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+The Project Gutenberg EBook of Der Alpenkonig und der Menschenfeind, by
+Ferdinand Raimund
+
+This eBook is for the use of anyone anywhere at no cost and with
+almost no restrictions whatsoever. You may copy it, give it away or
+re-use it under the terms of the Project Gutenberg License included
+with this eBook or online at www.gutenberg.org
+
+
+Title: Der Alpenkonig und der Menschenfeind
+
+Author: Ferdinand Raimund
+
+Posting Date: June 6, 2012 [EBook #6637]
+Release Date: October, 2004
+First Posted: January 8, 2003
+
+Language: German
+
+Character set encoding: ISO-8859-1
+
+*** START OF THIS PROJECT GUTENBERG EBOOK DER ALPENKONIG UND DER ***
+
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+Produced by Delphine Lettau
+
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+
+Der Alpenkönig und der Menschenfeind
+
+Ferdinand Raimund
+
+Romantisch-komisches Original-Zauberspiel in zwei Aufzügen
+
+Personen:
+
+Astragalus, der Alpenkönig
+Linarius und Alpanor, Alpengeister
+
+Herr von Rappelkopf, ein reicher Gutsbesitzer
+Sophie, seine Frau
+Malchen, seine Tochter dritter Ehe
+Herr von Silberkern, Sophiens Bruder, Kaufmann in Venedig
+August Dorn, ein junger Maler
+Lischen, Malchens Kammermädchen
+Habakuk, Bedienter bei Rappelkopf
+Sebastian, Kutscher in Rappelkopfs Dienst
+Sabine, Köchin in Rappelkopfs Dienst
+
+Christian Glühwurm, ein Kohlenbrenner
+Marthe, sein Weib
+Salchen, ihre Tochter
+Hänschen, Christoph und Andres, ihre Kinder
+Franzel, ein Holzhauer, Salchens Bräutigam
+Christians Großmutter
+
+Rappelkopfs verstorbene Weiber:
+Victorinens Gestalt
+Wallburgas Gestalt
+Emerentias Gestalt
+
+Alpengeister. Genien im Tempel der Erkenntnis. Dienerschaft in
+Rappelkopfs Hause.
+
+
+Die Handlung geht auf und um Rappelkopfs Landgut vor.
+
+
+
+
+Erster Aufzug
+
+
+
+Erster Auftritt
+
+
+Die Ouvertüre beginnt sanft und drückt fröhlichen Vogelsang aus,
+dann geht sie in fremdartiges Jagdgetön über, begleitet von
+Büchsenknall. Beim Aufziehen der Kurtine zeigt sich eine reizende
+Gegend am Fuß einer Alpe, welche sich im Hintergrunde majestätisch
+erhebt. Im Vordergrunde zeichnet sich in der Mitte ein Gebüsche
+von Alpenrosen, links ein abgebrochener Baumstamm und im
+Vordergrunde rechts ein hoher Fels aus.
+
+Ein Chor von Alpengeistern, dabei Linarius, durchaus grau als
+Gemsenjäger gekleidet, jeder eine erlegte Gemse über den Rücken
+hängen, eilt von der Alpe herab und sammelt sich im Vordergrunde
+der Bühne.
+
+
+Chor.
+Stellt die Jagd ein, luftge Schützen!
+Von den steilen Alpenspitzen
+Steigt herab ins blumge Tal.
+Zählt mit wilder Jägerfreude
+Schnell die frischgefällte Beute
+Hier im grünen Weidmannssaal.
+
+
+
+Zweiter Auftritt
+
+Astragalus, ganz grau gleich den übrigen Geistern als Alpenjäger
+gekleidet, ein Jagdgewehr über die Schulter.
+
+
+Astragalus (im rauhen Tone).
+Holla ho, ihr Jägersleute!
+Seid genügsam in der Beute.
+Laßt, ihr jagdberauschten Schergen,
+Ruhn das Gemsvolk in den Bergen.
+Lang gedonnert haben wir
+Heut im steinigten Revier.
+
+Linarius (erster Alpengeist).
+Großer Fürst, du magst nur winken,
+Und der Alpen Geister sinken
+Kraftberaubet in den Staub
+Wie vorm Sturmwind welkes Laub.
+Keiner ist hier, der es wagt,
+Fortzusetzen mehr die Jagd.
+Doch es kann nichts Schönres geben,
+Als auf Alpenspitzen schweben
+Und den Blitz vom Rohre senden,
+Der Gazelle Leben enden.
+Ha! wenn aus metallnem Lauf
+Krachend sich der Schuß entladet
+Und die goldne Kugel drauf
+In der Gemse Blut sich badet:
+Das ist echte Weidmannslust,
+Das erhebt des Jägers Brust.
+
+Alle.
+Das ist echte Weidmannslust!
+Das erhebt des Jägers Brust!
+
+Astragalus.
+Bei des Eismeers starren Wellen,
+Ihr seid wackre Jagdgesellen.
+Oft soll euch die Lust entzücken,
+Doch auch andre mags beglücken.
+Denn was wir dem Berg entwenden,
+Will ins dürftge Tal ich senden.
+An Bewohner niedrer Hütten,
+Die um karges Mahl oft bitten,
+Teilet eure Gemsen aus.
+Werft sie unsichtbar ins Haus.
+
+Linarius.
+Edel ist stets dein Beginnen,
+Und wir eilen schnell von hinnen,
+Um den mächtgen Herrscherwillen
+Stolz zu ehren durch Erfüllen.
+Laßt die Hütten uns umrauschen
+Und leis dem Entzücken lauschen,
+Wenn sie in der Tiere Wunden
+Goldne Kugeln aufgefunden.
+Dankesperlen, die sie weinen,
+Wollen wir zu Kränzen einen,
+Daß sie zieren dann zum Lohn
+Lieblich deinen Alpenthron.
+
+(Alle ab.)
+
+
+
+Dritter Auftritt
+
+Astragalus allein.
+
+
+Astragalus.
+Wohl soll in der Geister Walten
+Lieb und Großmut mächtig schalten,
+Und ihr Wesen hoher Art,
+Wo sich Kraft mit Freiheit paart,
+Soll, befreit von irdschem Band,
+Schwingen sich an Äthers Rand.
+Doch, so wies im Menschenleben
+Bös und gut Gesinnte gibt,
+Jener haßt und dieser liebt:
+So ists auch in Geistersphären,
+Daß nicht all nach oben kehren
+Ihr entkörpert Schattenhaupt,
+Und, des liebten Sinns beraubt,
+Auch der Böse schaut nach unten,
+An die finstre Macht gebunden.
+Und so wird der Krieg bedinget,
+Der die Welt mit Leid umschlinget,
+Der die Wolken jagt durch Lüfte,
+Der auf Erden baut die Grüfte,
+Der den Geist gen Geist entzweiet,
+Der dem Hai die Kraft verleihet,
+In des Meeres Flut zu wüten,
+Der dem Nordhauch schenkt die Blüten,
+Der den Sturm peitscht gegen Schiffe,
+Daß zerschmettern sie am Riffe,
+Der die Menschen reiht in Heere,
+Daß sie zu des Hasses Ehre
+Über ihrer Brüder Leichen
+Sich des Sieges Lorbeer reichen--
+Doch ich liebe Geisterfrieden,
+Bin dem Menschen gut hienieden,
+Hause nicht in Bergesschlünden,
+Laß in freier Luft mich finden.
+Hab auf Höhen, glänzend weiß,
+Auf des Gletschers kühnstem Eis,
+Mein kristallnes Schloß erbaut,
+Das der Sterne Antlitz schaut.
+Und dort blick aus klaren Räumen
+Auf der Menschheit eitles Träumen
+Mitleidsvoll ich oft herab.
+Doch wenn ich am Pilgerstab
+Manch Verirrten wandern sehe,
+Steig von meiner wolkgen Höhe
+Nieder ich zum Erdenrunde,
+Reich ihm schnell die Hand zum Bunde
+Und leit ihn mit Freundessinn
+Zum Erkenntnistempel hin. (Ab.)
+
+
+
+Vierter Auftritt
+
+Auf der entgegengesetzten Seite Malchen, Lischen. Erstere im
+lichtblauen Sommerkleide, einen Strohhut auf dem Haupte, läuft
+fröhlich voraus.
+
+
+Malchen.
+Ach, das heiß ich gelaufen, wie pfeilschnell doch die Liebe
+macht! (Sieht sich um.) Hier ist mein teures Tal. Wie herrlich
+alles blüht, heut glänzt die Sonne doppelt schön, als wäre
+Festtag an dem Himmel und sie des Festes Königin. Ach, wie
+dank ich dir, du liebe Sonne, daß du mir meinen August bringst.
+Lischen, Lischen! (Ruft in die Kulisse.) Wo bleibst du denn?
+Wie ängstlich sie sich umsieht. Was hast du denn?
+
+Lischen (kommt ganz verwirrt und sehr geschwätzig).
+Aber Sie unglückseliges Fräulein, wie können Sie sich denn heute
+in diese berüchtigte, verrufene, bezauberte Gegend wagen? Haben
+Sie nicht die wilde Jagd gehört? heut ist der Alpenkönig los.
+Hätt ich das gewußt, Sie hätten mich nicht mit zwanzig Pferden
+aus dem Haus gezogen. Aber Sie weckten mich auf, sagten mir, ich
+sollte mich schnell anziehen, Sie wollten Ihrem August
+entgegeneilen, der heute von seiner Kunstreise aus Italien
+zurückkömmt.
+
+Malchen.
+Nun, das tat ich ja. Hier erwart ich meinen August. Sein letzter
+Brief nennt mir den heutgen Morgen. Hier schieden wir in
+Gegenwart meiner Mutter vor drei Jahren mit betrübtem Herzen
+voneinander. Du weißt, daß mein Vater schon damals gegen unsere
+Liebe war, obwohl Augusts Onkel starb und ihm einiges Vermögen
+hinterließ, schlug er ihm doch meine Hand ab, geriet in den
+heftigsten Zorn und warf ihm Talentlosigkeit in seiner
+Malerkunst vor. August, auf das bitterste gekränkt, beschloß,
+nach Italien zu reisen, um seinen Kummer zu zerstreuen und
+sich an den großen Mustern zu bilden. Hier schwor er mir ewge
+Treue, meine gute Mutter versprach uns ihren Beistand, doch
+du weißt, wie es um meinen armen Vater steht. Hier haben wir
+uns getrennt, hier gelobten wir uns wieder in die Arme zu
+stürzen. Nach seinen Briefen hat er große Fortschritte in
+seiner Kunst gemacht.
+
+Lischen.
+Was Italien, was Kunst, was helfen mir alle Maler von ganz Italien
+und Australien! In diesen Bergen haust der Alpenkönig. Und wenn
+uns der erblickt, so sind wir verloren.
+
+Malchen.
+So sei nur ruhig, es wird ja den Hals nicht kosten.
+
+Lischen.
+Aber die Schönheit kanns kosten, und der Verlust der Schönheit
+geht uns Mädchen an den Hals. Und wie innig ist die Schönheit mit
+dem Hals verbunden, wer halst uns denn, wenn wir nicht schön mehr
+sind? Wissen Sie denn nicht, daß jedes Mädchen, das den Alpenkönig
+erblickt, in dem Augenblick um vierzig Jahre älter wird? Ja sehen
+Sie mich nur an, keine Minute wird herabgehandelt. Vierzig Jahre,
+und unsere jetzigen auch noch dazu, da wird eine schöne Rechnung
+herauskommen. Stellen Sie sich die Folgen einer so entsetzlichen
+Verwandlung vor. Was würde ihr geliebter Maler dazu sagen, wenn
+er in Ihnen statt einer blühenden Frühlingslandschaft eine
+ehrwürdige Wintergegend aus der niederländischen Schule erblickte,
+was würden alle meine Anbeter dazu sagen, wenn der Anblick dieses
+Ungetüms meine Wangen in Falten legte wie eine hundertjährige
+Pergamentrolle?
+
+Malchen.
+Aber wer hat dir denn solche Märchen aufgebunden? Beinahe könnt
+ich selbst in Angst geraten. Es gibt gar keinen Alpenkönig.
+
+Lischen.
+Nicht? Nun gut--bald werd ich Sie wie meine Großmutter verehren.
+Folgen Sie mir, oder ich laufe allein davon. (Will fort.)
+
+Malchen.
+So bleib nur, mein August wird bald hier sein, die Sonne steht
+schon hoch, du mußt mir Toilette machen helfen, der Wind hat
+meine Locken ganz zerrüttet. Du hast doch den kleinen Spiegel
+mitgenommen, wie ich dir befahl?
+
+Lischen.
+Ei freilich, ach, hätt ich lieber meine Angst vergessen!
+
+Malchen.
+So. (Setzt sich auf den Baumstamm und öffnet ihre Locken. Lischen
+steht mit dem Spiegel vor ihr.) Halt ihn nur! Weißt du, Lischen,
+ich muß mich doch ein wenig zusammenputzen, er kömmt aus Italien,
+und die Frauenzimmer sollen dort sehr schön sein.
+
+Lischen.
+Hahaha, warum nicht gar! Ich kenne in der Welt nur ein schönes
+Frauenzimmer. Sie werden mich verstehen, Fräulein.
+
+Malchen (nimmt es auf sich).
+Du bist zu galant, Lischen, das verdien ich nicht.
+
+Lischen (beiseite).
+Die glaubt, ich mein sie, wie man nur so eitel sein kann--und ich
+meine mich.
+
+Malchen.
+So, Lischen, jetzt sind die Locken alle offen--jetzt halt nur
+gut, der Alpenkönig tut uns nichts.
+
+Lischen.
+Ach ums Himmels willen, nennen Sie doch den abscheulichen
+Alpenfürsten nicht--(erschrickt) es rauscht ja etwas im Gebüsche,
+Himmel, ich laß den Spiegel fallen. (Ein Auerhahn fliegt aus dem
+Gebüsche auf. Sie schreit.) Ach der Alpenkönig! (Läuft mit dem
+Spiegel fort.)
+
+Malchen (nachrufend).
+Lischen, Lischen, was schreiest du denn, es ist ja nur ein Vogel.
+Ach du lieber Himmel, sie hat ja den Spiegel mitgenommen, die
+läuft ganz sicher nach Hause. Lischen, so höre doch! Entsetzlich,
+meine Locken, wenn jetzt August kömmt und mich so erblickt. Das
+überleb ich nicht. Ach du lieber Himmel, wie hätt ich mir das
+vorstellen können, das ist doch das größte Unglück, das einem
+Menschen begegnen kann. (Besinnt sich.) Aber pfui, Malchen, was
+ist das für eine Eitelkeit, August wird dich doch nicht deiner
+Locken wegen lieben? (Ärgerlich.) Aber die Locken tragen dazu
+bei, wenn die Männer nun einmal so sind, was kann denn ich dafür?
+Und warum heißen sie denn Locken, wenn sie nicht bestimmt wären,
+die Männer anzulocken? (Sieht in die Szene.) Ach, dort eilt er
+schon den Hügel herauf. O welche Freude (hüpft), welche Freude!
+(Plötzlich stille.) Wenn nur die fatalen Locken nicht wären!
+Ich will mich hinter den Rosenbusch verstecken, vielleicht bring
+ich sie doch ein wenig zurechte. (Verbirgt sich hinter das
+Rosengebüsche.)
+
+
+
+Fünfter Auftritt
+
+August im einfachen Reiseanzug, eine Mappe unter dem Arme.
+
+
+August.
+Von dem meerumwogten Strande,
+Aus dem wunderholden Lande,
+Wo die goldnen Ährenfelder
+Wechseln mit Orangenwälder,
+Wo die stolzen Apenninen
+Über alte Größe sinnen,
+Wo die Kunst mit Geisteswaffen
+Das Vollendetste erschaffen,
+Wo die ungeheuren Reste
+Der zerfallenen Paläste
+An die Kraft der Zeit uns mahnen
+Und wir bebend Hohes ahnen:
+Aus dem Tempel der Natur
+Kehr ich heim zur stillen Flur.
+Denn im biedern Vaterlande
+Ketten mich die teuern Bande
+Zarter Liebe, fester Treue,
+Und der Riesenbilder Reihe,
+Die wie Träume mich umwehen,
+Schließt ein frohes Wiedersehen.
+
+Seid mir gegrüßt, ihr heimatlichen Berge! O Erinnerung, wie nah
+trittst du an mich und reichst mir einen schönen Kranz, geflochten
+aus vergangnen Freuden. Und doch muß ich bei all dem Schönen hier
+das Schönste noch vermissen, bei all dem Lieben fehlt mein
+Liebstes mir. Wo bist du, teures Malchen? Warum erwartest du mich
+nicht? Sollte sie meinen Brief nicht empfangen haben? Ist sie
+krank? Vielleicht kann sie so früh vom Haus nicht fort. Sie kömmt
+gewiß. Ich will indes die Gegend zeichnen hier, die sie so liebt,
+und zum Geschenk ihrs bieten, wenn sie naht. (Er setzt sich auf
+den Baumstamm und zeichnet.) Wie herrlich dort die Alpe glänzt
+im Sonnenstrahl, die heitre Luft, und hier--der dunkle Fels, der
+üppge Rosenstrauch--nur eins gefällt mir nicht, die bleichen
+Rosen machen sich nicht gut, ich wüßte schönere, die auf ihren
+Wangen blühn. Wär nur Malchen hier, sie sagte mir gewiß, was ich
+für Farben wählen soll.
+
+Malchen (öffnet mit beiden Händen den Rosenstrauch und blickt
+liebevoll hervor, so daß sie mit halbem Leibe sichtbar ist und
+sagt zärtlich).
+Laß sie blau sein wie Beständigkeit.
+
+August (höchst entzückt).
+Amalie!
+
+(Sie stürzen sich in die Arme.)
+
+Malchen.
+August, lieber August!
+
+Astragalus (erscheint auf dem Fels im Vordergrunde und ruft).
+Heisa he! da gehts ja lustig zu im Alpentale. (Er stützt sich auf
+sein Gewehr und behorcht das folgende Gespräch.)
+
+August.
+Liebes, schönes, gutes Malchen--(plötzlich scherzhaft) böses
+Malchen, warum hast du mich auch nur einen Augenblick geneckt?
+
+Malchen.
+Sei nicht böse, lieber August!
+
+August.
+Dafür räch ich mich durch diesen Kuß. (Küßt sie.)
+
+Malchen.
+O du rachsüchtiger Mensch!
+
+August (sanft).
+Bist du ungehalten darüber?
+
+Malchen (unschuldig).
+Gott bewahre, räche dich nur. Böse Leute sagen, die Rache sei
+süß, und auf diese Weise möcht ich es beinahe glauben.
+
+August.
+Gutes Malchen! Wie glücklich fühl ich mich, dich wieder zu sehen,
+nichts soll uns trennen als der Tod
+
+Malchen.
+Und mein Vater, August, der ist noch weit über den Tod. Wenn der
+gute Vater nur nicht gar so böse auf mich wäre!
+
+August.
+Sorge nicht, Malchen, wenn er die Fortschritte meiner Kunst
+erfahren wird, wenn er sich von der Beständigkeit meiner Liebe
+überzeugt, so kann uns seine Einwilligung nicht entgehen. Ich
+will noch heute zu ihm.
+
+Malchen.
+Ach, das ist vergebens. Mein Vater spricht niemand außer seiner
+Familie, nur selten die Dienerschaft. Er ist zum Menschenfeind
+geworden.
+
+August.
+Unmöglich, und du rühmtest mir sein Herz, seine Rechtlichkeit.
+
+Malchen.
+Er besitzt beides. Doch du weißt, daß mein Vater, als er in der
+Stadt noch den ausgebreiteten Buchhandel hatte, um große Summen
+betrogen wurde, die er aus Gutmütigkeit an falsche Freunde verlieh.
+Undank und Niederträchtigkeit brachten ihn zu dem Entschluß,
+seinen Buchhandel aufzugeben, die Stadt zu fliehen und sich auf
+seinem gegenwärtigen Landsitz vor der Zudringlichkeit ähnlicher
+Menschen zu verbergen. Hier liest er nun unaufhörlich
+philosophische Bücher, die ihm den Kopf verrücken. Sein Mißtrauen
+hat keine Grenzen. Er hat die unglückliche Weise, gegen jeden
+Menschen so aufzufahren, daß er die gleichgültigsten Dinge mit
+einer Art von Wut verlangt. Niemand, selbst die Mutter, kann um
+ihn weilen. Alles flieht und fürchtet ihn, und darum hat er jeden
+im Verdacht der Untreue und gönnt doch keinem eine Verteidigung.
+Sein Menschenhaß steigt mit jedem Tage, und wir fürchten für sein
+Leben. Wie gerne würden wir alles dafür tun, ihn von unserer
+Liebe zu überzeugen; doch, wer lehrt ihn den Fehler seiner
+unbilligen Heftigkeit einsehen und ablegen, womit er sich alles
+zum Feinde macht und sich der Mittel beraubt, die Menschen aus
+einem bessern Gesichtspunkte zu betrachten. Deinen Namen dürfen
+wir gar nicht aussprechen, er weiß, daß meine Mutter unsre Liebe
+billiget, und haßt sie darum bis in den Tod.
+
+August.
+O grausames Schicksal, warum vernichtest du all meine glücklichen
+Träume wieder? Also kann ich dich nie besitzen, Malchen?
+
+Malchen.
+Wenn ich nur ein Mittel wüßte, dich zu erringen! Wär ich frei wie
+jener Vogel, der sich so fröhlich in der blauen Luft dort wiegt,
+ich zöge mit dir durch die ganze Welt. Glückliches beneidenswertes
+Tier! Wer darf dir deine Freiheit rauben?
+(Astragalus schießt den Vogel aus der Luft. Man sieht ihn aber
+nicht fallen. Malchen erschrickt.)
+Ha!
+
+Astragalus (immer im rauhen Tone).
+Des Schützen Blei, weil du die Frage stellst.
+
+Malchen (blickt hinauf). O August, sieh!
+
+August.
+Wer bist du, grauer Wundermann?
+
+Astragalus.
+Den Alpenkönig nennt man mich.
+
+Malchen.
+Der Alpenkönig! wehe mir! (Sinkt ohnmächtig in Augusts Arme.)
+
+August.
+Was ist dir, Malchen? Hülfe, Hülfe, steht ihr bei!
+
+Astragalus (lachend).
+Da müssen Steine sich erbarmen selbst. Hab Mitleid, Fels, und
+öffne schnell dein Herz! (Er stoßt mit dem Kolben des Gewehrs
+an den Fels. Der Fels öffnet sich, man sieht einen kleinen
+Wasserfall, der über Rosen sprudelt, an dem zwei Genien lauschen,
+sie fangen mit goldnen Muscheln Wasser aus der Quelle und
+besprengen Malchen damit.)
+Erwache, Törin, die sich Flügel wünscht und so die Erde höhnt!
+
+August.
+Sie schlägt das Auge auf. Wie ist dir, Malchen?
+
+Malchen.
+Ach, wie kann mir sein! Ich habe den Alpenkönig erblickt. Jetzt
+bin ich gewiß um vierzig Jahre älter geworden. Erkennst du mich
+noch, August?
+
+August.
+Bist du von Sinnen? Was hast du denn?
+
+Malchen.
+Ach, Falten habe ich, lieber August, viele tausend Falten. Ich
+muß entsetzlich aussehen. Sieh mich nur nicht an!
+
+August.
+Was fällt dir ein! Du bist so schön, als du es immer warst.
+
+Malchen.
+Schön wär ich? Gewiß? Und hätte keine Falte, keine einzige?
+
+August.
+Gewiß nicht.
+
+Malchen.
+Ach du lieber Himmel, wie danke ich dir! Nein, eine solche Angst
+hab ich in meinem Leben noch nicht ausgestanden!
+
+August.
+Was war dir denn?
+
+Malchen.
+Nun, Lischen sagte mir, ein Mädchen, das den Alpenkönig sieht,
+würd um vierzig Jahre älter.
+
+Astragalus (tritt vor).
+So sagte sie?
+
+Malchen.
+Ach! da ist er schon wieder! (Verhüllt das Gesicht.)
+
+Astragalus.
+Seid ohne Furcht und horcht, was Alpenkönig spricht.
+Schon zweimal sah ich eurer Herzen Brand
+Wie Morgenrot auf Lilienschnee erglühen
+Und Tränen, edler Sehnsucht nur verwandt,
+Leidkündend über eure Wangen ziehen.
+Und weil mich dies so inniglich erfreut,
+Daß ihr so seltsam treu noch denket,
+Hab ich euch meine Fürstengunst geweiht
+Und eure Lieb mit meinem Schutz beschenket.
+(Zu Malchen.)
+Ich weiß um deines Vaters Menschenhaß,
+Hab ihn belauscht, wenn er den Wald durchrannte
+Mit Ebersgrimm, auf Bergesgipfel saß
+Und seinen Fluch nach allen Winden sandte.
+Doch laßt darum den treuen Mut nicht sinken.
+Erkennen wird mit seinem Wahnsinn rechten.
+Die Sterne werden bald zur Brautnacht winken,
+(zu Malchen)
+Und Alpenkönig wird den Kranz dir flechten. (Ab.)
+
+
+
+Sechster Auftritt
+
+August. Malchen.
+
+
+Malchen.
+Hast dus gehört, August, ists ein Traum, wir sollen glücklich
+werden?
+
+August.
+Wir wollen seinem Worte glauben. Und obwohl ich seine Existenz
+für ein Märchen hielt, muß ich sie für wahr erkennen, wenn ich
+nicht ungerecht gegen meine Sinne handeln will.
+
+Malchen.
+Komm, wir wollen meiner Mutter alles erzählen, ich werde schon
+sehen, daß du mit ihr sprechen kannst. Laß uns vertrauen auf den
+Alpenkönig. Er scheint nicht bös zu sein, ich hab ihm auch dreist
+ins Auge geblickt, und es hat mir nichts geschadet, nicht wahr,
+lieber August? Ich bin um gar nichts älter geworden?
+
+August.
+Nein, liebes Malchen. Seit ich dich wiedersehe, kaum um eine
+Stunde.
+
+Malchen.
+Um eine Stunde nur? (Ihm sanft ins Auge blickend.) Nun, eine
+Stunde kann ich schon verschmerzen und es war eine glückliche,
+denn ich habe sie mit dir verlebt.
+
+August.
+O gutes Malchen, wie beglückst du mich!
+
+(Beide Arm in Arm ab.)
+
+
+
+Siebenter Auftritt
+
+Verwandlung
+Zimmer auf Rappelkopfs Landgut.
+
+Sophie. Sabine. Der Kutscher. Die sämtliche Dienerschaft.
+
+
+Chor.
+Euer Gnaden sind so gütig,
+Doch wir haltens nimmer aus.
+Unser Herr ist gar zu wütig,
+Und das treibt uns aus dem Haus.
+Niemand kann bei ihm bestehn,
+Und wir wollen alle gehn.
+
+Sopie.
+Seid nur ruhig, liebe Leute, verseht euren Dienst, nur kurze Zeit
+noch, es wird sich vielleicht bald alles ändern. Geht an eure
+Pflicht! Wenn mein Mann herüberkäme, ich bin in Todesangst.
+
+Kutscher.
+Ei, was nutzt denn das, Euer Gnaden, er solls wissen, wir könnens
+nicht mehr länger aushalten mit ihm, wir tun unser Schuldigkeit,
+und er kann uns nicht leiden.
+
+Sopie.
+Es wird sich alles ändern, ich habe an meinen Bruder nach Venedig
+geschrieben, ihm meines Mannes Seelenkrankheit und ihre üblen
+Folgen vorgestellt, er wird vielleicht noch heute ankommen, um
+alles zu versuchen, seinen Menschenhaß zu heilen--oder mich
+von meinem armen Mann zu trennen.
+
+Kutscher.
+Na, das ist die höchste Zeit, Euer Gnaden schauen sich ja gar
+nimmer gleich. Drei Weiber hat er schon umbrachte er ist ja ein
+völliger blauer Bart.
+
+
+
+Achter Auftritt
+
+Vorige. Habakuk.
+
+
+Sopie.
+Diese gemeinen Äußerungen hören zu müssen! Habakuk, ist mein Mann
+auf seinem Zimmer? Ist Malchen schon zu Hause?
+
+Habakuk.
+Der gnädige Herr ist schon wieder im Gartenzimmer, er hat sich
+selbst seinen Schreibtisch und seinen Stuhl hinübergetragen und
+geht mit sieben Ellen langen Schritten auf und ab. Ich versichere
+Euer Gnaden, ich war zwei Jahr in Paris, aber ein solcher Herr
+ist mir nicht vorgekommen.
+
+Sabine (im schwäbischen Dialekt).
+Nu da habe wirs, jetzt trau ich mich nicht in den Garte hinaus,
+er hat den Schlüssel von der Hofgartetür abgezogen.--Ich kann
+nicht koche--
+
+Sopie.
+Nun so geh Sie durch das Gartenzimmer.
+
+Sabine.
+Ja wer traut sich denn hinein? Wenn der Herr drinne ist? Da geh
+ich ja eher zu einem Leopard in die Falle. Er jagt ja alles
+hinaus. Wenn er in die Kuchel kommt, so wärs notwendig, ich
+schliefet unter den Herd.
+
+Habakuk.
+Nun ja, und da sind so schon so viel Schwaben unten.
+
+Kutscher.
+Mich kann er gar nicht leiden, ich muß mich immer unters Heu
+verstecken.
+
+Habakuk.
+Mich haßt er doch nur bis daher (zeigt den halben Leib). Er sagt,
+ich wär nur ein halbeter Mensch.
+
+Sopie.
+Aber er beschenkt euch ja so oft.
+
+Sabine.
+Ja aber wie? Er tut einem dabei alle Grobheiten an und wirft
+einem das Geld vor die Füß.
+
+Habakuk.
+Oh, da ist er noch in seinem besten Humor, aber neulich nimmt er
+sein goldene Uhr, ich glaub, er macht mir ein Präsent, derweil
+wirft er mir s' an den Kopf. (Hochdeutsch.) Ja, das sind halt
+Berührungen, in die man nicht gern mit seiner Herrschaft kommt,
+ich war zwei Jahr in Paris, aber das hab ich nicht erlebt. Zu was
+brauch ich zwei Uhren, ich hab meine Uhr im Kopf, aber am Kopf
+brauch ich keine.
+
+Sabine.
+Kurz, in dem Haus ist nichts zu mache, wenn man nicht einmal in
+den Garten kann--
+
+Habakuk.
+Wie soll man denn da auf ein grünes Zweig kommen!
+
+Alle.
+Kurzum, wir wollen alle fort.
+
+Sopie.
+Also wollt ihr eure Frau, die euch immer so menschenfreundlich
+gewogen war, so plötzlich verlassen, da ihr doch seht, daß sowohl
+ich als meine Tochter eine gleiche Behandlung zu erdulden haben?
+Ich kann euch nicht fortlassen, weil zwischen heut und morgen
+mein Bruder ankömmt, der vieles über meinen Mann vermag. So
+lange müßt ihr die Launen eures Herrn noch ertragen.
+
+Alle.
+Es geht nicht, Euer Gnaden, es ist nicht zum existieren.
+
+Sopie.
+Nun, so nehmt dieses kleine Geschenk (sie gibt jedem einige
+Silberstücke) und stärkt eure Geduld damit, vielleicht geht es
+doch.
+
+Alle.
+Ach! Wir küssen die Hand, Euer Gnaden.
+
+Kutscher.
+Wir werden halt sehen, ob wir auskommen können mit ihm.
+
+Habakuk.
+Solang wir mit dem Geld auskommen, kommen wir schon mit ihm auch
+aus.
+
+Sabine.
+Und wisse Euer Gnade, er wär nicht gar so übel, der gnädge Herr--
+
+Kutscher.
+Ach gar nicht--wenn er nur anders wär.
+
+Habakuk.
+Freilich, das ist der einzige Umstand.
+
+Sopie.
+Doch jetzt geht beruhigt an eure Geschäfte.
+
+Alle.
+Gleich, gnädige Frau. (Ab.)
+
+Kutscher.
+Euer Gnaden sind halt eine gscheide Frau. Ich sag immer, Euer
+Gnaden sind einmal ein Kutscher gwesen, weil Euer Gnaden so gut
+wissen, daß man einen Wagen schmieren muß, wann er fahren soll.
+(Lacht dumm und geht ab.)
+
+Sabine (küßt ihr die Hand).
+Das ist wahr, Euer Gnaden sind eine Frau, die man in der ganzen
+Welt suche darf. (Ab.)
+
+Habakuk.
+Ich versichere Euer Gnaden, ich war zwei Jahr in Paris, aber ein
+Herz, wie Euer Gnaden zu haben belieben, das ist wirklich, wie
+man auf französisch sagt, nouveau!
+
+
+
+Neunter Auftritt
+
+Lischen. Vorige.
+
+
+Sopie.
+Nun endlich seid ihr zurück. Wo ist Malchen? Ist August
+angekommen? Haben sie sich getroffen?
+
+Lischen.
+Von allen dem weiß ich keine Silbe, gnädige Frau, ich weiß gar
+nichts, als daß der Mädchen verfolgende Alpenkönig eine Jagd
+gegeben hat, daß mich an dem Ort des Rendezvous eine Angst
+befallen hat und daß ich über Hals und Kopf zurückgelaufen bin.
+
+Sopie.
+Und Malchen?
+
+Lischen.
+Wollte ihren Liebhaber erwarten und war nicht zu bewegen, mit
+zurückzugehen.
+
+Sopie.
+Aber wie kann Sie sich unterstehen, meine Tochter allein zu
+lassen? Sie leichtsinnige Person, der ich mein Kind anvertraut
+habe! Ich muß nur gleich Leute hinaussenden. Wenn ihr ein Unglück
+widerführe! O Himmel, was bin ich für ein gequältes Geschöpf!
+
+Lischen.
+Aber gnädge Frau--
+
+Sopie.
+Geh Sie mir aus den Augen. (Eilig ab.)
+
+
+
+Zehnter Auftritt
+
+Lischen. Habakuk.
+
+
+Lischen (äußerst zornig).
+Nein, das ist nicht zum Aushalten, das Haus ist ja eine wahre
+Folterbank. Wie man nur die Dienstleute so herabsetzen kann?
+
+Habakuk.
+Es ist aber auch ein Volk. Ich bin ein Bedienter, aber wenn ich
+mein eigner Herr wär, ich jaget mich selber fort.
+
+Lischen.
+Mich eine Person zu heißen!
+
+Habakuk.
+Solche Personalitäten!
+
+Lischen.
+Halt Er Sein Maul! Wenn ich nur diesen langweiligen Menschen
+nicht mehr vor mir sehen dürfte!
+
+Habakuk.
+Ich bin kein Menschenfeind, aber ich habe einen Stubenmädelhaß.
+Was mir diese Person zuwider ist, bloß weil sies nicht glauben
+will, daß ich in Paris gewesen bin. (Boshaft.) Gschieht Ihr schon
+recht, Mamsell Liserl!
+
+Lischen.
+O Er erbärmlicher Wicht! Er verdient gar nicht, daß sich ein
+Stubenmädchen von meiner Qualität mit Ihm unter einem Dache
+befindet.
+
+Habakuk.
+Oh, prahlen Sie nicht so mit Ihrer Stubenmädelschaft, Sie haben
+auch die Stubenmädlerei nicht erfunden. Ich versichere Sie, ich
+war zwei Jahr in Paris, da gibt es Stubenmädel--wenn man die ins
+Deutsche übersetzen könnt, das gäbet eine Stubenmädliade, wo sich
+die ganze hiesige Kammerjungferschaft verstecken müßt. Und Sie
+schon gar, meine liebe Exkammerjungfer.
+
+Lischen.
+Er zwei Jahre in Paris gewesener Einfaltspinsel, Er kommt mir
+gerade recht, wenn Er sich noch einmal untersteht, seine
+unverschämte Zunge zu meinem Nachteil zu bewegen, so werd ich
+Seinen Backen einen Krieg erklären und Ihm den auffallendsten
+Beweis liefern, auf was für eine kräftige Art ein deutsches
+Kammermädchen die Ehre ihres Standes zu rächen weiß. (Gibt ihm
+eine Ohrfeige und geht schnell ab.)
+
+Habakuk (hält sich die Wange).
+Nein, was man in dem Haus alles erlebt--ich war zwei Jahre in
+Paris, aber so etwas ist mir nicht vors Gesicht gekommen. (Geht
+ab, indem er sich den Backen hält.)
+
+
+
+Elfter Auftritt
+
+Verwandlung
+Kürzeres Zimmer. Rechts die Eingangstür, links führt eine Glastür
+nach dem Garten. Auf dieser Seite befindet sich ein massiver
+altmodischer Tisch und ein Stuhl. Rechts an der Wand neben der
+Tür ein hoher Spiegel. Neben der Gartentür ein Sekretär.
+
+Rappelkopf kömmt in heftiger Bewegung zur Glastür herein. Sein
+ganzes Wesen ist sehr auffahrend. Er sieht die Menschen nur auf
+Augenblicke oder mit Seitenblicken an und wendet sich schnell,
+entweder erzürnt oder verächtlich, von ihnen ab.
+
+
+Rappelkopf.
+Ha! Ja!
+
+Lied
+Ja, das kann nicht mehr so bleiben,
+'s ist entsetzlich, was sie treiben.
+Ins Gesicht werd ich belogen,
+Hinterm Rücken frech betrogen,
+'s Geld muß ich am End vergraben,
+Denn sie stehln als wie die Raben.
+Ich hab keinen Kreuzer Schulden,
+Bare hunderttausend Gulden,
+Und doch wirds mir noch zu wenig,
+Es tät not, ich wurd ein König.
+Meine Felder sind zerhagelt,
+Meine Schimmel sind vernagelt,
+Meine Tochter, wie betrübt,
+Ist das ganze Jahr verliebt.
+Alle Tag ist das ein Gwinsel
+Um den Maler, um den Pinsel,
+Der kaum hat ein Renommee,
+Und vom Geld ist kein Idee.
+Und mein Weib, bei allen Blitzen,
+Will die Frechheit unterstützen,
+Sagt, er wär ein Mann zum Küssen,
+Wie die Weiber das gleich wissen!
+Und das soll mich nicht verdrüßen?
+Ja, da möcht man sich erschießen.
+Und statt daß man mich bedauert,
+Wird auf meinen Tod gelauert,
+Und so sind sie alle, alle,
+Ich zerberste noch vor Galle.
+Drum hab ich beschlossen und werd es vollstrecken,
+Ich laß von den Menschen nicht länger mich necken.
+Ich lasse mich scheiden, ich dringe darauf.
+Der ganzen Welt künd auf Michäli ich auf.
+Die Liebe, die Sehnsucht, die Freundschaft, die Treue,
+Mir falln s' nur nicht alle gschwind ein nach der Reihe,
+Die lockenden, falschen, gewandten Mamsellen,
+Die mich fast ein halbes Jahrhundert schon prellen,
+Die lad ich noch einmal zum Frühstück ins Haus
+Und peitsch sie, wie Timon, zum Tempel hinaus.
+
+Es ist aus! Die Welt ist nichts als eine giftge Belladonna, ich
+habe sie gekostet und bin toll davon geworden. Ich brauch nichts
+von den Leuten, und sie kriegen auch nichts von mir, nichts Gutes,
+nichts Übles, nichts Süßes und nichts Saures. Nicht einmal meinen
+sauren Wein will ich ihnen mehr verkaufen. Ich habe Aufrichtigkeit
+angebaut, und es ist Falschheit herausgewachsen. Es ist
+schändlich, ich bin auf dem Punkte durch meinen eignen Schwager
+zum Bettler zu werden. Er hat mich überredet, mein Vermögen
+einem Handlungshause in Venedig anzuvertrauen, das jetzt dem
+Sturze nah sein muß. Ich erhalte keine Interessen, keinen Brief
+von meinem heuchlerischen Schwager, den ich verkannt und der
+vielleicht im Bunde steht mit dem betrügerischen Volk. Und so
+täuscht mich alles! alles! Darum will ich keinen Kameraden mehr
+haben als die zanksüchtige Erfahrung.
+
+Das ist der vorsichtge, weltghetzte Hase
+Mit der vom Unglück zerstoßenen Nase,
+Mit dem millionmal verwundeten Schädel,
+Das ist mein Mann, den behandle ich edel.
+
+Ich hab zu viel ausgestanden in der Welt. Mich hat die
+Freundschaft getäuscht, die Liebe betrogen und die Ehe gefoltert.
+Ich kanns beweisen, ich hab vier Attestaten, denn ich hab das
+vierte Weib. Und was für Weiber! Eine jede hat eine andere
+Untugend ghabt. Die erste war herrschsüchtig. Die hat wollen
+eine Königin spielen. Bis ich als Treffkönig aufgetreten bin.
+Die zweite war eifersüchtig bis zum Wahnsinn. Wie sich nur eine
+Fliegen auf meinem Gsicht hat blicken lassen, pums, hat sie s'
+erschlagen. Das waren zwei Ehen--da kann man sagen, Schlag auf
+Schlag. Die dritte war mondsüchtig. Wenn ich in der Nacht hab
+etwas auf sie sprechen wollen, ist sie auf dem Dach oben gsessen.
+Jetzt frag ich einen Menschen, ob das zum Aushalten war? Aber
+sie haben doch behauptet, sie könnten mit mir nicht leben, und
+sind aus lauter Bosheit gestorben. Bin aber nicht gscheid
+geworden, hat mich die Höllenlust angewandelt, eine vierte zu
+nehmen. Eine vierte, die viermal so falsch ist als die andern
+drei. Die mein Kind in ihrem Ungehorsam unterstützt. Den Maler
+protegiert, den Maler, der vor Hunger alle Farben spielt. Nichts
+als immer wispert mit der Dienstbotenbrut, Komplotte macht gegen
+ihren Herrn und Meister. (Sieht zur halboffnen Eingangstür
+hinaus.) Aha! Da schleicht das Stubenmädel herum. Die hat schon
+wieder eine Betrügerei im Kopf. Die wär nicht so übel, das
+Stubenmädel, das ist noch die sauberste--aber ich hab einen
+Haß auf sie, einen unendlichen--ich werd sie aber doch
+hereinrufen, bloß um sie auf eine feine Art auszuforschen. He!
+Lischen! (Schreit.) Herein mit ihr!
+
+
+
+Zwölfter Auftritt
+
+Voriger. Lischen tritt furchtsam ein.
+
+
+Lischen.
+Was befehlen Euer Gnaden?
+
+Rappelkopf (immer barsch).
+Ich hab etwas zu reden mit ihr.
+
+Lischen (erschrickt).
+Mit mir? (Beiseite.) Nun das wird eine schöne Konversation werden.
+Was er schon für Augen macht!
+
+Rappelkopf (beiseite).
+Ich werd alle möglichen Feinheiten gebrauchen. (Roh.) Da geh
+Sie her! (Lischen nähert sich verzagt. Rappelkopf betrachtet
+sie verächtlich vom Kopf bis zu den Füßen.) Infame Person!
+
+Lischen.
+Aber Euer Gnaden--
+
+Rappelkopf.
+Was Gnaden--nichts Gnaden--schweig Sie still und antwort Sie.
+
+Lischen.
+Das kann ich ja nicht zugleich.
+
+Rappelkopf.
+Sie kann alles. Es gibt keinen Betrug, der Ihr nicht möglich wäre.
+Sie ist eine Mosaik aus allen Falschheiten zusammengesetzt.
+(Beiseite.) Ich muß mich zurückhalten, damit ich nur nicht
+unhöflich mit ihr bin.
+
+Lischen (empört).
+Aber wer wird sich denn solche Impertinenzen sagen lassen?
+
+Rappelkopf (heftig).
+Sie, Sie wird 's sich sagen lassen. Und wird keinen Laut von
+sich geben. Was hat Sie für eine Betrügerei vorgehabt? Sie will
+mich bestehlen?
+
+Lischen.
+Nein!
+
+Rappelkopf.
+Was denn?
+
+Lischen.
+Ich will mich empfehlen. (Will fort.)
+
+Rappelkopf (nimmt ein ungeladenes Jagdgewehr).
+Nicht von der Stelle, oder ich schieß Sie nieder!
+
+Lischen (schreit).
+Hülfe, Hülfe!
+
+Rappelkopf.
+Nicht mucksen! Antwort! Warum hat Sie so verdächtig herumgesehen?
+Was ist im Werk?
+
+Lischen.
+Himmel, wenn es losgeht!
+
+Rappelkopf.
+Nutzt nichts! losgehn muß etwas, entweder Ihr Maul oder die
+Flinten.
+
+Lischen.
+Ach, was soll ich denn mein Leben riskieren! (Kniet nieder.)
+Lieber gnädiger Herr, ich will alles bekennen.
+
+Rappelkopf.
+Endlich kommts an den Tag. Himmel, tu dich auf!
+
+Lischen.
+Ich habe gelauscht, ob das Fräulein nicht aus dem Alpental
+zurückkömmt, die gnädge Frau hat mich ausgezankt, weil ich
+nicht bei ihr geblieben bin, da sie ihren Liebhaber erwartet,
+der heute ankommt. Die gnädige Frau ist mit ihr einverstanden,
+doch weil sie mich so mißhandelt hat, so verrate ich sie.
+
+Rappelkopf.
+Entsetzlicher Betrug! O falsche Niobe! Und Sie niedrigdenkende
+Person, Sie wagt es, Ihre Frau zu verraten--der Sie so viel
+Dank schuldig ist? O Menschen, Menschen! Ausgeartetes Geschlecht!
+Aus meinen Augen geh Sie mir, Sie undankbare Kreatur, ich will
+nie mehr etwas von Ihr wissen.
+
+Lischen.
+Aber was hätt ich denn tun sollen?
+
+Rappelkopf.
+Schweigen hätt Sie sollen.
+
+Lischen.
+Aber Euer Gnaden hätten mich ja erschossen.
+
+Rappelkopf.
+Ist nicht wahr, es ist nicht geladen. Betrug für Betrug.
+
+Lischen.
+So, also hätt ich diese Angst umsonst ausgestanden? Das ist
+abscheulich.
+
+Rappelkopf.
+Nein, nicht umsonst. Du Krokodil von einem Stubenmädel--du
+sollst eine Menge dafür haben: meine Verachtung, meinen Haß,
+meinen Schimpf, meine Verfolgung und deinen Lohn. (Wirft ihr
+einen Beutel vor die Füße.) Nimms und geh aus meinem Haus. Mach
+dich zahlhaft, oder ich zahl dich auf eine andre Art aus. So
+nimms, warum nimmst du es denn nicht?
+
+Lischen.
+Oh, ich werds schon nehmen. (Denkt nach.) Gnädger Herr!
+
+Rappelkopf.
+Was denkst denn nach, du Viper? Nimms und ruf mir deine Frau.
+
+Lischen (schnell auf die Gartentür deutend).
+Dort ist sie ja!
+
+Rappelkopf (schießt schnell gegen die Gartentür).
+Wo ist sie? Wo? Her mit ihr.
+
+Lischen (hebt schnell den Beutel auf).
+Das ist ein alter Narr! (Läuft schnell ab.)
+
+Rappelkopf (sieht ihr nach).
+Hat ihn schon! O ihr Welten, stürzt zusammen, dieses weibliche
+Insekt wagt es, mich zum besten zu halten! O Rappelkopf! Wie
+falsch diese Menschen mit mir sind, und ich bin so gut mit ihnen!
+Ha! Dort kommt mein Weib, entsetzlicher Anblick--meine Haar
+sträuben sich empor, ich muß aussehen wie ein Stachelschwein.
+
+
+
+Dreizehnter Auftritt
+
+Voriger. Sophie.
+
+
+Sopie (gelassen).
+Was willst du denn, lieber Mann?
+
+Rappelkopf.
+Dich will ich, aus der gesamten Menschheit dich! und von dir
+mein Fleisch und Blut, mein Kind! Wo ist sie?
+
+Sopie (verlegen).
+Sie ist nicht zu Hause--
+
+Rappelkopf (sehr heftig).
+Nun also, wo ist sie--? Wo?--
+
+Sopie.
+So sei nur nicht so heftig.
+
+Rappelkopf.
+Jetzt bin ich heftig, und ich bin ganz erstaunt über meine
+Gelassenheit. Im Wald ist sie draußen. Also auch mein Kind ist
+verloren für mich?
+
+Sopie.
+Nu, nu, in dem Wald ist ja kein Bär.
+
+Rappelkopf.
+Aber ein junger Herr--Also die Gschicht ist noch nicht aus,
+mit diesem Maler?
+
+Sopie.
+Und darf nicht aus sein, denn das Glück und die Ruhe deiner
+Tochter stehen auf dem Spiele. Sie wird ihn ewig lieben.
+
+Rappelkopf.
+Und ich werd ihn ewig hassen.
+
+Sopie.
+Was hast du als Mensch an ihm auszusetzen?
+
+Rappelkopf.
+Nichts, als daß er einer ist.
+
+Sopie.
+Was hast du gegen seine Kunst einzuwenden?
+
+Rappelkopf.
+Alles! Ich hasse die Malerei, sie ist eine Verleumderin der
+Natur, weil sie s' verkleinert. Die Natur ist unerreichbar.
+Sie ist ein ewig blühender Jüngling, doch Gemälde sind
+geschminkte Leichen.
+
+Sopie.
+Ich kann deine Ansichten nicht billigen und darf es nicht.
+Meine Pflicht verbietet es.
+
+Rappelkopf.
+Weil du dir die Pflicht aufgelegt hast, mich zu hassen, zu
+betrügen, zu belügen et cetera. (Wendet sich von ihr ab.)
+
+Sopie.
+So laß dir doch nur sagen--
+
+Rappelkopf.
+Ist nicht wahr.
+
+Sopie.
+Ich habe ja nichts gesagt noch--
+
+Rappelkopf.
+Du darfst nur das Maul aufmachen, so ist es schon erlogen.
+
+Sopie.
+So blick mich doch nur an--
+
+Rappelkopf.
+Nein, ich hab meinen Augen jedes Rendezvous mit den deinigen
+untersagt. Lieber Kronäugeln als Liebäugeln. Aus meinem Zimmer!
+(Setzt sich und dreht ihr den Rücken zu.)
+
+Sopie (empört).
+Du wendest mir den Rücken zu?
+
+Rappelkopf.
+In jeder Hinsicht. Weil du alles hinter meinem Rücken tust,
+so red auch mit mir hinter meinem Rücken. Ich bin kein
+Janushaupt, ich hab nur ein Antlitz, und da ist nicht viel
+daran, aber wenn ich hundert hätt, so würd ich sie alle von
+euch abwenden. Darum befrei mich von deiner Gegenwart! Hinaus,
+Ungeheuer!
+
+Sopie.
+Mann, ich warne dich zum letzten Male. Diese Behandlung hab
+ich weder verdient, noch darf ich sie länger erdulden, wenn
+ich nicht die Achtung vor mir selbst verlieren soll. Niemand
+ist deines Hasses würdiger als dein Betragen. Es ist ein Feind,
+der sich in seinem eignen Haus bekriegt. Und es ist wirklich
+hohe Zeit, daß ich mich entferne, damit ich mich nicht durch
+den Wunsch versündige, der Himmel möchte dich von einer Welt
+befreien, die deinem liebeleeren Herzen zur Last geworden ist
+und in der du keine Freude mehr kennst als die Qual deiner
+Angehörigen. (Geht erzürnt ab.)
+
+Rappelkopf (allein).
+Das ist eine schreckliche Person. Alles ist gegen mich, und
+ich tu niemand etwas. Wenn ich auch manchmal in die Hitz komm,
+es ist eine seltene Sach, wenn ich ausgeredt hab, ich weiß kein
+Wort mehr, was ich gsagt hab. Aber die Menschen sind boshaft,
+sie könnten mich vergiften. Und dieses Weib, gegen die ich
+eine so auspeitschenswerte Liebe ghabt hab, ist imstande, mich
+so zu hintergehen. Und doch fordert sie Vertrauen. Woher nehmen?
+Wenn ich nur einen wüßt, der mir eines leihte! Ich wollte ihm
+dafür den ganzen Reichtum meiner Erfahrung einsetzen. (Stellt
+sich an die Gartentür.) Dieser Garten ist noch meine einzige
+Freud. Die Natur ist doch etwas Herrliches. Es ist alles so gut
+eingerichtet. Aber wie diese Raupen dort wieder den Baum
+abfressen. Dieses kriechende Schmarotzergesindel. (Sich höhnisch
+freuend.) Freßts nur zu. Nur zu. Bis nichts mehr da ist, nachher
+wieder weiter um ein Haus. O bravissimo! (Bleibt in den Anblick
+versunken mit verschlungenen Armen stehen.)
+
+
+
+Vierzehnter Auftritt
+
+Voriger. Habakuk tritt zur Eingangtür herein, ein Kuchelmesser
+in der Hand.
+
+
+Habakuk.
+Jetzt wollen wirs probieren. (Sieht Rappelkopf, erschrickt.)
+Sapperment, da steht er just vor der Gartentür! Wie komm ich
+denn jetzt hinaus? Ich trau mich nicht vorbei. Er fahret auf
+mich los als wie ein Kettenhund. Ach, was kann denn mir
+geschehen! Ich war zwei Jahr in Paris. Euer Gnaden erlauben,
+daß ich (Rappelkopf kehrt sich schnell um und erschrickt. Habakuk
+erschrickt ebenfalls.)
+
+Rappelkopf.
+Was ists--? Was will Er?
+
+Habakuk (für sich).
+Bellt mich schon an. (Versteckt das Messer unwillkürlich.)
+
+Rappelkopf (packt ihn an der Brust).
+Was willst du da herin, warum erschrickst?
+
+Habakuk (für sich).
+Hat mich schon. (Laut.) Euer Gnaden verzeihen, ich hab--
+
+Rappelkopf.
+Was hast? Ein schlechtes Gewissen hast. Was versteckst denn da?
+Ans Licht damit!
+
+Habakuk (zeigt es vor).
+Ich versteck gar nichts, Euer Gnaden. Es ist ein Kuchelmesser--
+
+Rappelkopf (prallt entsetzt zurück).
+Himmel und Hölle! Der Kerl hat mich umbringen wollen.
+
+Habakuk.
+Warum nicht gar--
+
+Rappelkopf.
+Den Augenblick gesteh! (Packt ihn und entreißt ihm das Messer.)
+Ist dieses Messer für mich geschliffen?
+
+Habakuk.
+Ah, das wär ja rasend, wenn Euer Gnaden so was glauben könnten--
+Ich hab ja Euer Gnaden nur fragen wollen--
+
+Rappelkopf.
+Ob du mich umbringen darfst?
+
+Habakuk.
+Warum nicht gar, da würd man ja Euer Gnaden lang fragen--
+
+Rappelkopf.
+O du schändlicher Verräter!
+
+Habakuk.
+So lassen sich Euer Gnaden nur berichten--
+
+Rappelkopf.
+Keine Entschuldigung, hinaus mit dir!
+
+Habakuk (beiseite).
+Er laßt einem nicht zu Wort kommen. (Laut.) Euer Gnaden müssen
+mich hören. (Will auf ihn zu.)
+
+Rappelkopf (hält einen Stuhl vor).
+Untersteh dich und komm mir auf den Leib. Ich glaub, er hat
+noch ein paar Messer bei sich. Der Kerl ist ein völliger
+Messerschmied.
+
+Habakuk.
+So untersuchen mich Euer Gnaden ins Teufels Namen--
+
+Rappelkopf (packt ihn wieder).
+Das will ich auch. Gesteh, Bandit von Treviso, wer hat dich
+gedungen?
+
+Habakuk.
+Ich versteh Euer Gnaden gar nicht.
+
+Rappelkopf.
+Ich will wissen, wer diese Schreckenstat veranlaßt hat.
+
+Habakuk.
+Mein Himmel, die gnädige Frau hat gschafft--
+
+Rappelkopf.
+Genug, ich brauch nicht mehr zu wissen. Entsetzlich!
+(Habakuk will reden. Rappelkopf schreit.)
+Nichts mehr! Mein Weib will mich ermorden lassen! (Sinkt in
+einen Stuhl und verhüllt sein Gesicht.)
+
+Habakuk (für sich).
+Ah, das ist schrecklich! ich hätt sollen einen Zichori
+ausstechen (ringt die Hände), und er glaubt, ich will ihn
+umbringen. Ah, das ist schrecklich, das ist schrecklich!
+
+Rappelkopf.
+Ja, es ist schrecklich--es ist entsetzlich, es ist das
+Unmenschlichste, was die Weltgeschichte aufzuweisen hat.
+(Nimmt den Stuhl.) Hinaus, du Mörder! du Abällino! du Ungeheuer
+in der Livree!
+
+Habakuk.
+Aber Euer Gnaden--
+
+Rappelkopf.
+Hinaus mit dir--
+
+Habakuk.
+Nein, ich war--
+
+Rappelkopf (wütend).
+Hinaus, sag ich, oder--(jagt ihn hinaus.)
+
+Habakuk (schon vor der Tür, schreit).
+Ich war zwei Jahr in Paris, aber das hab ich noch nicht erlebt.
+(Ab.)
+
+Rappelkopf (allein).
+Es ist vorbei, ich bin unter meinem eignen Dache nicht mehr sicher.
+Drum hinaus, nur hinaus
+Aus dem mörderischen Haus!
+Doch vorher will ich mich rächen,
+Alle Möbel hier zerbrechen.
+Gleich zuerst nehm ich beim Schößel
+Diesen vierzigjährgen Sessel,
+Auf dem meine Weiber saßen,
+Die mein Lebensglück mir fraßen.
+Ha! Dich tret ich ganz zuschanden.
+(Zertritt den Stuhl.)
+So--der hat es überstanden.
+Auch den Tisch, an dem ich Briefe,
+Voll Gemüt und treuer Tiefe,
+Einst an falsche Freunde schrieb,
+Spalte ich auf einen Hieb.
+(Schlägt in den Tisch.)
+Und der weltverführnde Spiegel,
+Der Verderbtheit blankes Siegel,
+Dieser Abgott aller Schönen,
+Dem die eitlen Narren frönen,
+Wo sie stehen, wo sie gaffen
+Und sich putzen wie die Affen,
+Gsichter schneiden, Buckerl machen,
+Weißer Zähne willen lachen:
+O du truggeschliffner Räuber!
+Du Verführer eitler Weiber!
+O du niedrige Lappalie!
+Wart, dir liefr ich jetzt Bataille.
+(Erblickt sich in dem Spiegel.)
+Pfui! das häßliche Gesicht,
+Ich ertrag es länger nicht.
+(Zerschlägt den Spiegel mit geballter Faust.)
+So! da liegt er jetzt, der Held,
+Und sein Harnisch ist zerschellt.
+(Besieht die Hand.)
+Ha! der glänzende Betrüger
+Hat verwundet seinen Sieger,
+Doch ich mach mir nichts daraus,
+Flöß ein Eimer Blut heraus.
+(Öffnet den Schreibtisch und nimmt Briefe aus demselben.)
+Auch die Briefe voll von Lieb,
+Die im Wahnsinn ich einst schrieb,
+Die zerreiß ich alle hier.
+'s ist nur schad um das Papier.
+(Zerreißt sie und streut sie auf den Boden.
+Nimmt Geldrollen und Geldbeutel aus einer Schatulle.)
+Nur das tiefgehaßte Geld,
+Die Mätresse dieser Welt,
+Das bewahr ich mir allein,
+Das muß mit, das steck ich ein.
+(Steckt es schnell in die Taschen.)
+Nun? Ihr Esel, ihr vier Wände,
+Die ich hasse ohne Ende,
+Warum schaut ihr mich so an?
+Bin ich nicht ein ganzer Mann?
+Euch kann ich zwar nicht zerschlagen,
+Doch ich will euch etwas sagen:
+Ich geh jetzt in Wald hinaus
+Und komm nimmermehr nach Haus.
+
+(Läuft wütend ab.)
+
+
+
+Fünfzehnter Auftritt
+
+Verwandlung
+Das Innere einer Köhlerhütte. Rußige Wände.
+
+Salchen am Spinnrocken. Hänschen, Christopherl, Andresel sitzen
+am Tisch. Marthe an einer Wiege, in der ihr Kind liegt. Unterm
+Tisch ein großer schwarzer Hund. Auf dem Tisch eine Katze, mit
+welcher die Knaben spielen. Im Hintergrunde zwei schlechte
+Betten. In einem liegt die kranke Großmutter, in dem andern der
+betrunkene Christian.
+
+Quintett
+
+
+Salchen (fröhlich).
+Wenn ich an mein Franzel denk,
+Wird mir halt so gut.
+'s Herzel, das ich ihm nur schenk,
+Kriegt gleich frohen Mut.
+
+Die drei Kinder.
+He, Mutter, gib was z' essen her,
+Der Magen tut uns weh!
+
+Salchen.
+Das Hungern fällt mir gar nicht schwer,
+Wenn ich mein Bürschel seh.
+Wenn ich an mein Franzel denk,
+Wird mir halt so gut.
+'s Herzel, das ich ihm nur schenk,
+Kriegt gleich frohen Mut.
+
+Die drei Kinder.
+Mutter, gib uns Brot!
+
+Christian (mit lallender Stimme).
+Ihr Bagage, seids nicht still?
+Tausendschwerenot!
+
+Marthe (ruft).
+Still!
+
+Das Kind.
+Qua qua!
+
+Die Katze.
+Miau!
+
+Der Hund.
+Hau hau!
+
+(Die erste Melodie fällt ein.)
+
+Salchen.
+Mein Franzel ist ein wiffer Bua,
+Singt den ganzen Tag:
+Daß er mich alleinig nur
+Und kein andre mag.
+
+Die drei Kinder.
+Wenn wir nicht was z' essen kriegn,
+So gehn wir ja zugrund!
+
+Salchen.
+So weckts das Kind nicht in der Wiegn,
+Und spielts euch mit den Hund!
+Mein Franzel ist ein wiffer Bua,
+Singt den ganzen Tag:
+Daß er mich alleinig nur
+Und kein andre mag.
+
+Die drei Kinder.
+Sapperment, ein Brot!
+
+Christian.
+Wanns nicht euern Schnabel halts,
+Schlag ich euch noch tot!
+
+Marthe.
+Still!
+
+Das Kind.
+Qua qua!
+
+Die Katze.
+Miau!
+
+Der Hund.
+Hau hau!
+
+Marthe.
+Still seids, ihr ausgelassenen Buben!
+
+Hänschen (weinerlich).
+Mutter, a Brot!
+
+Salchen.
+Ist keins da, Holzbirn eßts!
+
+Marthe.
+Und machts keinen solchen Lärm. Euern Vater ist nicht gut.
+
+Andresel.
+Was fehlt ihm denn?
+
+Marthe.
+Den Schwindel hat er. (Für sich.) Man darfs den Kindern nicht
+einmal sagen.
+
+Christoph.
+Jetzt hat der Vater so viel Kohlen verkauft--
+
+Andresel.
+Und hat kein Geld z' Haus bracht, nichts als ein Schwindel.
+
+Salchen.
+Was geht das euch an?
+
+Andresel.
+Weil wir hungrig sein. Ich weiß schon, warum wir so wenig z'
+essen kriegen, weil der Vater so viel trinkt.
+
+Salchen.
+Jetzt schaut d' Mutter einmal die Spitzbuben an. Sie haben gar
+kein Respekt vor ihren Vatern.
+
+Christian.
+Ich massakrier die Buben alle drei. (Er will auf und taumelt.)
+
+Marthe.
+Liegen bleib! (Sie drängt ihn ins Bette.)
+
+Andresel.
+Er kriegt schon wieder den Schwindel.
+
+Alle drei Buben (lachen).
+Haha! Der Vater kann nicht grad stehn!
+
+Marthe.
+Ob ihr aufhört! Nein, wie hat mich der Himmel gstraft!
+
+Das Kind (schreit).
+Qua qua!
+
+Marthe (zu Salchen).
+Aufs Kind schau!
+(Salchen wiegt.)
+Eine Butten voll Kinder und so einen liederlichen Mann. Kein
+Pfennig Geld im Haus.
+(Die Großmutter niest im Bett.)
+Hört d' Mutter zum niesen auf. Man hört sein eignes Wort nicht.
+
+Die drei Buben.
+Ah, das ist a Spaß.
+
+Andresel.
+D' Mutter ist zornig. Haha!
+
+Marthe.
+Nein, die Gall bringt mich um. Du verdammter Bub du, wart, ich
+will dir deine Mutter ausspotten lernen! (Nimmt ihn beim Kopf
+und schlägt ihn.)
+
+Andresel (schreit).
+Au weh! (Weint.)
+
+Salchen (springt herzu und hält sie ab).
+So hört d' Mutter auf!--
+
+(Die zwei andern Buben verkriechen sich hinter den Tisch und
+hinters Bett.)
+
+Alles zugleich:
+Das Kind (in der Wiege).
+Qua qua!
+Die Großmutter (streckt im Bett die Arme heraus und niest).
+Hehe!
+Der Hund (bellt).
+Hau hau!
+
+(Die Katze springt davon.)
+
+
+
+Sechszehnter Auftritt
+
+Vorige. Rappelkopf öffnet die Tür und bleibt stehen.
+
+
+Rappelkopf.
+Holla, da gehts zu, nur hinauf auf die Köpf! Das ist ein Gesindel.
+(Geht in die Mitte des Zimmers und klatscht in die Hände.
+Schadenfroh.) Bravo! Bravissimo!
+
+Salchen.
+Jetzt schauts den an. Was will denn der da?
+
+Marthe.
+Nu was will Er? Was schaut Er?
+
+Rappelkopf.
+Sie will ich nicht. Sie Altertum! Was kost die Hütten da? Was
+muß ich zahlen, wenn ich euch alle hinauswerfen darf?
+
+Salchen.
+Ah, der hat einen kuriosen Gusto.
+
+Marthe.
+Er impertinenter Mensch, was untersteht Er sich denn, da
+hereinzukommen--
+
+Salchen.
+Und uns Grobheiten anzutun.
+
+Christian (halb schlaftrunken).
+Werfts ihn aussi!
+
+Marthe (verdrüßlich).
+Halt's Maul! (Zu Rappelkopf) Was hat denn Er zu befehlen, ich
+kann meine Kinder schlagen, wie ich will.
+
+Andresel.
+Nun ja, was geht denn den Herrn mein Buckel an? Die Schläg sein
+unser Mittagmahl.
+
+Der Bub unterm Bett. Sultel! Huß huß!
+
+Der Hund.
+Hau hau!
+
+Marthe und Salchen.
+Hinaus mit Ihm!
+
+Rappelkopf.
+Still! kein Wort reden! (Zieht zwei Geldbeutel hervor und
+klingelt damit.) Geld ist da! Dukaten sind da! Die gehören alle
+euch. Verstanden? Also freundlich sein. Die Zähn herblöcken.
+Euer Gnaden sagen. Gschwind! Bagage! Gschwind!
+
+Marthe.
+Euer Gnaden, wir bitten um Verzeihung. Gehts, Kinder, küßt den
+gnädigen Herrn die Hand. Kriegts was zu schenken.
+
+(Die Kinder kriechen hervor.)
+
+Andresel (lacht dumm).
+Dukaten hat er? Gehts, Buben, küssen wir ihm die Hand.
+
+(Sie küssen ihm die Hände.)
+
+Rappelkopf.
+Ist schon da die Brut.
+
+Alle drei Buben.
+Euer Gnaden, bitt gar schön um ein Dukaten.
+
+Christian.
+Bringts mir auch welche her!
+
+Salchen.
+Schamts euch nicht? er foppt euch nur.
+
+Rappelkopf.
+Was will die Frau, da, für die Keischen? Ich kauf s'. Wenn s'
+noch so teuer ist.
+
+Marthe.
+Ah, Euer Gnaden machen nur einen Spaß. Was wollten S' denn mit
+der miserablichen Hütten da?
+
+Rappelkopf.
+Das geht Sie nichts an. Hat Sie genug an zweihundert Dukaten?
+
+Marthe.
+O mein, Euer Gnaden! So viel Geld kanns ja gar nicht geben auf
+der Welt, da wären wir ja versorgt auf unser Lebtag.
+
+Salchen.
+Aber die Mutter wird doch nicht die Hütten verkaufen? Was wird
+denn mein Franzel sagen, wenn ers hört?
+
+Andresel.
+Mutter, gebts ihm s', es ist nicht mehr wert.
+
+Marthe (freudig).
+O du lieber Himmel, das ist a Glück! Wenn nur mit mein Mann was
+zu reden wär!
+
+Andresel.
+Vater! steht der Vater auf! Oder wir verkaufen 's Haus, und den
+Vatern auch dazu.
+
+Marthe.
+Du Mann! (Für sich.) Nein, die Schand vorn Leuten! Er kann sich
+gar nicht rühren. (Während dieser Rede liebkost der Hund
+Rappelkopf, welcher ihn mit dem Fuß von sich stößt. Der Hund
+bellt auf ihn. Marthe laut.)
+Die Hütten kannst verkaufen, stell dir vor, zweihundert Dukaten
+kriegen wir dafür.
+
+Christian (schlaftrunken).
+Ist zu wenig--viel zu wenig.
+
+Salchen.
+Wenn er s' nur nicht hergebet!
+
+Marthe.
+Der Mann weiß gar nicht, was er redt. Sie können s' habn, Euer
+Gnaden, es ist schon alles in der Ordnung.
+
+Rappelkopf.
+Da kauf ich alles, wies da liegt und steht.
+
+Marthe.
+Oh, da drauß ist auch ein Kuchel, da hängt a Menge Kuchelgschirr.
+
+Andresel.
+Und Mäus gibts, die sind gar nicht zu bezahlen.
+
+Rappelkopf.
+Also da ist's Geld. (Wirft ihnen Geld hin.) Und jetzt
+augenblicklich hinaus. Alle miteinander. In zwei Minuten will
+ich keins mehr sehen.
+
+Salchen.
+Sieht die Mutter, jetzt kommts halt doch auf Hinauswerfen heraus.
+
+(Während dieser Reden haben die Kinder alles nach und nach
+zurückgeräumt, so daß die Bühne im Vordergrunde frei von Möbeln
+ist, bis auf einen Stuhl, auf den sich Rappelkopf setzt. Franzel
+tritt ein.)
+
+Franzel.
+Guten Abend, der Franzel ist da!
+
+Rappelkopf.
+Da kommt noch so ein Halbmensch.
+
+Salchen.
+O lieber Franzel, schau nur den Fremden an, dem hat die Mutter
+die Hütten verkauft, er wirft uns alle 'naus. Er hat s' schon
+zahlt.
+
+Franzel.
+Aber Mutter, was fallt Euch denn ein? Gebts ihm doch 's Geld
+zurück, dem abscheulichen Menschen.
+
+Marthe.
+Warum nit gar--das gib ich nimmer her, keinen solchen Narren
+finden wir nicht mehr. Seids still, von dem Geld könnts euch
+heiraten.
+
+Salchen.
+Aber wo bleiben wir denn? Es ist ja schon bald Nacht.
+
+Marthe.
+Ums Geld lassen s' uns überall hinein. He! Kinder, Vater, Mutter,
+auf, auf! wir müssen alle fort.
+
+Andresel.
+Das wird ein Auszug werden! Ich freu mich schon.
+
+Marthe.
+Aufsteh, Mann! (Sie zerrt ihn auf und führt ihn vor.)
+
+Rappelkopf.
+Ist er krank?
+
+Marthe.
+Nu, ich glaubs.
+
+Rappelkopf.
+Schon lang?
+
+Marthe.
+Halt ja, das ist gar ein altes Übel, das ist noch vom vorigen
+Jahr.
+
+Rappelkopf.
+Das ist nicht wahr! es ist vom Heurigen. Hinaus mit ihm!
+
+Christian.
+Ich geh nicht fort, bis ich das Geld nicht hab. Ich bin ein
+Mann, ich hab etwas im Kopf, so will ich im Sack auch was haben.
+
+Marthe.
+Ich hab schon 's Geld, (zieht ihm den Rock an und setzt ihm den
+Hut auf) so geh nur zu! Jetzt Kinder, packts zusammen.
