in der Tat fuerchterlich! diese Klarheit, die mich umgibt, und mir die
+liebe Dunkelheit, die mich so gluecklich machte, auf immer entreisst.
+Also die Prinzessin selber arbeitet dran, dass ich fortkomme, dass ich
+nach England gehen, und sie in den Armen einer andern auf ewig
+vergessen soll.
+
+LORD. Sie hat mich in ganz Turin aufsuchen lassen, da sie unter der
+Liste der Durchreisenden meinen Namen gefunden. Sie muss von meiner
+Ankunft unterrichtet gewesen sein.
+
+ROBERT. Das ist viel Sorgfalt fuer mein Glueck, fuer meine Heilung.--Ich
+bin freilich ein grosser Tor--Aber wenn Sie sie gesehen haetten, Lord
+Hot,--und mit meinen Augen--das erstemal, als ich sie auf der
+Maskerade sah--wie sie so da stand in ihrer ganzen Jugend, und alles
+um sie lachte, und gaukelte, und glaenzte, die roten Baender an ihrem
+Kopfschmucke von ihren Wangen die Roete stahlen, die Diamanten aus
+ihren Augen das Feuer bettelten, und alles um sie her verlosch, und
+man, wie bei einer goettlichen Erscheinung fuer die ganze Natur, die
+Sinne verlor, und nur sie und ihre Reize aus der weit verschwundenen
+Schoepfung uebrig behielt. Und was fuer ein Herz diese Schoenheit
+bedeckt. Jedermann in Turin kennt sie, jedermann spricht von ihr mit
+Bewunderung und Liebe. Es ist ein Engel, Lord Hot! ich weiss Zuege von
+ihr, die kalte Weltweise haben schaudernd gemacht.--Mein Vater, ich
+kann noch nicht mit nach England. Ich werde heilen, ich muss heilen,
+aber ich muss mich erst noch erholen, eh ich so stark bin, es selber
+zu wollen.
+
+LORD. (fasst ihn an der Hand.) Komm! so bald du vernuenftig wirst,
+wirst du gluecklich sein, und mich und uns alle gluecklich machen, am
+meisten aber die, die du anbetest.
+
+ROBERT. (legt beide Arme ueber einander, den Himmel lang ansehend.)
+Ich gluecklich? (zuckt die Achseln, und geht mit Lord Hot ab.)
+
+
+
+
+Dritter Akt
+
+
+Erste Szene
+
+(Robert in einem Domino ganz ermuedet nach Hause kommend, und sich in
+Lehnstuhl werfend. Es ist Mitternacht, mehr gegen die Morgenstunde.)
+
+
+ROBERT. Sie wollen mich durch Mummereien und Vergnuegen durch Raserei
+wieder zu meinem Verstand bringen. Sie haben recht gehabt, sie haben
+mich wenigstens so weit gebracht, dass ich durch eine verstellte
+Gleichgueltigkeit ihr Argusauge betruegen, und ihren bittern
+Spoettereien ueber die schoenste Torheit meines Lebens ausweichen kann.
+Ha, unter allen Foltern des Lebens, auf die der Scharfsinn der
+Menschen gesonnen haben kann, kenn ich keine groessere, als zu lieben
+und ausgelacht zuwerden. Und die Marmorherzen machen ihrem Gewissen
+diese Peinigung ihrer Nebenmenschen so leicht, weil sie ihnen so
+wenig Muehe kostet, weil sie ihrem Stolz und eingebildeten Weisheit so
+sehr schmeichelt, weil sie die schlechteste Erdensoehne mit so
+geringen Kosten ueber den wuerdigsten Goettersohn hinaus setzt. Ha! sie
+sollen diese Freude nicht mehr haben.--Mich auslachen!--mich duenkt,
+ein Teil von dem Hohn faellt auch auf den Gegenstand zurueck, den ich
+anbete--(springt auf) und das ist aerger, als wenn Himmel und Erde
+zusammen fielen, und die Goetter ein Spiel der Saeue wuerden--Ruhig,
+Robert! da kommen sie. (wirft sich wieder in den Lehnstuhl und
+scheint zu schlummern.)
+
+(Lord Hot und Lord Hamilton kommen. Sie habens gesehen, und laecheln
+einander zu.)
+
+LORD HOT. Es laesst sich doch zur Besserung mit ihm an.
+
+LORD HAMILTON. Wenn nur ein Mittel waere, ihm den Geschmack an Wollust
+und Behaeglichkeit beizubringen; er hat sie noch nie gekostet; und
+wenn das so fortstuermt in seiner Seele, kann er sie auch nie kosten
+lernen.
+
+LORD HOT. Wenn ich ihn nur in England haette!
+
+LORD HAMILTON. Hier! Hier! Die italienische Augen haben eine grosse
+Beredsamkeit, besonders fuer ein britisches Herz.
+
+ROBERT. (zwischen den Zaehnen.) Der Verraeter!
+
+LORD HOT. Es tut mir leid, dass ich ihm keine mitgegeben, als er von
+Hause ging.
+
+LORD HAMILTON. Ich kenne hier eine, die einen Antonius von Padua
+verfuehrt haben wuerde. Augen, so jugendlich schmachtend, als Venus
+zum erstenmal aufschlug, da sie aus dem Meerschaum sich loswand, und
+die Goetter bruenstig vom Himmel zog. Es ist ein so vollkommenes
+Meisterstueck der Natur, dass alle Pinsel unserer Maler an ihr
+verzweifelt sind. Ihre Arme, ihr Busen, ihr Wuchs, ihre
+Stellungen--Ach wenn sie sich einladend zurueck lehnt, und tausend
+zaertliche Regungen den Schnee ihres Busen aufzuarbeiten
+anfangen-ROBERT. (wirft ihm seine Uhr an den Kopf.) Nichtswuerdiger!
+
+LORD HOT. (laeuft ganz erhitzt auf ihn zu, als ob er ihn schlagen
+wollte.) Nichtswuerdiger du selber! Du verdienst, dass man dich in das
+tiefste Loch unter der Erde steckte.
+
+LORD HAMILTON. (der sich erholt hat, fasst Lord Hot an.) Geduld, Lord
+Hot! ich bitte dich. Geduld, Mann! Es wird sich alles von selber
+geben. Ich billige diese Hitze an Roberten, er hat sie von dir. Du
+haettest es nicht besser gemacht, wenn du in seinen Jahren waerst--Es
+wird sich legen, ich versichere dich. Ich hoffe noch die Zeit zu
+erleben, da Robert ueber sich lachen wird.
+
+ROBERT. (kniend.) Goetter! (beisst sich in die Haende.)
+
+LORD HAMILTON. Wir wollen ihn seinem Nachdenken ueberlassen, er ist
+kein Kind mehr. (fuehrt Lord Hot ab.)
+
+ROBERT. Das mein' ich, dass er kein Kind ist. Wie hoch diese Leute
+ueber mich sind, wie sie ueber mich wegschreiten! wie man ueber eine
+veraechtliche Made wegschreitet--Und ihr Vorzug! dass sie kalt sind;
+dass sie lachen koennen, wo ich nicht lachen kann--Nun, es wird sich
+alles von selbst geben, Robert wird ein gescheuter, vernuenftiger Mann
+werden! Es wird schon kommen, nur Geduld!--Unterdessen (oeffnet ein
+Fenster und springt heraus.)
+
+
+
+
+Vierter Akt
+
+
+Erste Szene
+
+(Robert Hot, als ein Savoyard gekleidet, unter dem Fenster der
+Prinzessin von Carignan in der schoensten sternhellen Nacht.)
+
+
+ROBERT. Hast du kein Mitleiden mit mir, Unbarmherzige? Fuehlst du
+nicht, wer hier herumgeht, so trostlos, so trostlos, dass die Steine
+sich fuer Erbarmen bewegen. Was hab ich begangen, was hab ich
+verbrochen, dass ich so viel ausstehen muss? Womit hab ich dich
+beleidigt, erzuernter Himmel, ihr kalten und freundlichen Sterne, die
+ihr so schoen und so grausam auf mich niederseht? Auch in dem Stueck
+ihr aehnlich. Muss denn alles gefuehllos sein, was vollkommen ist; nur
+darum anbetenswert, weil es, in sich selbst gluecklich, seine Anbeter
+nicht der Aufmerksamkeit wuerdig achtet.--(Wirft sich nieder auf sein
+Angesicht, dann hebt er sich auf.) Ja, Hamilton hat recht weisgesagt,
+ich bin so weit gekommen, dass ich ueber mich selbst machen muss. Ist
+es nicht hoechst laecherlich, so da zu liegen, dem Spott aller
+Voruebergehenden, selbst dem Geknurr und Gemurr der Hunde ausgesetzt;
+ich der einzige meiner Familie, auf dessen sich entwickelnde Talente
+ganz England harrte? Robert, du bist in der Tat ein Narr. Zurueck!
+zurueck! zu deinem Vater, und werd einmal klug. (leiert auf seiner
+Marmotte.)
+
+ a di di dal da
+ a di didda dalli di da.
+
+Ach, gnAedigste Prinzessin, einen Heller! allergnaedigste kOenigliche
+Majestaet.
+
+ a di di dal da
+ di di didda dallidida.
+
+O--o! geben Sie mir doch einen Heller, Eure kaiserliche
+MajestAet--Eure paepstliche Heiligkeit--O--o!
+
+(Das Fenster geht auf, es fliegt etwas heraus in Papier gewickelt.
+Robert faengts begierig auf.)
+
+O, das Geld kommt von ihr--(kUesst es.) In Papier--Wer weiss, was darauf
+geschrieben steht. (Macht das Papier auf,) und tritt an eine Laterne.)
+Nichts!--Robert!--weiss--ganz weiss!--Du hast nichts, Robert, du
+verdienst nichts.--Wer weiss, warfs ein Bedienter heraus.--Ja doch; es
+kam nicht aus ihrem Fenster; es kam aus dem obern Stock, und wo mir
+recht ist, sah ich einen roten Aermel. Geh zurueck in deines Vaters
+Haus, Robert! es ist eben so gut--Wenn nur die Bedienten meines
+Vaters ihm von diesem Aufzug nichts sagen, sonst bin ich verloren.
+Ich schleiche mich noch wohl hinein.--(ab.)
+
+
+
+
+Fuenfter Akt
+
+Erste Szene
+
+(Robert in seinem Zimmer, krank auf seinem Bette. Lord Hot tritt
+herein.)
+
+
+LORD HOT. Nun, wie stehts? Haben die Kopfschmerzen nachgelassen?
+
+ROBERT. So etwas, Mylord.
+
+LORD HOT. Nun, es wird schon besser werden; ich hoff, ich vertreib
+sie dir. Steh auf, und zieh dich an, du sollst mit mir zur
+Prinzessin von Carignan.
+
+ROBERT. (fasst ihn hastig an beide Haende.) Was sagen Sie? Sie spotten
+meiner.
+
+LORD HOT. Ich spotte nicht; du sollst dich zugleich von ihr
+beurlauben.
+
+ROBERT. Hat sie mich verlangt.
+
+LORD HOT. Verlangt--sie hat wohl viel Zeit, an dich zu denken. Sie
+empfaengt gegenwaertig die Glueckwuenschungen des ganzen Hofs, und du
+wirst doch auch nicht der letzte sein, vor deiner Abreise nach London
+ihr auch die deinige abzulegen.
+
+ROBERT. Glueckwuenschungen--und wozu?
+
+LORD HOT. Sie vermaehlt sich--
+
+ROBERT. (schreit.) Vermaehlt sich! (faellt zurueck und in Ohnmacht.)
+
+LORD HOT. Wie nun, Robert?--was ist dir, Robert?--Ich Ungluecklicher!
+--Huelfe! (sucht ihn zu ermuntern.)
+
+LORD HAMILTON. Wie stehts? hats angeschlagen?
+
+LORD HOT. Er ist tot.-HAMILTON. (naehert sich.) Nun er wird wieder
+aufleben, (ihn gleichfalls vergeblich zu ermuntern suchend.) Man muss
+ihm eine Ader schlagen. (streift ihm den Arm auf.) Geschwind,
+Bediente, ein Lanzett, oder einen Chirurgen, was ihr am ersten
+bekommen kOennt.
+
+ROBERT. (erwacht, und sieht wild umher.) Wer ist da?
+
+LORD HOT. (bekuemmert.) Dein Vater--deine guten Freunde.
+
+ROBERT. (stoesst ihn von sich.) Weg mit den Vaetern!--Lasst mich allein!
+--(sehr hitzig.) Lasst mich allein! sag ich!
+
+HAMILTON. Wir muessen ihn allein lassen, dass er sich erholen kann; der
+Zwang, den er sich in unserer Gegenwart antut, ist ihm toedlich.--Es
+wird sich alles von selbst legen.
+
+LORD HOT. Du bist immer mit dem alles von selber--Wenigstens alles
+Gewehr ihm weggenommen. (greift an den Tisch und um die Waende umher,
+und geht mit Lord Hamilton ab.)
+
+ROBERT. Also vermaehlt! Das Schwert, das am letzten Haar ueber meinem
+Kopfe hing, faellt.--Aus!--alles aus. (springt auf, und tappt nach
+einem Gewehr.) Ich vergass es--O deine elende vaeterliche Vorsicht!
+(rennt mit dem Kopf gegen die Wand, und sinkt auf den Boden.) Also
+ein anderer--ein anderer--und vermutlich ein junger, schoener,
+liebenswuerdiger, vollkommener--einer, den sie lang geliebt hat, weil
+sie so ernstlich auf meine Heilung bedacht war.--Desto schlimmer,
+wenn er vollkommen ist, desto schlimmer!--er wird ihr ganzes Herz
+fesseln, und was wird fuer mich uebrig bleiben? nicht einmal Mitleid,
+nicht ein einziger armer verirrter Gedanke fuer mich--Ganz aus ihrem
+Andenken verschwunden, vernichtet--Dass ich mich nicht selbst
+vernichten kann!--(springt auf, und will sich zum Fenster naus
+stuerzen, Hamilton stuerzt herein, und haelt ihn zurueck.)
+
+HAMILTON. Wohin, Wahnwitziger?
+
+ROBERT. (ganz kalt.) Ich wollte sehen, was es fuer Wetter gaebe--Ich
+bin dein Herzensfreund, Hamilton; ich wollt, ich haette deinen Sohn,
+oder deine Tochter hier.
+
+HAMILTON. Was wolltest du mit ihnen?
+
+ROBERT. (sehr gelassen.) Ich wollte deine Tochter heiraten.--Lass mich
+los!
+
+HAMILTON. Ihr sollt euch zu Bette legen. Ihr seid in einem
+gefaehrlich fiebrischen Zustand. Kommt, legt euch!
+
+ROBERT. Zu Bette?--Ja, mit deiner Tochter!--Lass mich los!
+
+HAMILTON. Zu Bette! oder ich werd euch binden lassen.
+
+ROBERT. Mich binden? (kehrt sich hastig um, und fasst ihn an der Kehle.)
+Schottischer Teufel!
+
+HAMILTON. (wind't sich von ihm los, und schiebt ihn aufs Bett.) He!
+Wer ist da! Bediente! Lord Hot!
+
+ROBERT. Ihr seid der staerkere. Gewalt geht vor Recht. (legt sich
+freiwillig nieder, und faengt an zu rufen.) Georg! Johann! Eduard!
+He, wer ist da! Kommt, und fragt den Lord Hamilton, was er von euch
+haben will?
+
+(Bediente komen herein.)
+
+HAMILTON. Ihr sollt mir den jungen Herrn hier bewachen. Seht zu, dass
+ihr ihn zum Einschlafen bringt--ihr sollt mir Red und Antwort fuer ihn
+geben.
+
+ROBERT. Hahaha! und bind ihm nur die Haende, ich rat es euch, denn er
+hat einen kleinen Fehler hier. (sich auf die Stirn schlagend.)
+
+HAMILTON. Gebt Acht auf ihn; ihr sollt mir fuer alles stehen, ich sags
+euch! und wenn ers zu arg macht, so ruft mich nur--und ich will den
+Junker an sein Bett schliessen lassen.
+
+ROBERT. (sieht ihn wild an, ohne ein Wort zu sagen.)
+
+(Hamilton geht ab.)
+
+ROBERT. (zu den beiden Bedienten.) Nicht wahr, William, der Mensch
+ist nicht gescheut. Sagt mir aufrichtig, scheint er euch nicht ein
+wenig verrueckt zu sein, der Lord Hamilton? Er bild't sich wohl ein,
+dass ich ein Kind, oder ein Narr, oder noch was schlimmers bin, weil
+ich nicht (sich ehrerbietig bueckend) Lord Hamilton sein kann.
+
+WILLIAMS. Halten Sie sich ruhig, junger Herr.
+
+ROBERT. Maulaffe! bist du auch angesteckt?--Komm du her, Peter, du
+bist mir immer lieber gewesen, als der weise Esel da. Sagt mir doch,
+habt ihr nichts von Feierlichkeiten gehoert, die in der Stadt
+angestellt werden sollen, von Illuminationen, Freudenfeuer?--
+
+PETER.
+Wenn Sie doch koennten in Schlaf kommen, mein lieber junger Herr!
+
+ROBERT. Immer dieselbe Leier; wenn ich nicht naerrisch waere, koenntet
+ihr mich dazu machen.--Die Prinzessin von Carignan soll morgen
+Hochzeit halten, ob was dran ist! Habt ihr nichts gehoert?
+
+(Peter und William sehen sich mit verwunderungsvollen grossen Augen an.)
+
+ROBERT. Seid ihr denn stumm geworden, ihr Holzkoepf. Ists euch
+verboten, mirs zu sagen? Wer hats euch verboten? Geschwind!
+
+PETER. Lieber junger Herr, wenn Sie sich zudeckten, und saehen in
+Schweiss zu kommen. (er will ihn anfassen, Robert stoesst ihn von sich.)
+Wenn Sie nur in Ruh kommen koennten, allerliebster junger Herr.
+
+ROBERT. Dass dich Gott verdamm, mit deiner Ruh!--Setz dich! (er setzt
+sich aufs Bett, *Robert* fasst ihn an den Kragen.) Den Augenblick sag
+mir, Bestie, wie heisst der Gemahl der Prinzessin von Carignan?
+
+WILLIAMS. (kommt von der anderen Seite, fasst ihn gewaltsam an, und
+kehrt ihn um.) Will er wohl ruhig sein, oder ich nehm ihn
+augenblicklich, und bind ihn fest ans Bett.
+
+ROBERT. (schweigt ganz stille.)
+
+PETER. (zu Williams.) Gott und Herr! er phantasiert erschrecklich.
+
+ROBERT. (nachdem er eine Weile stille gelegen.) Gut, dass ich mit dir
+reden darf, mitleidige Wand. Es ist mir doch, als ob du dich gegen
+mich bewegtest, dich herab zu mir neigtest, und stumm, aber gefuehlig
+zu meiner Verzweiflung zittertest. Sieh, wie ich verraten da liege!
+alles, alles verraet mich--(zieht das Bild der Prinzessin aus seinem
+Busen, und macht das Futteral auf.) Auch dies. Auch diese schwarzen
+Augen, die keinen Menschen scheinen ungluecklich sehen zu koennen, die
+Liebe und Wohltun wie die Gottheit selber sind. Sie hat alles das
+angestellt.--Sie will mich wahnwitzig haben--Sie, heiraten! koennte
+sie das, wenn ihr Herz weich und menschlich waere. Nein, sie ist
+grausamer als alle wilde Tiere, grausamer als ein Tyrann, grausamer
+als das Schicksal selbst, das Weinen und Beten nie veraendern kann.
+Sie kann mich leiden sehen, und an Hochzeitsfreuden denken--Und doch,
+wenn sie muss! wenn sie gluecklicher dadurch wird--Ja, ich will gern
+leiden, will das Schlachtopfer ihres Gluecks sein--Stirb, stirb, stirb,
+*Robert*! es war dein Schicksal, du musst nicht darueber murren, sonst
+wirst du ausgelacht. (Bleibt mit dem Bild ans Gesicht gedrueckt eine
+Weile stumm auf seinem Kissen liegen.)
+
+(Tognina, eine Buhlerin, schoen geputzt, tritt leise herein. Peter
+geht ihr auf den Zehen entgegen.)
+
+PETER. Still, er schlaeft!--das ist ein Glueck. Wir dachten schon, er
+sollt uns zum Fenster heraus springen. Die Hitze ist gar zu gross bei
+ihm.
+
+TOGNINA. Lasst mich nur! ich werd ihn nicht wecken. Ich werd an
+seinem Bett warten, bis er aufwacht. (setzt sich ans Bett.)
+
+ROBERT. (kehrt sich hastig um.) Wer ist da?
+
+TOGNINA. Schoener junger Herr! werden Sie nicht boese, dass ich so
+ungebeten herein komme. Ich bin hierher gewiesen, ich bin eine arme
+Waise, die Vater und Mutter verloren hat, und sich kuemmerlich von
+ihrer Haende Arbeit naehren muss.
+
+ROBERT. Das sieht man euch nicht an.
+
+TOGNINA. Alles, was ich mir verdiene, wend ich auf meine Kleidung.
+Ich denke, es steht einem jungen Maedchen nicht so uebel an, als wenn
+sie das bisschen Schoenheit, das ihr der Himmel gab, nicht einmal sucht
+an den Tag zu legen. Ich will nicht gefallen, gnaediger Herr, (ihn
+zaertlich ansehend) ich weiss wohl, dass ich nicht im Stande bin,
+Zaertlichkeit einzufloessen; aber zum wenigsten bin ich hochmuetig genug,
+dass ich niemand durch meine Gestalt beleidigen mag.
+
+ROBERT. Was wollt ihr von mir?
+
+TOGNINA. (etwas verwirrt.) Von Ihnen?--was ich von Ihnen will?--Das
+ist eine seltsame Frage, die ich Ihnen so geschwind nicht beantworten
+kann. Ich hoere, dass Sie krank sind, schoener junger Herr, Sie
+brauchen Pflege, Sie brauchen Aufwartung. Sie brauchen vielleicht
+auf die Nacht eine Waerterin.
+
+ROBERT. (die Zaehne knirschend.) Wer hat euch gesagt, dass ich krank
+sei?
+
+TOGNINA. Niemand, guetiger Herr--die Frau vom Hause hat es mir
+gesagt--und in der Tat, man sieht es Ihnen an; (seine Hand fassend.)
+Dieser Puls will mir nicht gefallen. (streift ihm den Arm auf.) Was
+fuer einen schoenen weissen Arm Si ehaben--und wie nervigt! dieser Arm
+koennte Herkules Keule tragen.
+
+ROBERT. (reisst ich los von ihr, richtet sich auf, und sieht sie starr
+an.) Wer seid ihr?
+
+TOGNINA. Ich bin--ich habe es Ihnen ja schon gesagt, wer ich bin.
+
+ROBERT. Ihr seid eine Zauberin; aber (auf sein Herz weisend) hier ist
+Stein, Kieselstein. Wisst ihr das?
+
+TOGNINA. Das gesteh ich.--Haben Sie noch nie geliebt?--Ich muss Ihnen
+doch sagen, hier ward gestern eine neue Oper gegeben--Die Scythen,
+oder der Sieg des Liebesgottes--Unvergleichlich, Mylord; gewiss--Es
+war auch so ein junger Herr drinne, wie Sie, der alles Frauenzimmer
+verachtete. Aber was meinen Sie wohl, womit die Liebesgoettin und die
+Amors ihn bekaempften? Raten Sie einmal, ich bitte Sie, was fuer
+fuerchterliche Waffen sie seiner knotigen Keule entgegen setzten?
+
+ROBERT. Vergiftete Blicke, wie die eurigen.
+
+TOGNINA. Blumen, junger Herr, nichts als arme Blumen--(reisst sich
+eine Rose von der Brust, und wirft ihn damit.) Sehen Sie, so machten
+sies--Spielend (eine aus ihrem Haarputze) Spielend. (wieder eine
+andere von ihrer Brust.) spielend ueberwanden sie ihn. Hahaha, (ihn
+an die Hand fassend) ist das nicht lustig, mein kleines Herzchen?
+
+ROBERT. (verstohlen, die Zaehne knirschend.) O unbarmherziger Himmel!
+--Armida!--(Tognina ans Knie fassend.) Ihr seid gefaehrlich, Kleine!
+voll Luesternheit! voll Liebreiz! Lasst uns allein bleiben, ich habe
+euch viel zu sagen.
+
+(Sie winkt den Bedienten, die gehen heraus.)
+
+ROBERT. (zieht das Portrait aus dem Busen.) Seht, hier hab ich ein
+Bild, das allein ist euch im Wege. Wenn ihr Meisterin von meinem
+Herzen werden wollt, gebt mir eine Schere, dass ich es von diesem
+Halse loese, dan den ich es damals leider, ach, auf ewig knuepfte! Ich
+bin nicht im Stande, euch in eurer zauberreiches Auge zu sehen, eure
+weiche Hand gegen mein Herz zu druecken, euren gluehenden Lippen meinen
+zitternden Mund entgegen zu strecken, so lang dies Bild an meinem
+Halse haengt.