+(Hansel nimmt den Hund an einen Strick.)
+Der Christoph führt die Großmutter.
+(Sie heben die Alte aus dem Bett und geben ihr die Krücke in die
+Hand. Auf Hänschen.)
+Du führst den Hund, und ich mein Mann.
+
+Rappelkopf.
+Und das Kind? Was gschieht mit den?
+
+Andresel.
+Das nimm ich unterm Arm.
+
+Rappelkopf.
+Das ist ein Hottentottenvolk. Seid ihr in Ordnung jetzt?
+
+Andresel.
+Ja. Eingspannt ists.
+
+Rappelkopf.
+So fahrt hinaus.
+
+Salchen.
+So müssen wir denn wirklich fort, aus unsern lieben Haus--
+
+Christoph (weint).
+Wo wir alle geboren und verzogen sein.
+
+Salchen.
+Meiner Seel, der Herr kanns nicht verantworten, was der Herr mit
+seinen Geld für ein Unheil anstift.
+
+Sextett
+
+Salchen.
+So leb denn wohl, du stilles Haus,
+Wir ziehn betrübt aus dir hinaus.
+
+Alle (bis auf Rappelkopf).
+So leb denn wohl, du stilles Haus,
+Wir ziehn betrübt aus dir hinaus.
+
+Salchen.
+Und fänden wir das höchste Glück,
+Wir dächten doch an dich zurück.
+
+Alle.
+Und fänden wir das höchste Glück,
+Wir dächten doch an dich zurück.
+
+(Alle Paar und Paar ab. Sie sehen sich im Abgehen betrübt um,
+auch der Hund.)
+
+Der Hund (mit gedämpftem Ton gegen Rappelkopf im Abführen).
+Hau hau! Hau hau! (Geht hinten nach, von Hänschen an einem Strick
+geführt.)
+
+
+
+Siebzehnter Auftritt
+
+Rappelkopf allein.
+
+Lied mit Chor
+
+
+Rappelkopf (springt vom Stuhle auf).
+Jetzt bin ich allein, und ich will es auch bleiben,
+Will mich mit der Einsamkeit zärtlichst beweiben,
+Will gar keine Freunde als Berge und Felsen,
+Verjag das Schmarotzergesindel wie Gelsen,
+Will nie dem Geschwätze der Weiber mehr lauschen,
+Da hör ich viel lieber des Wasserfalls Rauschen.
+Zu Pagen erwähl ich die vier Elemente,
+Die regen geschäftig die riesigen Hände.
+Den Westwind ernenn ich zu meinem Friseur,
+Der kräuselt die Locken und weht um mich her,
+Und wenn ich ein hohes Toupet vielleicht schaff,
+Frisiert mich der Sturmwind gleich à la Giraff.
+So leb ich zufrieden im finsteren Haus
+Und lache die Torheit der Menschen hier aus.
+(Tritt in die Mitte des Theaters zurück und starrt vor sich hin.
+Nah an der Hütte ertönt sanft der Chor nach der vorigen Melodie.)
+
+Chor.
+So leb denn wohl, du stilles Haus,
+Wir ziehn betrübt aus dir hinaus.
+
+Der Hund.
+Hau hau!
+
+Rappelkopf (tritt vor).
+Ich will nichts mehr hörn von den boshaften Leuten,
+Verachte die Dummen und fliehe die Gscheidten.
+Und ob sie sich raufen, und ob sie sich schlagen,
+Und ob sie Prozesse führn und sich verklagen,
+Und ob sie sich schmeicheln, und ob sie sich küssen,
+Und ob sie der Schnupfen plagt, wie oft sie niesen,
+Und ob sie gut schlafen, und was sie gegessen,
+Und ob sie vernünftig sind oder besessen,
+Und ob wohl in Indien der Hafer ist teuer,
+Und obs in Pest regnt und in Ofen ist Feuer,
+Und ob eine Hochzeit wird oder ein Leich:
+Ha! das ist mir einerlei, das gilt mir gleich.
+Ich lebe zufrieden im finsteren Haus
+Und lache die Torheit der Menschen hier aus.
+
+(Wirft sich in den Stuhl. Weiter entfernt von der Hütte:)
+
+Chor.
+So leb denn wohl, du stilles Haus,
+Wir ziehn betrübt aus dir hinaus.
+
+Der Hund.
+Hau hau!
+
+(Es wird finster.)
+
+Rappelkopf (springt auf und schleudert den Stuhl zurück, auf
+dem er saß).
+Und wollte die Welt sich auch gänzlich verkehren,
+Und brächte der Galgen die Leute zu Ehren,
+Und läge die Tugend verpestet am Boden,
+Und tanzten nur Langaus die Kranken und Toten,
+Und brauchten die uralten Weiber noch Ammen,
+Und stünde der Nordpol in glühenden Flammen,
+Und schenkte der Wucher der Welt Millionen,
+Und würden so wohlfeil wie Erbsen die Kronen,
+Und föcht man mit Degen, die ganz ohne Klingen,
+Und flögen die Adler und fehlten die Schwingen,
+Und gäbs eine Liebe, gereinigt von Qualen,
+Und schien' eine Sonne, beraubt ihrer Strahlen:
+Ich bliebe doch lieber im finsteren Haus
+Und lachte die Torheit der Menschen hier aus.
+
+(Er eilt zurück und öffnet die Fensterbalken. Der Wald erglüht
+im Abendrot, welches auch Rappelkopf bestrahlt. Er blickt düster
+hinaus und von ferne erschallt der)
+
+Chor.
+So leb denn wohl, du stilles Haus,
+Wir ziehn betrübt aus dir hinaus.
+
+Der Hund.
+Hau hau!
+
+
+
+Achzehnter Auftritt
+
+(Langsam verwandelt sich die Bühne in ein kurzes Zimmer in
+Rappelkopfs Hause. In der Mitte ein großer Spiegel. Tag.)
+
+
+Sophie, von Malchen und August geführt, setzt sich weinend in
+einen Stuhl.
+
+Malchen.
+Trösten Sie sich, teure Mutter, der Vater wird schon wieder
+zurückkehren, wenn er ausgetobt hat. Wie oft verließ er nicht
+das Haus und lief den Bergen zu.
+
+Sopie.
+Ach Kinder, es ist eine böse Ahnung in meinem Busen, die mir
+jede Hoffnung raubt, daß wir ihn gesund und wohlbehalten
+wiedersehen.
+
+August.
+Wenn Sie mir nur erlauben wollten, ihm nachzueilen, ich wollte
+alle Mittel anwenden, ihn zu besänftgen.
+
+Sopie.
+O lieber August, Ihr Anblick würde ihn nur noch mehr erbittern.
+Eben weil er Sie hier weiß, ist sein Unmut zur Raserei geworden.
+
+Malchen.
+Da kommt Lischen mit Habakuk, vielleicht hat man schon Nachricht
+gebracht. (Lischen, eilig Habakuk hereinziehend.)
+
+Lischen.
+Da komm Er herein, Er abscheulicher Mensch, und erzähl Er der
+gnädgen Frau den ganzen Vorfall! Stellen sich Euer Gnaden vor,
+mit dem Habakuk hat er den letzten Auftritt gehabt. Wegen dem
+Habakuk ist er fort.
+
+Habakuk.
+So red Sie nur nicht so einfältig! Was kann denn ich dafür?
+
+August.
+Der Mensch ist ja blaß wie eine Leiche.
+
+Sopie.
+Warum hat Er denn das nicht gleich gemeldet, wo war Er bis jetzt?
+
+Lischen.
+Auf den Kornboden hat er sich versteckt, aus lauter Angst vor
+den gnädgen Herrn. Er hat ihn ja ermorden wollen.
+
+Alle.
+Wen?
+
+Lischen.
+Der Habakuk den gnädigen Herrn.
+
+Alle.
+Nicht möglich!
+
+Lischen.
+Nicht möglich? Er hat es ja selbst gestanden. Sehen Euer Gnaden
+nur diese Mörderphysiognomie, er bringt noch das ganze Haus um.
+
+Habakuk.
+Ah, das ist ja eine schändliche Person. Euer Gnaden, ich bitt,
+daß ich mich an ihr eine halbe Stund vergreifen darf. Das kann
+ich ja nicht leiden.
+
+Lischen.
+Untersteh Er sich und komm Er her, Er Missetäter!
+
+Malchen.
+Du wirst dir doch keinen Scherz erlauben, Lischen?
+
+Sopie.
+Sprech Er, Habakuk! Warum zittert Er denn so?
+
+Habakuk.
+Aus lauter Zorn, ich benimm mich gegen alle présence d'esprit,
+ich war zwei Jahr in Paris, und mir schnappen die Füß zusammen.
+
+August (gibt ihm einen Stuhl).
+Hier setz Er sich nieder und erklär Er sich über die Sache.
+
+Habakuk.
+Ich kann mich nicht anders erklären, als daß ich, wie Euer
+Gnaden geschafft haben, einen Zichori hab ausstechen wollen,
+und wie der gnädige Herr ein Messer bei mir erblickt, so hat
+er behauptet, ich hätt ihn gschwind unter der Hand umbringen
+wollen. Laßt mich nicht zu Wort kommen, schüttelt mich wie einen
+Zwetschkenbaum und fragt mich, wer mich gedünget hat. Ich wollt
+antworten: Die gnädige Frau braucht einen Zichori. Wer aber
+diesen Zichori gar nicht aus mir herauslaßt, das war er. Denn
+kaum hab ich das Wort: »Die gnädige Frau« gesagt, so ist er
+schon mit beiden Füßen bis auf den Blavon hinauf gsprungen.
+Hat immer geschrien, meine Frau will mich ermurden lassen, hat
+mich einen Habällino hin, den andern her geheißen, und hat mich
+mir nichts dir nichts bei der Tür hinausgeprügelt. Von wo ich
+mich aus lauter Desperation auf den Kornboden versteckt hab.
+Bis mich dieses intrigante Frauengeziefer heruntergestöbert hat
+und jetzt die ganze Gschicht auf eine so verkehrte Weise erzählt.
+
+Lischen.
+Er hat einmal behauptet--
+
+Habakuk.
+Daß Sie eine niedrigdenkende Seele ist, die einen Mann von
+meinen Meriten ins Unglück hineinstürzen will.
+
+Sopie.
+Genug jetzt, mit diesen Albernheiten. Also das ist die Ursache,
+die meinen Mann in solche Wut geraten ließ? Des Mordes hält er
+mich verdächtig? So ungereimt diese Zumutung auch ist, so gibt
+sie doch einen Beweis, wie gemein er von meinem Charakter denkt.
+
+Malchen.
+Beruhigen Sie sich, liebe Mutter!
+
+August.
+Wer sollte glauben, daß ein gesunder Verstand so phantastisch
+ausarten könne?
+
+Lischen.
+Der gnädge Herr hatte immer etwas Düstres an sich, selbst wie
+er noch Buchhändler war, seine Bücher waren immer gut aufgelegt,
+er aber nie.
+
+Habakuk.
+Er ist ein Hypokontrolist. Er hat zu reizende Nerven.
+
+Lischen (lacht).
+Es ist schrecklich--dieser Mensch war zwei Jahr in Paris und ist
+so einfältig wie eine Auster.
+
+Habakuk.
+Diese Person fällt noch von meiner Hand.
+
+Sopie (zu Lischen).
+Und du hast ihn aus dem Hause laufen sehen?
+
+Lischen.
+Dem Walde zu. Nachdem er vorher die große Schlacht gegen alle
+Möbel gewonnen hatte.
+
+Sopie (weint).
+Ach du lieber Gott, mir bangt um sein Leben, ich kann nicht
+ruhig bleiben mehr, ich muß selbst hinaus--
+
+August.
+Bleiben Sie--
+
+Malchen.
+Ach August, der Alpenkönig hat uns getäuscht.
+
+August.
+Ich verwünsche diesen Kobold.
+
+(Donnerschlag. Der Spiegel öffnet sich, man sieht auf einem
+schroffen Fels den Alpenkönig sitzen. Im Hintergrunde ferne
+Berge, blauer Himmel.)
+
+Sopie.
+Himmel, welche Erscheinung!
+
+August, Malchen.
+Er ist es!
+
+Sopie.
+Wer?
+
+Habakuk.
+Der Aschenmann!
+
+August, Malchen.
+Der Alpenkönig!
+
+Lischen.
+Ach, daß der Himmel erbarm! (Sie schließt die Augen.)
+
+Astragalus.
+Warum verfluchst du mich?
+
+August (kniet).
+Du Wunderwesen, dessen Macht wir nicht erklären können und die
+doch unleugbar, weil sie dem Auge und dem Herzen sich zugleich
+verkündet, du hast uns deinen Schutz gelobt. Und doch ward diesem
+Haus so tiefes Leid, daß ich beinahe fürchten muß, du könntest
+meiner Liebe Glück durch ihres Vaters Unglück nur bezwecken.
+
+Malchen (kniet).
+Wenn du die Stelle kennst, auf der sein Fuß jetzt irrt, so rett
+ihn, hoher Klippenfürst.
+
+Sopie (kniet).
+Ich verstehe meiner Kinder Worte nicht, doch wenn meines Mannes
+Herz in deinen Zauberbanden liegt und darum sich von uns gewendet
+hat, so gib es frei, wir werden dich dafür stets als ein gutes
+Wesen ehren.
+
+Lischen (kniet).
+Hoher Alpenkönig! Ich traue mich zwar nicht, mein Auge zu dir zu
+erheben, warum? das weiß ich schon. Aber wenn du ein galanter
+Herr bist, so wird auch die Bitte einer hübschen Kammerjungfer
+etwas bei dir gelten.
+
+Habakuk (kniet).
+Ich bitt auch ganz erschrecklich, Euer gesteinigte Hochheit!
+
+Astragalus (steht auf).
+Ich dacht es wohl, es wandle euch Besorgnis an,
+Weil mein Geschäft so üblen Anfang nimmt.
+Doch sorgt euch nicht, ich bin ein kluger Handwerksmann,
+Der seinen Vorteil schon voraus bestimmt.
+Denn wenn man sprödes Erz geschmeidig sucht zu biegen,
+So lasse man es in des Ofens Bauch erglühn.
+Und so muß sein Gemüt in Hassesflammen liegen,
+In wilder Leidenschaft die Seele Funken sprühn,
+Dann kann ich seinen Wahn durch Überzeugung schmieden
+Und seiner Denkart ihre alte Form verleihn.
+Von selbst schließt mit der Menschheit er dann neu den Frieden
+Und wird sein Wirken freudig ihrem Wohle weihn.
+Drum, was ihr Böses mögt in baldger Zukunft schauen,
+Wenn ihr bei nächster Sonne wieder ihn erblickt,
+Doch mögt ihr kühn und treulich auf mein Wort vertrauen,
+Noch eh sie sinkt, hat Alpenkönig euch beglückt.
+
+(Sinkt in seine frühere Stellung zurück. Das Spiegelglas erscheint
+wieder.)
+
+Sopie.
+So unerklärbar dieses Phantom mir ist, so hat es doch Trost in
+meine Seele gesendet. Begleitet mich nach dem Gemach, das uns
+die Aussicht nach dem Wald hin bietet, vielleicht sehen wir
+schon einige von den Boten zurückkehren, welche ich nach meinem
+Manne ausgesendet habe. Dort sollt ihr mir auch Aufklärung über
+den Alpenkönig geben.
+
+(Sophie, Malchen, August ab.)
+
+
+
+Neunzehnter Auftritt
+
+Habakuk. Lischen.
+
+
+Habakuk.
+Nein, was einem in unserm Haus für Erscheinungen begegnen, das
+geht in das Entsetzliche hinüber. (Stellt sich vor Lischen.)
+
+Lischen.
+Nu was gibts, Monsieur? Was sieht Er mich so an?
+
+Habakuk (gezogen).
+Sie hat mich auf das Schafott bringen wollen, darum hab ich Ihr
+in dieser Welt nichts mehr zu sagen, als--
+
+Lischen.
+Daß Er zwei Jahre in Paris gewesen ist, Er abgeschmackter Mensch?
+
+Habakuk.
+Oui, Mademoiselle, und dieses Bewußtsein gibt mir die Kraft,
+Ihre Gemeinheit zu verachten. (Geht pathetisch ab.)
+
+Lischen (allein).
+Und ich werde mich in des gnädgen Herrn Zimmer verfügen und mich
+in den zerbrochenen Spiegel schauen, ob ich meine ganze Schönheit
+noch besitze. Dann werde ich die zerrissenen Liebesbriefe
+zusammenkehren und diese mit Füßen getretenen Empfindungen ganz
+langsam in den Kamin hineinschaufeln. So sind die Männer, ihre
+Liebesschwüre sind lauter Wechsel an die Ewigkeit, in diesem
+Leben zahlt sie keiner aus. Wenn ich wieder auf die Welt komme,
+so werd ich ein Mann und will gar keine von meinen jetzigen
+Eigenschaften behalten als die Eroberungskunst.
+
+Ariette
+Ach, wenn ich nur kein Mädchen wär,
+Das ist doch recht fatal,
+So ging' ich gleich zum Militär
+Und würde General.
+Oh, ich wär gar ein tapfrer Mann,
+Bedeckte mich mit Ruhm!
+Doch ging' die Kanonade an,
+So machte ich rechtsum.
+Nur wo ich schöne Augen säh,
+Da schöß ich gleich drauf hin.
+Dann trieb' ich vorwärts die Armee
+Mit wahrem Heldensinn.
+Da flögen Blicke hin und her,
+So feurig wie Granaten.
+Ich sprengte vor der Fronte her,
+Ermutigt die Soldaten.
+
+Ihr Krieger, schrie' ich, gebt nicht nach!
+Zum Sieg sind wir geboren,
+Wird nur der linke Flügel schwach,
+(aufs Herz zeigend)
+So ist der Feind verloren.
+So würde durch Beharrlichkeit
+Am End der Preis errungen
+Und Hymens Fahn in kurzer Zeit
+Von Amors Hand geschwungen.
+
+Dann zög ich ein mit Sang und Spiel,
+Die Mannschaft parodierte.
+Wär auch der Lorbeer nicht mein Ziel,
+So schmückte mich die Myrte.
+So nützte ich der Kriegskunst Gab,
+Eroberte--ein Täubchen.
+Dann dankt ich die Armee schnell ab
+Und blieb' bei meinem Weibchen. (Ab.)
+
+
+
+Zwanzigster Auftritt
+
+Verwandlung
+Tiefer Wald. Rechts vorne die Köhlerhütte. Eine Tür, neben
+dieser ein Fenster, auf dem Dache ein praktikables Bodenfenster.
+Dieser Hütte gegenüber ein großer Eichbaum. Hinter diesem ein
+Gebüsch. Im Hintergrunde ein kleiner Wasserfall. Es ist spät am
+Abend.
+
+Rappelkopf mit einem Wasserkrug aus der Hütte. Er hat eine
+berußte Schlafmütze des Köhlers und einen runden Bauernhut auf
+dem Kopfe und eine Jacke von ihm an.
+
+
+Rappelkopf.
+So!--Der Timon ist fertig, nun fehlt nur noch sein Kompagnon,
+der Esel--und wenn ich der auch jetzt nicht bin, so war ichs
+doch--ich war zu gut, das ist mein größter Fehler. Die Leute
+wollen es nicht. Es gibt manche Menschen, wenn ihnen einer
+begegnet, der ihnen noch so viele Wohltaten erwiesen hat, so
+sagen s' höchstens zu einander: Oh, das ist ein guter Kerl, der
+tut kein Menschen was, der ist froh, wenn man ihm nichts tut.
+(Gleichgültig grüßend.) Servus! Servus! Lassen wir ihn leben.
+Wenn aber einer kommt, von dem sie glauben, daß er ihnen schaden
+könnt, da stoßen s' einander: Oh! das ist ein böser Kerl, vor
+dem muß man sich in acht nehmen. (Freundliches tiefes Kompliment.)
+Tänigster Diener! Tänigster Diener! hab ich die Ehr, mein
+Kompliment zu machen. Wann der anfangt, der kanns. Gleich
+wieder: Tänigster Diener! Oh, es wird mich noch zum Wahnsinn
+bringen. In meinem Haus bin ich nicht sicher mehr, mein Weib
+will mich ermorden lassen. Habt ihrs gehört, ihr verfolgten
+Stämme dieses edlen Waldes, die der Mensch gar zu zweifachem
+Tod bestimmt, weil euch die Axt erst fällt und man euch dann
+noch hinterdrein verbrennt? Habt ihrs gehört? Mein Weib will
+mich ermorden lassen! Ist denn der Wald so echolos, daß ich
+der einzge bin, der diese Schandtat ausposaunt?
+
+(Geräusch in den Blättern.)
+
+Ha! wer rührt sich da? ist es ein Mensch, so soll er hervorkommen,
+damit ich meinen ganzen Vorrat von Impertinenzen in sein Antlitz
+werfen kann. Heraus da, wer ist hier? Qui vive?
+
+Ein Stier (streckt aus dem Gebüsche, hinter dem er gefressen,
+seinen Hals gegen Rappelkopf und brüllt sehr stark.)
+Ohn! (Man sieht ihn jedoch nur bis an die Brust, der Unterleib
+ist durch das Gebüsch verdeckt.)
+
+Rappelkopf (verblüfft).
+Diese Antwort hab ich nicht erwartet. (Reißt einen Baumast ab
+und jagt den Stier fort.) Gehst hinaus! Eine solche Gesellschaft
+möcht ich mir noch ausbitten.
+
+
+
+Einundzwanzigster Auftritt
+
+Voriger. Astragalus tritt hervor.
+
+
+Astragalus.
+Du verdienst keine bessere. Warum verfolgst du diesen Sohn
+meiner Herde?
+
+Rappelkopf.
+Gib der Herr auf seine Kinder besser acht. Hier ist mein
+Territorium, und da leid ich weder etwas Vierfüßiges noch
+etwas Zweifüßiges. Also weiter, Vater und Sohn!
+
+Astragalus.
+Du irrest, wenn du wähnst, daß du auf eignem Boden herrschest.
+Mein ist das Tal, in dem die Alpe wurzelt. Drum frag ich dich,
+wie du es wagst, schamlose Flüche auszuhauchen hier, daß sie
+wie giftger Reif an diesen Blättern hangen, und eine Welt zu
+schmähn, in der du Wurm, aus Schlamm gezeugt, in eines Waldes
+dunklem Busen dich verkriechst, weil du den Strahl des heitren
+Lebens fürchtest?
+
+Rappelkopf.
+Was kümmerts dich? (Beiseite.) Der Kerl sieht aus, als wenn er
+von Gußeisen wär. Dem geh ich gar keine Antwort, den laß ich
+stehen. (Will in die Hütte.)
+
+Astragalus (zielt auf ihn).
+Halt an! Gib Leben oder Worte!
+
+Rappelkopf.
+Was ist das für eine Art, auf einen Menschen zu schießen?
+
+Astragalus.
+Du bist kein Mensch.
+
+Rappelkopf.
+Nicht? Das ist das Neuste, was ich höre.
+
+Astragalus.
+Du hast dich ausgeschlossen aus der Menschen Kreis. Gib Losung,
+ob du es noch bist. Bist du gesellig wie der Mensch? Du bist es
+nicht. Hast du Gefühl? Du fühlst nur Haß. Hast du Vernunft? Ich
+finde keine Spur.
+
+Rappelkopf.
+Impertinent!
+
+Astragalus.
+Drum sprich, zu welcher Gattung ich dich zählen soll, der du des
+Tieres unbarmherzge Roheit mit dem milden Ansehn und der Sprache
+eines Menschen paarst.
+
+Rappelkopf.
+Ah, das ist eine gute Geschichte, der führt einen logischen
+Beweis, daß ich ein Tier bin und noch dazu eins von der neuesten
+Gattung.
+
+Astragalus.
+Was hast du zu erwidern mir?
+
+Rappelkopf (beiseite).
+Ich wollt ihm schon etwas erwidern, wenn er keine Flinten hätte.
+
+Astragalus.
+Antwort gib, ob du in meine Jagdbarkeit gehörst und meiner Kugel
+bist verwandt?
+
+Rappelkopf (beiseite).
+Jetzt muß ich vor dem eine Rechenschaft ablegen, und ich möcht
+ihn lieber massakrieren. (Laut.) Die Flinte weg. Ich bin ein
+Mensch, und das ein besserer, als ich sein hätt sollen.
+
+Astragalus.
+Und warum hassest du die Welt?
+
+Rappelkopf.
+Weil ich hab blinde Mäusl gespielt mit ihr, die Treue hab
+erhaschen wollen und den Betrug erwischt, der mir die Binde
+von den Augen nahm.
+
+Astragalus.
+Dann mußt du auch dem Wald entfliehen, weil er mißgestalte
+Bäume hegt, die Erde meiden, weil sie giftge Kräuter zeugt,
+des Himmels Blau bezweifeln, weil es Wolken oft verhüllen,
+wenn du den Teil willst für das Ganze nehmen.
+
+Rappelkopf.
+Was nützt das Ganze mich, wenn mich ein jeder Teil sekkiert.
+Ich bin in meinem eignen Haus des Lebens nicht mehr sicher.
+
+Astragalus.
+Machs mit dem Mißtraun aus, das dich belogen hat.
+
+Rappelkopf.
+Mich haßt mein Weib, mich flieht mein Kind, mich richten meine
+Dienstleut aus.
+
+Astragalus.
+Weil dein Betragen jeden tief erbittert, weil du den Haß
+verdienst, den man dir zollt.
+
+Rappelkopf.
+Das ist nicht wahr, ich bin ein Mensch, so süß wie Zuckerkandel
+ist. Nur mir wird jede Lust verbittert, und ich trage keine
+Schuld.
+
+Astragalus.
+Die größte, denn du kennst dich selber nicht.
+
+Rappelkopf.
+Das ist nicht wahr. Ich bin der Herr von Rappelkopf.
+
+(Es fängt an, Nacht zu werden.)
+
+Astragalus.
+Das ist auch alles, was du von dir weißt. Doch daß du störrisch,
+wild, mißtrauisch bis zum Ekel bist, vom Starrsinn angetrieben,
+hin bis an der niedern Bosheit Grenze, und wie die üblen
+Eigenschaften alle heißen, die du für Vorzug deines Herzens
+hältst, das ist dir unbekannt, nicht wahr?
+
+(Der Mond geht auf.)
+
+Rappelkopf.
+Mir ist nur eins bekannt, daß du ein Lügner bist, der eine
+Menge Fehler mir andichtet, die ich doch nicht hab.
+
+Astragalus.
+So geh die Wette ein, daß du weit mehr noch hast. Ich führe
+den Beweis, wenn du dich meiner Macht vertraust und mir gelobst,
+daß du dich ändern willst.
+
+Rappelkopf.
+Das hätt ich lang getan, wenn ich das gefunden hätte. Ich
+vertrau mich keinem Menschen an, Betrug ist das Panier der
+Welt.
+
+Astragalus.
+Glaubst du, die Welt sei darum nur erschaffen, damit du deinen
+Geifer auf ihr Wappen speien kannst? Die Menschheit hinge nur
+von deinen Launen ab? Dir dürften andre nur, du andern nicht
+genügen? Bist du denn wahnsinnig, du übermütger Wurm?
+
+Rappelkopf.
+Sapperment, nicht lang per Wurm, das Ding fangt mich zu wurmen
+an. Ich gib nicht nach, du bankrottierter Philosoph! Ich bin zu
+gut, und du zu schlecht, als daß ich länger mit dir red. Drum
+fort mit dir, der Mond geht auf, und du gehst ab, und künftighin
+werd ich in meiner Hütten mich verschanzen und
+herunterstukatieren, wenn sich eins sehen läßt.
+
+Astragalus.
+So willst du nicht die Hand zur Beßrung bieten?
+
+Rappelkopf.
+Ich biete nichts, und wenn mir's Wasser bis an Hals auch geht.
+
+Astragalus.
+Wohlan! So laß uns den Versuch beginnen.
+Weil nicht Vernunft kann dein Gemüt gewinnen,
+Soll Geistermacht zu deinem Glück dich zwingen,
+Und mit dem Alpenkönig wirst du ringen.
+Vermeid dies Haus! Sonst tritt auf allen Wegen
+Vergangenheit dir leichenblaß entgegen.
+Und willst du Elemente Brüder nennen,
+Lern ihre Wut und ihre Schrecken kennen.
+Der Blitz soll deines Hauses Dach umarmen,
+Dann kann dein Herz an Freundesbrust erwarmen.
+Weil du die Luft willst statt der Gattin küssen,
+Soll dich des Sturmes Angstgeheul begrüßen.
+Der Boden soll dich Halbmensch nimmer tragen,
+Dann magst du über Erdenundank klagen.
+Und daß du mit den Wellen dich kannst streiten,
+Will ich die Flut dir bis zur Kehle leiten.
+So soll dich Feuer, Wasser, Luft und Erd betrügen.
+Dann wähl, ob du dich willst in meinen Vorschlag fügen.
+Und wirst du liebend nicht dein Herz zur Menschheit wenden,
+So sollst du wildes Tier in Waldesnacht hier enden!
+(Rasch ab.)
+
+Rappelkopf (allein).
+Das ist ein schrecklicher Kerl. Und ich tu doch, was ich will.
+Just! Du sollst mich nicht um meinen Schlaf heut bringen. Gute
+Nacht, Freund Wald, ihr Eicheln, lebet wohl, zum Frühstück
+finden wir uns wieder.
+
+(Will gegen das Haus. Beim Öffnen der Tür sitzt Victorinens
+Geist auf einem Stuhl. Sie ist in blaue Schleier gehüllt und
+sieht gespensterartig aus. Ihr Gesicht ist bleich und die ganze
+Gestalt von einem grünen Schirm beleuchtet. Sie spricht mit
+halblauter Stimme.)
+
+Victorinens Geist.
+Wo bleibst du denn so lang, du liederlicher Mann?
+Und kommst so spät erst in der Nacht nach Haus.
+Gehst gleich herein, mir wird schon angst allein,
+Sonst rauf ich alle Haar dir aus.
+
+Rappelkopf.
+Himmel! das ist mein erstes Weib, die erkenn ich, weil sie die
+Herrschaft noch im Grab behauptet. Da bringt mich niemand bei
+der Tür hinein. Die hat den Satan in den Leib. Wenn nur das
+Fenster offen wär! (Es donnert.) Jetzt fangts zum donnern an.
+(Am Fenster zeigt sich, ebenso wie Victorinens, Wallburgas
+Geist und sieht heraus.) Wer schaut denn da heraus?
+
+Wallburgas Geist (mit hohler Stimme).
+Ich bins, du falscher Mann, du Ungetreuer du!
+Warum hast du nach mir jetzt schon das zweite Weib?
+Und ich hab dich so lieb, hab selbst im Grab kein Ruh,
+Ich schau kein andern an, kann ohne dich nicht leben.
+Drum komm herein, ich muß dir Küsse geben.
+
+Rappelkopf (erschrickt).
+Entsetzlich! Schaudervolle Nacht, zeigst du mir auch die zweite
+noch, die sich durch Eifersucht verrät? Sie modert schon und
+will nicht leben ohne mich. Welch schreckenvolle Lag! Es rieselt
+kalt durch mein Gebein. (Es blitzt.) Der Donner brüllt, die
+Blitze leuchten fürchterlich. Könnt ich doch nur durchs Dach
+ins Haus! Mut! ich versuchs. (Er steigt hinauf. Währenddessen
+erscheint Emerentias Geist, auf dem Dach sitzend. Rappelkopf
+erschrickt.) Weh! Hier die dritte noch, dem Kirchhof ungetreu
+wie mir! (Will fort.)
+
+Emerentias Geist.
+Wo willst du hin? Du darfst nicht fort.
+Du mußt den Mond mit mir betrachten.
+(Der Mond verwandelt sich in ein weißumschleiertes Geisterhaupt,
+das aus den Wolken sieht.)
+Sieh hin, das bleiche Antlitz dort,
+Es ist das Bild von deiner jetzgen Frau.
+Sie weint! Schau hin! Schau! Schau!
+
+Rappelkopf.
+Jetzt grinst mich auch die vierte an. O teuflisches Quartett!
+Mich würgt die Angst! Ha! laß mich fort! Mich wandelt Ohnmacht
+an. Rachsüchtge Hölle, warum hast du das getan? Ich bleib nicht
+da. Ich muß hinab. (Springt über das Dach.) O Himmel, sei gedankt!
+daß deine Erd mich wieder trägt. Doch, was beginn ich nun? (Der
+Sturm heult.) Der Sturm heult immer schrecklicher. Es gießt, und
+doch verschwinden nicht die gräßlichen Gestalten. (Regen strömt
+herab.) Nun platzt ein Wolkenbruch! ich rette mich auf diesen
+Baum, sonst reißt die Flut mich fort. (Er steigt auf den Baum.
+Die Weiber verschwinden, es schlagt in die Hütte ein, sie steht
+in hellen Flammen.) Wenn das so fortgeht, bricht die Welt in
+Trümmer. (Die Hütte brennt fort. Heftiger Regen, Sturmgeheul
+und Donner. Die Wasserflut schwillt immer höher, bis sie
+Rappelkopf, der sich auf den Gipfel des Baumes rettet, bis an
+den Mund steigt, so daß nur die Hälfte seines Hauptes mehr zu
+sehen ist.) Zu Hülfe, zu Hülfe! ich ersauf!
+
+Astragalus(fährt schnell in einem goldnen Nachen bis zu seinem
+Haupt und spricht).
+Was bist du nun zu tun gesonnen?
+
+Rappelkopf (voll Angst).
+Ich will mich bessern, ich sehs ein, weil mir das Wasser schon
+ins Maul 'nein lauft.
+
+Astragalus.
+So führ ich dich nach meinem Schloß.
+
+
+Schnelle Verwandlung
+Der Nachen verwandelt sich in zwei Steinböcke mit goldenen
+Hörnern. Der Baum, auf dem Rappelkopf steht, in einen schönen
+Wolkenwagen, in dem sich der Alpenkönig und Rappelkopf befinden.
+Das Wasser verschwindet. Das ganze Theater verwandelt sich in
+eine pittoreske Felsengegend, die Teufelsbrücke in der Schweiz
+vorstellend, auf welcher Kinder, als graue Alpenschützen
+angekleidet, Böller losfeuern, während der Wolkenwagen über
+die Bühne fährt. Zugleich von innen:
+
+Chor.
+Geendet ist die Geisterschlacht,
+Die Sonne strahlt durch finstre Nacht.
+Der Alpenkönig hat gesiegt,
+Seht, wie er hin zum Ziele fliegt.
+
+
+
+
+
+Zweiter Aufzug
+
+
+
+Erster Auftritt
+
+Thronsaal im Eispalaste des Astragalus, mit hohen Säulen
+geziert, die silberartig erglänzen. Im Vordergrunde ein hoher
+Thron von pittoreskem Ansehen, als wäre er aus unregelmäßigem
+Eis geformt.
+
+Auf ihm Astragalus als Alpenkönig. Eine lange lichtblaue
+weißgestickte Tunika, weiten griechischen Mantel. Weißen Bart,
+auf dem Haupte eine smaragdene Krone. Vor ihm knien im Kreise
+ideal gekleidete Alpengeister. Weiße kurze Tunika, mit grünen
+Folioblättern garniert.
+
+
+Chor.
+Hehr zu schauen auf dem Throne
+Bist du, Fürst der Alpenflur,
+Denn dich schmückt der Tugend Krone,
+Du vertilgst des Lasters Spur.
+
+Astragalus (steht auf und spricht).
+Auf des Thrones eisgen Stufen
+Horcht ich gern noch eurem Chor.
+Doch laßt uns den Fremdling rufen,
+Denn die Zeit tritt mahnend vor.
+
+Alpanor.
+Lange steht er schon bereitet
+In der Halle vor dem Saal.
+Auch ist er schon angekleidet,
+Wie dein Wink es uns befahl.
+
+Astragalus.
+Höhnt ihn aus, wenn er erscheint.
+
+
+(Rappelkopf in einem drapfarben Reiseüberrock, gleichen
+Gamaschen mit silbernen Knöpfen, schwarzem Haar, etwas hoher
+Stirne, wird hereingebracht.)
+
+Ein Alpengeist.
+Fürst, hier ist der Menschenfeind.
+
+
+(Alle lachen.)
+
+Rappelkopf.
+Nun? Was ist da Spaßigs dran?
+
+Alpanor.
+Weißt du wohl, warum sie lachen?
+Unter einem Menschenfeind
+Dachten sie sich einen Drachen,
+Der als grimmer Ries erscheint.
+Und nun sehn sie einen Zwergen,
+Wer soll 's Lachen da verbergen?
+Von dem Unsinn mußt du lassen,
+Freund, das ist ja ganz verkehrt.
+Du willst alle andern hassen?
+Und bist selber nicht viel wert.
+
+Rappelkopf.
+Versteht sich. Du wirst mir sagen, was ich zu tun hab.
+(Für sich.) Verdammtes Hexenvolk!
+
+Astragalus.
+Du bist die Wette mit mir eingegangen, du wollest dein Gemüt
+in edleres verkehren, wenn du die Fehler deines jetzigen
+erkennst.
+
+Rappelkopf.
+Das hab ich gsagt im Angesichte von vier Zeugen: Feuer, Wasser,
+Luft und Erde. Nun gib mir Überzeugung, oder laß mir Ruh in
+meinem Wald.
+
+Astragalus.
+So hör mich an. Damit du kannst in solchem Seelenspiegel
+schauen, so will ich deinen Geist aus deinem Leib entführn
+und ihn in eines neuerschaffnen Körpers Haus verbannen.
+
+Rappelkopf.
+Das will sagen, mein Geist wird von einer Bouteille in die
+andere hinübergefüllt, das ist schon nichts, da kann schon
+eine Spitzbüberei geschehen, bei dieser Füllung muß ich dabei
+sein. Da kann er ausrauchen, oder verwechselt werden. Ich traue
+niemand mehr.
+
+Astragalus.
+Er wird es nicht. Ich schwör es bei des Chimborassos
+eisgekröntem Haupte. Du wirst dein Denken, Wollen, Handeln,
+Fühlen genau in eines andern Bild erblicken.
+
+Rappelkopf.
+Und was gschieht dann mit mir, geh ich so ohne Seel herum,
+oder bekomm ich wo eine andere zu leihen?
+
+Astragalus.
+Du wirst als Bruder deiner Frau erscheinen.
+
+Rappelkopf.
+Diese Verwandtschaft hätt ich mir nie träumen lassen.
+
+Astragalus.
+Doch ganz die Kraft der eigenen Gesinnungen behalten.
+
+Rappelkopf.
+Das heißt, ich werde aussehn wie mein Schwager und denken,
+was ich will.
+
+Astragalus.
+So ists. Dadurch kannst du dich überzeugen, wie gegen dich
+dein Weib, dein Kind und der von dir gehaßte Maler denken.
+Doch daß du auch an deinem Ebenbild den höchsten Anteil nimmst
+und dich in ihm genau ergründest und betrachtest, so hängt
+dein künftig Schicksal ganz von dem freien Handeln dieses
+Doppelgängers ab. Und was zu deinem Nutzen oder Nachteil wird
+durch ihn in deinem Haus geschehn, das wird, wenn er
+verschwindet, unveränderlich dir bleiben.
+
+Rappelkopf.
+Also wenn er mir mein Haus verkauft, kann ich nachher auf
+der Straße wohnen? Ah, das ist eine schöne Einquartierung.
+
+Astragalus.
+Auch ist dein Leben selbst an seines festgebunden, und wenn
+er es verliert, solang er statt dir lebt, stirbst du mit ihm
+und wirst durch ihn erkranken auch, wenn es der Zufall fügt,
+daß ihm ein bös Geschick Gesundheit raubt.
+
+Rappelkopf.
+Zwei Menschen und nur ein Leben! Jetzt fangt sogar die Natur
+zum ökonomisiern an. Da hats der Tod kommod, der nimmt s'
+gleich Paar und Paar. Nun gut, so laß denn sehen, was deine
+Taschenspielerei vermag. Der Prozeß ist eingeleitet. Ein
+unendlich verwickelter Fall, der wird in hundert Jahren nicht
+aus. Also was gschieht denn jetzt? Hab ich noch meinen Geist,
+oder hat ihn schon ein anderer? Bin ich schon mein Schwager,
+oder bin ich noch der Schwager meines Schwagers?
+
+Astragalus.
+Es wird dich jeder für den Bruder deines Weibs erkennen. Darum
+hab ich in deinem Äußern dich gestaltet so wie ihn. Ihr
+Alpengeister, führt ihn fort und bringt ihn an des Berges
+Fuß. Dort werdet ihr ein leichtberädert Fahrwerk finden,
+zwei rüstge Maultier vorgespannt, mit Staub bedeckt, als
+kämen sie von weiter Reise aus dem Land der welschen Glut.
+Sie bringen schnell ihn vor sein Schloß, dort werde seinem
+Übermut Beschämung, Überzeugung, Strafe.
+
+Rappelkopf.
+Nun gut, so will ich dies Asyl der Falschheit noch einmal
+betreten. Ich geh und übergeb dir meinen Geist, von dem ich
+weiß, daß er so wenig Fehler hat, als die Donau Linienschiffe
+trägt, als Eicheln auf dem Kirschbaum wachsen und blondes Haar
+in deinem grauen Bart. (Ab mit den Alpengeistern, nur Alpanor
+bleibt zurück.)
+
+Astragalus.
+Sein Starrsinn ists, der mich zu festen Hoffnungen berechtigt,
+denn hat er sich erkannt, wird ihn mit gleicher Heftigkeit der
+Trieb zur Besserung erfassen, als seine kräftge Phantasie den
+Wahn des Hasses jetzt umklammert hält. Alpanor! Hast du den
+Bruder seines Weibs zurückgehalten, daß er nicht heute morgens
+schon von seiner Reise in des Menschenfeindes Schloß eintrifft?
+
+Alpanor.
+Es geschieht in diesem Augenblick. Der Alpengeist Linarius
+leitet seiner Pferde Zügel und setzt ihn aus in einer wüsten
+Felsengegend, so lang, bis, großer Alpenkönig, du die Ankunft
+ihm erlaubst.
+
+Astragalus.
+Und ich will scheinbar mich in ihn verwandeln
+(er verwandelt sich in Rappelkopfs Gestalt in seiner ersten
+Kleidung)
+Und so durch Trug zu seinem Besten handeln.
+Wie auf des Schlosses Dache die metallne Spitze
+Das Haus bewahret vor der Wut der Blitze,
+Will ich den Haß, den er sich gen die Welt erlaubt,
+Herniederleiten auf sein eignes Haupt.
+Dort mag die Donnerwolke sich entleeren
+Und Glut durch Glut hellflammend sich verzehren,
+Bis aus der Asche wird zum neuen Leben
+Die Liebe gleich dem Phönix sich erheben.
+
+
+(Beide ab.)
+
+
+
+Zweiter Auftritt
+
+Verwandlung
+Wilde Felsengegend. Im Hintergrunde ein hoher praktikabler
+Fels, welcher von der rechten Kulisse aber zwei Dritteil der
+Bühne bis ohngefähr zwei Schuh weit von der linken sich
+erstreckt und in einem steilen Abhang endigt. Auf ihm ist
+eine gedeckte Reisekalesche mit zwei Schimmeln sichtbar. Die
+Pferde stehen schon ganz an dem Abhange des Felsens.
+
+Auf dem Sattelpferde sitzt der Alpengeist Linarius, als
+Postillion gekleidet. Im Wagen Herr von Silberkern, so
+gekleidet wie Herr von Rappelkopf zu Anfange des zweiten
+Aktes. Er droht mit einem Stock dem Postillion und schreit
+heftig.
+
+
+Silberkern.
+Halt! Halt! Was treibt Er denn, Er verwünschter Kerl, ich
+bin ja des Todes, wo führt Er mich denn hin?
+
+Linarius.
+Geduld, mein Herr, wir werden gleich am Ziele sein.
+
+Silberkern.
+Das ist ja keine Möglichkeit, der Kerl ist besoffen wie eine
+Kanone, er muß glauben, da unten ist ein Weinkeller. Ich
+massakrier Ihn, Er verflixter Lumpenhund. Was treibt Er denn
+mit Seinen gottverdammten Schimmeln?
+
+Linarius.
+Ich habe meine Pferde ausgespannt.
+
+Silberkern.
+Untersteh Er sich, Er infamer Mensch! wir stürzen ja hinab.
+
+Linarius.
+Wer wird denn da viel Sprünge machen? das Trinkgeld ist mir
+ein für allemal zu schlecht. Adieu, mein Herr!
+
+Silberkern.
+Wo will Er denn hin?
+
+Linarius.
+Ich reite durch die Luft--
+
+
+(Die Pferde bekommen Flügel. Linarius erhebt sich mit ihnen bis
+in die halbe Höhe des Theaters. Der Wagen bleibt stehen,
+zugleich fällt der hintere Teil des Felsens herab, und nur
+das Stück, worauf die Kutsche ist, bleibt stehen.)
+
+Du bleibst zurück auf diesem Fels und genießest hier die Luft.
+Zur rechten Zeit spann ich die Pferde wieder vor. Dann bitt
+ich mir ein tüchtig Trinkgeld aus. Bis dahin lebe wohl und
+unterhalt dich gut. Juhe! Zum Alpenkönig heißt das Posthaus
+hier. Ihr Schimmel, hi! stoßt euch an keinen Stein! Lebt wohl,
+Herr Passagier, und bleibt mir fein gesund! (Fliegt fort und
+blast das Posthorn dabei.)
+
+Silberkern.
+Verdammter Hexenspuk! Der Kerl fliegt herum wie eine Fledermaus.
+Flieg zum Geier, falscher Rabe! Ich brauche deine Pferde nicht.
+(Er will heraussteigen.) I potz Hagel, was ist das? Ich kann
+ja nicht heraus. Der Wagen hängt ja in der Luft. Das ist ja
+aufs Verhungern abgesehen. Verflixter Kerl, komm zurück! Es
+rührt sich nichts, ich sehe keinen Menschen, nicht einmal
+Ochsen weiden hier. Ich bin der einzge in der ganzen Gegend.
+(Schreit.) Hört mich denn niemand?
+
+Echo.
+Niemand--(Entfernter.) Niemand--Niemand--Nieman--
+
+Silberkern (stampft mit dem Fuße).
+Ich ersticke noch vor Zorn--
+
+
+(Der Fels, auf dem der Wagen steht, öffnet sich wie eine
+Höhle und in ihr sind eine Menge kleine Alpengeister
+aufeinanderkauernd gruppiert, welche mit schadenfroher Miene
+aus vollem Halse lachen. Auch aus den Gebüschen, welche um
+den Fels angebracht sind, sehen einige schelmisch hervor.)
+
+Alpengeister.
+Hahahahaha!
+
+Silberkern (schnell, räsonierend, mit dem Stock herumfechtend).
+O du Geistergesindel, du unsichtbares Lumpengepack, komm herauf
+zu mir, ich schlag dich tot. Das ist eine verflixte Geschichte.
+
+(Neues Lachen und schnelles Vorfallen der Kurtine, welche ein
+Zimmer in Rappelkopfs Hause vorstellt.)
+
+
+
+Dritter Auftritt
+
+Mehrere Dienstleute stürzen auf die Bühne. Sophie von der Seite.
+
+
+Sopie.
+Wo, wo ist mein Bruder?
+
+Dienstleute.
+Er kömmt soeben die Treppe herauf. Hier ist er schon.
+
+Sopie.
+Holt Herrn von Dorn und meine Tochter. Das Gepäcke in das
+grüne Zimmer.
+
+
+
+Vierter Auftritt
+
+Vorige. Rappelkopf stürzt herein.
+
+
+Sopie (fällt ihm um den Hals).
+O mein Bruder, mein geliebter Bruder! (Bleibt an seiner Brust.)
+
+Rappelkopf (für sich).
+Entsetzlich! Diese Natter liegt an meiner Brust. Sie kennt
+mich wirklich nicht. Nimm dich zusammen, Rappelkopf!
+(Freundlich.) Endlich seh ich dich wieder, liebe Schwester.
+(Beiseite.) Ich kann s' nicht anschaun. (Wieder freundlich.)
+Wie gehts dir denn, du liebe Schwester du?
+
+Sopie.
+Ach Bruder, mir geht es sehr übel.
+
+Rappelkopf (beiseite).
+So? Da gschieht dir recht.
+
+Sopie.
+Was sagst du, lieber Bruder?
+
+Rappelkopf.
+Daß ich dich recht bedaure, und zwar auf eine ganz besondere
+Art. Denn ich weiß alles, liebe Schwester, dein Mann ist ein
+schändlicher Mensch.
+
+Sopie.
+Das ist er nicht, lieber Bruder, aber ein unglücklicher Mensch.
+
+Rappelkopf (beiseite).
+Viper!
+
+Sopie.
+Wenn du wüßtest, wie sehr ich mich nach dir gesehnt habe, um
+mein Herz vor dir auszuschütten!
+
+Rappelkopf.
+So schütt es aus, liebe Schwester! (Beiseite.) Da erfahr ich
+etwas. Schütts aus!
+
+Sopie.
+Aber du wirst ermüdet sein von der Reise?
+
+Rappelkopf.
+Nur meine Füß sind müde, meine Ohren nicht.
+
+Sopie.
+So setz dich, lieber Bruder. (Sie setzt Stühle.)
+
+Rappelkopf.
+Ich dank dir, liebe Schwester. (Setzt sich.) Fatale Situation!
+
+Sopie.
+Meine Tochter und ihr künftiger Bräutigam werden sogleich
+erscheinen.
+
+Rappelkopf (fährt wild auf).
+So? (Faßt sich und sagt plötzlich mit freundlichem Lächeln.)
+Wird mir eine unendliche Ehr sein.
+
+Sopie.
+Du bist so sonderbar, lieber Bruder. Was ist dir denn?
+
+Rappelkopf.
+Verschiedenes. Die Reise, dein Anblick, es ist alles so
+ergreifend für mich.
+
+Sopie.
+Ich danke dir. Du bist ein Bruder, wie man keinen mehr finden
+wird.
+
+Rappelkopf (beiseite).
+Der Meinung bin ich selbst.
+
+Sopie.
+Fünf Jahre bist du abwesend. Die Ursache meines Unglücks wird
+dir schon aus meinen Briefen bekannt sein.
+
+Rappelkopf.
+Ich weiß, du hassest deinen Mann.
+
+Sopie.
+Was fällt dir ein! Wo gäb es eine Frau, die ihrem Manne mehr
+zugetan wäre, als ich dem meinigen!
+
+Rappelkopf.
+Wirklich? (Beiseite.) Was man für Neuigkeiten erfährt!
+
+Sopie.
+Wenn du nur die Geduld hättest sehen können, mit welcher ich
+seine Launen ertrug, die Sanftmut, mit der ich ihn behandelte.
+
+Rappelkopf.
+Ja, das hätt ich sehen mögen. (Beiseite.) Es ist zum Durchgehn,
+wie sie lügt, ich bin schon völlig blau auf dieser Seite.
+
+Sopie.
+Und alles dies hat seinen ungerechten Menschenhaß nur noch
+vermehrt.
+
+Rappelkopf.
+Aber warum haßt er denn die Menschen, er muß doch eine Ursache
+haben?
+
+Sopie.
+Weil er ein Narr ist, der sie verkennt.
+
+Rappelkopf (beiseite).
+Ich bedank mich aufs allerschönste.
+
+Sopie.
+Und doch lieb ich ihn so zärtlich--
+
+Rappelkopf.
+Diesen Narren? o närrische Lieb! (Beiseite.) Es ist zum
+Teufelholen!
+
+Sopie.
+Und muß die Angst ausstehen, ihn seit gestern zu vermissen.
+
+Rappelkopf.
+Ja wo ist er denn?
+
+Sopie.
+In einem Anfall von Wahnsinn zerschlug er alle Möbel, glaubte,
+der Bediente wolle ihn ermorden, und rannte wütend aus dem Hause.
+
+Rappelkopf.
+Nun er wird schon wieder zurückkommen.
+
+Sopie.
+Nein, das wird er nicht. Was er beschließt, vollführt er auch.
+
+Rappelkopf (beiseite).
+Sie kennt mich doch. (Laut.) Aber wie ist er denn auf den
+Gedanken gekommen, daß man ihn ermorden will?
+
+Sopie.
+Auf die unsinnigste Weise von der Welt. Ich befahl meinem
+einfältigen Bedienten, er sollte nach dem Garten gehen und
+Zichorien ausstechen, und das Messer in seiner Hand läßt
+meinen unglückselgen Mann glauben, er wolle ihn ermorden.
+
+Rappelkopf.
+Zichorien hat er ausstechen wollen?
+
+Sopie.
+Ei freilich.
+
+Rappelkopf (beiseite).
+Das ist nicht möglich, oder ich wär der einfältigste Mensch,
+den die Sonne noch beschienen hat. (In Nachdenken versunken.)
+Zichorien hat er ausstechen wollen?
+
+Sopie.
+Warum ergreift dich das so?
+
+Rappelkopf (gleichgültig).
+Weil mir der Kaffee einfällt, den ich im letzten Wirtshaus
+getrunken hab. Der war auch mit Zichorien vergiftet.
+
+Sopie.
+Was soll ich nun beginnen, lieber Bruder?
+
+Rappelkopf.
+Laß den Narren laufen!
+
+Sopie.
+Das kann dein Ernst nicht sein. Er ist mein Mann, und ich
+werd ihn nie verlassen.
+
+Rappelkopf (schnell).
+Ist das wahr?
+
+Sopie.
+Gewiß.
+
+Rappelkopf (unwillkürlich erfreut, beiseite).
+Sie ist doch nicht gar so schlecht. (Wieder verändert.)
+Aber schlecht ist sie doch.
+
+Sopie.
+Ach Bruder! (Sinkt an seine Brust.) Wenn mein Mann imstande
+wäre, sich ein Leid anzutun! (Weinend.) Ich hätte mir nichts
+vorzuwerfen, aber ich könnte diesen Vorfall nicht überleben.
+
+Rappelkopf.
+Das Weib martert mich, ich schwitz schon im ganzen Leib. Und
+sie weint wirklich, mein ganzes Schapodl ist naß. Aber ich
+glaub ihr nicht, die Weiber können alles. (Laut.) Beruhige
+dich nur, liebe Schwester, es kommt jemand.
+
+
+
+Fünfter Auftritt
+
+Vorige. August. Malchen.
+
+
+Malchen.
+Ist es wahr, ist der Onkel angekommen? (Sieht ihn.) Ach
+liebster, bester Onkel! mit welcher Sehnsucht haben wir
+Sie erwartet.
+
+Rappelkopf.
+Die ist so falsch wie ihre Mutter.
+
+Malchen.
+August, komm doch her.
+
+Rappelkopf (erschrickt).
+Wer?
+
+August (hervortretend).
+Bester Herr von Silberkern--(will auf ihn zu.)
+
+Rappelkopf (fährt zurück).
+Himmel, wer bringt dies Bild vor meine Augen?
+
+Sopie.
+Was ist dir, lieber Bruder?
+
+Malchen.
+Aber Onkel!
+
+Rappelkopf (beiseite).
+Ich muß mich fassen, damit ich allen auf den Grund komme.
+(Laut, mit Zwang.) Verzeihen Sie mir, mein Herr, sein Sie
+mir willkommen.
+
+August.
+Erlauben Sie, Herr von Silberkern--(Tritt näher.)
+
+Rappelkopf (fährt wieder auf).
+Nein, es ist nicht möglich--Drei Schritt vom Leib! (Beiseite.)
+Vergiften könnt ich den Verführer!
+
+August.
+Was soll ich davon denken?
+
+Malchen.
+Onkel!
+
+Sopie (gleichzeitig).
+Bruder!
+
+Rappelkopf (faßt sich wieder).
+Verzeihen Sie, aber Sie haben eine Ähnlichkeit, eine
+Ähnlichkeit--
+
+August.
+Mit wem?
+
+Rappelkopf.
+Mit--mit einem Menschen
+
+August.
+Mit was für einem?
+
+Rappelkopf.
+Der mich bestohlen hat.
+
+Sopie.
+Aber Bruder!
+
+August (lacht).
+Herr von Silberkern--
+
+Malchen.
+Ach Onkel, er hat nichts gestohlen als mein Herz.
+
+Rappelkopf (auffahrend).
+Das ist es eben--(faßt sich) was mich nichts angeht.
+(Sehr freundlich.) Sind Sie nur nicht so kindisch, ich hab
+nur einen Spaß gemacht. (Für sich.) Verstellung, steh mir
+bei! (Laut.) Endlich sind wir alle recht froh beieinander,
+meine lieben Kinder. (Lacht boshaft.) Das ist ein freudiger
+Tag heute. (Für sich.) Ich möcht zur Decke hinauffahren.
+
+Sopie.
+Wir wollen dich jetzt allein lassen, lieber Bruder. Damit du
+eine Stunde ausruhen kannst. Du bist zu angegriffen. In
+diesem Zimmer findest du ein Ruhebett, unterdessen werden
+wir die Nachforschungen nach meinem armen Mann verdoppeln,
+denn es gibt keinen ruhigen Augenblick für mich, solange ich
+in Ungewißheit über sein Schicksal leben muß. (Geht ab.)
+
+Rappelkopf.
+Da werd ein anderer klug, ich nicht.
+
+August.
+Herr von Silberkern, ich weiß, daß Sie alles über Herrn von
+Rappelkopf vermögen.
+
+Rappelkopf.
+Da haben Sie recht, wenn ich nichts über ihn vermag, dann
+richtet niemand etwas mit ihm aus.
+
+August.
+Oh, dann werden Sie mir Ihren Beistand nicht versagen.
+
+Rappelkopf.
+Ihnen? hahaha! Nun, das will ich hoffen.
+
+August.
+Wenn meines Malchens Vater sein Haus wieder betritt und es
+Ihnen gelingt, ihm mildere Gesinnungen gegen die Welt
+einzuflößen, so vergessen Sie auch meiner nicht! Versichern
+Sie ihm, daß es keinen jungen Mann auf Erde gäbe, der mit
+einer so unwandelbaren Treue an seiner liebenswürdigen
+Tochter und mit einer so innigen Dankbarkeit an ihrem edlen,
+aber unglücklichen Vater hinge als der von ihm so ungerecht
+verfolgte August Dorn. (Verbeugt sich und geht ab.)
+
+Rappelkopf.
+Das ist mir unbegreiflich.
+
+Malchen (weinend).
+Lieber Onkel, wenn Sie meinen Vater sprechen, was ich gewiß
+nicht darf, so sagen Sie ihm, daß er seine Amalie unendlich
+gekränkt hat, daß ihn niemand so sehr liebt wie seine Tochter,
+aber daß ihr auch gewiß das Herz brechen wird, wenn sie ihren
+August verlieren müßte. (Weint heftig.)
+
+Rappelkopf (sein Vatergefühl bricht los, er schließt Malchen
+heftig in seine Arme).
+Du bist halt doch mein Kind, wenn ich auch jetzt nicht dein
+Vater bin. (Nimmt sie am Kopf.) Was nützt denn das, das läßt
+sich nicht verleugnen. Ich muß dich küssen, Malchen.
+
+Malchen.
+Ach guter Onkel!
+
+Rappelkopf.
+Sag du mir, ist das wahr, liebst du deinen Vater?
+
+Malchen.
+Unendlich, lieber Onkel!
+
+Rappelkopf.
+Und du lügst nicht?
+
+Malchen.
+Bei Gott nicht.
+
+Rappelkopf (freudig überrascht).
+Das ist schön von dir, das freut mich. (Legt ihren Kopf an
+seine Brust.) Sie hat mich lieb! So hab ich doch eine Seele
+auf der Welt, die mich liebt. Aber jetzt geh hinaus, ich bitt
+dich um alles in der Welt, geh hinaus.
+
+Malchen.
+Sie verstoßen mich doch nicht, lieber Onkel?
+
+Rappelkopf.
+Nein, ich verstoß dich nicht, ich will dich noch einmal
+küssen sogar, aber geh hinaus, sonst muß ich mich vor mir
+selber schämen, geh hinaus.
+
+Malchen.
+So ruhen Sie sanft, bester Onkel. (Ab.)
+
+Rappelkopf (allein).
+O Schande! ich bin ein Menschenfeind und komm da in eine
+Küsserei hinein, die gar kein End nimmt. Das war der einzige
+vergnügte Augenblick, den ich seit fünf Jahren erlebt hab.
+Aber wie ist mir denn? bin ich betrunken? Das ist ja keine
+Möglichkeit. Wenn das alles wahr wäre, was die Leute
+zusammenreden, so wären sie ja völlige Engel. Das ist Betrug,
+da muß etwas dahinterstecken. Das ist ein Einverständnis. Mein
+Weib ist eine Schlange. Zu was braucht sie einen Zichori?
+wenn so viel Kaffee aufgeht. Aber meine Tochter ist brav.
+Über die laß ich jetzt nichts mehr kommen. Auch den jungen
+Menschen trau ich nicht, den haben sies einstudiert. Er wär
+ohnehin bald steckengeblieben. Ha, da kommt der Habakuk, der
+große Bandit. Der soll mir Licht geben.
+
+
+
+Sechster Auftritt
+
+Voriger. Habakuk.
+
+
+Rappelkopf.
+He, Habakuk!
+
+Habakuk.
+Wie? Euer Gnaden wissen, wie ich heiß, und haben mich noch
+nicht gesehen?
+
+Rappelkopf.
+Nu, ich kann Ihn ja wo anders gesehen haben.
+
+Habakuk.
+Ja freilich, ich war zwei Jahr in Paris. Befehlen Euer Gnaden
+etwas?
+
+Rappelkopf.
+Ja! was ich sagen wollte--(Beiseite.) Ich trau dem Kerl nicht.
+(Laut.) Hat Er nicht ein Messer bei sich?
+
+Habakuk.
+Nein, ich werd aber gleich eins holen. (Will ab.)
+
+Rappelkopf (erschrickt).
+Untersteh Er sich, ich brauch keins mehr. Ich hab nur etwas
+abschneiden wollen. (Für sich.) Er wär imstande er holet eins.
+
+Habakuk.
+Ich weiß nicht, ich trag sonst immer ein Messer bei mir--
+
+Rappelkopf (für sich).
+Nun da haben wirs ja, das ist ein routinierter Mörder. (Laut.)
+Lieber Freund, ich werd Ihm ein gutes Geschenk machen, geh Er
+mir ein wenig an die Hand. Er weiß, ich bin der Bruder Seiner
+Frau.
+
+Habakuk.
+Habs schon weg, Euer Gnaden.
+
+Rappelkopf (für sich).
+Unbegreifliche Zauberei! (Laut.) Sag Er mir, wie behandelt
+denn mein Schwager seine Frau?
+
+Habakuk.
+Infam, Euer Gnaden.
+
+Rappelkopf.
+Was sagt Er?
+
+Habakuk.
+Oh, das ist ein sekkanter Mensch, der glaubt, die Leut sind
+nur wegen ihm auf der Welt, daß er s' mit Füßen treten kann.
+
+Rappelkopf (für sich).
+Nun bei dem hört man doch ein wahres Wort. Der redt doch, wie
+er denkt. (Laut.) Ja, es soll nicht zum Aushalten sein. Darum
+kann ihn aber auch meine Schwester nicht ausstehen. Nicht wahr?
+
+Habakuk.
+Ah, was fallt Euer Gnaden ein, sie weint sich ja völlig die
+Augen aus um ihn. Ich kann sie nicht genug trösten.
+
+Rappelkopf.
+Man hat aber erzählt, sie hätte ihn wollen gar ermorden lassen.
+
+Habakuk.
+Ah, hören Euer Gnaden auf. Euer Gnaden werden doch nicht auch
+so einfältig sein, das zu glauben.
+
+Rappelkopf.
+Ja, Er ist ja, glaub ich, mit dem Messer auf ihn gegangen.
+
+Habakuk.
+Ich? warum nicht gar, ich fall in Ohnmacht, wenn sie nur ein
+Hendel abstechen. Er war im Gartenzimmer, und kein Mensch hat
+sich hinausgetraut, und die Köchin hat einen Zichori gebraucht,
+und die Frau hat gschafft, ich soll einen ausstechen.
+
+Rappelkopf (beiseite).
+Mit dem ewigen Zichori! am End ists doch wahr.
+
+Habakuk.
+Er laßt ja keinen Menschen zu Wort kommen, der Satanas.
+
+Rappelkopf (für sich).
+Das ist ein impertinenter Bursch. Ein Verleumder. (Laut.) Und
+sag Er mir, ist denn Sein Herr ein gescheidter Mann?
+
+Habakuk (verneinend).
+Ah! (Vertraulich.) Wissen Euer Gnaden, wir reden jetzt unter
+uns, es ist nichts zu Haus bei ihm. (Deutet auf den Kopf.)
+
+Rappelkopf (beiseite).
+Nein, das ist nicht zum Aushalten. (Gibt ihm Geld.) Da hat Er,
+mein lieber Freund, Er hat mir schöne Sachen gesagt, ich bin
+sehr zufrieden mit Ihm, aber geh Er jetzt.
+
+Habakuk.
+Küß die Hand! (Für sich.) Aha, den freuts, daß ich über den
+andern schimpf. Er kann ihn nicht recht leiden. Ich muß noch
+ärger anfangen, vielleicht schenkt er mir noch etwas. (Laut.)
+Ja sehen Euer Gnaden, ich war zwei Jahr in Paris, aber ein so
+zuwiderer Mensch ist mir nicht vorgekommen, und es gibt ihm
+alles nach, das ist gar nichts nutz, da wird er nie kuriert.
+Ich versteh nichts von der Medizin, aber ich glaub, wenn er
+einmal recht durchgewassert wurd, es müßte sich seine ganze
+Natur umkehren.
+
+Rappelkopf.
+Jetzt hat Er Zeit, daß Er geht. Den Augenblick hinaus, Er
+undankbarer Mensch, wie kann Er sich unterstehen, so von Seinem
+Herrn zu reden? Gleich fort, oder ich schlag Ihm Arm und Bein
+entzwei. (Sucht einen Stock.)
+
+Habakuk.
+So ists recht, jetzt fängt der auch an. (Im Abgehen.) Nun,
+den sag ich bald wieder was, das ist eine schreckliche Familie.
+Na, das ging' mir ab. (Geht brummend ab.)
+
+Rappelkopf (allein).
+So kann man seine Leute kennenlernen. Von meiner Frau redt er
+nicht so schlecht, er getraut sich nicht, weil er mich für
+ihren Bruder hält. Aber für einen Mörder ist er doch zu dumm,
+ich hab ihn für pfiffiger gehalten. Es wird doch auf den
+Zichori hinauskommen. Was mich das für eine Überwindung kostet,
+mit all diesen Menschen zu reden! Aber ich muß meine Untersuchung
+vollenden, weil ich sie begonnen habe und weil ich in nichts
+zurücktrete, wenn ich nicht muß, wie heut im Walde.
+
+
+
+Siebenter Auftritt
+
+Voriger. Lischen.
+
+
+Lischen.
+Die gnädige Frau läßt fragen, ob Euer Gnaden eine Tasse Tee
+befehlen.
+
+Rappelkopf.
+Ich danke. (Für sich.) Die werd ich auch in die Kur nehmen.
+(Laut.) Was macht meine Schwester?
+
+Lischen.
+Sie ist sehr betrübt.
+
+Rappelkopf.
+Weswegen?
+
+Lischen.
+Unseres gnädigen Herrn wegen.
+
+Rappelkopf.
+Wegen mir?
+
+Lischen.
+Ah, wegen Ihnen nicht.
+
+Rappelkopf (faßt sich).
+Ja so. (Für sich.) Die kennt mich auch nicht. (Laut.) Und was
+macht meine Nichte?
+
+Lischen.
+Sie spricht mit ihrem Bräutigam.
+
+Rappelkopf (für sich).
+Himmel und Hölle! (Faßt sich. Laut.) Was ist denn das für ein
+Mensch?
+
+Lischen.
+Ein sehr liebenswürdiger Mensch.
+
+Rappelkopf.
+Was heißt das, macht er Ihr auch die Cour?
+
+Lischen.
+Nun, das wäre der Wahre, er wagt es ja kaum, ein anderes
+Mädchen anzusehen. Das wird ein handfester Pantoffelritter
+werden. Ich glaube, er hat mir bloß darum noch keinen Heller
+zum Geschenke gemacht, damit er nur meine Hand nicht berühren
+darf. Er und mein Fräulein taugen ganz zusammen, und es ist
+himmelschreiend, daß der gnädge Herr seine Einwilligung nicht
+gibt.
+
+Rappelkopf (rasch).
+Da hat er recht, wenn er sie nicht gibt. Der junge Mensch hat
+keine Achtung vor ihn.
+
+Lischen.
+Ei bewahre, er schätzt ihn weit mehr--verzeihen Euer Gnaden,
+wenn ich so von Ihren Herrn Schwager spreche--aber weit mehr,
+als er es verdient.
+
+Rappelkopf (für sich).
+Es ist, als ob sie sich alle verschworen hätten wider mich.
+Geduld, verlasse mich nicht! (Laut.) Ich will Ihr etwas
+schenken, aber sag Sie mir in der größten Geschwindigkeit
+alle üblen Eigenschaften Ihres Herrn.
+
+Lischen.
+In einer Geschwindigkeit, das ist ohnmöglich, gnädger Herr.
+
+Rappelkopf.
+Warum nicht?
+
+Lischen.
+Weil, wenn ich jetzt diesen Augenblick anfange, ich morgen
+früh noch nicht fertig bin.
+
+Rappelkopf.
+Wo ich nur die Geduld hernehme, das alles anzuhören!
+
+Lischen.
+Es ist schon genug, daß er ein Menschenfeind ist. Ich begreife
+gar nicht, wie man bei einem so großen Vermögen, einer
+gutmütigen Frau, einer wohlerzogenen Tochter und einem so
+hübschen Stubenmädchen ein Menschenfeind sein kann.
+
+Lied
+Ach, die Welt ist gar so freundlich
+Und das Leben ist so schön.
+Darum soll der Mensch nicht feindlich
+Seinem Glück entgegenstehn.
+Alles sucht sich zu gefallen,
+Liebend ist die Welt vereint,
+Und das Häßlichste von allen
+Ist gewiß ein Menschenfeind.
+Heitrer Sinn nur kann beglücken,
+Nur die Freude hebt die Brust,
+Nur die Liebe bringt Entzücken,
+Und der Haß zerstört die Lust.
+Doch wenn alle sich erfreun
+Und der Stern des Frohsinns scheint,
+Sitzt im düstern Wald allein
+Drauß der finstre Menschenfeind.
+
+Sieht man nur die goldne Sonne,
+Wenn sie auf am Himmel steigt,
+Wie sie schon mit holder Wonne
+Allen Wesen ist geneigt:
+Dann kann man die Welt nicht hassen,
+Die 's im Grund nicht böse meint,
+Man muß nur die Lieb nicht lassen,
+Wird man nie zum Menschenfeind. (Ab.)
+
+
+Rappelkopf (allein).
+Schrecklich! Muß ich mich auch noch ansingen lassen! Das sind
+Beleidigungen nach den Noten, und ich darf den Takt nicht dazu
+schlagen. Und alles bleibt auf einem Wort! Wer kommt?
+
+
+
+Achter Auftritt
+
+Voriger. Sophie. Lischen.
+
+
+Sopie (stürzt rasch herein).
+Bruder, er kommt!
+
+Rappelkopf.
+Wer kommt?
+
+Lischen.
+Der gnädge Herr!
+
+Sopie.
+Mein Mann!
+
+Rappelkopf.
+Ich komm! (Schlägt sich begeistert an die Brust.) Endlich
+einmal. Solang die Welt steht, war noch niemand so neugierig
+auf sich selbst als ich.
+
+Astragalus (ruft noch vor der Tür).
+Daß niemand zu mir gelassen wird!
+
+Rappelkopf.
+Meine ganze Stimme. Ich hör mich schon. (Tritt zurück.)
+
+
+
+Neunter Auftritt
+
+Vorige. Astragalus tritt ein.
+
+
+Astragalus (wie er Sophie sieht, prallt er zurück und ruft).
+Ha! (Er will zurück.)
+
+Rappelkopf (sagt schnell).
+Ich bins, ist kein Zweifel!
+
+Sopie (hält ihn zurück).
+Oh, bleib doch, lieber Mann! wir sind glücklich, daß wir dich
+wieder sehn.
+
+Astragalus (reißt sich los).
+Laß mich. Entweder gehst du oder ich.
+
+Sopie (Mit Überwindung).
+Nun so bleib, ich will gehn. (Geht seufzend ab.)
+
+
+(Astragalus tritt mit empörter Miene vor, bleibt mit
+verschränkten Armen stehn und blickt wild umher, ohne
+Rappelkopf zu bemerken.)
+
+Rappelkopf (betrachtet ihn vom Fuß bis zum Kopfe mit
+ungeheurem Erstaunen und spricht dann überzeugt).
+Ich bins--Aufgelegt bin ich nicht gut, aber das kann
+nicht anders sein.
+
+Astragalus (zu Lischen).
+Was will Sie da?
+
+Lischen (zitternd).
+Fragen, ob Euer Gnaden nichts befehlen.
+
+Rappelkopf.
+Eine Angst hat alles vor mir, daß es eine Freude ist.
+
+Astragalus.
+Wo ist die Tinte?
+
+Lischen.
+Dort ist sie. (Deutet auf den Tisch.)
+
+Astragalus.
+Und Federn?
+
+Lischen (ängstlich).
+Die hab ich nicht.
+
+Rappelkopf.
+Jetzt hat die Gans keine Federn!
+
+Astragalus.
+Hol Sie welche! hat Sies gehört? Hinaus mit Ihr, Sie
+Schlange, Sie Basilisk, Sie Krokodil, Sie Anakonda!
+
+Rappelkopf.
+In der Naturgeschichte bin ich gut bewandert.
+
+Lischen.
+Gleich, Euer Gnaden. (Im Abgehen.) Der böse Feind hat ihn
+zurückgeführt. Ich laß mich nicht mehr sehn. (Ab.)
+
+Rappelkopf.
+Die lauft. Ich weiß nicht, ich gfall mir recht gut. Ein wenig
+rasch bin ich, das ist wahr.
+
+Astragalus (entschlossen).
+Ja! Ich will mein Testament machen.
+
+Rappelkopf (für sich).
+Testament? Nu wär nicht übel. Den Entschluß muß ich gleich
+unterbrechen. (Laut.) Grüß Sie Gott, lieber Schwager. Eben
+bin ich angekommen.
+
+Astragalus.
+Wer ist das?
+
+Rappelkopf (entzückt).
+Das ist ein eigner Anblick, wenn man vor sich selber steht.
+
+Astragalus (schnell).
+Was machen Sie hier? Warum haben Sie nicht geschrieben?
+Haben Sie meine Intressen mitgebracht? Wie stehts mit
+meinem Vermögen?
+
+Rappelkopf (für sich).
+Jetzt gehts recht, das möcht ich selbst gern wissen.
+
+Astragalus.
+Das Haus in Venedig soll nicht gut stehen, ist es verloren?
+
+Rappelkopf (erschrickt).
+Verloren? Wär nicht übel, (beiseite) mir wird selbst angst.
+
+Astragalus.
+Ich hab keine Intressen erhalten.
+
+Rappelkopf.
+Ich auch nicht.
+
+Astragalus.
+Sie müssen es haben, Sie haben mir es sonst geschickt, da
+steckt ein Betrug dahinter.
+
+Rappelkopf.
+So lassen Sie sich nur sagen--
+
+Astragalus.
+Ich laß mir nichts sagen--ich kenn die Welt, sie gehört
+zum Katzengeschlechte--
+
+Rappelkopf.
+Ich--
+
+Astragalus (wütend).
+Still--
+
+Rappelkopf.
+Wenn er nur nicht gar so schreien möchte, mir tun die Ohren
+weh.
+
+
+
+Zehnter Auftritt
+
+Vorige. Habakuk mit Federn.
+
+
+Habakuk (zitternd).
+Euer Gnaden, hier bring ich die Federn.
+
+Astragalus (entsetzt sich).
+Ha! Dieser Mörder wagt es, vor meine Augen zu kommen!
+(Nimmt den Stuhl vor und retiriert sich.) Komm mir nicht
+an den Leib! Bandit!
+
+Rappelkopf.
+Ach, das ist übertrieben. Wer wird sich denn vor dem Esel
+fürchten?
+
+Habakuk.
+Die gnädige Frau laßt fragen, ob sie noch nicht herüberkommen
+darf.
+
+Astragalus.
+Nein.
+
+Habakuk.
+Sie weint aber so abscheulich.
+
+Astragalus.
+So soll sie schöner weinen, hahaha, oder ich fang zum lachen an.
+
+Habakuk.
+Wenn sie aber krank wird?
+
+Astragalus.
+Die Gicht in ihren Leib! Und ins Spital mit ihr!
+
+Rappelkopf (beiseite).
+Das ist ein kurioser Humor.
+
+Habakuk.
+Ah, verzeihen Euer Gnaden, aber das ist zu stark. Ich war
+zwei Jahr in Paris, aber--
+
+Astragalus (aufspringend).
+Wenn Er es noch einmal wagt, dieses unerträgliche Sprichwort
+in meinem Haus ertönen zu lassen, so--zahl ich hier Seinen
+Lohn in vorhinein. (Er wirft ihm einen Geldbeutel vor die
+Füße und trifft damit Rappelkopf an das Schienbein.)
+
+Rappelkopf (zieht den Fuß auf).
+Sapperment hinein, achtgeben, das müssen harte Taler sein.
+
+Astragalus.
+Hab ich Ihnen weh getan?
+
+Rappelkopf.
+Ich glaub, ich hab ein Loch im Fuß.
+
+Astragalus.
+Gschieht Ihnen recht. (Zu Habakuk.) Wenn Er also dieses Wort
+noch einmal sagt, so geht Er an der Stelle aus meinem Dienst.
+Wenn ich auch nicht dabei bin. Nehm Er!
+
+Rappelkopf.
+Es ist meine ganze Manier. (Zu Habakuk.) Nu apport!
+
+Habakuk.
+Euer Gnaden, um diesen Preis kann ich mich nicht darauf
+einlassen, denn ich habe keinen Stolz, als daß ich zwei
+Jahr in--
+
+Astragalus (faßt ihn am Halse).
+Ich erdroßle Ihn, wenn Er noch einen Buchstaben mehr dazu
+sagt.
+
+Habakuk.
+Zu Hülfe! Zu Hülfe!
+
+Rappelkopf (springt dazwischen).
+Aber Herr Schwager, das hätt ich meinem Leben nicht geglaubt.
+
+Astragalus (hält ihn noch immer).
+Wo warst du zwei Jahr, warst du in Paris?
+
+Habakuk (schreit ängstlich).
+Nein, in Stockerau.
+
+Astragalus.
+Also geh hin, wo der Pfeffer wächst. (Stoßt ihn zur Tür hinaus.)
+
+Rappelkopf.
+Ich find doch, daß ich etwas Abstoßendes in meinem Betragen
+habe. Wenn das so fortgeht, so käm ich mit mir selbst nicht
+draus. Ja so! Mein Geld muß ich wieder einstecken. Wir haben
+ja eine Kassa, das ist kommod, wenns der eine wegwirft, hebts
+der andere auf. Und wenn nur das nicht wär, daß, was ihm
+geschieht, auch mir geschehen muß. Und wie lang er draußen
+bleibt, ganz erhitzt, wenn er sich erkühlt, so kriegen wir
+die Kolik. (Astragalus tritt ein.)
+
+Astragalus.
+Weil ich im Wald keine Ruh hab, so sollen sie auch von mir
+keine haben. Denn sie sind boshaft, sie könnten mich vergiften.
+(Setzt sich in einen Stuhl.)
+
+Rappelkopf.
+Das sind so übertriebene Sachen. Wenn er nur etwas mit sich
+reden ließ'. Herr Schwager!
+
+Astragalus (wendet ihm den Rücken zu).
+Hinaus! Ungeheuer!
+
+Rappelkopf.
+So hab ichs akkurat gemacht. (Laut.) Aber warum denn? Wir
+sind ja die besten Freunde.
+
+Astragalus.
+Ich bin keines Menschen Freund. Und Sie will ich gar nicht
+ansehen. Ihr Gesicht ist mir verdächtig.
+
+Rappelkopf.
+Sie werden mich doch für keinen Betrüger halten?
+
+Astragalus.
+Das nicht, aber man erinnert sich an einen, wenn man Sie ansieht.
+
+Rappelkopf.
+Ah, das ist impertinent, diese Grobheit hätt ich mir nicht
+zugetraut. Und doch erinnere ich mich auf ähnliche Worte.
+
+Astragalus (zum Fenster hinaus).
+Halt, wer schleicht da zur Tür hinaus? Donner und Blitz, das
+ist der junge Maler, der war bei meiner Tochter.
+
+Rappelkopf.
+Jetzt wirds angehn.
+
+Astragalus.
+Wart, du kommst mir nicht mehr aus. (Springt zur Tür hinaus
+und stößt Rappelkopf der ihm im Weg steht, auf die Seite.)
+
+Rappelkopf.
+Ich bin ja ein rasender Mensch. Ich fang mir ordentlich an
+selbst zuwider zu werden. Das hätt ich meinen Leben nicht
+gedacht.
+
+Astragalus (von innen, schreiend).
+Sie müssen herein, ich lasse Sie nicht los.
+
+Rappelkopf.
+Hat ihn schon bei der Falten.
+
+Astragalus (von innen).
+Herein, sag ich.
+
+Rappelkopf.
+Und wie er schreit! und das geht alles auf meine Rechnung.
+Bis die Gschicht ein Ende hat, ruiniert er mir noch meine
+ganze Brust.
+
+
+(Astragalus zerrt August an der Hand herein.)
+
+Astragalus.
+Herein, du Verführer meines Kindes! Wie können Sie es wagen,
+mein Haus zu betreten? Wer gibt Ihnen ein Recht dazu?
+
+Rappelkopf.
+Das ist wieder gut gesprochen, das gefällt mir.
+
+August (ganz bleich).
+Meine Liebe, Herr von Rappelkopf, und meine redlichen
+Absichten.
+
+Astragalus.
+Sie sollen gar keine Absichten haben, weil Sie keine
+Aussichten haben.
+
+Rappelkopf.
+Bravo!
+
+Astragalus.
+Ich kann mein Kind verheiraten, an wen ich will, denn ich
+bin Vater.
+
+Rappelkopf.
+Bravissimo!
+
+Astragalus.
+Und es ist eine Frechheit von Ihnen, daß Sie sich gegen
+meine Erlaubnis in mein Haus zu schleichen suchen, um mein
+Kind von dem Gehorsam gegen seinen Vater abzubringen.
+
+Rappelkopf.
+Sehr schön, ich muß mich selber loben.
+
+August.
+Herr von Rappelkopf, ich beschwöre Sie bei allen Gefühlen,
+welche Ihr leidenschaftliches Herz je bestürmten, haben Sie
+Nachsicht mit den meinigen. Ich kann ohne Ihre Tochter nicht
+leben, ich war drei Jahre abwesend, und meine Gesinnungen
+haben sich nicht verändert. Ich besitze ein kleines Vermögen,
+habe mich in meiner Kunst verbessert, schenken Sie mir Ihre
+Einwilligung, nie werde ich Ihre Gnade vergessen, und Sie
+werden einen dankbaren Sohn an mir gewinnen.
+
+Rappelkopf.
+Das ist kein gar so schlechter Mensch, er soll doch nicht so
+hart mit ihm sein.
+
+Astragalus.
+Ich traue Ihren Worten nicht, denn Falschheit blickt aus Ihrem
+Auge. Darum wagen Sie es nicht mehr, meine Schwelle zu betreten.
+Eh steht mein Tor hungrigen Wölfen offen, eh laß ich Raben
+unter meinem Dache nisten, eh will ich giftge Schlangen an
+dem Busen nähren, eh laß ich alle Seuchen hier im Hause wüten
+und will die Pest zu meinem Tische laden, eh ich nur Ihrer
+Lunge einen Atemzug in meinem Schloß erlaube.
+
+Rappelkopf.
+Das ist ein Unsinn ohnegleichen. Es ist beinah nicht zu glauben,
+daß ein Mensch so sein kann.
+
+August.
+Herr von Rappelkopf, wenn Ihnen das Leben eines Menschen etwas
+gilt, so reizen Sie meine Leidenschaft nicht auf das höchste--
+Herr von Silberkern, nehmen Sie sich meiner an.
+
+Rappelkopf.
+Ich kann ja nicht, ich bin froh, wenn er mich selber nicht
+hinauswirft.
+
+August.
+Also wollen Sie mir mit Gewalt das Leben rauben?
+
+Astragalus (boshaft).
+Sie würden mich sehr verbinden, wenn Sie mir es zum Geschenke
+machen wollten.
+
+Rappelkopf (entrüstet).
+Ah, das ist infam--Herr Schwager (Geht auf Astragalus zu.)
+
+Astragalus (fährt heftig auf ihn los).
+Schweigen Sie! Sie sind auch im Komplott mit ihm, aber ich
+schwöre es Ihnen bei dem glühenden Eingeweide des Vesuvs: wenn
+Sie es wagen, mein Kind in dieser Leidenschaft zu unterstützen,
+wenn Sie nur eine Miene machen, meine Ansichten zu mißbilligen,
+so werden Sie ein Andenken nach Venedig mit zurücknehmen, daß
+ganz Italien darüber in Entsetzen geraten soll. (Ab ins
+Nebenzimmer.)
+
+
+
+Elfter Auftritt
+
+Rappelkopf. August.
+
+
+Rappelkopf.
+Nein, das ist nicht mein Ebenbild. Der übertreibt. Das ist
+ein schauderhafter Mensch, ich krieg einen ordentlichen Haß
+auf ihn. Wenn der so fortwütet, in acht Tagen sind wir alle
+zwei hin.
+
+August (der mit sich gekämpft).
+Leben Sie wohl, Herr von Silberkern, grüßen Sie mein Malchen
+und vergessen Sie mich nicht.
+
+Rappelkopf.
+Wo wollen Sie denn hin?
+
+August.
+Fragen Sie mich nicht. Ich kann ohne Amalie nicht leben--
+(Will fort.)
+
+Rappelkopf.
+So sein Sie nur ruhig, ich geh Ihnen mein Wort, Sie bekommen
+sie.
+
+August.
+Wenn aber der Vater nicht will?
+
+Rappelkopf.
+Er will schon, der Vater, sorgen Sie sich nicht. Gehen Sie
+jetzt unterdessen fort, ich werde alles ausgleichen, und wenn
+Sie Liebesbriefe haben, so geben Sie s' mir, ich werd sie
+schon besorgen.
+
+August.
+Ach bester Onkel, ich muß Sie umarmen, o Freude, Freude,
+verlassen Sie mich nicht, sagen Sie meinem Malchen--
+
+Rappelkopf.
+Gehen Sie nur--
+
+August.
+Nie werd ich Ihre Güte vergessen--
+
+Rappelkopf (drängt ihn zur Tür hinaus).
+Auf Wiedersehn! (Allein.) Das ist ein passabler Mensch. Den
+hab ich beinahe verkannt. Überhaupt fängt es bei mir an, etwas
+Tag zu werden.
+
+
+
+Zwölfter Auftritt
+
+Habakuk. Voriger.
+
+
+Habakuk.
+Euer Gnaden verzeihen, daß ich meine Zuflucht zu Ihnen nimm,
+mit meinen gnädigen Herrn zu reden, ist zu halsbrecherisch.
+Da sind Euer Gnaden viel gütiger. Euer Gnaden haben mir doch
+nur Arm und Bein entzwei schlagen wollen, und unter zwei Übeln
+muß man das kleinste wählen, und da bin ich also an Euer Gnaden
+geraten.
+
+Rappelkopf.
+Das ist gar ein dummer Mensch, ich kann gar nicht begreifen,
+wie mich etwas beleidigen hat können von ihm. Nu was hat Er
+denn?
+
+Habakuk.
+Ein Anliegen, Euer Gnaden.
+
+Rappelkopf.
+Was denn für eines?
+
+Habakuk.
+Sehen Euer Gnaden, ich--(Hält inne und seufzt tief.) Ich
+halts nicht aus.
+
+Rappelkopf.
+Was hält Er nicht aus? (Beiseite.) Das ist ein unerträglicher
+Kerl, mir steigt schon die Gall auf.
+
+Habakuk.
+Euer Gnaden wissen, daß ich das Bewußte nicht mehr sagen darf,
+und wenn das nicht anders wird, so muß ich zugrunde gehen.
+
+Rappelkopf.
+Aber was hat Er denn davon, wenn Er sagt, daß Er zwei Jahr in
+Paris war?
+
+Habakuk.
+Unendlich viel, es hat alles viel mehr Achtung vor einem. Das
+hab ich schon viel hundertmal an andern bemerkt. Kurz, wenn
+ich das verschweigen muß, ich bekomme eine Gemütskrankheit,
+ich geh drauf.
+
+Rappelkopf (unwillkürlich lächelnd).
+Ich weiß nicht, soll ich mich ärgern oder soll ich lachen.
+
+Habakuk.
+Ich unterdruck es immer, und das macht mir Beklemmungen.
+Denn ich war zwei--(Setzt ab.) Sehn Euer Gnaden, mir wird
+völlig nicht gut.
+
+Rappelkopf.
+Ja wegen was darf Ers denn nicht sagen?
+
+Habakuk.
+Er jagt mich ja fort.
+
+Rappelkopf.
+Wenn er es aber nicht hört?
+
+Habakuk.
+Ja was glauben Sie denn, was der für Ohren hat, die gehn ja
+ins Unendliche.
+
+Rappelkopf.
+Schimpft in einem fort über mich und weiß es nicht. Was ich
+für Grobheiten einstecken muß! (Scharf.) Wenn ers befohlen
+hat, so muß Ers tun, ich kann Ihm nicht helfen.
+
+Habakuk.
+Also keine Rettung. Ich empfehl mich Euer Gnaden! aber es
+wird eine Zeit kommen, wo es zu spät ist. Ich habe meinen
+Dienst ordentlich versehen, ich hab keinen Kreuzer veruntreut,
+aber das ist meine Leidenschaft, von der kann ich nicht lassen.
+
+Rappelkopf.
+Nu so sag Ers--
+
+Habakuk.
+Ich trau mich nicht.
+
+Rappelkopf.
+Auf meine Verantwortung.
+
+Habakuk.
+Lassen sich Euer Gnaden statt mir fortjagen?
+
+Rappelkopf.
+Nun ja--
+
+Habakuk.
+Nun so versichre ich Euer Gnaden, ich war zwei Jahr in Paris,
+aber das werd ich Ihnen nicht vergessen. (Atem schöpfend, als
+fühlte er sich erleichtert.) Das ist eine Wohltat, die nicht
+zu beschreiben ist.
+
+Rappelkopf.
+Also ich erlaub es Ihm, von diesem Augenblick an, es wieder
+zu sagen, unter der Bedingung, daß Er nicht mehr über seinen
+Herrn schimpft.
+
+Habakuk.
+Oh, das ist ein Mann, wies gar keinen mehr gibt. Und jetzt
+erlauben Euer Gnaden, daß ich Euer Gnaden umarmen darf. Euer
+Gnaden sind mein Wohltäter, mein Vater! Heut bringt kein
+Mensch mehr ein anderes Wort aus mir heraus als: Ich war
+zwei Jahr in Paris. (Ab.)
+
+Rappelkopf (allein).
+Es ist unglaublich, der eine möcht gern ewig verliebt sein,
+und dieser ist wieder zufrieden, wenn man ihm erlaubt, daß
+er sagen darf, daß er zwei Jahr in Paris gewesen ist. Es
+ist lächerlich, und doch findet er seinesgleichen. Es hat
+halt jedermann sein Steckenpferd.
+
+Arie
+Die Welt, ich schreib ihr die Devise,
+Ist bloß ein wahnberauschter Riese.
+Der eine spräch gern mit den Sternen,
+Der andre möcht gern gar nichts lernen,
+Der dritte denkt, zum Existieren
+Müßt sich die Menschheit parfümieren.
+Der läuft im Wahn dem Wasser zu,
+Der andre läßt dem Wein kein Ruh.
+Der ist so blöd wie ein Stück Holz,
+Und jener kennt sich nicht vor Stolz.
+Der sitzt und erbt zehntausend Gulden,
+Der läuft herum und ist voll Schulden.
+Oft möcht der eine avancieren,
+Der andre möcht sich retirieren.
+Der Blinde möcht gern Augen finden,
+Und mancher sieht und möcht erblinden.
+
+So dreht die Welt sich immer fort
+Und bleibt doch stets an einem Ort.
+Der Egoismus ist die Achse,
+Der Hochmut zahlt am End die Taxe.
+Die Erd, es kömmt darauf heraus,
+Ist nur im Grund ein Irrenhaus.
+Und wie ich nach und nach gewahr,
+So bin ich selbst ein großer Narr.
+
+
+
+Dreizehnter Auftritt
+
+Voriger. Sophie, Malchen und Lischen treten ein.
+
+
+Sopie.
+Lieber Bruder, was sagst du zu dem Betragen meines Mannes?
+Hab ich das um ihn verdient?
+
+Rappelkopf.
+Nein, liebe Schwester, so lang ich da bin, nicht. (Beiseite.)
+Wenn nicht noch was nachkommt.
+
+Malchen (weint).
+Ach Onkel, jetzt ist mein Unglück entschieden.
+
+Rappelkopf.
+So tröste dich, Malchen! (Beiseite.) Nur um das Kind ist
+mir leid, an den andern allen liegt mir nichts.
+
+
+(Man hört von innen läuten.)
+
+Lischen.
+Er läutet. Wer geht denn jetzt hinein?
+
+Sopie.
+Mich will er ja nicht sehen.
+
+Rappelkopf.
+Und ich mag ihm nicht sehen.
+
+Lischen.
+Ich trau mich nicht hinein.
+
+Malchen.
+Ich auch nicht, liebe Mutter.
+
+Rappelkopf.
+Ich bin ungemein beliebt.
+
+Malchen.
+Lieber Onkel, gehen Sie!
+
+Rappelkopf.
+Ich? Ich nicht. (Beiseite.) Ich fürcht mich vor mir selber.
+
+
+(Es läutet wieder.)
+
+Sopie.
+Er läutet wieder. Ich muß doch--
+
+Lischen (schnell).
+Ich geh schon, gnädge Frau. (Steckt den Kopf zur Kabinettstür
+hinein und ruft.) Was befehlen Ihro Gnaden?
+
+Astragalus.
+Frisches Wasser! schnell!
+
+Alle drei.
+Was ist ihm denn?
+
+Lischen.
+Er sitzt erhitzt am Fenster, es scheint ihm nicht wohl zu
+sein, er ruft nach Wasser.
+
+Sopie.
+Bring Sie welches. Wenn er nur nicht krank wird!
+
+
+(Lischen geht ab.)
+
+Rappelkopf.
+Nu wär nicht übel, das könnt ich brauchen.
+
+Sopie.
+Am Ende trifft ihn noch der Schlag.
+
+Rappelkopf.
+Hör auf, mir wird schon völlig bang.
+
+Sopie.
+Gib die Hausapotheke her! Niederschlagendes Pulver!
+
+Rappelkopf.
+Nur geschwind etwas Niederschlagendes.
+
+Malchen (nimmt sie aus dem Schrank).
+Hier ist sie.
+
+Lischen (ein Glas Wasser bringend).
+Hier ist Wasser!
+
+Rappelkopf.
+Wartet nur, ich werd es selbst hineinrühren. (Tut es.
+Für sich.) Ich muß ja schauen auf mich, was wär denn das?
+
+Lischen (die am Kabinett gehorcht, springt weg davon).
+Er kömmt.
+
+
+
+Vierzehnter Auftritt
+
+Vorige. Astragalus aus dem Kabinette.
+
+
+Astragalus.
+Also so werden meine Befehle respektiert? (Zu Sophie.) Was
+machst du hier? Was hat der Maler hier im Hause wollen? Wir
+sprechen uns schon noch.
+
+Sopie.
+So sei nur ruhig, lieber Mann, dir ist nicht wohl, setz dich
+doch und nimm Arznei. (Sie reicht ihm das Glas.)
+
+Astragalus (wild).
+Wasser will ich, und sonst nichts.
+
+Sopie.
+Du mußt, ich darf dich nicht erkranken lassen. So nimm, ich
+bitte dich.
+
+Astragalus.
+Nein!
+
+Malchen.
+Lieber Vater, nehmen Sie.
+
+Rappelkopf.
+Es gehört wirklich eine Geduld dazu. Ich möcht mich selbst
+ohrfeigen, aber auf seinem Gesicht.
+
+Astragalus.
+So gib denn her. (Er nimmt das Glas.) Hölle, was ist das?
+der Trank ist trübe. Gesteh, du hast ihn mir vergiftet.
+
+Malchen.
+Aber Vater--
+
+Lischen.
+Gnädger Herr!
+
+Astragalus.
+Da hilft kein Leugnen mehr, der Trank ist Gift.
+
+Rappelkopf.
+Ah, das ist noch über den Zichori.
+
+Sopie.
+So hör doch nur, es ist ja niederschlagendes Pulver.
+
+Astragalus.
+Es ist nicht wahr.
+
+Rappelkopf.
+Ich schlag ihn noch ohne Pulver nieder.
+
+Astragalus (wirft das Glas um die Erde).
+Ich bin in meinem eignen Haus des Lebens nicht mehr sicher.
+
+Rappelkopf.
+Entsetzlich! meine eigenen Worte.
+
+Astragalus.
+Mein Weib ist eine Mörderin. Darum herab mit euch, ihr
+Früchte, die für meinen Haß gereift. (Entreißt Sophien ihre
+Halskette, woran sein Porträt hängt.) Was trägst du hier
+am Hals? hinweg damit, du sollst kein Angedenken von mir
+tragen als den Fluch, womit ich deine Bosheit krönen will.
+So hör mich denn, du mörderisches Weib--
+
+Rappelkopf.
+Genug, genug! das ist der ganze Narr wie ich, ich kann mich
+selber nicht mehr anschauen mehr.
+
+Sopie (fällt in einen Stuhl).
+Ich unglückselges Weib!
+
+Astragalus.
+Verlaß mein Schloß, ich will allein hier hausen, und mein
+Geschäft heißt Menschenhaß. Ich will von dir und von der Welt
+nichts wissen mehr, verwünsche dich, verwünsch mein Kind--
+
+Rappelkopf.
+Nein Sapperment, jetzt wirds mir z'viel. Der Mensch verflucht
+mir 's ganze Haus.
+
+Astragalus.
+Geh hin zu deinem Maler, treib es bunt, wie ein Chamäleon
+sollst du in allen Farben prangen, werd grün vor Galle,
+blau von Schlägen, rot vor Schande, weiß vor Kummer, gelb
+von Fieber, grau vom Alter und--
+
+Rappelkopf (freudig).
+Das ist gscheid, jetzt gehn ihm d' Farben aus.
+
+Astragalus.
+Doch laß dich nimmermehr vor meinen Antlitz sehen, verleugne
+mich, ich bin dein Vater nicht--
+
+Malchen (umklammert weinend seine Knie).
+Vater, Barmherzigkeit, verstoßen Sie mich nicht!
+
+Astragalus.
+Hinweg von mir! (Stoßt sie fort.)
+
+Rappelkopf.
+Das leid ich nicht--potz Donnerkeil und Wolkenbruch--Nun
+hab ichs satt, ich muß mich um meine Familie annehmen. Der
+Mensch ruiniert mir Weib und Kind. Sapperment! Sie sind kein
+Mensch, ein Teufel sind Sie, der mich schwärzer darstellt,
+als ich bin.
+
+Astragalus.
+Du kommst mir eben recht, du schändlicher Betrüger! Gib mir
+Genugtuung dafür, daß du Komplotte hinter meinem Rücken
+schmiedest. Gib Rechenschaft--(er packt ihn an der Brust)
+wie mein Vermögen steht--
+
+Malchen.
+Zu Hülfe! Onkel!
+
+Sopie (gleichzeitig).
+Zu Hülfe! Bruder!
+
+Lischen (gleichzeitig).
+Zu Hülfe!
+
+Rappelkopf.
+Was? anpacken? Ha, Entehrung! Satisfaktion, Duell!
+
+
+(Alle Hausleute.)
+
+Astragalus.
+Pistolen her!
+
+Rappelkopf.
+Kanonen her!
+
+Astragalus (nimmt Pistolen von der Wand).
+Hier sind sie schon.
+
+Rappelkopf.
+Das wird ein Treffen wie bei Navarin.
+
+Sopie.
+Mann, ich bitte dich um alles in der Welt!
+
+Astragalus.
+Umsonst!
+
+Malchen.
+Onkel, sind Sie doch vernünftig!
+
+Rappelkopf.
+Geh weg, ich hab keine Zeit dazu.
+
+Astragalus.
+Fünf Schritte sind genug. Wir schießen uns zugleich. Zähl drei!
+
+Sopie.
+Versöhnt euch doch!
+
+Rappelkopf.
+Wir sind die besten Freund, jetzt sind wir erst auf du und
+du. Geh fort, ich muß. (Zählt und zielt.) Eins, zwei--
+
+Sopie (fällt in Ohnmacht).
+Ach!
+
+Rappelkopf.
+Die fallt schon um, ich hab noch gar nicht gschossen.
+
+Malchen.
+Die Mutter stirbt!
+
+Rappelkopf.
+Sie soll noch warten, sag!
+
+Astragalus.
+Drück los!
+
+Malchen (umschlingt ihren Vater).
+Ach Onkel, halten Sie, sonst töten Sie zwei Menschen.
+
+Rappelkopf (prallt zurück).
+Was? Himmel, jetzt fallt mir was ein, ich kann mich gar
+nicht duellieren mit ihm! Wir haben nur alle zwei ein
+Leben. Wann ich ihm erschieß, so schieß ich mich selber
+tot. Wenn ich jetzt losdruckt hätt, jetzt wärs schon gar.
+
+Astragalus.
+Mach fort! warum besinnst du dich?
+
+Rappelkopf.
+Nu wenn sich einer da nicht besinnen soll, hernach gehts recht.
+
+Astragalus.
+Nur einer fällt, ich oder du.
+
+Rappelkopf.
+Das kann nicht sein, wir falln in Kompagnie.
+
+Astragalus.
+Gleichviel, es geht auf Leben und Tod. (Zielt.)
+
+Rappelkopf.
+Halt, es geht auf Tod und Tod.
+
+Astragalus (geht auf ihn zu).
+Warum willst du nicht schießen, feiger Wicht?
+
+
+(Sophie hat sich indessen erholt.)
+
+Rappelkopf.
+Weil mich meine Schwester dauert--ich will sie nicht zur
+Witwe machen--, und ihr Kind, und ihr Schwager, und die
+ganze Freundschaft. (Beiseite.) Das ist eine Schande, ich
+weiß gar nimmer, was ich sagen soll.
+
+Astragalus.
+Ich will mein Leben nicht für sie erhalten, und dir will
+ichs am wenigsten verdanken. Es gilt mir nichts, ich werf
+ihn weg, den unschmackhaften Rest des altgewordnen Seins,
+ich brauch ihn nicht.
+
+Rappelkopf.
+Wie der mit meinem Leben herumwirft, und ihm gehts gar
+nichts an.
+
+Astragalus.
+Doch deine Feigheit will ich nicht hier dulden, du packst
+dich fort aus meinem Haus, sonst werf ich dich hinaus--
+
+Rappelkopf.
+Jetzt wirft er mich gar aus meinen eignen Haus? Der Mensch
+spielt noch Ballon mit mir, und bring ich ihn recht in Zorn,
+so trifft uns alle zwei der Schlag. Ich weiß gar nicht, was
+er noch immer will, ich sehs ja ein, ich war ein unvernünftig
+Tier, ein Tiger, drum will ich wissen, was denn jetzt noch
+kommt. (Habakuk mit einem Brief tritt schnell ein.)
+
+Habakuk (eintönig).
+Ein Brief.
+
+Rappelkopf.
+Aus Paris? Du Dummkopf!
+
+Habakuk.
+Nein, dasmal ist er aus Venedig.
+
+Astragalus (schießt darauf los).
+Aus Venedig? her damit!
+
+Rappelkopf.
+Her damit! Der intressiert mich selbst. (Will hineingehen.)
+
+Astragalus (fährt ihn an).
+Was wollen Sie?
+
+Rappelkopf (erschrickt).
+Ja so! Jetzt darf ich meine eignen Briefe nicht lesen.
+Verdammter Doppelgänger du! (Astragalus wird während des
+Lesens unruhig und bleich und zittert.) Das muß eine schöne
+Nachricht sein.
+
+Astragalus (läßt zitternd das Blatt fallen und sagt mit
+Entsetzen).
+Ich bin verloren!
+
+Rappelkopf (fängt zum zittern an).
+So bin ichs auch.
+
+Astragalus (sinkt in einen Stuhl.)
+Mir wird nicht wohl.
+
+Rappelkopf.
+Und mir wird übel. (Sinkt in den gegenüberstehenden Stuhl.)
+
+Astragalus.
+Ich geh zugrunde
+
+Rappelkopf.
+Ich bin schon hin.
+
+Alle.
+Wasser! Wasser!
+
+
+(Die Weiber sind besorgt. Lischen läuft ab.)
+
+Astragalus (springt auf).
+Wasser! Ja, ihr erinnert mich darauf. (Zu Rappelkopf) Du
+Verräter bist an allem schuld. (Stürzt ab.)
+
+Rappelkopf (springt auch auf).
+Nein, mein Schwager ist an allem schuld! Wo ist der Brief?
+(Liest. Erstarrt.) »Mein Herr, ich berichte Ihnen, daß das
+Handlungshaus, bei welchem Ihr Vermögen liegt, ge--ge--
+fallen ist.« Ich lieg schon da--ich streck schon alle vier
+von mir. (Lischen kommt zitternd.)
+
+Lischen.
+Hülfe! Hülfe! der gnädge Herr ist fort, er ruft, er wolle
+sich ersäufen, er stürzt sich in den Strom.
+
+Sopie.
+Mein Mann!
+
+Malchen.
+Der Vater!
+
+Alles.
+Eilt ihm nach! (Alles stürzt ab.)
+
+Rappelkopf (kann vor Angst nicht von der Stelle).
+Halts ihn auf, den unglückselgen Kerl, was der Mensch mit
+meim Leben treibt! Ich komm aus einen Tod in den andern
+hinein. (Die Knie brechen ihm.) Ich kann nicht fort, er
+springt hinein. Er ist schon drin, ich fang zum schwimmen
+an. (Schleppt sich fort.) Der Himmel steh mir bei, dasmal
+ein Menschenfeind, in meinem Leben nimmermehr. Verzweiflung,
+gib mir Kraft, sonst muß ich untergehn. (Ab.)
+
+
+
+Fünfzehnter Auftritt
+
+Verwandlung
+Freie Gegend vor dem Schlosse. Im Hintergrunde ein tiefer
+Strom, an der Seite ein hoher Fels.
+
+Alle Hausleute. Malchen. August. Astragalus wird gehalten.
+Sophie kniet vor ihm. Gruppe.
+
+
+Chor.
+Haltet ihn, haltet ihn!
+Seht, er will entrinnen.
+Laßt ihn nicht, laßt ihn nicht,
+Denn er ist von Sinnen!
+
+(Astragalus reißt sich los und eilt auf den Fels. In dem
+Augenblick erscheint)
+
+Rappelkopf (und ruft).
+Halt!
+
+
+(Astragalus springt hinab. Rappelkopf fällt ohnmächtig in
+die Arme seiner Frau und Tochter.)
+
+
+Schnelle Verwandlung in den Tempel der Erkenntnis. Hohe
+Säulen von Kristall mit Gold geziert. Auf der Hinterwand
+eine große Sonne, in deren Mitte die Wahrheit schwebt. Vor
+ihr ein Opferaltar. Astragalus' Gestalt, welche in das
+Wasser sprang, war eine falsche. Dieser zeigt sich nun
+wie zu Anfang des zweiten Aktes. Mit ihm ideal gekleidete
+Alpengeister. Rappelkopf hat sich indessen in seine wahre
+Gestalt verwandelt. Sophie. Malchen. August.
+
+Astragalus (zu Rappelkopf).
+Willkommen hier in der Erkenntnis hellstrahlendem Tempel,
+im wahrheiterleuchteten Saale. Ich sehe dich beschämt und
+reuergriffen vor mir stehen.
+
+Rappelkopf.
+Ja leb ich denn noch? Bin ich denn nicht in Kompagnie ersoffen?
+
+Sopie.
+Du lebst noch, lieber Mann!
+
+Malchen.
+Sie leben, lieber Vater!
+
+Rappelkopf.
+Und künftig nur für euch. (Umschlingt sie beide.) Wenn ich
+euch nicht zu schlecht bin, daß ihr für mich auch lebt.
+
+Astragalus.
+Du hast nun Menschenhaß geschaut und eines Menschenfeindes
+Ende.
+
+Rappelkopf.
+Und ist er denn wirklich hin, dieser verwünschte
+Lebenskompagnon, dieses Zerrbild meiner Unverträglichkeit?
+
+Astragalus.
+Er ist verschwunden wie dein Menschenhaß.
+
+Rappelkopf.
+Nu das waren ein Paar saubre Leute, ich bin froh, daß ich
+sie losgeworden bin. Aber weil Eure Hoheit gar so viel
+vermögend sind, könnten Sie denn nicht auch etwas über
+mein verlornes Vermögen vermögen. Damit ich auch meinem
+Schwager verzeihen könnt, weil er der einzige ist, den ich
+noch hasse. (Man hört ein Posthorn. Linarius, als Postknecht
+gekleidet, mit Herrn von Silberkern.)
+
+Linarius.
+Hier lad ich meinen Passagier von seiner Wolkenreise ab.
+Die Alpenluft hat ihm recht gut getan.
+
+Silberkern.
+Nu wart, du saubrer Postillon! Herr Schwager, seh ich Sie
+einmal?
+
+Rappelkopf.
+Sie sind mir schon der liebste Schwager, jetzt kommt er erst
+daher, wenn schon alles vorbei ist. Sie sind an meinem Unglück
+schuld, ich bin ein Bettler.
+
+Silberkern.
+Von einmalhunderttausend Gulden Münze, die ich ohne Ihre
+Einwilligung bei dem Bankier erhoben habe, bevor das Haus
+noch fiel. Weil ich Wind bekam und Ihr Vermögen retten
+wollte, das ich Ihnen hier in Wechseln übergebe.
+
+Rappelkopf.
+Ach, das ist ein Schwager, den laß ich mir gfallen, der
+bringt doch was ins Haus. (Umarmt ihn, Silberkern umarmt
+Sophie.) Kinder, mein Vermögen, die Menge Wechsel, ich bin
+völlig ausgewechselt vor lauter Freuden. Herr Schwager, das
+werd ich Ihnen nie vergessen.
+
+Silberkern.
+Zahlen Sie mir lieber meine Angst, die ich Ihretwegen ausstehn
+mußte.
+
+Rappelkopf.
+Ich geh Ihnen die meinige dafür, Sie kommen nicht zu kurz.
+
+Silberkern.
+Aber wie hängt denn das alles zusammen?
+
+Rappelkopf.
+Freund, das werden wir Ihnen morgen früh erzählen, sonst möcht
+es den Leuten zu viel werden. Denn ich hab heut schon so viel
+geredet, daß ich nichts mehr sagen kann als: (zu August)
+Sie sind mein Schwiegersohn. Nehmen Sie sie hin. Aber Sie
+sind ein Maler, schmieren Sie s' nicht an. Lieben Sie s' so,
+wie ich Sie unrechterweise gehaßt habe, dann kann sie schon
+zufrieden sein.
+
+August, Malchen (zugleich).
+Bester Vater!
+
+Rappelkopf (auf den Alpenkönig zeigend).
+Dort bedankt euch.
+
+August, Malchen (stürzen zu Astragalus' Füßen).
+Großer Alpenkönig, Dank!
+
+Astragalus (mit Rührung).
+Ich hab dir gestern einen Kranz versprochen,
+Als ich dein Leid im Alpentale sah.
+Du siehst, ich habe nicht mein Wort gebrochen,
+Das Leid ist fort, der Kranz ist da.
+
+
+(Er nimmt einen Kranz aus schönen Alpenblumen von glänzender
+Folio, den ihm einer von den Alpengeistern reicht, und setzt
+ihn Malchen auf.)
+
+So nimm ihn hin, du Mädchen seltner Art,
+Das treulich hält, was liebend es verspricht,
+Und weil ich euch so väterlich gepaart,
+Vergeßt auch auf den Alpenkönig nicht.
+
+
+(Geht ab.)
+
+Rappelkopf.
+Kinder, ich bin ein pensionierter Menschenfeind, bleibt bei
+mir, und ich werde meine Tage ruhig im Tempel der Erkenntnis
+verleben.
+
+Schlußgesang
+Erkenntnis, du lieblich erstrahlender Stern,
+Dich suchet nicht jeder, dich wünscht mancher fern.
+Zum Beispiel die Leute, die uns oft betrügn,
+Die wolln nicht erkannt sein, sonst würden s' nicht lügn.
+Doch seien vor allen die Schönen genannt,
+Die werdn von uns Männern am ersten erkannt.
+Die Guten, die brauchen schon längere Zeit,
+Obwohl die Erkenntnis dann ewig erfreut.
+
+Die Jugend will oft mit Erkennen sich messen,
+Die hat den Verstand schon mit Löffeln gegessen.
+Doch rückt nur das Alter einmal an die Reih,
+Dann kommt die Erkenntnis schon selber herbei.
+
+Der Mensch soll vor allem sich selber erkennen,
+Ein Satz, den die ältesten Weisen schon nennen,
+Drum forsche ein jeder im eigenen Sinn:
+Ich hab mich erkannt heut, ich weiß, wer ich bin.
+
+Erkannt zu sein wünscht sich vor allem die Kunst.
+Die feine Kokette bewirbt sich um Gunst.
+Und wird sie auch heute mit Ruhm nicht genannt,
+So werde denn doch nicht ihr Wille verkannt!
+
+
+Ende dieses Projekt Gutenberg Etextes Der Alpenkönig und
+der Menschenfeind, von Ferdinand Raimund.
+
+
+
+
+
+
+
+
+
+End of the Project Gutenberg EBook of Der Alpenkonig und der Menschenfeind, by
+Ferdinand Raimund
+
+*** END OF THIS PROJECT GUTENBERG EBOOK DER ALPENKONIG UND DER ***
+
+***** This file should be named 6637-8.txt or 6637-8.zip *****
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+Produced by Delphine Lettau
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+one owns a United States copyright in these works, so the Foundation
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+Gutenberg is a registered trademark, and may not be used if you
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+redistribution.
+
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+*** START: FULL LICENSE ***
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+THE FULL PROJECT GUTENBERG LICENSE
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+paragraph 1.C below. There are a lot of things you can do with Project
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+works. See paragraph 1.E below.
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+1.C. The Project Gutenberg Literary Archive Foundation ("the Foundation"
+or PGLAF), owns a compilation copyright in the collection of Project
+Gutenberg-tm electronic works. Nearly all the individual works in the
+collection are in the public domain in the United States. If an
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+ money paid for a work or a replacement copy, if a defect in the
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+receive the work electronically in lieu of a refund. If the second copy
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+in paragraph 1.F.3, this work is provided to you 'AS-IS', WITH NO OTHER
+WARRANTIES OF ANY KIND, EXPRESS OR IMPLIED, INCLUDING BUT NOT LIMITED TO
+WARRANTIES OF MERCHANTABILITY OR FITNESS FOR ANY PURPOSE.
+
+1.F.5. Some states do not allow disclaimers of certain implied
+warranties or the exclusion or limitation of certain types of damages.
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+interpreted to make the maximum disclaimer or limitation permitted by
+the applicable state law. The invalidity or unenforceability of any
+provision of this agreement shall not void the remaining provisions.
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+trademark owner, any agent or employee of the Foundation, anyone
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+harmless from all liability, costs and expenses, including legal fees,
+that arise directly or indirectly from any of the following which you do
+or cause to occur: (a) distribution of this or any Project Gutenberg-tm
+work, (b) alteration, modification, or additions or deletions to any
+Project Gutenberg-tm work, and (c) any Defect you cause.
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+
+Project Gutenberg-tm is synonymous with the free distribution of
+electronic works in formats readable by the widest variety of computers
+including obsolete, old, middle-aged and new computers. It exists
+because of the efforts of hundreds of volunteers and donations from
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+
+Volunteers and financial support to provide volunteers with the
+assistance they need are critical to reaching Project Gutenberg-tm's
+goals and ensuring that the Project Gutenberg-tm collection will
+remain freely available for generations to come. In 2001, the Project
+Gutenberg Literary Archive Foundation was created to provide a secure
+and permanent future for Project Gutenberg-tm and future generations.
+To learn more about the Project Gutenberg Literary Archive Foundation
+and how your efforts and donations can help, see Sections 3 and 4
+and the Foundation information page at www.gutenberg.org
+
+
+Section 3. Information about the Project Gutenberg Literary Archive
+Foundation
+
+The Project Gutenberg Literary Archive Foundation is a non profit
+501(c)(3) educational corporation organized under the laws of the
+state of Mississippi and granted tax exempt status by the Internal
+Revenue Service. The Foundation's EIN or federal tax identification
+number is 64-6221541. Contributions to the Project Gutenberg
+Literary Archive Foundation are tax deductible to the full extent
+permitted by U.S. federal laws and your state's laws.
+
+The Foundation's principal office is located at 4557 Melan Dr. S.
+Fairbanks, AK, 99712., but its volunteers and employees are scattered
+throughout numerous locations. Its business office is located at 809
+North 1500 West, Salt Lake City, UT 84116, (801) 596-1887. Email
+contact links and up to date contact information can be found at the
+Foundation's web site and official page at www.gutenberg.org/contact
+
+For additional contact information:
+ Dr. Gregory B. Newby
+ Chief Executive and Director
+ gbnewby@pglaf.org
+
+Section 4. Information about Donations to the Project Gutenberg
+Literary Archive Foundation
+
+Project Gutenberg-tm depends upon and cannot survive without wide
+spread public support and donations to carry out its mission of
+increasing the number of public domain and licensed works that can be
+freely distributed in machine readable form accessible by the widest
+array of equipment including outdated equipment. Many small donations
+($1 to $5,000) are particularly important to maintaining tax exempt
+status with the IRS.
+
+The Foundation is committed to complying with the laws regulating
+charities and charitable donations in all 50 states of the United
+States. Compliance requirements are not uniform and it takes a
+considerable effort, much paperwork and many fees to meet and keep up
+with these requirements. We do not solicit donations in locations
+where we have not received written confirmation of compliance. To
+SEND DONATIONS or determine the status of compliance for any
+particular state visit www.gutenberg.org/donate
+
+While we cannot and do not solicit contributions from states where we
+have not met the solicitation requirements, we know of no prohibition
+against accepting unsolicited donations from donors in such states who
+approach us with offers to donate.
+
+International donations are gratefully accepted, but we cannot make
+any statements concerning tax treatment of donations received from
+outside the United States. U.S. laws alone swamp our small staff.
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+Please check the Project Gutenberg Web pages for current donation
+methods and addresses. Donations are accepted in a number of other
+ways including checks, online payments and credit card donations.
+To donate, please visit: www.gutenberg.org/donate
+
+
+Section 5. General Information About Project Gutenberg-tm electronic
+works.
+
+Professor Michael S. Hart was the originator of the Project Gutenberg-tm
+concept of a library of electronic works that could be freely shared
+with anyone. For forty years, he produced and distributed Project
+Gutenberg-tm eBooks with only a loose network of volunteer support.
+
+Project Gutenberg-tm eBooks are often created from several printed
+editions, all of which are confirmed as Public Domain in the U.S.
+unless a copyright notice is included. Thus, we do not necessarily
+keep eBooks in compliance with any particular paper edition.
+
+Most people start at our Web site which has the main PG search facility:
+
+ www.gutenberg.org
+
+This Web site includes information about Project Gutenberg-tm,
+including how to make donations to the Project Gutenberg Literary
+Archive Foundation, how to help produce our new eBooks, and how to
+subscribe to our email newsletter to hear about new eBooks.
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+This eBook, including all associated images, markup, improvements,
+metadata, and any other content or labor, has been confirmed to be
+in the PUBLIC DOMAIN IN THE UNITED STATES.
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+the "Copyright How-To" at https://www.gutenberg.org.
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+this eBook outside of the United States should confirm copyright
+status under the laws that apply to them.
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@@ -0,0 +1,5142 @@
+The Project Gutenberg EBook of Der Alpenkonig und der Menschenfeind
+by Ferdinand Raimund
+
+Copyright laws are changing all over the world. Be sure to check the
+copyright laws for your country before downloading or redistributing
+this or any other Project Gutenberg eBook.
+
+This header should be the first thing seen when viewing this Project
+Gutenberg file. Please do not remove it. Do not change or edit the
+header without written permission.
+
+Please read the "legal small print," and other information about the
+eBook and Project Gutenberg at the bottom of this file. Included is
+important information about your specific rights and restrictions in
+how the file may be used. You can also find out about how to make a
+donation to Project Gutenberg, and how to get involved.
+
+
+**Welcome To The World of Free Plain Vanilla Electronic Texts**
+
+**eBooks Readable By Both Humans and By Computers, Since 1971**
+
+*****These eBooks Were Prepared By Thousands of Volunteers!*****
+
+
+Title: Der Alpenkonig und der Menschenfeind
+
+Author: Ferdinand Raimund
+
+Release Date: October, 2004 [EBook #6637]
+[Yes, we are more than one year ahead of schedule]
+[This file was first posted on January 8, 2003]
+
+Edition: 10
+
+Language: German
+
+Character set encoding: ASCII
+
+*** START OF THE PROJECT GUTENBERG EBOOK, DER ALPENKONIG UND DER MENSCHENFEIND ***
+
+
+
+
+Thanks are given to Delphine Lettau for finding a huge collection of ancient
+German books in London.
+
+
+
+This Etext is in German.
+
+We are releasing two versions of this Etext, one in 7-bit format,
+known as Plain Vanilla ASCII, which can be sent via plain email--
+and one in 8-bit format, which includes higher order characters--
+which requires a binary transfer, or sent as email attachment and
+may require more specialized programs to display the accents.
+This is the 7-bit version.
+
+
+
+
+
+Der Alpenkoenig und der Menschenfeind
+
+Ferdinand Raimund
+
+Romantisch-komisches Original-Zauberspiel in zwei Aufzuegen
+
+Personen:
+
+Astragalus, der Alpenkoenig
+Linarius und Alpanor, Alpengeister
+
+Herr von Rappelkopf, ein reicher Gutsbesitzer
+Sophie, seine Frau
+Malchen, seine Tochter dritter Ehe
+Herr von Silberkern, Sophiens Bruder, Kaufmann in Venedig
+August Dorn, ein junger Maler
+Lischen, Malchens Kammermaedchen
+Habakuk, Bedienter bei Rappelkopf
+Sebastian, Kutscher in Rappelkopfs Dienst
+Sabine, Koechin in Rappelkopfs Dienst
+
+Christian Gluehwurm, ein Kohlenbrenner
+Marthe, sein Weib
+Salchen, ihre Tochter
+Haenschen, Christoph und Andres, ihre Kinder
+Franzel, ein Holzhauer, Salchens Braeutigam
+Christians Grossmutter
+
+Rappelkopfs verstorbene Weiber:
+Victorinens Gestalt
+Wallburgas Gestalt
+Emerentias Gestalt
+
+Alpengeister. Genien im Tempel der Erkenntnis. Dienerschaft in
+Rappelkopfs Hause.
+
+
+Die Handlung geht auf und um Rappelkopfs Landgut vor.
+
+
+
+
+Erster Aufzug
+
+
+
+Erster Auftritt
+
+
+Die Ouvertuere beginnt sanft und drueckt froehlichen Vogelsang aus,
+dann geht sie in fremdartiges Jagdgetoen ueber, begleitet von
+Buechsenknall. Beim Aufziehen der Kurtine zeigt sich eine reizende
+Gegend am Fuss einer Alpe, welche sich im Hintergrunde majestaetisch
+erhebt. Im Vordergrunde zeichnet sich in der Mitte ein Gebuesche
+von Alpenrosen, links ein abgebrochener Baumstamm und im
+Vordergrunde rechts ein hoher Fels aus.
+
+Ein Chor von Alpengeistern, dabei Linarius, durchaus grau als
+Gemsenjaeger gekleidet, jeder eine erlegte Gemse ueber den Ruecken
+haengen, eilt von der Alpe herab und sammelt sich im Vordergrunde
+der Buehne.
+
+
+Chor.
+Stellt die Jagd ein, luftge Schuetzen!
+Von den steilen Alpenspitzen
+Steigt herab ins blumge Tal.
+Zaehlt mit wilder Jaegerfreude
+Schnell die frischgefaellte Beute
+Hier im gruenen Weidmannssaal.
+
+
+
+Zweiter Auftritt
+
+Astragalus, ganz grau gleich den uebrigen Geistern als Alpenjaeger
+gekleidet, ein Jagdgewehr ueber die Schulter.
+
+
+Astragalus (im rauhen Tone).
+Holla ho, ihr Jaegersleute!
+Seid genuegsam in der Beute.
+Lasst, ihr jagdberauschten Schergen,
+Ruhn das Gemsvolk in den Bergen.
+Lang gedonnert haben wir
+Heut im steinigten Revier.
+
+Linarius (erster Alpengeist).
+Grosser Fuerst, du magst nur winken,
+Und der Alpen Geister sinken
+Kraftberaubet in den Staub
+Wie vorm Sturmwind welkes Laub.
+Keiner ist hier, der es wagt,
+Fortzusetzen mehr die Jagd.
+Doch es kann nichts Schoenres geben,
+Als auf Alpenspitzen schweben
+Und den Blitz vom Rohre senden,
+Der Gazelle Leben enden.
+Ha! wenn aus metallnem Lauf
+Krachend sich der Schuss entladet
+Und die goldne Kugel drauf
+In der Gemse Blut sich badet:
+Das ist echte Weidmannslust,
+Das erhebt des Jaegers Brust.
+
+Alle.
+Das ist echte Weidmannslust!
+Das erhebt des Jaegers Brust!
+
+Astragalus.
+Bei des Eismeers starren Wellen,
+Ihr seid wackre Jagdgesellen.
+Oft soll euch die Lust entzuecken,
+Doch auch andre mags begluecken.
+Denn was wir dem Berg entwenden,
+Will ins duerftge Tal ich senden.
+An Bewohner niedrer Huetten,
+Die um karges Mahl oft bitten,
+Teilet eure Gemsen aus.
+Werft sie unsichtbar ins Haus.
+
+Linarius.
+Edel ist stets dein Beginnen,
+Und wir eilen schnell von hinnen,
+Um den maechtgen Herrscherwillen
+Stolz zu ehren durch Erfuellen.
+Lasst die Huetten uns umrauschen
+Und leis dem Entzuecken lauschen,
+Wenn sie in der Tiere Wunden
+Goldne Kugeln aufgefunden.
+Dankesperlen, die sie weinen,
+Wollen wir zu Kraenzen einen,
+Dass sie zieren dann zum Lohn
+Lieblich deinen Alpenthron.
+
+(Alle ab.)
+
+
+
+Dritter Auftritt
+
+Astragalus allein.
+
+
+Astragalus.
+Wohl soll in der Geister Walten
+Lieb und Grossmut maechtig schalten,
+Und ihr Wesen hoher Art,
+Wo sich Kraft mit Freiheit paart,
+Soll, befreit von irdschem Band,
+Schwingen sich an Aethers Rand.
+Doch, so wies im Menschenleben
+Boes und gut Gesinnte gibt,
+Jener hasst und dieser liebt:
+So ists auch in Geistersphaeren,
+Dass nicht all nach oben kehren
+Ihr entkoerpert Schattenhaupt,
+Und, des liebten Sinns beraubt,
+Auch der Boese schaut nach unten,
+An die finstre Macht gebunden.
+Und so wird der Krieg bedinget,
+Der die Welt mit Leid umschlinget,
+Der die Wolken jagt durch Luefte,
+Der auf Erden baut die Gruefte,
+Der den Geist gen Geist entzweiet,
+Der dem Hai die Kraft verleihet,
+In des Meeres Flut zu wueten,
+Der dem Nordhauch schenkt die Blueten,
+Der den Sturm peitscht gegen Schiffe,
+Dass zerschmettern sie am Riffe,
+Der die Menschen reiht in Heere,
+Dass sie zu des Hasses Ehre
+Ueber ihrer Brueder Leichen
+Sich des Sieges Lorbeer reichen--
+Doch ich liebe Geisterfrieden,
+Bin dem Menschen gut hienieden,
+Hause nicht in Bergesschluenden,
+Lass in freier Luft mich finden.
+Hab auf Hoehen, glaenzend weiss,
+Auf des Gletschers kuehnstem Eis,
+Mein kristallnes Schloss erbaut,
+Das der Sterne Antlitz schaut.
+Und dort blick aus klaren Raeumen
+Auf der Menschheit eitles Traeumen
+Mitleidsvoll ich oft herab.
+Doch wenn ich am Pilgerstab
+Manch Verirrten wandern sehe,
+Steig von meiner wolkgen Hoehe
+Nieder ich zum Erdenrunde,
+Reich ihm schnell die Hand zum Bunde
+Und leit ihn mit Freundessinn
+Zum Erkenntnistempel hin. (Ab.)
+
+
+
+Vierter Auftritt
+
+Auf der entgegengesetzten Seite Malchen, Lischen. Erstere im
+lichtblauen Sommerkleide, einen Strohhut auf dem Haupte, laeuft
+froehlich voraus.
+
+
+Malchen.
+Ach, das heiss ich gelaufen, wie pfeilschnell doch die Liebe
+macht! (Sieht sich um.) Hier ist mein teures Tal. Wie herrlich
+alles blueht, heut glaenzt die Sonne doppelt schoen, als waere
+Festtag an dem Himmel und sie des Festes Koenigin. Ach, wie
+dank ich dir, du liebe Sonne, dass du mir meinen August bringst.
+Lischen, Lischen! (Ruft in die Kulisse.) Wo bleibst du denn?
+Wie aengstlich sie sich umsieht. Was hast du denn?
+
+Lischen (kommt ganz verwirrt und sehr geschwaetzig).
+Aber Sie unglueckseliges Fraeulein, wie koennen Sie sich denn heute
+in diese beruechtigte, verrufene, bezauberte Gegend wagen? Haben
+Sie nicht die wilde Jagd gehoert? heut ist der Alpenkoenig los.
+Haett ich das gewusst, Sie haetten mich nicht mit zwanzig Pferden
+aus dem Haus gezogen. Aber Sie weckten mich auf, sagten mir, ich
+sollte mich schnell anziehen, Sie wollten Ihrem August
+entgegeneilen, der heute von seiner Kunstreise aus Italien
+zurueckkoemmt.
+
+Malchen.
+Nun, das tat ich ja. Hier erwart ich meinen August. Sein letzter
+Brief nennt mir den heutgen Morgen. Hier schieden wir in
+Gegenwart meiner Mutter vor drei Jahren mit betruebtem Herzen
+voneinander. Du weisst, dass mein Vater schon damals gegen unsere
+Liebe war, obwohl Augusts Onkel starb und ihm einiges Vermoegen
+hinterliess, schlug er ihm doch meine Hand ab, geriet in den
+heftigsten Zorn und warf ihm Talentlosigkeit in seiner
+Malerkunst vor. August, auf das bitterste gekraenkt, beschloss,
+nach Italien zu reisen, um seinen Kummer zu zerstreuen und
+sich an den grossen Mustern zu bilden. Hier schwor er mir ewge
+Treue, meine gute Mutter versprach uns ihren Beistand, doch
+du weisst, wie es um meinen armen Vater steht. Hier haben wir
+uns getrennt, hier gelobten wir uns wieder in die Arme zu
+stuerzen. Nach seinen Briefen hat er grosse Fortschritte in
+seiner Kunst gemacht.
+
+Lischen.
+Was Italien, was Kunst, was helfen mir alle Maler von ganz Italien
+und Australien! In diesen Bergen haust der Alpenkoenig. Und wenn
+uns der erblickt, so sind wir verloren.
+
+Malchen.
+So sei nur ruhig, es wird ja den Hals nicht kosten.
+
+Lischen.
+Aber die Schoenheit kanns kosten, und der Verlust der Schoenheit
+geht uns Maedchen an den Hals. Und wie innig ist die Schoenheit mit
+dem Hals verbunden, wer halst uns denn, wenn wir nicht schoen mehr
+sind? Wissen Sie denn nicht, dass jedes Maedchen, das den Alpenkoenig
+erblickt, in dem Augenblick um vierzig Jahre aelter wird? Ja sehen
+Sie mich nur an, keine Minute wird herabgehandelt. Vierzig Jahre,
+und unsere jetzigen auch noch dazu, da wird eine schoene Rechnung
+herauskommen. Stellen Sie sich die Folgen einer so entsetzlichen
+Verwandlung vor. Was wuerde ihr geliebter Maler dazu sagen, wenn
+er in Ihnen statt einer bluehenden Fruehlingslandschaft eine
+ehrwuerdige Wintergegend aus der niederlaendischen Schule erblickte,
+was wuerden alle meine Anbeter dazu sagen, wenn der Anblick dieses
+Ungetuems meine Wangen in Falten legte wie eine hundertjaehrige
+Pergamentrolle?
+
+Malchen.
+Aber wer hat dir denn solche Maerchen aufgebunden? Beinahe koennt
+ich selbst in Angst geraten. Es gibt gar keinen Alpenkoenig.
+
+Lischen.
+Nicht? Nun gut--bald werd ich Sie wie meine Grossmutter verehren.
+Folgen Sie mir, oder ich laufe allein davon. (Will fort.)
+
+Malchen.
+So bleib nur, mein August wird bald hier sein, die Sonne steht
+schon hoch, du musst mir Toilette machen helfen, der Wind hat
+meine Locken ganz zerruettet. Du hast doch den kleinen Spiegel
+mitgenommen, wie ich dir befahl?
+
+Lischen.
+Ei freilich, ach, haett ich lieber meine Angst vergessen!
+
+Malchen.
+So. (Setzt sich auf den Baumstamm und oeffnet ihre Locken. Lischen
+steht mit dem Spiegel vor ihr.) Halt ihn nur! Weisst du, Lischen,
+ich muss mich doch ein wenig zusammenputzen, er koemmt aus Italien,
+und die Frauenzimmer sollen dort sehr schoen sein.
+
+Lischen.
+Hahaha, warum nicht gar! Ich kenne in der Welt nur ein schoenes
+Frauenzimmer. Sie werden mich verstehen, Fraeulein.
+
+Malchen (nimmt es auf sich).
+Du bist zu galant, Lischen, das verdien ich nicht.
+
+Lischen (beiseite).
+Die glaubt, ich mein sie, wie man nur so eitel sein kann--und ich
+meine mich.
+
+Malchen.
+So, Lischen, jetzt sind die Locken alle offen--jetzt halt nur
+gut, der Alpenkoenig tut uns nichts.
+
+Lischen.
+Ach ums Himmels willen, nennen Sie doch den abscheulichen
+Alpenfuersten nicht--(erschrickt) es rauscht ja etwas im Gebuesche,
+Himmel, ich lass den Spiegel fallen. (Ein Auerhahn fliegt aus dem
+Gebuesche auf. Sie schreit.) Ach der Alpenkoenig! (Laeuft mit dem
+Spiegel fort.)
+
+Malchen (nachrufend).
+Lischen, Lischen, was schreiest du denn, es ist ja nur ein Vogel.
+Ach du lieber Himmel, sie hat ja den Spiegel mitgenommen, die
+laeuft ganz sicher nach Hause. Lischen, so hoere doch! Entsetzlich,
+meine Locken, wenn jetzt August koemmt und mich so erblickt. Das
+ueberleb ich nicht. Ach du lieber Himmel, wie haett ich mir das
+vorstellen koennen, das ist doch das groesste Unglueck, das einem
+Menschen begegnen kann. (Besinnt sich.) Aber pfui, Malchen, was
+ist das fuer eine Eitelkeit, August wird dich doch nicht deiner
+Locken wegen lieben? (Aergerlich.) Aber die Locken tragen dazu
+bei, wenn die Maenner nun einmal so sind, was kann denn ich dafuer?
+Und warum heissen sie denn Locken, wenn sie nicht bestimmt waeren,
+die Maenner anzulocken? (Sieht in die Szene.) Ach, dort eilt er
+schon den Huegel herauf. O welche Freude (huepft), welche Freude!
+(Ploetzlich stille.) Wenn nur die fatalen Locken nicht waeren!
+Ich will mich hinter den Rosenbusch verstecken, vielleicht bring
+ich sie doch ein wenig zurechte. (Verbirgt sich hinter das
+Rosengebuesche.)
+
+
+
+Fuenfter Auftritt
+
+August im einfachen Reiseanzug, eine Mappe unter dem Arme.
+
+
+August.
+Von dem meerumwogten Strande,
+Aus dem wunderholden Lande,
+Wo die goldnen Aehrenfelder
+Wechseln mit Orangenwaelder,
+Wo die stolzen Apenninen
+Ueber alte Groesse sinnen,
+Wo die Kunst mit Geisteswaffen
+Das Vollendetste erschaffen,
+Wo die ungeheuren Reste
+Der zerfallenen Palaeste
+An die Kraft der Zeit uns mahnen
+Und wir bebend Hohes ahnen:
+Aus dem Tempel der Natur
+Kehr ich heim zur stillen Flur.
+Denn im biedern Vaterlande
+Ketten mich die teuern Bande
+Zarter Liebe, fester Treue,
+Und der Riesenbilder Reihe,
+Die wie Traeume mich umwehen,
+Schliesst ein frohes Wiedersehen.
+
+Seid mir gegruesst, ihr heimatlichen Berge! O Erinnerung, wie nah
+trittst du an mich und reichst mir einen schoenen Kranz, geflochten
+aus vergangnen Freuden. Und doch muss ich bei all dem Schoenen hier
+das Schoenste noch vermissen, bei all dem Lieben fehlt mein
+Liebstes mir. Wo bist du, teures Malchen? Warum erwartest du mich
+nicht? Sollte sie meinen Brief nicht empfangen haben? Ist sie
+krank? Vielleicht kann sie so frueh vom Haus nicht fort. Sie koemmt
+gewiss. Ich will indes die Gegend zeichnen hier, die sie so liebt,
+und zum Geschenk ihrs bieten, wenn sie naht. (Er setzt sich auf
+den Baumstamm und zeichnet.) Wie herrlich dort die Alpe glaenzt
+im Sonnenstrahl, die heitre Luft, und hier--der dunkle Fels, der
+ueppge Rosenstrauch--nur eins gefaellt mir nicht, die bleichen
+Rosen machen sich nicht gut, ich wuesste schoenere, die auf ihren
+Wangen bluehn. Waer nur Malchen hier, sie sagte mir gewiss, was ich
+fuer Farben waehlen soll.
+
+Malchen (oeffnet mit beiden Haenden den Rosenstrauch und blickt
+liebevoll hervor, so dass sie mit halbem Leibe sichtbar ist und
+sagt zaertlich).
+Lass sie blau sein wie Bestaendigkeit.
+
+August (hoechst entzueckt).
+Amalie!
+
+(Sie stuerzen sich in die Arme.)
+
+Malchen.
+August, lieber August!
+
+Astragalus (erscheint auf dem Fels im Vordergrunde und ruft).
+Heisa he! da gehts ja lustig zu im Alpentale. (Er stuetzt sich auf
+sein Gewehr und behorcht das folgende Gespraech.)
+
+August.
+Liebes, schoenes, gutes Malchen--(ploetzlich scherzhaft) boeses
+Malchen, warum hast du mich auch nur einen Augenblick geneckt?
+
+Malchen.
+Sei nicht boese, lieber August!
+
+August.
+Dafuer raech ich mich durch diesen Kuss. (Kuesst sie.)
+
+Malchen.
+O du rachsuechtiger Mensch!
+
+August (sanft).
+Bist du ungehalten darueber?
+
+Malchen (unschuldig).
+Gott bewahre, raeche dich nur. Boese Leute sagen, die Rache sei
+suess, und auf diese Weise moecht ich es beinahe glauben.
+
+August.
+Gutes Malchen! Wie gluecklich fuehl ich mich, dich wieder zu sehen,
+nichts soll uns trennen als der Tod
+
+Malchen.
+Und mein Vater, August, der ist noch weit ueber den Tod. Wenn der
+gute Vater nur nicht gar so boese auf mich waere!
+
+August.
+Sorge nicht, Malchen, wenn er die Fortschritte meiner Kunst
+erfahren wird, wenn er sich von der Bestaendigkeit meiner Liebe
+ueberzeugt, so kann uns seine Einwilligung nicht entgehen. Ich
+will noch heute zu ihm.
+
+Malchen.
+Ach, das ist vergebens. Mein Vater spricht niemand ausser seiner
+Familie, nur selten die Dienerschaft. Er ist zum Menschenfeind
+geworden.
+
+August.
+Unmoeglich, und du ruehmtest mir sein Herz, seine Rechtlichkeit.
+
+Malchen.
+Er besitzt beides. Doch du weisst, dass mein Vater, als er in der
+Stadt noch den ausgebreiteten Buchhandel hatte, um grosse Summen
+betrogen wurde, die er aus Gutmuetigkeit an falsche Freunde verlieh.
+Undank und Niedertraechtigkeit brachten ihn zu dem Entschluss,
+seinen Buchhandel aufzugeben, die Stadt zu fliehen und sich auf
+seinem gegenwaertigen Landsitz vor der Zudringlichkeit aehnlicher
+Menschen zu verbergen. Hier liest er nun unaufhoerlich
+philosophische Buecher, die ihm den Kopf verruecken. Sein Misstrauen
+hat keine Grenzen. Er hat die unglueckliche Weise, gegen jeden
+Menschen so aufzufahren, dass er die gleichgueltigsten Dinge mit
+einer Art von Wut verlangt. Niemand, selbst die Mutter, kann um
+ihn weilen. Alles flieht und fuerchtet ihn, und darum hat er jeden
+im Verdacht der Untreue und goennt doch keinem eine Verteidigung.
+Sein Menschenhass steigt mit jedem Tage, und wir fuerchten fuer sein
+Leben. Wie gerne wuerden wir alles dafuer tun, ihn von unserer
+Liebe zu ueberzeugen; doch, wer lehrt ihn den Fehler seiner
+unbilligen Heftigkeit einsehen und ablegen, womit er sich alles
+zum Feinde macht und sich der Mittel beraubt, die Menschen aus
+einem bessern Gesichtspunkte zu betrachten. Deinen Namen duerfen
+wir gar nicht aussprechen, er weiss, dass meine Mutter unsre Liebe
+billiget, und hasst sie darum bis in den Tod.
+
+August.
+O grausames Schicksal, warum vernichtest du all meine gluecklichen
+Traeume wieder? Also kann ich dich nie besitzen, Malchen?
+
+Malchen.
+Wenn ich nur ein Mittel wuesste, dich zu erringen! Waer ich frei wie
+jener Vogel, der sich so froehlich in der blauen Luft dort wiegt,
+ich zoege mit dir durch die ganze Welt. Glueckliches beneidenswertes
+Tier! Wer darf dir deine Freiheit rauben?
+(Astragalus schiesst den Vogel aus der Luft. Man sieht ihn aber
+nicht fallen. Malchen erschrickt.)
+Ha!
+
+Astragalus (immer im rauhen Tone).
+Des Schuetzen Blei, weil du die Frage stellst.
+
+Malchen (blickt hinauf). O August, sieh!
+
+August.
+Wer bist du, grauer Wundermann?
+
+Astragalus.
+Den Alpenkoenig nennt man mich.