+
+TOGNINA. Gleich, gnaediger Herr! (zieht eine Schere aus ihrem Etui,
+und sett sich aufs Bett, ihm das Bild abzuloesen.)
+
+ROBERT. (reisst ihr die Schere aus der Hand, und gibt sich einen Stich
+in die Gurgel.) Grisette! hab ich dich endlich doch ueberlistet.
+
+TOGNINA. Ich in des Todes! Huelfe!--(laeuft heraus.)
+
+ROBERT. Ists denn so weit--(breitet die Arme aus.) Ich komme, ich
+komme!--Furchtbarstes aller Wesen! an dessen Dasein ich so lange
+zweifelte; das ich zu meinem Trost leugnete, ich fuehle dich--Du, der
+du meine Seele hierher gesetzt! du, der sie wieder in seine grausame
+Gewalt nimmt. Nur nicht verbiete mir, dass ich ihrer nicht mehr
+denken darf. Eine lange, furchtbare Ewigkeit ohne sie. Sieh, wenn
+ich gesuendigt habe, ich will gern Straf und Marter dulden;
+Hoellenqualen dulden, wie du sie mir auflegen magst; nur lass das
+Andenken an sie sie mir versuessen.
+
+(Lord Hot, Lord Hamilton, Bedienten und Tognina kommen.)
+
+LORD HOT. Ich ungluecklicher Vater!
+
+HAMILTON. Er wird sich nur geritzt haben.
+
+LORD HOT. Verbindt ihn; er verblutet sich. (reisst ein Schnupftuch aus
+der Tasche, und sucht das Blut aufzuhalten.) Kommt denn der Wundarzt
+noch nicht? So lauft denn jemand anderswo nach ihm! lauft alle
+miteinander nach ihm!--Das sind die Folgen deiner Politik, Hamilton.
+
+HAMILTON. (zu Tognina.) Ihr ward rasend, dass ihr ihm das Messer in
+die Hand gabt.
+
+TOGNINA. Er tat so ruhig, gnaediger Herr.
+
+LORD HOT. Moerder! Moerder! allezusammen! ihr habt mich um meinen Sohn
+gebracht.
+
+HAMILTON. Es kann unmoeglich so gefaehrlich sein.
+
+ROBERT. (im Wundfieber.) Nein, Armida! nein!--so viel Augen haben
+nach mir gefunkelt! so viel Busen nach mir sich ausgedehnt! ich haette
+so viel Vergnuegen haben koennen--nein, das ist nicht dankbar.
+
+LORD HOT. Kommt denn der Wundarzt nicht?
+
+ROBERT. Nein, das ist nicht artig--Ich war jung, ich war schoen! o
+schoen! schoen! ich war zum Fressen, sagten sie--Sie wurden rot, wenn
+sie mit mir sprachen, sie stotterten, sie stammelten, sie
+zitterten--nur eine, sagte ich, nur eine--und das mein Lohn!
+
+LORD HOT. Geschwind lauft zu meinem Beichtvater!
+
+(Bediente ab.)
+
+(Wundarzt kommt; naehert sich, und untersucht die Wunde.)
+
+LORD HOT. Nun, wie ists? ist Hoffnung da?
+
+WUNDARZT. (blickt auf, und sieht ihn eine Weile bedenklich an.)
+
+LORD HOT. (faellt auf einen Stuhl.) Aus!
+
+WUNDARZT. Warum soll ich Ihnen mit vergeblicher Hoffnung
+schmeicheln?--die Luftroehre ist beschaedigt.
+
+LORD HOT. (legt die Hand vors Gesicht und weint.)
+
+ROBERT. Nun--nun--nun--meine Armida! jetzt gilt es dir zu beweisen,
+wer unter uns beiden Recht hat--jetzt--jetzt--Lass meinen Vater sagen!
+lass die ganze Welt sagen-LORD HOT. (sthet auf, zu Lord Hamilton.) Du
+hast mich um meinen Sohn gebracht, Hamilton--Dein waren alle diese
+Anschlaege!--du sollst mir dran glauben, oder ich-HAMILTON. Besser ihn
+tot beweint, als ihn wahnwitzig herum geschleppt. (geht ab.)
+
+(Lord Hot zeiht den Degen, und will ihm nach. Sein Beichtvater, der
+herein tritt, haelt ihn zurueck.)
+
+BEICHTVATER. Wohin, Lord Hot?
+
+LORD HOT. Der Moerder meines Sohns-BEICHTVATER. Kommen Sie! der
+Verlust tut Ihnen noch zu weh, als dass Sie gesund davon urteilen
+koennen.
+
+LORD HOT. So helfen Sie uns wenigstens seine junge Seele retten. Es
+war sein Unglueck, dass er in der Kindheit ueber gewisse Buecher kam, die
+ihm Zweifel an seiner Religion beibrachten. Aber er zweifelt nicht
+aus Libertinage, das kann ich Ihnen versichern. Reden Sie ihm zu,
+Mann Gottes, da er am Rande der Ewigkeit steht.
+
+BEICHTVATER. (tritt naeher, und setzt sich auf sein Bett.) Lord Robert,
+ich weiss nicht, ob Sie mich noch verstehen, aber ich hoffe zu Gott,
+der Sie erschaffen hat, er wird wenigstens einige meiner Worte den
+Weg zu Ihrem Herzen finden lassen, wenn Ihr Verstand sie gleich nicht
+mehr fassen kann. Bedenken Sie, wenn Sie noch Kraefte uebrig haben,
+welchem entscheidenden Augenblick Sie nahe sind, und wenden Sie die
+letzte dieser Kraefte an, das, was ich ihnen sage, zu beherzigen.
+
+ROBERT. (nimmt das Bild hervor, und kuesst es.) Dass ich das hier lassen
+muss.
+
+BEICHTVATER. Sie gehen in die Ewigkeit ueber! Lord Robert, Lord
+Robert, machen Sie Ihr Herz los von allem Irdischen. Sie sind jung,
+Sie sind liebenswuerdig, Sie haben Ihrem Vaterlande die reizendste
+Hoffnungen vernichtet; aber Ihr Herz ist noch Ihre; wenden Sie das
+von den Geschoepfen, an denen Sie zu sehr hingen, zu dem Schoepfer, den
+Sie beleidiget haben, der Ihnen verzeihen will, der Sie noch liebt,
+wenn Sie ihm das Herz wieder ganz weihen, das Sie ihm entrissen haben.
+
+ROBERT. (kehrt sich auf die andere Seite.)
+
+BEICHTVATER. Ungluecklicher! Sie wollen nicht? Bedenken Sie, wo Sie
+stehen, und vor wem.--Wollen Sie mir die Hand drauf reichen, dass Sie
+sich seinem Willen unterwerfen wollen--noch ist es Zeit--Sie bewegen
+die Lippen.--Sie wollen mir etwas sagen.
+
+ROBERT. (kehrt sich um, der Beichtvater haelt ihm das Ohr hin, er
+fluestert ihm unvernehmlich zu.)
+
+BEICHTVATER. Unter Bedingungen!--Bedenken Sie, was Sie
+verlangen--Bedingungen mit Ihrem Schoepfer? (Robert haelt ihm die Hand,
+er reicht ihm das Ohr noch einmal hin)--Dass er Ihnen erlaube,
+Armiden nicht zu vergessen--O lieber Lord Robert! in den letzten
+Augenblicken!--Bedenken Sie, dass der Himmel Gueter hat, die Ihnen noch
+unbekannt sind; Gueter die die irrdischen so weit uebertreffen, als die
+Sonne das Licht der Kerzen uebertrifft. Wollten Sie nicht mehr
+besitzen koennen; zu Ihrer Marter auf ewig im Gedaechtnis zu behalten.
+
+ROBERT. (hebt das Bild in die Hoehe, und drueckt es ans Gesicht, mit
+aeusserster Anstrengung halb roechelnd) Armida! Armida.--Behaltet euren
+Himmel fuer euch.
+
+(er stirbt.)
+
+
+Ende dieses Projekt Gutenberg Etextes Der Englaender, von Jakob
+Michael Reinhold Lenz.
+
+
+
+
+
+*** END OF THE PROJECT GUTENBERG EBOOK, DER ENGLäNDER ***
+
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+Project Gutenberg eBooks are often created from several printed
+editions, all of which are confirmed as Public Domain in the US
+unless a copyright notice is included. Thus, we usually do not
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+Please be encouraged to tell us about any error or corrections,
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+midnight of the last day of the month of any such announcement.
+The official release date of all Project Gutenberg eBooks is at
+Midnight, Central Time, of the last day of the stated month. A
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+and editing by those who wish to do so.
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+as it appears in our Newsletters.
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+We produce about two million dollars for each hour we work. The
+time it takes us, a rather conservative estimate, is fifty hours
+to get any eBook selected, entered, proofread, edited, copyright
+searched and analyzed, the copyright letters written, etc. Our
+projected audience is one hundred million readers. If the value
+per text is nominally estimated at one dollar then we produce $2
+million dollars per hour in 2002 as we release over 100 new text
+files per month: 1240 more eBooks in 2001 for a total of 4000+
+We are already on our way to trying for 2000 more eBooks in 2002
+If they reach just 1-2% of the world's population then the total
+will reach over half a trillion eBooks given away by year's end.
+
+The Goal of Project Gutenberg is to Give Away 1 Trillion eBooks!
+This is ten thousand titles each to one hundred million readers,
+which is only about 4% of the present number of computer users.
+
+Here is the briefest record of our progress (* means estimated):
+
+eBooks Year Month
+
+ 1 1971 July
+ 10 1991 January
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+to secure a future for Project Gutenberg into the next millennium.
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+made and fund-raising will begin in the additional states.
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+(Three Pages)
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+[Portions of this eBook's header and trailer may be reprinted only
+when distributed free of all fees. Copyright (C) 2001, 2002 by
+Michael S. Hart. Project Gutenberg is a TradeMark and may not be
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+they hardware or software or any other related product without
+express permission.]
+
+*END THE SMALL PRINT! FOR PUBLIC DOMAIN EBOOKS*Ver.02/11/02*END*
+
diff --git a/old/7engl10.zip b/old/7engl10.zip
new file mode 100644
index 0000000..2ef13d7
--- /dev/null
+++ b/old/7engl10.zip
Binary files differ
diff --git a/old/8engl10.txt b/old/8engl10.txt
new file mode 100644
index 0000000..d30f12c
--- /dev/null
+++ b/old/8engl10.txt
@@ -0,0 +1,1278 @@
+The Project Gutenberg EBook of Der Engländer, by Jacob Michael Reinhold Lenz
+
+Copyright laws are changing all over the world. Be sure to check the
+copyright laws for your country before downloading or redistributing
+this or any other Project Gutenberg eBook.
+
+This header should be the first thing seen when viewing this Project
+Gutenberg file. Please do not remove it. Do not change or edit the
+header without written permission.
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+Please read the "legal small print," and other information about the
+eBook and Project Gutenberg at the bottom of this file. Included is
+important information about your specific rights and restrictions in
+how the file may be used. You can also find out about how to make a
+donation to Project Gutenberg, and how to get involved.
+
+
+**Welcome To The World of Free Plain Vanilla Electronic Texts**
+
+**eBooks Readable By Both Humans and By Computers, Since 1971**
+
+*****These eBooks Were Prepared By Thousands of Volunteers!*****
+
+
+Title: Der Engländer
+
+Author: Jacob Michael Reinhold Lenz
+
+Release Date: November, 2004 [EBook #6819]
+[Yes, we are more than one year ahead of schedule]
+[This file was first posted on January 27, 2003]
+
+Edition: 10
+
+Language: German
+
+Character set encoding: iso-latin-1
+
+*** START OF THE PROJECT GUTENBERG EBOOK, DER ENGLäNDER ***
+
+
+
+
+Thanks are given to Delphine Lettau for finding a huge collection of ancient
+German books in London.
+
+
+
+This Etext is in German.
+
+We are releasing two versions of this Etext, one in 7-bit format,
+known as Plain Vanilla ASCII, which can be sent via plain email--
+and one in 8-bit format, which includes higher order characters--
+which requires a binary transfer, or sent as email attachment and
+may require more specialized programs to display the accents.
+This is the 8-bit version.
+
+This book content was graciously contributed by the Gutenberg Projekt-DE.
+That project is reachable at the web site http://gutenberg2000.de.