+
+Malchen.
+Der Alpenkoenig! wehe mir! (Sinkt ohnmaechtig in Augusts Arme.)
+
+August.
+Was ist dir, Malchen? Huelfe, Huelfe, steht ihr bei!
+
+Astragalus (lachend).
+Da muessen Steine sich erbarmen selbst. Hab Mitleid, Fels, und
+oeffne schnell dein Herz! (Er stosst mit dem Kolben des Gewehrs
+an den Fels. Der Fels oeffnet sich, man sieht einen kleinen
+Wasserfall, der ueber Rosen sprudelt, an dem zwei Genien lauschen,
+sie fangen mit goldnen Muscheln Wasser aus der Quelle und
+besprengen Malchen damit.)
+Erwache, Toerin, die sich Fluegel wuenscht und so die Erde hoehnt!
+
+August.
+Sie schlaegt das Auge auf. Wie ist dir, Malchen?
+
+Malchen.
+Ach, wie kann mir sein! Ich habe den Alpenkoenig erblickt. Jetzt
+bin ich gewiss um vierzig Jahre aelter geworden. Erkennst du mich
+noch, August?
+
+August.
+Bist du von Sinnen? Was hast du denn?
+
+Malchen.
+Ach, Falten habe ich, lieber August, viele tausend Falten. Ich
+muss entsetzlich aussehen. Sieh mich nur nicht an!
+
+August.
+Was faellt dir ein! Du bist so schoen, als du es immer warst.
+
+Malchen.
+Schoen waer ich? Gewiss? Und haette keine Falte, keine einzige?
+
+August.
+Gewiss nicht.
+
+Malchen.
+Ach du lieber Himmel, wie danke ich dir! Nein, eine solche Angst
+hab ich in meinem Leben noch nicht ausgestanden!
+
+August.
+Was war dir denn?
+
+Malchen.
+Nun, Lischen sagte mir, ein Maedchen, das den Alpenkoenig sieht,
+wuerd um vierzig Jahre aelter.
+
+Astragalus (tritt vor).
+So sagte sie?
+
+Malchen.
+Ach! da ist er schon wieder! (Verhuellt das Gesicht.)
+
+Astragalus.
+Seid ohne Furcht und horcht, was Alpenkoenig spricht.
+Schon zweimal sah ich eurer Herzen Brand
+Wie Morgenrot auf Lilienschnee ergluehen
+Und Traenen, edler Sehnsucht nur verwandt,
+Leidkuendend ueber eure Wangen ziehen.
+Und weil mich dies so inniglich erfreut,
+Dass ihr so seltsam treu noch denket,
+Hab ich euch meine Fuerstengunst geweiht
+Und eure Lieb mit meinem Schutz beschenket.
+(Zu Malchen.)
+Ich weiss um deines Vaters Menschenhass,
+Hab ihn belauscht, wenn er den Wald durchrannte
+Mit Ebersgrimm, auf Bergesgipfel sass
+Und seinen Fluch nach allen Winden sandte.
+Doch lasst darum den treuen Mut nicht sinken.
+Erkennen wird mit seinem Wahnsinn rechten.
+Die Sterne werden bald zur Brautnacht winken,
+(zu Malchen)
+Und Alpenkoenig wird den Kranz dir flechten. (Ab.)
+
+
+
+Sechster Auftritt
+
+August. Malchen.
+
+
+Malchen.
+Hast dus gehoert, August, ists ein Traum, wir sollen gluecklich
+werden?
+
+August.
+Wir wollen seinem Worte glauben. Und obwohl ich seine Existenz
+fuer ein Maerchen hielt, muss ich sie fuer wahr erkennen, wenn ich
+nicht ungerecht gegen meine Sinne handeln will.
+
+Malchen.
+Komm, wir wollen meiner Mutter alles erzaehlen, ich werde schon
+sehen, dass du mit ihr sprechen kannst. Lass uns vertrauen auf den
+Alpenkoenig. Er scheint nicht boes zu sein, ich hab ihm auch dreist
+ins Auge geblickt, und es hat mir nichts geschadet, nicht wahr,
+lieber August? Ich bin um gar nichts aelter geworden?
+
+August.
+Nein, liebes Malchen. Seit ich dich wiedersehe, kaum um eine
+Stunde.
+
+Malchen.
+Um eine Stunde nur? (Ihm sanft ins Auge blickend.) Nun, eine
+Stunde kann ich schon verschmerzen und es war eine glueckliche,
+denn ich habe sie mit dir verlebt.
+
+August.
+O gutes Malchen, wie beglueckst du mich!
+
+(Beide Arm in Arm ab.)
+
+
+
+Siebenter Auftritt
+
+Verwandlung
+Zimmer auf Rappelkopfs Landgut.
+
+Sophie. Sabine. Der Kutscher. Die saemtliche Dienerschaft.
+
+
+Chor.
+Euer Gnaden sind so guetig,
+Doch wir haltens nimmer aus.
+Unser Herr ist gar zu wuetig,
+Und das treibt uns aus dem Haus.
+Niemand kann bei ihm bestehn,
+Und wir wollen alle gehn.
+
+Sopie.
+Seid nur ruhig, liebe Leute, verseht euren Dienst, nur kurze Zeit
+noch, es wird sich vielleicht bald alles aendern. Geht an eure
+Pflicht! Wenn mein Mann herueberkaeme, ich bin in Todesangst.
+
+Kutscher.
+Ei, was nutzt denn das, Euer Gnaden, er solls wissen, wir koennens
+nicht mehr laenger aushalten mit ihm, wir tun unser Schuldigkeit,
+und er kann uns nicht leiden.
+
+Sopie.
+Es wird sich alles aendern, ich habe an meinen Bruder nach Venedig
+geschrieben, ihm meines Mannes Seelenkrankheit und ihre ueblen
+Folgen vorgestellt, er wird vielleicht noch heute ankommen, um
+alles zu versuchen, seinen Menschenhass zu heilen--oder mich
+von meinem armen Mann zu trennen.
+
+Kutscher.
+Na, das ist die hoechste Zeit, Euer Gnaden schauen sich ja gar
+nimmer gleich. Drei Weiber hat er schon umbrachte er ist ja ein
+voelliger blauer Bart.
+
+
+
+Achter Auftritt
+
+Vorige. Habakuk.
+
+
+Sopie.
+Diese gemeinen Aeusserungen hoeren zu muessen! Habakuk, ist mein Mann
+auf seinem Zimmer? Ist Malchen schon zu Hause?
+
+Habakuk.
+Der gnaedige Herr ist schon wieder im Gartenzimmer, er hat sich
+selbst seinen Schreibtisch und seinen Stuhl hinuebergetragen und
+geht mit sieben Ellen langen Schritten auf und ab. Ich versichere
+Euer Gnaden, ich war zwei Jahr in Paris, aber ein solcher Herr
+ist mir nicht vorgekommen.
+
+Sabine (im schwaebischen Dialekt).
+Nu da habe wirs, jetzt trau ich mich nicht in den Garte hinaus,
+er hat den Schluessel von der Hofgartetuer abgezogen.--Ich kann
+nicht koche--
+
+Sopie.
+Nun so geh Sie durch das Gartenzimmer.
+
+Sabine.
+Ja wer traut sich denn hinein? Wenn der Herr drinne ist? Da geh
+ich ja eher zu einem Leopard in die Falle. Er jagt ja alles
+hinaus. Wenn er in die Kuchel kommt, so waers notwendig, ich
+schliefet unter den Herd.
+
+Habakuk.
+Nun ja, und da sind so schon so viel Schwaben unten.
+
+Kutscher.
+Mich kann er gar nicht leiden, ich muss mich immer unters Heu
+verstecken.
+
+Habakuk.
+Mich hasst er doch nur bis daher (zeigt den halben Leib). Er sagt,
+ich waer nur ein halbeter Mensch.
+
+Sopie.
+Aber er beschenkt euch ja so oft.
+
+Sabine.
+Ja aber wie? Er tut einem dabei alle Grobheiten an und wirft
+einem das Geld vor die Fuess.
+
+Habakuk.
+Oh, da ist er noch in seinem besten Humor, aber neulich nimmt er
+sein goldene Uhr, ich glaub, er macht mir ein Praesent, derweil
+wirft er mir s' an den Kopf. (Hochdeutsch.) Ja, das sind halt
+Beruehrungen, in die man nicht gern mit seiner Herrschaft kommt,
+ich war zwei Jahr in Paris, aber das hab ich nicht erlebt. Zu was
+brauch ich zwei Uhren, ich hab meine Uhr im Kopf, aber am Kopf
+brauch ich keine.
+
+Sabine.
+Kurz, in dem Haus ist nichts zu mache, wenn man nicht einmal in
+den Garten kann--
+
+Habakuk.
+Wie soll man denn da auf ein gruenes Zweig kommen!
+
+Alle.
+Kurzum, wir wollen alle fort.
+
+Sopie.
+Also wollt ihr eure Frau, die euch immer so menschenfreundlich
+gewogen war, so ploetzlich verlassen, da ihr doch seht, dass sowohl
+ich als meine Tochter eine gleiche Behandlung zu erdulden haben?
+Ich kann euch nicht fortlassen, weil zwischen heut und morgen
+mein Bruder ankoemmt, der vieles ueber meinen Mann vermag. So
+lange muesst ihr die Launen eures Herrn noch ertragen.
+
+Alle.
+Es geht nicht, Euer Gnaden, es ist nicht zum existieren.
+
+Sopie.
+Nun, so nehmt dieses kleine Geschenk (sie gibt jedem einige
+Silberstuecke) und staerkt eure Geduld damit, vielleicht geht es
+doch.
+
+Alle.
+Ach! Wir kuessen die Hand, Euer Gnaden.
+
+Kutscher.
+Wir werden halt sehen, ob wir auskommen koennen mit ihm.
+
+Habakuk.
+Solang wir mit dem Geld auskommen, kommen wir schon mit ihm auch
+aus.
+
+Sabine.
+Und wisse Euer Gnade, er waer nicht gar so uebel, der gnaedge Herr--
+
+Kutscher.
+Ach gar nicht--wenn er nur anders waer.
+
+Habakuk.
+Freilich, das ist der einzige Umstand.
+
+Sopie.
+Doch jetzt geht beruhigt an eure Geschaefte.
+
+Alle.
+Gleich, gnaedige Frau. (Ab.)
+
+Kutscher.
+Euer Gnaden sind halt eine gscheide Frau. Ich sag immer, Euer
+Gnaden sind einmal ein Kutscher gwesen, weil Euer Gnaden so gut
+wissen, dass man einen Wagen schmieren muss, wann er fahren soll.
+(Lacht dumm und geht ab.)
+
+Sabine (kuesst ihr die Hand).
+Das ist wahr, Euer Gnaden sind eine Frau, die man in der ganzen
+Welt suche darf. (Ab.)
+
+Habakuk.
+Ich versichere Euer Gnaden, ich war zwei Jahr in Paris, aber ein
+Herz, wie Euer Gnaden zu haben belieben, das ist wirklich, wie
+man auf franzoesisch sagt, nouveau!
+
+
+
+Neunter Auftritt
+
+Lischen. Vorige.
+
+
+Sopie.
+Nun endlich seid ihr zurueck. Wo ist Malchen? Ist August
+angekommen? Haben sie sich getroffen?
+
+Lischen.
+Von allen dem weiss ich keine Silbe, gnaedige Frau, ich weiss gar
+nichts, als dass der Maedchen verfolgende Alpenkoenig eine Jagd
+gegeben hat, dass mich an dem Ort des Rendezvous eine Angst
+befallen hat und dass ich ueber Hals und Kopf zurueckgelaufen bin.
+
+Sopie.
+Und Malchen?
+
+Lischen.
+Wollte ihren Liebhaber erwarten und war nicht zu bewegen, mit
+zurueckzugehen.
+
+Sopie.
+Aber wie kann Sie sich unterstehen, meine Tochter allein zu
+lassen? Sie leichtsinnige Person, der ich mein Kind anvertraut
+habe! Ich muss nur gleich Leute hinaussenden. Wenn ihr ein Unglueck
+widerfuehre! O Himmel, was bin ich fuer ein gequaeltes Geschoepf!
+
+Lischen.
+Aber gnaedge Frau--
+
+Sopie.
+Geh Sie mir aus den Augen. (Eilig ab.)
+
+
+
+Zehnter Auftritt
+
+Lischen. Habakuk.
+
+
+Lischen (aeusserst zornig).
+Nein, das ist nicht zum Aushalten, das Haus ist ja eine wahre
+Folterbank. Wie man nur die Dienstleute so herabsetzen kann?
+
+Habakuk.
+Es ist aber auch ein Volk. Ich bin ein Bedienter, aber wenn ich
+mein eigner Herr waer, ich jaget mich selber fort.
+
+Lischen.
+Mich eine Person zu heissen!
+
+Habakuk.
+Solche Personalitaeten!
+
+Lischen.
+Halt Er Sein Maul! Wenn ich nur diesen langweiligen Menschen
+nicht mehr vor mir sehen duerfte!
+
+Habakuk.
+Ich bin kein Menschenfeind, aber ich habe einen Stubenmaedelhass.
+Was mir diese Person zuwider ist, bloss weil sies nicht glauben
+will, dass ich in Paris gewesen bin. (Boshaft.) Gschieht Ihr schon
+recht, Mamsell Liserl!
+
+Lischen.
+O Er erbaermlicher Wicht! Er verdient gar nicht, dass sich ein
+Stubenmaedchen von meiner Qualitaet mit Ihm unter einem Dache
+befindet.
+
+Habakuk.
+Oh, prahlen Sie nicht so mit Ihrer Stubenmaedelschaft, Sie haben
+auch die Stubenmaedlerei nicht erfunden. Ich versichere Sie, ich
+war zwei Jahr in Paris, da gibt es Stubenmaedel--wenn man die ins
+Deutsche uebersetzen koennt, das gaebet eine Stubenmaedliade, wo sich
+die ganze hiesige Kammerjungferschaft verstecken muesst. Und Sie
+schon gar, meine liebe Exkammerjungfer.
+
+Lischen.
+Er zwei Jahre in Paris gewesener Einfaltspinsel, Er kommt mir
+gerade recht, wenn Er sich noch einmal untersteht, seine
+unverschaemte Zunge zu meinem Nachteil zu bewegen, so werd ich
+Seinen Backen einen Krieg erklaeren und Ihm den auffallendsten
+Beweis liefern, auf was fuer eine kraeftige Art ein deutsches
+Kammermaedchen die Ehre ihres Standes zu raechen weiss. (Gibt ihm
+eine Ohrfeige und geht schnell ab.)
+
+Habakuk (haelt sich die Wange).
+Nein, was man in dem Haus alles erlebt--ich war zwei Jahre in
+Paris, aber so etwas ist mir nicht vors Gesicht gekommen. (Geht
+ab, indem er sich den Backen haelt.)
+
+
+
+Elfter Auftritt
+
+Verwandlung
+Kuerzeres Zimmer. Rechts die Eingangstuer, links fuehrt eine Glastuer
+nach dem Garten. Auf dieser Seite befindet sich ein massiver
+altmodischer Tisch und ein Stuhl. Rechts an der Wand neben der
+Tuer ein hoher Spiegel. Neben der Gartentuer ein Sekretaer.
+
+Rappelkopf koemmt in heftiger Bewegung zur Glastuer herein. Sein
+ganzes Wesen ist sehr auffahrend. Er sieht die Menschen nur auf
+Augenblicke oder mit Seitenblicken an und wendet sich schnell,
+entweder erzuernt oder veraechtlich, von ihnen ab.
+
+
+Rappelkopf.
+Ha! Ja!
+
+Lied
+Ja, das kann nicht mehr so bleiben,
+'s ist entsetzlich, was sie treiben.
+Ins Gesicht werd ich belogen,
+Hinterm Ruecken frech betrogen,
+'s Geld muss ich am End vergraben,
+Denn sie stehln als wie die Raben.
+Ich hab keinen Kreuzer Schulden,
+Bare hunderttausend Gulden,
+Und doch wirds mir noch zu wenig,
+Es taet not, ich wurd ein Koenig.
+Meine Felder sind zerhagelt,
+Meine Schimmel sind vernagelt,
+Meine Tochter, wie betruebt,
+Ist das ganze Jahr verliebt.
+Alle Tag ist das ein Gwinsel
+Um den Maler, um den Pinsel,
+Der kaum hat ein Renommee,
+Und vom Geld ist kein Idee.
+Und mein Weib, bei allen Blitzen,
+Will die Frechheit unterstuetzen,
+Sagt, er waer ein Mann zum Kuessen,
+Wie die Weiber das gleich wissen!
+Und das soll mich nicht verdruessen?
+Ja, da moecht man sich erschiessen.
+Und statt dass man mich bedauert,
+Wird auf meinen Tod gelauert,
+Und so sind sie alle, alle,
+Ich zerberste noch vor Galle.
+Drum hab ich beschlossen und werd es vollstrecken,
+Ich lass von den Menschen nicht laenger mich necken.
+Ich lasse mich scheiden, ich dringe darauf.
+Der ganzen Welt kuend auf Michaeli ich auf.
+Die Liebe, die Sehnsucht, die Freundschaft, die Treue,
+Mir falln s' nur nicht alle gschwind ein nach der Reihe,
+Die lockenden, falschen, gewandten Mamsellen,
+Die mich fast ein halbes Jahrhundert schon prellen,
+Die lad ich noch einmal zum Fruehstueck ins Haus
+Und peitsch sie, wie Timon, zum Tempel hinaus.
+
+Es ist aus! Die Welt ist nichts als eine giftge Belladonna, ich
+habe sie gekostet und bin toll davon geworden. Ich brauch nichts
+von den Leuten, und sie kriegen auch nichts von mir, nichts Gutes,
+nichts Uebles, nichts Suesses und nichts Saures. Nicht einmal meinen
+sauren Wein will ich ihnen mehr verkaufen. Ich habe Aufrichtigkeit
+angebaut, und es ist Falschheit herausgewachsen. Es ist
+schaendlich, ich bin auf dem Punkte durch meinen eignen Schwager
+zum Bettler zu werden. Er hat mich ueberredet, mein Vermoegen
+einem Handlungshause in Venedig anzuvertrauen, das jetzt dem
+Sturze nah sein muss. Ich erhalte keine Interessen, keinen Brief
+von meinem heuchlerischen Schwager, den ich verkannt und der
+vielleicht im Bunde steht mit dem betruegerischen Volk. Und so
+taeuscht mich alles! alles! Darum will ich keinen Kameraden mehr
+haben als die zanksuechtige Erfahrung.
+
+Das ist der vorsichtge, weltghetzte Hase
+Mit der vom Unglueck zerstossenen Nase,
+Mit dem millionmal verwundeten Schaedel,
+Das ist mein Mann, den behandle ich edel.
+
+Ich hab zu viel ausgestanden in der Welt. Mich hat die
+Freundschaft getaeuscht, die Liebe betrogen und die Ehe gefoltert.
+Ich kanns beweisen, ich hab vier Attestaten, denn ich hab das
+vierte Weib. Und was fuer Weiber! Eine jede hat eine andere
+Untugend ghabt. Die erste war herrschsuechtig. Die hat wollen
+eine Koenigin spielen. Bis ich als Treffkoenig aufgetreten bin.
+Die zweite war eifersuechtig bis zum Wahnsinn. Wie sich nur eine
+Fliegen auf meinem Gsicht hat blicken lassen, pums, hat sie s'
+erschlagen. Das waren zwei Ehen--da kann man sagen, Schlag auf
+Schlag. Die dritte war mondsuechtig. Wenn ich in der Nacht hab
+etwas auf sie sprechen wollen, ist sie auf dem Dach oben gsessen.
+Jetzt frag ich einen Menschen, ob das zum Aushalten war? Aber
+sie haben doch behauptet, sie koennten mit mir nicht leben, und
+sind aus lauter Bosheit gestorben. Bin aber nicht gscheid
+geworden, hat mich die Hoellenlust angewandelt, eine vierte zu
+nehmen. Eine vierte, die viermal so falsch ist als die andern
+drei. Die mein Kind in ihrem Ungehorsam unterstuetzt. Den Maler
+protegiert, den Maler, der vor Hunger alle Farben spielt. Nichts
+als immer wispert mit der Dienstbotenbrut, Komplotte macht gegen
+ihren Herrn und Meister. (Sieht zur halboffnen Eingangstuer
+hinaus.) Aha! Da schleicht das Stubenmaedel herum. Die hat schon
+wieder eine Betruegerei im Kopf. Die waer nicht so uebel, das
+Stubenmaedel, das ist noch die sauberste--aber ich hab einen
+Hass auf sie, einen unendlichen--ich werd sie aber doch
+hereinrufen, bloss um sie auf eine feine Art auszuforschen. He!
+Lischen! (Schreit.) Herein mit ihr!
+
+
+
+Zwoelfter Auftritt
+
+Voriger. Lischen tritt furchtsam ein.
+
+
+Lischen.
+Was befehlen Euer Gnaden?
+
+Rappelkopf (immer barsch).
+Ich hab etwas zu reden mit ihr.
+
+Lischen (erschrickt).
+Mit mir? (Beiseite.) Nun das wird eine schoene Konversation werden.
+Was er schon fuer Augen macht!
+
+Rappelkopf (beiseite).
+Ich werd alle moeglichen Feinheiten gebrauchen. (Roh.) Da geh
+Sie her! (Lischen naehert sich verzagt. Rappelkopf betrachtet
+sie veraechtlich vom Kopf bis zu den Fuessen.) Infame Person!
+
+Lischen.
+Aber Euer Gnaden--
+
+Rappelkopf.
+Was Gnaden--nichts Gnaden--schweig Sie still und antwort Sie.
+
+Lischen.
+Das kann ich ja nicht zugleich.
+
+Rappelkopf.
+Sie kann alles. Es gibt keinen Betrug, der Ihr nicht moeglich waere.
+Sie ist eine Mosaik aus allen Falschheiten zusammengesetzt.
+(Beiseite.) Ich muss mich zurueckhalten, damit ich nur nicht
+unhoeflich mit ihr bin.
+
+Lischen (empoert).
+Aber wer wird sich denn solche Impertinenzen sagen lassen?
+
+Rappelkopf (heftig).
+Sie, Sie wird 's sich sagen lassen. Und wird keinen Laut von
+sich geben. Was hat Sie fuer eine Betruegerei vorgehabt? Sie will
+mich bestehlen?
+
+Lischen.
+Nein!
+
+Rappelkopf.
+Was denn?
+
+Lischen.
+Ich will mich empfehlen. (Will fort.)
+
+Rappelkopf (nimmt ein ungeladenes Jagdgewehr).
+Nicht von der Stelle, oder ich schiess Sie nieder!
+
+Lischen (schreit).
+Huelfe, Huelfe!
+
+Rappelkopf.
+Nicht mucksen! Antwort! Warum hat Sie so verdaechtig herumgesehen?
+Was ist im Werk?
+
+Lischen.
+Himmel, wenn es losgeht!
+
+Rappelkopf.
+Nutzt nichts! losgehn muss etwas, entweder Ihr Maul oder die
+Flinten.
+
+Lischen.
+Ach, was soll ich denn mein Leben riskieren! (Kniet nieder.)
+Lieber gnaediger Herr, ich will alles bekennen.
+
+Rappelkopf.
+Endlich kommts an den Tag. Himmel, tu dich auf!
+
+Lischen.
+Ich habe gelauscht, ob das Fraeulein nicht aus dem Alpental
+zurueckkoemmt, die gnaedge Frau hat mich ausgezankt, weil ich
+nicht bei ihr geblieben bin, da sie ihren Liebhaber erwartet,
+der heute ankommt. Die gnaedige Frau ist mit ihr einverstanden,
+doch weil sie mich so misshandelt hat, so verrate ich sie.
+
+Rappelkopf.
+Entsetzlicher Betrug! O falsche Niobe! Und Sie niedrigdenkende
+Person, Sie wagt es, Ihre Frau zu verraten--der Sie so viel
+Dank schuldig ist? O Menschen, Menschen! Ausgeartetes Geschlecht!
+Aus meinen Augen geh Sie mir, Sie undankbare Kreatur, ich will
+nie mehr etwas von Ihr wissen.
+
+Lischen.
+Aber was haett ich denn tun sollen?
+
+Rappelkopf.
+Schweigen haett Sie sollen.
+
+Lischen.
+Aber Euer Gnaden haetten mich ja erschossen.
+
+Rappelkopf.
+Ist nicht wahr, es ist nicht geladen. Betrug fuer Betrug.
+
+Lischen.
+So, also haett ich diese Angst umsonst ausgestanden? Das ist
+abscheulich.
+
+Rappelkopf.
+Nein, nicht umsonst. Du Krokodil von einem Stubenmaedel--du
+sollst eine Menge dafuer haben: meine Verachtung, meinen Hass,
+meinen Schimpf, meine Verfolgung und deinen Lohn. (Wirft ihr
+einen Beutel vor die Fuesse.) Nimms und geh aus meinem Haus. Mach
+dich zahlhaft, oder ich zahl dich auf eine andre Art aus. So
+nimms, warum nimmst du es denn nicht?
+
+Lischen.
+Oh, ich werds schon nehmen. (Denkt nach.) Gnaedger Herr!
+
+Rappelkopf.
+Was denkst denn nach, du Viper? Nimms und ruf mir deine Frau.
+
+Lischen (schnell auf die Gartentuer deutend).
+Dort ist sie ja!
+
+Rappelkopf (schiesst schnell gegen die Gartentuer).
+Wo ist sie? Wo? Her mit ihr.
+
+Lischen (hebt schnell den Beutel auf).
+Das ist ein alter Narr! (Laeuft schnell ab.)
+
+Rappelkopf (sieht ihr nach).
+Hat ihn schon! O ihr Welten, stuerzt zusammen, dieses weibliche
+Insekt wagt es, mich zum besten zu halten! O Rappelkopf! Wie
+falsch diese Menschen mit mir sind, und ich bin so gut mit ihnen!
+Ha! Dort kommt mein Weib, entsetzlicher Anblick--meine Haar
+straeuben sich empor, ich muss aussehen wie ein Stachelschwein.
+
+
+
+Dreizehnter Auftritt
+
+Voriger. Sophie.
+
+
+Sopie (gelassen).
+Was willst du denn, lieber Mann?
+
+Rappelkopf.
+Dich will ich, aus der gesamten Menschheit dich! und von dir
+mein Fleisch und Blut, mein Kind! Wo ist sie?
+
+Sopie (verlegen).
+Sie ist nicht zu Hause--
+
+Rappelkopf (sehr heftig).
+Nun also, wo ist sie--? Wo?--
+
+Sopie.
+So sei nur nicht so heftig.
+
+Rappelkopf.
+Jetzt bin ich heftig, und ich bin ganz erstaunt ueber meine
+Gelassenheit. Im Wald ist sie draussen. Also auch mein Kind ist
+verloren fuer mich?
+
+Sopie.
+Nu, nu, in dem Wald ist ja kein Baer.
+
+Rappelkopf.
+Aber ein junger Herr--Also die Gschicht ist noch nicht aus,
+mit diesem Maler?
+
+Sopie.
+Und darf nicht aus sein, denn das Glueck und die Ruhe deiner
+Tochter stehen auf dem Spiele. Sie wird ihn ewig lieben.
+
+Rappelkopf.
+Und ich werd ihn ewig hassen.
+
+Sopie.
+Was hast du als Mensch an ihm auszusetzen?
+
+Rappelkopf.
+Nichts, als dass er einer ist.
+
+Sopie.
+Was hast du gegen seine Kunst einzuwenden?
+
+Rappelkopf.
+Alles! Ich hasse die Malerei, sie ist eine Verleumderin der
+Natur, weil sie s' verkleinert. Die Natur ist unerreichbar.
+Sie ist ein ewig bluehender Juengling, doch Gemaelde sind
+geschminkte Leichen.
+
+Sopie.
+Ich kann deine Ansichten nicht billigen und darf es nicht.
+Meine Pflicht verbietet es.
+
+Rappelkopf.
+Weil du dir die Pflicht aufgelegt hast, mich zu hassen, zu
+betruegen, zu beluegen et cetera. (Wendet sich von ihr ab.)
+
+Sopie.
+So lass dir doch nur sagen--
+
+Rappelkopf.
+Ist nicht wahr.
+
+Sopie.
+Ich habe ja nichts gesagt noch--
+
+Rappelkopf.
+Du darfst nur das Maul aufmachen, so ist es schon erlogen.
+
+Sopie.
+So blick mich doch nur an--
+
+Rappelkopf.
+Nein, ich hab meinen Augen jedes Rendezvous mit den deinigen
+untersagt. Lieber Kronaeugeln als Liebaeugeln. Aus meinem Zimmer!
+(Setzt sich und dreht ihr den Ruecken zu.)
+
+Sopie (empoert).
+Du wendest mir den Ruecken zu?
+
+Rappelkopf.
+In jeder Hinsicht. Weil du alles hinter meinem Ruecken tust,
+so red auch mit mir hinter meinem Ruecken. Ich bin kein
+Janushaupt, ich hab nur ein Antlitz, und da ist nicht viel
+daran, aber wenn ich hundert haett, so wuerd ich sie alle von
+euch abwenden. Darum befrei mich von deiner Gegenwart! Hinaus,
+Ungeheuer!
+
+Sopie.
+Mann, ich warne dich zum letzten Male. Diese Behandlung hab
+ich weder verdient, noch darf ich sie laenger erdulden, wenn
+ich nicht die Achtung vor mir selbst verlieren soll. Niemand
+ist deines Hasses wuerdiger als dein Betragen. Es ist ein Feind,
+der sich in seinem eignen Haus bekriegt. Und es ist wirklich
+hohe Zeit, dass ich mich entferne, damit ich mich nicht durch
+den Wunsch versuendige, der Himmel moechte dich von einer Welt
+befreien, die deinem liebeleeren Herzen zur Last geworden ist
+und in der du keine Freude mehr kennst als die Qual deiner
+Angehoerigen. (Geht erzuernt ab.)
+
+Rappelkopf (allein).
+Das ist eine schreckliche Person. Alles ist gegen mich, und
+ich tu niemand etwas. Wenn ich auch manchmal in die Hitz komm,
+es ist eine seltene Sach, wenn ich ausgeredt hab, ich weiss kein
+Wort mehr, was ich gsagt hab. Aber die Menschen sind boshaft,
+sie koennten mich vergiften. Und dieses Weib, gegen die ich
+eine so auspeitschenswerte Liebe ghabt hab, ist imstande, mich
+so zu hintergehen. Und doch fordert sie Vertrauen. Woher nehmen?
+Wenn ich nur einen wuesst, der mir eines leihte! Ich wollte ihm
+dafuer den ganzen Reichtum meiner Erfahrung einsetzen. (Stellt
+sich an die Gartentuer.) Dieser Garten ist noch meine einzige
+Freud. Die Natur ist doch etwas Herrliches. Es ist alles so gut
+eingerichtet. Aber wie diese Raupen dort wieder den Baum
+abfressen. Dieses kriechende Schmarotzergesindel. (Sich hoehnisch
+freuend.) Fressts nur zu. Nur zu. Bis nichts mehr da ist, nachher
+wieder weiter um ein Haus. O bravissimo! (Bleibt in den Anblick
+versunken mit verschlungenen Armen stehen.)
+
+
+
+Vierzehnter Auftritt
+
+Voriger. Habakuk tritt zur Eingangtuer herein, ein Kuchelmesser
+in der Hand.
+
+
+Habakuk.
+Jetzt wollen wirs probieren. (Sieht Rappelkopf, erschrickt.)
+Sapperment, da steht er just vor der Gartentuer! Wie komm ich
+denn jetzt hinaus? Ich trau mich nicht vorbei. Er fahret auf
+mich los als wie ein Kettenhund. Ach, was kann denn mir
+geschehen! Ich war zwei Jahr in Paris. Euer Gnaden erlauben,
+dass ich (Rappelkopf kehrt sich schnell um und erschrickt. Habakuk
+erschrickt ebenfalls.)
+
+Rappelkopf.
+Was ists--? Was will Er?
+
+Habakuk (fuer sich).
+Bellt mich schon an. (Versteckt das Messer unwillkuerlich.)
+
+Rappelkopf (packt ihn an der Brust).
+Was willst du da herin, warum erschrickst?
+
+Habakuk (fuer sich).
+Hat mich schon. (Laut.) Euer Gnaden verzeihen, ich hab--
+
+Rappelkopf.
+Was hast? Ein schlechtes Gewissen hast. Was versteckst denn da?
+Ans Licht damit!
+
+Habakuk (zeigt es vor).
+Ich versteck gar nichts, Euer Gnaden. Es ist ein Kuchelmesser--
+
+Rappelkopf (prallt entsetzt zurueck).
+Himmel und Hoelle! Der Kerl hat mich umbringen wollen.
+
+Habakuk.
+Warum nicht gar--
+
+Rappelkopf.
+Den Augenblick gesteh! (Packt ihn und entreisst ihm das Messer.)
+Ist dieses Messer fuer mich geschliffen?
+
+Habakuk.
+Ah, das waer ja rasend, wenn Euer Gnaden so was glauben koennten--
+Ich hab ja Euer Gnaden nur fragen wollen--
+
+Rappelkopf.
+Ob du mich umbringen darfst?
+
+Habakuk.
+Warum nicht gar, da wuerd man ja Euer Gnaden lang fragen--
+
+Rappelkopf.
+O du schaendlicher Verraeter!
+
+Habakuk.
+So lassen sich Euer Gnaden nur berichten--
+
+Rappelkopf.
+Keine Entschuldigung, hinaus mit dir!
+
+Habakuk (beiseite).
+Er lasst einem nicht zu Wort kommen. (Laut.) Euer Gnaden muessen
+mich hoeren. (Will auf ihn zu.)
+
+Rappelkopf (haelt einen Stuhl vor).
+Untersteh dich und komm mir auf den Leib. Ich glaub, er hat
+noch ein paar Messer bei sich. Der Kerl ist ein voelliger
+Messerschmied.
+
+Habakuk.
+So untersuchen mich Euer Gnaden ins Teufels Namen--
+
+Rappelkopf (packt ihn wieder).
+Das will ich auch. Gesteh, Bandit von Treviso, wer hat dich
+gedungen?
+
+Habakuk.
+Ich versteh Euer Gnaden gar nicht.
+
+Rappelkopf.
+Ich will wissen, wer diese Schreckenstat veranlasst hat.
+
+Habakuk.
+Mein Himmel, die gnaedige Frau hat gschafft--
+
+Rappelkopf.
+Genug, ich brauch nicht mehr zu wissen. Entsetzlich!
+(Habakuk will reden. Rappelkopf schreit.)
+Nichts mehr! Mein Weib will mich ermorden lassen! (Sinkt in
+einen Stuhl und verhuellt sein Gesicht.)
+
+Habakuk (fuer sich).
+Ah, das ist schrecklich! ich haett sollen einen Zichori
+ausstechen (ringt die Haende), und er glaubt, ich will ihn
+umbringen. Ah, das ist schrecklich, das ist schrecklich!
+
+Rappelkopf.
+Ja, es ist schrecklich--es ist entsetzlich, es ist das
+Unmenschlichste, was die Weltgeschichte aufzuweisen hat.
+(Nimmt den Stuhl.) Hinaus, du Moerder! du Abaellino! du Ungeheuer
+in der Livree!
+
+Habakuk.
+Aber Euer Gnaden--
+
+Rappelkopf.
+Hinaus mit dir--
+
+Habakuk.
+Nein, ich war--
+
+Rappelkopf (wuetend).
+Hinaus, sag ich, oder--(jagt ihn hinaus.)
+
+Habakuk (schon vor der Tuer, schreit).
+Ich war zwei Jahr in Paris, aber das hab ich noch nicht erlebt.
+(Ab.)
+
+Rappelkopf (allein).
+Es ist vorbei, ich bin unter meinem eignen Dache nicht mehr sicher.
+Drum hinaus, nur hinaus
+Aus dem moerderischen Haus!
+Doch vorher will ich mich raechen,
+Alle Moebel hier zerbrechen.
+Gleich zuerst nehm ich beim Schoessel
+Diesen vierzigjaehrgen Sessel,
+Auf dem meine Weiber sassen,
+Die mein Lebensglueck mir frassen.
+Ha! Dich tret ich ganz zuschanden.
+(Zertritt den Stuhl.)
+So--der hat es ueberstanden.
+Auch den Tisch, an dem ich Briefe,
+Voll Gemuet und treuer Tiefe,
+Einst an falsche Freunde schrieb,
+Spalte ich auf einen Hieb.
+(Schlaegt in den Tisch.)
+Und der weltverfuehrnde Spiegel,
+Der Verderbtheit blankes Siegel,
+Dieser Abgott aller Schoenen,
+Dem die eitlen Narren froenen,
+Wo sie stehen, wo sie gaffen
+Und sich putzen wie die Affen,
+Gsichter schneiden, Buckerl machen,
+Weisser Zaehne willen lachen:
+O du truggeschliffner Raeuber!
+Du Verfuehrer eitler Weiber!
+O du niedrige Lappalie!
+Wart, dir liefr ich jetzt Bataille.
+(Erblickt sich in dem Spiegel.)
+Pfui! das haessliche Gesicht,
+Ich ertrag es laenger nicht.
+(Zerschlaegt den Spiegel mit geballter Faust.)
+So! da liegt er jetzt, der Held,
+Und sein Harnisch ist zerschellt.
+(Besieht die Hand.)
+Ha! der glaenzende Betrueger
+Hat verwundet seinen Sieger,
+Doch ich mach mir nichts daraus,
+Floess ein Eimer Blut heraus.
+(Oeffnet den Schreibtisch und nimmt Briefe aus demselben.)
+Auch die Briefe voll von Lieb,
+Die im Wahnsinn ich einst schrieb,
+Die zerreiss ich alle hier.
+'s ist nur schad um das Papier.
+(Zerreisst sie und streut sie auf den Boden.
+Nimmt Geldrollen und Geldbeutel aus einer Schatulle.)
+Nur das tiefgehasste Geld,
+Die Maetresse dieser Welt,
+Das bewahr ich mir allein,
+Das muss mit, das steck ich ein.
+(Steckt es schnell in die Taschen.)
+Nun? Ihr Esel, ihr vier Waende,
+Die ich hasse ohne Ende,
+Warum schaut ihr mich so an?
+Bin ich nicht ein ganzer Mann?
+Euch kann ich zwar nicht zerschlagen,
+Doch ich will euch etwas sagen:
+Ich geh jetzt in Wald hinaus
+Und komm nimmermehr nach Haus.
+
+(Laeuft wuetend ab.)
+
+
+
+Fuenfzehnter Auftritt
+
+Verwandlung
+Das Innere einer Koehlerhuette. Russige Waende.
+
+Salchen am Spinnrocken. Haenschen, Christopherl, Andresel sitzen
+am Tisch. Marthe an einer Wiege, in der ihr Kind liegt. Unterm
+Tisch ein grosser schwarzer Hund. Auf dem Tisch eine Katze, mit
+welcher die Knaben spielen. Im Hintergrunde zwei schlechte
+Betten. In einem liegt die kranke Grossmutter, in dem andern der
+betrunkene Christian.
+
+Quintett
+
+
+Salchen (froehlich).
+Wenn ich an mein Franzel denk,
+Wird mir halt so gut.
+'s Herzel, das ich ihm nur schenk,
+Kriegt gleich frohen Mut.
+
+Die drei Kinder.
+He, Mutter, gib was z' essen her,
+Der Magen tut uns weh!
+
+Salchen.
+Das Hungern faellt mir gar nicht schwer,
+Wenn ich mein Buerschel seh.
+Wenn ich an mein Franzel denk,
+Wird mir halt so gut.
+'s Herzel, das ich ihm nur schenk,
+Kriegt gleich frohen Mut.
+
+Die drei Kinder.
+Mutter, gib uns Brot!
+
+Christian (mit lallender Stimme).
+Ihr Bagage, seids nicht still?
+Tausendschwerenot!
+
+Marthe (ruft).
+Still!
+
+Das Kind.
+Qua qua!
+
+Die Katze.
+Miau!
+
+Der Hund.
+Hau hau!
+
+(Die erste Melodie faellt ein.)
+
+Salchen.
+Mein Franzel ist ein wiffer Bua,
+Singt den ganzen Tag:
+Dass er mich alleinig nur
+Und kein andre mag.
+
+Die drei Kinder.
+Wenn wir nicht was z' essen kriegn,
+So gehn wir ja zugrund!
+
+Salchen.
+So weckts das Kind nicht in der Wiegn,
+Und spielts euch mit den Hund!
+Mein Franzel ist ein wiffer Bua,
+Singt den ganzen Tag:
+Dass er mich alleinig nur
+Und kein andre mag.
+
+Die drei Kinder.
+Sapperment, ein Brot!
+
+Christian.
+Wanns nicht euern Schnabel halts,
+Schlag ich euch noch tot!
+
+Marthe.
+Still!
+
+Das Kind.
+Qua qua!
+
+Die Katze.
+Miau!
+
+Der Hund.
+Hau hau!
+
+Marthe.
+Still seids, ihr ausgelassenen Buben!
+
+Haenschen (weinerlich).
+Mutter, a Brot!
+
+Salchen.
+Ist keins da, Holzbirn essts!
+
+Marthe.
+Und machts keinen solchen Laerm. Euern Vater ist nicht gut.
+
+Andresel.
+Was fehlt ihm denn?
+
+Marthe.
+Den Schwindel hat er. (Fuer sich.) Man darfs den Kindern nicht
+einmal sagen.
+
+Christoph.
+Jetzt hat der Vater so viel Kohlen verkauft--
+
+Andresel.
+Und hat kein Geld z' Haus bracht, nichts als ein Schwindel.
+
+Salchen.
+Was geht das euch an?
+
+Andresel.
+Weil wir hungrig sein. Ich weiss schon, warum wir so wenig z'
+essen kriegen, weil der Vater so viel trinkt.
+
+Salchen.
+Jetzt schaut d' Mutter einmal die Spitzbuben an. Sie haben gar
+kein Respekt vor ihren Vatern.
+
+Christian.
+Ich massakrier die Buben alle drei. (Er will auf und taumelt.)
+
+Marthe.
+Liegen bleib! (Sie draengt ihn ins Bette.)
+
+Andresel.
+Er kriegt schon wieder den Schwindel.
+
+Alle drei Buben (lachen).
+Haha! Der Vater kann nicht grad stehn!
+
+Marthe.
+Ob ihr aufhoert! Nein, wie hat mich der Himmel gstraft!
+
+Das Kind (schreit).
+Qua qua!
+
+Marthe (zu Salchen).
+Aufs Kind schau!
+(Salchen wiegt.)
+Eine Butten voll Kinder und so einen liederlichen Mann. Kein
+Pfennig Geld im Haus.
+(Die Grossmutter niest im Bett.)
+Hoert d' Mutter zum niesen auf. Man hoert sein eignes Wort nicht.
+
+Die drei Buben.
+Ah, das ist a Spass.
+
+Andresel.
+D' Mutter ist zornig. Haha!
+
+Marthe.
+Nein, die Gall bringt mich um. Du verdammter Bub du, wart, ich
+will dir deine Mutter ausspotten lernen! (Nimmt ihn beim Kopf
+und schlaegt ihn.)
+
+Andresel (schreit).
+Au weh! (Weint.)
+
+Salchen (springt herzu und haelt sie ab).
+So hoert d' Mutter auf!--
+
+(Die zwei andern Buben verkriechen sich hinter den Tisch und
+hinters Bett.)
+
+Alles zugleich:
+Das Kind (in der Wiege).
+Qua qua!
+Die Grossmutter (streckt im Bett die Arme heraus und niest).
+Hehe!
+Der Hund (bellt).
+Hau hau!
+
+(Die Katze springt davon.)
+
+
+
+Sechszehnter Auftritt
+
+Vorige. Rappelkopf oeffnet die Tuer und bleibt stehen.
+
+
+Rappelkopf.
+Holla, da gehts zu, nur hinauf auf die Koepf! Das ist ein Gesindel.
+(Geht in die Mitte des Zimmers und klatscht in die Haende.
+Schadenfroh.) Bravo! Bravissimo!
+
+Salchen.
+Jetzt schauts den an. Was will denn der da?
+
+Marthe.
+Nu was will Er? Was schaut Er?
+
+Rappelkopf.
+Sie will ich nicht. Sie Altertum! Was kost die Huetten da? Was
+muss ich zahlen, wenn ich euch alle hinauswerfen darf?
+
+Salchen.
+Ah, der hat einen kuriosen Gusto.
+
+Marthe.
+Er impertinenter Mensch, was untersteht Er sich denn, da
+hereinzukommen--
+
+Salchen.
+Und uns Grobheiten anzutun.
+
+Christian (halb schlaftrunken).
+Werfts ihn aussi!
+
+Marthe (verdruesslich).
+Halt's Maul! (Zu Rappelkopf) Was hat denn Er zu befehlen, ich
+kann meine Kinder schlagen, wie ich will.
+
+Andresel.
+Nun ja, was geht denn den Herrn mein Buckel an? Die Schlaeg sein
+unser Mittagmahl.
+
+Der Bub unterm Bett. Sultel! Huss huss!
+
+Der Hund.
+Hau hau!
+
+Marthe und Salchen.
+Hinaus mit Ihm!
+
+Rappelkopf.
+Still! kein Wort reden! (Zieht zwei Geldbeutel hervor und
+klingelt damit.) Geld ist da! Dukaten sind da! Die gehoeren alle
+euch. Verstanden? Also freundlich sein. Die Zaehn herbloecken.
+Euer Gnaden sagen. Gschwind! Bagage! Gschwind!
+
+Marthe.
+Euer Gnaden, wir bitten um Verzeihung. Gehts, Kinder, kuesst den
+gnaedigen Herrn die Hand. Kriegts was zu schenken.
+
+(Die Kinder kriechen hervor.)
+
+Andresel (lacht dumm).
+Dukaten hat er? Gehts, Buben, kuessen wir ihm die Hand.
+
+(Sie kuessen ihm die Haende.)
+
+Rappelkopf.
+Ist schon da die Brut.
+
+Alle drei Buben.
+Euer Gnaden, bitt gar schoen um ein Dukaten.
+
+Christian.
+Bringts mir auch welche her!
+
+Salchen.
+Schamts euch nicht? er foppt euch nur.
+
+Rappelkopf.
+Was will die Frau, da, fuer die Keischen? Ich kauf s'. Wenn s'
+noch so teuer ist.
+
+Marthe.
+Ah, Euer Gnaden machen nur einen Spass. Was wollten S' denn mit
+der miserablichen Huetten da?
+
+Rappelkopf.
+Das geht Sie nichts an. Hat Sie genug an zweihundert Dukaten?
+
+Marthe.
+O mein, Euer Gnaden! So viel Geld kanns ja gar nicht geben auf
+der Welt, da waeren wir ja versorgt auf unser Lebtag.
+
+Salchen.
+Aber die Mutter wird doch nicht die Huetten verkaufen? Was wird
+denn mein Franzel sagen, wenn ers hoert?
+
+Andresel.
+Mutter, gebts ihm s', es ist nicht mehr wert.
+
+Marthe (freudig).
+O du lieber Himmel, das ist a Glueck! Wenn nur mit mein Mann was
+zu reden waer!
+
+Andresel.
+Vater! steht der Vater auf! Oder wir verkaufen 's Haus, und den
+Vatern auch dazu.
+
+Marthe.
+Du Mann! (Fuer sich.) Nein, die Schand vorn Leuten! Er kann sich
+gar nicht ruehren. (Waehrend dieser Rede liebkost der Hund
+Rappelkopf, welcher ihn mit dem Fuss von sich stoesst. Der Hund
+bellt auf ihn. Marthe laut.)
+Die Huetten kannst verkaufen, stell dir vor, zweihundert Dukaten
+kriegen wir dafuer.
+
+Christian (schlaftrunken).
+Ist zu wenig--viel zu wenig.
+
+Salchen.
+Wenn er s' nur nicht hergebet!
+
+Marthe.
+Der Mann weiss gar nicht, was er redt. Sie koennen s' habn, Euer
+Gnaden, es ist schon alles in der Ordnung.
+
+Rappelkopf.
+Da kauf ich alles, wies da liegt und steht.
+
+Marthe.
+Oh, da drauss ist auch ein Kuchel, da haengt a Menge Kuchelgschirr.
+
+Andresel.
+Und Maeus gibts, die sind gar nicht zu bezahlen.
+
+Rappelkopf.
+Also da ist's Geld. (Wirft ihnen Geld hin.) Und jetzt
+augenblicklich hinaus. Alle miteinander. In zwei Minuten will
+ich keins mehr sehen.
+
+Salchen.
+Sieht die Mutter, jetzt kommts halt doch auf Hinauswerfen heraus.
+
+(Waehrend dieser Reden haben die Kinder alles nach und nach
+zurueckgeraeumt, so dass die Buehne im Vordergrunde frei von Moebeln
+ist, bis auf einen Stuhl, auf den sich Rappelkopf setzt. Franzel
+tritt ein.)
+
+Franzel.
+Guten Abend, der Franzel ist da!
+
+Rappelkopf.
+Da kommt noch so ein Halbmensch.
+
+Salchen.
+O lieber Franzel, schau nur den Fremden an, dem hat die Mutter
+die Huetten verkauft, er wirft uns alle 'naus. Er hat s' schon
+zahlt.
+
+Franzel.
+Aber Mutter, was fallt Euch denn ein? Gebts ihm doch 's Geld
+zurueck, dem abscheulichen Menschen.
+
+Marthe.
+Warum nit gar--das gib ich nimmer her, keinen solchen Narren
+finden wir nicht mehr. Seids still, von dem Geld koennts euch
+heiraten.
+
+Salchen.
+Aber wo bleiben wir denn? Es ist ja schon bald Nacht.
+
+Marthe.
+Ums Geld lassen s' uns ueberall hinein. He! Kinder, Vater, Mutter,
+auf, auf! wir muessen alle fort.
+
+Andresel.
+Das wird ein Auszug werden! Ich freu mich schon.
+
+Marthe.
+Aufsteh, Mann! (Sie zerrt ihn auf und fuehrt ihn vor.)
+
+Rappelkopf.
+Ist er krank?
+
+Marthe.
+Nu, ich glaubs.
+
+Rappelkopf.
+Schon lang?
+
+Marthe.
+Halt ja, das ist gar ein altes Uebel, das ist noch vom vorigen
+Jahr.
+
+Rappelkopf.
+Das ist nicht wahr! es ist vom Heurigen. Hinaus mit ihm!
+
+Christian.
+Ich geh nicht fort, bis ich das Geld nicht hab. Ich bin ein
+Mann, ich hab etwas im Kopf, so will ich im Sack auch was haben.
+
+Marthe.
+Ich hab schon 's Geld, (zieht ihm den Rock an und setzt ihm den
+Hut auf) so geh nur zu! Jetzt Kinder, packts zusammen.
+(Hansel nimmt den Hund an einen Strick.)
+Der Christoph fuehrt die Grossmutter.
+(Sie heben die Alte aus dem Bett und geben ihr die Kruecke in die
+Hand. Auf Haenschen.)
+Du fuehrst den Hund, und ich mein Mann.
+
+Rappelkopf.
+Und das Kind? Was gschieht mit den?
+
+Andresel.
+Das nimm ich unterm Arm.
+
+Rappelkopf.
+Das ist ein Hottentottenvolk. Seid ihr in Ordnung jetzt?
+
+Andresel.
+Ja. Eingspannt ists.
+
+Rappelkopf.
+So fahrt hinaus.
+
+Salchen.
+So muessen wir denn wirklich fort, aus unsern lieben Haus--
+
+Christoph (weint).
+Wo wir alle geboren und verzogen sein.
+
+Salchen.
+Meiner Seel, der Herr kanns nicht verantworten, was der Herr mit
+seinen Geld fuer ein Unheil anstift.
+
+Sextett
+
+Salchen.
+So leb denn wohl, du stilles Haus,
+Wir ziehn betruebt aus dir hinaus.
+
+Alle (bis auf Rappelkopf).
+So leb denn wohl, du stilles Haus,
+Wir ziehn betruebt aus dir hinaus.
+
+Salchen.
+Und faenden wir das hoechste Glueck,
+Wir daechten doch an dich zurueck.
+
+Alle.
+Und faenden wir das hoechste Glueck,
+Wir daechten doch an dich zurueck.
+
+(Alle Paar und Paar ab. Sie sehen sich im Abgehen betruebt um,
+auch der Hund.)
+
+Der Hund (mit gedaempftem Ton gegen Rappelkopf im Abfuehren).
+Hau hau! Hau hau! (Geht hinten nach, von Haenschen an einem Strick
+gefuehrt.)
+
+
+
+Siebzehnter Auftritt
+
+Rappelkopf allein.
+
+Lied mit Chor
+
+
+Rappelkopf (springt vom Stuhle auf).
+Jetzt bin ich allein, und ich will es auch bleiben,
+Will mich mit der Einsamkeit zaertlichst beweiben,
+Will gar keine Freunde als Berge und Felsen,
+Verjag das Schmarotzergesindel wie Gelsen,
+Will nie dem Geschwaetze der Weiber mehr lauschen,
+Da hoer ich viel lieber des Wasserfalls Rauschen.
+Zu Pagen erwaehl ich die vier Elemente,
+Die regen geschaeftig die riesigen Haende.
+Den Westwind ernenn ich zu meinem Friseur,
+Der kraeuselt die Locken und weht um mich her,
+Und wenn ich ein hohes Toupet vielleicht schaff,
+Frisiert mich der Sturmwind gleich a la Giraff.
+So leb ich zufrieden im finsteren Haus
+Und lache die Torheit der Menschen hier aus.
+(Tritt in die Mitte des Theaters zurueck und starrt vor sich hin.
+Nah an der Huette ertoent sanft der Chor nach der vorigen Melodie.)
+
+Chor.
+So leb denn wohl, du stilles Haus,
+Wir ziehn betruebt aus dir hinaus.
+
+Der Hund.
+Hau hau!
+
+Rappelkopf (tritt vor).
+Ich will nichts mehr hoern von den boshaften Leuten,
+Verachte die Dummen und fliehe die Gscheidten.
+Und ob sie sich raufen, und ob sie sich schlagen,
+Und ob sie Prozesse fuehrn und sich verklagen,
+Und ob sie sich schmeicheln, und ob sie sich kuessen,
+Und ob sie der Schnupfen plagt, wie oft sie niesen,
+Und ob sie gut schlafen, und was sie gegessen,
+Und ob sie vernuenftig sind oder besessen,
+Und ob wohl in Indien der Hafer ist teuer,
+Und obs in Pest regnt und in Ofen ist Feuer,
+Und ob eine Hochzeit wird oder ein Leich:
+Ha! das ist mir einerlei, das gilt mir gleich.
+Ich lebe zufrieden im finsteren Haus
+Und lache die Torheit der Menschen hier aus.
+
+(Wirft sich in den Stuhl. Weiter entfernt von der Huette:)
+
+Chor.
+So leb denn wohl, du stilles Haus,
+Wir ziehn betruebt aus dir hinaus.
+
+Der Hund.
+Hau hau!
+
+(Es wird finster.)
+
+Rappelkopf (springt auf und schleudert den Stuhl zurueck, auf
+dem er sass).
+Und wollte die Welt sich auch gaenzlich verkehren,
+Und braechte der Galgen die Leute zu Ehren,
+Und laege die Tugend verpestet am Boden,
+Und tanzten nur Langaus die Kranken und Toten,
+Und brauchten die uralten Weiber noch Ammen,
+Und stuende der Nordpol in gluehenden Flammen,
+Und schenkte der Wucher der Welt Millionen,
+Und wuerden so wohlfeil wie Erbsen die Kronen,
+Und foecht man mit Degen, die ganz ohne Klingen,
+Und floegen die Adler und fehlten die Schwingen,
+Und gaebs eine Liebe, gereinigt von Qualen,
+Und schien' eine Sonne, beraubt ihrer Strahlen:
+Ich bliebe doch lieber im finsteren Haus
+Und lachte die Torheit der Menschen hier aus.
+
+(Er eilt zurueck und oeffnet die Fensterbalken. Der Wald erglueht
+im Abendrot, welches auch Rappelkopf bestrahlt. Er blickt duester
+hinaus und von ferne erschallt der)
+
+Chor.
+So leb denn wohl, du stilles Haus,
+Wir ziehn betruebt aus dir hinaus.
+
+Der Hund.
+Hau hau!
+
+
+
+Achzehnter Auftritt
+
+(Langsam verwandelt sich die Buehne in ein kurzes Zimmer in
+Rappelkopfs Hause. In der Mitte ein grosser Spiegel. Tag.)
+
+
+Sophie, von Malchen und August gefuehrt, setzt sich weinend in
+einen Stuhl.
+
+Malchen.
+Troesten Sie sich, teure Mutter, der Vater wird schon wieder
+zurueckkehren, wenn er ausgetobt hat. Wie oft verliess er nicht
+das Haus und lief den Bergen zu.
+
+Sopie.
+Ach Kinder, es ist eine boese Ahnung in meinem Busen, die mir
+jede Hoffnung raubt, dass wir ihn gesund und wohlbehalten
+wiedersehen.
+
+August.
+Wenn Sie mir nur erlauben wollten, ihm nachzueilen, ich wollte
+alle Mittel anwenden, ihn zu besaenftgen.
+
+Sopie.
+O lieber August, Ihr Anblick wuerde ihn nur noch mehr erbittern.
+Eben weil er Sie hier weiss, ist sein Unmut zur Raserei geworden.
+
+Malchen.
+Da kommt Lischen mit Habakuk, vielleicht hat man schon Nachricht
+gebracht. (Lischen, eilig Habakuk hereinziehend.)
+
+Lischen.
+Da komm Er herein, Er abscheulicher Mensch, und erzaehl Er der
+gnaedgen Frau den ganzen Vorfall! Stellen sich Euer Gnaden vor,
+mit dem Habakuk hat er den letzten Auftritt gehabt. Wegen dem
+Habakuk ist er fort.
+
+Habakuk.
+So red Sie nur nicht so einfaeltig! Was kann denn ich dafuer?
+
+August.
+Der Mensch ist ja blass wie eine Leiche.
+
+Sopie.
+Warum hat Er denn das nicht gleich gemeldet, wo war Er bis jetzt?
+
+Lischen.
+Auf den Kornboden hat er sich versteckt, aus lauter Angst vor
+den gnaedgen Herrn. Er hat ihn ja ermorden wollen.
+
+Alle.
+Wen?
+
+Lischen.
+Der Habakuk den gnaedigen Herrn.
+
+Alle.
+Nicht moeglich!
+
+Lischen.
+Nicht moeglich? Er hat es ja selbst gestanden. Sehen Euer Gnaden
+nur diese Moerderphysiognomie, er bringt noch das ganze Haus um.
+
+Habakuk.
+Ah, das ist ja eine schaendliche Person. Euer Gnaden, ich bitt,
+dass ich mich an ihr eine halbe Stund vergreifen darf. Das kann
+ich ja nicht leiden.
+
+Lischen.
+Untersteh Er sich und komm Er her, Er Missetaeter!
+
+Malchen.
+Du wirst dir doch keinen Scherz erlauben, Lischen?
+
+Sopie.
+Sprech Er, Habakuk! Warum zittert Er denn so?
+
+Habakuk.
+Aus lauter Zorn, ich benimm mich gegen alle presence d'esprit,
+ich war zwei Jahr in Paris, und mir schnappen die Fuess zusammen.
+
+August (gibt ihm einen Stuhl).
+Hier setz Er sich nieder und erklaer Er sich ueber die Sache.
+
+Habakuk.
+Ich kann mich nicht anders erklaeren, als dass ich, wie Euer
+Gnaden geschafft haben, einen Zichori hab ausstechen wollen,
+und wie der gnaedige Herr ein Messer bei mir erblickt, so hat
+er behauptet, ich haett ihn gschwind unter der Hand umbringen
+wollen. Lasst mich nicht zu Wort kommen, schuettelt mich wie einen
+Zwetschkenbaum und fragt mich, wer mich geduenget hat. Ich wollt
+antworten: Die gnaedige Frau braucht einen Zichori. Wer aber
+diesen Zichori gar nicht aus mir herauslasst, das war er. Denn
+kaum hab ich das Wort: "Die gnaedige Frau" gesagt, so ist er
+schon mit beiden Fuessen bis auf den Blavon hinauf gsprungen.
+Hat immer geschrien, meine Frau will mich ermurden lassen, hat
+mich einen Habaellino hin, den andern her geheissen, und hat mich
+mir nichts dir nichts bei der Tuer hinausgepruegelt. Von wo ich
+mich aus lauter Desperation auf den Kornboden versteckt hab.
+Bis mich dieses intrigante Frauengeziefer heruntergestoebert hat
+und jetzt die ganze Gschicht auf eine so verkehrte Weise erzaehlt.
+
+Lischen.
+Er hat einmal behauptet--
+
+Habakuk.
+Dass Sie eine niedrigdenkende Seele ist, die einen Mann von
+meinen Meriten ins Unglueck hineinstuerzen will.
+
+Sopie.
+Genug jetzt, mit diesen Albernheiten. Also das ist die Ursache,
+die meinen Mann in solche Wut geraten liess? Des Mordes haelt er
+mich verdaechtig? So ungereimt diese Zumutung auch ist, so gibt
+sie doch einen Beweis, wie gemein er von meinem Charakter denkt.
+
+Malchen.
+Beruhigen Sie sich, liebe Mutter!
+
+August.
+Wer sollte glauben, dass ein gesunder Verstand so phantastisch
+ausarten koenne?
+
+Lischen.
+Der gnaedge Herr hatte immer etwas Duestres an sich, selbst wie
+er noch Buchhaendler war, seine Buecher waren immer gut aufgelegt,
+er aber nie.
+
+Habakuk.
+Er ist ein Hypokontrolist. Er hat zu reizende Nerven.
+
+Lischen (lacht).
+Es ist schrecklich--dieser Mensch war zwei Jahr in Paris und ist
+so einfaeltig wie eine Auster.
+
+Habakuk.
+Diese Person faellt noch von meiner Hand.
+
+Sopie (zu Lischen).
+Und du hast ihn aus dem Hause laufen sehen?
+
+Lischen.
+Dem Walde zu. Nachdem er vorher die grosse Schlacht gegen alle
+Moebel gewonnen hatte.
+
+Sopie (weint).
+Ach du lieber Gott, mir bangt um sein Leben, ich kann nicht
+ruhig bleiben mehr, ich muss selbst hinaus--
+
+August.
+Bleiben Sie--
+
+Malchen.
+Ach August, der Alpenkoenig hat uns getaeuscht.
+
+August.
+Ich verwuensche diesen Kobold.
+
+(Donnerschlag. Der Spiegel oeffnet sich, man sieht auf einem
+schroffen Fels den Alpenkoenig sitzen. Im Hintergrunde ferne
+Berge, blauer Himmel.)
+
+Sopie.
+Himmel, welche Erscheinung!
+
+August, Malchen.
+Er ist es!
+
+Sopie.
+Wer?
+
+Habakuk.
+Der Aschenmann!
+
+August, Malchen.
+Der Alpenkoenig!
+
+Lischen.
+Ach, dass der Himmel erbarm! (Sie schliesst die Augen.)
+
+Astragalus.
+Warum verfluchst du mich?
+
+August (kniet).
+Du Wunderwesen, dessen Macht wir nicht erklaeren koennen und die
+doch unleugbar, weil sie dem Auge und dem Herzen sich zugleich
+verkuendet, du hast uns deinen Schutz gelobt. Und doch ward diesem
+Haus so tiefes Leid, dass ich beinahe fuerchten muss, du koenntest
+meiner Liebe Glueck durch ihres Vaters Unglueck nur bezwecken.
+
+Malchen (kniet).
+Wenn du die Stelle kennst, auf der sein Fuss jetzt irrt, so rett
+ihn, hoher Klippenfuerst.
+
+Sopie (kniet).
+Ich verstehe meiner Kinder Worte nicht, doch wenn meines Mannes
+Herz in deinen Zauberbanden liegt und darum sich von uns gewendet
+hat, so gib es frei, wir werden dich dafuer stets als ein gutes
+Wesen ehren.
+
+Lischen (kniet).
+Hoher Alpenkoenig! Ich traue mich zwar nicht, mein Auge zu dir zu
+erheben, warum? das weiss ich schon. Aber wenn du ein galanter
+Herr bist, so wird auch die Bitte einer huebschen Kammerjungfer
+etwas bei dir gelten.
+
+Habakuk (kniet).
+Ich bitt auch ganz erschrecklich, Euer gesteinigte Hochheit!
+
+Astragalus (steht auf).
+Ich dacht es wohl, es wandle euch Besorgnis an,
+Weil mein Geschaeft so ueblen Anfang nimmt.
+Doch sorgt euch nicht, ich bin ein kluger Handwerksmann,
+Der seinen Vorteil schon voraus bestimmt.
+Denn wenn man sproedes Erz geschmeidig sucht zu biegen,
+So lasse man es in des Ofens Bauch ergluehn.
+Und so muss sein Gemuet in Hassesflammen liegen,
+In wilder Leidenschaft die Seele Funken spruehn,
+Dann kann ich seinen Wahn durch Ueberzeugung schmieden
+Und seiner Denkart ihre alte Form verleihn.
+Von selbst schliesst mit der Menschheit er dann neu den Frieden
+Und wird sein Wirken freudig ihrem Wohle weihn.
+Drum, was ihr Boeses moegt in baldger Zukunft schauen,
+Wenn ihr bei naechster Sonne wieder ihn erblickt,
+Doch moegt ihr kuehn und treulich auf mein Wort vertrauen,
+Noch eh sie sinkt, hat Alpenkoenig euch beglueckt.
+
+(Sinkt in seine fruehere Stellung zurueck. Das Spiegelglas erscheint
+wieder.)
+
+Sopie.
+So unerklaerbar dieses Phantom mir ist, so hat es doch Trost in
+meine Seele gesendet. Begleitet mich nach dem Gemach, das uns
+die Aussicht nach dem Wald hin bietet, vielleicht sehen wir
+schon einige von den Boten zurueckkehren, welche ich nach meinem
+Manne ausgesendet habe. Dort sollt ihr mir auch Aufklaerung ueber
+den Alpenkoenig geben.
+
+(Sophie, Malchen, August ab.)
+
+
+
+Neunzehnter Auftritt
+
+Habakuk. Lischen.
+
+
+Habakuk.
+Nein, was einem in unserm Haus fuer Erscheinungen begegnen, das
+geht in das Entsetzliche hinueber. (Stellt sich vor Lischen.)
+
+Lischen.
+Nu was gibts, Monsieur? Was sieht Er mich so an?
+
+Habakuk (gezogen).
+Sie hat mich auf das Schafott bringen wollen, darum hab ich Ihr
+in dieser Welt nichts mehr zu sagen, als--
+
+Lischen.
+Dass Er zwei Jahre in Paris gewesen ist, Er abgeschmackter Mensch?
+
+Habakuk.
+Oui, Mademoiselle, und dieses Bewusstsein gibt mir die Kraft,
+Ihre Gemeinheit zu verachten. (Geht pathetisch ab.)
+
+Lischen (allein).
+Und ich werde mich in des gnaedgen Herrn Zimmer verfuegen und mich
+in den zerbrochenen Spiegel schauen, ob ich meine ganze Schoenheit
+noch besitze. Dann werde ich die zerrissenen Liebesbriefe
+zusammenkehren und diese mit Fuessen getretenen Empfindungen ganz
+langsam in den Kamin hineinschaufeln. So sind die Maenner, ihre
+Liebesschwuere sind lauter Wechsel an die Ewigkeit, in diesem
+Leben zahlt sie keiner aus. Wenn ich wieder auf die Welt komme,
+so werd ich ein Mann und will gar keine von meinen jetzigen
+Eigenschaften behalten als die Eroberungskunst.
+
+Ariette
+Ach, wenn ich nur kein Maedchen waer,
+Das ist doch recht fatal,
+So ging' ich gleich zum Militaer
+Und wuerde General.
+Oh, ich waer gar ein tapfrer Mann,
+Bedeckte mich mit Ruhm!
+Doch ging' die Kanonade an,
+So machte ich rechtsum.
+Nur wo ich schoene Augen saeh,
+Da schoess ich gleich drauf hin.
+Dann trieb' ich vorwaerts die Armee
+Mit wahrem Heldensinn.
+Da floegen Blicke hin und her,
+So feurig wie Granaten.
+Ich sprengte vor der Fronte her,
+Ermutigt die Soldaten.
+
+Ihr Krieger, schrie' ich, gebt nicht nach!
+Zum Sieg sind wir geboren,
+Wird nur der linke Fluegel schwach,
+(aufs Herz zeigend)
+So ist der Feind verloren.
+So wuerde durch Beharrlichkeit
+Am End der Preis errungen
+Und Hymens Fahn in kurzer Zeit
+Von Amors Hand geschwungen.
+
+Dann zoeg ich ein mit Sang und Spiel,
+Die Mannschaft parodierte.
+Waer auch der Lorbeer nicht mein Ziel,
+So schmueckte mich die Myrte.
+So nuetzte ich der Kriegskunst Gab,
+Eroberte--ein Taeubchen.
+Dann dankt ich die Armee schnell ab
+Und blieb' bei meinem Weibchen. (Ab.)
+
+
+
+Zwanzigster Auftritt
+
+Verwandlung
+Tiefer Wald. Rechts vorne die Koehlerhuette. Eine Tuer, neben
+dieser ein Fenster, auf dem Dache ein praktikables Bodenfenster.
+Dieser Huette gegenueber ein grosser Eichbaum. Hinter diesem ein
+Gebuesch. Im Hintergrunde ein kleiner Wasserfall. Es ist spaet am
+Abend.
+
+Rappelkopf mit einem Wasserkrug aus der Huette. Er hat eine
+berusste Schlafmuetze des Koehlers und einen runden Bauernhut auf
+dem Kopfe und eine Jacke von ihm an.
+
+
+Rappelkopf.
+So!--Der Timon ist fertig, nun fehlt nur noch sein Kompagnon,
+der Esel--und wenn ich der auch jetzt nicht bin, so war ichs
+doch--ich war zu gut, das ist mein groesster Fehler. Die Leute
+wollen es nicht. Es gibt manche Menschen, wenn ihnen einer
+begegnet, der ihnen noch so viele Wohltaten erwiesen hat, so
+sagen s' hoechstens zu einander: Oh, das ist ein guter Kerl, der
+tut kein Menschen was, der ist froh, wenn man ihm nichts tut.
+(Gleichgueltig gruessend.) Servus! Servus! Lassen wir ihn leben.
+Wenn aber einer kommt, von dem sie glauben, dass er ihnen schaden
+koennt, da stossen s' einander: Oh! das ist ein boeser Kerl, vor
+dem muss man sich in acht nehmen. (Freundliches tiefes Kompliment.)
+Taenigster Diener! Taenigster Diener! hab ich die Ehr, mein
+Kompliment zu machen. Wann der anfangt, der kanns. Gleich
+wieder: Taenigster Diener! Oh, es wird mich noch zum Wahnsinn
+bringen. In meinem Haus bin ich nicht sicher mehr, mein Weib
+will mich ermorden lassen. Habt ihrs gehoert, ihr verfolgten
+Staemme dieses edlen Waldes, die der Mensch gar zu zweifachem
+Tod bestimmt, weil euch die Axt erst faellt und man euch dann
+noch hinterdrein verbrennt? Habt ihrs gehoert? Mein Weib will
+mich ermorden lassen! Ist denn der Wald so echolos, dass ich
+der einzge bin, der diese Schandtat ausposaunt?
+
+(Geraeusch in den Blaettern.)
+
+Ha! wer ruehrt sich da? ist es ein Mensch, so soll er hervorkommen,
+damit ich meinen ganzen Vorrat von Impertinenzen in sein Antlitz
+werfen kann. Heraus da, wer ist hier? Qui vive?
+
+Ein Stier (streckt aus dem Gebuesche, hinter dem er gefressen,
+seinen Hals gegen Rappelkopf und bruellt sehr stark.)
+Ohn! (Man sieht ihn jedoch nur bis an die Brust, der Unterleib
+ist durch das Gebuesch verdeckt.)
+
+Rappelkopf (verbluefft).
+Diese Antwort hab ich nicht erwartet. (Reisst einen Baumast ab
+und jagt den Stier fort.) Gehst hinaus! Eine solche Gesellschaft
+moecht ich mir noch ausbitten.
+
+
+
+Einundzwanzigster Auftritt
+
+Voriger. Astragalus tritt hervor.
+
+
+Astragalus.
+Du verdienst keine bessere. Warum verfolgst du diesen Sohn
+meiner Herde?
+
+Rappelkopf.
+Gib der Herr auf seine Kinder besser acht. Hier ist mein
+Territorium, und da leid ich weder etwas Vierfuessiges noch
+etwas Zweifuessiges. Also weiter, Vater und Sohn!
+
+Astragalus.
+Du irrest, wenn du waehnst, dass du auf eignem Boden herrschest.
+Mein ist das Tal, in dem die Alpe wurzelt. Drum frag ich dich,
+wie du es wagst, schamlose Flueche auszuhauchen hier, dass sie
+wie giftger Reif an diesen Blaettern hangen, und eine Welt zu
+schmaehn, in der du Wurm, aus Schlamm gezeugt, in eines Waldes
+dunklem Busen dich verkriechst, weil du den Strahl des heitren
+Lebens fuerchtest?
+
+Rappelkopf.
+Was kuemmerts dich? (Beiseite.) Der Kerl sieht aus, als wenn er
+von Gusseisen waer. Dem geh ich gar keine Antwort, den lass ich
+stehen. (Will in die Huette.)
+
+Astragalus (zielt auf ihn).
+Halt an! Gib Leben oder Worte!
+
+Rappelkopf.
+Was ist das fuer eine Art, auf einen Menschen zu schiessen?
+
+Astragalus.
+Du bist kein Mensch.
+
+Rappelkopf.
+Nicht? Das ist das Neuste, was ich hoere.
+
+Astragalus.
+Du hast dich ausgeschlossen aus der Menschen Kreis. Gib Losung,
+ob du es noch bist. Bist du gesellig wie der Mensch? Du bist es
+nicht. Hast du Gefuehl? Du fuehlst nur Hass. Hast du Vernunft? Ich
+finde keine Spur.
+
+Rappelkopf.
+Impertinent!
+
+Astragalus.
+Drum sprich, zu welcher Gattung ich dich zaehlen soll, der du des
+Tieres unbarmherzge Roheit mit dem milden Ansehn und der Sprache
+eines Menschen paarst.
+
+Rappelkopf.
+Ah, das ist eine gute Geschichte, der fuehrt einen logischen
+Beweis, dass ich ein Tier bin und noch dazu eins von der neuesten
+Gattung.
+
+Astragalus.
+Was hast du zu erwidern mir?
+
+Rappelkopf (beiseite).
+Ich wollt ihm schon etwas erwidern, wenn er keine Flinten haette.
+
+Astragalus.
+Antwort gib, ob du in meine Jagdbarkeit gehoerst und meiner Kugel
+bist verwandt?
+
+Rappelkopf (beiseite).
+Jetzt muss ich vor dem eine Rechenschaft ablegen, und ich moecht
+ihn lieber massakrieren. (Laut.) Die Flinte weg. Ich bin ein
+Mensch, und das ein besserer, als ich sein haett sollen.
+
+Astragalus.
+Und warum hassest du die Welt?
+
+Rappelkopf.
+Weil ich hab blinde Maeusl gespielt mit ihr, die Treue hab
+erhaschen wollen und den Betrug erwischt, der mir die Binde
+von den Augen nahm.
+
+Astragalus.
+Dann musst du auch dem Wald entfliehen, weil er missgestalte
+Baeume hegt, die Erde meiden, weil sie giftge Kraeuter zeugt,
+des Himmels Blau bezweifeln, weil es Wolken oft verhuellen,
+wenn du den Teil willst fuer das Ganze nehmen.
+
+Rappelkopf.
+Was nuetzt das Ganze mich, wenn mich ein jeder Teil sekkiert.
+Ich bin in meinem eignen Haus des Lebens nicht mehr sicher.
+
+Astragalus.
+Machs mit dem Misstraun aus, das dich belogen hat.
+
+Rappelkopf.
+Mich hasst mein Weib, mich flieht mein Kind, mich richten meine
+Dienstleut aus.
+
+Astragalus.
+Weil dein Betragen jeden tief erbittert, weil du den Hass
+verdienst, den man dir zollt.
+
+Rappelkopf.
+Das ist nicht wahr, ich bin ein Mensch, so suess wie Zuckerkandel
+ist. Nur mir wird jede Lust verbittert, und ich trage keine
+Schuld.
+
+Astragalus.
+Die groesste, denn du kennst dich selber nicht.
+
+Rappelkopf.
+Das ist nicht wahr. Ich bin der Herr von Rappelkopf.
+
+(Es faengt an, Nacht zu werden.)
+
+Astragalus.
+Das ist auch alles, was du von dir weisst. Doch dass du stoerrisch,
+wild, misstrauisch bis zum Ekel bist, vom Starrsinn angetrieben,
+hin bis an der niedern Bosheit Grenze, und wie die ueblen
+Eigenschaften alle heissen, die du fuer Vorzug deines Herzens
+haeltst, das ist dir unbekannt, nicht wahr?
+
+(Der Mond geht auf.)
+
+Rappelkopf.
+Mir ist nur eins bekannt, dass du ein Luegner bist, der eine
+Menge Fehler mir andichtet, die ich doch nicht hab.
+
+Astragalus.
+So geh die Wette ein, dass du weit mehr noch hast. Ich fuehre
+den Beweis, wenn du dich meiner Macht vertraust und mir gelobst,
+dass du dich aendern willst.
+
+Rappelkopf.
+Das haett ich lang getan, wenn ich das gefunden haette. Ich
+vertrau mich keinem Menschen an, Betrug ist das Panier der
+Welt.
+
+Astragalus.
+Glaubst du, die Welt sei darum nur erschaffen, damit du deinen
+Geifer auf ihr Wappen speien kannst? Die Menschheit hinge nur
+von deinen Launen ab? Dir duerften andre nur, du andern nicht
+genuegen? Bist du denn wahnsinnig, du uebermuetger Wurm?
+
+Rappelkopf.
+Sapperment, nicht lang per Wurm, das Ding fangt mich zu wurmen
+an. Ich gib nicht nach, du bankrottierter Philosoph! Ich bin zu
+gut, und du zu schlecht, als dass ich laenger mit dir red. Drum
+fort mit dir, der Mond geht auf, und du gehst ab, und kuenftighin
+werd ich in meiner Huetten mich verschanzen und
+herunterstukatieren, wenn sich eins sehen laesst.
+
+Astragalus.
+So willst du nicht die Hand zur Bessrung bieten?
+
+Rappelkopf.
+Ich biete nichts, und wenn mir's Wasser bis an Hals auch geht.
+
+Astragalus.
+Wohlan! So lass uns den Versuch beginnen.
+Weil nicht Vernunft kann dein Gemuet gewinnen,
+Soll Geistermacht zu deinem Glueck dich zwingen,
+Und mit dem Alpenkoenig wirst du ringen.
+Vermeid dies Haus! Sonst tritt auf allen Wegen
+Vergangenheit dir leichenblass entgegen.
+Und willst du Elemente Brueder nennen,
+Lern ihre Wut und ihre Schrecken kennen.
+Der Blitz soll deines Hauses Dach umarmen,
+Dann kann dein Herz an Freundesbrust erwarmen.
+Weil du die Luft willst statt der Gattin kuessen,
+Soll dich des Sturmes Angstgeheul begruessen.
+Der Boden soll dich Halbmensch nimmer tragen,
+Dann magst du ueber Erdenundank klagen.
+Und dass du mit den Wellen dich kannst streiten,
+Will ich die Flut dir bis zur Kehle leiten.
+So soll dich Feuer, Wasser, Luft und Erd betruegen.
+Dann waehl, ob du dich willst in meinen Vorschlag fuegen.
+Und wirst du liebend nicht dein Herz zur Menschheit wenden,
+So sollst du wildes Tier in Waldesnacht hier enden!
+(Rasch ab.)
+
+Rappelkopf (allein).
+Das ist ein schrecklicher Kerl. Und ich tu doch, was ich will.
+Just! Du sollst mich nicht um meinen Schlaf heut bringen. Gute
+Nacht, Freund Wald, ihr Eicheln, lebet wohl, zum Fruehstueck
+finden wir uns wieder.
+
+(Will gegen das Haus. Beim Oeffnen der Tuer sitzt Victorinens
+Geist auf einem Stuhl. Sie ist in blaue Schleier gehuellt und
+sieht gespensterartig aus. Ihr Gesicht ist bleich und die ganze
+Gestalt von einem gruenen Schirm beleuchtet. Sie spricht mit
+halblauter Stimme.)
+
+Victorinens Geist.
+Wo bleibst du denn so lang, du liederlicher Mann?
+Und kommst so spaet erst in der Nacht nach Haus.
+Gehst gleich herein, mir wird schon angst allein,
+Sonst rauf ich alle Haar dir aus.
+
+Rappelkopf.
+Himmel! das ist mein erstes Weib, die erkenn ich, weil sie die
+Herrschaft noch im Grab behauptet. Da bringt mich niemand bei
+der Tuer hinein. Die hat den Satan in den Leib. Wenn nur das
+Fenster offen waer! (Es donnert.) Jetzt fangts zum donnern an.
+(Am Fenster zeigt sich, ebenso wie Victorinens, Wallburgas
+Geist und sieht heraus.) Wer schaut denn da heraus?
+
+Wallburgas Geist (mit hohler Stimme).
+Ich bins, du falscher Mann, du Ungetreuer du!
+Warum hast du nach mir jetzt schon das zweite Weib?
+Und ich hab dich so lieb, hab selbst im Grab kein Ruh,
+Ich schau kein andern an, kann ohne dich nicht leben.
+Drum komm herein, ich muss dir Kuesse geben.
+
+Rappelkopf (erschrickt).
+Entsetzlich! Schaudervolle Nacht, zeigst du mir auch die zweite
+noch, die sich durch Eifersucht verraet? Sie modert schon und
+will nicht leben ohne mich. Welch schreckenvolle Lag! Es rieselt
+kalt durch mein Gebein. (Es blitzt.) Der Donner bruellt, die
+Blitze leuchten fuerchterlich. Koennt ich doch nur durchs Dach
+ins Haus! Mut! ich versuchs. (Er steigt hinauf. Waehrenddessen
+erscheint Emerentias Geist, auf dem Dach sitzend. Rappelkopf
+erschrickt.) Weh! Hier die dritte noch, dem Kirchhof ungetreu
+wie mir! (Will fort.)
+
+Emerentias Geist.
+Wo willst du hin? Du darfst nicht fort.
+Du musst den Mond mit mir betrachten.
+(Der Mond verwandelt sich in ein weissumschleiertes Geisterhaupt,
+das aus den Wolken sieht.)
+Sieh hin, das bleiche Antlitz dort,
+Es ist das Bild von deiner jetzgen Frau.
+Sie weint! Schau hin! Schau! Schau!
+
+Rappelkopf.
+Jetzt grinst mich auch die vierte an. O teuflisches Quartett!
+Mich wuergt die Angst! Ha! lass mich fort! Mich wandelt Ohnmacht
+an. Rachsuechtge Hoelle, warum hast du das getan? Ich bleib nicht
+da. Ich muss hinab. (Springt ueber das Dach.) O Himmel, sei gedankt!
+dass deine Erd mich wieder traegt. Doch, was beginn ich nun? (Der
+Sturm heult.) Der Sturm heult immer schrecklicher. Es giesst, und
+doch verschwinden nicht die graesslichen Gestalten. (Regen stroemt
+herab.) Nun platzt ein Wolkenbruch! ich rette mich auf diesen
+Baum, sonst reisst die Flut mich fort. (Er steigt auf den Baum.
+Die Weiber verschwinden, es schlagt in die Huette ein, sie steht
+in hellen Flammen.) Wenn das so fortgeht, bricht die Welt in
+Truemmer. (Die Huette brennt fort. Heftiger Regen, Sturmgeheul
+und Donner. Die Wasserflut schwillt immer hoeher, bis sie
+Rappelkopf, der sich auf den Gipfel des Baumes rettet, bis an
+den Mund steigt, so dass nur die Haelfte seines Hauptes mehr zu
+sehen ist.) Zu Huelfe, zu Huelfe! ich ersauf!
+
+Astragalus(faehrt schnell in einem goldnen Nachen bis zu seinem
+Haupt und spricht).
+Was bist du nun zu tun gesonnen?
+
+Rappelkopf (voll Angst).
+Ich will mich bessern, ich sehs ein, weil mir das Wasser schon
+ins Maul 'nein lauft.
+
+Astragalus.
+So fuehr ich dich nach meinem Schloss.
+
+
+Schnelle Verwandlung
+Der Nachen verwandelt sich in zwei Steinboecke mit goldenen
+Hoernern. Der Baum, auf dem Rappelkopf steht, in einen schoenen
+Wolkenwagen, in dem sich der Alpenkoenig und Rappelkopf befinden.
+Das Wasser verschwindet. Das ganze Theater verwandelt sich in
+eine pittoreske Felsengegend, die Teufelsbruecke in der Schweiz
+vorstellend, auf welcher Kinder, als graue Alpenschuetzen
+angekleidet, Boeller losfeuern, waehrend der Wolkenwagen ueber
+die Buehne faehrt. Zugleich von innen:
+
+Chor.
+Geendet ist die Geisterschlacht,
+Die Sonne strahlt durch finstre Nacht.
+Der Alpenkoenig hat gesiegt,
+Seht, wie er hin zum Ziele fliegt.
+
+
+
+
+
+Zweiter Aufzug
+
+
+
+Erster Auftritt
+
+Thronsaal im Eispalaste des Astragalus, mit hohen Saeulen
+geziert, die silberartig erglaenzen. Im Vordergrunde ein hoher
+Thron von pittoreskem Ansehen, als waere er aus unregelmaessigem
+Eis geformt.
+
+Auf ihm Astragalus als Alpenkoenig. Eine lange lichtblaue
+weissgestickte Tunika, weiten griechischen Mantel. Weissen Bart,
+auf dem Haupte eine smaragdene Krone. Vor ihm knien im Kreise
+ideal gekleidete Alpengeister. Weisse kurze Tunika, mit gruenen
+Folioblaettern garniert.
+
+
+Chor.
+Hehr zu schauen auf dem Throne
+Bist du, Fuerst der Alpenflur,
+Denn dich schmueckt der Tugend Krone,
+Du vertilgst des Lasters Spur.
+
+Astragalus (steht auf und spricht).
+Auf des Thrones eisgen Stufen
+Horcht ich gern noch eurem Chor.
+Doch lasst uns den Fremdling rufen,
+Denn die Zeit tritt mahnend vor.
+
+Alpanor.
+Lange steht er schon bereitet
+In der Halle vor dem Saal.
+Auch ist er schon angekleidet,
+Wie dein Wink es uns befahl.
+
+Astragalus.
+Hoehnt ihn aus, wenn er erscheint.
+
+
+(Rappelkopf in einem drapfarben Reiseueberrock, gleichen
+Gamaschen mit silbernen Knoepfen, schwarzem Haar, etwas hoher
+Stirne, wird hereingebracht.)
+
+Ein Alpengeist.
+Fuerst, hier ist der Menschenfeind.
+
+
+(Alle lachen.)
+
+Rappelkopf.
+Nun? Was ist da Spassigs dran?
+
+Alpanor.
+Weisst du wohl, warum sie lachen?
+Unter einem Menschenfeind
+Dachten sie sich einen Drachen,
+Der als grimmer Ries erscheint.
+Und nun sehn sie einen Zwergen,
+Wer soll 's Lachen da verbergen?
+Von dem Unsinn musst du lassen,
+Freund, das ist ja ganz verkehrt.
+Du willst alle andern hassen?
+Und bist selber nicht viel wert.
+
+Rappelkopf.
+Versteht sich. Du wirst mir sagen, was ich zu tun hab.
+(Fuer sich.) Verdammtes Hexenvolk!
+
+Astragalus.
+Du bist die Wette mit mir eingegangen, du wollest dein Gemuet
+in edleres verkehren, wenn du die Fehler deines jetzigen
+erkennst.
+
+Rappelkopf.
+Das hab ich gsagt im Angesichte von vier Zeugen: Feuer, Wasser,
+Luft und Erde. Nun gib mir Ueberzeugung, oder lass mir Ruh in
+meinem Wald.
+
+Astragalus.
+So hoer mich an. Damit du kannst in solchem Seelenspiegel
+schauen, so will ich deinen Geist aus deinem Leib entfuehrn
+und ihn in eines neuerschaffnen Koerpers Haus verbannen.
+
+Rappelkopf.
+Das will sagen, mein Geist wird von einer Bouteille in die
+andere hinuebergefuellt, das ist schon nichts, da kann schon
+eine Spitzbueberei geschehen, bei dieser Fuellung muss ich dabei
+sein. Da kann er ausrauchen, oder verwechselt werden. Ich traue
+niemand mehr.
+
+Astragalus.
+Er wird es nicht. Ich schwoer es bei des Chimborassos
+eisgekroentem Haupte. Du wirst dein Denken, Wollen, Handeln,
+Fuehlen genau in eines andern Bild erblicken.
+
+Rappelkopf.
+Und was gschieht dann mit mir, geh ich so ohne Seel herum,
+oder bekomm ich wo eine andere zu leihen?
+
+Astragalus.
+Du wirst als Bruder deiner Frau erscheinen.
+
+Rappelkopf.
+Diese Verwandtschaft haett ich mir nie traeumen lassen.
+
+Astragalus.
+Doch ganz die Kraft der eigenen Gesinnungen behalten.
+
+Rappelkopf.
+Das heisst, ich werde aussehn wie mein Schwager und denken,
+was ich will.
+
+Astragalus.
+So ists. Dadurch kannst du dich ueberzeugen, wie gegen dich
+dein Weib, dein Kind und der von dir gehasste Maler denken.
+Doch dass du auch an deinem Ebenbild den hoechsten Anteil nimmst
+und dich in ihm genau ergruendest und betrachtest, so haengt
+dein kuenftig Schicksal ganz von dem freien Handeln dieses
+Doppelgaengers ab. Und was zu deinem Nutzen oder Nachteil wird
+durch ihn in deinem Haus geschehn, das wird, wenn er
+verschwindet, unveraenderlich dir bleiben.
+
+Rappelkopf.
+Also wenn er mir mein Haus verkauft, kann ich nachher auf
+der Strasse wohnen? Ah, das ist eine schoene Einquartierung.
+
+Astragalus.
+Auch ist dein Leben selbst an seines festgebunden, und wenn
+er es verliert, solang er statt dir lebt, stirbst du mit ihm
+und wirst durch ihn erkranken auch, wenn es der Zufall fuegt,
+dass ihm ein boes Geschick Gesundheit raubt.
+
+Rappelkopf.
+Zwei Menschen und nur ein Leben! Jetzt fangt sogar die Natur
+zum oekonomisiern an. Da hats der Tod kommod, der nimmt s'
+gleich Paar und Paar. Nun gut, so lass denn sehen, was deine
+Taschenspielerei vermag. Der Prozess ist eingeleitet. Ein
+unendlich verwickelter Fall, der wird in hundert Jahren nicht
+aus. Also was gschieht denn jetzt? Hab ich noch meinen Geist,
+oder hat ihn schon ein anderer? Bin ich schon mein Schwager,
+oder bin ich noch der Schwager meines Schwagers?
+
+Astragalus.
+Es wird dich jeder fuer den Bruder deines Weibs erkennen. Darum
+hab ich in deinem Aeussern dich gestaltet so wie ihn. Ihr
+Alpengeister, fuehrt ihn fort und bringt ihn an des Berges
+Fuss. Dort werdet ihr ein leichtberaedert Fahrwerk finden,
+zwei ruestge Maultier vorgespannt, mit Staub bedeckt, als
+kaemen sie von weiter Reise aus dem Land der welschen Glut.
+Sie bringen schnell ihn vor sein Schloss, dort werde seinem
+Uebermut Beschaemung, Ueberzeugung, Strafe.
+
+Rappelkopf.
+Nun gut, so will ich dies Asyl der Falschheit noch einmal
+betreten. Ich geh und uebergeb dir meinen Geist, von dem ich
+weiss, dass er so wenig Fehler hat, als die Donau Linienschiffe
+traegt, als Eicheln auf dem Kirschbaum wachsen und blondes Haar
+in deinem grauen Bart. (Ab mit den Alpengeistern, nur Alpanor
+bleibt zurueck.)
+
+Astragalus.
+Sein Starrsinn ists, der mich zu festen Hoffnungen berechtigt,
+denn hat er sich erkannt, wird ihn mit gleicher Heftigkeit der
+Trieb zur Besserung erfassen, als seine kraeftge Phantasie den
+Wahn des Hasses jetzt umklammert haelt. Alpanor! Hast du den
+Bruder seines Weibs zurueckgehalten, dass er nicht heute morgens
+schon von seiner Reise in des Menschenfeindes Schloss eintrifft?
+
+Alpanor.
+Es geschieht in diesem Augenblick. Der Alpengeist Linarius
+leitet seiner Pferde Zuegel und setzt ihn aus in einer wuesten
+Felsengegend, so lang, bis, grosser Alpenkoenig, du die Ankunft
+ihm erlaubst.
+
+Astragalus.
+Und ich will scheinbar mich in ihn verwandeln
+(er verwandelt sich in Rappelkopfs Gestalt in seiner ersten
+Kleidung)
+Und so durch Trug zu seinem Besten handeln.
+Wie auf des Schlosses Dache die metallne Spitze
+Das Haus bewahret vor der Wut der Blitze,
+Will ich den Hass, den er sich gen die Welt erlaubt,
+Herniederleiten auf sein eignes Haupt.
+Dort mag die Donnerwolke sich entleeren
+Und Glut durch Glut hellflammend sich verzehren,
+Bis aus der Asche wird zum neuen Leben
+Die Liebe gleich dem Phoenix sich erheben.
+
+
+(Beide ab.)
+
+
+
+Zweiter Auftritt
+
+Verwandlung
+Wilde Felsengegend. Im Hintergrunde ein hoher praktikabler
+Fels, welcher von der rechten Kulisse aber zwei Dritteil der
+Buehne bis ohngefaehr zwei Schuh weit von der linken sich
+erstreckt und in einem steilen Abhang endigt. Auf ihm ist
+eine gedeckte Reisekalesche mit zwei Schimmeln sichtbar. Die
+Pferde stehen schon ganz an dem Abhange des Felsens.
+
+Auf dem Sattelpferde sitzt der Alpengeist Linarius, als
+Postillion gekleidet. Im Wagen Herr von Silberkern, so
+gekleidet wie Herr von Rappelkopf zu Anfange des zweiten
+Aktes. Er droht mit einem Stock dem Postillion und schreit
+heftig.
+
+
+Silberkern.
+Halt! Halt! Was treibt Er denn, Er verwuenschter Kerl, ich
+bin ja des Todes, wo fuehrt Er mich denn hin?
+
+Linarius.
+Geduld, mein Herr, wir werden gleich am Ziele sein.
+
+Silberkern.
+Das ist ja keine Moeglichkeit, der Kerl ist besoffen wie eine
+Kanone, er muss glauben, da unten ist ein Weinkeller. Ich
+massakrier Ihn, Er verflixter Lumpenhund. Was treibt Er denn
+mit Seinen gottverdammten Schimmeln?
+
+Linarius.
+Ich habe meine Pferde ausgespannt.
+
+Silberkern.
+Untersteh Er sich, Er infamer Mensch! wir stuerzen ja hinab.
+
+Linarius.
+Wer wird denn da viel Spruenge machen? das Trinkgeld ist mir
+ein fuer allemal zu schlecht. Adieu, mein Herr!
+
+Silberkern.
+Wo will Er denn hin?
+
+Linarius.
+Ich reite durch die Luft--
+
+
+(Die Pferde bekommen Fluegel. Linarius erhebt sich mit ihnen bis
+in die halbe Hoehe des Theaters. Der Wagen bleibt stehen,
+zugleich faellt der hintere Teil des Felsens herab, und nur
+das Stueck, worauf die Kutsche ist, bleibt stehen.)
+
+Du bleibst zurueck auf diesem Fels und geniessest hier die Luft.
+Zur rechten Zeit spann ich die Pferde wieder vor. Dann bitt
+ich mir ein tuechtig Trinkgeld aus. Bis dahin lebe wohl und
+unterhalt dich gut. Juhe! Zum Alpenkoenig heisst das Posthaus
+hier. Ihr Schimmel, hi! stosst euch an keinen Stein! Lebt wohl,
+Herr Passagier, und bleibt mir fein gesund! (Fliegt fort und
+blast das Posthorn dabei.)
+
+Silberkern.
+Verdammter Hexenspuk! Der Kerl fliegt herum wie eine Fledermaus.
+Flieg zum Geier, falscher Rabe! Ich brauche deine Pferde nicht.
+(Er will heraussteigen.) I potz Hagel, was ist das? Ich kann
+ja nicht heraus. Der Wagen haengt ja in der Luft. Das ist ja
+aufs Verhungern abgesehen. Verflixter Kerl, komm zurueck! Es
+ruehrt sich nichts, ich sehe keinen Menschen, nicht einmal
+Ochsen weiden hier. Ich bin der einzge in der ganzen Gegend.
+(Schreit.) Hoert mich denn niemand?
+
+Echo.
+Niemand--(Entfernter.) Niemand--Niemand--Nieman--
+
+Silberkern (stampft mit dem Fusse).
+Ich ersticke noch vor Zorn--
+
+
+(Der Fels, auf dem der Wagen steht, oeffnet sich wie eine
+Hoehle und in ihr sind eine Menge kleine Alpengeister
+aufeinanderkauernd gruppiert, welche mit schadenfroher Miene
+aus vollem Halse lachen. Auch aus den Gebueschen, welche um
+den Fels angebracht sind, sehen einige schelmisch hervor.)
+
+Alpengeister.
+Hahahahaha!
+
+Silberkern (schnell, raesonierend, mit dem Stock herumfechtend).
+O du Geistergesindel, du unsichtbares Lumpengepack, komm herauf
+zu mir, ich schlag dich tot. Das ist eine verflixte Geschichte.
+
+(Neues Lachen und schnelles Vorfallen der Kurtine, welche ein
+Zimmer in Rappelkopfs Hause vorstellt.)
+
+
+
+Dritter Auftritt
+
+Mehrere Dienstleute stuerzen auf die Buehne. Sophie von der Seite.
+
+
+Sopie.
+Wo, wo ist mein Bruder?
+
+Dienstleute.
+Er koemmt soeben die Treppe herauf. Hier ist er schon.
+
+Sopie.
+Holt Herrn von Dorn und meine Tochter. Das Gepaecke in das
+gruene Zimmer.
+
+
+
+Vierter Auftritt
+
+Vorige. Rappelkopf stuerzt herein.
+
+
+Sopie (faellt ihm um den Hals).
+O mein Bruder, mein geliebter Bruder! (Bleibt an seiner Brust.)
+
+Rappelkopf (fuer sich).
+Entsetzlich! Diese Natter liegt an meiner Brust. Sie kennt
+mich wirklich nicht. Nimm dich zusammen, Rappelkopf!
+(Freundlich.) Endlich seh ich dich wieder, liebe Schwester.
+(Beiseite.) Ich kann s' nicht anschaun. (Wieder freundlich.)
+Wie gehts dir denn, du liebe Schwester du?
+
+Sopie.
+Ach Bruder, mir geht es sehr uebel.
+
+Rappelkopf (beiseite).
+So? Da gschieht dir recht.
+
+Sopie.
+Was sagst du, lieber Bruder?
+
+Rappelkopf.
+Dass ich dich recht bedaure, und zwar auf eine ganz besondere
+Art. Denn ich weiss alles, liebe Schwester, dein Mann ist ein
+schaendlicher Mensch.
+
+Sopie.
+Das ist er nicht, lieber Bruder, aber ein ungluecklicher Mensch.
+
+Rappelkopf (beiseite).
+Viper!
+
+Sopie.
+Wenn du wuesstest, wie sehr ich mich nach dir gesehnt habe, um
+mein Herz vor dir auszuschuetten!
+
+Rappelkopf.
+So schuett es aus, liebe Schwester! (Beiseite.) Da erfahr ich
+etwas. Schuetts aus!
+
+Sopie.
+Aber du wirst ermuedet sein von der Reise?
+
+Rappelkopf.
+Nur meine Fuess sind muede, meine Ohren nicht.
+
+Sopie.
+So setz dich, lieber Bruder. (Sie setzt Stuehle.)
+
+Rappelkopf.
+Ich dank dir, liebe Schwester. (Setzt sich.) Fatale Situation!
+
+Sopie.
+Meine Tochter und ihr kuenftiger Braeutigam werden sogleich
+erscheinen.
+
+Rappelkopf (faehrt wild auf).
+So? (Fasst sich und sagt ploetzlich mit freundlichem Laecheln.)
+Wird mir eine unendliche Ehr sein.
+
+Sopie.
+Du bist so sonderbar, lieber Bruder. Was ist dir denn?
+
+Rappelkopf.
+Verschiedenes. Die Reise, dein Anblick, es ist alles so
+ergreifend fuer mich.
+
+Sopie.
+Ich danke dir. Du bist ein Bruder, wie man keinen mehr finden
+wird.
+
+Rappelkopf (beiseite).
+Der Meinung bin ich selbst.
+
+Sopie.
+Fuenf Jahre bist du abwesend. Die Ursache meines Ungluecks wird
+dir schon aus meinen Briefen bekannt sein.
+
+Rappelkopf.
+Ich weiss, du hassest deinen Mann.
+
+Sopie.
+Was faellt dir ein! Wo gaeb es eine Frau, die ihrem Manne mehr
+zugetan waere, als ich dem meinigen!
+
+Rappelkopf.
+Wirklich? (Beiseite.) Was man fuer Neuigkeiten erfaehrt!
+
+Sopie.
+Wenn du nur die Geduld haettest sehen koennen, mit welcher ich
+seine Launen ertrug, die Sanftmut, mit der ich ihn behandelte.
+
+Rappelkopf.
+Ja, das haett ich sehen moegen. (Beiseite.) Es ist zum Durchgehn,
+wie sie luegt, ich bin schon voellig blau auf dieser Seite.
+
+Sopie.
+Und alles dies hat seinen ungerechten Menschenhass nur noch
+vermehrt.
+
+Rappelkopf.
+Aber warum hasst er denn die Menschen, er muss doch eine Ursache
+haben?
+
+Sopie.
+Weil er ein Narr ist, der sie verkennt.
+
+Rappelkopf (beiseite).
+Ich bedank mich aufs allerschoenste.
+
+Sopie.
+Und doch lieb ich ihn so zaertlich--
+
+Rappelkopf.
+Diesen Narren? o naerrische Lieb! (Beiseite.) Es ist zum
+Teufelholen!
+
+Sopie.
+Und muss die Angst ausstehen, ihn seit gestern zu vermissen.
+
+Rappelkopf.
+Ja wo ist er denn?
+
+Sopie.
+In einem Anfall von Wahnsinn zerschlug er alle Moebel, glaubte,
+der Bediente wolle ihn ermorden, und rannte wuetend aus dem Hause.
+
+Rappelkopf.
+Nun er wird schon wieder zurueckkommen.
+
+Sopie.
+Nein, das wird er nicht. Was er beschliesst, vollfuehrt er auch.
+
+Rappelkopf (beiseite).
+Sie kennt mich doch. (Laut.) Aber wie ist er denn auf den
+Gedanken gekommen, dass man ihn ermorden will?
+
+Sopie.
+Auf die unsinnigste Weise von der Welt. Ich befahl meinem
+einfaeltigen Bedienten, er sollte nach dem Garten gehen und
+Zichorien ausstechen, und das Messer in seiner Hand laesst
+meinen unglueckselgen Mann glauben, er wolle ihn ermorden.
+
+Rappelkopf.
+Zichorien hat er ausstechen wollen?
+
+Sopie.
+Ei freilich.
+
+Rappelkopf (beiseite).
+Das ist nicht moeglich, oder ich waer der einfaeltigste Mensch,
+den die Sonne noch beschienen hat. (In Nachdenken versunken.)
+Zichorien hat er ausstechen wollen?
+
+Sopie.
+Warum ergreift dich das so?
+
+Rappelkopf (gleichgueltig).
+Weil mir der Kaffee einfaellt, den ich im letzten Wirtshaus
+getrunken hab. Der war auch mit Zichorien vergiftet.
+
+Sopie.
+Was soll ich nun beginnen, lieber Bruder?
+
+Rappelkopf.
+Lass den Narren laufen!
+
+Sopie.
+Das kann dein Ernst nicht sein. Er ist mein Mann, und ich
+werd ihn nie verlassen.
+
+Rappelkopf (schnell).
+Ist das wahr?
+
+Sopie.
+Gewiss.
+
+Rappelkopf (unwillkuerlich erfreut, beiseite).
+Sie ist doch nicht gar so schlecht. (Wieder veraendert.)
+Aber schlecht ist sie doch.
+
+Sopie.
+Ach Bruder! (Sinkt an seine Brust.) Wenn mein Mann imstande
+waere, sich ein Leid anzutun! (Weinend.) Ich haette mir nichts
+vorzuwerfen, aber ich koennte diesen Vorfall nicht ueberleben.
+
+Rappelkopf.
+Das Weib martert mich, ich schwitz schon im ganzen Leib. Und
+sie weint wirklich, mein ganzes Schapodl ist nass. Aber ich
+glaub ihr nicht, die Weiber koennen alles. (Laut.) Beruhige
+dich nur, liebe Schwester, es kommt jemand.
+
+
+
+Fuenfter Auftritt
+
+Vorige. August. Malchen.
+
+
+Malchen.
+Ist es wahr, ist der Onkel angekommen? (Sieht ihn.) Ach
+liebster, bester Onkel! mit welcher Sehnsucht haben wir
+Sie erwartet.
+
+Rappelkopf.
+Die ist so falsch wie ihre Mutter.
+
+Malchen.
+August, komm doch her.
+
+Rappelkopf (erschrickt).
+Wer?
+
+August (hervortretend).
+Bester Herr von Silberkern--(will auf ihn zu.)
+
+Rappelkopf (faehrt zurueck).
+Himmel, wer bringt dies Bild vor meine Augen?
+
+Sopie.
+Was ist dir, lieber Bruder?
+
+Malchen.
+Aber Onkel!
+
+Rappelkopf (beiseite).
+Ich muss mich fassen, damit ich allen auf den Grund komme.
+(Laut, mit Zwang.) Verzeihen Sie mir, mein Herr, sein Sie
+mir willkommen.
+
+August.
+Erlauben Sie, Herr von Silberkern--(Tritt naeher.)
+
+Rappelkopf (faehrt wieder auf).
+Nein, es ist nicht moeglich--Drei Schritt vom Leib! (Beiseite.)
+Vergiften koennt ich den Verfuehrer!
+
+August.
+Was soll ich davon denken?
+
+Malchen.
+Onkel!
+
+Sopie (gleichzeitig).
+Bruder!
+
+Rappelkopf (fasst sich wieder).
+Verzeihen Sie, aber Sie haben eine Aehnlichkeit, eine
+Aehnlichkeit--
+
+August.
+Mit wem?
+
+Rappelkopf.
+Mit--mit einem Menschen
+
+August.
+Mit was fuer einem?
+
+Rappelkopf.
+Der mich bestohlen hat.
+
+Sopie.
+Aber Bruder!
+
+August (lacht).
+Herr von Silberkern--
+
+Malchen.
+Ach Onkel, er hat nichts gestohlen als mein Herz.
+
+Rappelkopf (auffahrend).
+Das ist es eben--(fasst sich) was mich nichts angeht.
+(Sehr freundlich.) Sind Sie nur nicht so kindisch, ich hab
+nur einen Spass gemacht. (Fuer sich.) Verstellung, steh mir
+bei! (Laut.) Endlich sind wir alle recht froh beieinander,
+meine lieben Kinder. (Lacht boshaft.) Das ist ein freudiger
+Tag heute. (Fuer sich.) Ich moecht zur Decke hinauffahren.
+
+Sopie.
+Wir wollen dich jetzt allein lassen, lieber Bruder. Damit du
+eine Stunde ausruhen kannst. Du bist zu angegriffen. In
+diesem Zimmer findest du ein Ruhebett, unterdessen werden
+wir die Nachforschungen nach meinem armen Mann verdoppeln,
+denn es gibt keinen ruhigen Augenblick fuer mich, solange ich
+in Ungewissheit ueber sein Schicksal leben muss. (Geht ab.)
+
+Rappelkopf.
+Da werd ein anderer klug, ich nicht.
+
+August.
+Herr von Silberkern, ich weiss, dass Sie alles ueber Herrn von
+Rappelkopf vermoegen.
+
+Rappelkopf.
+Da haben Sie recht, wenn ich nichts ueber ihn vermag, dann
+richtet niemand etwas mit ihm aus.
+
+August.
+Oh, dann werden Sie mir Ihren Beistand nicht versagen.
+
+Rappelkopf.
+Ihnen? hahaha! Nun, das will ich hoffen.
+
+August.
+Wenn meines Malchens Vater sein Haus wieder betritt und es
+Ihnen gelingt, ihm mildere Gesinnungen gegen die Welt
+einzufloessen, so vergessen Sie auch meiner nicht! Versichern
+Sie ihm, dass es keinen jungen Mann auf Erde gaebe, der mit
+einer so unwandelbaren Treue an seiner liebenswuerdigen
+Tochter und mit einer so innigen Dankbarkeit an ihrem edlen,
+aber ungluecklichen Vater hinge als der von ihm so ungerecht
+verfolgte August Dorn. (Verbeugt sich und geht ab.)
+
+Rappelkopf.
+Das ist mir unbegreiflich.
+
+Malchen (weinend).
+Lieber Onkel, wenn Sie meinen Vater sprechen, was ich gewiss
+nicht darf, so sagen Sie ihm, dass er seine Amalie unendlich
+gekraenkt hat, dass ihn niemand so sehr liebt wie seine Tochter,
+aber dass ihr auch gewiss das Herz brechen wird, wenn sie ihren
+August verlieren muesste. (Weint heftig.)
+
+Rappelkopf (sein Vatergefuehl bricht los, er schliesst Malchen
+heftig in seine Arme).
+Du bist halt doch mein Kind, wenn ich auch jetzt nicht dein
+Vater bin. (Nimmt sie am Kopf.) Was nuetzt denn das, das laesst
+sich nicht verleugnen. Ich muss dich kuessen, Malchen.
+
+Malchen.
+Ach guter Onkel!
+
+Rappelkopf.
+Sag du mir, ist das wahr, liebst du deinen Vater?
+
+Malchen.
+Unendlich, lieber Onkel!
+
+Rappelkopf.
+Und du luegst nicht?
+
+Malchen.
+Bei Gott nicht.
+
+Rappelkopf (freudig ueberrascht).
+Das ist schoen von dir, das freut mich. (Legt ihren Kopf an
+seine Brust.) Sie hat mich lieb! So hab ich doch eine Seele
+auf der Welt, die mich liebt. Aber jetzt geh hinaus, ich bitt
+dich um alles in der Welt, geh hinaus.
+
+Malchen.
+Sie verstossen mich doch nicht, lieber Onkel?
+
+Rappelkopf.
+Nein, ich verstoss dich nicht, ich will dich noch einmal
+kuessen sogar, aber geh hinaus, sonst muss ich mich vor mir
+selber schaemen, geh hinaus.
+
+Malchen.
+So ruhen Sie sanft, bester Onkel. (Ab.)
+
+Rappelkopf (allein).
+O Schande! ich bin ein Menschenfeind und komm da in eine
+Kuesserei hinein, die gar kein End nimmt. Das war der einzige
+vergnuegte Augenblick, den ich seit fuenf Jahren erlebt hab.
+Aber wie ist mir denn? bin ich betrunken? Das ist ja keine
+Moeglichkeit. Wenn das alles wahr waere, was die Leute
+zusammenreden, so waeren sie ja voellige Engel. Das ist Betrug,
+da muss etwas dahinterstecken. Das ist ein Einverstaendnis. Mein
+Weib ist eine Schlange. Zu was braucht sie einen Zichori?
+wenn so viel Kaffee aufgeht. Aber meine Tochter ist brav.
+Ueber die lass ich jetzt nichts mehr kommen. Auch den jungen
+Menschen trau ich nicht, den haben sies einstudiert. Er waer
+ohnehin bald steckengeblieben. Ha, da kommt der Habakuk, der
+grosse Bandit. Der soll mir Licht geben.
+
+
+
+Sechster Auftritt
+
+Voriger. Habakuk.
+
+
+Rappelkopf.
+He, Habakuk!
+
+Habakuk.
+Wie? Euer Gnaden wissen, wie ich heiss, und haben mich noch
+nicht gesehen?
+
+Rappelkopf.
+Nu, ich kann Ihn ja wo anders gesehen haben.
+
+Habakuk.
+Ja freilich, ich war zwei Jahr in Paris. Befehlen Euer Gnaden
+etwas?
+
+Rappelkopf.
+Ja! was ich sagen wollte--(Beiseite.) Ich trau dem Kerl nicht.
+(Laut.) Hat Er nicht ein Messer bei sich?
+
+Habakuk.
+Nein, ich werd aber gleich eins holen. (Will ab.)
+
+Rappelkopf (erschrickt).
+Untersteh Er sich, ich brauch keins mehr. Ich hab nur etwas
+abschneiden wollen. (Fuer sich.) Er waer imstande er holet eins.
+
+Habakuk.
+Ich weiss nicht, ich trag sonst immer ein Messer bei mir--
+
+Rappelkopf (fuer sich).
+Nun da haben wirs ja, das ist ein routinierter Moerder. (Laut.)
+Lieber Freund, ich werd Ihm ein gutes Geschenk machen, geh Er
+mir ein wenig an die Hand. Er weiss, ich bin der Bruder Seiner
+Frau.
+
+Habakuk.
+Habs schon weg, Euer Gnaden.
+
+Rappelkopf (fuer sich).
+Unbegreifliche Zauberei! (Laut.) Sag Er mir, wie behandelt
+denn mein Schwager seine Frau?
+
+Habakuk.
+Infam, Euer Gnaden.
+
+Rappelkopf.
+Was sagt Er?
+
+Habakuk.
+Oh, das ist ein sekkanter Mensch, der glaubt, die Leut sind
+nur wegen ihm auf der Welt, dass er s' mit Fuessen treten kann.
+
+Rappelkopf (fuer sich).
+Nun bei dem hoert man doch ein wahres Wort. Der redt doch, wie
+er denkt. (Laut.) Ja, es soll nicht zum Aushalten sein. Darum
+kann ihn aber auch meine Schwester nicht ausstehen. Nicht wahr?
+
+Habakuk.
+Ah, was fallt Euer Gnaden ein, sie weint sich ja voellig die
+Augen aus um ihn. Ich kann sie nicht genug troesten.
+
+Rappelkopf.
+Man hat aber erzaehlt, sie haette ihn wollen gar ermorden lassen.
+
+Habakuk.
+Ah, hoeren Euer Gnaden auf. Euer Gnaden werden doch nicht auch
+so einfaeltig sein, das zu glauben.
+
+Rappelkopf.
+Ja, Er ist ja, glaub ich, mit dem Messer auf ihn gegangen.
+
+Habakuk.
+Ich? warum nicht gar, ich fall in Ohnmacht, wenn sie nur ein
+Hendel abstechen. Er war im Gartenzimmer, und kein Mensch hat
+sich hinausgetraut, und die Koechin hat einen Zichori gebraucht,
+und die Frau hat gschafft, ich soll einen ausstechen.
+
+Rappelkopf (beiseite).
+Mit dem ewigen Zichori! am End ists doch wahr.
+
+Habakuk.
+Er lasst ja keinen Menschen zu Wort kommen, der Satanas.
+
+Rappelkopf (fuer sich).
+Das ist ein impertinenter Bursch. Ein Verleumder. (Laut.) Und
+sag Er mir, ist denn Sein Herr ein gescheidter Mann?
+
+Habakuk (verneinend).
+Ah! (Vertraulich.) Wissen Euer Gnaden, wir reden jetzt unter
+uns, es ist nichts zu Haus bei ihm. (Deutet auf den Kopf.)
+
+Rappelkopf (beiseite).
+Nein, das ist nicht zum Aushalten. (Gibt ihm Geld.) Da hat Er,
+mein lieber Freund, Er hat mir schoene Sachen gesagt, ich bin
+sehr zufrieden mit Ihm, aber geh Er jetzt.
+
+Habakuk.
+Kuess die Hand! (Fuer sich.) Aha, den freuts, dass ich ueber den
+andern schimpf. Er kann ihn nicht recht leiden. Ich muss noch
+aerger anfangen, vielleicht schenkt er mir noch etwas. (Laut.)
+Ja sehen Euer Gnaden, ich war zwei Jahr in Paris, aber ein so
+zuwiderer Mensch ist mir nicht vorgekommen, und es gibt ihm
+alles nach, das ist gar nichts nutz, da wird er nie kuriert.
+Ich versteh nichts von der Medizin, aber ich glaub, wenn er
+einmal recht durchgewassert wurd, es muesste sich seine ganze
+Natur umkehren.
+
+Rappelkopf.
+Jetzt hat Er Zeit, dass Er geht. Den Augenblick hinaus, Er
+undankbarer Mensch, wie kann Er sich unterstehen, so von Seinem
+Herrn zu reden? Gleich fort, oder ich schlag Ihm Arm und Bein
+entzwei. (Sucht einen Stock.)
+
+Habakuk.
+So ists recht, jetzt faengt der auch an. (Im Abgehen.) Nun,
+den sag ich bald wieder was, das ist eine schreckliche Familie.
+Na, das ging' mir ab. (Geht brummend ab.)
+
+Rappelkopf (allein).
+So kann man seine Leute kennenlernen. Von meiner Frau redt er
+nicht so schlecht, er getraut sich nicht, weil er mich fuer
+ihren Bruder haelt. Aber fuer einen Moerder ist er doch zu dumm,
+ich hab ihn fuer pfiffiger gehalten. Es wird doch auf den
+Zichori hinauskommen. Was mich das fuer eine Ueberwindung kostet,
+mit all diesen Menschen zu reden! Aber ich muss meine Untersuchung
+vollenden, weil ich sie begonnen habe und weil ich in nichts
+zuruecktrete, wenn ich nicht muss, wie heut im Walde.
+
+
+
+Siebenter Auftritt
+
+Voriger. Lischen.
+
+
+Lischen.
+Die gnaedige Frau laesst fragen, ob Euer Gnaden eine Tasse Tee
+befehlen.
+
+Rappelkopf.
+Ich danke. (Fuer sich.) Die werd ich auch in die Kur nehmen.
+(Laut.) Was macht meine Schwester?
+
+Lischen.
+Sie ist sehr betruebt.
+
+Rappelkopf.
+Weswegen?
+
+Lischen.
+Unseres gnaedigen Herrn wegen.
+
+Rappelkopf.
+Wegen mir?
+
+Lischen.
+Ah, wegen Ihnen nicht.
+
+Rappelkopf (fasst sich).
+Ja so. (Fuer sich.) Die kennt mich auch nicht. (Laut.) Und was
+macht meine Nichte?
+
+Lischen.
+Sie spricht mit ihrem Braeutigam.
+
+Rappelkopf (fuer sich).
+Himmel und Hoelle! (Fasst sich. Laut.) Was ist denn das fuer ein
+Mensch?
+
+Lischen.
+Ein sehr liebenswuerdiger Mensch.
+
+Rappelkopf.
+Was heisst das, macht er Ihr auch die Cour?
+
+Lischen.
+Nun, das waere der Wahre, er wagt es ja kaum, ein anderes
+Maedchen anzusehen. Das wird ein handfester Pantoffelritter
+werden. Ich glaube, er hat mir bloss darum noch keinen Heller
+zum Geschenke gemacht, damit er nur meine Hand nicht beruehren
+darf. Er und mein Fraeulein taugen ganz zusammen, und es ist
+himmelschreiend, dass der gnaedge Herr seine Einwilligung nicht
+gibt.
+
+Rappelkopf (rasch).
+Da hat er recht, wenn er sie nicht gibt. Der junge Mensch hat
+keine Achtung vor ihn.
+
+Lischen.
+Ei bewahre, er schaetzt ihn weit mehr--verzeihen Euer Gnaden,
+wenn ich so von Ihren Herrn Schwager spreche--aber weit mehr,
+als er es verdient.
+
+Rappelkopf (fuer sich).
+Es ist, als ob sie sich alle verschworen haetten wider mich.
+Geduld, verlasse mich nicht! (Laut.) Ich will Ihr etwas
+schenken, aber sag Sie mir in der groessten Geschwindigkeit
+alle ueblen Eigenschaften Ihres Herrn.
+
+Lischen.
+In einer Geschwindigkeit, das ist ohnmoeglich, gnaedger Herr.
+
+Rappelkopf.
+Warum nicht?
+
+Lischen.
+Weil, wenn ich jetzt diesen Augenblick anfange, ich morgen
+frueh noch nicht fertig bin.
+
+Rappelkopf.
+Wo ich nur die Geduld hernehme, das alles anzuhoeren!
+
+Lischen.
+Es ist schon genug, dass er ein Menschenfeind ist. Ich begreife
+gar nicht, wie man bei einem so grossen Vermoegen, einer
+gutmuetigen Frau, einer wohlerzogenen Tochter und einem so
+huebschen Stubenmaedchen ein Menschenfeind sein kann.
+
+Lied
+Ach, die Welt ist gar so freundlich
+Und das Leben ist so schoen.
+Darum soll der Mensch nicht feindlich
+Seinem Glueck entgegenstehn.
+Alles sucht sich zu gefallen,
+Liebend ist die Welt vereint,
+Und das Haesslichste von allen
+Ist gewiss ein Menschenfeind.
+Heitrer Sinn nur kann begluecken,
+Nur die Freude hebt die Brust,
+Nur die Liebe bringt Entzuecken,
+Und der Hass zerstoert die Lust.
+Doch wenn alle sich erfreun
+Und der Stern des Frohsinns scheint,
+Sitzt im duestern Wald allein
+Drauss der finstre Menschenfeind.
+
+Sieht man nur die goldne Sonne,
+Wenn sie auf am Himmel steigt,
+Wie sie schon mit holder Wonne
+Allen Wesen ist geneigt:
+Dann kann man die Welt nicht hassen,
+Die 's im Grund nicht boese meint,
+Man muss nur die Lieb nicht lassen,
+Wird man nie zum Menschenfeind. (Ab.)
+
+
+Rappelkopf (allein).
+Schrecklich! Muss ich mich auch noch ansingen lassen! Das sind
+Beleidigungen nach den Noten, und ich darf den Takt nicht dazu
+schlagen. Und alles bleibt auf einem Wort! Wer kommt?
+
+
+
+Achter Auftritt
+
+Voriger. Sophie. Lischen.
+
+
+Sopie (stuerzt rasch herein).
+Bruder, er kommt!
+
+Rappelkopf.
+Wer kommt?
+
+Lischen.
+Der gnaedge Herr!
+
+Sopie.
+Mein Mann!
+
+Rappelkopf.
+Ich komm! (Schlaegt sich begeistert an die Brust.) Endlich
+einmal. Solang die Welt steht, war noch niemand so neugierig
+auf sich selbst als ich.
+
+Astragalus (ruft noch vor der Tuer).
+Dass niemand zu mir gelassen wird!
+
+Rappelkopf.
+Meine ganze Stimme. Ich hoer mich schon. (Tritt zurueck.)
+
+
+
+Neunter Auftritt
+
+Vorige. Astragalus tritt ein.
+
+
+Astragalus (wie er Sophie sieht, prallt er zurueck und ruft).
+Ha! (Er will zurueck.)
+
+Rappelkopf (sagt schnell).
+Ich bins, ist kein Zweifel!
+
+Sopie (haelt ihn zurueck).
+Oh, bleib doch, lieber Mann! wir sind gluecklich, dass wir dich
+wieder sehn.
+
+Astragalus (reisst sich los).
+Lass mich. Entweder gehst du oder ich.
+
+Sopie (Mit Ueberwindung).
+Nun so bleib, ich will gehn. (Geht seufzend ab.)
+
+
+(Astragalus tritt mit empoerter Miene vor, bleibt mit
+verschraenkten Armen stehn und blickt wild umher, ohne
+Rappelkopf zu bemerken.)
+
+Rappelkopf (betrachtet ihn vom Fuss bis zum Kopfe mit
+ungeheurem Erstaunen und spricht dann ueberzeugt).
+Ich bins--Aufgelegt bin ich nicht gut, aber das kann
+nicht anders sein.
+
+Astragalus (zu Lischen).
+Was will Sie da?
+
+Lischen (zitternd).
+Fragen, ob Euer Gnaden nichts befehlen.
+
+Rappelkopf.
+Eine Angst hat alles vor mir, dass es eine Freude ist.
+
+Astragalus.
+Wo ist die Tinte?
+
+Lischen.
+Dort ist sie. (Deutet auf den Tisch.)
+
+Astragalus.
+Und Federn?
+
+Lischen (aengstlich).
+Die hab ich nicht.
+
+Rappelkopf.
+Jetzt hat die Gans keine Federn!
+
+Astragalus.
+Hol Sie welche! hat Sies gehoert? Hinaus mit Ihr, Sie
+Schlange, Sie Basilisk, Sie Krokodil, Sie Anakonda!
+
+Rappelkopf.
+In der Naturgeschichte bin ich gut bewandert.
+
+Lischen.
+Gleich, Euer Gnaden. (Im Abgehen.) Der boese Feind hat ihn
+zurueckgefuehrt. Ich lass mich nicht mehr sehn. (Ab.)
+
+Rappelkopf.
+Die lauft. Ich weiss nicht, ich gfall mir recht gut. Ein wenig
+rasch bin ich, das ist wahr.
+
+Astragalus (entschlossen).
+Ja! Ich will mein Testament machen.
+
+Rappelkopf (fuer sich).
+Testament? Nu waer nicht uebel. Den Entschluss muss ich gleich
+unterbrechen. (Laut.) Gruess Sie Gott, lieber Schwager. Eben
+bin ich angekommen.
+
+Astragalus.
+Wer ist das?
+
+Rappelkopf (entzueckt).
+Das ist ein eigner Anblick, wenn man vor sich selber steht.
+
+Astragalus (schnell).
+Was machen Sie hier? Warum haben Sie nicht geschrieben?
+Haben Sie meine Intressen mitgebracht? Wie stehts mit
+meinem Vermoegen?
+
+Rappelkopf (fuer sich).
+Jetzt gehts recht, das moecht ich selbst gern wissen.
+
+Astragalus.
+Das Haus in Venedig soll nicht gut stehen, ist es verloren?
+
+Rappelkopf (erschrickt).
+Verloren? Waer nicht uebel, (beiseite) mir wird selbst angst.
+
+Astragalus.
+Ich hab keine Intressen erhalten.
+
+Rappelkopf.
+Ich auch nicht.
+
+Astragalus.
+Sie muessen es haben, Sie haben mir es sonst geschickt, da
+steckt ein Betrug dahinter.
+
+Rappelkopf.
+So lassen Sie sich nur sagen--
+
+Astragalus.
+Ich lass mir nichts sagen--ich kenn die Welt, sie gehoert
+zum Katzengeschlechte--
+
+Rappelkopf.
+Ich--
+
+Astragalus (wuetend).
+Still--
+
+Rappelkopf.
+Wenn er nur nicht gar so schreien moechte, mir tun die Ohren
+weh.
+
+
+
+Zehnter Auftritt
+
+Vorige. Habakuk mit Federn.
+
+
+Habakuk (zitternd).
+Euer Gnaden, hier bring ich die Federn.
+
+Astragalus (entsetzt sich).
+Ha! Dieser Moerder wagt es, vor meine Augen zu kommen!
+(Nimmt den Stuhl vor und retiriert sich.) Komm mir nicht
+an den Leib! Bandit!
+
+Rappelkopf.
+Ach, das ist uebertrieben. Wer wird sich denn vor dem Esel
+fuerchten?
+
+Habakuk.
+Die gnaedige Frau lasst fragen, ob sie noch nicht herueberkommen
+darf.
+
+Astragalus.
+Nein.
+
+Habakuk.
+Sie weint aber so abscheulich.
+
+Astragalus.
+So soll sie schoener weinen, hahaha, oder ich fang zum lachen an.
+
+Habakuk.
+Wenn sie aber krank wird?
+
+Astragalus.
+Die Gicht in ihren Leib! Und ins Spital mit ihr!
+
+Rappelkopf (beiseite).
+Das ist ein kurioser Humor.
+
+Habakuk.
+Ah, verzeihen Euer Gnaden, aber das ist zu stark. Ich war
+zwei Jahr in Paris, aber--
+
+Astragalus (aufspringend).
+Wenn Er es noch einmal wagt, dieses unertraegliche Sprichwort
+in meinem Haus ertoenen zu lassen, so--zahl ich hier Seinen
+Lohn in vorhinein. (Er wirft ihm einen Geldbeutel vor die
+Fuesse und trifft damit Rappelkopf an das Schienbein.)
+
+Rappelkopf (zieht den Fuss auf).
+Sapperment hinein, achtgeben, das muessen harte Taler sein.
+
+Astragalus.
+Hab ich Ihnen weh getan?
+
+Rappelkopf.
+Ich glaub, ich hab ein Loch im Fuss.
+
+Astragalus.
+Gschieht Ihnen recht. (Zu Habakuk.) Wenn Er also dieses Wort
+noch einmal sagt, so geht Er an der Stelle aus meinem Dienst.
+Wenn ich auch nicht dabei bin. Nehm Er!
+
+Rappelkopf.
+Es ist meine ganze Manier. (Zu Habakuk.) Nu apport!
+
+Habakuk.
+Euer Gnaden, um diesen Preis kann ich mich nicht darauf
+einlassen, denn ich habe keinen Stolz, als dass ich zwei
+Jahr in--
+
+Astragalus (fasst ihn am Halse).
+Ich erdrossle Ihn, wenn Er noch einen Buchstaben mehr dazu
+sagt.
+
+Habakuk.
+Zu Huelfe! Zu Huelfe!
+
+Rappelkopf (springt dazwischen).
+Aber Herr Schwager, das haett ich meinem Leben nicht geglaubt.
+
+Astragalus (haelt ihn noch immer).
+Wo warst du zwei Jahr, warst du in Paris?
+
+Habakuk (schreit aengstlich).
+Nein, in Stockerau.
+
+Astragalus.
+Also geh hin, wo der Pfeffer waechst. (Stosst ihn zur Tuer hinaus.)
+
+Rappelkopf.
+Ich find doch, dass ich etwas Abstossendes in meinem Betragen
+habe. Wenn das so fortgeht, so kaem ich mit mir selbst nicht
+draus. Ja so! Mein Geld muss ich wieder einstecken. Wir haben
+ja eine Kassa, das ist kommod, wenns der eine wegwirft, hebts
+der andere auf. Und wenn nur das nicht waer, dass, was ihm
+geschieht, auch mir geschehen muss. Und wie lang er draussen
+bleibt, ganz erhitzt, wenn er sich erkuehlt, so kriegen wir
+die Kolik. (Astragalus tritt ein.)
+
+Astragalus.
+Weil ich im Wald keine Ruh hab, so sollen sie auch von mir
+keine haben. Denn sie sind boshaft, sie koennten mich vergiften.
+(Setzt sich in einen Stuhl.)
+
+Rappelkopf.
+Das sind so uebertriebene Sachen. Wenn er nur etwas mit sich
+reden liess'. Herr Schwager!
+
+Astragalus (wendet ihm den Ruecken zu).
+Hinaus! Ungeheuer!
+
+Rappelkopf.
+So hab ichs akkurat gemacht. (Laut.) Aber warum denn? Wir
+sind ja die besten Freunde.
+
+Astragalus.
+Ich bin keines Menschen Freund. Und Sie will ich gar nicht
+ansehen. Ihr Gesicht ist mir verdaechtig.
+
+Rappelkopf.
+Sie werden mich doch fuer keinen Betrueger halten?
+
+Astragalus.
+Das nicht, aber man erinnert sich an einen, wenn man Sie ansieht.
+
+Rappelkopf.
+Ah, das ist impertinent, diese Grobheit haett ich mir nicht
+zugetraut. Und doch erinnere ich mich auf aehnliche Worte.
+
+Astragalus (zum Fenster hinaus).
+Halt, wer schleicht da zur Tuer hinaus? Donner und Blitz, das
+ist der junge Maler, der war bei meiner Tochter.
+
+Rappelkopf.
+Jetzt wirds angehn.
+
+Astragalus.
+Wart, du kommst mir nicht mehr aus. (Springt zur Tuer hinaus
+und stoesst Rappelkopf der ihm im Weg steht, auf die Seite.)
+
+Rappelkopf.
+Ich bin ja ein rasender Mensch. Ich fang mir ordentlich an
+selbst zuwider zu werden. Das haett ich meinen Leben nicht
+gedacht.
+
+Astragalus (von innen, schreiend).
+Sie muessen herein, ich lasse Sie nicht los.
+
+Rappelkopf.
+Hat ihn schon bei der Falten.
+
+Astragalus (von innen).
+Herein, sag ich.
+
+Rappelkopf.
+Und wie er schreit! und das geht alles auf meine Rechnung.
+Bis die Gschicht ein Ende hat, ruiniert er mir noch meine
+ganze Brust.
+
+
+(Astragalus zerrt August an der Hand herein.)
+
+Astragalus.
+Herein, du Verfuehrer meines Kindes! Wie koennen Sie es wagen,
+mein Haus zu betreten? Wer gibt Ihnen ein Recht dazu?
+
+Rappelkopf.
+Das ist wieder gut gesprochen, das gefaellt mir.
+
+August (ganz bleich).
+Meine Liebe, Herr von Rappelkopf, und meine redlichen
+Absichten.
+
+Astragalus.
+Sie sollen gar keine Absichten haben, weil Sie keine
+Aussichten haben.
+
+Rappelkopf.
+Bravo!
+
+Astragalus.
+Ich kann mein Kind verheiraten, an wen ich will, denn ich
+bin Vater.
+
+Rappelkopf.
+Bravissimo!
+
+Astragalus.
+Und es ist eine Frechheit von Ihnen, dass Sie sich gegen
+meine Erlaubnis in mein Haus zu schleichen suchen, um mein
+Kind von dem Gehorsam gegen seinen Vater abzubringen.
+
+Rappelkopf.
+Sehr schoen, ich muss mich selber loben.
+
+August.
+Herr von Rappelkopf, ich beschwoere Sie bei allen Gefuehlen,
+welche Ihr leidenschaftliches Herz je bestuermten, haben Sie
+Nachsicht mit den meinigen. Ich kann ohne Ihre Tochter nicht
+leben, ich war drei Jahre abwesend, und meine Gesinnungen
+haben sich nicht veraendert. Ich besitze ein kleines Vermoegen,
+habe mich in meiner Kunst verbessert, schenken Sie mir Ihre
+Einwilligung, nie werde ich Ihre Gnade vergessen, und Sie
+werden einen dankbaren Sohn an mir gewinnen.
+
+Rappelkopf.
+Das ist kein gar so schlechter Mensch, er soll doch nicht so
+hart mit ihm sein.
+
+Astragalus.
+Ich traue Ihren Worten nicht, denn Falschheit blickt aus Ihrem
+Auge. Darum wagen Sie es nicht mehr, meine Schwelle zu betreten.
+Eh steht mein Tor hungrigen Woelfen offen, eh lass ich Raben
+unter meinem Dache nisten, eh will ich giftge Schlangen an
+dem Busen naehren, eh lass ich alle Seuchen hier im Hause wueten
+und will die Pest zu meinem Tische laden, eh ich nur Ihrer
+Lunge einen Atemzug in meinem Schloss erlaube.
+
+Rappelkopf.
+Das ist ein Unsinn ohnegleichen. Es ist beinah nicht zu glauben,
+dass ein Mensch so sein kann.
+
+August.
+Herr von Rappelkopf, wenn Ihnen das Leben eines Menschen etwas
+gilt, so reizen Sie meine Leidenschaft nicht auf das hoechste--
+Herr von Silberkern, nehmen Sie sich meiner an.
+
+Rappelkopf.
+Ich kann ja nicht, ich bin froh, wenn er mich selber nicht
+hinauswirft.
+
+August.
+Also wollen Sie mir mit Gewalt das Leben rauben?
+
+Astragalus (boshaft).
+Sie wuerden mich sehr verbinden, wenn Sie mir es zum Geschenke
+machen wollten.
+
+Rappelkopf (entruestet).
+Ah, das ist infam--Herr Schwager (Geht auf Astragalus zu.)
+
+Astragalus (faehrt heftig auf ihn los).
+Schweigen Sie! Sie sind auch im Komplott mit ihm, aber ich
+schwoere es Ihnen bei dem gluehenden Eingeweide des Vesuvs: wenn
+Sie es wagen, mein Kind in dieser Leidenschaft zu unterstuetzen,
+wenn Sie nur eine Miene machen, meine Ansichten zu missbilligen,
+so werden Sie ein Andenken nach Venedig mit zuruecknehmen, dass
+ganz Italien darueber in Entsetzen geraten soll. (Ab ins
+Nebenzimmer.)
+
+
+
+Elfter Auftritt
+
+Rappelkopf. August.
+
+
+Rappelkopf.
+Nein, das ist nicht mein Ebenbild. Der uebertreibt. Das ist
+ein schauderhafter Mensch, ich krieg einen ordentlichen Hass
+auf ihn. Wenn der so fortwuetet, in acht Tagen sind wir alle
+zwei hin.
+
+August (der mit sich gekaempft).
+Leben Sie wohl, Herr von Silberkern, gruessen Sie mein Malchen
+und vergessen Sie mich nicht.
+
+Rappelkopf.
+Wo wollen Sie denn hin?
+
+August.
+Fragen Sie mich nicht. Ich kann ohne Amalie nicht leben--
+(Will fort.)
+
+Rappelkopf.
+So sein Sie nur ruhig, ich geh Ihnen mein Wort, Sie bekommen
+sie.
+
+August.
+Wenn aber der Vater nicht will?
+
+Rappelkopf.
+Er will schon, der Vater, sorgen Sie sich nicht. Gehen Sie
+jetzt unterdessen fort, ich werde alles ausgleichen, und wenn
+Sie Liebesbriefe haben, so geben Sie s' mir, ich werd sie
+schon besorgen.
+
+August.
+Ach bester Onkel, ich muss Sie umarmen, o Freude, Freude,
+verlassen Sie mich nicht, sagen Sie meinem Malchen--
+
+Rappelkopf.
+Gehen Sie nur--
+
+August.
+Nie werd ich Ihre Guete vergessen--
+
+Rappelkopf (draengt ihn zur Tuer hinaus).
+Auf Wiedersehn! (Allein.) Das ist ein passabler Mensch. Den
+hab ich beinahe verkannt. Ueberhaupt faengt es bei mir an, etwas
+Tag zu werden.
+
+
+
+Zwoelfter Auftritt
+
+Habakuk. Voriger.
+
+
+Habakuk.
+Euer Gnaden verzeihen, dass ich meine Zuflucht zu Ihnen nimm,
+mit meinen gnaedigen Herrn zu reden, ist zu halsbrecherisch.
+Da sind Euer Gnaden viel guetiger. Euer Gnaden haben mir doch
+nur Arm und Bein entzwei schlagen wollen, und unter zwei Uebeln
+muss man das kleinste waehlen, und da bin ich also an Euer Gnaden
+geraten.
+
+Rappelkopf.
+Das ist gar ein dummer Mensch, ich kann gar nicht begreifen,
+wie mich etwas beleidigen hat koennen von ihm. Nu was hat Er
+denn?
+
+Habakuk.
+Ein Anliegen, Euer Gnaden.
+
+Rappelkopf.
+Was denn fuer eines?
+
+Habakuk.
+Sehen Euer Gnaden, ich--(Haelt inne und seufzt tief.) Ich
+halts nicht aus.
+
+Rappelkopf.
+Was haelt Er nicht aus? (Beiseite.) Das ist ein unertraeglicher
+Kerl, mir steigt schon die Gall auf.
+
+Habakuk.
+Euer Gnaden wissen, dass ich das Bewusste nicht mehr sagen darf,
+und wenn das nicht anders wird, so muss ich zugrunde gehen.
+
+Rappelkopf.
+Aber was hat Er denn davon, wenn Er sagt, dass Er zwei Jahr in
+Paris war?
+
+Habakuk.
+Unendlich viel, es hat alles viel mehr Achtung vor einem. Das
+hab ich schon viel hundertmal an andern bemerkt. Kurz, wenn
+ich das verschweigen muss, ich bekomme eine Gemuetskrankheit,
+ich geh drauf.
+
+Rappelkopf (unwillkuerlich laechelnd).
+Ich weiss nicht, soll ich mich aergern oder soll ich lachen.
+
+Habakuk.
+Ich unterdruck es immer, und das macht mir Beklemmungen.
+Denn ich war zwei--(Setzt ab.) Sehn Euer Gnaden, mir wird
+voellig nicht gut.
+
+Rappelkopf.
+Ja wegen was darf Ers denn nicht sagen?
+
+Habakuk.
+Er jagt mich ja fort.
+
+Rappelkopf.
+Wenn er es aber nicht hoert?
+
+Habakuk.
+Ja was glauben Sie denn, was der fuer Ohren hat, die gehn ja
+ins Unendliche.
+
+Rappelkopf.
+Schimpft in einem fort ueber mich und weiss es nicht. Was ich
+fuer Grobheiten einstecken muss! (Scharf.) Wenn ers befohlen
+hat, so muss Ers tun, ich kann Ihm nicht helfen.
+
+Habakuk.
+Also keine Rettung. Ich empfehl mich Euer Gnaden! aber es
+wird eine Zeit kommen, wo es zu spaet ist. Ich habe meinen
+Dienst ordentlich versehen, ich hab keinen Kreuzer veruntreut,
+aber das ist meine Leidenschaft, von der kann ich nicht lassen.
+
+Rappelkopf.
+Nu so sag Ers--
+
+Habakuk.
+Ich trau mich nicht.
+
+Rappelkopf.
+Auf meine Verantwortung.
+
+Habakuk.
+Lassen sich Euer Gnaden statt mir fortjagen?
+
+Rappelkopf.
+Nun ja--
+
+Habakuk.
+Nun so versichre ich Euer Gnaden, ich war zwei Jahr in Paris,
+aber das werd ich Ihnen nicht vergessen. (Atem schoepfend, als
+fuehlte er sich erleichtert.) Das ist eine Wohltat, die nicht
+zu beschreiben ist.
+
+Rappelkopf.
+Also ich erlaub es Ihm, von diesem Augenblick an, es wieder
+zu sagen, unter der Bedingung, dass Er nicht mehr ueber seinen
+Herrn schimpft.
+
+Habakuk.
+Oh, das ist ein Mann, wies gar keinen mehr gibt. Und jetzt
+erlauben Euer Gnaden, dass ich Euer Gnaden umarmen darf. Euer
+Gnaden sind mein Wohltaeter, mein Vater! Heut bringt kein
+Mensch mehr ein anderes Wort aus mir heraus als: Ich war
+zwei Jahr in Paris. (Ab.)
+
+Rappelkopf (allein).
+Es ist unglaublich, der eine moecht gern ewig verliebt sein,
+und dieser ist wieder zufrieden, wenn man ihm erlaubt, dass
+er sagen darf, dass er zwei Jahr in Paris gewesen ist. Es
+ist laecherlich, und doch findet er seinesgleichen. Es hat
+halt jedermann sein Steckenpferd.
+
+Arie
+Die Welt, ich schreib ihr die Devise,
+Ist bloss ein wahnberauschter Riese.