+
+Dieses Buch wurde uns freundlicherweise vom "Gutenberg Projekt-DE"
+zur Verfügung gestellt. Das Projekt ist unter der Internet-Adresse
+http://gutenberg2000.de erreichbar.
+
+
+
+
+Der Engländer
+
+Jakob Michael Reinhold Lenz
+
+eine dramatische Phantasterei
+
+
+Personen
+
+Robert Hot, ein Engländer
+Lord Hot, sein Vater
+Lord Hamilton, dessen Freund
+Die Prinzessin von Carignan
+ein Major in sardinischen Diensten
+verschiedene Soldaten
+Tognina, eine Buhlschwester
+ein Geistlicher
+verschiedene Bediente
+
+
+Der Schauplatz ist Turin.
+
+
+
+
+Erster Akt
+
+
+Erste Szene
+
+(Robert Hot spaziert mit einer Flinte vor dem Palast auf und ab.)
+
+(Es ist Nacht. In dem einen FlÜgel des Palasts schimmert hinter
+einer roten Gardine ein Licht durch.)
+
+
+ROBERT. Da steck ich nun im Musketierrock, ich armer Protheus. Habe
+die Soldaten, und ihre Knechtschaft, und ihre Pünktlichkeit sonst
+Ärger gehaßt, wie den Teufel.--Ha! was täte man nicht um dich,
+Armida? Es ist kalt. Brennt doch ein ewigs Feuer in dieser Brust,
+und wie vor einem Schmelzofen glüh` ich, wenn ich meine Augen zu
+jenen roten Gardinen erhebe. Dort schläft sie, dort schlummert sie
+jetzt vielleicht. O, der Kissen zu sein, der ihre Wange wiegt.--Wenn
+der Mond, der so dreist in ihn Zimmer darf, sie weckte, wenn er sie
+an's Fenster führte!--GÖtter!--Mein Vater kommt morgen an, mich
+nach England zurückzuführen--Komm, schöne Armida, rette mich! Laß
+mich dich noch einmal demütig anschauen, dann mit diesem Gewehr mir
+den Tod geben; meinem Vater auf ewig die grausame Gewalt nehmen, die
+er über mich hat. Mich nach England zurückzuführen! Mich zu den
+öffentlichen Geschäften brauchen! Mich mit Lord Hamiltons Tochter
+verheiraten! (schlägt auf sein Gewehr) Kommt nur! Eher möchtet ihr
+mich mit dem Teufel verheiraten. (geht lange stumm auf und ab.) O wie
+unglücklich ist doch der Mensch! In der ganzen Natur folgt alles
+seinem Triebe, der Sperber fliegt auf seine Beute, die Biene auf ihre
+Blume, der Adler in die Sonne selber--Der Mensch, nur der Mensch--Wer
+will mirs verbieten? Hab ich nicht zwanzig Jahre mir alles versagt,
+was Menschen sich wünschen und erstreben? Pflanzenleben gelebt,
+Steinleben? Bloß um die törichten Wünsche meines Vaters auszuführen;
+alle sterbliche Schönheit hintan gesetzt, und wie ein Schulmeister
+mir den Kopf zerbrochen; ohne Haar auf dem Kinn wie ein Greis gelebt,
+über nichts als Büchern und leblosen, wesenlosen Dingen, wie ein
+abgezogner Spiritus in einer Flasche, der sich selbst verraucht. Und
+nun, da ich das Gesicht finde, das mich für alles das entschädigen
+kann, das Gesicht, auf dem alle Glückseligkeit der Erde und des
+Himmels, wie in einem Brennpunkt vereinigt, mir entgegen winkt, das
+Lächeln, das mein ganzes unglückliches, sterbendes, verschmachtendes
+Herz umfaßt, und meinen ausgetrockneten, versteinerten Sinnen auf
+einmal zuzuwinken scheint: Hier ist Leben, Freude ohne Ende,
+Seligkeit ohne Grenzen--Ach! ich muß hinauf,--so wahr ein jeder
+Mensch einen Himmel sucht, weil er auf Erden nicht zufrieden werden
+kann.
+
+(Er schießt sein Gewehr ab, das Fenster öffnet sich, die Prinzessin
+sieht heraus.)
+
+ROBERT. (kniet.) Sind Sie's, göttliche Armida?--O zürnen Sie nicht
+über diese Verwegenheit! Sehen Sie herab auf einen Unglücklichen,
+der zu sterben entschlossen ist, und kein anderes Mittel wußte, Sie
+vor seinem Tod noch einmal zu sehen, Ihnen zu sagen, daß er für Sie
+stirbt. Die Sonne zürnt nicht, wenn ein dreister Vogel ihr entgegen
+fliegt und, von ihrem Glanz betäubt, sodann tot herab ins Meer fällt.
+
+ARMIDA. Wer spricht dort mit mir?
+
+ROBERT. Erlauben Sie mir, daß ich herauf komme, Ihnen meinen Namen zu
+nennen, meine Geschichte zu erzählen. Das tote Schweigen der Natur,
+und die feierliche Stille dieser meiner Sterbestunde flößt mir Mut
+ein. Ich gehe zum Himmel, wenn es einen gibt, und einem Sterbenden
+muß alles erlaubt sein.--(will aufstehen.)
+
+ARMIDA. Verwegner! Wer seid ihr?
+
+ROBERT. Ich bin ein Engländer, Prinzessin; bin der Stolz und die
+Hoffnung meines Vaters, der Lord Hot, Pair von England. Auf der
+letzten Maskerade bei Hof hab ich Sie gesehen, hab ich mit Ihnen
+getanzt; Sie haben es vergessen, ich aber nicht. Ich kann und darf
+nicht hoffen, Sie jemals zu besitzen, doch kann ich nicht leben ohne
+diese Hoffnung. Morgen kommt mein Vater an und will mich nach
+England zurückführen, und mit Lord Hamiltons Tochter verheiraten.
+Urteilen Sie nun, wie unglücklich ich bin. Er darfs nicht wissen,
+daß ich Soldat bin, sonst kauft er mich los; und wo denn Schutz
+finden; was denn anfangen, wenn mich dieser heilige Stand vor ihm und
+Lord Hamilton nicht mehr sicher stellen kann?--Bedauern Sie mich,
+Prinzessin; ich sehe, ich sehe das Mitleid aus ihren schwarzen Augen
+zittern; ich kann diesen süßen Seufzer mit meinen Lippen auffangen,
+der ihren Busen mir so göttlich weiß entgegen hebt.--O in diesem
+Augenblick zu sterben ist alle Glückseligkeit des Lebens wert.
+
+ARMIDA. Mein Herr! ich sehe wohl, daß Sie was anders sind, als Sie zu
+sein scheinen--daß Sie Bedauern verdienen--Sie sind damit zufrieden,
+wenn ich Sie bedauere? Ist Ihnen diese Versicherung nicht genug, so
+bedenken Sie doch, daß mehr verlangen, mein Unglück verlangen hieße.
+
+ROBERT. Ach, schöne Prinzessin! Nichts als bedauern? Und wenn auch
+das Sie nicht glücklich macht, so will ich den Urheber Ihres Unglücks
+strafen. (springt auf, nimmt sein Gewehr wieder, und geht herum. Die
+Runde kommt.)
+
+ROBERT. Wer da?
+
+RUNDE. Runde!
+
+ROBERT. Steh, Runde! (heimlich mit dem Major.)
+
+MAJOR. (laut.) Was ist vorgegangen, daß ihr geschossen habt?
+
+ROBERT. Ich habe einen Deserteur ertappt.
+
+MAJOR. Es hat doch niemand beim Appell gefehlt. Wer war's?
+
+ROBERT. Ich.
+
+MAJOR. Kerl, habt ihr den Verstand verloren? Löst ihn ab, führt ihn
+in die Hauptwache.
+
+
+
+
+Zweiter Akt
+
+
+Erste Szene
+
+(Der Prinzessin Palast. Major Borgia. Prinzessin von Carignan.)
+
+
+MAJOR. Eure Hoheit verzeihen, daß ich mich untertänigst beurlaube.
+Es wird Kriegsrat über einen Deserteur gehalten, bei dem ich
+unumgänglich gegenwärtig sein muß.
+
+ARMIDA. Eben deswegen, Herr Major, habe ich Sie rufen lassen. Er ist
+unter meinem Fenster in Verhaft genommen worden, ich war wach, als
+der Schuß geschah. Der Mensch muß eine verborgene Melancholie haben,
+die ihn zu dergleichen gewaltsamen Entschließungen bringt.
+
+MAJOR. Man will sagen, daß er nicht von geringerem Herkommen sein
+soll. Einige haben mir sogar behaupten wollen, er sei ein Lord, und
+von einem der ersten Häuser in England.
+
+PRINZESSIN. Desto behutsamer müssen Sie gehen. Erkundigen Sie sich
+sorgfältig nach seiner Familie bei ihm.
+
+MAJOR. Es ist schon geschehen. Er will aber nichts sagen, und die
+Strenge der königlichen Verordnungen--
+
+PRINZESSIN. Ich gelte auch etwas bei dem König, und mein Bruder; und
+ich will, daß Sie ihm das Leben nicht absprechen, Herr Major, wenn
+Ihnen Ihr zeitlich Glück lieb ist.
+
+MAJOR. Nach dem Kriegsreglement hat er das Leben verwirkt--
+
+PRINZESSIN.
+Ich gehe, mich dem Könige deswegen zu Füßen zu werfen, unterdessen
+erkundigen Sie sich aufs sorgfältigste nach seinen Eltern, und sehen
+Sie, daß Sie ihnen, so geschwind es sein kann, Nachricht von diesem
+Vorfall geben. Ich bitte mirs von Ihnen zu Gnaden aus, Herr Major!
+
+MAJOR. Eurer Hoheit Befehle sind mir in allen andern Stücken
+heilig--(sie gibt ihm noch einen Blick, und geht ab. Der Major
+gleichfalls von der andern Seite.)
+
+
+
+Zweite Szene
+
+(Roberts Gefängnis. In der Dämmerung.)
+
+
+ROBERT. (spielt die Violine und singt dazu.)
+
+ So geht's denn aus dem Weltgen 'raus,
+ O Wollust, zu vergehen!
+ Ich sterbe sonder Furcht und Graus,
+ Ich habe sie gesehen.
+ Brust und Gedanke voll von ihr:
+ So komm, o Tod! ich geige dir;
+ So komm, o Tod! und tanze mir.
+
+Nur um ein paar Ellen hÄtt' ich ihr näher sein sollen, ihre Mienen
+auf mich herabscheinen zu sehen--ihren Atem zu trinken--Man muß
+genÜgsam sein--Das Leben ist mir gut genug geworden, es ist Zeit, daß
+ich gehe, eh es schlimmer wird. (spielt wieder.)
+
+ O Wollust--o Wollust, zu vergehen!
+ Ich habe--habe sie gesehen.
+
+
+(Die Prinzessin von Carignan tritt ins GefÄngnis, verkleidet als ein
+junger Offizier. Ihr Bruder als Gemeiner.)
+
+ROBERT. Himmlisches Licht, das mich umgibt! (läßt die Geige fallen,
+kniet.)
+
+PRINZESSIN. Stehen Sie auf, mein Herr! ich bring Ihnen Ihr
+Urteil--Ihre Begnadigung vielmehr. Ich war die Ursache der
+unglÜcklichen Verirrung Ihrer Einbildungskraft, ich mußte dafür
+sorgen, daß sie nicht von zu traurigen Folgen für Sie würde. Sie
+werden nicht sterben. Stehen Sie auf. (als ob sie ihn aufrichte.)
+
+ROBERT. (bleibt kniend.) Nicht sterben? Und das nennen Sie Gnade!
+--Oft ist das Leben ein Tod, Prinzessin, und der Tod ein besseres
+Leben.
+
+PRINZESSIN. Das Leben ist das hÖchste Gut, das wir besitzen.
+
+ROBERT. Freilich hört mit dem Tod alles auf, aber im höchsten Genuß
+aufhören heißt tausendfach genießen. Gönnen Sie mir dieses Glück,
+Prinzessin, (ihr einen Dolch reichend, der auf einem Sessel liegt,)
+lassen Sie mich den Tod aus diesen Händen nehmen, von denen er mir
+allein Wohltat ist. Ich will meinen entfliehenden Atem in diese
+Hände zurückgeben, die ihn schon lange gefesselt hatten, die zu
+berühren, meine scheidende Seele schon tausendmal auf meinen Lippen
+geschwebt ist.
+
+PRINZESSIN. (setzt sich.) Mein Freund!--(knöpft sich ein Armband ab.)