+Der eine spraech gern mit den Sternen,
+Der andre moecht gern gar nichts lernen,
+Der dritte denkt, zum Existieren
+Muesst sich die Menschheit parfuemieren.
+Der laeuft im Wahn dem Wasser zu,
+Der andre laesst dem Wein kein Ruh.
+Der ist so bloed wie ein Stueck Holz,
+Und jener kennt sich nicht vor Stolz.
+Der sitzt und erbt zehntausend Gulden,
+Der laeuft herum und ist voll Schulden.
+Oft moecht der eine avancieren,
+Der andre moecht sich retirieren.
+Der Blinde moecht gern Augen finden,
+Und mancher sieht und moecht erblinden.
+
+So dreht die Welt sich immer fort
+Und bleibt doch stets an einem Ort.
+Der Egoismus ist die Achse,
+Der Hochmut zahlt am End die Taxe.
+Die Erd, es koemmt darauf heraus,
+Ist nur im Grund ein Irrenhaus.
+Und wie ich nach und nach gewahr,
+So bin ich selbst ein grosser Narr.
+
+
+
+Dreizehnter Auftritt
+
+Voriger. Sophie, Malchen und Lischen treten ein.
+
+
+Sopie.
+Lieber Bruder, was sagst du zu dem Betragen meines Mannes?
+Hab ich das um ihn verdient?
+
+Rappelkopf.
+Nein, liebe Schwester, so lang ich da bin, nicht. (Beiseite.)
+Wenn nicht noch was nachkommt.
+
+Malchen (weint).
+Ach Onkel, jetzt ist mein Unglueck entschieden.
+
+Rappelkopf.
+So troeste dich, Malchen! (Beiseite.) Nur um das Kind ist
+mir leid, an den andern allen liegt mir nichts.
+
+
+(Man hoert von innen laeuten.)
+
+Lischen.
+Er laeutet. Wer geht denn jetzt hinein?
+
+Sopie.
+Mich will er ja nicht sehen.
+
+Rappelkopf.
+Und ich mag ihm nicht sehen.
+
+Lischen.
+Ich trau mich nicht hinein.
+
+Malchen.
+Ich auch nicht, liebe Mutter.
+
+Rappelkopf.
+Ich bin ungemein beliebt.
+
+Malchen.
+Lieber Onkel, gehen Sie!
+
+Rappelkopf.
+Ich? Ich nicht. (Beiseite.) Ich fuercht mich vor mir selber.
+
+
+(Es laeutet wieder.)
+
+Sopie.
+Er laeutet wieder. Ich muss doch--
+
+Lischen (schnell).
+Ich geh schon, gnaedge Frau. (Steckt den Kopf zur Kabinettstuer
+hinein und ruft.) Was befehlen Ihro Gnaden?
+
+Astragalus.
+Frisches Wasser! schnell!
+
+Alle drei.
+Was ist ihm denn?
+
+Lischen.
+Er sitzt erhitzt am Fenster, es scheint ihm nicht wohl zu
+sein, er ruft nach Wasser.
+
+Sopie.
+Bring Sie welches. Wenn er nur nicht krank wird!
+
+
+(Lischen geht ab.)
+
+Rappelkopf.
+Nu waer nicht uebel, das koennt ich brauchen.
+
+Sopie.
+Am Ende trifft ihn noch der Schlag.
+
+Rappelkopf.
+Hoer auf, mir wird schon voellig bang.
+
+Sopie.
+Gib die Hausapotheke her! Niederschlagendes Pulver!
+
+Rappelkopf.
+Nur geschwind etwas Niederschlagendes.
+
+Malchen (nimmt sie aus dem Schrank).
+Hier ist sie.
+
+Lischen (ein Glas Wasser bringend).
+Hier ist Wasser!
+
+Rappelkopf.
+Wartet nur, ich werd es selbst hineinruehren. (Tut es.
+Fuer sich.) Ich muss ja schauen auf mich, was waer denn das?
+
+Lischen (die am Kabinett gehorcht, springt weg davon).
+Er koemmt.
+
+
+
+Vierzehnter Auftritt
+
+Vorige. Astragalus aus dem Kabinette.
+
+
+Astragalus.
+Also so werden meine Befehle respektiert? (Zu Sophie.) Was
+machst du hier? Was hat der Maler hier im Hause wollen? Wir
+sprechen uns schon noch.
+
+Sopie.
+So sei nur ruhig, lieber Mann, dir ist nicht wohl, setz dich
+doch und nimm Arznei. (Sie reicht ihm das Glas.)
+
+Astragalus (wild).
+Wasser will ich, und sonst nichts.
+
+Sopie.
+Du musst, ich darf dich nicht erkranken lassen. So nimm, ich
+bitte dich.
+
+Astragalus.
+Nein!
+
+Malchen.
+Lieber Vater, nehmen Sie.
+
+Rappelkopf.
+Es gehoert wirklich eine Geduld dazu. Ich moecht mich selbst
+ohrfeigen, aber auf seinem Gesicht.
+
+Astragalus.
+So gib denn her. (Er nimmt das Glas.) Hoelle, was ist das?
+der Trank ist truebe. Gesteh, du hast ihn mir vergiftet.
+
+Malchen.
+Aber Vater--
+
+Lischen.
+Gnaedger Herr!
+
+Astragalus.
+Da hilft kein Leugnen mehr, der Trank ist Gift.
+
+Rappelkopf.
+Ah, das ist noch ueber den Zichori.
+
+Sopie.
+So hoer doch nur, es ist ja niederschlagendes Pulver.
+
+Astragalus.
+Es ist nicht wahr.
+
+Rappelkopf.
+Ich schlag ihn noch ohne Pulver nieder.
+
+Astragalus (wirft das Glas um die Erde).
+Ich bin in meinem eignen Haus des Lebens nicht mehr sicher.
+
+Rappelkopf.
+Entsetzlich! meine eigenen Worte.
+
+Astragalus.
+Mein Weib ist eine Moerderin. Darum herab mit euch, ihr
+Fruechte, die fuer meinen Hass gereift. (Entreisst Sophien ihre
+Halskette, woran sein Portraet haengt.) Was traegst du hier
+am Hals? hinweg damit, du sollst kein Angedenken von mir
+tragen als den Fluch, womit ich deine Bosheit kroenen will.
+So hoer mich denn, du moerderisches Weib--
+
+Rappelkopf.
+Genug, genug! das ist der ganze Narr wie ich, ich kann mich
+selber nicht mehr anschauen mehr.
+
+Sopie (faellt in einen Stuhl).
+Ich unglueckselges Weib!
+
+Astragalus.
+Verlass mein Schloss, ich will allein hier hausen, und mein
+Geschaeft heisst Menschenhass. Ich will von dir und von der Welt
+nichts wissen mehr, verwuensche dich, verwuensch mein Kind--
+
+Rappelkopf.
+Nein Sapperment, jetzt wirds mir z'viel. Der Mensch verflucht
+mir 's ganze Haus.
+
+Astragalus.
+Geh hin zu deinem Maler, treib es bunt, wie ein Chamaeleon
+sollst du in allen Farben prangen, werd gruen vor Galle,
+blau von Schlaegen, rot vor Schande, weiss vor Kummer, gelb
+von Fieber, grau vom Alter und--
+
+Rappelkopf (freudig).
+Das ist gscheid, jetzt gehn ihm d' Farben aus.
+
+Astragalus.
+Doch lass dich nimmermehr vor meinen Antlitz sehen, verleugne
+mich, ich bin dein Vater nicht--
+
+Malchen (umklammert weinend seine Knie).
+Vater, Barmherzigkeit, verstossen Sie mich nicht!
+
+Astragalus.
+Hinweg von mir! (Stosst sie fort.)
+
+Rappelkopf.
+Das leid ich nicht--potz Donnerkeil und Wolkenbruch--Nun
+hab ichs satt, ich muss mich um meine Familie annehmen. Der
+Mensch ruiniert mir Weib und Kind. Sapperment! Sie sind kein
+Mensch, ein Teufel sind Sie, der mich schwaerzer darstellt,
+als ich bin.
+
+Astragalus.
+Du kommst mir eben recht, du schaendlicher Betrueger! Gib mir
+Genugtuung dafuer, dass du Komplotte hinter meinem Ruecken
+schmiedest. Gib Rechenschaft--(er packt ihn an der Brust)
+wie mein Vermoegen steht--
+
+Malchen.
+Zu Huelfe! Onkel!
+
+Sopie (gleichzeitig).
+Zu Huelfe! Bruder!
+
+Lischen (gleichzeitig).
+Zu Huelfe!
+
+Rappelkopf.
+Was? anpacken? Ha, Entehrung! Satisfaktion, Duell!
+
+
+(Alle Hausleute.)
+
+Astragalus.
+Pistolen her!
+
+Rappelkopf.
+Kanonen her!
+
+Astragalus (nimmt Pistolen von der Wand).
+Hier sind sie schon.
+
+Rappelkopf.
+Das wird ein Treffen wie bei Navarin.
+
+Sopie.
+Mann, ich bitte dich um alles in der Welt!
+
+Astragalus.
+Umsonst!
+
+Malchen.
+Onkel, sind Sie doch vernuenftig!
+
+Rappelkopf.
+Geh weg, ich hab keine Zeit dazu.
+
+Astragalus.
+Fuenf Schritte sind genug. Wir schiessen uns zugleich. Zaehl drei!
+
+Sopie.
+Versoehnt euch doch!
+
+Rappelkopf.
+Wir sind die besten Freund, jetzt sind wir erst auf du und
+du. Geh fort, ich muss. (Zaehlt und zielt.) Eins, zwei--
+
+Sopie (faellt in Ohnmacht).
+Ach!
+
+Rappelkopf.
+Die fallt schon um, ich hab noch gar nicht gschossen.
+
+Malchen.
+Die Mutter stirbt!
+
+Rappelkopf.
+Sie soll noch warten, sag!
+
+Astragalus.
+Drueck los!
+
+Malchen (umschlingt ihren Vater).
+Ach Onkel, halten Sie, sonst toeten Sie zwei Menschen.
+
+Rappelkopf (prallt zurueck).
+Was? Himmel, jetzt fallt mir was ein, ich kann mich gar
+nicht duellieren mit ihm! Wir haben nur alle zwei ein
+Leben. Wann ich ihm erschiess, so schiess ich mich selber
+tot. Wenn ich jetzt losdruckt haett, jetzt waers schon gar.
+
+Astragalus.
+Mach fort! warum besinnst du dich?
+
+Rappelkopf.
+Nu wenn sich einer da nicht besinnen soll, hernach gehts recht.
+
+Astragalus.
+Nur einer faellt, ich oder du.
+
+Rappelkopf.
+Das kann nicht sein, wir falln in Kompagnie.
+
+Astragalus.
+Gleichviel, es geht auf Leben und Tod. (Zielt.)
+
+Rappelkopf.
+Halt, es geht auf Tod und Tod.
+
+Astragalus (geht auf ihn zu).
+Warum willst du nicht schiessen, feiger Wicht?
+
+
+(Sophie hat sich indessen erholt.)
+
+Rappelkopf.
+Weil mich meine Schwester dauert--ich will sie nicht zur
+Witwe machen--, und ihr Kind, und ihr Schwager, und die
+ganze Freundschaft. (Beiseite.) Das ist eine Schande, ich
+weiss gar nimmer, was ich sagen soll.
+
+Astragalus.
+Ich will mein Leben nicht fuer sie erhalten, und dir will
+ichs am wenigsten verdanken. Es gilt mir nichts, ich werf
+ihn weg, den unschmackhaften Rest des altgewordnen Seins,
+ich brauch ihn nicht.
+
+Rappelkopf.
+Wie der mit meinem Leben herumwirft, und ihm gehts gar
+nichts an.
+
+Astragalus.
+Doch deine Feigheit will ich nicht hier dulden, du packst
+dich fort aus meinem Haus, sonst werf ich dich hinaus--
+
+Rappelkopf.
+Jetzt wirft er mich gar aus meinen eignen Haus? Der Mensch
+spielt noch Ballon mit mir, und bring ich ihn recht in Zorn,
+so trifft uns alle zwei der Schlag. Ich weiss gar nicht, was
+er noch immer will, ich sehs ja ein, ich war ein unvernuenftig
+Tier, ein Tiger, drum will ich wissen, was denn jetzt noch
+kommt. (Habakuk mit einem Brief tritt schnell ein.)
+
+Habakuk (eintoenig).
+Ein Brief.
+
+Rappelkopf.
+Aus Paris? Du Dummkopf!
+
+Habakuk.
+Nein, dasmal ist er aus Venedig.
+
+Astragalus (schiesst darauf los).
+Aus Venedig? her damit!
+
+Rappelkopf.
+Her damit! Der intressiert mich selbst. (Will hineingehen.)
+
+Astragalus (faehrt ihn an).
+Was wollen Sie?
+
+Rappelkopf (erschrickt).
+Ja so! Jetzt darf ich meine eignen Briefe nicht lesen.
+Verdammter Doppelgaenger du! (Astragalus wird waehrend des
+Lesens unruhig und bleich und zittert.) Das muss eine schoene
+Nachricht sein.
+
+Astragalus (laesst zitternd das Blatt fallen und sagt mit
+Entsetzen).
+Ich bin verloren!
+
+Rappelkopf (faengt zum zittern an).
+So bin ichs auch.
+
+Astragalus (sinkt in einen Stuhl.)
+Mir wird nicht wohl.
+
+Rappelkopf.
+Und mir wird uebel. (Sinkt in den gegenueberstehenden Stuhl.)
+
+Astragalus.
+Ich geh zugrunde
+
+Rappelkopf.
+Ich bin schon hin.
+
+Alle.
+Wasser! Wasser!
+
+
+(Die Weiber sind besorgt. Lischen laeuft ab.)
+
+Astragalus (springt auf).
+Wasser! Ja, ihr erinnert mich darauf. (Zu Rappelkopf) Du
+Verraeter bist an allem schuld. (Stuerzt ab.)
+
+Rappelkopf (springt auch auf).
+Nein, mein Schwager ist an allem schuld! Wo ist der Brief?
+(Liest. Erstarrt.) "Mein Herr, ich berichte Ihnen, dass das
+Handlungshaus, bei welchem Ihr Vermoegen liegt, ge--ge--
+fallen ist." Ich lieg schon da--ich streck schon alle vier
+von mir. (Lischen kommt zitternd.)
+
+Lischen.
+Huelfe! Huelfe! der gnaedge Herr ist fort, er ruft, er wolle
+sich ersaeufen, er stuerzt sich in den Strom.
+
+Sopie.
+Mein Mann!
+
+Malchen.
+Der Vater!
+
+Alles.
+Eilt ihm nach! (Alles stuerzt ab.)
+
+Rappelkopf (kann vor Angst nicht von der Stelle).
+Halts ihn auf, den unglueckselgen Kerl, was der Mensch mit
+meim Leben treibt! Ich komm aus einen Tod in den andern
+hinein. (Die Knie brechen ihm.) Ich kann nicht fort, er
+springt hinein. Er ist schon drin, ich fang zum schwimmen
+an. (Schleppt sich fort.) Der Himmel steh mir bei, dasmal
+ein Menschenfeind, in meinem Leben nimmermehr. Verzweiflung,
+gib mir Kraft, sonst muss ich untergehn. (Ab.)
+
+
+
+Fuenfzehnter Auftritt
+
+Verwandlung
+Freie Gegend vor dem Schlosse. Im Hintergrunde ein tiefer
+Strom, an der Seite ein hoher Fels.
+
+Alle Hausleute. Malchen. August. Astragalus wird gehalten.
+Sophie kniet vor ihm. Gruppe.
+
+
+Chor.
+Haltet ihn, haltet ihn!
+Seht, er will entrinnen.
+Lasst ihn nicht, lasst ihn nicht,
+Denn er ist von Sinnen!
+
+(Astragalus reisst sich los und eilt auf den Fels. In dem
+Augenblick erscheint)
+
+Rappelkopf (und ruft).
+Halt!
+
+
+(Astragalus springt hinab. Rappelkopf faellt ohnmaechtig in
+die Arme seiner Frau und Tochter.)
+
+
+Schnelle Verwandlung in den Tempel der Erkenntnis. Hohe
+Saeulen von Kristall mit Gold geziert. Auf der Hinterwand
+eine grosse Sonne, in deren Mitte die Wahrheit schwebt. Vor
+ihr ein Opferaltar. Astragalus' Gestalt, welche in das
+Wasser sprang, war eine falsche. Dieser zeigt sich nun
+wie zu Anfang des zweiten Aktes. Mit ihm ideal gekleidete
+Alpengeister. Rappelkopf hat sich indessen in seine wahre
+Gestalt verwandelt. Sophie. Malchen. August.
+
+Astragalus (zu Rappelkopf).
+Willkommen hier in der Erkenntnis hellstrahlendem Tempel,
+im wahrheiterleuchteten Saale. Ich sehe dich beschaemt und
+reuergriffen vor mir stehen.
+
+Rappelkopf.
+Ja leb ich denn noch? Bin ich denn nicht in Kompagnie ersoffen?
+
+Sopie.
+Du lebst noch, lieber Mann!
+
+Malchen.
+Sie leben, lieber Vater!
+
+Rappelkopf.
+Und kuenftig nur fuer euch. (Umschlingt sie beide.) Wenn ich
+euch nicht zu schlecht bin, dass ihr fuer mich auch lebt.
+
+Astragalus.
+Du hast nun Menschenhass geschaut und eines Menschenfeindes
+Ende.
+
+Rappelkopf.
+Und ist er denn wirklich hin, dieser verwuenschte
+Lebenskompagnon, dieses Zerrbild meiner Unvertraeglichkeit?
+
+Astragalus.
+Er ist verschwunden wie dein Menschenhass.
+
+Rappelkopf.
+Nu das waren ein Paar saubre Leute, ich bin froh, dass ich
+sie losgeworden bin. Aber weil Eure Hoheit gar so viel
+vermoegend sind, koennten Sie denn nicht auch etwas ueber
+mein verlornes Vermoegen vermoegen. Damit ich auch meinem
+Schwager verzeihen koennt, weil er der einzige ist, den ich
+noch hasse. (Man hoert ein Posthorn. Linarius, als Postknecht
+gekleidet, mit Herrn von Silberkern.)
+
+Linarius.
+Hier lad ich meinen Passagier von seiner Wolkenreise ab.
+Die Alpenluft hat ihm recht gut getan.
+
+Silberkern.
+Nu wart, du saubrer Postillon! Herr Schwager, seh ich Sie
+einmal?
+
+Rappelkopf.
+Sie sind mir schon der liebste Schwager, jetzt kommt er erst
+daher, wenn schon alles vorbei ist. Sie sind an meinem Unglueck
+schuld, ich bin ein Bettler.
+
+Silberkern.
+Von einmalhunderttausend Gulden Muenze, die ich ohne Ihre
+Einwilligung bei dem Bankier erhoben habe, bevor das Haus
+noch fiel. Weil ich Wind bekam und Ihr Vermoegen retten
+wollte, das ich Ihnen hier in Wechseln uebergebe.
+
+Rappelkopf.
+Ach, das ist ein Schwager, den lass ich mir gfallen, der
+bringt doch was ins Haus. (Umarmt ihn, Silberkern umarmt
+Sophie.) Kinder, mein Vermoegen, die Menge Wechsel, ich bin
+voellig ausgewechselt vor lauter Freuden. Herr Schwager, das
+werd ich Ihnen nie vergessen.
+
+Silberkern.
+Zahlen Sie mir lieber meine Angst, die ich Ihretwegen ausstehn
+musste.
+
+Rappelkopf.
+Ich geh Ihnen die meinige dafuer, Sie kommen nicht zu kurz.
+
+Silberkern.
+Aber wie haengt denn das alles zusammen?
+
+Rappelkopf.
+Freund, das werden wir Ihnen morgen frueh erzaehlen, sonst moecht
+es den Leuten zu viel werden. Denn ich hab heut schon so viel
+geredet, dass ich nichts mehr sagen kann als: (zu August)
+Sie sind mein Schwiegersohn. Nehmen Sie sie hin. Aber Sie
+sind ein Maler, schmieren Sie s' nicht an. Lieben Sie s' so,
+wie ich Sie unrechterweise gehasst habe, dann kann sie schon
+zufrieden sein.
+
+August, Malchen (zugleich).
+Bester Vater!
+
+Rappelkopf (auf den Alpenkoenig zeigend).
+Dort bedankt euch.
+
+August, Malchen (stuerzen zu Astragalus' Fuessen).
+Grosser Alpenkoenig, Dank!
+
+Astragalus (mit Ruehrung).
+Ich hab dir gestern einen Kranz versprochen,
+Als ich dein Leid im Alpentale sah.
+Du siehst, ich habe nicht mein Wort gebrochen,
+Das Leid ist fort, der Kranz ist da.
+
+
+(Er nimmt einen Kranz aus schoenen Alpenblumen von glaenzender
+Folio, den ihm einer von den Alpengeistern reicht, und setzt
+ihn Malchen auf.)
+
+So nimm ihn hin, du Maedchen seltner Art,
+Das treulich haelt, was liebend es verspricht,
+Und weil ich euch so vaeterlich gepaart,
+Vergesst auch auf den Alpenkoenig nicht.
+
+
+(Geht ab.)
+
+Rappelkopf.
+Kinder, ich bin ein pensionierter Menschenfeind, bleibt bei
+mir, und ich werde meine Tage ruhig im Tempel der Erkenntnis
+verleben.
+
+Schlussgesang
+Erkenntnis, du lieblich erstrahlender Stern,
+Dich suchet nicht jeder, dich wuenscht mancher fern.
+Zum Beispiel die Leute, die uns oft betruegn,
+Die wolln nicht erkannt sein, sonst wuerden s' nicht luegn.
+Doch seien vor allen die Schoenen genannt,
+Die werdn von uns Maennern am ersten erkannt.
+Die Guten, die brauchen schon laengere Zeit,
+Obwohl die Erkenntnis dann ewig erfreut.
+
+Die Jugend will oft mit Erkennen sich messen,
+Die hat den Verstand schon mit Loeffeln gegessen.
+Doch rueckt nur das Alter einmal an die Reih,
+Dann kommt die Erkenntnis schon selber herbei.
+
+Der Mensch soll vor allem sich selber erkennen,
+Ein Satz, den die aeltesten Weisen schon nennen,
+Drum forsche ein jeder im eigenen Sinn:
+Ich hab mich erkannt heut, ich weiss, wer ich bin.
+
+Erkannt zu sein wuenscht sich vor allem die Kunst.
+Die feine Kokette bewirbt sich um Gunst.
+Und wird sie auch heute mit Ruhm nicht genannt,
+So werde denn doch nicht ihr Wille verkannt!
+
+
+
+
+*** END OF THE PROJECT GUTENBERG EBOOK, DER ALPENKONIG UND DER MENSCHENFEIND ***
+
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+as it appears in our Newsletters.
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+Information about Project Gutenberg (one page)
+
+We produce about two million dollars for each hour we work. The
+time it takes us, a rather conservative estimate, is fifty hours
+to get any eBook selected, entered, proofread, edited, copyright
+searched and analyzed, the copyright letters written, etc. Our
+projected audience is one hundred million readers. If the value
+per text is nominally estimated at one dollar then we produce $2
+million dollars per hour in 2002 as we release over 100 new text
+files per month: 1240 more eBooks in 2001 for a total of 4000+
+We are already on our way to trying for 2000 more eBooks in 2002
+If they reach just 1-2% of the world's population then the total
+will reach over half a trillion eBooks given away by year's end.
+
+The Goal of Project Gutenberg is to Give Away 1 Trillion eBooks!
+This is ten thousand titles each to one hundred million readers,
+which is only about 4% of the present number of computer users.
+
+Here is the briefest record of our progress (* means estimated):
+
+eBooks Year Month
+
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+ 100 1994 January
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+ 2500 2000 December
+ 3000 2001 November
+ 4000 2001 October/November
+ 6000 2002 December*
+ 9000 2003 November*
+10000 2004 January*
+
+
+The Project Gutenberg Literary Archive Foundation has been created
+to secure a future for Project Gutenberg into the next millennium.
+
+We need your donations more than ever!
+
+As of February, 2002, contributions are being solicited from people
+and organizations in: Alabama, Alaska, Arkansas, Connecticut,
+Delaware, District of Columbia, Florida, Georgia, Hawaii, Illinois,
+Indiana, Iowa, Kansas, Kentucky, Louisiana, Maine, Massachusetts,
+Michigan, Mississippi, Missouri, Montana, Nebraska, Nevada, New
+Hampshire, New Jersey, New Mexico, New York, North Carolina, Ohio,
+Oklahoma, Oregon, Pennsylvania, Rhode Island, South Carolina, South
+Dakota, Tennessee, Texas, Utah, Vermont, Virginia, Washington, West
+Virginia, Wisconsin, and Wyoming.
+
+We have filed in all 50 states now, but these are the only ones
+that have responded.
+
+As the requirements for other states are met, additions to this list
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+We are constantly working on finishing the paperwork to legally
+request donations in all 50 states. If your state is not listed and
+you would like to know if we have added it since the list you have,
+just ask.
+
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+not yet registered, we know of no prohibition against accepting
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+donate.
+
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+deductible, and don't have the staff to handle it even if there are
+ways.
+
+Donations by check or money order may be sent to:
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+Project Gutenberg Literary Archive Foundation
+PMB 113
+1739 University Ave.
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+method other than by check or money order.
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+requirements for other states are met, additions to this list will be
+made and fund-raising will begin in the additional states.
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+You can get up to date donation information online at:
+
+http://www.gutenberg.net/donation.html
+
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+you can always email directly to:
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+Michael S. Hart <hart@pobox.com>
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+(Three Pages)
+
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+[Portions of this eBook's header and trailer may be reprinted only
+when distributed free of all fees. Copyright (C) 2001, 2002 by
+Michael S. Hart. Project Gutenberg is a TradeMark and may not be
+used in any sales of Project Gutenberg eBooks or other materials be
+they hardware or software or any other related product without
+express permission.]
+
+*END THE SMALL PRINT! FOR PUBLIC DOMAIN EBOOKS*Ver.02/11/02*END*
+
diff --git a/old/7alpn10.zip b/old/7alpn10.zip
new file mode 100644
index 0000000..8e6b708
--- /dev/null
+++ b/old/7alpn10.zip
Binary files differ
diff --git a/old/8alpn10.txt b/old/8alpn10.txt
new file mode 100644
index 0000000..091e7d0
--- /dev/null
+++ b/old/8alpn10.txt
@@ -0,0 +1,5146 @@
+The Project Gutenberg EBook of Der Alpenkonig und der Menschenfeind
+by Ferdinand Raimund
+
+Copyright laws are changing all over the world. Be sure to check the
+copyright laws for your country before downloading or redistributing
+this or any other Project Gutenberg eBook.
+
+This header should be the first thing seen when viewing this Project
+Gutenberg file. Please do not remove it. Do not change or edit the
+header without written permission.
+
+Please read the "legal small print," and other information about the
+eBook and Project Gutenberg at the bottom of this file. Included is
+important information about your specific rights and restrictions in
+how the file may be used. You can also find out about how to make a
+donation to Project Gutenberg, and how to get involved.
+
+
+**Welcome To The World of Free Plain Vanilla Electronic Texts**
+
+**eBooks Readable By Both Humans and By Computers, Since 1971**
+
+*****These eBooks Were Prepared By Thousands of Volunteers!*****
+
+
+Title: Der Alpenkonig und der Menschenfeind
+
+Author: Ferdinand Raimund
+
+Release Date: October, 2004 [EBook #6637]
+[Yes, we are more than one year ahead of schedule]
+[This file was first posted on January 8, 2003]
+
+Edition: 10
+
+Language: German
+
+Character set encoding: ISO-Latin-1
+
+*** START OF THE PROJECT GUTENBERG EBOOK, DER ALPENKONIG UND DER MENSCHENFEIND ***
+
+
+
+
+Thanks are given to Delphine Lettau for finding a huge collection of ancient
+German books in London.
+
+
+
+This Etext is in German.
+
+We are releasing two versions of this Etext, one in 7-bit format,
+known as Plain Vanilla ASCII, which can be sent via plain email--
+and one in 8-bit format, which includes higher order characters--
+which requires a binary transfer, or sent as email attachment and
+may require more specialized programs to display the accents.
+This is the 8-bit version.
+
+
+
+
+Der Alpenkönig und der Menschenfeind
+
+Ferdinand Raimund
+
+Romantisch-komisches Original-Zauberspiel in zwei Aufzügen
+
+Personen:
+
+Astragalus, der Alpenkönig
+Linarius und Alpanor, Alpengeister
+
+Herr von Rappelkopf, ein reicher Gutsbesitzer
+Sophie, seine Frau
+Malchen, seine Tochter dritter Ehe
+Herr von Silberkern, Sophiens Bruder, Kaufmann in Venedig
+August Dorn, ein junger Maler
+Lischen, Malchens Kammermädchen
+Habakuk, Bedienter bei Rappelkopf
+Sebastian, Kutscher in Rappelkopfs Dienst
+Sabine, Köchin in Rappelkopfs Dienst
+
+Christian Glühwurm, ein Kohlenbrenner
+Marthe, sein Weib
+Salchen, ihre Tochter
+Hänschen, Christoph und Andres, ihre Kinder
+Franzel, ein Holzhauer, Salchens Bräutigam
+Christians Großmutter
+
+Rappelkopfs verstorbene Weiber:
+Victorinens Gestalt
+Wallburgas Gestalt
+Emerentias Gestalt
+
+Alpengeister. Genien im Tempel der Erkenntnis. Dienerschaft in
+Rappelkopfs Hause.
+
+
+Die Handlung geht auf und um Rappelkopfs Landgut vor.
+
+
+
+
+Erster Aufzug
+
+
+
+Erster Auftritt
+
+
+Die Ouvertüre beginnt sanft und drückt fröhlichen Vogelsang aus,
+dann geht sie in fremdartiges Jagdgetön über, begleitet von
+Büchsenknall. Beim Aufziehen der Kurtine zeigt sich eine reizende
+Gegend am Fuß einer Alpe, welche sich im Hintergrunde majestätisch
+erhebt. Im Vordergrunde zeichnet sich in der Mitte ein Gebüsche
+von Alpenrosen, links ein abgebrochener Baumstamm und im
+Vordergrunde rechts ein hoher Fels aus.
+
+Ein Chor von Alpengeistern, dabei Linarius, durchaus grau als
+Gemsenjäger gekleidet, jeder eine erlegte Gemse über den Rücken
+hängen, eilt von der Alpe herab und sammelt sich im Vordergrunde
+der Bühne.
+
+
+Chor.
+Stellt die Jagd ein, luftge Schützen!
+Von den steilen Alpenspitzen
+Steigt herab ins blumge Tal.
+Zählt mit wilder Jägerfreude
+Schnell die frischgefällte Beute
+Hier im grünen Weidmannssaal.
+
+
+
+Zweiter Auftritt
+
+Astragalus, ganz grau gleich den übrigen Geistern als Alpenjäger
+gekleidet, ein Jagdgewehr über die Schulter.
+
+
+Astragalus (im rauhen Tone).
+Holla ho, ihr Jägersleute!
+Seid genügsam in der Beute.
+Laßt, ihr jagdberauschten Schergen,
+Ruhn das Gemsvolk in den Bergen.
+Lang gedonnert haben wir
+Heut im steinigten Revier.
+
+Linarius (erster Alpengeist).
+Großer Fürst, du magst nur winken,
+Und der Alpen Geister sinken
+Kraftberaubet in den Staub
+Wie vorm Sturmwind welkes Laub.
+Keiner ist hier, der es wagt,
+Fortzusetzen mehr die Jagd.
+Doch es kann nichts Schönres geben,
+Als auf Alpenspitzen schweben
+Und den Blitz vom Rohre senden,
+Der Gazelle Leben enden.
+Ha! wenn aus metallnem Lauf
+Krachend sich der Schuß entladet
+Und die goldne Kugel drauf
+In der Gemse Blut sich badet:
+Das ist echte Weidmannslust,
+Das erhebt des Jägers Brust.
+
+Alle.
+Das ist echte Weidmannslust!
+Das erhebt des Jägers Brust!
+
+Astragalus.
+Bei des Eismeers starren Wellen,
+Ihr seid wackre Jagdgesellen.
+Oft soll euch die Lust entzücken,
+Doch auch andre mags beglücken.
+Denn was wir dem Berg entwenden,
+Will ins dürftge Tal ich senden.
+An Bewohner niedrer Hütten,
+Die um karges Mahl oft bitten,
+Teilet eure Gemsen aus.
+Werft sie unsichtbar ins Haus.
+
+Linarius.
+Edel ist stets dein Beginnen,
+Und wir eilen schnell von hinnen,
+Um den mächtgen Herrscherwillen
+Stolz zu ehren durch Erfüllen.
+Laßt die Hütten uns umrauschen
+Und leis dem Entzücken lauschen,
+Wenn sie in der Tiere Wunden
+Goldne Kugeln aufgefunden.
+Dankesperlen, die sie weinen,
+Wollen wir zu Kränzen einen,
+Daß sie zieren dann zum Lohn
+Lieblich deinen Alpenthron.
+
+(Alle ab.)
+
+
+
+Dritter Auftritt
+
+Astragalus allein.
+
+
+Astragalus.
+Wohl soll in der Geister Walten
+Lieb und Großmut mächtig schalten,
+Und ihr Wesen hoher Art,
+Wo sich Kraft mit Freiheit paart,
+Soll, befreit von irdschem Band,
+Schwingen sich an Äthers Rand.
+Doch, so wies im Menschenleben
+Bös und gut Gesinnte gibt,
+Jener haßt und dieser liebt:
+So ists auch in Geistersphären,
+Daß nicht all nach oben kehren
+Ihr entkörpert Schattenhaupt,
+Und, des liebten Sinns beraubt,
+Auch der Böse schaut nach unten,
+An die finstre Macht gebunden.
+Und so wird der Krieg bedinget,
+Der die Welt mit Leid umschlinget,
+Der die Wolken jagt durch Lüfte,
+Der auf Erden baut die Grüfte,
+Der den Geist gen Geist entzweiet,
+Der dem Hai die Kraft verleihet,
+In des Meeres Flut zu wüten,
+Der dem Nordhauch schenkt die Blüten,
+Der den Sturm peitscht gegen Schiffe,
+Daß zerschmettern sie am Riffe,
+Der die Menschen reiht in Heere,
+Daß sie zu des Hasses Ehre
+Über ihrer Brüder Leichen
+Sich des Sieges Lorbeer reichen--
+Doch ich liebe Geisterfrieden,
+Bin dem Menschen gut hienieden,
+Hause nicht in Bergesschlünden,
+Laß in freier Luft mich finden.
+Hab auf Höhen, glänzend weiß,
+Auf des Gletschers kühnstem Eis,
+Mein kristallnes Schloß erbaut,
+Das der Sterne Antlitz schaut.
+Und dort blick aus klaren Räumen
+Auf der Menschheit eitles Träumen
+Mitleidsvoll ich oft herab.
+Doch wenn ich am Pilgerstab
+Manch Verirrten wandern sehe,
+Steig von meiner wolkgen Höhe
+Nieder ich zum Erdenrunde,
+Reich ihm schnell die Hand zum Bunde
+Und leit ihn mit Freundessinn
+Zum Erkenntnistempel hin. (Ab.)
+
+
+
+Vierter Auftritt
+
+Auf der entgegengesetzten Seite Malchen, Lischen. Erstere im
+lichtblauen Sommerkleide, einen Strohhut auf dem Haupte, läuft
+fröhlich voraus.
+
+
+Malchen.
+Ach, das heiß ich gelaufen, wie pfeilschnell doch die Liebe
+macht! (Sieht sich um.) Hier ist mein teures Tal. Wie herrlich
+alles blüht, heut glänzt die Sonne doppelt schön, als wäre
+Festtag an dem Himmel und sie des Festes Königin. Ach, wie
+dank ich dir, du liebe Sonne, daß du mir meinen August bringst.
+Lischen, Lischen! (Ruft in die Kulisse.) Wo bleibst du denn?
+Wie ängstlich sie sich umsieht. Was hast du denn?
+
+Lischen (kommt ganz verwirrt und sehr geschwätzig).
+Aber Sie unglückseliges Fräulein, wie können Sie sich denn heute
+in diese berüchtigte, verrufene, bezauberte Gegend wagen? Haben
+Sie nicht die wilde Jagd gehört? heut ist der Alpenkönig los.
+Hätt ich das gewußt, Sie hätten mich nicht mit zwanzig Pferden
+aus dem Haus gezogen. Aber Sie weckten mich auf, sagten mir, ich
+sollte mich schnell anziehen, Sie wollten Ihrem August
+entgegeneilen, der heute von seiner Kunstreise aus Italien
+zurückkömmt.
+
+Malchen.
+Nun, das tat ich ja. Hier erwart ich meinen August. Sein letzter
+Brief nennt mir den heutgen Morgen. Hier schieden wir in
+Gegenwart meiner Mutter vor drei Jahren mit betrübtem Herzen
+voneinander. Du weißt, daß mein Vater schon damals gegen unsere
+Liebe war, obwohl Augusts Onkel starb und ihm einiges Vermögen
+hinterließ, schlug er ihm doch meine Hand ab, geriet in den
+heftigsten Zorn und warf ihm Talentlosigkeit in seiner
+Malerkunst vor. August, auf das bitterste gekränkt, beschloß,
+nach Italien zu reisen, um seinen Kummer zu zerstreuen und
+sich an den großen Mustern zu bilden. Hier schwor er mir ewge
+Treue, meine gute Mutter versprach uns ihren Beistand, doch
+du weißt, wie es um meinen armen Vater steht. Hier haben wir
+uns getrennt, hier gelobten wir uns wieder in die Arme zu
+stürzen. Nach seinen Briefen hat er große Fortschritte in
+seiner Kunst gemacht.
+
+Lischen.
+Was Italien, was Kunst, was helfen mir alle Maler von ganz Italien
+und Australien! In diesen Bergen haust der Alpenkönig. Und wenn
+uns der erblickt, so sind wir verloren.
+
+Malchen.
+So sei nur ruhig, es wird ja den Hals nicht kosten.
+
+Lischen.
+Aber die Schönheit kanns kosten, und der Verlust der Schönheit
+geht uns Mädchen an den Hals. Und wie innig ist die Schönheit mit
+dem Hals verbunden, wer halst uns denn, wenn wir nicht schön mehr
+sind? Wissen Sie denn nicht, daß jedes Mädchen, das den Alpenkönig
+erblickt, in dem Augenblick um vierzig Jahre älter wird? Ja sehen
+Sie mich nur an, keine Minute wird herabgehandelt. Vierzig Jahre,
+und unsere jetzigen auch noch dazu, da wird eine schöne Rechnung
+herauskommen. Stellen Sie sich die Folgen einer so entsetzlichen
+Verwandlung vor. Was würde ihr geliebter Maler dazu sagen, wenn
+er in Ihnen statt einer blühenden Frühlingslandschaft eine
+ehrwürdige Wintergegend aus der niederländischen Schule erblickte,
+was würden alle meine Anbeter dazu sagen, wenn der Anblick dieses
+Ungetüms meine Wangen in Falten legte wie eine hundertjährige
+Pergamentrolle?
+
+Malchen.
+Aber wer hat dir denn solche Märchen aufgebunden? Beinahe könnt
+ich selbst in Angst geraten. Es gibt gar keinen Alpenkönig.
+
+Lischen.
+Nicht? Nun gut--bald werd ich Sie wie meine Großmutter verehren.
+Folgen Sie mir, oder ich laufe allein davon. (Will fort.)
+
+Malchen.
+So bleib nur, mein August wird bald hier sein, die Sonne steht
+schon hoch, du mußt mir Toilette machen helfen, der Wind hat
+meine Locken ganz zerrüttet. Du hast doch den kleinen Spiegel
+mitgenommen, wie ich dir befahl?
+
+Lischen.
+Ei freilich, ach, hätt ich lieber meine Angst vergessen!
+
+Malchen.
+So. (Setzt sich auf den Baumstamm und öffnet ihre Locken. Lischen
+steht mit dem Spiegel vor ihr.) Halt ihn nur! Weißt du, Lischen,
+ich muß mich doch ein wenig zusammenputzen, er kömmt aus Italien,
+und die Frauenzimmer sollen dort sehr schön sein.
+
+Lischen.
+Hahaha, warum nicht gar! Ich kenne in der Welt nur ein schönes
+Frauenzimmer. Sie werden mich verstehen, Fräulein.
+
+Malchen (nimmt es auf sich).
+Du bist zu galant, Lischen, das verdien ich nicht.
+
+Lischen (beiseite).
+Die glaubt, ich mein sie, wie man nur so eitel sein kann--und ich
+meine mich.
+
+Malchen.
+So, Lischen, jetzt sind die Locken alle offen--jetzt halt nur
+gut, der Alpenkönig tut uns nichts.
+
+Lischen.
+Ach ums Himmels willen, nennen Sie doch den abscheulichen
+Alpenfürsten nicht--(erschrickt) es rauscht ja etwas im Gebüsche,
+Himmel, ich laß den Spiegel fallen. (Ein Auerhahn fliegt aus dem
+Gebüsche auf. Sie schreit.) Ach der Alpenkönig! (Läuft mit dem
+Spiegel fort.)
+
+Malchen (nachrufend).
+Lischen, Lischen, was schreiest du denn, es ist ja nur ein Vogel.
+Ach du lieber Himmel, sie hat ja den Spiegel mitgenommen, die
+läuft ganz sicher nach Hause. Lischen, so höre doch! Entsetzlich,
+meine Locken, wenn jetzt August kömmt und mich so erblickt. Das
+überleb ich nicht. Ach du lieber Himmel, wie hätt ich mir das
+vorstellen können, das ist doch das größte Unglück, das einem
+Menschen begegnen kann. (Besinnt sich.) Aber pfui, Malchen, was
+ist das für eine Eitelkeit, August wird dich doch nicht deiner
+Locken wegen lieben? (Ärgerlich.) Aber die Locken tragen dazu
+bei, wenn die Männer nun einmal so sind, was kann denn ich dafür?
+Und warum heißen sie denn Locken, wenn sie nicht bestimmt wären,
+die Männer anzulocken? (Sieht in die Szene.) Ach, dort eilt er
+schon den Hügel herauf. O welche Freude (hüpft), welche Freude!
+(Plötzlich stille.) Wenn nur die fatalen Locken nicht wären!
+Ich will mich hinter den Rosenbusch verstecken, vielleicht bring
+ich sie doch ein wenig zurechte. (Verbirgt sich hinter das
+Rosengebüsche.)
+
+
+
+Fünfter Auftritt
+
+August im einfachen Reiseanzug, eine Mappe unter dem Arme.
+
+
+August.
+Von dem meerumwogten Strande,
+Aus dem wunderholden Lande,
+Wo die goldnen Ährenfelder
+Wechseln mit Orangenwälder,
+Wo die stolzen Apenninen
+Über alte Größe sinnen,
+Wo die Kunst mit Geisteswaffen
+Das Vollendetste erschaffen,
+Wo die ungeheuren Reste
+Der zerfallenen Paläste
+An die Kraft der Zeit uns mahnen
+Und wir bebend Hohes ahnen:
+Aus dem Tempel der Natur
+Kehr ich heim zur stillen Flur.
+Denn im biedern Vaterlande
+Ketten mich die teuern Bande
+Zarter Liebe, fester Treue,
+Und der Riesenbilder Reihe,
+Die wie Träume mich umwehen,
+Schließt ein frohes Wiedersehen.
+
+Seid mir gegrüßt, ihr heimatlichen Berge! O Erinnerung, wie nah
+trittst du an mich und reichst mir einen schönen Kranz, geflochten
+aus vergangnen Freuden. Und doch muß ich bei all dem Schönen hier
+das Schönste noch vermissen, bei all dem Lieben fehlt mein
+Liebstes mir. Wo bist du, teures Malchen? Warum erwartest du mich
+nicht? Sollte sie meinen Brief nicht empfangen haben? Ist sie
+krank? Vielleicht kann sie so früh vom Haus nicht fort. Sie kömmt
+gewiß. Ich will indes die Gegend zeichnen hier, die sie so liebt,
+und zum Geschenk ihrs bieten, wenn sie naht. (Er setzt sich auf
+den Baumstamm und zeichnet.) Wie herrlich dort die Alpe glänzt
+im Sonnenstrahl, die heitre Luft, und hier--der dunkle Fels, der
+üppge Rosenstrauch--nur eins gefällt mir nicht, die bleichen
+Rosen machen sich nicht gut, ich wüßte schönere, die auf ihren
+Wangen blühn. Wär nur Malchen hier, sie sagte mir gewiß, was ich
+für Farben wählen soll.
+
+Malchen (öffnet mit beiden Händen den Rosenstrauch und blickt
+liebevoll hervor, so daß sie mit halbem Leibe sichtbar ist und
+sagt zärtlich).
+Laß sie blau sein wie Beständigkeit.
+
+August (höchst entzückt).
+Amalie!
+
+(Sie stürzen sich in die Arme.)
+
+Malchen.
+August, lieber August!
+
+Astragalus (erscheint auf dem Fels im Vordergrunde und ruft).
+Heisa he! da gehts ja lustig zu im Alpentale. (Er stützt sich auf
+sein Gewehr und behorcht das folgende Gespräch.)
+
+August.
+Liebes, schönes, gutes Malchen--(plötzlich scherzhaft) böses
+Malchen, warum hast du mich auch nur einen Augenblick geneckt?
+
+Malchen.
+Sei nicht böse, lieber August!
+
+August.
+Dafür räch ich mich durch diesen Kuß. (Küßt sie.)
+
+Malchen.
+O du rachsüchtiger Mensch!
+
+August (sanft).
+Bist du ungehalten darüber?
+
+Malchen (unschuldig).
+Gott bewahre, räche dich nur. Böse Leute sagen, die Rache sei
+süß, und auf diese Weise möcht ich es beinahe glauben.
+
+August.
+Gutes Malchen! Wie glücklich fühl ich mich, dich wieder zu sehen,
+nichts soll uns trennen als der Tod
+
+Malchen.
+Und mein Vater, August, der ist noch weit über den Tod. Wenn der
+gute Vater nur nicht gar so böse auf mich wäre!
+
+August.
+Sorge nicht, Malchen, wenn er die Fortschritte meiner Kunst
+erfahren wird, wenn er sich von der Beständigkeit meiner Liebe
+überzeugt, so kann uns seine Einwilligung nicht entgehen. Ich
+will noch heute zu ihm.
+
+Malchen.
+Ach, das ist vergebens. Mein Vater spricht niemand außer seiner
+Familie, nur selten die Dienerschaft. Er ist zum Menschenfeind
+geworden.
+
+August.
+Unmöglich, und du rühmtest mir sein Herz, seine Rechtlichkeit.
+
+Malchen.
+Er besitzt beides. Doch du weißt, daß mein Vater, als er in der
+Stadt noch den ausgebreiteten Buchhandel hatte, um große Summen
+betrogen wurde, die er aus Gutmütigkeit an falsche Freunde verlieh.
+Undank und Niederträchtigkeit brachten ihn zu dem Entschluß,
+seinen Buchhandel aufzugeben, die Stadt zu fliehen und sich auf
+seinem gegenwärtigen Landsitz vor der Zudringlichkeit ähnlicher
+Menschen zu verbergen. Hier liest er nun unaufhörlich
+philosophische Bücher, die ihm den Kopf verrücken. Sein Mißtrauen
+hat keine Grenzen. Er hat die unglückliche Weise, gegen jeden
+Menschen so aufzufahren, daß er die gleichgültigsten Dinge mit
+einer Art von Wut verlangt. Niemand, selbst die Mutter, kann um
+ihn weilen. Alles flieht und fürchtet ihn, und darum hat er jeden
+im Verdacht der Untreue und gönnt doch keinem eine Verteidigung.
+Sein Menschenhaß steigt mit jedem Tage, und wir fürchten für sein
+Leben. Wie gerne würden wir alles dafür tun, ihn von unserer
+Liebe zu überzeugen; doch, wer lehrt ihn den Fehler seiner
+unbilligen Heftigkeit einsehen und ablegen, womit er sich alles
+zum Feinde macht und sich der Mittel beraubt, die Menschen aus
+einem bessern Gesichtspunkte zu betrachten. Deinen Namen dürfen
+wir gar nicht aussprechen, er weiß, daß meine Mutter unsre Liebe
+billiget, und haßt sie darum bis in den Tod.
+
+August.
+O grausames Schicksal, warum vernichtest du all meine glücklichen
+Träume wieder? Also kann ich dich nie besitzen, Malchen?
+
+Malchen.
+Wenn ich nur ein Mittel wüßte, dich zu erringen! Wär ich frei wie
+jener Vogel, der sich so fröhlich in der blauen Luft dort wiegt,
+ich zöge mit dir durch die ganze Welt. Glückliches beneidenswertes
+Tier! Wer darf dir deine Freiheit rauben?
+(Astragalus schießt den Vogel aus der Luft. Man sieht ihn aber
+nicht fallen. Malchen erschrickt.)
+Ha!
+
+Astragalus (immer im rauhen Tone).
+Des Schützen Blei, weil du die Frage stellst.
+
+Malchen (blickt hinauf). O August, sieh!
+
+August.
+Wer bist du, grauer Wundermann?
+
+Astragalus.
+Den Alpenkönig nennt man mich.
+
+Malchen.
+Der Alpenkönig! wehe mir! (Sinkt ohnmächtig in Augusts Arme.)
+
+August.
+Was ist dir, Malchen? Hülfe, Hülfe, steht ihr bei!
+
+Astragalus (lachend).
+Da müssen Steine sich erbarmen selbst. Hab Mitleid, Fels, und
+öffne schnell dein Herz! (Er stoßt mit dem Kolben des Gewehrs
+an den Fels. Der Fels öffnet sich, man sieht einen kleinen
+Wasserfall, der über Rosen sprudelt, an dem zwei Genien lauschen,
+sie fangen mit goldnen Muscheln Wasser aus der Quelle und
+besprengen Malchen damit.)
+Erwache, Törin, die sich Flügel wünscht und so die Erde höhnt!
+
+August.
+Sie schlägt das Auge auf. Wie ist dir, Malchen?
+
+Malchen.
+Ach, wie kann mir sein! Ich habe den Alpenkönig erblickt. Jetzt
+bin ich gewiß um vierzig Jahre älter geworden. Erkennst du mich
+noch, August?
+
+August.
+Bist du von Sinnen? Was hast du denn?
+
+Malchen.
+Ach, Falten habe ich, lieber August, viele tausend Falten. Ich
+muß entsetzlich aussehen. Sieh mich nur nicht an!
+
+August.
+Was fällt dir ein! Du bist so schön, als du es immer warst.
+
+Malchen.
+Schön wär ich? Gewiß? Und hätte keine Falte, keine einzige?
+
+August.
+Gewiß nicht.
+
+Malchen.
+Ach du lieber Himmel, wie danke ich dir! Nein, eine solche Angst
+hab ich in meinem Leben noch nicht ausgestanden!
+
+August.
+Was war dir denn?
+
+Malchen.
+Nun, Lischen sagte mir, ein Mädchen, das den Alpenkönig sieht,
+würd um vierzig Jahre älter.
+
+Astragalus (tritt vor).
+So sagte sie?
+
+Malchen.
+Ach! da ist er schon wieder! (Verhüllt das Gesicht.)
+
+Astragalus.
+Seid ohne Furcht und horcht, was Alpenkönig spricht.
+Schon zweimal sah ich eurer Herzen Brand
+Wie Morgenrot auf Lilienschnee erglühen
+Und Tränen, edler Sehnsucht nur verwandt,
+Leidkündend über eure Wangen ziehen.
+Und weil mich dies so inniglich erfreut,
+Daß ihr so seltsam treu noch denket,
+Hab ich euch meine Fürstengunst geweiht
+Und eure Lieb mit meinem Schutz beschenket.
+(Zu Malchen.)
+Ich weiß um deines Vaters Menschenhaß,
+Hab ihn belauscht, wenn er den Wald durchrannte
+Mit Ebersgrimm, auf Bergesgipfel saß
+Und seinen Fluch nach allen Winden sandte.
+Doch laßt darum den treuen Mut nicht sinken.
+Erkennen wird mit seinem Wahnsinn rechten.
+Die Sterne werden bald zur Brautnacht winken,
+(zu Malchen)
+Und Alpenkönig wird den Kranz dir flechten. (Ab.)
+
+
+
+Sechster Auftritt
+
+August. Malchen.
+
+
+Malchen.
+Hast dus gehört, August, ists ein Traum, wir sollen glücklich
+werden?
+
+August.
+Wir wollen seinem Worte glauben. Und obwohl ich seine Existenz
+für ein Märchen hielt, muß ich sie für wahr erkennen, wenn ich
+nicht ungerecht gegen meine Sinne handeln will.
+
+Malchen.
+Komm, wir wollen meiner Mutter alles erzählen, ich werde schon
+sehen, daß du mit ihr sprechen kannst. Laß uns vertrauen auf den
+Alpenkönig. Er scheint nicht bös zu sein, ich hab ihm auch dreist
+ins Auge geblickt, und es hat mir nichts geschadet, nicht wahr,
+lieber August? Ich bin um gar nichts älter geworden?
+
+August.
+Nein, liebes Malchen. Seit ich dich wiedersehe, kaum um eine
+Stunde.
+
+Malchen.
+Um eine Stunde nur? (Ihm sanft ins Auge blickend.) Nun, eine
+Stunde kann ich schon verschmerzen und es war eine glückliche,
+denn ich habe sie mit dir verlebt.
+
+August.
+O gutes Malchen, wie beglückst du mich!
+
+(Beide Arm in Arm ab.)
+
+
+
+Siebenter Auftritt
+
+Verwandlung
+Zimmer auf Rappelkopfs Landgut.
+
+Sophie. Sabine. Der Kutscher. Die sämtliche Dienerschaft.
+
+
+Chor.
+Euer Gnaden sind so gütig,
+Doch wir haltens nimmer aus.
+Unser Herr ist gar zu wütig,
+Und das treibt uns aus dem Haus.
+Niemand kann bei ihm bestehn,
+Und wir wollen alle gehn.
+
+Sopie.
+Seid nur ruhig, liebe Leute, verseht euren Dienst, nur kurze Zeit
+noch, es wird sich vielleicht bald alles ändern. Geht an eure
+Pflicht! Wenn mein Mann herüberkäme, ich bin in Todesangst.
+
+Kutscher.
+Ei, was nutzt denn das, Euer Gnaden, er solls wissen, wir könnens
+nicht mehr länger aushalten mit ihm, wir tun unser Schuldigkeit,
+und er kann uns nicht leiden.
+
+Sopie.
+Es wird sich alles ändern, ich habe an meinen Bruder nach Venedig
+geschrieben, ihm meines Mannes Seelenkrankheit und ihre üblen
+Folgen vorgestellt, er wird vielleicht noch heute ankommen, um
+alles zu versuchen, seinen Menschenhaß zu heilen--oder mich
+von meinem armen Mann zu trennen.
+
+Kutscher.
+Na, das ist die höchste Zeit, Euer Gnaden schauen sich ja gar
+nimmer gleich. Drei Weiber hat er schon umbrachte er ist ja ein
+völliger blauer Bart.
+
+
+
+Achter Auftritt
+
+Vorige. Habakuk.
+
+
+Sopie.
+Diese gemeinen Äußerungen hören zu müssen! Habakuk, ist mein Mann
+auf seinem Zimmer? Ist Malchen schon zu Hause?
+
+Habakuk.
+Der gnädige Herr ist schon wieder im Gartenzimmer, er hat sich
+selbst seinen Schreibtisch und seinen Stuhl hinübergetragen und
+geht mit sieben Ellen langen Schritten auf und ab. Ich versichere
+Euer Gnaden, ich war zwei Jahr in Paris, aber ein solcher Herr
+ist mir nicht vorgekommen.
+
+Sabine (im schwäbischen Dialekt).
+Nu da habe wirs, jetzt trau ich mich nicht in den Garte hinaus,
+er hat den Schlüssel von der Hofgartetür abgezogen.--Ich kann
+nicht koche--
+
+Sopie.
+Nun so geh Sie durch das Gartenzimmer.
+
+Sabine.
+Ja wer traut sich denn hinein? Wenn der Herr drinne ist? Da geh
+ich ja eher zu einem Leopard in die Falle. Er jagt ja alles
+hinaus. Wenn er in die Kuchel kommt, so wärs notwendig, ich
+schliefet unter den Herd.
+
+Habakuk.
+Nun ja, und da sind so schon so viel Schwaben unten.
+
+Kutscher.
+Mich kann er gar nicht leiden, ich muß mich immer unters Heu
+verstecken.
+
+Habakuk.
+Mich haßt er doch nur bis daher (zeigt den halben Leib). Er sagt,
+ich wär nur ein halbeter Mensch.
+
+Sopie.
+Aber er beschenkt euch ja so oft.
+
+Sabine.
+Ja aber wie? Er tut einem dabei alle Grobheiten an und wirft
+einem das Geld vor die Füß.
+
+Habakuk.
+Oh, da ist er noch in seinem besten Humor, aber neulich nimmt er
+sein goldene Uhr, ich glaub, er macht mir ein Präsent, derweil
+wirft er mir s' an den Kopf. (Hochdeutsch.) Ja, das sind halt
+Berührungen, in die man nicht gern mit seiner Herrschaft kommt,
+ich war zwei Jahr in Paris, aber das hab ich nicht erlebt. Zu was
+brauch ich zwei Uhren, ich hab meine Uhr im Kopf, aber am Kopf
+brauch ich keine.
+
+Sabine.
+Kurz, in dem Haus ist nichts zu mache, wenn man nicht einmal in
+den Garten kann--
+
+Habakuk.
+Wie soll man denn da auf ein grünes Zweig kommen!
+
+Alle.
+Kurzum, wir wollen alle fort.
+
+Sopie.
+Also wollt ihr eure Frau, die euch immer so menschenfreundlich
+gewogen war, so plötzlich verlassen, da ihr doch seht, daß sowohl
+ich als meine Tochter eine gleiche Behandlung zu erdulden haben?
+Ich kann euch nicht fortlassen, weil zwischen heut und morgen
+mein Bruder ankömmt, der vieles über meinen Mann vermag. So
+lange müßt ihr die Launen eures Herrn noch ertragen.
+
+Alle.
+Es geht nicht, Euer Gnaden, es ist nicht zum existieren.
+
+Sopie.
+Nun, so nehmt dieses kleine Geschenk (sie gibt jedem einige
+Silberstücke) und stärkt eure Geduld damit, vielleicht geht es
+doch.
+
+Alle.
+Ach! Wir küssen die Hand, Euer Gnaden.
+
+Kutscher.
+Wir werden halt sehen, ob wir auskommen können mit ihm.
+
+Habakuk.
+Solang wir mit dem Geld auskommen, kommen wir schon mit ihm auch
+aus.
+
+Sabine.
+Und wisse Euer Gnade, er wär nicht gar so übel, der gnädge Herr--
+
+Kutscher.
+Ach gar nicht--wenn er nur anders wär.
+
+Habakuk.
+Freilich, das ist der einzige Umstand.
+
+Sopie.
+Doch jetzt geht beruhigt an eure Geschäfte.
+
+Alle.
+Gleich, gnädige Frau. (Ab.)
+
+Kutscher.
+Euer Gnaden sind halt eine gscheide Frau. Ich sag immer, Euer
+Gnaden sind einmal ein Kutscher gwesen, weil Euer Gnaden so gut
+wissen, daß man einen Wagen schmieren muß, wann er fahren soll.
+(Lacht dumm und geht ab.)
+
+Sabine (küßt ihr die Hand).
+Das ist wahr, Euer Gnaden sind eine Frau, die man in der ganzen
+Welt suche darf. (Ab.)
+
+Habakuk.
+Ich versichere Euer Gnaden, ich war zwei Jahr in Paris, aber ein
+Herz, wie Euer Gnaden zu haben belieben, das ist wirklich, wie
+man auf französisch sagt, nouveau!
+
+
+
+Neunter Auftritt
+
+Lischen. Vorige.
+
+
+Sopie.
+Nun endlich seid ihr zurück. Wo ist Malchen? Ist August
+angekommen? Haben sie sich getroffen?
+
+Lischen.
+Von allen dem weiß ich keine Silbe, gnädige Frau, ich weiß gar
+nichts, als daß der Mädchen verfolgende Alpenkönig eine Jagd
+gegeben hat, daß mich an dem Ort des Rendezvous eine Angst
+befallen hat und daß ich über Hals und Kopf zurückgelaufen bin.
+
+Sopie.
+Und Malchen?
+
+Lischen.
+Wollte ihren Liebhaber erwarten und war nicht zu bewegen, mit
+zurückzugehen.
+
+Sopie.
+Aber wie kann Sie sich unterstehen, meine Tochter allein zu
+lassen? Sie leichtsinnige Person, der ich mein Kind anvertraut
+habe! Ich muß nur gleich Leute hinaussenden. Wenn ihr ein Unglück
+widerführe! O Himmel, was bin ich für ein gequältes Geschöpf!
+
+Lischen.
+Aber gnädge Frau--
+
+Sopie.
+Geh Sie mir aus den Augen. (Eilig ab.)
+
+
+
+Zehnter Auftritt
+
+Lischen. Habakuk.
+
+
+Lischen (äußerst zornig).
+Nein, das ist nicht zum Aushalten, das Haus ist ja eine wahre
+Folterbank. Wie man nur die Dienstleute so herabsetzen kann?
+
+Habakuk.
+Es ist aber auch ein Volk. Ich bin ein Bedienter, aber wenn ich
+mein eigner Herr wär, ich jaget mich selber fort.
+
+Lischen.
+Mich eine Person zu heißen!
+
+Habakuk.
+Solche Personalitäten!
+
+Lischen.
+Halt Er Sein Maul! Wenn ich nur diesen langweiligen Menschen
+nicht mehr vor mir sehen dürfte!
+
+Habakuk.
+Ich bin kein Menschenfeind, aber ich habe einen Stubenmädelhaß.
+Was mir diese Person zuwider ist, bloß weil sies nicht glauben
+will, daß ich in Paris gewesen bin. (Boshaft.) Gschieht Ihr schon
+recht, Mamsell Liserl!
+
+Lischen.
+O Er erbärmlicher Wicht! Er verdient gar nicht, daß sich ein
+Stubenmädchen von meiner Qualität mit Ihm unter einem Dache
+befindet.
+
+Habakuk.
+Oh, prahlen Sie nicht so mit Ihrer Stubenmädelschaft, Sie haben
+auch die Stubenmädlerei nicht erfunden. Ich versichere Sie, ich
+war zwei Jahr in Paris, da gibt es Stubenmädel--wenn man die ins
+Deutsche übersetzen könnt, das gäbet eine Stubenmädliade, wo sich
+die ganze hiesige Kammerjungferschaft verstecken müßt. Und Sie
+schon gar, meine liebe Exkammerjungfer.
+
+Lischen.
+Er zwei Jahre in Paris gewesener Einfaltspinsel, Er kommt mir
+gerade recht, wenn Er sich noch einmal untersteht, seine
+unverschämte Zunge zu meinem Nachteil zu bewegen, so werd ich
+Seinen Backen einen Krieg erklären und Ihm den auffallendsten
+Beweis liefern, auf was für eine kräftige Art ein deutsches
+Kammermädchen die Ehre ihres Standes zu rächen weiß. (Gibt ihm
+eine Ohrfeige und geht schnell ab.)
+
+Habakuk (hält sich die Wange).
+Nein, was man in dem Haus alles erlebt--ich war zwei Jahre in
+Paris, aber so etwas ist mir nicht vors Gesicht gekommen. (Geht
+ab, indem er sich den Backen hält.)
+
+
+
+Elfter Auftritt
+
+Verwandlung
+Kürzeres Zimmer. Rechts die Eingangstür, links führt eine Glastür
+nach dem Garten. Auf dieser Seite befindet sich ein massiver
+altmodischer Tisch und ein Stuhl. Rechts an der Wand neben der
+Tür ein hoher Spiegel. Neben der Gartentür ein Sekretär.
+
+Rappelkopf kömmt in heftiger Bewegung zur Glastür herein. Sein
+ganzes Wesen ist sehr auffahrend. Er sieht die Menschen nur auf
+Augenblicke oder mit Seitenblicken an und wendet sich schnell,
+entweder erzürnt oder verächtlich, von ihnen ab.
+
+
+Rappelkopf.
+Ha! Ja!
+
+Lied
+Ja, das kann nicht mehr so bleiben,
+'s ist entsetzlich, was sie treiben.
+Ins Gesicht werd ich belogen,
+Hinterm Rücken frech betrogen,
+'s Geld muß ich am End vergraben,
+Denn sie stehln als wie die Raben.
+Ich hab keinen Kreuzer Schulden,
+Bare hunderttausend Gulden,
+Und doch wirds mir noch zu wenig,
+Es tät not, ich wurd ein König.
+Meine Felder sind zerhagelt,
+Meine Schimmel sind vernagelt,
+Meine Tochter, wie betrübt,
+Ist das ganze Jahr verliebt.
+Alle Tag ist das ein Gwinsel
+Um den Maler, um den Pinsel,
+Der kaum hat ein Renommee,
+Und vom Geld ist kein Idee.
+Und mein Weib, bei allen Blitzen,
+Will die Frechheit unterstützen,
+Sagt, er wär ein Mann zum Küssen,
+Wie die Weiber das gleich wissen!
+Und das soll mich nicht verdrüßen?
+Ja, da möcht man sich erschießen.
+Und statt daß man mich bedauert,
+Wird auf meinen Tod gelauert,
+Und so sind sie alle, alle,
+Ich zerberste noch vor Galle.
+Drum hab ich beschlossen und werd es vollstrecken,
+Ich laß von den Menschen nicht länger mich necken.
+Ich lasse mich scheiden, ich dringe darauf.
+Der ganzen Welt künd auf Michäli ich auf.
+Die Liebe, die Sehnsucht, die Freundschaft, die Treue,
+Mir falln s' nur nicht alle gschwind ein nach der Reihe,
+Die lockenden, falschen, gewandten Mamsellen,
+Die mich fast ein halbes Jahrhundert schon prellen,
+Die lad ich noch einmal zum Frühstück ins Haus
+Und peitsch sie, wie Timon, zum Tempel hinaus.
+
+Es ist aus! Die Welt ist nichts als eine giftge Belladonna, ich
+habe sie gekostet und bin toll davon geworden. Ich brauch nichts
+von den Leuten, und sie kriegen auch nichts von mir, nichts Gutes,
+nichts Übles, nichts Süßes und nichts Saures. Nicht einmal meinen
+sauren Wein will ich ihnen mehr verkaufen. Ich habe Aufrichtigkeit
+angebaut, und es ist Falschheit herausgewachsen. Es ist
+schändlich, ich bin auf dem Punkte durch meinen eignen Schwager
+zum Bettler zu werden. Er hat mich überredet, mein Vermögen
+einem Handlungshause in Venedig anzuvertrauen, das jetzt dem
+Sturze nah sein muß. Ich erhalte keine Interessen, keinen Brief
+von meinem heuchlerischen Schwager, den ich verkannt und der
+vielleicht im Bunde steht mit dem betrügerischen Volk. Und so
+täuscht mich alles! alles! Darum will ich keinen Kameraden mehr
+haben als die zanksüchtige Erfahrung.
+
+Das ist der vorsichtge, weltghetzte Hase
+Mit der vom Unglück zerstoßenen Nase,
+Mit dem millionmal verwundeten Schädel,
+Das ist mein Mann, den behandle ich edel.
+
+Ich hab zu viel ausgestanden in der Welt. Mich hat die
+Freundschaft getäuscht, die Liebe betrogen und die Ehe gefoltert.
+Ich kanns beweisen, ich hab vier Attestaten, denn ich hab das
+vierte Weib. Und was für Weiber! Eine jede hat eine andere
+Untugend ghabt. Die erste war herrschsüchtig. Die hat wollen
+eine Königin spielen. Bis ich als Treffkönig aufgetreten bin.
+Die zweite war eifersüchtig bis zum Wahnsinn. Wie sich nur eine
+Fliegen auf meinem Gsicht hat blicken lassen, pums, hat sie s'
+erschlagen. Das waren zwei Ehen--da kann man sagen, Schlag auf
+Schlag. Die dritte war mondsüchtig. Wenn ich in der Nacht hab
+etwas auf sie sprechen wollen, ist sie auf dem Dach oben gsessen.
+Jetzt frag ich einen Menschen, ob das zum Aushalten war? Aber
+sie haben doch behauptet, sie könnten mit mir nicht leben, und
+sind aus lauter Bosheit gestorben. Bin aber nicht gscheid
+geworden, hat mich die Höllenlust angewandelt, eine vierte zu
+nehmen. Eine vierte, die viermal so falsch ist als die andern
+drei. Die mein Kind in ihrem Ungehorsam unterstützt. Den Maler
+protegiert, den Maler, der vor Hunger alle Farben spielt. Nichts
+als immer wispert mit der Dienstbotenbrut, Komplotte macht gegen
+ihren Herrn und Meister. (Sieht zur halboffnen Eingangstür
+hinaus.) Aha! Da schleicht das Stubenmädel herum. Die hat schon
+wieder eine Betrügerei im Kopf. Die wär nicht so übel, das
+Stubenmädel, das ist noch die sauberste--aber ich hab einen
+Haß auf sie, einen unendlichen--ich werd sie aber doch
+hereinrufen, bloß um sie auf eine feine Art auszuforschen. He!
+Lischen! (Schreit.) Herein mit ihr!
+
+
+
+Zwölfter Auftritt
+
+Voriger. Lischen tritt furchtsam ein.
+
+
+Lischen.
+Was befehlen Euer Gnaden?
+
+Rappelkopf (immer barsch).
+Ich hab etwas zu reden mit ihr.
+
+Lischen (erschrickt).
+Mit mir? (Beiseite.) Nun das wird eine schöne Konversation werden.
+Was er schon für Augen macht!
+
+Rappelkopf (beiseite).
+Ich werd alle möglichen Feinheiten gebrauchen. (Roh.) Da geh
+Sie her! (Lischen nähert sich verzagt. Rappelkopf betrachtet
+sie verächtlich vom Kopf bis zu den Füßen.) Infame Person!
+
+Lischen.
+Aber Euer Gnaden--
+
+Rappelkopf.
+Was Gnaden--nichts Gnaden--schweig Sie still und antwort Sie.
+
+Lischen.
+Das kann ich ja nicht zugleich.
+
+Rappelkopf.
+Sie kann alles. Es gibt keinen Betrug, der Ihr nicht möglich wäre.
+Sie ist eine Mosaik aus allen Falschheiten zusammengesetzt.
+(Beiseite.) Ich muß mich zurückhalten, damit ich nur nicht
+unhöflich mit ihr bin.
+
+Lischen (empört).
+Aber wer wird sich denn solche Impertinenzen sagen lassen?
+
+Rappelkopf (heftig).
+Sie, Sie wird 's sich sagen lassen. Und wird keinen Laut von
+sich geben. Was hat Sie für eine Betrügerei vorgehabt? Sie will
+mich bestehlen?
+
+Lischen.
+Nein!
+
+Rappelkopf.
+Was denn?
+
+Lischen.
+Ich will mich empfehlen. (Will fort.)
+
+Rappelkopf (nimmt ein ungeladenes Jagdgewehr).
+Nicht von der Stelle, oder ich schieß Sie nieder!
+
+Lischen (schreit).
+Hülfe, Hülfe!
+
+Rappelkopf.
+Nicht mucksen! Antwort! Warum hat Sie so verdächtig herumgesehen?
+Was ist im Werk?
+
+Lischen.
+Himmel, wenn es losgeht!
+
+Rappelkopf.
+Nutzt nichts! losgehn muß etwas, entweder Ihr Maul oder die
+Flinten.
+
+Lischen.
+Ach, was soll ich denn mein Leben riskieren! (Kniet nieder.)
+Lieber gnädiger Herr, ich will alles bekennen.