+Hier haben Sie etwas, das Ihnen das Leben angenehmer machen soll;
+nehmen Sie es mit in Ihre Gefangenschaft, versüßen Sie sich die
+Einsamkeit damit; und bilden Sie sich ein, daß das Urbild von diesem
+Gemälde vielleicht nicht so fühllos bei Ihren Leiden würde gewesen
+sein, als es dieser ungetreue Schatten von ihm sein wird. (gibt ihm
+das Portrait, und eilt jählings ab.)
+
+ROBERT. (in die Knie sinkend, das Bild am Gesicht.) Ach, nun
+Ewigkeiten zu leben!--mit diesem Bilde!--Wesen! wenn eins da ist,
+furchtbarstes aller Wesen! könntest du so grausam gegen einen
+handhohen Sterblichen sein, und mir dies im Tode nehmen--Wenn ein
+Leben nach dem Tode wäre--dies ist das erstemal, daß mich der Gedanke
+bei den Haaren faßt, und in einen grauenvollen Abgrund
+hinabschüttelt--Ein Leben nach dem Tode, und ohne sie--Nein, sie
+wußte, was sie mir brachte, Leben und ihr Bild. Es ist ihr daran
+gelegen, daß ich sie nicht aus diesem Herzen verliere, und wenn ich
+verginge, verging ein Teil ihres Glücks mit. Ich will also die
+Begnadigung um ihretwillen annehmen. (steht auf, nimmt das Urteil von
+dem Tisch und liest,) "in eine lebenslängliche Verweisung auf die
+Festung." Lebenslänglich! das ist genug--aber sie wird vor mir stehen,
+ihre Hand wird mir den Schweiß von der Stirne trocknen, die Tränen
+von den Backen wischen--die Augen mir zudrücken, wenn ich ausgelitten
+habe. Überall werd ich sie hören, sie sehen, sie sprechen, und
+die Kette, an der ich arbeite, wird ihre Kette sein. (fährt zusammen.)
+Wen seh ich!
+
+(Der alte Lord Hot tritt herein.)
+
+LORD. Unwürdiger! ist das der Ort, wo ich dich anzutreffen hoffte?
+
+ROBERT. (fällt ihm zu Füßen, eine Weile stumm.) Lassen Sie mich zu
+mir selber kommen, mein Vater--
+
+LORD. (hebt ihn auf, und umarmt ihn.)
+Armer, wahnwitziger, kranker Schulknabe! du ein Pair im
+Parlement?--
+
+ROBERT. Hören Sie mich an.-LORD. Ich weiß alles. Ich
+komme von der Prinzessin von Carignan (Robert zittert.) Du hast die
+Dame unglücklich gemacht, sie kann es sich und ihre Reizungen nicht
+verzeihen, einen Menschen so gänzlich um seinen Verstand gebracht zu
+haben, der jung, hoffnungsvoll, in der Blüte seiner Jahre und
+Fähigkeiten, seinen Vater und Vaterland in den größten Erwartungen
+hintergeht. Hier ist deine Befreiung! Willst du der Prinzessin
+nicht auf ewig einen Dorn in ihr Herz drücken, so steh auf, setz dich
+ein mit mir, und kehr nach England zurück.
+
+ROBERT. (eine Weile außer Fassung. dann fährt er plötzlich nach der
+Ordre in des Vaters Händen, und will sie zerreißen.)
+
+LORD. Nichtswürdiger!--deine Begnadigung!--
+
+ROBERT. Nein, die Begnadigung meiner Prinzessin war viel gnädiger.
+Ich habe die Festung verdient, weil ich mich unterstanden, ihre Ruhe
+zu stören. Aber ich blieb ihr nah; derselbe Himmel umwölbte mich,
+dieselbe Luft wehte mich an--es waren keine Länder, kein ungetreues
+Meer zwischen uns; ich konnte wenigstens von Zeit zu Zeit Neuigkeiten
+von ihr zu hören hoffen--Aber nun auf ewig von ihr hinweggerissen,
+in den Strudel der öffentlichen Geschäfte; vom König, und Ihnen, und
+Lord Hamilton gezwungen, in den Armen der Lady Hamilton--sie zu
+vergessen!--Behalten Sie Ihre Begnadigung für sich, und gehen in die
+Wälder, von wilden Tieren Zärtlichkeit für ihre Jungen zu lernen.
+
+LORD. Elender! so machst du die menschenfreundlichsten Bemühungen zu
+nichte, und stößest die Hände, die dich von dem Sturze des Abgrundes
+weghaschen wollen, mit Undankbarkeit von dir. Wisse! es ist nicht
+meine Hand, die du zurückstößt, es ist die Hand deiner Prinzessin
+selber. Sie hat dir diese Befreiung ausgewirkt, und damit sie deine
+unsinnige Leidenschaft und diese Großmut nicht nährte, hat sie mich
+gebeten, ihr meinen Namen dazu zu leihen, hat sie sich gestellt, dir
+eine zweideutige Begnadigung ausgewirkt zu haben, um sich dadurch in
+deiner Phantasie einen widerwärtigen Schatten zu geben. Aber deine
+Raserei ist unheilbar; wenigstens zittre, ihren großmütigen Absichten
+entgegen zu stehen, und wenn du nicht willst, daß sie dich als den
+Störer ihres ganzen Glücks auf ewig hassen soll--flieh! sie befiehlt
+es dir aus meinem Munde-ROBERT. (lange vor sich hinsehend.) Das ist
+in der Tat fürchterlich! diese Klarheit, die mich umgibt, und mir die
+liebe Dunkelheit, die mich so glücklich machte, auf immer entreißt.
+Also die Prinzessin selber arbeitet dran, daß ich fortkomme, daß ich
+nach England gehen, und sie in den Armen einer andern auf ewig
+vergessen soll.
+
+LORD. Sie hat mich in ganz Turin aufsuchen lassen, da sie unter der
+Liste der Durchreisenden meinen Namen gefunden. Sie muß von meiner
+Ankunft unterrichtet gewesen sein.
+
+ROBERT. Das ist viel Sorgfalt für mein Glück, für meine Heilung.--Ich
+bin freilich ein großer Tor--Aber wenn Sie sie gesehen hätten, Lord
+Hot,--und mit meinen Augen--das erstemal, als ich sie auf der
+Maskerade sah--wie sie so da stand in ihrer ganzen Jugend, und alles
+um sie lachte, und gaukelte, und glänzte, die roten Bänder an ihrem
+Kopfschmucke von ihren Wangen die Röte stahlen, die Diamanten aus
+ihren Augen das Feuer bettelten, und alles um sie her verlosch, und
+man, wie bei einer göttlichen Erscheinung für die ganze Natur, die
+Sinne verlor, und nur sie und ihre Reize aus der weit verschwundenen
+Schöpfung übrig behielt. Und was für ein Herz diese Schönheit
+bedeckt. Jedermann in Turin kennt sie, jedermann spricht von ihr mit
+Bewunderung und Liebe. Es ist ein Engel, Lord Hot! ich weiß Züge von
+ihr, die kalte Weltweise haben schaudernd gemacht.--Mein Vater, ich
+kann noch nicht mit nach England. Ich werde heilen, ich muß heilen,
+aber ich muß mich erst noch erholen, eh ich so stark bin, es selber
+zu wollen.
+
+LORD. (faßt ihn an der Hand.) Komm! so bald du vernünftig wirst,
+wirst du glücklich sein, und mich und uns alle glücklich machen, am
+meisten aber die, die du anbetest.
+
+ROBERT. (legt beide Arme über einander, den Himmel lang ansehend.)
+Ich glücklich? (zuckt die Achseln, und geht mit Lord Hot ab.)
+
+
+
+
+Dritter Akt
+
+
+Erste Szene
+
+(Robert in einem Domino ganz ermüdet nach Hause kommend, und sich in
+Lehnstuhl werfend. Es ist Mitternacht, mehr gegen die Morgenstunde.)
+
+
+ROBERT. Sie wollen mich durch Mummereien und Vergnügen durch Raserei
+wieder zu meinem Verstand bringen. Sie haben recht gehabt, sie haben
+mich wenigstens so weit gebracht, daß ich durch eine verstellte
+Gleichgültigkeit ihr Argusauge betrügen, und ihren bittern
+Spöttereien über die schönste Torheit meines Lebens ausweichen kann.
+Ha, unter allen Foltern des Lebens, auf die der Scharfsinn der
+Menschen gesonnen haben kann, kenn ich keine größere, als zu lieben
+und ausgelacht zuwerden. Und die Marmorherzen machen ihrem Gewissen
+diese Peinigung ihrer Nebenmenschen so leicht, weil sie ihnen so
+wenig Mühe kostet, weil sie ihrem Stolz und eingebildeten Weisheit so
+sehr schmeichelt, weil sie die schlechteste Erdensöhne mit so
+geringen Kosten über den würdigsten Göttersohn hinaus setzt. Ha! sie
+sollen diese Freude nicht mehr haben.--Mich auslachen!--mich dünkt,
+ein Teil von dem Hohn fällt auch auf den Gegenstand zurück, den ich
+anbete--(springt auf) und das ist ärger, als wenn Himmel und Erde
+zusammen fielen, und die Götter ein Spiel der Säue würden--Ruhig,
+Robert! da kommen sie. (wirft sich wieder in den Lehnstuhl und
+scheint zu schlummern.)
+
+(Lord Hot und Lord Hamilton kommen. Sie habens gesehen, und lächeln
+einander zu.)
+
+LORD HOT. Es läßt sich doch zur Besserung mit ihm an.
+
+LORD HAMILTON. Wenn nur ein Mittel wäre, ihm den Geschmack an Wollust
+und Behäglichkeit beizubringen; er hat sie noch nie gekostet; und
+wenn das so fortstürmt in seiner Seele, kann er sie auch nie kosten
+lernen.
+
+LORD HOT. Wenn ich ihn nur in England hätte!
+
+LORD HAMILTON. Hier! Hier! Die italienische Augen haben eine große
+Beredsamkeit, besonders für ein britisches Herz.
+
+ROBERT. (zwischen den Zähnen.) Der Verräter!
+
+LORD HOT. Es tut mir leid, daß ich ihm keine mitgegeben, als er von
+Hause ging.
+
+LORD HAMILTON. Ich kenne hier eine, die einen Antonius von Padua
+verführt haben würde. Augen, so jugendlich schmachtend, als Venus
+zum erstenmal aufschlug, da sie aus dem Meerschaum sich loswand, und
+die Götter brünstig vom Himmel zog. Es ist ein so vollkommenes
+Meisterstück der Natur, daß alle Pinsel unserer Maler an ihr
+verzweifelt sind. Ihre Arme, ihr Busen, ihr Wuchs, ihre
+Stellungen--Ach wenn sie sich einladend zurück lehnt, und tausend
+zärtliche Regungen den Schnee ihres Busen aufzuarbeiten
+anfangen-ROBERT. (wirft ihm seine Uhr an den Kopf.) Nichtswürdiger!
+
+LORD HOT. (läuft ganz erhitzt auf ihn zu, als ob er ihn schlagen
+wollte.) Nichtswürdiger du selber! Du verdienst, daß man dich in das
+tiefste Loch unter der Erde steckte.
+
+LORD HAMILTON. (der sich erholt hat, faßt Lord Hot an.) Geduld, Lord
+Hot! ich bitte dich. Geduld, Mann! Es wird sich alles von selber
+geben. Ich billige diese Hitze an Roberten, er hat sie von dir. Du
+hättest es nicht besser gemacht, wenn du in seinen Jahren wärst--Es
+wird sich legen, ich versichere dich. Ich hoffe noch die Zeit zu
+erleben, da Robert über sich lachen wird.
+
+ROBERT. (kniend.) Götter! (beißt sich in die Hände.)
+
+LORD HAMILTON. Wir wollen ihn seinem Nachdenken überlassen, er ist
+kein Kind mehr. (führt Lord Hot ab.)
+
+ROBERT. Das mein' ich, daß er kein Kind ist. Wie hoch diese Leute
+über mich sind, wie sie über mich wegschreiten! wie man über eine
+verächtliche Made wegschreitet--Und ihr Vorzug! daß sie kalt sind;
+daß sie lachen können, wo ich nicht lachen kann--Nun, es wird sich
+alles von selbst geben, Robert wird ein gescheuter, vernünftiger Mann
+werden! Es wird schon kommen, nur Geduld!--Unterdessen (öffnet ein
+Fenster und springt heraus.)