+
+Rappelkopf.
+Endlich kommts an den Tag. Himmel, tu dich auf!
+
+Lischen.
+Ich habe gelauscht, ob das Fräulein nicht aus dem Alpental
+zurückkömmt, die gnädge Frau hat mich ausgezankt, weil ich
+nicht bei ihr geblieben bin, da sie ihren Liebhaber erwartet,
+der heute ankommt. Die gnädige Frau ist mit ihr einverstanden,
+doch weil sie mich so mißhandelt hat, so verrate ich sie.
+
+Rappelkopf.
+Entsetzlicher Betrug! O falsche Niobe! Und Sie niedrigdenkende
+Person, Sie wagt es, Ihre Frau zu verraten--der Sie so viel
+Dank schuldig ist? O Menschen, Menschen! Ausgeartetes Geschlecht!
+Aus meinen Augen geh Sie mir, Sie undankbare Kreatur, ich will
+nie mehr etwas von Ihr wissen.
+
+Lischen.
+Aber was hätt ich denn tun sollen?
+
+Rappelkopf.
+Schweigen hätt Sie sollen.
+
+Lischen.
+Aber Euer Gnaden hätten mich ja erschossen.
+
+Rappelkopf.
+Ist nicht wahr, es ist nicht geladen. Betrug für Betrug.
+
+Lischen.
+So, also hätt ich diese Angst umsonst ausgestanden? Das ist
+abscheulich.
+
+Rappelkopf.
+Nein, nicht umsonst. Du Krokodil von einem Stubenmädel--du
+sollst eine Menge dafür haben: meine Verachtung, meinen Haß,
+meinen Schimpf, meine Verfolgung und deinen Lohn. (Wirft ihr
+einen Beutel vor die Füße.) Nimms und geh aus meinem Haus. Mach
+dich zahlhaft, oder ich zahl dich auf eine andre Art aus. So
+nimms, warum nimmst du es denn nicht?
+
+Lischen.
+Oh, ich werds schon nehmen. (Denkt nach.) Gnädger Herr!
+
+Rappelkopf.
+Was denkst denn nach, du Viper? Nimms und ruf mir deine Frau.
+
+Lischen (schnell auf die Gartentür deutend).
+Dort ist sie ja!
+
+Rappelkopf (schießt schnell gegen die Gartentür).
+Wo ist sie? Wo? Her mit ihr.
+
+Lischen (hebt schnell den Beutel auf).
+Das ist ein alter Narr! (Läuft schnell ab.)
+
+Rappelkopf (sieht ihr nach).
+Hat ihn schon! O ihr Welten, stürzt zusammen, dieses weibliche
+Insekt wagt es, mich zum besten zu halten! O Rappelkopf! Wie
+falsch diese Menschen mit mir sind, und ich bin so gut mit ihnen!
+Ha! Dort kommt mein Weib, entsetzlicher Anblick--meine Haar
+sträuben sich empor, ich muß aussehen wie ein Stachelschwein.
+
+
+
+Dreizehnter Auftritt
+
+Voriger. Sophie.
+
+
+Sopie (gelassen).
+Was willst du denn, lieber Mann?
+
+Rappelkopf.
+Dich will ich, aus der gesamten Menschheit dich! und von dir
+mein Fleisch und Blut, mein Kind! Wo ist sie?
+
+Sopie (verlegen).
+Sie ist nicht zu Hause--
+
+Rappelkopf (sehr heftig).
+Nun also, wo ist sie--? Wo?--
+
+Sopie.
+So sei nur nicht so heftig.
+
+Rappelkopf.
+Jetzt bin ich heftig, und ich bin ganz erstaunt über meine
+Gelassenheit. Im Wald ist sie draußen. Also auch mein Kind ist
+verloren für mich?
+
+Sopie.
+Nu, nu, in dem Wald ist ja kein Bär.
+
+Rappelkopf.
+Aber ein junger Herr--Also die Gschicht ist noch nicht aus,
+mit diesem Maler?
+
+Sopie.
+Und darf nicht aus sein, denn das Glück und die Ruhe deiner
+Tochter stehen auf dem Spiele. Sie wird ihn ewig lieben.
+
+Rappelkopf.
+Und ich werd ihn ewig hassen.
+
+Sopie.
+Was hast du als Mensch an ihm auszusetzen?
+
+Rappelkopf.
+Nichts, als daß er einer ist.
+
+Sopie.
+Was hast du gegen seine Kunst einzuwenden?
+
+Rappelkopf.
+Alles! Ich hasse die Malerei, sie ist eine Verleumderin der
+Natur, weil sie s' verkleinert. Die Natur ist unerreichbar.
+Sie ist ein ewig blühender Jüngling, doch Gemälde sind
+geschminkte Leichen.
+
+Sopie.
+Ich kann deine Ansichten nicht billigen und darf es nicht.
+Meine Pflicht verbietet es.
+
+Rappelkopf.
+Weil du dir die Pflicht aufgelegt hast, mich zu hassen, zu
+betrügen, zu belügen et cetera. (Wendet sich von ihr ab.)
+
+Sopie.
+So laß dir doch nur sagen--
+
+Rappelkopf.
+Ist nicht wahr.
+
+Sopie.
+Ich habe ja nichts gesagt noch--
+
+Rappelkopf.
+Du darfst nur das Maul aufmachen, so ist es schon erlogen.
+
+Sopie.
+So blick mich doch nur an--
+
+Rappelkopf.
+Nein, ich hab meinen Augen jedes Rendezvous mit den deinigen
+untersagt. Lieber Kronäugeln als Liebäugeln. Aus meinem Zimmer!
+(Setzt sich und dreht ihr den Rücken zu.)
+
+Sopie (empört).
+Du wendest mir den Rücken zu?
+
+Rappelkopf.
+In jeder Hinsicht. Weil du alles hinter meinem Rücken tust,
+so red auch mit mir hinter meinem Rücken. Ich bin kein
+Janushaupt, ich hab nur ein Antlitz, und da ist nicht viel
+daran, aber wenn ich hundert hätt, so würd ich sie alle von
+euch abwenden. Darum befrei mich von deiner Gegenwart! Hinaus,
+Ungeheuer!
+
+Sopie.
+Mann, ich warne dich zum letzten Male. Diese Behandlung hab
+ich weder verdient, noch darf ich sie länger erdulden, wenn
+ich nicht die Achtung vor mir selbst verlieren soll. Niemand
+ist deines Hasses würdiger als dein Betragen. Es ist ein Feind,
+der sich in seinem eignen Haus bekriegt. Und es ist wirklich
+hohe Zeit, daß ich mich entferne, damit ich mich nicht durch
+den Wunsch versündige, der Himmel möchte dich von einer Welt
+befreien, die deinem liebeleeren Herzen zur Last geworden ist
+und in der du keine Freude mehr kennst als die Qual deiner
+Angehörigen. (Geht erzürnt ab.)
+
+Rappelkopf (allein).
+Das ist eine schreckliche Person. Alles ist gegen mich, und
+ich tu niemand etwas. Wenn ich auch manchmal in die Hitz komm,
+es ist eine seltene Sach, wenn ich ausgeredt hab, ich weiß kein
+Wort mehr, was ich gsagt hab. Aber die Menschen sind boshaft,
+sie könnten mich vergiften. Und dieses Weib, gegen die ich
+eine so auspeitschenswerte Liebe ghabt hab, ist imstande, mich
+so zu hintergehen. Und doch fordert sie Vertrauen. Woher nehmen?
+Wenn ich nur einen wüßt, der mir eines leihte! Ich wollte ihm
+dafür den ganzen Reichtum meiner Erfahrung einsetzen. (Stellt
+sich an die Gartentür.) Dieser Garten ist noch meine einzige
+Freud. Die Natur ist doch etwas Herrliches. Es ist alles so gut
+eingerichtet. Aber wie diese Raupen dort wieder den Baum
+abfressen. Dieses kriechende Schmarotzergesindel. (Sich höhnisch
+freuend.) Freßts nur zu. Nur zu. Bis nichts mehr da ist, nachher
+wieder weiter um ein Haus. O bravissimo! (Bleibt in den Anblick
+versunken mit verschlungenen Armen stehen.)
+
+
+
+Vierzehnter Auftritt
+
+Voriger. Habakuk tritt zur Eingangtür herein, ein Kuchelmesser
+in der Hand.
+
+
+Habakuk.
+Jetzt wollen wirs probieren. (Sieht Rappelkopf, erschrickt.)
+Sapperment, da steht er just vor der Gartentür! Wie komm ich
+denn jetzt hinaus? Ich trau mich nicht vorbei. Er fahret auf
+mich los als wie ein Kettenhund. Ach, was kann denn mir
+geschehen! Ich war zwei Jahr in Paris. Euer Gnaden erlauben,
+daß ich (Rappelkopf kehrt sich schnell um und erschrickt. Habakuk
+erschrickt ebenfalls.)
+
+Rappelkopf.
+Was ists--? Was will Er?
+
+Habakuk (für sich).
+Bellt mich schon an. (Versteckt das Messer unwillkürlich.)
+
+Rappelkopf (packt ihn an der Brust).
+Was willst du da herin, warum erschrickst?
+
+Habakuk (für sich).
+Hat mich schon. (Laut.) Euer Gnaden verzeihen, ich hab--
+
+Rappelkopf.
+Was hast? Ein schlechtes Gewissen hast. Was versteckst denn da?
+Ans Licht damit!
+
+Habakuk (zeigt es vor).
+Ich versteck gar nichts, Euer Gnaden. Es ist ein Kuchelmesser--
+
+Rappelkopf (prallt entsetzt zurück).
+Himmel und Hölle! Der Kerl hat mich umbringen wollen.
+
+Habakuk.
+Warum nicht gar--
+
+Rappelkopf.
+Den Augenblick gesteh! (Packt ihn und entreißt ihm das Messer.)
+Ist dieses Messer für mich geschliffen?
+
+Habakuk.
+Ah, das wär ja rasend, wenn Euer Gnaden so was glauben könnten--
+Ich hab ja Euer Gnaden nur fragen wollen--
+
+Rappelkopf.
+Ob du mich umbringen darfst?
+
+Habakuk.
+Warum nicht gar, da würd man ja Euer Gnaden lang fragen--
+
+Rappelkopf.
+O du schändlicher Verräter!
+
+Habakuk.
+So lassen sich Euer Gnaden nur berichten--
+
+Rappelkopf.
+Keine Entschuldigung, hinaus mit dir!
+
+Habakuk (beiseite).
+Er laßt einem nicht zu Wort kommen. (Laut.) Euer Gnaden müssen
+mich hören. (Will auf ihn zu.)
+
+Rappelkopf (hält einen Stuhl vor).
+Untersteh dich und komm mir auf den Leib. Ich glaub, er hat
+noch ein paar Messer bei sich. Der Kerl ist ein völliger
+Messerschmied.
+
+Habakuk.
+So untersuchen mich Euer Gnaden ins Teufels Namen--
+
+Rappelkopf (packt ihn wieder).
+Das will ich auch. Gesteh, Bandit von Treviso, wer hat dich
+gedungen?
+
+Habakuk.
+Ich versteh Euer Gnaden gar nicht.
+
+Rappelkopf.
+Ich will wissen, wer diese Schreckenstat veranlaßt hat.
+
+Habakuk.
+Mein Himmel, die gnädige Frau hat gschafft--
+
+Rappelkopf.
+Genug, ich brauch nicht mehr zu wissen. Entsetzlich!
+(Habakuk will reden. Rappelkopf schreit.)
+Nichts mehr! Mein Weib will mich ermorden lassen! (Sinkt in
+einen Stuhl und verhüllt sein Gesicht.)
+
+Habakuk (für sich).
+Ah, das ist schrecklich! ich hätt sollen einen Zichori
+ausstechen (ringt die Hände), und er glaubt, ich will ihn
+umbringen. Ah, das ist schrecklich, das ist schrecklich!
+
+Rappelkopf.
+Ja, es ist schrecklich--es ist entsetzlich, es ist das
+Unmenschlichste, was die Weltgeschichte aufzuweisen hat.
+(Nimmt den Stuhl.) Hinaus, du Mörder! du Abällino! du Ungeheuer
+in der Livree!
+
+Habakuk.
+Aber Euer Gnaden--
+
+Rappelkopf.
+Hinaus mit dir--
+
+Habakuk.
+Nein, ich war--
+
+Rappelkopf (wütend).
+Hinaus, sag ich, oder--(jagt ihn hinaus.)
+
+Habakuk (schon vor der Tür, schreit).
+Ich war zwei Jahr in Paris, aber das hab ich noch nicht erlebt.
+(Ab.)
+
+Rappelkopf (allein).
+Es ist vorbei, ich bin unter meinem eignen Dache nicht mehr sicher.
+Drum hinaus, nur hinaus
+Aus dem mörderischen Haus!
+Doch vorher will ich mich rächen,
+Alle Möbel hier zerbrechen.
+Gleich zuerst nehm ich beim Schößel
+Diesen vierzigjährgen Sessel,
+Auf dem meine Weiber saßen,
+Die mein Lebensglück mir fraßen.
+Ha! Dich tret ich ganz zuschanden.
+(Zertritt den Stuhl.)
+So--der hat es überstanden.
+Auch den Tisch, an dem ich Briefe,
+Voll Gemüt und treuer Tiefe,
+Einst an falsche Freunde schrieb,
+Spalte ich auf einen Hieb.
+(Schlägt in den Tisch.)
+Und der weltverführnde Spiegel,
+Der Verderbtheit blankes Siegel,
+Dieser Abgott aller Schönen,
+Dem die eitlen Narren frönen,
+Wo sie stehen, wo sie gaffen
+Und sich putzen wie die Affen,
+Gsichter schneiden, Buckerl machen,
+Weißer Zähne willen lachen:
+O du truggeschliffner Räuber!
+Du Verführer eitler Weiber!
+O du niedrige Lappalie!
+Wart, dir liefr ich jetzt Bataille.
+(Erblickt sich in dem Spiegel.)
+Pfui! das häßliche Gesicht,
+Ich ertrag es länger nicht.
+(Zerschlägt den Spiegel mit geballter Faust.)
+So! da liegt er jetzt, der Held,
+Und sein Harnisch ist zerschellt.
+(Besieht die Hand.)
+Ha! der glänzende Betrüger
+Hat verwundet seinen Sieger,
+Doch ich mach mir nichts daraus,
+Flöß ein Eimer Blut heraus.
+(Öffnet den Schreibtisch und nimmt Briefe aus demselben.)
+Auch die Briefe voll von Lieb,
+Die im Wahnsinn ich einst schrieb,
+Die zerreiß ich alle hier.
+'s ist nur schad um das Papier.
+(Zerreißt sie und streut sie auf den Boden.
+Nimmt Geldrollen und Geldbeutel aus einer Schatulle.)
+Nur das tiefgehaßte Geld,
+Die Mätresse dieser Welt,
+Das bewahr ich mir allein,
+Das muß mit, das steck ich ein.
+(Steckt es schnell in die Taschen.)
+Nun? Ihr Esel, ihr vier Wände,
+Die ich hasse ohne Ende,
+Warum schaut ihr mich so an?
+Bin ich nicht ein ganzer Mann?
+Euch kann ich zwar nicht zerschlagen,
+Doch ich will euch etwas sagen:
+Ich geh jetzt in Wald hinaus
+Und komm nimmermehr nach Haus.
+
+(Läuft wütend ab.)
+
+
+
+Fünfzehnter Auftritt
+
+Verwandlung
+Das Innere einer Köhlerhütte. Rußige Wände.
+
+Salchen am Spinnrocken. Hänschen, Christopherl, Andresel sitzen
+am Tisch. Marthe an einer Wiege, in der ihr Kind liegt. Unterm
+Tisch ein großer schwarzer Hund. Auf dem Tisch eine Katze, mit
+welcher die Knaben spielen. Im Hintergrunde zwei schlechte
+Betten. In einem liegt die kranke Großmutter, in dem andern der
+betrunkene Christian.
+
+Quintett
+
+
+Salchen (fröhlich).
+Wenn ich an mein Franzel denk,
+Wird mir halt so gut.
+'s Herzel, das ich ihm nur schenk,
+Kriegt gleich frohen Mut.
+
+Die drei Kinder.
+He, Mutter, gib was z' essen her,
+Der Magen tut uns weh!
+
+Salchen.
+Das Hungern fällt mir gar nicht schwer,
+Wenn ich mein Bürschel seh.
+Wenn ich an mein Franzel denk,
+Wird mir halt so gut.
+'s Herzel, das ich ihm nur schenk,
+Kriegt gleich frohen Mut.
+
+Die drei Kinder.
+Mutter, gib uns Brot!
+
+Christian (mit lallender Stimme).
+Ihr Bagage, seids nicht still?
+Tausendschwerenot!
+
+Marthe (ruft).
+Still!
+
+Das Kind.
+Qua qua!
+
+Die Katze.
+Miau!
+
+Der Hund.
+Hau hau!
+
+(Die erste Melodie fällt ein.)
+
+Salchen.
+Mein Franzel ist ein wiffer Bua,
+Singt den ganzen Tag:
+Daß er mich alleinig nur
+Und kein andre mag.
+
+Die drei Kinder.
+Wenn wir nicht was z' essen kriegn,
+So gehn wir ja zugrund!
+
+Salchen.
+So weckts das Kind nicht in der Wiegn,
+Und spielts euch mit den Hund!
+Mein Franzel ist ein wiffer Bua,
+Singt den ganzen Tag:
+Daß er mich alleinig nur
+Und kein andre mag.
+
+Die drei Kinder.
+Sapperment, ein Brot!
+
+Christian.
+Wanns nicht euern Schnabel halts,
+Schlag ich euch noch tot!
+
+Marthe.
+Still!
+
+Das Kind.
+Qua qua!
+
+Die Katze.
+Miau!
+
+Der Hund.
+Hau hau!
+
+Marthe.
+Still seids, ihr ausgelassenen Buben!
+
+Hänschen (weinerlich).
+Mutter, a Brot!
+
+Salchen.
+Ist keins da, Holzbirn eßts!
+
+Marthe.
+Und machts keinen solchen Lärm. Euern Vater ist nicht gut.
+
+Andresel.
+Was fehlt ihm denn?
+
+Marthe.
+Den Schwindel hat er. (Für sich.) Man darfs den Kindern nicht
+einmal sagen.
+
+Christoph.
+Jetzt hat der Vater so viel Kohlen verkauft--
+
+Andresel.
+Und hat kein Geld z' Haus bracht, nichts als ein Schwindel.
+
+Salchen.
+Was geht das euch an?
+
+Andresel.
+Weil wir hungrig sein. Ich weiß schon, warum wir so wenig z'
+essen kriegen, weil der Vater so viel trinkt.
+
+Salchen.
+Jetzt schaut d' Mutter einmal die Spitzbuben an. Sie haben gar
+kein Respekt vor ihren Vatern.
+
+Christian.
+Ich massakrier die Buben alle drei. (Er will auf und taumelt.)
+
+Marthe.
+Liegen bleib! (Sie drängt ihn ins Bette.)
+
+Andresel.
+Er kriegt schon wieder den Schwindel.
+
+Alle drei Buben (lachen).
+Haha! Der Vater kann nicht grad stehn!
+
+Marthe.
+Ob ihr aufhört! Nein, wie hat mich der Himmel gstraft!
+
+Das Kind (schreit).
+Qua qua!
+
+Marthe (zu Salchen).
+Aufs Kind schau!
+(Salchen wiegt.)
+Eine Butten voll Kinder und so einen liederlichen Mann. Kein
+Pfennig Geld im Haus.
+(Die Großmutter niest im Bett.)
+Hört d' Mutter zum niesen auf. Man hört sein eignes Wort nicht.
+
+Die drei Buben.
+Ah, das ist a Spaß.
+
+Andresel.
+D' Mutter ist zornig. Haha!
+
+Marthe.
+Nein, die Gall bringt mich um. Du verdammter Bub du, wart, ich
+will dir deine Mutter ausspotten lernen! (Nimmt ihn beim Kopf
+und schlägt ihn.)
+
+Andresel (schreit).
+Au weh! (Weint.)
+
+Salchen (springt herzu und hält sie ab).
+So hört d' Mutter auf!--
+
+(Die zwei andern Buben verkriechen sich hinter den Tisch und
+hinters Bett.)
+
+Alles zugleich:
+Das Kind (in der Wiege).
+Qua qua!
+Die Großmutter (streckt im Bett die Arme heraus und niest).
+Hehe!
+Der Hund (bellt).
+Hau hau!
+
+(Die Katze springt davon.)
+
+
+
+Sechszehnter Auftritt
+
+Vorige. Rappelkopf öffnet die Tür und bleibt stehen.
+
+
+Rappelkopf.
+Holla, da gehts zu, nur hinauf auf die Köpf! Das ist ein Gesindel.
+(Geht in die Mitte des Zimmers und klatscht in die Hände.
+Schadenfroh.) Bravo! Bravissimo!
+
+Salchen.
+Jetzt schauts den an. Was will denn der da?
+
+Marthe.
+Nu was will Er? Was schaut Er?
+
+Rappelkopf.
+Sie will ich nicht. Sie Altertum! Was kost die Hütten da? Was
+muß ich zahlen, wenn ich euch alle hinauswerfen darf?
+
+Salchen.
+Ah, der hat einen kuriosen Gusto.
+
+Marthe.
+Er impertinenter Mensch, was untersteht Er sich denn, da
+hereinzukommen--
+
+Salchen.
+Und uns Grobheiten anzutun.
+
+Christian (halb schlaftrunken).
+Werfts ihn aussi!
+
+Marthe (verdrüßlich).
+Halt's Maul! (Zu Rappelkopf) Was hat denn Er zu befehlen, ich
+kann meine Kinder schlagen, wie ich will.
+
+Andresel.
+Nun ja, was geht denn den Herrn mein Buckel an? Die Schläg sein
+unser Mittagmahl.
+
+Der Bub unterm Bett. Sultel! Huß huß!
+
+Der Hund.
+Hau hau!
+
+Marthe und Salchen.
+Hinaus mit Ihm!
+
+Rappelkopf.
+Still! kein Wort reden! (Zieht zwei Geldbeutel hervor und
+klingelt damit.) Geld ist da! Dukaten sind da! Die gehören alle
+euch. Verstanden? Also freundlich sein. Die Zähn herblöcken.
+Euer Gnaden sagen. Gschwind! Bagage! Gschwind!
+
+Marthe.
+Euer Gnaden, wir bitten um Verzeihung. Gehts, Kinder, küßt den
+gnädigen Herrn die Hand. Kriegts was zu schenken.
+
+(Die Kinder kriechen hervor.)
+
+Andresel (lacht dumm).
+Dukaten hat er? Gehts, Buben, küssen wir ihm die Hand.
+
+(Sie küssen ihm die Hände.)
+
+Rappelkopf.
+Ist schon da die Brut.
+
+Alle drei Buben.
+Euer Gnaden, bitt gar schön um ein Dukaten.
+
+Christian.
+Bringts mir auch welche her!
+
+Salchen.
+Schamts euch nicht? er foppt euch nur.
+
+Rappelkopf.
+Was will die Frau, da, für die Keischen? Ich kauf s'. Wenn s'
+noch so teuer ist.
+
+Marthe.
+Ah, Euer Gnaden machen nur einen Spaß. Was wollten S' denn mit
+der miserablichen Hütten da?
+
+Rappelkopf.
+Das geht Sie nichts an. Hat Sie genug an zweihundert Dukaten?
+
+Marthe.
+O mein, Euer Gnaden! So viel Geld kanns ja gar nicht geben auf
+der Welt, da wären wir ja versorgt auf unser Lebtag.
+
+Salchen.
+Aber die Mutter wird doch nicht die Hütten verkaufen? Was wird
+denn mein Franzel sagen, wenn ers hört?
+
+Andresel.
+Mutter, gebts ihm s', es ist nicht mehr wert.
+
+Marthe (freudig).
+O du lieber Himmel, das ist a Glück! Wenn nur mit mein Mann was
+zu reden wär!
+
+Andresel.
+Vater! steht der Vater auf! Oder wir verkaufen 's Haus, und den
+Vatern auch dazu.
+
+Marthe.
+Du Mann! (Für sich.) Nein, die Schand vorn Leuten! Er kann sich
+gar nicht rühren. (Während dieser Rede liebkost der Hund
+Rappelkopf, welcher ihn mit dem Fuß von sich stößt. Der Hund
+bellt auf ihn. Marthe laut.)
+Die Hütten kannst verkaufen, stell dir vor, zweihundert Dukaten
+kriegen wir dafür.
+
+Christian (schlaftrunken).
+Ist zu wenig--viel zu wenig.
+
+Salchen.
+Wenn er s' nur nicht hergebet!
+
+Marthe.
+Der Mann weiß gar nicht, was er redt. Sie können s' habn, Euer
+Gnaden, es ist schon alles in der Ordnung.
+
+Rappelkopf.
+Da kauf ich alles, wies da liegt und steht.
+
+Marthe.
+Oh, da drauß ist auch ein Kuchel, da hängt a Menge Kuchelgschirr.
+
+Andresel.
+Und Mäus gibts, die sind gar nicht zu bezahlen.
+
+Rappelkopf.
+Also da ist's Geld. (Wirft ihnen Geld hin.) Und jetzt
+augenblicklich hinaus. Alle miteinander. In zwei Minuten will
+ich keins mehr sehen.
+
+Salchen.
+Sieht die Mutter, jetzt kommts halt doch auf Hinauswerfen heraus.
+
+(Während dieser Reden haben die Kinder alles nach und nach
+zurückgeräumt, so daß die Bühne im Vordergrunde frei von Möbeln
+ist, bis auf einen Stuhl, auf den sich Rappelkopf setzt. Franzel
+tritt ein.)
+
+Franzel.
+Guten Abend, der Franzel ist da!
+
+Rappelkopf.
+Da kommt noch so ein Halbmensch.
+
+Salchen.
+O lieber Franzel, schau nur den Fremden an, dem hat die Mutter
+die Hütten verkauft, er wirft uns alle 'naus. Er hat s' schon
+zahlt.
+
+Franzel.
+Aber Mutter, was fallt Euch denn ein? Gebts ihm doch 's Geld
+zurück, dem abscheulichen Menschen.
+
+Marthe.
+Warum nit gar--das gib ich nimmer her, keinen solchen Narren
+finden wir nicht mehr. Seids still, von dem Geld könnts euch
+heiraten.
+
+Salchen.
+Aber wo bleiben wir denn? Es ist ja schon bald Nacht.
+
+Marthe.
+Ums Geld lassen s' uns überall hinein. He! Kinder, Vater, Mutter,
+auf, auf! wir müssen alle fort.
+
+Andresel.
+Das wird ein Auszug werden! Ich freu mich schon.
+
+Marthe.
+Aufsteh, Mann! (Sie zerrt ihn auf und führt ihn vor.)
+
+Rappelkopf.
+Ist er krank?
+
+Marthe.
+Nu, ich glaubs.
+
+Rappelkopf.
+Schon lang?
+
+Marthe.
+Halt ja, das ist gar ein altes Übel, das ist noch vom vorigen
+Jahr.
+
+Rappelkopf.
+Das ist nicht wahr! es ist vom Heurigen. Hinaus mit ihm!
+
+Christian.
+Ich geh nicht fort, bis ich das Geld nicht hab. Ich bin ein
+Mann, ich hab etwas im Kopf, so will ich im Sack auch was haben.
+
+Marthe.
+Ich hab schon 's Geld, (zieht ihm den Rock an und setzt ihm den
+Hut auf) so geh nur zu! Jetzt Kinder, packts zusammen.
+(Hansel nimmt den Hund an einen Strick.)
+Der Christoph führt die Großmutter.
+(Sie heben die Alte aus dem Bett und geben ihr die Krücke in die
+Hand. Auf Hänschen.)
+Du führst den Hund, und ich mein Mann.
+
+Rappelkopf.
+Und das Kind? Was gschieht mit den?
+
+Andresel.
+Das nimm ich unterm Arm.
+
+Rappelkopf.
+Das ist ein Hottentottenvolk. Seid ihr in Ordnung jetzt?
+
+Andresel.
+Ja. Eingspannt ists.
+
+Rappelkopf.
+So fahrt hinaus.
+
+Salchen.
+So müssen wir denn wirklich fort, aus unsern lieben Haus--
+
+Christoph (weint).
+Wo wir alle geboren und verzogen sein.
+
+Salchen.
+Meiner Seel, der Herr kanns nicht verantworten, was der Herr mit
+seinen Geld für ein Unheil anstift.
+
+Sextett
+
+Salchen.
+So leb denn wohl, du stilles Haus,
+Wir ziehn betrübt aus dir hinaus.
+
+Alle (bis auf Rappelkopf).
+So leb denn wohl, du stilles Haus,
+Wir ziehn betrübt aus dir hinaus.
+
+Salchen.
+Und fänden wir das höchste Glück,
+Wir dächten doch an dich zurück.
+
+Alle.
+Und fänden wir das höchste Glück,
+Wir dächten doch an dich zurück.
+
+(Alle Paar und Paar ab. Sie sehen sich im Abgehen betrübt um,
+auch der Hund.)
+
+Der Hund (mit gedämpftem Ton gegen Rappelkopf im Abführen).
+Hau hau! Hau hau! (Geht hinten nach, von Hänschen an einem Strick
+geführt.)
+
+
+
+Siebzehnter Auftritt
+
+Rappelkopf allein.
+
+Lied mit Chor
+
+
+Rappelkopf (springt vom Stuhle auf).
+Jetzt bin ich allein, und ich will es auch bleiben,
+Will mich mit der Einsamkeit zärtlichst beweiben,
+Will gar keine Freunde als Berge und Felsen,
+Verjag das Schmarotzergesindel wie Gelsen,
+Will nie dem Geschwätze der Weiber mehr lauschen,
+Da hör ich viel lieber des Wasserfalls Rauschen.
+Zu Pagen erwähl ich die vier Elemente,
+Die regen geschäftig die riesigen Hände.
+Den Westwind ernenn ich zu meinem Friseur,
+Der kräuselt die Locken und weht um mich her,
+Und wenn ich ein hohes Toupet vielleicht schaff,
+Frisiert mich der Sturmwind gleich à la Giraff.
+So leb ich zufrieden im finsteren Haus
+Und lache die Torheit der Menschen hier aus.
+(Tritt in die Mitte des Theaters zurück und starrt vor sich hin.
+Nah an der Hütte ertönt sanft der Chor nach der vorigen Melodie.)
+
+Chor.
+So leb denn wohl, du stilles Haus,
+Wir ziehn betrübt aus dir hinaus.
+
+Der Hund.
+Hau hau!
+
+Rappelkopf (tritt vor).
+Ich will nichts mehr hörn von den boshaften Leuten,
+Verachte die Dummen und fliehe die Gscheidten.
+Und ob sie sich raufen, und ob sie sich schlagen,
+Und ob sie Prozesse führn und sich verklagen,
+Und ob sie sich schmeicheln, und ob sie sich küssen,
+Und ob sie der Schnupfen plagt, wie oft sie niesen,
+Und ob sie gut schlafen, und was sie gegessen,
+Und ob sie vernünftig sind oder besessen,
+Und ob wohl in Indien der Hafer ist teuer,
+Und obs in Pest regnt und in Ofen ist Feuer,
+Und ob eine Hochzeit wird oder ein Leich:
+Ha! das ist mir einerlei, das gilt mir gleich.
+Ich lebe zufrieden im finsteren Haus
+Und lache die Torheit der Menschen hier aus.
+
+(Wirft sich in den Stuhl. Weiter entfernt von der Hütte:)
+
+Chor.
+So leb denn wohl, du stilles Haus,
+Wir ziehn betrübt aus dir hinaus.
+
+Der Hund.
+Hau hau!
+
+(Es wird finster.)
+
+Rappelkopf (springt auf und schleudert den Stuhl zurück, auf
+dem er saß).
+Und wollte die Welt sich auch gänzlich verkehren,
+Und brächte der Galgen die Leute zu Ehren,
+Und läge die Tugend verpestet am Boden,
+Und tanzten nur Langaus die Kranken und Toten,
+Und brauchten die uralten Weiber noch Ammen,
+Und stünde der Nordpol in glühenden Flammen,
+Und schenkte der Wucher der Welt Millionen,
+Und würden so wohlfeil wie Erbsen die Kronen,
+Und föcht man mit Degen, die ganz ohne Klingen,
+Und flögen die Adler und fehlten die Schwingen,
+Und gäbs eine Liebe, gereinigt von Qualen,
+Und schien' eine Sonne, beraubt ihrer Strahlen:
+Ich bliebe doch lieber im finsteren Haus
+Und lachte die Torheit der Menschen hier aus.
+
+(Er eilt zurück und öffnet die Fensterbalken. Der Wald erglüht
+im Abendrot, welches auch Rappelkopf bestrahlt. Er blickt düster
+hinaus und von ferne erschallt der)
+
+Chor.
+So leb denn wohl, du stilles Haus,
+Wir ziehn betrübt aus dir hinaus.
+
+Der Hund.
+Hau hau!
+
+
+
+Achzehnter Auftritt
+
+(Langsam verwandelt sich die Bühne in ein kurzes Zimmer in
+Rappelkopfs Hause. In der Mitte ein großer Spiegel. Tag.)
+
+
+Sophie, von Malchen und August geführt, setzt sich weinend in
+einen Stuhl.
+
+Malchen.
+Trösten Sie sich, teure Mutter, der Vater wird schon wieder
+zurückkehren, wenn er ausgetobt hat. Wie oft verließ er nicht
+das Haus und lief den Bergen zu.
+
+Sopie.
+Ach Kinder, es ist eine böse Ahnung in meinem Busen, die mir
+jede Hoffnung raubt, daß wir ihn gesund und wohlbehalten
+wiedersehen.
+
+August.
+Wenn Sie mir nur erlauben wollten, ihm nachzueilen, ich wollte
+alle Mittel anwenden, ihn zu besänftgen.
+
+Sopie.
+O lieber August, Ihr Anblick würde ihn nur noch mehr erbittern.
+Eben weil er Sie hier weiß, ist sein Unmut zur Raserei geworden.
+
+Malchen.
+Da kommt Lischen mit Habakuk, vielleicht hat man schon Nachricht
+gebracht. (Lischen, eilig Habakuk hereinziehend.)
+
+Lischen.
+Da komm Er herein, Er abscheulicher Mensch, und erzähl Er der
+gnädgen Frau den ganzen Vorfall! Stellen sich Euer Gnaden vor,
+mit dem Habakuk hat er den letzten Auftritt gehabt. Wegen dem
+Habakuk ist er fort.
+
+Habakuk.
+So red Sie nur nicht so einfältig! Was kann denn ich dafür?
+
+August.
+Der Mensch ist ja blaß wie eine Leiche.
+
+Sopie.
+Warum hat Er denn das nicht gleich gemeldet, wo war Er bis jetzt?
+
+Lischen.
+Auf den Kornboden hat er sich versteckt, aus lauter Angst vor
+den gnädgen Herrn. Er hat ihn ja ermorden wollen.
+
+Alle.
+Wen?
+
+Lischen.
+Der Habakuk den gnädigen Herrn.
+
+Alle.
+Nicht möglich!
+
+Lischen.
+Nicht möglich? Er hat es ja selbst gestanden. Sehen Euer Gnaden
+nur diese Mörderphysiognomie, er bringt noch das ganze Haus um.
+
+Habakuk.
+Ah, das ist ja eine schändliche Person. Euer Gnaden, ich bitt,
+daß ich mich an ihr eine halbe Stund vergreifen darf. Das kann
+ich ja nicht leiden.
+
+Lischen.
+Untersteh Er sich und komm Er her, Er Missetäter!
+
+Malchen.
+Du wirst dir doch keinen Scherz erlauben, Lischen?
+
+Sopie.
+Sprech Er, Habakuk! Warum zittert Er denn so?
+
+Habakuk.
+Aus lauter Zorn, ich benimm mich gegen alle présence d'esprit,
+ich war zwei Jahr in Paris, und mir schnappen die Füß zusammen.
+
+August (gibt ihm einen Stuhl).
+Hier setz Er sich nieder und erklär Er sich über die Sache.
+
+Habakuk.
+Ich kann mich nicht anders erklären, als daß ich, wie Euer
+Gnaden geschafft haben, einen Zichori hab ausstechen wollen,
+und wie der gnädige Herr ein Messer bei mir erblickt, so hat
+er behauptet, ich hätt ihn gschwind unter der Hand umbringen
+wollen. Laßt mich nicht zu Wort kommen, schüttelt mich wie einen
+Zwetschkenbaum und fragt mich, wer mich gedünget hat. Ich wollt
+antworten: Die gnädige Frau braucht einen Zichori. Wer aber
+diesen Zichori gar nicht aus mir herauslaßt, das war er. Denn
+kaum hab ich das Wort: »Die gnädige Frau« gesagt, so ist er
+schon mit beiden Füßen bis auf den Blavon hinauf gsprungen.
+Hat immer geschrien, meine Frau will mich ermurden lassen, hat
+mich einen Habällino hin, den andern her geheißen, und hat mich
+mir nichts dir nichts bei der Tür hinausgeprügelt. Von wo ich
+mich aus lauter Desperation auf den Kornboden versteckt hab.
+Bis mich dieses intrigante Frauengeziefer heruntergestöbert hat
+und jetzt die ganze Gschicht auf eine so verkehrte Weise erzählt.
+
+Lischen.
+Er hat einmal behauptet--
+
+Habakuk.
+Daß Sie eine niedrigdenkende Seele ist, die einen Mann von
+meinen Meriten ins Unglück hineinstürzen will.
+
+Sopie.
+Genug jetzt, mit diesen Albernheiten. Also das ist die Ursache,
+die meinen Mann in solche Wut geraten ließ? Des Mordes hält er
+mich verdächtig? So ungereimt diese Zumutung auch ist, so gibt
+sie doch einen Beweis, wie gemein er von meinem Charakter denkt.
+
+Malchen.
+Beruhigen Sie sich, liebe Mutter!
+
+August.
+Wer sollte glauben, daß ein gesunder Verstand so phantastisch
+ausarten könne?
+
+Lischen.
+Der gnädge Herr hatte immer etwas Düstres an sich, selbst wie
+er noch Buchhändler war, seine Bücher waren immer gut aufgelegt,
+er aber nie.
+
+Habakuk.
+Er ist ein Hypokontrolist. Er hat zu reizende Nerven.
+
+Lischen (lacht).
+Es ist schrecklich--dieser Mensch war zwei Jahr in Paris und ist
+so einfältig wie eine Auster.
+
+Habakuk.
+Diese Person fällt noch von meiner Hand.
+
+Sopie (zu Lischen).
+Und du hast ihn aus dem Hause laufen sehen?
+
+Lischen.
+Dem Walde zu. Nachdem er vorher die große Schlacht gegen alle
+Möbel gewonnen hatte.
+
+Sopie (weint).
+Ach du lieber Gott, mir bangt um sein Leben, ich kann nicht
+ruhig bleiben mehr, ich muß selbst hinaus--
+
+August.
+Bleiben Sie--
+
+Malchen.
+Ach August, der Alpenkönig hat uns getäuscht.
+
+August.
+Ich verwünsche diesen Kobold.
+
+(Donnerschlag. Der Spiegel öffnet sich, man sieht auf einem
+schroffen Fels den Alpenkönig sitzen. Im Hintergrunde ferne
+Berge, blauer Himmel.)
+
+Sopie.
+Himmel, welche Erscheinung!
+
+August, Malchen.
+Er ist es!
+
+Sopie.
+Wer?
+
+Habakuk.
+Der Aschenmann!
+
+August, Malchen.
+Der Alpenkönig!
+
+Lischen.
+Ach, daß der Himmel erbarm! (Sie schließt die Augen.)
+
+Astragalus.
+Warum verfluchst du mich?
+
+August (kniet).
+Du Wunderwesen, dessen Macht wir nicht erklären können und die
+doch unleugbar, weil sie dem Auge und dem Herzen sich zugleich
+verkündet, du hast uns deinen Schutz gelobt. Und doch ward diesem
+Haus so tiefes Leid, daß ich beinahe fürchten muß, du könntest
+meiner Liebe Glück durch ihres Vaters Unglück nur bezwecken.
+
+Malchen (kniet).
+Wenn du die Stelle kennst, auf der sein Fuß jetzt irrt, so rett
+ihn, hoher Klippenfürst.
+
+Sopie (kniet).
+Ich verstehe meiner Kinder Worte nicht, doch wenn meines Mannes
+Herz in deinen Zauberbanden liegt und darum sich von uns gewendet
+hat, so gib es frei, wir werden dich dafür stets als ein gutes
+Wesen ehren.
+
+Lischen (kniet).
+Hoher Alpenkönig! Ich traue mich zwar nicht, mein Auge zu dir zu
+erheben, warum? das weiß ich schon. Aber wenn du ein galanter
+Herr bist, so wird auch die Bitte einer hübschen Kammerjungfer
+etwas bei dir gelten.
+
+Habakuk (kniet).
+Ich bitt auch ganz erschrecklich, Euer gesteinigte Hochheit!
+
+Astragalus (steht auf).
+Ich dacht es wohl, es wandle euch Besorgnis an,
+Weil mein Geschäft so üblen Anfang nimmt.
+Doch sorgt euch nicht, ich bin ein kluger Handwerksmann,
+Der seinen Vorteil schon voraus bestimmt.
+Denn wenn man sprödes Erz geschmeidig sucht zu biegen,
+So lasse man es in des Ofens Bauch erglühn.
+Und so muß sein Gemüt in Hassesflammen liegen,
+In wilder Leidenschaft die Seele Funken sprühn,
+Dann kann ich seinen Wahn durch Überzeugung schmieden
+Und seiner Denkart ihre alte Form verleihn.
+Von selbst schließt mit der Menschheit er dann neu den Frieden
+Und wird sein Wirken freudig ihrem Wohle weihn.
+Drum, was ihr Böses mögt in baldger Zukunft schauen,
+Wenn ihr bei nächster Sonne wieder ihn erblickt,
+Doch mögt ihr kühn und treulich auf mein Wort vertrauen,
+Noch eh sie sinkt, hat Alpenkönig euch beglückt.
+
+(Sinkt in seine frühere Stellung zurück. Das Spiegelglas erscheint
+wieder.)
+
+Sopie.
+So unerklärbar dieses Phantom mir ist, so hat es doch Trost in
+meine Seele gesendet. Begleitet mich nach dem Gemach, das uns
+die Aussicht nach dem Wald hin bietet, vielleicht sehen wir
+schon einige von den Boten zurückkehren, welche ich nach meinem
+Manne ausgesendet habe. Dort sollt ihr mir auch Aufklärung über
+den Alpenkönig geben.
+
+(Sophie, Malchen, August ab.)
+
+
+
+Neunzehnter Auftritt
+
+Habakuk. Lischen.
+
+
+Habakuk.
+Nein, was einem in unserm Haus für Erscheinungen begegnen, das
+geht in das Entsetzliche hinüber. (Stellt sich vor Lischen.)
+
+Lischen.
+Nu was gibts, Monsieur? Was sieht Er mich so an?
+
+Habakuk (gezogen).
+Sie hat mich auf das Schafott bringen wollen, darum hab ich Ihr
+in dieser Welt nichts mehr zu sagen, als--
+
+Lischen.
+Daß Er zwei Jahre in Paris gewesen ist, Er abgeschmackter Mensch?
+
+Habakuk.
+Oui, Mademoiselle, und dieses Bewußtsein gibt mir die Kraft,
+Ihre Gemeinheit zu verachten. (Geht pathetisch ab.)
+
+Lischen (allein).
+Und ich werde mich in des gnädgen Herrn Zimmer verfügen und mich
+in den zerbrochenen Spiegel schauen, ob ich meine ganze Schönheit
+noch besitze. Dann werde ich die zerrissenen Liebesbriefe
+zusammenkehren und diese mit Füßen getretenen Empfindungen ganz
+langsam in den Kamin hineinschaufeln. So sind die Männer, ihre
+Liebesschwüre sind lauter Wechsel an die Ewigkeit, in diesem
+Leben zahlt sie keiner aus. Wenn ich wieder auf die Welt komme,
+so werd ich ein Mann und will gar keine von meinen jetzigen
+Eigenschaften behalten als die Eroberungskunst.
+
+Ariette
+Ach, wenn ich nur kein Mädchen wär,
+Das ist doch recht fatal,
+So ging' ich gleich zum Militär
+Und würde General.
+Oh, ich wär gar ein tapfrer Mann,
+Bedeckte mich mit Ruhm!
+Doch ging' die Kanonade an,
+So machte ich rechtsum.
+Nur wo ich schöne Augen säh,
+Da schöß ich gleich drauf hin.
+Dann trieb' ich vorwärts die Armee
+Mit wahrem Heldensinn.
+Da flögen Blicke hin und her,
+So feurig wie Granaten.
+Ich sprengte vor der Fronte her,
+Ermutigt die Soldaten.
+
+Ihr Krieger, schrie' ich, gebt nicht nach!
+Zum Sieg sind wir geboren,
+Wird nur der linke Flügel schwach,
+(aufs Herz zeigend)
+So ist der Feind verloren.
+So würde durch Beharrlichkeit
+Am End der Preis errungen
+Und Hymens Fahn in kurzer Zeit
+Von Amors Hand geschwungen.
+
+Dann zög ich ein mit Sang und Spiel,
+Die Mannschaft parodierte.
+Wär auch der Lorbeer nicht mein Ziel,
+So schmückte mich die Myrte.
+So nützte ich der Kriegskunst Gab,
+Eroberte--ein Täubchen.
+Dann dankt ich die Armee schnell ab
+Und blieb' bei meinem Weibchen. (Ab.)
+
+
+
+Zwanzigster Auftritt
+
+Verwandlung
+Tiefer Wald. Rechts vorne die Köhlerhütte. Eine Tür, neben
+dieser ein Fenster, auf dem Dache ein praktikables Bodenfenster.
+Dieser Hütte gegenüber ein großer Eichbaum. Hinter diesem ein
+Gebüsch. Im Hintergrunde ein kleiner Wasserfall. Es ist spät am
+Abend.
+
+Rappelkopf mit einem Wasserkrug aus der Hütte. Er hat eine
+berußte Schlafmütze des Köhlers und einen runden Bauernhut auf
+dem Kopfe und eine Jacke von ihm an.
+
+
+Rappelkopf.
+So!--Der Timon ist fertig, nun fehlt nur noch sein Kompagnon,
+der Esel--und wenn ich der auch jetzt nicht bin, so war ichs
+doch--ich war zu gut, das ist mein größter Fehler. Die Leute
+wollen es nicht. Es gibt manche Menschen, wenn ihnen einer
+begegnet, der ihnen noch so viele Wohltaten erwiesen hat, so
+sagen s' höchstens zu einander: Oh, das ist ein guter Kerl, der
+tut kein Menschen was, der ist froh, wenn man ihm nichts tut.
+(Gleichgültig grüßend.) Servus! Servus! Lassen wir ihn leben.
+Wenn aber einer kommt, von dem sie glauben, daß er ihnen schaden
+könnt, da stoßen s' einander: Oh! das ist ein böser Kerl, vor
+dem muß man sich in acht nehmen. (Freundliches tiefes Kompliment.)
+Tänigster Diener! Tänigster Diener! hab ich die Ehr, mein
+Kompliment zu machen. Wann der anfangt, der kanns. Gleich
+wieder: Tänigster Diener! Oh, es wird mich noch zum Wahnsinn
+bringen. In meinem Haus bin ich nicht sicher mehr, mein Weib
+will mich ermorden lassen. Habt ihrs gehört, ihr verfolgten
+Stämme dieses edlen Waldes, die der Mensch gar zu zweifachem
+Tod bestimmt, weil euch die Axt erst fällt und man euch dann
+noch hinterdrein verbrennt? Habt ihrs gehört? Mein Weib will
+mich ermorden lassen! Ist denn der Wald so echolos, daß ich
+der einzge bin, der diese Schandtat ausposaunt?
+
+(Geräusch in den Blättern.)
+
+Ha! wer rührt sich da? ist es ein Mensch, so soll er hervorkommen,
+damit ich meinen ganzen Vorrat von Impertinenzen in sein Antlitz
+werfen kann. Heraus da, wer ist hier? Qui vive?
+
+Ein Stier (streckt aus dem Gebüsche, hinter dem er gefressen,
+seinen Hals gegen Rappelkopf und brüllt sehr stark.)
+Ohn! (Man sieht ihn jedoch nur bis an die Brust, der Unterleib
+ist durch das Gebüsch verdeckt.)
+
+Rappelkopf (verblüfft).
+Diese Antwort hab ich nicht erwartet. (Reißt einen Baumast ab
+und jagt den Stier fort.) Gehst hinaus! Eine solche Gesellschaft
+möcht ich mir noch ausbitten.
+
+
+
+Einundzwanzigster Auftritt
+
+Voriger. Astragalus tritt hervor.
+
+
+Astragalus.
+Du verdienst keine bessere. Warum verfolgst du diesen Sohn
+meiner Herde?
+
+Rappelkopf.
+Gib der Herr auf seine Kinder besser acht. Hier ist mein
+Territorium, und da leid ich weder etwas Vierfüßiges noch
+etwas Zweifüßiges. Also weiter, Vater und Sohn!
+
+Astragalus.
+Du irrest, wenn du wähnst, daß du auf eignem Boden herrschest.
+Mein ist das Tal, in dem die Alpe wurzelt. Drum frag ich dich,
+wie du es wagst, schamlose Flüche auszuhauchen hier, daß sie
+wie giftger Reif an diesen Blättern hangen, und eine Welt zu
+schmähn, in der du Wurm, aus Schlamm gezeugt, in eines Waldes
+dunklem Busen dich verkriechst, weil du den Strahl des heitren
+Lebens fürchtest?
+
+Rappelkopf.
+Was kümmerts dich? (Beiseite.) Der Kerl sieht aus, als wenn er
+von Gußeisen wär. Dem geh ich gar keine Antwort, den laß ich
+stehen. (Will in die Hütte.)
+
+Astragalus (zielt auf ihn).
+Halt an! Gib Leben oder Worte!
+
+Rappelkopf.
+Was ist das für eine Art, auf einen Menschen zu schießen?
+
+Astragalus.
+Du bist kein Mensch.
+
+Rappelkopf.
+Nicht? Das ist das Neuste, was ich höre.
+
+Astragalus.
+Du hast dich ausgeschlossen aus der Menschen Kreis. Gib Losung,
+ob du es noch bist. Bist du gesellig wie der Mensch? Du bist es
+nicht. Hast du Gefühl? Du fühlst nur Haß. Hast du Vernunft? Ich
+finde keine Spur.
+
+Rappelkopf.
+Impertinent!
+
+Astragalus.
+Drum sprich, zu welcher Gattung ich dich zählen soll, der du des
+Tieres unbarmherzge Roheit mit dem milden Ansehn und der Sprache
+eines Menschen paarst.
+
+Rappelkopf.
+Ah, das ist eine gute Geschichte, der führt einen logischen
+Beweis, daß ich ein Tier bin und noch dazu eins von der neuesten
+Gattung.
+
+Astragalus.
+Was hast du zu erwidern mir?
+
+Rappelkopf (beiseite).
+Ich wollt ihm schon etwas erwidern, wenn er keine Flinten hätte.
+
+Astragalus.
+Antwort gib, ob du in meine Jagdbarkeit gehörst und meiner Kugel
+bist verwandt?
+
+Rappelkopf (beiseite).
+Jetzt muß ich vor dem eine Rechenschaft ablegen, und ich möcht
+ihn lieber massakrieren. (Laut.) Die Flinte weg. Ich bin ein
+Mensch, und das ein besserer, als ich sein hätt sollen.
+
+Astragalus.
+Und warum hassest du die Welt?
+
+Rappelkopf.
+Weil ich hab blinde Mäusl gespielt mit ihr, die Treue hab
+erhaschen wollen und den Betrug erwischt, der mir die Binde
+von den Augen nahm.
+
+Astragalus.
+Dann mußt du auch dem Wald entfliehen, weil er mißgestalte
+Bäume hegt, die Erde meiden, weil sie giftge Kräuter zeugt,
+des Himmels Blau bezweifeln, weil es Wolken oft verhüllen,
+wenn du den Teil willst für das Ganze nehmen.
+
+Rappelkopf.
+Was nützt das Ganze mich, wenn mich ein jeder Teil sekkiert.
+Ich bin in meinem eignen Haus des Lebens nicht mehr sicher.
+
+Astragalus.
+Machs mit dem Mißtraun aus, das dich belogen hat.
+
+Rappelkopf.
+Mich haßt mein Weib, mich flieht mein Kind, mich richten meine
+Dienstleut aus.
+
+Astragalus.
+Weil dein Betragen jeden tief erbittert, weil du den Haß
+verdienst, den man dir zollt.
+
+Rappelkopf.
+Das ist nicht wahr, ich bin ein Mensch, so süß wie Zuckerkandel
+ist. Nur mir wird jede Lust verbittert, und ich trage keine
+Schuld.
+
+Astragalus.
+Die größte, denn du kennst dich selber nicht.
+
+Rappelkopf.
+Das ist nicht wahr. Ich bin der Herr von Rappelkopf.
+
+(Es fängt an, Nacht zu werden.)
+
+Astragalus.
+Das ist auch alles, was du von dir weißt. Doch daß du störrisch,
+wild, mißtrauisch bis zum Ekel bist, vom Starrsinn angetrieben,
+hin bis an der niedern Bosheit Grenze, und wie die üblen
+Eigenschaften alle heißen, die du für Vorzug deines Herzens
+hältst, das ist dir unbekannt, nicht wahr?
+
+(Der Mond geht auf.)
+
+Rappelkopf.
+Mir ist nur eins bekannt, daß du ein Lügner bist, der eine
+Menge Fehler mir andichtet, die ich doch nicht hab.
+
+Astragalus.
+So geh die Wette ein, daß du weit mehr noch hast. Ich führe
+den Beweis, wenn du dich meiner Macht vertraust und mir gelobst,
+daß du dich ändern willst.
+
+Rappelkopf.
+Das hätt ich lang getan, wenn ich das gefunden hätte. Ich
+vertrau mich keinem Menschen an, Betrug ist das Panier der
+Welt.
+
+Astragalus.
+Glaubst du, die Welt sei darum nur erschaffen, damit du deinen
+Geifer auf ihr Wappen speien kannst? Die Menschheit hinge nur
+von deinen Launen ab? Dir dürften andre nur, du andern nicht
+genügen? Bist du denn wahnsinnig, du übermütger Wurm?
+
+Rappelkopf.
+Sapperment, nicht lang per Wurm, das Ding fangt mich zu wurmen
+an. Ich gib nicht nach, du bankrottierter Philosoph! Ich bin zu
+gut, und du zu schlecht, als daß ich länger mit dir red. Drum
+fort mit dir, der Mond geht auf, und du gehst ab, und künftighin
+werd ich in meiner Hütten mich verschanzen und
+herunterstukatieren, wenn sich eins sehen läßt.
+
+Astragalus.
+So willst du nicht die Hand zur Beßrung bieten?
+
+Rappelkopf.
+Ich biete nichts, und wenn mir's Wasser bis an Hals auch geht.
+
+Astragalus.
+Wohlan! So laß uns den Versuch beginnen.
+Weil nicht Vernunft kann dein Gemüt gewinnen,
+Soll Geistermacht zu deinem Glück dich zwingen,
+Und mit dem Alpenkönig wirst du ringen.
+Vermeid dies Haus! Sonst tritt auf allen Wegen
+Vergangenheit dir leichenblaß entgegen.
+Und willst du Elemente Brüder nennen,
+Lern ihre Wut und ihre Schrecken kennen.
+Der Blitz soll deines Hauses Dach umarmen,
+Dann kann dein Herz an Freundesbrust erwarmen.
+Weil du die Luft willst statt der Gattin küssen,
+Soll dich des Sturmes Angstgeheul begrüßen.
+Der Boden soll dich Halbmensch nimmer tragen,
+Dann magst du über Erdenundank klagen.
+Und daß du mit den Wellen dich kannst streiten,
+Will ich die Flut dir bis zur Kehle leiten.
+So soll dich Feuer, Wasser, Luft und Erd betrügen.
+Dann wähl, ob du dich willst in meinen Vorschlag fügen.
+Und wirst du liebend nicht dein Herz zur Menschheit wenden,
+So sollst du wildes Tier in Waldesnacht hier enden!
+(Rasch ab.)
+
+Rappelkopf (allein).
+Das ist ein schrecklicher Kerl. Und ich tu doch, was ich will.
+Just! Du sollst mich nicht um meinen Schlaf heut bringen. Gute
+Nacht, Freund Wald, ihr Eicheln, lebet wohl, zum Frühstück
+finden wir uns wieder.
+
+(Will gegen das Haus. Beim Öffnen der Tür sitzt Victorinens
+Geist auf einem Stuhl. Sie ist in blaue Schleier gehüllt und
+sieht gespensterartig aus. Ihr Gesicht ist bleich und die ganze
+Gestalt von einem grünen Schirm beleuchtet. Sie spricht mit
+halblauter Stimme.)
+
+Victorinens Geist.
+Wo bleibst du denn so lang, du liederlicher Mann?
+Und kommst so spät erst in der Nacht nach Haus.
+Gehst gleich herein, mir wird schon angst allein,
+Sonst rauf ich alle Haar dir aus.
+
+Rappelkopf.
+Himmel! das ist mein erstes Weib, die erkenn ich, weil sie die
+Herrschaft noch im Grab behauptet. Da bringt mich niemand bei
+der Tür hinein. Die hat den Satan in den Leib. Wenn nur das
+Fenster offen wär! (Es donnert.) Jetzt fangts zum donnern an.
+(Am Fenster zeigt sich, ebenso wie Victorinens, Wallburgas
+Geist und sieht heraus.) Wer schaut denn da heraus?
+
+Wallburgas Geist (mit hohler Stimme).
+Ich bins, du falscher Mann, du Ungetreuer du!
+Warum hast du nach mir jetzt schon das zweite Weib?
+Und ich hab dich so lieb, hab selbst im Grab kein Ruh,
+Ich schau kein andern an, kann ohne dich nicht leben.
+Drum komm herein, ich muß dir Küsse geben.
+
+Rappelkopf (erschrickt).
+Entsetzlich! Schaudervolle Nacht, zeigst du mir auch die zweite
+noch, die sich durch Eifersucht verrät? Sie modert schon und
+will nicht leben ohne mich. Welch schreckenvolle Lag! Es rieselt
+kalt durch mein Gebein. (Es blitzt.) Der Donner brüllt, die
+Blitze leuchten fürchterlich. Könnt ich doch nur durchs Dach
+ins Haus! Mut! ich versuchs. (Er steigt hinauf. Währenddessen
+erscheint Emerentias Geist, auf dem Dach sitzend. Rappelkopf
+erschrickt.) Weh! Hier die dritte noch, dem Kirchhof ungetreu
+wie mir! (Will fort.)
+
+Emerentias Geist.
+Wo willst du hin? Du darfst nicht fort.
+Du mußt den Mond mit mir betrachten.
+(Der Mond verwandelt sich in ein weißumschleiertes Geisterhaupt,
+das aus den Wolken sieht.)
+Sieh hin, das bleiche Antlitz dort,
+Es ist das Bild von deiner jetzgen Frau.
+Sie weint! Schau hin! Schau! Schau!
+
+Rappelkopf.
+Jetzt grinst mich auch die vierte an. O teuflisches Quartett!
+Mich würgt die Angst! Ha! laß mich fort! Mich wandelt Ohnmacht
+an. Rachsüchtge Hölle, warum hast du das getan? Ich bleib nicht
+da. Ich muß hinab. (Springt über das Dach.) O Himmel, sei gedankt!
+daß deine Erd mich wieder trägt. Doch, was beginn ich nun? (Der
+Sturm heult.) Der Sturm heult immer schrecklicher. Es gießt, und
+doch verschwinden nicht die gräßlichen Gestalten. (Regen strömt
+herab.) Nun platzt ein Wolkenbruch! ich rette mich auf diesen
+Baum, sonst reißt die Flut mich fort. (Er steigt auf den Baum.
+Die Weiber verschwinden, es schlagt in die Hütte ein, sie steht
+in hellen Flammen.) Wenn das so fortgeht, bricht die Welt in
+Trümmer. (Die Hütte brennt fort. Heftiger Regen, Sturmgeheul
+und Donner. Die Wasserflut schwillt immer höher, bis sie
+Rappelkopf, der sich auf den Gipfel des Baumes rettet, bis an
+den Mund steigt, so daß nur die Hälfte seines Hauptes mehr zu
+sehen ist.) Zu Hülfe, zu Hülfe! ich ersauf!
+
+Astragalus(fährt schnell in einem goldnen Nachen bis zu seinem
+Haupt und spricht).
+Was bist du nun zu tun gesonnen?
+
+Rappelkopf (voll Angst).
+Ich will mich bessern, ich sehs ein, weil mir das Wasser schon
+ins Maul 'nein lauft.
+
+Astragalus.
+So führ ich dich nach meinem Schloß.
+
+
+Schnelle Verwandlung
+Der Nachen verwandelt sich in zwei Steinböcke mit goldenen
+Hörnern. Der Baum, auf dem Rappelkopf steht, in einen schönen
+Wolkenwagen, in dem sich der Alpenkönig und Rappelkopf befinden.
+Das Wasser verschwindet. Das ganze Theater verwandelt sich in
+eine pittoreske Felsengegend, die Teufelsbrücke in der Schweiz
+vorstellend, auf welcher Kinder, als graue Alpenschützen
+angekleidet, Böller losfeuern, während der Wolkenwagen über
+die Bühne fährt. Zugleich von innen:
+
+Chor.
+Geendet ist die Geisterschlacht,
+Die Sonne strahlt durch finstre Nacht.
+Der Alpenkönig hat gesiegt,
+Seht, wie er hin zum Ziele fliegt.
+
+
+
+
+
+Zweiter Aufzug
+
+
+
+Erster Auftritt
+
+Thronsaal im Eispalaste des Astragalus, mit hohen Säulen
+geziert, die silberartig erglänzen. Im Vordergrunde ein hoher
+Thron von pittoreskem Ansehen, als wäre er aus unregelmäßigem
+Eis geformt.
+
+Auf ihm Astragalus als Alpenkönig. Eine lange lichtblaue
+weißgestickte Tunika, weiten griechischen Mantel. Weißen Bart,
+auf dem Haupte eine smaragdene Krone. Vor ihm knien im Kreise
+ideal gekleidete Alpengeister. Weiße kurze Tunika, mit grünen
+Folioblättern garniert.
+
+
+Chor.
+Hehr zu schauen auf dem Throne
+Bist du, Fürst der Alpenflur,
+Denn dich schmückt der Tugend Krone,
+Du vertilgst des Lasters Spur.
+
+Astragalus (steht auf und spricht).
+Auf des Thrones eisgen Stufen
+Horcht ich gern noch eurem Chor.
+Doch laßt uns den Fremdling rufen,
+Denn die Zeit tritt mahnend vor.
+
+Alpanor.
+Lange steht er schon bereitet
+In der Halle vor dem Saal.
+Auch ist er schon angekleidet,
+Wie dein Wink es uns befahl.
+
+Astragalus.
+Höhnt ihn aus, wenn er erscheint.
+
+
+(Rappelkopf in einem drapfarben Reiseüberrock, gleichen
+Gamaschen mit silbernen Knöpfen, schwarzem Haar, etwas hoher
+Stirne, wird hereingebracht.)
+
+Ein Alpengeist.
+Fürst, hier ist der Menschenfeind.
+
+
+(Alle lachen.)
+
+Rappelkopf.
+Nun? Was ist da Spaßigs dran?
+
+Alpanor.
+Weißt du wohl, warum sie lachen?
+Unter einem Menschenfeind
+Dachten sie sich einen Drachen,
+Der als grimmer Ries erscheint.
+Und nun sehn sie einen Zwergen,
+Wer soll 's Lachen da verbergen?
+Von dem Unsinn mußt du lassen,
+Freund, das ist ja ganz verkehrt.
+Du willst alle andern hassen?
+Und bist selber nicht viel wert.
+
+Rappelkopf.
+Versteht sich. Du wirst mir sagen, was ich zu tun hab.
+(Für sich.) Verdammtes Hexenvolk!
+
+Astragalus.
+Du bist die Wette mit mir eingegangen, du wollest dein Gemüt
+in edleres verkehren, wenn du die Fehler deines jetzigen
+erkennst.
+
+Rappelkopf.
+Das hab ich gsagt im Angesichte von vier Zeugen: Feuer, Wasser,
+Luft und Erde. Nun gib mir Überzeugung, oder laß mir Ruh in
+meinem Wald.
+
+Astragalus.
+So hör mich an. Damit du kannst in solchem Seelenspiegel
+schauen, so will ich deinen Geist aus deinem Leib entführn
+und ihn in eines neuerschaffnen Körpers Haus verbannen.
+
+Rappelkopf.
+Das will sagen, mein Geist wird von einer Bouteille in die
+andere hinübergefüllt, das ist schon nichts, da kann schon
+eine Spitzbüberei geschehen, bei dieser Füllung muß ich dabei
+sein. Da kann er ausrauchen, oder verwechselt werden. Ich traue
+niemand mehr.
+
+Astragalus.
+Er wird es nicht. Ich schwör es bei des Chimborassos
+eisgekröntem Haupte. Du wirst dein Denken, Wollen, Handeln,
+Fühlen genau in eines andern Bild erblicken.
+
+Rappelkopf.
+Und was gschieht dann mit mir, geh ich so ohne Seel herum,
+oder bekomm ich wo eine andere zu leihen?
+
+Astragalus.
+Du wirst als Bruder deiner Frau erscheinen.
+
+Rappelkopf.
+Diese Verwandtschaft hätt ich mir nie träumen lassen.
+
+Astragalus.
+Doch ganz die Kraft der eigenen Gesinnungen behalten.
+
+Rappelkopf.
+Das heißt, ich werde aussehn wie mein Schwager und denken,
+was ich will.
+
+Astragalus.
+So ists. Dadurch kannst du dich überzeugen, wie gegen dich
+dein Weib, dein Kind und der von dir gehaßte Maler denken.
+Doch daß du auch an deinem Ebenbild den höchsten Anteil nimmst
+und dich in ihm genau ergründest und betrachtest, so hängt
+dein künftig Schicksal ganz von dem freien Handeln dieses
+Doppelgängers ab. Und was zu deinem Nutzen oder Nachteil wird
+durch ihn in deinem Haus geschehn, das wird, wenn er
+verschwindet, unveränderlich dir bleiben.
+
+Rappelkopf.
+Also wenn er mir mein Haus verkauft, kann ich nachher auf
+der Straße wohnen? Ah, das ist eine schöne Einquartierung.
+
+Astragalus.
+Auch ist dein Leben selbst an seines festgebunden, und wenn
+er es verliert, solang er statt dir lebt, stirbst du mit ihm
+und wirst durch ihn erkranken auch, wenn es der Zufall fügt,
+daß ihm ein bös Geschick Gesundheit raubt.
+
+Rappelkopf.
+Zwei Menschen und nur ein Leben! Jetzt fangt sogar die Natur
+zum ökonomisiern an. Da hats der Tod kommod, der nimmt s'
+gleich Paar und Paar. Nun gut, so laß denn sehen, was deine
+Taschenspielerei vermag. Der Prozeß ist eingeleitet. Ein
+unendlich verwickelter Fall, der wird in hundert Jahren nicht
+aus. Also was gschieht denn jetzt? Hab ich noch meinen Geist,
+oder hat ihn schon ein anderer? Bin ich schon mein Schwager,
+oder bin ich noch der Schwager meines Schwagers?
+
+Astragalus.
+Es wird dich jeder für den Bruder deines Weibs erkennen. Darum
+hab ich in deinem Äußern dich gestaltet so wie ihn. Ihr
+Alpengeister, führt ihn fort und bringt ihn an des Berges
+Fuß. Dort werdet ihr ein leichtberädert Fahrwerk finden,
+zwei rüstge Maultier vorgespannt, mit Staub bedeckt, als
+kämen sie von weiter Reise aus dem Land der welschen Glut.
+Sie bringen schnell ihn vor sein Schloß, dort werde seinem
+Übermut Beschämung, Überzeugung, Strafe.
+
+Rappelkopf.
+Nun gut, so will ich dies Asyl der Falschheit noch einmal
+betreten. Ich geh und übergeb dir meinen Geist, von dem ich
+weiß, daß er so wenig Fehler hat, als die Donau Linienschiffe
+trägt, als Eicheln auf dem Kirschbaum wachsen und blondes Haar
+in deinem grauen Bart. (Ab mit den Alpengeistern, nur Alpanor
+bleibt zurück.)
+
+Astragalus.
+Sein Starrsinn ists, der mich zu festen Hoffnungen berechtigt,
+denn hat er sich erkannt, wird ihn mit gleicher Heftigkeit der
+Trieb zur Besserung erfassen, als seine kräftge Phantasie den
+Wahn des Hasses jetzt umklammert hält. Alpanor! Hast du den
+Bruder seines Weibs zurückgehalten, daß er nicht heute morgens
+schon von seiner Reise in des Menschenfeindes Schloß eintrifft?
+
+Alpanor.
+Es geschieht in diesem Augenblick. Der Alpengeist Linarius
+leitet seiner Pferde Zügel und setzt ihn aus in einer wüsten
+Felsengegend, so lang, bis, großer Alpenkönig, du die Ankunft
+ihm erlaubst.
+
+Astragalus.
+Und ich will scheinbar mich in ihn verwandeln
+(er verwandelt sich in Rappelkopfs Gestalt in seiner ersten
+Kleidung)
+Und so durch Trug zu seinem Besten handeln.
+Wie auf des Schlosses Dache die metallne Spitze
+Das Haus bewahret vor der Wut der Blitze,
+Will ich den Haß, den er sich gen die Welt erlaubt,
+Herniederleiten auf sein eignes Haupt.
+Dort mag die Donnerwolke sich entleeren
+Und Glut durch Glut hellflammend sich verzehren,
+Bis aus der Asche wird zum neuen Leben
+Die Liebe gleich dem Phönix sich erheben.
+
+
+(Beide ab.)
+
+
+
+Zweiter Auftritt
+
+Verwandlung
+Wilde Felsengegend. Im Hintergrunde ein hoher praktikabler
+Fels, welcher von der rechten Kulisse aber zwei Dritteil der
+Bühne bis ohngefähr zwei Schuh weit von der linken sich
+erstreckt und in einem steilen Abhang endigt. Auf ihm ist
+eine gedeckte Reisekalesche mit zwei Schimmeln sichtbar. Die
+Pferde stehen schon ganz an dem Abhange des Felsens.
+
+Auf dem Sattelpferde sitzt der Alpengeist Linarius, als
+Postillion gekleidet. Im Wagen Herr von Silberkern, so
+gekleidet wie Herr von Rappelkopf zu Anfange des zweiten
+Aktes. Er droht mit einem Stock dem Postillion und schreit
+heftig.
+
+
+Silberkern.
+Halt! Halt! Was treibt Er denn, Er verwünschter Kerl, ich
+bin ja des Todes, wo führt Er mich denn hin?
+
+Linarius.
+Geduld, mein Herr, wir werden gleich am Ziele sein.
+
+Silberkern.
+Das ist ja keine Möglichkeit, der Kerl ist besoffen wie eine
+Kanone, er muß glauben, da unten ist ein Weinkeller. Ich
+massakrier Ihn, Er verflixter Lumpenhund. Was treibt Er denn
+mit Seinen gottverdammten Schimmeln?
+
+Linarius.
+Ich habe meine Pferde ausgespannt.
+
+Silberkern.
+Untersteh Er sich, Er infamer Mensch! wir stürzen ja hinab.
+
+Linarius.
+Wer wird denn da viel Sprünge machen? das Trinkgeld ist mir
+ein für allemal zu schlecht. Adieu, mein Herr!
+
+Silberkern.
+Wo will Er denn hin?
+
+Linarius.