+
+
+
+
+Vierter Akt
+
+
+Erste Szene
+
+(Robert Hot, als ein Savoyard gekleidet, unter dem Fenster der
+Prinzessin von Carignan in der schönsten sternhellen Nacht.)
+
+
+ROBERT. Hast du kein Mitleiden mit mir, Unbarmherzige? Fühlst du
+nicht, wer hier herumgeht, so trostlos, so trostlos, daß die Steine
+sich für Erbarmen bewegen. Was hab ich begangen, was hab ich
+verbrochen, daß ich so viel ausstehen muß? Womit hab ich dich
+beleidigt, erzürnter Himmel, ihr kalten und freundlichen Sterne, die
+ihr so schön und so grausam auf mich niederseht? Auch in dem Stück
+ihr ähnlich. Muß denn alles gefühllos sein, was vollkommen ist; nur
+darum anbetenswert, weil es, in sich selbst glücklich, seine Anbeter
+nicht der Aufmerksamkeit würdig achtet.--(Wirft sich nieder auf sein
+Angesicht, dann hebt er sich auf.) Ja, Hamilton hat recht weisgesagt,
+ich bin so weit gekommen, daß ich über mich selbst machen muß. Ist
+es nicht höchst lächerlich, so da zu liegen, dem Spott aller
+Vorübergehenden, selbst dem Geknurr und Gemurr der Hunde ausgesetzt;
+ich der einzige meiner Familie, auf dessen sich entwickelnde Talente
+ganz England harrte? Robert, du bist in der Tat ein Narr. Zurück!
+zurück! zu deinem Vater, und werd einmal klug. (leiert auf seiner
+Marmotte.)
+
+ a di di dal da
+ a di didda dalli di da.
+
+Ach, gnÄdigste Prinzessin, einen Heller! allergnädigste kÖnigliche
+Majestät.
+
+ a di di dal da
+ di di didda dallidida.
+
+O--o! geben Sie mir doch einen Heller, Eure kaiserliche
+MajestÄt--Eure päpstliche Heiligkeit--O--o!
+
+(Das Fenster geht auf, es fliegt etwas heraus in Papier gewickelt.
+Robert fängts begierig auf.)
+
+O, das Geld kommt von ihr--(kÜßt es.) In Papier--Wer weiß, was darauf
+geschrieben steht. (Macht das Papier auf,) und tritt an eine Laterne.)
+Nichts!--Robert!--weiß--ganz weiß!--Du hast nichts, Robert, du
+verdienst nichts.--Wer weiß, warfs ein Bedienter heraus.--Ja doch; es
+kam nicht aus ihrem Fenster; es kam aus dem obern Stock, und wo mir
+recht ist, sah ich einen roten Ärmel. Geh zurück in deines Vaters
+Haus, Robert! es ist eben so gut--Wenn nur die Bedienten meines
+Vaters ihm von diesem Aufzug nichts sagen, sonst bin ich verloren.
+Ich schleiche mich noch wohl hinein.--(ab.)
+
+
+
+
+Fünfter Akt
+
+Erste Szene
+
+(Robert in seinem Zimmer, krank auf seinem Bette. Lord Hot tritt
+herein.)
+
+
+LORD HOT. Nun, wie stehts? Haben die Kopfschmerzen nachgelassen?
+
+ROBERT. So etwas, Mylord.
+
+LORD HOT. Nun, es wird schon besser werden; ich hoff, ich vertreib
+sie dir. Steh auf, und zieh dich an, du sollst mit mir zur
+Prinzessin von Carignan.
+
+ROBERT. (faßt ihn hastig an beide Hände.) Was sagen Sie? Sie spotten
+meiner.
+
+LORD HOT. Ich spotte nicht; du sollst dich zugleich von ihr
+beurlauben.
+
+ROBERT. Hat sie mich verlangt.
+
+LORD HOT. Verlangt--sie hat wohl viel Zeit, an dich zu denken. Sie
+empfängt gegenwärtig die Glückwünschungen des ganzen Hofs, und du
+wirst doch auch nicht der letzte sein, vor deiner Abreise nach London
+ihr auch die deinige abzulegen.
+
+ROBERT. Glückwünschungen--und wozu?
+
+LORD HOT. Sie vermählt sich--
+
+ROBERT. (schreit.) Vermählt sich! (fällt zurück und in Ohnmacht.)
+
+LORD HOT. Wie nun, Robert?--was ist dir, Robert?--Ich Unglücklicher!
+--Hülfe! (sucht ihn zu ermuntern.)
+
+LORD HAMILTON. Wie stehts? hats angeschlagen?
+
+LORD HOT. Er ist tot.-HAMILTON. (nähert sich.) Nun er wird wieder
+aufleben, (ihn gleichfalls vergeblich zu ermuntern suchend.) Man muß
+ihm eine Ader schlagen. (streift ihm den Arm auf.) Geschwind,
+Bediente, ein Lanzett, oder einen Chirurgen, was ihr am ersten
+bekommen kÖnnt.
+
+ROBERT. (erwacht, und sieht wild umher.) Wer ist da?
+
+LORD HOT. (bekümmert.) Dein Vater--deine guten Freunde.
+
+ROBERT. (stößt ihn von sich.) Weg mit den Vätern!--Laßt mich allein!
+--(sehr hitzig.) Laßt mich allein! sag ich!
+
+HAMILTON. Wir müssen ihn allein lassen, daß er sich erholen kann; der
+Zwang, den er sich in unserer Gegenwart antut, ist ihm tödlich.--Es
+wird sich alles von selbst legen.
+
+LORD HOT. Du bist immer mit dem alles von selber--Wenigstens alles
+Gewehr ihm weggenommen. (greift an den Tisch und um die Wände umher,
+und geht mit Lord Hamilton ab.)
+
+ROBERT. Also vermählt! Das Schwert, das am letzten Haar über meinem
+Kopfe hing, fällt.--Aus!--alles aus. (springt auf, und tappt nach
+einem Gewehr.) Ich vergaß es--O deine elende väterliche Vorsicht!
+(rennt mit dem Kopf gegen die Wand, und sinkt auf den Boden.) Also
+ein anderer--ein anderer--und vermutlich ein junger, schöner,
+liebenswürdiger, vollkommener--einer, den sie lang geliebt hat, weil
+sie so ernstlich auf meine Heilung bedacht war.--Desto schlimmer,
+wenn er vollkommen ist, desto schlimmer!--er wird ihr ganzes Herz
+fesseln, und was wird für mich übrig bleiben? nicht einmal Mitleid,
+nicht ein einziger armer verirrter Gedanke für mich--Ganz aus ihrem
+Andenken verschwunden, vernichtet--Daß ich mich nicht selbst
+vernichten kann!--(springt auf, und will sich zum Fenster naus
+stürzen, Hamilton stürzt herein, und hält ihn zurück.)
+
+HAMILTON. Wohin, Wahnwitziger?
+
+ROBERT. (ganz kalt.) Ich wollte sehen, was es für Wetter gäbe--Ich
+bin dein Herzensfreund, Hamilton; ich wollt, ich hätte deinen Sohn,
+oder deine Tochter hier.
+
+HAMILTON. Was wolltest du mit ihnen?
+
+ROBERT. (sehr gelassen.) Ich wollte deine Tochter heiraten.--Laß mich
+los!
+
+HAMILTON. Ihr sollt euch zu Bette legen. Ihr seid in einem
+gefährlich fiebrischen Zustand. Kommt, legt euch!
+
+ROBERT. Zu Bette?--Ja, mit deiner Tochter!--Laß mich los!
+
+HAMILTON. Zu Bette! oder ich werd euch binden lassen.
+
+ROBERT. Mich binden? (kehrt sich hastig um, und faßt ihn an der Kehle.)
+Schottischer Teufel!
+
+HAMILTON. (wind't sich von ihm los, und schiebt ihn aufs Bett.) He!
+Wer ist da! Bediente! Lord Hot!
+
+ROBERT. Ihr seid der stärkere. Gewalt geht vor Recht. (legt sich
+freiwillig nieder, und fängt an zu rufen.) Georg! Johann! Eduard!
+He, wer ist da! Kommt, und fragt den Lord Hamilton, was er von euch
+haben will?
+
+(Bediente komen herein.)
+
+HAMILTON. Ihr sollt mir den jungen Herrn hier bewachen. Seht zu, daß
+ihr ihn zum Einschlafen bringt--ihr sollt mir Red und Antwort für ihn
+geben.
+
+ROBERT. Hahaha! und bind ihm nur die Hände, ich rat es euch, denn er
+hat einen kleinen Fehler hier. (sich auf die Stirn schlagend.)
+
+HAMILTON. Gebt Acht auf ihn; ihr sollt mir für alles stehen, ich sags
+euch! und wenn ers zu arg macht, so ruft mich nur--und ich will den
+Junker an sein Bett schließen lassen.
+
+ROBERT. (sieht ihn wild an, ohne ein Wort zu sagen.)
+
+(Hamilton geht ab.)
+
+ROBERT. (zu den beiden Bedienten.) Nicht wahr, William, der Mensch
+ist nicht gescheut. Sagt mir aufrichtig, scheint er euch nicht ein
+wenig verrückt zu sein, der Lord Hamilton? Er bild't sich wohl ein,
+daß ich ein Kind, oder ein Narr, oder noch was schlimmers bin, weil
+ich nicht (sich ehrerbietig bückend) Lord Hamilton sein kann.
+
+WILLIAMS. Halten Sie sich ruhig, junger Herr.
+
+ROBERT. Maulaffe! bist du auch angesteckt?--Komm du her, Peter, du
+bist mir immer lieber gewesen, als der weise Esel da. Sagt mir doch,
+habt ihr nichts von Feierlichkeiten gehört, die in der Stadt
+angestellt werden sollen, von Illuminationen, Freudenfeuer?--
+
+PETER.
+Wenn Sie doch könnten in Schlaf kommen, mein lieber junger Herr!
+
+ROBERT. Immer dieselbe Leier; wenn ich nicht närrisch wäre, könntet
+ihr mich dazu machen.--Die Prinzessin von Carignan soll morgen
+Hochzeit halten, ob was dran ist! Habt ihr nichts gehört?
+
+(Peter und William sehen sich mit verwunderungsvollen großen Augen an.)
+
+ROBERT. Seid ihr denn stumm geworden, ihr Holzköpf. Ists euch
+verboten, mirs zu sagen? Wer hats euch verboten? Geschwind!
+
+PETER. Lieber junger Herr, wenn Sie sich zudeckten, und sähen in
+Schweiß zu kommen. (er will ihn anfassen, Robert stößt ihn von sich.)
+Wenn Sie nur in Ruh kommen könnten, allerliebster junger Herr.
+
+ROBERT. Daß dich Gott verdamm, mit deiner Ruh!--Setz dich! (er setzt
+sich aufs Bett, *Robert* faßt ihn an den Kragen.) Den Augenblick sag
+mir, Bestie, wie heißt der Gemahl der Prinzessin von Carignan?
+
+WILLIAMS. (kommt von der anderen Seite, faßt ihn gewaltsam an, und
+kehrt ihn um.) Will er wohl ruhig sein, oder ich nehm ihn
+augenblicklich, und bind ihn fest ans Bett.
+
+ROBERT. (schweigt ganz stille.)
+
+PETER. (zu Williams.) Gott und Herr! er phantasiert erschrecklich.
+
+ROBERT. (nachdem er eine Weile stille gelegen.) Gut, daß ich mit dir
+reden darf, mitleidige Wand. Es ist mir doch, als ob du dich gegen
+mich bewegtest, dich herab zu mir neigtest, und stumm, aber gefühlig
+zu meiner Verzweiflung zittertest. Sieh, wie ich verraten da liege!
+alles, alles verrät mich--(zieht das Bild der Prinzessin aus seinem
+Busen, und macht das Futteral auf.) Auch dies. Auch diese schwarzen
+Augen, die keinen Menschen scheinen unglücklich sehen zu können, die
+Liebe und Wohltun wie die Gottheit selber sind. Sie hat alles das
+angestellt.--Sie will mich wahnwitzig haben--Sie, heiraten! könnte
+sie das, wenn ihr Herz weich und menschlich wäre. Nein, sie ist
+grausamer als alle wilde Tiere, grausamer als ein Tyrann, grausamer
+als das Schicksal selbst, das Weinen und Beten nie verändern kann.
+Sie kann mich leiden sehen, und an Hochzeitsfreuden denken--Und doch,
+wenn sie muß! wenn sie glücklicher dadurch wird--Ja, ich will gern
+leiden, will das Schlachtopfer ihres Glücks sein--Stirb, stirb, stirb,
+*Robert*! es war dein Schicksal, du mußt nicht darüber murren, sonst
+wirst du ausgelacht. (Bleibt mit dem Bild ans Gesicht gedrückt eine
+Weile stumm auf seinem Kissen liegen.)
+
+(Tognina, eine Buhlerin, schön geputzt, tritt leise herein. Peter
+geht ihr auf den Zehen entgegen.)
+
+PETER. Still, er schläft!--das ist ein Glück. Wir dachten schon, er
+sollt uns zum Fenster heraus springen. Die Hitze ist gar zu groß bei
+ihm.
+
+TOGNINA. Laßt mich nur! ich werd ihn nicht wecken. Ich werd an
+seinem Bett warten, bis er aufwacht. (setzt sich ans Bett.)
+
+ROBERT. (kehrt sich hastig um.) Wer ist da?
+
+TOGNINA. Schöner junger Herr! werden Sie nicht böse, daß ich so
+ungebeten herein komme. Ich bin hierher gewiesen, ich bin eine arme
+Waise, die Vater und Mutter verloren hat, und sich kümmerlich von
+ihrer Hände Arbeit nähren muß.
+
+ROBERT. Das sieht man euch nicht an.
+
+TOGNINA. Alles, was ich mir verdiene, wend ich auf meine Kleidung.
+Ich denke, es steht einem jungen Mädchen nicht so übel an, als wenn
+sie das bißchen Schönheit, das ihr der Himmel gab, nicht einmal sucht
+an den Tag zu legen. Ich will nicht gefallen, gnädiger Herr, (ihn
+zärtlich ansehend) ich weiß wohl, daß ich nicht im Stande bin,
+Zärtlichkeit einzuflößen; aber zum wenigsten bin ich hochmütig genug,
+daß ich niemand durch meine Gestalt beleidigen mag.
+
+ROBERT. Was wollt ihr von mir?
+
+TOGNINA. (etwas verwirrt.) Von Ihnen?--was ich von Ihnen will?--Das
+ist eine seltsame Frage, die ich Ihnen so geschwind nicht beantworten
+kann. Ich höre, daß Sie krank sind, schöner junger Herr, Sie
+brauchen Pflege, Sie brauchen Aufwartung. Sie brauchen vielleicht
+auf die Nacht eine Wärterin.
+
+ROBERT. (die Zähne knirschend.) Wer hat euch gesagt, daß ich krank
+sei?
+
+TOGNINA. Niemand, gütiger Herr--die Frau vom Hause hat es mir
+gesagt--und in der Tat, man sieht es Ihnen an; (seine Hand fassend.)
+Dieser Puls will mir nicht gefallen. (streift ihm den Arm auf.) Was
+für einen schönen weißen Arm Si ehaben--und wie nervigt! dieser Arm
+könnte Herkules Keule tragen.
+
+ROBERT. (reißt ich los von ihr, richtet sich auf, und sieht sie starr
+an.) Wer seid ihr?
+
+TOGNINA. Ich bin--ich habe es Ihnen ja schon gesagt, wer ich bin.
+
+ROBERT. Ihr seid eine Zauberin; aber (auf sein Herz weisend) hier ist
+Stein, Kieselstein. Wißt ihr das?
+
+TOGNINA. Das gesteh ich.--Haben Sie noch nie geliebt?--Ich muß Ihnen
+doch sagen, hier ward gestern eine neue Oper gegeben--Die Scythen,
+oder der Sieg des Liebesgottes--Unvergleichlich, Mylord; gewiß--Es
+war auch so ein junger Herr drinne, wie Sie, der alles Frauenzimmer
+verachtete. Aber was meinen Sie wohl, womit die Liebesgöttin und die
+Amors ihn bekämpften? Raten Sie einmal, ich bitte Sie, was für
+fürchterliche Waffen sie seiner knotigen Keule entgegen setzten?
+
+ROBERT. Vergiftete Blicke, wie die eurigen.
+
+TOGNINA. Blumen, junger Herr, nichts als arme Blumen--(reißt sich
+eine Rose von der Brust, und wirft ihn damit.) Sehen Sie, so machten
+sies--Spielend (eine aus ihrem Haarputze) Spielend. (wieder eine
+andere von ihrer Brust.) spielend überwanden sie ihn. Hahaha, (ihn
+an die Hand fassend) ist das nicht lustig, mein kleines Herzchen?
+
+ROBERT. (verstohlen, die Zähne knirschend.) O unbarmherziger Himmel!
+--Armida!--(Tognina ans Knie fassend.) Ihr seid gefährlich, Kleine!
+voll Lüsternheit! voll Liebreiz! Laßt uns allein bleiben, ich habe
+euch viel zu sagen.
+
+(Sie winkt den Bedienten, die gehen heraus.)
+
+ROBERT. (zieht das Portrait aus dem Busen.) Seht, hier hab ich ein
+Bild, das allein ist euch im Wege. Wenn ihr Meisterin von meinem
+Herzen werden wollt, gebt mir eine Schere, daß ich es von diesem
+Halse löse, dan den ich es damals leider, ach, auf ewig knüpfte! Ich
+bin nicht im Stande, euch in eurer zauberreiches Auge zu sehen, eure
+weiche Hand gegen mein Herz zu drücken, euren glühenden Lippen meinen
+zitternden Mund entgegen zu strecken, so lang dies Bild an meinem
+Halse hängt.
+
+TOGNINA. Gleich, gnädiger Herr! (zieht eine Schere aus ihrem Etui,
+und sett sich aufs Bett, ihm das Bild abzulösen.)
+
+ROBERT. (reißt ihr die Schere aus der Hand, und gibt sich einen Stich
+in die Gurgel.) Grisette! hab ich dich endlich doch überlistet.
+
+TOGNINA. Ich in des Todes! Hülfe!--(läuft heraus.)
+
+ROBERT. Ists denn so weit--(breitet die Arme aus.) Ich komme, ich
+komme!--Furchtbarstes aller Wesen! an dessen Dasein ich so lange
+zweifelte; das ich zu meinem Trost leugnete, ich fühle dich--Du, der
+du meine Seele hierher gesetzt! du, der sie wieder in seine grausame
+Gewalt nimmt. Nur nicht verbiete mir, daß ich ihrer nicht mehr
+denken darf. Eine lange, furchtbare Ewigkeit ohne sie. Sieh, wenn
+ich gesündigt habe, ich will gern Straf und Marter dulden;
+Höllenqualen dulden, wie du sie mir auflegen magst; nur laß das
+Andenken an sie sie mir versüßen.
+
+(Lord Hot, Lord Hamilton, Bedienten und Tognina kommen.)
+
+LORD HOT. Ich unglücklicher Vater!
+
+HAMILTON. Er wird sich nur geritzt haben.
+
+LORD HOT. Verbindt ihn; er verblutet sich. (reißt ein Schnupftuch aus
+der Tasche, und sucht das Blut aufzuhalten.) Kommt denn der Wundarzt
+noch nicht? So lauft denn jemand anderswo nach ihm! lauft alle
+miteinander nach ihm!--Das sind die Folgen deiner Politik, Hamilton.
+
+HAMILTON. (zu Tognina.) Ihr ward rasend, daß ihr ihm das Messer in
+die Hand gabt.
+
+TOGNINA. Er tat so ruhig, gnädiger Herr.
+
+LORD HOT. Mörder! Mörder! allezusammen! ihr habt mich um meinen Sohn
+gebracht.
+
+HAMILTON. Es kann unmöglich so gefährlich sein.
+
+ROBERT. (im Wundfieber.) Nein, Armida! nein!--so viel Augen haben
+nach mir gefunkelt! so viel Busen nach mir sich ausgedehnt! ich hätte
+so viel Vergnügen haben können--nein, das ist nicht dankbar.
+
+LORD HOT. Kommt denn der Wundarzt nicht?
+
+ROBERT. Nein, das ist nicht artig--Ich war jung, ich war schön! o
+schön! schön! ich war zum Fressen, sagten sie--Sie wurden rot, wenn
+sie mit mir sprachen, sie stotterten, sie stammelten, sie
+zitterten--nur eine, sagte ich, nur eine--und das mein Lohn!
+
+LORD HOT. Geschwind lauft zu meinem Beichtvater!
+
+(Bediente ab.)
+
+(Wundarzt kommt; nähert sich, und untersucht die Wunde.)
+
+LORD HOT. Nun, wie ists? ist Hoffnung da?
+
+WUNDARZT. (blickt auf, und sieht ihn eine Weile bedenklich an.)
+
+LORD HOT. (fällt auf einen Stuhl.) Aus!
+
+WUNDARZT. Warum soll ich Ihnen mit vergeblicher Hoffnung
+schmeicheln?--die Luftröhre ist beschädigt.
+
+LORD HOT. (legt die Hand vors Gesicht und weint.)
+
+ROBERT. Nun--nun--nun--meine Armida! jetzt gilt es dir zu beweisen,
+wer unter uns beiden Recht hat--jetzt--jetzt--Laß meinen Vater sagen!
+laß die ganze Welt sagen-LORD HOT. (sthet auf, zu Lord Hamilton.) Du
+hast mich um meinen Sohn gebracht, Hamilton--Dein waren alle diese
+Anschläge!--du sollst mir dran glauben, oder ich-HAMILTON. Besser ihn
+tot beweint, als ihn wahnwitzig herum geschleppt. (geht ab.)
+
+(Lord Hot zeiht den Degen, und will ihm nach. Sein Beichtvater, der
+herein tritt, hält ihn zurück.)
+
+BEICHTVATER. Wohin, Lord Hot?
+
+LORD HOT. Der Mörder meines Sohns-BEICHTVATER. Kommen Sie! der
+Verlust tut Ihnen noch zu weh, als daß Sie gesund davon urteilen
+können.
+
+LORD HOT. So helfen Sie uns wenigstens seine junge Seele retten. Es
+war sein Unglück, daß er in der Kindheit über gewisse Bücher kam, die
+ihm Zweifel an seiner Religion beibrachten. Aber er zweifelt nicht
+aus Libertinage, das kann ich Ihnen versichern. Reden Sie ihm zu,
+Mann Gottes, da er am Rande der Ewigkeit steht.
+
+BEICHTVATER. (tritt näher, und setzt sich auf sein Bett.) Lord Robert,
+ich weiß nicht, ob Sie mich noch verstehen, aber ich hoffe zu Gott,
+der Sie erschaffen hat, er wird wenigstens einige meiner Worte den
+Weg zu Ihrem Herzen finden lassen, wenn Ihr Verstand sie gleich nicht
+mehr fassen kann. Bedenken Sie, wenn Sie noch Kräfte übrig haben,
+welchem entscheidenden Augenblick Sie nahe sind, und wenden Sie die
+letzte dieser Kräfte an, das, was ich ihnen sage, zu beherzigen.
+
+ROBERT. (nimmt das Bild hervor, und küßt es.) Daß ich das hier lassen
+muß.
+
+BEICHTVATER. Sie gehen in die Ewigkeit über! Lord Robert, Lord
+Robert, machen Sie Ihr Herz los von allem Irdischen. Sie sind jung,
+Sie sind liebenswürdig, Sie haben Ihrem Vaterlande die reizendste
+Hoffnungen vernichtet; aber Ihr Herz ist noch Ihre; wenden Sie das
+von den Geschöpfen, an denen Sie zu sehr hingen, zu dem Schöpfer, den
+Sie beleidiget haben, der Ihnen verzeihen will, der Sie noch liebt,
+wenn Sie ihm das Herz wieder ganz weihen, das Sie ihm entrissen haben.
+
+ROBERT. (kehrt sich auf die andere Seite.)
+
+BEICHTVATER. Unglücklicher! Sie wollen nicht? Bedenken Sie, wo Sie
+stehen, und vor wem.--Wollen Sie mir die Hand drauf reichen, daß Sie
+sich seinem Willen unterwerfen wollen--noch ist es Zeit--Sie bewegen
+die Lippen.--Sie wollen mir etwas sagen.
+
+ROBERT. (kehrt sich um, der Beichtvater hält ihm das Ohr hin, er
+flüstert ihm unvernehmlich zu.)
+
+BEICHTVATER. Unter Bedingungen!--Bedenken Sie, was Sie
+verlangen--Bedingungen mit Ihrem Schöpfer? (Robert hält ihm die Hand,
+er reicht ihm das Ohr noch einmal hin)--Daß er Ihnen erlaube,
+Armiden nicht zu vergessen--O lieber Lord Robert! in den letzten
+Augenblicken!--Bedenken Sie, daß der Himmel Güter hat, die Ihnen noch
+unbekannt sind; Güter die die irrdischen so weit übertreffen, als die
+Sonne das Licht der Kerzen übertrifft. Wollten Sie nicht mehr
+besitzen können; zu Ihrer Marter auf ewig im Gedächtnis zu behalten.