+Ich reite durch die Luft--
+
+
+(Die Pferde bekommen Flügel. Linarius erhebt sich mit ihnen bis
+in die halbe Höhe des Theaters. Der Wagen bleibt stehen,
+zugleich fällt der hintere Teil des Felsens herab, und nur
+das Stück, worauf die Kutsche ist, bleibt stehen.)
+
+Du bleibst zurück auf diesem Fels und genießest hier die Luft.
+Zur rechten Zeit spann ich die Pferde wieder vor. Dann bitt
+ich mir ein tüchtig Trinkgeld aus. Bis dahin lebe wohl und
+unterhalt dich gut. Juhe! Zum Alpenkönig heißt das Posthaus
+hier. Ihr Schimmel, hi! stoßt euch an keinen Stein! Lebt wohl,
+Herr Passagier, und bleibt mir fein gesund! (Fliegt fort und
+blast das Posthorn dabei.)
+
+Silberkern.
+Verdammter Hexenspuk! Der Kerl fliegt herum wie eine Fledermaus.
+Flieg zum Geier, falscher Rabe! Ich brauche deine Pferde nicht.
+(Er will heraussteigen.) I potz Hagel, was ist das? Ich kann
+ja nicht heraus. Der Wagen hängt ja in der Luft. Das ist ja
+aufs Verhungern abgesehen. Verflixter Kerl, komm zurück! Es
+rührt sich nichts, ich sehe keinen Menschen, nicht einmal
+Ochsen weiden hier. Ich bin der einzge in der ganzen Gegend.
+(Schreit.) Hört mich denn niemand?
+
+Echo.
+Niemand--(Entfernter.) Niemand--Niemand--Nieman--
+
+Silberkern (stampft mit dem Fuße).
+Ich ersticke noch vor Zorn--
+
+
+(Der Fels, auf dem der Wagen steht, öffnet sich wie eine
+Höhle und in ihr sind eine Menge kleine Alpengeister
+aufeinanderkauernd gruppiert, welche mit schadenfroher Miene
+aus vollem Halse lachen. Auch aus den Gebüschen, welche um
+den Fels angebracht sind, sehen einige schelmisch hervor.)
+
+Alpengeister.
+Hahahahaha!
+
+Silberkern (schnell, räsonierend, mit dem Stock herumfechtend).
+O du Geistergesindel, du unsichtbares Lumpengepack, komm herauf
+zu mir, ich schlag dich tot. Das ist eine verflixte Geschichte.
+
+(Neues Lachen und schnelles Vorfallen der Kurtine, welche ein
+Zimmer in Rappelkopfs Hause vorstellt.)
+
+
+
+Dritter Auftritt
+
+Mehrere Dienstleute stürzen auf die Bühne. Sophie von der Seite.
+
+
+Sopie.
+Wo, wo ist mein Bruder?
+
+Dienstleute.
+Er kömmt soeben die Treppe herauf. Hier ist er schon.
+
+Sopie.
+Holt Herrn von Dorn und meine Tochter. Das Gepäcke in das
+grüne Zimmer.
+
+
+
+Vierter Auftritt
+
+Vorige. Rappelkopf stürzt herein.
+
+
+Sopie (fällt ihm um den Hals).
+O mein Bruder, mein geliebter Bruder! (Bleibt an seiner Brust.)
+
+Rappelkopf (für sich).
+Entsetzlich! Diese Natter liegt an meiner Brust. Sie kennt
+mich wirklich nicht. Nimm dich zusammen, Rappelkopf!
+(Freundlich.) Endlich seh ich dich wieder, liebe Schwester.
+(Beiseite.) Ich kann s' nicht anschaun. (Wieder freundlich.)
+Wie gehts dir denn, du liebe Schwester du?
+
+Sopie.
+Ach Bruder, mir geht es sehr übel.
+
+Rappelkopf (beiseite).
+So? Da gschieht dir recht.
+
+Sopie.
+Was sagst du, lieber Bruder?
+
+Rappelkopf.
+Daß ich dich recht bedaure, und zwar auf eine ganz besondere
+Art. Denn ich weiß alles, liebe Schwester, dein Mann ist ein
+schändlicher Mensch.
+
+Sopie.
+Das ist er nicht, lieber Bruder, aber ein unglücklicher Mensch.
+
+Rappelkopf (beiseite).
+Viper!
+
+Sopie.
+Wenn du wüßtest, wie sehr ich mich nach dir gesehnt habe, um
+mein Herz vor dir auszuschütten!
+
+Rappelkopf.
+So schütt es aus, liebe Schwester! (Beiseite.) Da erfahr ich
+etwas. Schütts aus!
+
+Sopie.
+Aber du wirst ermüdet sein von der Reise?
+
+Rappelkopf.
+Nur meine Füß sind müde, meine Ohren nicht.
+
+Sopie.
+So setz dich, lieber Bruder. (Sie setzt Stühle.)
+
+Rappelkopf.
+Ich dank dir, liebe Schwester. (Setzt sich.) Fatale Situation!
+
+Sopie.
+Meine Tochter und ihr künftiger Bräutigam werden sogleich
+erscheinen.
+
+Rappelkopf (fährt wild auf).
+So? (Faßt sich und sagt plötzlich mit freundlichem Lächeln.)
+Wird mir eine unendliche Ehr sein.
+
+Sopie.
+Du bist so sonderbar, lieber Bruder. Was ist dir denn?
+
+Rappelkopf.
+Verschiedenes. Die Reise, dein Anblick, es ist alles so
+ergreifend für mich.
+
+Sopie.
+Ich danke dir. Du bist ein Bruder, wie man keinen mehr finden
+wird.
+
+Rappelkopf (beiseite).
+Der Meinung bin ich selbst.
+
+Sopie.
+Fünf Jahre bist du abwesend. Die Ursache meines Unglücks wird
+dir schon aus meinen Briefen bekannt sein.
+
+Rappelkopf.
+Ich weiß, du hassest deinen Mann.
+
+Sopie.
+Was fällt dir ein! Wo gäb es eine Frau, die ihrem Manne mehr
+zugetan wäre, als ich dem meinigen!
+
+Rappelkopf.
+Wirklich? (Beiseite.) Was man für Neuigkeiten erfährt!
+
+Sopie.
+Wenn du nur die Geduld hättest sehen können, mit welcher ich
+seine Launen ertrug, die Sanftmut, mit der ich ihn behandelte.
+
+Rappelkopf.
+Ja, das hätt ich sehen mögen. (Beiseite.) Es ist zum Durchgehn,
+wie sie lügt, ich bin schon völlig blau auf dieser Seite.
+
+Sopie.
+Und alles dies hat seinen ungerechten Menschenhaß nur noch
+vermehrt.
+
+Rappelkopf.
+Aber warum haßt er denn die Menschen, er muß doch eine Ursache
+haben?
+
+Sopie.
+Weil er ein Narr ist, der sie verkennt.
+
+Rappelkopf (beiseite).
+Ich bedank mich aufs allerschönste.
+
+Sopie.
+Und doch lieb ich ihn so zärtlich--
+
+Rappelkopf.
+Diesen Narren? o närrische Lieb! (Beiseite.) Es ist zum
+Teufelholen!
+
+Sopie.
+Und muß die Angst ausstehen, ihn seit gestern zu vermissen.
+
+Rappelkopf.
+Ja wo ist er denn?
+
+Sopie.
+In einem Anfall von Wahnsinn zerschlug er alle Möbel, glaubte,
+der Bediente wolle ihn ermorden, und rannte wütend aus dem Hause.
+
+Rappelkopf.
+Nun er wird schon wieder zurückkommen.
+
+Sopie.
+Nein, das wird er nicht. Was er beschließt, vollführt er auch.
+
+Rappelkopf (beiseite).
+Sie kennt mich doch. (Laut.) Aber wie ist er denn auf den
+Gedanken gekommen, daß man ihn ermorden will?
+
+Sopie.
+Auf die unsinnigste Weise von der Welt. Ich befahl meinem
+einfältigen Bedienten, er sollte nach dem Garten gehen und
+Zichorien ausstechen, und das Messer in seiner Hand läßt
+meinen unglückselgen Mann glauben, er wolle ihn ermorden.
+
+Rappelkopf.
+Zichorien hat er ausstechen wollen?
+
+Sopie.
+Ei freilich.
+
+Rappelkopf (beiseite).
+Das ist nicht möglich, oder ich wär der einfältigste Mensch,
+den die Sonne noch beschienen hat. (In Nachdenken versunken.)
+Zichorien hat er ausstechen wollen?
+
+Sopie.
+Warum ergreift dich das so?
+
+Rappelkopf (gleichgültig).
+Weil mir der Kaffee einfällt, den ich im letzten Wirtshaus
+getrunken hab. Der war auch mit Zichorien vergiftet.
+
+Sopie.
+Was soll ich nun beginnen, lieber Bruder?
+
+Rappelkopf.
+Laß den Narren laufen!
+
+Sopie.
+Das kann dein Ernst nicht sein. Er ist mein Mann, und ich
+werd ihn nie verlassen.
+
+Rappelkopf (schnell).
+Ist das wahr?
+
+Sopie.
+Gewiß.
+
+Rappelkopf (unwillkürlich erfreut, beiseite).
+Sie ist doch nicht gar so schlecht. (Wieder verändert.)
+Aber schlecht ist sie doch.
+
+Sopie.
+Ach Bruder! (Sinkt an seine Brust.) Wenn mein Mann imstande
+wäre, sich ein Leid anzutun! (Weinend.) Ich hätte mir nichts
+vorzuwerfen, aber ich könnte diesen Vorfall nicht überleben.
+
+Rappelkopf.
+Das Weib martert mich, ich schwitz schon im ganzen Leib. Und
+sie weint wirklich, mein ganzes Schapodl ist naß. Aber ich
+glaub ihr nicht, die Weiber können alles. (Laut.) Beruhige
+dich nur, liebe Schwester, es kommt jemand.
+
+
+
+Fünfter Auftritt
+
+Vorige. August. Malchen.
+
+
+Malchen.
+Ist es wahr, ist der Onkel angekommen? (Sieht ihn.) Ach
+liebster, bester Onkel! mit welcher Sehnsucht haben wir
+Sie erwartet.
+
+Rappelkopf.
+Die ist so falsch wie ihre Mutter.
+
+Malchen.
+August, komm doch her.
+
+Rappelkopf (erschrickt).
+Wer?
+
+August (hervortretend).
+Bester Herr von Silberkern--(will auf ihn zu.)
+
+Rappelkopf (fährt zurück).
+Himmel, wer bringt dies Bild vor meine Augen?
+
+Sopie.
+Was ist dir, lieber Bruder?
+
+Malchen.
+Aber Onkel!
+
+Rappelkopf (beiseite).
+Ich muß mich fassen, damit ich allen auf den Grund komme.
+(Laut, mit Zwang.) Verzeihen Sie mir, mein Herr, sein Sie
+mir willkommen.
+
+August.
+Erlauben Sie, Herr von Silberkern--(Tritt näher.)
+
+Rappelkopf (fährt wieder auf).
+Nein, es ist nicht möglich--Drei Schritt vom Leib! (Beiseite.)
+Vergiften könnt ich den Verführer!
+
+August.
+Was soll ich davon denken?
+
+Malchen.
+Onkel!
+
+Sopie (gleichzeitig).
+Bruder!
+
+Rappelkopf (faßt sich wieder).
+Verzeihen Sie, aber Sie haben eine Ähnlichkeit, eine
+Ähnlichkeit--
+
+August.
+Mit wem?
+
+Rappelkopf.
+Mit--mit einem Menschen
+
+August.
+Mit was für einem?
+
+Rappelkopf.
+Der mich bestohlen hat.
+
+Sopie.
+Aber Bruder!
+
+August (lacht).
+Herr von Silberkern--
+
+Malchen.
+Ach Onkel, er hat nichts gestohlen als mein Herz.
+
+Rappelkopf (auffahrend).
+Das ist es eben--(faßt sich) was mich nichts angeht.
+(Sehr freundlich.) Sind Sie nur nicht so kindisch, ich hab
+nur einen Spaß gemacht. (Für sich.) Verstellung, steh mir
+bei! (Laut.) Endlich sind wir alle recht froh beieinander,
+meine lieben Kinder. (Lacht boshaft.) Das ist ein freudiger
+Tag heute. (Für sich.) Ich möcht zur Decke hinauffahren.
+
+Sopie.
+Wir wollen dich jetzt allein lassen, lieber Bruder. Damit du
+eine Stunde ausruhen kannst. Du bist zu angegriffen. In
+diesem Zimmer findest du ein Ruhebett, unterdessen werden
+wir die Nachforschungen nach meinem armen Mann verdoppeln,
+denn es gibt keinen ruhigen Augenblick für mich, solange ich
+in Ungewißheit über sein Schicksal leben muß. (Geht ab.)
+
+Rappelkopf.
+Da werd ein anderer klug, ich nicht.
+
+August.
+Herr von Silberkern, ich weiß, daß Sie alles über Herrn von
+Rappelkopf vermögen.
+
+Rappelkopf.
+Da haben Sie recht, wenn ich nichts über ihn vermag, dann
+richtet niemand etwas mit ihm aus.
+
+August.
+Oh, dann werden Sie mir Ihren Beistand nicht versagen.
+
+Rappelkopf.
+Ihnen? hahaha! Nun, das will ich hoffen.
+
+August.
+Wenn meines Malchens Vater sein Haus wieder betritt und es
+Ihnen gelingt, ihm mildere Gesinnungen gegen die Welt
+einzuflößen, so vergessen Sie auch meiner nicht! Versichern
+Sie ihm, daß es keinen jungen Mann auf Erde gäbe, der mit
+einer so unwandelbaren Treue an seiner liebenswürdigen
+Tochter und mit einer so innigen Dankbarkeit an ihrem edlen,
+aber unglücklichen Vater hinge als der von ihm so ungerecht
+verfolgte August Dorn. (Verbeugt sich und geht ab.)
+
+Rappelkopf.
+Das ist mir unbegreiflich.
+
+Malchen (weinend).
+Lieber Onkel, wenn Sie meinen Vater sprechen, was ich gewiß
+nicht darf, so sagen Sie ihm, daß er seine Amalie unendlich
+gekränkt hat, daß ihn niemand so sehr liebt wie seine Tochter,
+aber daß ihr auch gewiß das Herz brechen wird, wenn sie ihren
+August verlieren müßte. (Weint heftig.)
+
+Rappelkopf (sein Vatergefühl bricht los, er schließt Malchen
+heftig in seine Arme).
+Du bist halt doch mein Kind, wenn ich auch jetzt nicht dein
+Vater bin. (Nimmt sie am Kopf.) Was nützt denn das, das läßt
+sich nicht verleugnen. Ich muß dich küssen, Malchen.
+
+Malchen.
+Ach guter Onkel!
+
+Rappelkopf.
+Sag du mir, ist das wahr, liebst du deinen Vater?
+
+Malchen.
+Unendlich, lieber Onkel!
+
+Rappelkopf.
+Und du lügst nicht?
+
+Malchen.
+Bei Gott nicht.
+
+Rappelkopf (freudig überrascht).
+Das ist schön von dir, das freut mich. (Legt ihren Kopf an
+seine Brust.) Sie hat mich lieb! So hab ich doch eine Seele
+auf der Welt, die mich liebt. Aber jetzt geh hinaus, ich bitt
+dich um alles in der Welt, geh hinaus.
+
+Malchen.
+Sie verstoßen mich doch nicht, lieber Onkel?
+
+Rappelkopf.
+Nein, ich verstoß dich nicht, ich will dich noch einmal
+küssen sogar, aber geh hinaus, sonst muß ich mich vor mir
+selber schämen, geh hinaus.
+
+Malchen.
+So ruhen Sie sanft, bester Onkel. (Ab.)
+
+Rappelkopf (allein).
+O Schande! ich bin ein Menschenfeind und komm da in eine
+Küsserei hinein, die gar kein End nimmt. Das war der einzige
+vergnügte Augenblick, den ich seit fünf Jahren erlebt hab.
+Aber wie ist mir denn? bin ich betrunken? Das ist ja keine
+Möglichkeit. Wenn das alles wahr wäre, was die Leute
+zusammenreden, so wären sie ja völlige Engel. Das ist Betrug,
+da muß etwas dahinterstecken. Das ist ein Einverständnis. Mein
+Weib ist eine Schlange. Zu was braucht sie einen Zichori?
+wenn so viel Kaffee aufgeht. Aber meine Tochter ist brav.
+Über die laß ich jetzt nichts mehr kommen. Auch den jungen
+Menschen trau ich nicht, den haben sies einstudiert. Er wär
+ohnehin bald steckengeblieben. Ha, da kommt der Habakuk, der
+große Bandit. Der soll mir Licht geben.
+
+
+
+Sechster Auftritt
+
+Voriger. Habakuk.
+
+
+Rappelkopf.
+He, Habakuk!
+
+Habakuk.
+Wie? Euer Gnaden wissen, wie ich heiß, und haben mich noch
+nicht gesehen?
+
+Rappelkopf.
+Nu, ich kann Ihn ja wo anders gesehen haben.
+
+Habakuk.
+Ja freilich, ich war zwei Jahr in Paris. Befehlen Euer Gnaden
+etwas?
+
+Rappelkopf.
+Ja! was ich sagen wollte--(Beiseite.) Ich trau dem Kerl nicht.
+(Laut.) Hat Er nicht ein Messer bei sich?
+
+Habakuk.
+Nein, ich werd aber gleich eins holen. (Will ab.)
+
+Rappelkopf (erschrickt).
+Untersteh Er sich, ich brauch keins mehr. Ich hab nur etwas
+abschneiden wollen. (Für sich.) Er wär imstande er holet eins.
+
+Habakuk.
+Ich weiß nicht, ich trag sonst immer ein Messer bei mir--
+
+Rappelkopf (für sich).
+Nun da haben wirs ja, das ist ein routinierter Mörder. (Laut.)
+Lieber Freund, ich werd Ihm ein gutes Geschenk machen, geh Er
+mir ein wenig an die Hand. Er weiß, ich bin der Bruder Seiner
+Frau.
+
+Habakuk.
+Habs schon weg, Euer Gnaden.
+
+Rappelkopf (für sich).
+Unbegreifliche Zauberei! (Laut.) Sag Er mir, wie behandelt
+denn mein Schwager seine Frau?
+
+Habakuk.
+Infam, Euer Gnaden.
+
+Rappelkopf.
+Was sagt Er?
+
+Habakuk.
+Oh, das ist ein sekkanter Mensch, der glaubt, die Leut sind
+nur wegen ihm auf der Welt, daß er s' mit Füßen treten kann.
+
+Rappelkopf (für sich).
+Nun bei dem hört man doch ein wahres Wort. Der redt doch, wie
+er denkt. (Laut.) Ja, es soll nicht zum Aushalten sein. Darum
+kann ihn aber auch meine Schwester nicht ausstehen. Nicht wahr?
+
+Habakuk.
+Ah, was fallt Euer Gnaden ein, sie weint sich ja völlig die
+Augen aus um ihn. Ich kann sie nicht genug trösten.
+
+Rappelkopf.
+Man hat aber erzählt, sie hätte ihn wollen gar ermorden lassen.
+
+Habakuk.
+Ah, hören Euer Gnaden auf. Euer Gnaden werden doch nicht auch
+so einfältig sein, das zu glauben.
+
+Rappelkopf.
+Ja, Er ist ja, glaub ich, mit dem Messer auf ihn gegangen.
+
+Habakuk.
+Ich? warum nicht gar, ich fall in Ohnmacht, wenn sie nur ein
+Hendel abstechen. Er war im Gartenzimmer, und kein Mensch hat
+sich hinausgetraut, und die Köchin hat einen Zichori gebraucht,
+und die Frau hat gschafft, ich soll einen ausstechen.
+
+Rappelkopf (beiseite).
+Mit dem ewigen Zichori! am End ists doch wahr.
+
+Habakuk.
+Er laßt ja keinen Menschen zu Wort kommen, der Satanas.
+
+Rappelkopf (für sich).
+Das ist ein impertinenter Bursch. Ein Verleumder. (Laut.) Und
+sag Er mir, ist denn Sein Herr ein gescheidter Mann?
+
+Habakuk (verneinend).
+Ah! (Vertraulich.) Wissen Euer Gnaden, wir reden jetzt unter
+uns, es ist nichts zu Haus bei ihm. (Deutet auf den Kopf.)
+
+Rappelkopf (beiseite).
+Nein, das ist nicht zum Aushalten. (Gibt ihm Geld.) Da hat Er,
+mein lieber Freund, Er hat mir schöne Sachen gesagt, ich bin
+sehr zufrieden mit Ihm, aber geh Er jetzt.
+
+Habakuk.
+Küß die Hand! (Für sich.) Aha, den freuts, daß ich über den
+andern schimpf. Er kann ihn nicht recht leiden. Ich muß noch
+ärger anfangen, vielleicht schenkt er mir noch etwas. (Laut.)
+Ja sehen Euer Gnaden, ich war zwei Jahr in Paris, aber ein so
+zuwiderer Mensch ist mir nicht vorgekommen, und es gibt ihm
+alles nach, das ist gar nichts nutz, da wird er nie kuriert.
+Ich versteh nichts von der Medizin, aber ich glaub, wenn er
+einmal recht durchgewassert wurd, es müßte sich seine ganze
+Natur umkehren.
+
+Rappelkopf.
+Jetzt hat Er Zeit, daß Er geht. Den Augenblick hinaus, Er
+undankbarer Mensch, wie kann Er sich unterstehen, so von Seinem
+Herrn zu reden? Gleich fort, oder ich schlag Ihm Arm und Bein
+entzwei. (Sucht einen Stock.)
+
+Habakuk.
+So ists recht, jetzt fängt der auch an. (Im Abgehen.) Nun,
+den sag ich bald wieder was, das ist eine schreckliche Familie.
+Na, das ging' mir ab. (Geht brummend ab.)
+
+Rappelkopf (allein).
+So kann man seine Leute kennenlernen. Von meiner Frau redt er
+nicht so schlecht, er getraut sich nicht, weil er mich für
+ihren Bruder hält. Aber für einen Mörder ist er doch zu dumm,
+ich hab ihn für pfiffiger gehalten. Es wird doch auf den
+Zichori hinauskommen. Was mich das für eine Überwindung kostet,
+mit all diesen Menschen zu reden! Aber ich muß meine Untersuchung
+vollenden, weil ich sie begonnen habe und weil ich in nichts
+zurücktrete, wenn ich nicht muß, wie heut im Walde.
+
+
+
+Siebenter Auftritt
+
+Voriger. Lischen.
+
+
+Lischen.
+Die gnädige Frau läßt fragen, ob Euer Gnaden eine Tasse Tee
+befehlen.
+
+Rappelkopf.
+Ich danke. (Für sich.) Die werd ich auch in die Kur nehmen.
+(Laut.) Was macht meine Schwester?
+
+Lischen.
+Sie ist sehr betrübt.
+
+Rappelkopf.
+Weswegen?
+
+Lischen.
+Unseres gnädigen Herrn wegen.
+
+Rappelkopf.
+Wegen mir?
+
+Lischen.
+Ah, wegen Ihnen nicht.
+
+Rappelkopf (faßt sich).
+Ja so. (Für sich.) Die kennt mich auch nicht. (Laut.) Und was
+macht meine Nichte?
+
+Lischen.
+Sie spricht mit ihrem Bräutigam.
+
+Rappelkopf (für sich).
+Himmel und Hölle! (Faßt sich. Laut.) Was ist denn das für ein
+Mensch?
+
+Lischen.
+Ein sehr liebenswürdiger Mensch.
+
+Rappelkopf.
+Was heißt das, macht er Ihr auch die Cour?
+
+Lischen.
+Nun, das wäre der Wahre, er wagt es ja kaum, ein anderes
+Mädchen anzusehen. Das wird ein handfester Pantoffelritter
+werden. Ich glaube, er hat mir bloß darum noch keinen Heller
+zum Geschenke gemacht, damit er nur meine Hand nicht berühren
+darf. Er und mein Fräulein taugen ganz zusammen, und es ist
+himmelschreiend, daß der gnädge Herr seine Einwilligung nicht
+gibt.
+
+Rappelkopf (rasch).
+Da hat er recht, wenn er sie nicht gibt. Der junge Mensch hat
+keine Achtung vor ihn.
+
+Lischen.
+Ei bewahre, er schätzt ihn weit mehr--verzeihen Euer Gnaden,
+wenn ich so von Ihren Herrn Schwager spreche--aber weit mehr,
+als er es verdient.
+
+Rappelkopf (für sich).
+Es ist, als ob sie sich alle verschworen hätten wider mich.
+Geduld, verlasse mich nicht! (Laut.) Ich will Ihr etwas
+schenken, aber sag Sie mir in der größten Geschwindigkeit
+alle üblen Eigenschaften Ihres Herrn.
+
+Lischen.
+In einer Geschwindigkeit, das ist ohnmöglich, gnädger Herr.
+
+Rappelkopf.
+Warum nicht?
+
+Lischen.
+Weil, wenn ich jetzt diesen Augenblick anfange, ich morgen
+früh noch nicht fertig bin.
+
+Rappelkopf.
+Wo ich nur die Geduld hernehme, das alles anzuhören!
+
+Lischen.
+Es ist schon genug, daß er ein Menschenfeind ist. Ich begreife
+gar nicht, wie man bei einem so großen Vermögen, einer
+gutmütigen Frau, einer wohlerzogenen Tochter und einem so
+hübschen Stubenmädchen ein Menschenfeind sein kann.
+
+Lied
+Ach, die Welt ist gar so freundlich
+Und das Leben ist so schön.
+Darum soll der Mensch nicht feindlich
+Seinem Glück entgegenstehn.
+Alles sucht sich zu gefallen,
+Liebend ist die Welt vereint,
+Und das Häßlichste von allen
+Ist gewiß ein Menschenfeind.
+Heitrer Sinn nur kann beglücken,
+Nur die Freude hebt die Brust,
+Nur die Liebe bringt Entzücken,
+Und der Haß zerstört die Lust.
+Doch wenn alle sich erfreun
+Und der Stern des Frohsinns scheint,
+Sitzt im düstern Wald allein
+Drauß der finstre Menschenfeind.
+
+Sieht man nur die goldne Sonne,
+Wenn sie auf am Himmel steigt,
+Wie sie schon mit holder Wonne
+Allen Wesen ist geneigt:
+Dann kann man die Welt nicht hassen,
+Die 's im Grund nicht böse meint,
+Man muß nur die Lieb nicht lassen,
+Wird man nie zum Menschenfeind. (Ab.)
+
+
+Rappelkopf (allein).
+Schrecklich! Muß ich mich auch noch ansingen lassen! Das sind
+Beleidigungen nach den Noten, und ich darf den Takt nicht dazu
+schlagen. Und alles bleibt auf einem Wort! Wer kommt?
+
+
+
+Achter Auftritt
+
+Voriger. Sophie. Lischen.
+
+
+Sopie (stürzt rasch herein).
+Bruder, er kommt!
+
+Rappelkopf.
+Wer kommt?
+
+Lischen.
+Der gnädge Herr!
+
+Sopie.
+Mein Mann!
+
+Rappelkopf.
+Ich komm! (Schlägt sich begeistert an die Brust.) Endlich
+einmal. Solang die Welt steht, war noch niemand so neugierig
+auf sich selbst als ich.
+
+Astragalus (ruft noch vor der Tür).
+Daß niemand zu mir gelassen wird!
+
+Rappelkopf.
+Meine ganze Stimme. Ich hör mich schon. (Tritt zurück.)
+
+
+
+Neunter Auftritt
+
+Vorige. Astragalus tritt ein.
+
+
+Astragalus (wie er Sophie sieht, prallt er zurück und ruft).
+Ha! (Er will zurück.)
+
+Rappelkopf (sagt schnell).
+Ich bins, ist kein Zweifel!
+
+Sopie (hält ihn zurück).
+Oh, bleib doch, lieber Mann! wir sind glücklich, daß wir dich
+wieder sehn.
+
+Astragalus (reißt sich los).
+Laß mich. Entweder gehst du oder ich.
+
+Sopie (Mit Überwindung).
+Nun so bleib, ich will gehn. (Geht seufzend ab.)
+
+
+(Astragalus tritt mit empörter Miene vor, bleibt mit
+verschränkten Armen stehn und blickt wild umher, ohne
+Rappelkopf zu bemerken.)
+
+Rappelkopf (betrachtet ihn vom Fuß bis zum Kopfe mit
+ungeheurem Erstaunen und spricht dann überzeugt).
+Ich bins--Aufgelegt bin ich nicht gut, aber das kann
+nicht anders sein.
+
+Astragalus (zu Lischen).
+Was will Sie da?
+
+Lischen (zitternd).
+Fragen, ob Euer Gnaden nichts befehlen.
+
+Rappelkopf.
+Eine Angst hat alles vor mir, daß es eine Freude ist.
+
+Astragalus.
+Wo ist die Tinte?
+
+Lischen.
+Dort ist sie. (Deutet auf den Tisch.)
+
+Astragalus.
+Und Federn?
+
+Lischen (ängstlich).
+Die hab ich nicht.
+
+Rappelkopf.
+Jetzt hat die Gans keine Federn!
+
+Astragalus.
+Hol Sie welche! hat Sies gehört? Hinaus mit Ihr, Sie
+Schlange, Sie Basilisk, Sie Krokodil, Sie Anakonda!
+
+Rappelkopf.
+In der Naturgeschichte bin ich gut bewandert.
+
+Lischen.
+Gleich, Euer Gnaden. (Im Abgehen.) Der böse Feind hat ihn
+zurückgeführt. Ich laß mich nicht mehr sehn. (Ab.)
+
+Rappelkopf.
+Die lauft. Ich weiß nicht, ich gfall mir recht gut. Ein wenig
+rasch bin ich, das ist wahr.
+
+Astragalus (entschlossen).
+Ja! Ich will mein Testament machen.
+
+Rappelkopf (für sich).
+Testament? Nu wär nicht übel. Den Entschluß muß ich gleich
+unterbrechen. (Laut.) Grüß Sie Gott, lieber Schwager. Eben
+bin ich angekommen.
+
+Astragalus.
+Wer ist das?
+
+Rappelkopf (entzückt).
+Das ist ein eigner Anblick, wenn man vor sich selber steht.
+
+Astragalus (schnell).
+Was machen Sie hier? Warum haben Sie nicht geschrieben?
+Haben Sie meine Intressen mitgebracht? Wie stehts mit
+meinem Vermögen?
+
+Rappelkopf (für sich).
+Jetzt gehts recht, das möcht ich selbst gern wissen.
+
+Astragalus.
+Das Haus in Venedig soll nicht gut stehen, ist es verloren?
+
+Rappelkopf (erschrickt).
+Verloren? Wär nicht übel, (beiseite) mir wird selbst angst.
+
+Astragalus.
+Ich hab keine Intressen erhalten.
+
+Rappelkopf.
+Ich auch nicht.
+
+Astragalus.
+Sie müssen es haben, Sie haben mir es sonst geschickt, da
+steckt ein Betrug dahinter.
+
+Rappelkopf.
+So lassen Sie sich nur sagen--
+
+Astragalus.
+Ich laß mir nichts sagen--ich kenn die Welt, sie gehört
+zum Katzengeschlechte--
+
+Rappelkopf.
+Ich--
+
+Astragalus (wütend).
+Still--
+
+Rappelkopf.
+Wenn er nur nicht gar so schreien möchte, mir tun die Ohren
+weh.
+
+
+
+Zehnter Auftritt
+
+Vorige. Habakuk mit Federn.
+
+
+Habakuk (zitternd).
+Euer Gnaden, hier bring ich die Federn.
+
+Astragalus (entsetzt sich).
+Ha! Dieser Mörder wagt es, vor meine Augen zu kommen!
+(Nimmt den Stuhl vor und retiriert sich.) Komm mir nicht
+an den Leib! Bandit!
+
+Rappelkopf.
+Ach, das ist übertrieben. Wer wird sich denn vor dem Esel
+fürchten?
+
+Habakuk.
+Die gnädige Frau laßt fragen, ob sie noch nicht herüberkommen
+darf.
+
+Astragalus.
+Nein.
+
+Habakuk.
+Sie weint aber so abscheulich.
+
+Astragalus.
+So soll sie schöner weinen, hahaha, oder ich fang zum lachen an.
+
+Habakuk.
+Wenn sie aber krank wird?
+
+Astragalus.
+Die Gicht in ihren Leib! Und ins Spital mit ihr!
+
+Rappelkopf (beiseite).
+Das ist ein kurioser Humor.
+
+Habakuk.
+Ah, verzeihen Euer Gnaden, aber das ist zu stark. Ich war
+zwei Jahr in Paris, aber--
+
+Astragalus (aufspringend).
+Wenn Er es noch einmal wagt, dieses unerträgliche Sprichwort
+in meinem Haus ertönen zu lassen, so--zahl ich hier Seinen
+Lohn in vorhinein. (Er wirft ihm einen Geldbeutel vor die
+Füße und trifft damit Rappelkopf an das Schienbein.)
+
+Rappelkopf (zieht den Fuß auf).
+Sapperment hinein, achtgeben, das müssen harte Taler sein.
+
+Astragalus.
+Hab ich Ihnen weh getan?
+
+Rappelkopf.
+Ich glaub, ich hab ein Loch im Fuß.
+
+Astragalus.
+Gschieht Ihnen recht. (Zu Habakuk.) Wenn Er also dieses Wort
+noch einmal sagt, so geht Er an der Stelle aus meinem Dienst.
+Wenn ich auch nicht dabei bin. Nehm Er!
+
+Rappelkopf.
+Es ist meine ganze Manier. (Zu Habakuk.) Nu apport!
+
+Habakuk.
+Euer Gnaden, um diesen Preis kann ich mich nicht darauf
+einlassen, denn ich habe keinen Stolz, als daß ich zwei
+Jahr in--
+
+Astragalus (faßt ihn am Halse).
+Ich erdroßle Ihn, wenn Er noch einen Buchstaben mehr dazu
+sagt.
+
+Habakuk.
+Zu Hülfe! Zu Hülfe!
+
+Rappelkopf (springt dazwischen).
+Aber Herr Schwager, das hätt ich meinem Leben nicht geglaubt.
+
+Astragalus (hält ihn noch immer).
+Wo warst du zwei Jahr, warst du in Paris?
+
+Habakuk (schreit ängstlich).
+Nein, in Stockerau.
+
+Astragalus.
+Also geh hin, wo der Pfeffer wächst. (Stoßt ihn zur Tür hinaus.)
+
+Rappelkopf.
+Ich find doch, daß ich etwas Abstoßendes in meinem Betragen
+habe. Wenn das so fortgeht, so käm ich mit mir selbst nicht
+draus. Ja so! Mein Geld muß ich wieder einstecken. Wir haben
+ja eine Kassa, das ist kommod, wenns der eine wegwirft, hebts
+der andere auf. Und wenn nur das nicht wär, daß, was ihm
+geschieht, auch mir geschehen muß. Und wie lang er draußen
+bleibt, ganz erhitzt, wenn er sich erkühlt, so kriegen wir
+die Kolik. (Astragalus tritt ein.)
+
+Astragalus.
+Weil ich im Wald keine Ruh hab, so sollen sie auch von mir
+keine haben. Denn sie sind boshaft, sie könnten mich vergiften.
+(Setzt sich in einen Stuhl.)
+
+Rappelkopf.
+Das sind so übertriebene Sachen. Wenn er nur etwas mit sich
+reden ließ'. Herr Schwager!
+
+Astragalus (wendet ihm den Rücken zu).
+Hinaus! Ungeheuer!
+
+Rappelkopf.
+So hab ichs akkurat gemacht. (Laut.) Aber warum denn? Wir
+sind ja die besten Freunde.
+
+Astragalus.
+Ich bin keines Menschen Freund. Und Sie will ich gar nicht
+ansehen. Ihr Gesicht ist mir verdächtig.
+
+Rappelkopf.
+Sie werden mich doch für keinen Betrüger halten?
+
+Astragalus.
+Das nicht, aber man erinnert sich an einen, wenn man Sie ansieht.
+
+Rappelkopf.
+Ah, das ist impertinent, diese Grobheit hätt ich mir nicht
+zugetraut. Und doch erinnere ich mich auf ähnliche Worte.
+
+Astragalus (zum Fenster hinaus).
+Halt, wer schleicht da zur Tür hinaus? Donner und Blitz, das
+ist der junge Maler, der war bei meiner Tochter.
+
+Rappelkopf.
+Jetzt wirds angehn.
+
+Astragalus.
+Wart, du kommst mir nicht mehr aus. (Springt zur Tür hinaus
+und stößt Rappelkopf der ihm im Weg steht, auf die Seite.)
+
+Rappelkopf.
+Ich bin ja ein rasender Mensch. Ich fang mir ordentlich an
+selbst zuwider zu werden. Das hätt ich meinen Leben nicht
+gedacht.
+
+Astragalus (von innen, schreiend).
+Sie müssen herein, ich lasse Sie nicht los.
+
+Rappelkopf.
+Hat ihn schon bei der Falten.
+
+Astragalus (von innen).
+Herein, sag ich.
+
+Rappelkopf.
+Und wie er schreit! und das geht alles auf meine Rechnung.
+Bis die Gschicht ein Ende hat, ruiniert er mir noch meine
+ganze Brust.
+
+
+(Astragalus zerrt August an der Hand herein.)
+
+Astragalus.
+Herein, du Verführer meines Kindes! Wie können Sie es wagen,
+mein Haus zu betreten? Wer gibt Ihnen ein Recht dazu?
+
+Rappelkopf.
+Das ist wieder gut gesprochen, das gefällt mir.
+
+August (ganz bleich).
+Meine Liebe, Herr von Rappelkopf, und meine redlichen
+Absichten.
+
+Astragalus.
+Sie sollen gar keine Absichten haben, weil Sie keine
+Aussichten haben.
+
+Rappelkopf.
+Bravo!
+
+Astragalus.
+Ich kann mein Kind verheiraten, an wen ich will, denn ich
+bin Vater.
+
+Rappelkopf.
+Bravissimo!
+
+Astragalus.
+Und es ist eine Frechheit von Ihnen, daß Sie sich gegen
+meine Erlaubnis in mein Haus zu schleichen suchen, um mein
+Kind von dem Gehorsam gegen seinen Vater abzubringen.
+
+Rappelkopf.
+Sehr schön, ich muß mich selber loben.
+
+August.
+Herr von Rappelkopf, ich beschwöre Sie bei allen Gefühlen,
+welche Ihr leidenschaftliches Herz je bestürmten, haben Sie
+Nachsicht mit den meinigen. Ich kann ohne Ihre Tochter nicht
+leben, ich war drei Jahre abwesend, und meine Gesinnungen
+haben sich nicht verändert. Ich besitze ein kleines Vermögen,
+habe mich in meiner Kunst verbessert, schenken Sie mir Ihre
+Einwilligung, nie werde ich Ihre Gnade vergessen, und Sie
+werden einen dankbaren Sohn an mir gewinnen.
+
+Rappelkopf.
+Das ist kein gar so schlechter Mensch, er soll doch nicht so
+hart mit ihm sein.
+
+Astragalus.
+Ich traue Ihren Worten nicht, denn Falschheit blickt aus Ihrem
+Auge. Darum wagen Sie es nicht mehr, meine Schwelle zu betreten.
+Eh steht mein Tor hungrigen Wölfen offen, eh laß ich Raben
+unter meinem Dache nisten, eh will ich giftge Schlangen an
+dem Busen nähren, eh laß ich alle Seuchen hier im Hause wüten
+und will die Pest zu meinem Tische laden, eh ich nur Ihrer
+Lunge einen Atemzug in meinem Schloß erlaube.
+
+Rappelkopf.
+Das ist ein Unsinn ohnegleichen. Es ist beinah nicht zu glauben,
+daß ein Mensch so sein kann.
+
+August.
+Herr von Rappelkopf, wenn Ihnen das Leben eines Menschen etwas
+gilt, so reizen Sie meine Leidenschaft nicht auf das höchste--
+Herr von Silberkern, nehmen Sie sich meiner an.
+
+Rappelkopf.
+Ich kann ja nicht, ich bin froh, wenn er mich selber nicht
+hinauswirft.
+
+August.
+Also wollen Sie mir mit Gewalt das Leben rauben?
+
+Astragalus (boshaft).
+Sie würden mich sehr verbinden, wenn Sie mir es zum Geschenke
+machen wollten.
+
+Rappelkopf (entrüstet).
+Ah, das ist infam--Herr Schwager (Geht auf Astragalus zu.)
+
+Astragalus (fährt heftig auf ihn los).
+Schweigen Sie! Sie sind auch im Komplott mit ihm, aber ich
+schwöre es Ihnen bei dem glühenden Eingeweide des Vesuvs: wenn
+Sie es wagen, mein Kind in dieser Leidenschaft zu unterstützen,
+wenn Sie nur eine Miene machen, meine Ansichten zu mißbilligen,
+so werden Sie ein Andenken nach Venedig mit zurücknehmen, daß
+ganz Italien darüber in Entsetzen geraten soll. (Ab ins
+Nebenzimmer.)
+
+
+
+Elfter Auftritt
+
+Rappelkopf. August.
+
+
+Rappelkopf.
+Nein, das ist nicht mein Ebenbild. Der übertreibt. Das ist
+ein schauderhafter Mensch, ich krieg einen ordentlichen Haß
+auf ihn. Wenn der so fortwütet, in acht Tagen sind wir alle
+zwei hin.
+
+August (der mit sich gekämpft).
+Leben Sie wohl, Herr von Silberkern, grüßen Sie mein Malchen
+und vergessen Sie mich nicht.
+
+Rappelkopf.
+Wo wollen Sie denn hin?
+
+August.
+Fragen Sie mich nicht. Ich kann ohne Amalie nicht leben--
+(Will fort.)
+
+Rappelkopf.
+So sein Sie nur ruhig, ich geh Ihnen mein Wort, Sie bekommen
+sie.
+
+August.
+Wenn aber der Vater nicht will?
+
+Rappelkopf.
+Er will schon, der Vater, sorgen Sie sich nicht. Gehen Sie
+jetzt unterdessen fort, ich werde alles ausgleichen, und wenn
+Sie Liebesbriefe haben, so geben Sie s' mir, ich werd sie
+schon besorgen.
+
+August.
+Ach bester Onkel, ich muß Sie umarmen, o Freude, Freude,
+verlassen Sie mich nicht, sagen Sie meinem Malchen--
+
+Rappelkopf.
+Gehen Sie nur--
+
+August.
+Nie werd ich Ihre Güte vergessen--
+
+Rappelkopf (drängt ihn zur Tür hinaus).
+Auf Wiedersehn! (Allein.) Das ist ein passabler Mensch. Den
+hab ich beinahe verkannt. Überhaupt fängt es bei mir an, etwas
+Tag zu werden.
+
+
+
+Zwölfter Auftritt
+
+Habakuk. Voriger.
+
+
+Habakuk.
+Euer Gnaden verzeihen, daß ich meine Zuflucht zu Ihnen nimm,
+mit meinen gnädigen Herrn zu reden, ist zu halsbrecherisch.
+Da sind Euer Gnaden viel gütiger. Euer Gnaden haben mir doch
+nur Arm und Bein entzwei schlagen wollen, und unter zwei Übeln
+muß man das kleinste wählen, und da bin ich also an Euer Gnaden
+geraten.
+
+Rappelkopf.
+Das ist gar ein dummer Mensch, ich kann gar nicht begreifen,
+wie mich etwas beleidigen hat können von ihm. Nu was hat Er
+denn?
+
+Habakuk.
+Ein Anliegen, Euer Gnaden.
+
+Rappelkopf.
+Was denn für eines?
+
+Habakuk.
+Sehen Euer Gnaden, ich--(Hält inne und seufzt tief.) Ich
+halts nicht aus.
+
+Rappelkopf.
+Was hält Er nicht aus? (Beiseite.) Das ist ein unerträglicher
+Kerl, mir steigt schon die Gall auf.
+
+Habakuk.
+Euer Gnaden wissen, daß ich das Bewußte nicht mehr sagen darf,
+und wenn das nicht anders wird, so muß ich zugrunde gehen.
+
+Rappelkopf.
+Aber was hat Er denn davon, wenn Er sagt, daß Er zwei Jahr in
+Paris war?
+
+Habakuk.
+Unendlich viel, es hat alles viel mehr Achtung vor einem. Das
+hab ich schon viel hundertmal an andern bemerkt. Kurz, wenn
+ich das verschweigen muß, ich bekomme eine Gemütskrankheit,
+ich geh drauf.
+
+Rappelkopf (unwillkürlich lächelnd).
+Ich weiß nicht, soll ich mich ärgern oder soll ich lachen.
+
+Habakuk.
+Ich unterdruck es immer, und das macht mir Beklemmungen.
+Denn ich war zwei--(Setzt ab.) Sehn Euer Gnaden, mir wird
+völlig nicht gut.
+
+Rappelkopf.
+Ja wegen was darf Ers denn nicht sagen?
+
+Habakuk.
+Er jagt mich ja fort.
+
+Rappelkopf.
+Wenn er es aber nicht hört?
+
+Habakuk.
+Ja was glauben Sie denn, was der für Ohren hat, die gehn ja
+ins Unendliche.
+
+Rappelkopf.
+Schimpft in einem fort über mich und weiß es nicht. Was ich
+für Grobheiten einstecken muß! (Scharf.) Wenn ers befohlen
+hat, so muß Ers tun, ich kann Ihm nicht helfen.
+
+Habakuk.
+Also keine Rettung. Ich empfehl mich Euer Gnaden! aber es
+wird eine Zeit kommen, wo es zu spät ist. Ich habe meinen
+Dienst ordentlich versehen, ich hab keinen Kreuzer veruntreut,
+aber das ist meine Leidenschaft, von der kann ich nicht lassen.
+
+Rappelkopf.
+Nu so sag Ers--
+
+Habakuk.
+Ich trau mich nicht.
+
+Rappelkopf.
+Auf meine Verantwortung.
+
+Habakuk.
+Lassen sich Euer Gnaden statt mir fortjagen?
+
+Rappelkopf.
+Nun ja--
+
+Habakuk.
+Nun so versichre ich Euer Gnaden, ich war zwei Jahr in Paris,
+aber das werd ich Ihnen nicht vergessen. (Atem schöpfend, als
+fühlte er sich erleichtert.) Das ist eine Wohltat, die nicht
+zu beschreiben ist.
+
+Rappelkopf.
+Also ich erlaub es Ihm, von diesem Augenblick an, es wieder
+zu sagen, unter der Bedingung, daß Er nicht mehr über seinen
+Herrn schimpft.
+
+Habakuk.
+Oh, das ist ein Mann, wies gar keinen mehr gibt. Und jetzt
+erlauben Euer Gnaden, daß ich Euer Gnaden umarmen darf. Euer
+Gnaden sind mein Wohltäter, mein Vater! Heut bringt kein
+Mensch mehr ein anderes Wort aus mir heraus als: Ich war
+zwei Jahr in Paris. (Ab.)
+
+Rappelkopf (allein).
+Es ist unglaublich, der eine möcht gern ewig verliebt sein,
+und dieser ist wieder zufrieden, wenn man ihm erlaubt, daß
+er sagen darf, daß er zwei Jahr in Paris gewesen ist. Es
+ist lächerlich, und doch findet er seinesgleichen. Es hat
+halt jedermann sein Steckenpferd.
+
+Arie
+Die Welt, ich schreib ihr die Devise,
+Ist bloß ein wahnberauschter Riese.
+Der eine spräch gern mit den Sternen,
+Der andre möcht gern gar nichts lernen,
+Der dritte denkt, zum Existieren
+Müßt sich die Menschheit parfümieren.
+Der läuft im Wahn dem Wasser zu,
+Der andre läßt dem Wein kein Ruh.
+Der ist so blöd wie ein Stück Holz,
+Und jener kennt sich nicht vor Stolz.
+Der sitzt und erbt zehntausend Gulden,
+Der läuft herum und ist voll Schulden.
+Oft möcht der eine avancieren,
+Der andre möcht sich retirieren.
+Der Blinde möcht gern Augen finden,
+Und mancher sieht und möcht erblinden.
+
+So dreht die Welt sich immer fort
+Und bleibt doch stets an einem Ort.
+Der Egoismus ist die Achse,
+Der Hochmut zahlt am End die Taxe.
+Die Erd, es kömmt darauf heraus,
+Ist nur im Grund ein Irrenhaus.
+Und wie ich nach und nach gewahr,
+So bin ich selbst ein großer Narr.
+
+
+
+Dreizehnter Auftritt
+
+Voriger. Sophie, Malchen und Lischen treten ein.
+
+
+Sopie.
+Lieber Bruder, was sagst du zu dem Betragen meines Mannes?
+Hab ich das um ihn verdient?
+
+Rappelkopf.
+Nein, liebe Schwester, so lang ich da bin, nicht. (Beiseite.)
+Wenn nicht noch was nachkommt.
+
+Malchen (weint).
+Ach Onkel, jetzt ist mein Unglück entschieden.
+
+Rappelkopf.
+So tröste dich, Malchen! (Beiseite.) Nur um das Kind ist
+mir leid, an den andern allen liegt mir nichts.
+
+
+(Man hört von innen läuten.)
+
+Lischen.
+Er läutet. Wer geht denn jetzt hinein?
+
+Sopie.
+Mich will er ja nicht sehen.
+
+Rappelkopf.
+Und ich mag ihm nicht sehen.
+
+Lischen.
+Ich trau mich nicht hinein.
+
+Malchen.
+Ich auch nicht, liebe Mutter.
+
+Rappelkopf.
+Ich bin ungemein beliebt.
+
+Malchen.
+Lieber Onkel, gehen Sie!
+
+Rappelkopf.
+Ich? Ich nicht. (Beiseite.) Ich fürcht mich vor mir selber.
+
+
+(Es läutet wieder.)
+
+Sopie.
+Er läutet wieder. Ich muß doch--
+
+Lischen (schnell).
+Ich geh schon, gnädge Frau. (Steckt den Kopf zur Kabinettstür
+hinein und ruft.) Was befehlen Ihro Gnaden?
+
+Astragalus.
+Frisches Wasser! schnell!
+
+Alle drei.
+Was ist ihm denn?
+
+Lischen.
+Er sitzt erhitzt am Fenster, es scheint ihm nicht wohl zu
+sein, er ruft nach Wasser.
+
+Sopie.
+Bring Sie welches. Wenn er nur nicht krank wird!
+
+
+(Lischen geht ab.)
+
+Rappelkopf.
+Nu wär nicht übel, das könnt ich brauchen.
+
+Sopie.
+Am Ende trifft ihn noch der Schlag.
+
+Rappelkopf.
+Hör auf, mir wird schon völlig bang.
+
+Sopie.
+Gib die Hausapotheke her! Niederschlagendes Pulver!
+
+Rappelkopf.
+Nur geschwind etwas Niederschlagendes.
+
+Malchen (nimmt sie aus dem Schrank).
+Hier ist sie.
+
+Lischen (ein Glas Wasser bringend).
+Hier ist Wasser!
+
+Rappelkopf.
+Wartet nur, ich werd es selbst hineinrühren. (Tut es.
+Für sich.) Ich muß ja schauen auf mich, was wär denn das?
+
+Lischen (die am Kabinett gehorcht, springt weg davon).
+Er kömmt.
+
+
+
+Vierzehnter Auftritt
+
+Vorige. Astragalus aus dem Kabinette.
+
+
+Astragalus.
+Also so werden meine Befehle respektiert? (Zu Sophie.) Was
+machst du hier? Was hat der Maler hier im Hause wollen? Wir
+sprechen uns schon noch.
+
+Sopie.
+So sei nur ruhig, lieber Mann, dir ist nicht wohl, setz dich
+doch und nimm Arznei. (Sie reicht ihm das Glas.)
+
+Astragalus (wild).
+Wasser will ich, und sonst nichts.
+
+Sopie.
+Du mußt, ich darf dich nicht erkranken lassen. So nimm, ich
+bitte dich.
+
+Astragalus.
+Nein!
+
+Malchen.
+Lieber Vater, nehmen Sie.
+
+Rappelkopf.
+Es gehört wirklich eine Geduld dazu. Ich möcht mich selbst
+ohrfeigen, aber auf seinem Gesicht.
+
+Astragalus.
+So gib denn her. (Er nimmt das Glas.) Hölle, was ist das?
+der Trank ist trübe. Gesteh, du hast ihn mir vergiftet.
+
+Malchen.
+Aber Vater--
+
+Lischen.
+Gnädger Herr!
+
+Astragalus.
+Da hilft kein Leugnen mehr, der Trank ist Gift.
+
+Rappelkopf.
+Ah, das ist noch über den Zichori.
+
+Sopie.
+So hör doch nur, es ist ja niederschlagendes Pulver.
+
+Astragalus.
+Es ist nicht wahr.
+
+Rappelkopf.
+Ich schlag ihn noch ohne Pulver nieder.
+
+Astragalus (wirft das Glas um die Erde).
+Ich bin in meinem eignen Haus des Lebens nicht mehr sicher.
+
+Rappelkopf.
+Entsetzlich! meine eigenen Worte.
+
+Astragalus.
+Mein Weib ist eine Mörderin. Darum herab mit euch, ihr
+Früchte, die für meinen Haß gereift. (Entreißt Sophien ihre
+Halskette, woran sein Porträt hängt.) Was trägst du hier
+am Hals? hinweg damit, du sollst kein Angedenken von mir
+tragen als den Fluch, womit ich deine Bosheit krönen will.
+So hör mich denn, du mörderisches Weib--
+
+Rappelkopf.
+Genug, genug! das ist der ganze Narr wie ich, ich kann mich
+selber nicht mehr anschauen mehr.
+
+Sopie (fällt in einen Stuhl).
+Ich unglückselges Weib!
+
+Astragalus.
+Verlaß mein Schloß, ich will allein hier hausen, und mein
+Geschäft heißt Menschenhaß. Ich will von dir und von der Welt
+nichts wissen mehr, verwünsche dich, verwünsch mein Kind--
+
+Rappelkopf.
+Nein Sapperment, jetzt wirds mir z'viel. Der Mensch verflucht
+mir 's ganze Haus.
+
+Astragalus.
+Geh hin zu deinem Maler, treib es bunt, wie ein Chamäleon
+sollst du in allen Farben prangen, werd grün vor Galle,
+blau von Schlägen, rot vor Schande, weiß vor Kummer, gelb
+von Fieber, grau vom Alter und--
+
+Rappelkopf (freudig).
+Das ist gscheid, jetzt gehn ihm d' Farben aus.
+
+Astragalus.
+Doch laß dich nimmermehr vor meinen Antlitz sehen, verleugne
+mich, ich bin dein Vater nicht--
+
+Malchen (umklammert weinend seine Knie).
+Vater, Barmherzigkeit, verstoßen Sie mich nicht!
+
+Astragalus.
+Hinweg von mir! (Stoßt sie fort.)
+
+Rappelkopf.
+Das leid ich nicht--potz Donnerkeil und Wolkenbruch--Nun
+hab ichs satt, ich muß mich um meine Familie annehmen. Der
+Mensch ruiniert mir Weib und Kind. Sapperment! Sie sind kein
+Mensch, ein Teufel sind Sie, der mich schwärzer darstellt,
+als ich bin.
+
+Astragalus.
+Du kommst mir eben recht, du schändlicher Betrüger! Gib mir
+Genugtuung dafür, daß du Komplotte hinter meinem Rücken
+schmiedest. Gib Rechenschaft--(er packt ihn an der Brust)
+wie mein Vermögen steht--
+
+Malchen.
+Zu Hülfe! Onkel!
+
+Sopie (gleichzeitig).
+Zu Hülfe! Bruder!
+
+Lischen (gleichzeitig).
+Zu Hülfe!
+
+Rappelkopf.
+Was? anpacken? Ha, Entehrung! Satisfaktion, Duell!
+
+
+(Alle Hausleute.)
+
+Astragalus.
+Pistolen her!
+
+Rappelkopf.
+Kanonen her!
+
+Astragalus (nimmt Pistolen von der Wand).
+Hier sind sie schon.
+
+Rappelkopf.
+Das wird ein Treffen wie bei Navarin.
+
+Sopie.
+Mann, ich bitte dich um alles in der Welt!
+
+Astragalus.
+Umsonst!
+
+Malchen.
+Onkel, sind Sie doch vernünftig!
+
+Rappelkopf.
+Geh weg, ich hab keine Zeit dazu.
+
+Astragalus.
+Fünf Schritte sind genug. Wir schießen uns zugleich. Zähl drei!
+
+Sopie.
+Versöhnt euch doch!
+
+Rappelkopf.
+Wir sind die besten Freund, jetzt sind wir erst auf du und
+du. Geh fort, ich muß. (Zählt und zielt.) Eins, zwei--
+
+Sopie (fällt in Ohnmacht).
+Ach!
+
+Rappelkopf.
+Die fallt schon um, ich hab noch gar nicht gschossen.
+
+Malchen.
+Die Mutter stirbt!
+
+Rappelkopf.
+Sie soll noch warten, sag!
+
+Astragalus.
+Drück los!
+
+Malchen (umschlingt ihren Vater).
+Ach Onkel, halten Sie, sonst töten Sie zwei Menschen.
+
+Rappelkopf (prallt zurück).
+Was? Himmel, jetzt fallt mir was ein, ich kann mich gar
+nicht duellieren mit ihm! Wir haben nur alle zwei ein
+Leben. Wann ich ihm erschieß, so schieß ich mich selber
+tot. Wenn ich jetzt losdruckt hätt, jetzt wärs schon gar.
+
+Astragalus.
+Mach fort! warum besinnst du dich?
+
+Rappelkopf.
+Nu wenn sich einer da nicht besinnen soll, hernach gehts recht.
+
+Astragalus.
+Nur einer fällt, ich oder du.
+
+Rappelkopf.
+Das kann nicht sein, wir falln in Kompagnie.
+
+Astragalus.
+Gleichviel, es geht auf Leben und Tod. (Zielt.)
+
+Rappelkopf.
+Halt, es geht auf Tod und Tod.
+
+Astragalus (geht auf ihn zu).
+Warum willst du nicht schießen, feiger Wicht?
+
+
+(Sophie hat sich indessen erholt.)
+
+Rappelkopf.
+Weil mich meine Schwester dauert--ich will sie nicht zur
+Witwe machen--, und ihr Kind, und ihr Schwager, und die
+ganze Freundschaft. (Beiseite.) Das ist eine Schande, ich
+weiß gar nimmer, was ich sagen soll.
+
+Astragalus.
+Ich will mein Leben nicht für sie erhalten, und dir will
+ichs am wenigsten verdanken. Es gilt mir nichts, ich werf
+ihn weg, den unschmackhaften Rest des altgewordnen Seins,
+ich brauch ihn nicht.
+
+Rappelkopf.
+Wie der mit meinem Leben herumwirft, und ihm gehts gar
+nichts an.
+
+Astragalus.
+Doch deine Feigheit will ich nicht hier dulden, du packst
+dich fort aus meinem Haus, sonst werf ich dich hinaus--
+
+Rappelkopf.
+Jetzt wirft er mich gar aus meinen eignen Haus? Der Mensch
+spielt noch Ballon mit mir, und bring ich ihn recht in Zorn,
+so trifft uns alle zwei der Schlag. Ich weiß gar nicht, was
+er noch immer will, ich sehs ja ein, ich war ein unvernünftig
+Tier, ein Tiger, drum will ich wissen, was denn jetzt noch
+kommt. (Habakuk mit einem Brief tritt schnell ein.)
+
+Habakuk (eintönig).
+Ein Brief.
+
+Rappelkopf.
+Aus Paris? Du Dummkopf!
+
+Habakuk.
+Nein, dasmal ist er aus Venedig.
+
+Astragalus (schießt darauf los).
+Aus Venedig? her damit!
+
+Rappelkopf.
+Her damit! Der intressiert mich selbst. (Will hineingehen.)
+
+Astragalus (fährt ihn an).
+Was wollen Sie?
+
+Rappelkopf (erschrickt).
+Ja so! Jetzt darf ich meine eignen Briefe nicht lesen.
+Verdammter Doppelgänger du! (Astragalus wird während des
+Lesens unruhig und bleich und zittert.) Das muß eine schöne
+Nachricht sein.
+
+Astragalus (läßt zitternd das Blatt fallen und sagt mit
+Entsetzen).
+Ich bin verloren!
+
+Rappelkopf (fängt zum zittern an).
+So bin ichs auch.
+
+Astragalus (sinkt in einen Stuhl.)
+Mir wird nicht wohl.
+
+Rappelkopf.
+Und mir wird übel. (Sinkt in den gegenüberstehenden Stuhl.)
+
+Astragalus.
+Ich geh zugrunde
+
+Rappelkopf.
+Ich bin schon hin.
+
+Alle.
+Wasser! Wasser!
+
+
+(Die Weiber sind besorgt. Lischen läuft ab.)
+
+Astragalus (springt auf).
+Wasser! Ja, ihr erinnert mich darauf. (Zu Rappelkopf) Du
+Verräter bist an allem schuld. (Stürzt ab.)
+
+Rappelkopf (springt auch auf).
+Nein, mein Schwager ist an allem schuld! Wo ist der Brief?
+(Liest. Erstarrt.) »Mein Herr, ich berichte Ihnen, daß das
+Handlungshaus, bei welchem Ihr Vermögen liegt, ge--ge--
+fallen ist.« Ich lieg schon da--ich streck schon alle vier
+von mir. (Lischen kommt zitternd.)
+
+Lischen.
+Hülfe! Hülfe! der gnädge Herr ist fort, er ruft, er wolle
+sich ersäufen, er stürzt sich in den Strom.
+
+Sopie.
+Mein Mann!
+
+Malchen.
+Der Vater!
+
+Alles.
+Eilt ihm nach! (Alles stürzt ab.)
+
+Rappelkopf (kann vor Angst nicht von der Stelle).
+Halts ihn auf, den unglückselgen Kerl, was der Mensch mit
+meim Leben treibt! Ich komm aus einen Tod in den andern
+hinein. (Die Knie brechen ihm.) Ich kann nicht fort, er
+springt hinein. Er ist schon drin, ich fang zum schwimmen
+an. (Schleppt sich fort.) Der Himmel steh mir bei, dasmal
+ein Menschenfeind, in meinem Leben nimmermehr. Verzweiflung,
+gib mir Kraft, sonst muß ich untergehn. (Ab.)
+
+
+
+Fünfzehnter Auftritt
+
+Verwandlung
+Freie Gegend vor dem Schlosse. Im Hintergrunde ein tiefer
+Strom, an der Seite ein hoher Fels.
+
+Alle Hausleute. Malchen. August. Astragalus wird gehalten.
+Sophie kniet vor ihm. Gruppe.
+
+
+Chor.
+Haltet ihn, haltet ihn!
+Seht, er will entrinnen.
+Laßt ihn nicht, laßt ihn nicht,
+Denn er ist von Sinnen!
+
+(Astragalus reißt sich los und eilt auf den Fels. In dem
+Augenblick erscheint)
+
+Rappelkopf (und ruft).
+Halt!
+
+
+(Astragalus springt hinab. Rappelkopf fällt ohnmächtig in
+die Arme seiner Frau und Tochter.)
+
+
+Schnelle Verwandlung in den Tempel der Erkenntnis. Hohe
+Säulen von Kristall mit Gold geziert. Auf der Hinterwand
+eine große Sonne, in deren Mitte die Wahrheit schwebt. Vor
+ihr ein Opferaltar. Astragalus' Gestalt, welche in das
+Wasser sprang, war eine falsche. Dieser zeigt sich nun
+wie zu Anfang des zweiten Aktes. Mit ihm ideal gekleidete
+Alpengeister. Rappelkopf hat sich indessen in seine wahre
+Gestalt verwandelt. Sophie. Malchen. August.
+
+Astragalus (zu Rappelkopf).
+Willkommen hier in der Erkenntnis hellstrahlendem Tempel,
+im wahrheiterleuchteten Saale. Ich sehe dich beschämt und
+reuergriffen vor mir stehen.
+
+Rappelkopf.
+Ja leb ich denn noch? Bin ich denn nicht in Kompagnie ersoffen?
+
+Sopie.
+Du lebst noch, lieber Mann!
+
+Malchen.
+Sie leben, lieber Vater!
+
+Rappelkopf.
+Und künftig nur für euch. (Umschlingt sie beide.) Wenn ich
+euch nicht zu schlecht bin, daß ihr für mich auch lebt.
+
+Astragalus.
+Du hast nun Menschenhaß geschaut und eines Menschenfeindes
+Ende.
+
+Rappelkopf.
+Und ist er denn wirklich hin, dieser verwünschte
+Lebenskompagnon, dieses Zerrbild meiner Unverträglichkeit?
+
+Astragalus.
+Er ist verschwunden wie dein Menschenhaß.
+
+Rappelkopf.
+Nu das waren ein Paar saubre Leute, ich bin froh, daß ich
+sie losgeworden bin. Aber weil Eure Hoheit gar so viel
+vermögend sind, könnten Sie denn nicht auch etwas über
+mein verlornes Vermögen vermögen. Damit ich auch meinem
+Schwager verzeihen könnt, weil er der einzige ist, den ich
+noch hasse. (Man hört ein Posthorn. Linarius, als Postknecht
+gekleidet, mit Herrn von Silberkern.)
+
+Linarius.
+Hier lad ich meinen Passagier von seiner Wolkenreise ab.
+Die Alpenluft hat ihm recht gut getan.
+
+Silberkern.
+Nu wart, du saubrer Postillon! Herr Schwager, seh ich Sie
+einmal?
+
+Rappelkopf.
+Sie sind mir schon der liebste Schwager, jetzt kommt er erst
+daher, wenn schon alles vorbei ist. Sie sind an meinem Unglück
+schuld, ich bin ein Bettler.
+
+Silberkern.
+Von einmalhunderttausend Gulden Münze, die ich ohne Ihre
+Einwilligung bei dem Bankier erhoben habe, bevor das Haus
+noch fiel. Weil ich Wind bekam und Ihr Vermögen retten
+wollte, das ich Ihnen hier in Wechseln übergebe.
+
+Rappelkopf.
+Ach, das ist ein Schwager, den laß ich mir gfallen, der
+bringt doch was ins Haus. (Umarmt ihn, Silberkern umarmt
+Sophie.) Kinder, mein Vermögen, die Menge Wechsel, ich bin
+völlig ausgewechselt vor lauter Freuden. Herr Schwager, das
+werd ich Ihnen nie vergessen.
+
+Silberkern.
+Zahlen Sie mir lieber meine Angst, die ich Ihretwegen ausstehn
+mußte.
+
+Rappelkopf.
+Ich geh Ihnen die meinige dafür, Sie kommen nicht zu kurz.
+
+Silberkern.
+Aber wie hängt denn das alles zusammen?
+
+Rappelkopf.
+Freund, das werden wir Ihnen morgen früh erzählen, sonst möcht
+es den Leuten zu viel werden. Denn ich hab heut schon so viel
+geredet, daß ich nichts mehr sagen kann als: (zu August)
+Sie sind mein Schwiegersohn. Nehmen Sie sie hin. Aber Sie
+sind ein Maler, schmieren Sie s' nicht an. Lieben Sie s' so,
+wie ich Sie unrechterweise gehaßt habe, dann kann sie schon
+zufrieden sein.
+
+August, Malchen (zugleich).
+Bester Vater!
+
+Rappelkopf (auf den Alpenkönig zeigend).
+Dort bedankt euch.
+
+August, Malchen (stürzen zu Astragalus' Füßen).
+Großer Alpenkönig, Dank!
+
+Astragalus (mit Rührung).
+Ich hab dir gestern einen Kranz versprochen,
+Als ich dein Leid im Alpentale sah.
+Du siehst, ich habe nicht mein Wort gebrochen,
+Das Leid ist fort, der Kranz ist da.
+
+
+(Er nimmt einen Kranz aus schönen Alpenblumen von glänzender
+Folio, den ihm einer von den Alpengeistern reicht, und setzt
+ihn Malchen auf.)
+
+So nimm ihn hin, du Mädchen seltner Art,
+Das treulich hält, was liebend es verspricht,
+Und weil ich euch so väterlich gepaart,
+Vergeßt auch auf den Alpenkönig nicht.
+
+
+(Geht ab.)
+
+Rappelkopf.
+Kinder, ich bin ein pensionierter Menschenfeind, bleibt bei
+mir, und ich werde meine Tage ruhig im Tempel der Erkenntnis
+verleben.
+
+Schlußgesang
+Erkenntnis, du lieblich erstrahlender Stern,
+Dich suchet nicht jeder, dich wünscht mancher fern.
+Zum Beispiel die Leute, die uns oft betrügn,
+Die wolln nicht erkannt sein, sonst würden s' nicht lügn.
+Doch seien vor allen die Schönen genannt,
+Die werdn von uns Männern am ersten erkannt.
+Die Guten, die brauchen schon längere Zeit,
+Obwohl die Erkenntnis dann ewig erfreut.
+
+Die Jugend will oft mit Erkennen sich messen,
+Die hat den Verstand schon mit Löffeln gegessen.
+Doch rückt nur das Alter einmal an die Reih,
+Dann kommt die Erkenntnis schon selber herbei.
+
+Der Mensch soll vor allem sich selber erkennen,
+Ein Satz, den die ältesten Weisen schon nennen,
+Drum forsche ein jeder im eigenen Sinn:
+Ich hab mich erkannt heut, ich weiß, wer ich bin.
+
+Erkannt zu sein wünscht sich vor allem die Kunst.
+Die feine Kokette bewirbt sich um Gunst.
+Und wird sie auch heute mit Ruhm nicht genannt,
+So werde denn doch nicht ihr Wille verkannt!
+
+
+Ende dieses Projekt Gutenberg Etextes Der Alpenkönig und
+der Menschenfeind, von Ferdinand Raimund.
+
+
+
+
+
+*** END OF THE PROJECT GUTENBERG EBOOK, DER ALPENKONIG UND DER MENSCHENFEIND ***
+
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+Project Gutenberg eBooks are often created from several printed
+editions, all of which are confirmed as Public Domain in the US
+unless a copyright notice is included. Thus, we usually do not
+keep eBooks in compliance with any particular paper edition.
+
+We are now trying to release all our eBooks one year in advance
+of the official release dates, leaving time for better editing.
+Please be encouraged to tell us about any error or corrections,
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+
+Please note neither this listing nor its contents are final til
+midnight of the last day of the month of any such announcement.
+The official release date of all Project Gutenberg eBooks is at
+Midnight, Central Time, of the last day of the stated month. A
+preliminary version may often be posted for suggestion, comment
+and editing by those who wish to do so.
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+http://gutenberg.net or
+http://promo.net/pg
+
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+Gutenberg, including how to donate, how to help produce our new
+eBooks, and how to subscribe to our email newsletter (free!).
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+Those of you who want to download any eBook before announcement
+can get to them as follows, and just download by date. This is
+also a good way to get them instantly upon announcement, as the
+indexes our cataloguers produce obviously take a while after an
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+http://www.ibiblio.org/gutenberg/etext04 or
+ftp://ftp.ibiblio.org/pub/docs/books/gutenberg/etext04
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+Just search by the first five letters of the filename you want,
+as it appears in our Newsletters.
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+Information about Project Gutenberg (one page)
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+We produce about two million dollars for each hour we work. The
+time it takes us, a rather conservative estimate, is fifty hours
+to get any eBook selected, entered, proofread, edited, copyright
+searched and analyzed, the copyright letters written, etc. Our
+projected audience is one hundred million readers. If the value
+per text is nominally estimated at one dollar then we produce $2
+million dollars per hour in 2002 as we release over 100 new text
+files per month: 1240 more eBooks in 2001 for a total of 4000+
+We are already on our way to trying for 2000 more eBooks in 2002
+If they reach just 1-2% of the world's population then the total
+will reach over half a trillion eBooks given away by year's end.
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+This is ten thousand titles each to one hundred million readers,
+which is only about 4% of the present number of computer users.
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+ 10 1991 January
+ 100 1994 January
+ 1000 1997 August
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+ 3000 2001 November
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