+
+ROBERT. (hebt das Bild in die Höhe, und drückt es ans Gesicht, mit
+äußerster Anstrengung halb röchelnd) Armida! Armida.--Behaltet euren
+Himmel für euch.
+
+(er stirbt.)
+
+
+Ende dieses Projekt Gutenberg Etextes Der Engländer, von Jakob
+Michael Reinhold Lenz.
+
+
+
+
+
+*** END OF THE PROJECT GUTENBERG EBOOK, DER ENGLäNDER ***
+
+This file should be named 8engl10.txt or 8engl10.zip
+Corrected EDITIONS of our eBooks get a new NUMBER, 8engl11.txt
+VERSIONS based on separate sources get new LETTER, 8engl10a.txt
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+Those of you who want to download any eBook before announcement
+can get to them as follows, and just download by date. This is
+also a good way to get them instantly upon announcement, as the
+indexes our cataloguers produce obviously take a while after an
+announcement goes out in the Project Gutenberg Newsletter.
+
+http://www.ibiblio.org/gutenberg/etext04 or
+ftp://ftp.ibiblio.org/pub/docs/books/gutenberg/etext04
+
+Or /etext03, 02, 01, 00, 99, 98, 97, 96, 95, 94, 93, 92, 92, 91 or 90
+
+Just search by the first five letters of the filename you want,
+as it appears in our Newsletters.
+
+
+Information about Project Gutenberg (one page)
+
+We produce about two million dollars for each hour we work. The
+time it takes us, a rather conservative estimate, is fifty hours
+to get any eBook selected, entered, proofread, edited, copyright
+searched and analyzed, the copyright letters written, etc. Our
+projected audience is one hundred million readers. If the value
+per text is nominally estimated at one dollar then we produce $2
+million dollars per hour in 2002 as we release over 100 new text
+files per month: 1240 more eBooks in 2001 for a total of 4000+
+We are already on our way to trying for 2000 more eBooks in 2002
+If they reach just 1-2% of the world's population then the total
+will reach over half a trillion eBooks given away by year's end.
+
+The Goal of Project Gutenberg is to Give Away 1 Trillion eBooks!
+This is ten thousand titles each to one hundred million readers,
+which is only about 4% of the present number of computer users.
+
+Here is the briefest record of our progress (* means estimated):
+
+eBooks Year Month
+
+ 1 1971 July
+ 10 1991 January
+ 100 1994 January
+ 1000 1997 August
+ 1500 1998 October
+ 2000 1999 December
+ 2500 2000 December
+ 3000 2001 November
+ 4000 2001 October/November
+ 6000 2002 December*
+ 9000 2003 November*
+10000 2004 January*
+
+
+The Project Gutenberg Literary Archive Foundation has been created
+to secure a future for Project Gutenberg into the next millennium.
+
+We need your donations more than ever!
+
+As of February, 2002, contributions are being solicited from people
+and organizations in: Alabama, Alaska, Arkansas, Connecticut,
+Delaware, District of Columbia, Florida, Georgia, Hawaii, Illinois,
+Indiana, Iowa, Kansas, Kentucky, Louisiana, Maine, Massachusetts,
+Michigan, Mississippi, Missouri, Montana, Nebraska, Nevada, New
+Hampshire, New Jersey, New Mexico, New York, North Carolina, Ohio,
+Oklahoma, Oregon, Pennsylvania, Rhode Island, South Carolina, South
+Dakota, Tennessee, Texas, Utah, Vermont, Virginia, Washington, West
+Virginia, Wisconsin, and Wyoming.
+
+We have filed in all 50 states now, but these are the only ones
+that have responded.
+
+As the requirements for other states are met, additions to this list
+will be made and fund raising will begin in the additional states.
+Please feel free to ask to check the status of your state.
+
+In answer to various questions we have received on this:
+
+We are constantly working on finishing the paperwork to legally
+request donations in all 50 states. If your state is not listed and
+you would like to know if we have added it since the list you have,
+just ask.
+
+While we cannot solicit donations from people in states where we are
+not yet registered, we know of no prohibition against accepting
+donations from donors in these states who approach us with an offer to
+donate.
+
+International donations are accepted, but we don't know ANYTHING about
+how to make them tax-deductible, or even if they CAN be made
+deductible, and don't have the staff to handle it even if there are
+ways.
+
+Donations by check or money order may be sent to:
+
+Project Gutenberg Literary Archive Foundation
+PMB 113
+1739 University Ave.
+Oxford, MS 38655-4109
+
+Contact us if you want to arrange for a wire transfer or payment
+method other than by check or money order.
+
+The Project Gutenberg Literary Archive Foundation has been approved by
+the US Internal Revenue Service as a 501(c)(3) organization with EIN
+[Employee Identification Number] 64-622154. Donations are
+tax-deductible to the maximum extent permitted by law. As fund-raising
+requirements for other states are met, additions to this list will be
+made and fund-raising will begin in the additional states.
+
+We need your donations more than ever!
+
+You can get up to date donation information online at:
+
+http://www.gutenberg.net/donation.html
+
+
+***
+
+If you can't reach Project Gutenberg,
+you can always email directly to:
+
+Michael S. Hart <hart@pobox.com>
+
+Prof. Hart will answer or forward your message.
+
+We would prefer to send you information by email.
+
+
+**The Legal Small Print**
+
+
+(Three Pages)
+
+***START**THE SMALL PRINT!**FOR PUBLIC DOMAIN EBOOKS**START***
+Why is this "Small Print!" statement here? You know: lawyers.
+They tell us you might sue us if there is something wrong with
+your copy of this eBook, even if you got it for free from
+someone other than us, and even if what's wrong is not our
+fault. So, among other things, this "Small Print!" statement
+disclaims most of our liability to you. It also tells you how
+you may distribute copies of this eBook if you want to.
+
+*BEFORE!* YOU USE OR READ THIS EBOOK
+By using or reading any part of this PROJECT GUTENBERG-tm
+eBook, you indicate that you understand, agree to and accept
+this "Small Print!" statement. If you do not, you can receive
+a refund of the money (if any) you paid for this eBook by
+sending a request within 30 days of receiving it to the person
+you got it from. If you received this eBook on a physical
+medium (such as a disk), you must return it with your request.
+
+ABOUT PROJECT GUTENBERG-TM EBOOKS
+This PROJECT GUTENBERG-tm eBook, like most PROJECT GUTENBERG-tm eBooks,
+is a "public domain" work distributed by Professor Michael S. Hart
+through the Project Gutenberg Association (the "Project").
+Among other things, this means that no one owns a United States copyright
+on or for this work, so the Project (and you!) can copy and
+distribute it in the United States without permission and
+without paying copyright royalties. Special rules, set forth
+below, apply if you wish to copy and distribute this eBook
+under the "PROJECT GUTENBERG" trademark.
+
+Please do not use the "PROJECT GUTENBERG" trademark to market
+any commercial products without permission.
+
+To create these eBooks, the Project expends considerable
+efforts to identify, transcribe and proofread public domain
+works. Despite these efforts, the Project's eBooks and any
+medium they may be on may contain "Defects". Among other
+things, Defects may take the form of incomplete, inaccurate or
+corrupt data, transcription errors, a copyright or other
+intellectual property infringement, a defective or damaged
+disk or other eBook medium, a computer virus, or computer
+codes that damage or cannot be read by your equipment.
+
+LIMITED WARRANTY; DISCLAIMER OF DAMAGES
+But for the "Right of Replacement or Refund" described below,
+[1] Michael Hart and the Foundation (and any other party you may
+receive this eBook from as a PROJECT GUTENBERG-tm eBook) disclaims
+all liability to you for damages, costs and expenses, including
+legal fees, and [2] YOU HAVE NO REMEDIES FOR NEGLIGENCE OR
+UNDER STRICT LIABILITY, OR FOR BREACH OF WARRANTY OR CONTRACT,
+INCLUDING BUT NOT LIMITED TO INDIRECT, CONSEQUENTIAL, PUNITIVE
+OR INCIDENTAL DAMAGES, EVEN IF YOU GIVE NOTICE OF THE
+POSSIBILITY OF SUCH DAMAGES.
+
+If you discover a Defect in this eBook within 90 days of
+receiving it, you can receive a refund of the money (if any)
+you paid for it by sending an explanatory note within that
+time to the person you received it from. If you received it
+on a physical medium, you must return it with your note, and
+such person may choose to alternatively give you a replacement
+copy. If you received it electronically, such person may
+choose to alternatively give you a second opportunity to
+receive it electronically.
+
+THIS EBOOK IS OTHERWISE PROVIDED TO YOU "AS-IS". NO OTHER
+WARRANTIES OF ANY KIND, EXPRESS OR IMPLIED, ARE MADE TO YOU AS
+TO THE EBOOK OR ANY MEDIUM IT MAY BE ON, INCLUDING BUT NOT
+LIMITED TO WARRANTIES OF MERCHANTABILITY OR FITNESS FOR A
+PARTICULAR PURPOSE.
+
+Some states do not allow disclaimers of implied warranties or
+the exclusion or limitation of consequential damages, so the
+above disclaimers and exclusions may not apply to you, and you
+may have other legal rights.
+
+INDEMNITY
+You will indemnify and hold Michael Hart, the Foundation,
+and its trustees and agents, and any volunteers associated
+with the production and distribution of Project Gutenberg-tm
+texts harmless, from all liability, cost and expense, including
+legal fees, that arise directly or indirectly from any of the
+following that you do or cause: [1] distribution of this eBook,
+[2] alteration, modification, or addition to the eBook,
+or [3] any Defect.
+
+DISTRIBUTION UNDER "PROJECT GUTENBERG-tm"
+You may distribute copies of this eBook electronically, or by
+disk, book or any other medium if you either delete this
+"Small Print!" and all other references to Project Gutenberg,
+or:
+
+[1] Only give exact copies of it. Among other things, this
+ requires that you do not remove, alter or modify the
+ eBook or this "small print!" statement. You may however,
+ if you wish, distribute this eBook in machine readable
+ binary, compressed, mark-up, or proprietary form,
+ including any form resulting from conversion by word
+ processing or hypertext software, but only so long as
+ *EITHER*:
+
+ [*] The eBook, when displayed, is clearly readable, and
+ does *not* contain characters other than those
+ intended by the author of the work, although tilde
+ (~), asterisk (*) and underline (_) characters may
+ be used to convey punctuation intended by the
+ author, and additional characters may be used to
+ indicate hypertext links; OR
+
+ [*] The eBook may be readily converted by the reader at
+ no expense into plain ASCII, EBCDIC or equivalent
+ form by the program that displays the eBook (as is
+ the case, for instance, with most word processors);
+ OR
+
+ [*] You provide, or agree to also provide on request at
+ no additional cost, fee or expense, a copy of the
+ eBook in its original plain ASCII form (or in EBCDIC
+ or other equivalent proprietary form).
+
+[2] Honor the eBook refund and replacement provisions of this
+ "Small Print!" statement.
+
+[3] Pay a trademark license fee to the Foundation of 20% of the
+ gross profits you derive calculated using the method you
+ already use to calculate your applicable taxes. If you
+ don't derive profits, no royalty is due. Royalties are
+ payable to "Project Gutenberg Literary Archive Foundation"
+ the 60 days following each date you prepare (or were
+ legally required to prepare) your annual (or equivalent
+ periodic) tax return. Please contact us beforehand to
+ let us know your plans and to work out the details.
+
+WHAT IF YOU *WANT* TO SEND MONEY EVEN IF YOU DON'T HAVE TO?
+Project Gutenberg is dedicated to increasing the number of
+public domain and licensed works that can be freely distributed
+in machine readable form.
+
+The Project gratefully accepts contributions of money, time,
+public domain materials, or royalty free copyright licenses.
+Money should be paid to the:
+"Project Gutenberg Literary Archive Foundation."
+
+If you are interested in contributing scanning equipment or
+software or other items, please contact Michael Hart at:
+hart@pobox.com
+
+[Portions of this eBook's header and trailer may be reprinted only
+when distributed free of all fees. Copyright (C) 2001, 2002 by
+Michael S. Hart. Project Gutenberg is a TradeMark and may not be
+used in any sales of Project Gutenberg eBooks or other materials be
+they hardware or software or any other related product without
+express permission.]
+
+*END THE SMALL PRINT! FOR PUBLIC DOMAIN EBOOKS*Ver.02/11/02*END*
+
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Binary files differ