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+The Project Gutenberg EBook of Turandot, Prinzessin von China
+by Johann Christoph Friedrich von Schiller Schiller
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+this or any other Project Gutenberg eBook.
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+*****These eBooks Were Prepared By Thousands of Volunteers!*****
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+
+Title: Turandot, Prinzessin von China
+
+Author: Johann Christoph Friedrich von Schiller Schiller
+
+Release Date: September, 2004 [EBook #6505]
+[This file was first posted on December 24, 2002]
+[Most recently updated March 29, 2004]
+
+Edition: 10
+
+Language: German
+
+Character set encoding: ISO-8859-1
+
+*** START OF THE PROJECT GUTENBERG EBOOK, TURANDOT, PRINZESSIN VON CHINA ***
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+This book content was graciously contributed by the Gutenberg
+Projekt-DE. That project is reachable at the web site
+http://gutenberg2000.de.
+
+Dieses Buch wurde uns freundlicherweise vom "Gutenberg Projekt-DE" zur
+Verfügung gestellt. Das Projekt ist unter der Internet-Adresse
+http://gutenberg2000.de erreichbar.
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+
+
+Turandot, Prinzessin von China.
+
+Friedrich Schiller.
+
+Ein tragikomisches Märchen nach Gozzi.
+
+
+Personen:
+
+Altoum, fabelhafter Kaiser von China.
+Turandot, seine Tochter.
+Adelma, eine tartarische Prinzessin, ihre Sklavin.
+Zelima, eine andere Sklavin der Turandot.
+Skirina, Mutter der Zelima.
+Barak, ihr Gatte, ehmals Hofmeister des
+Kalaf, Prinzen von Astrachan.
+Timur, vertriebener König von Astrachan.
+Ismael, Begleiter des Prinzen von Samarcand.
+Tartaglia, Minister.
+Pantalon, Kanzler.
+Truffaldin, Aufseher der Verschnittenen.
+Brigella, Hauptmann der Wache.
+Doctoren des Divans.
+Sklaven und Sklavinnen des Serails.
+
+
+
+
+Erster Aufzug.
+
+Vorstadt von Peckin.
+
+Prospekt eines Stadtthors. Eiserne Stäbe ragen über demselben
+hervor, worauf mehrere geschorne, mit türkischen Schöpfen
+versehene Köpfe als Masken und so, daß sie als eine Zierrath
+erscheinen können, symmetrisch aufgepflanzt sind.
+
+
+
+Erster Auftritt.
+
+Prinz Kalaf, in tartarischem Geschmack, etwas phantastisch
+gekleidet, tritt aus einem Hause. Gleich darauf Barak, aus
+der Stadt kommend.
+
+
+Kalaf.
+Habt Dank, ihr Götter! Auch zu Peckin sollt' ich
+Eine gute Seele finden!
+
+Barak (in persischer Tracht, tritt auf, erblickt ihn und fährt
+erstaunt zurück).
+Seh' ich recht?
+Prinz Kalaf! Wie? Er lebt noch!
+
+Kalaf (ernennt ihn). Barak!
+
+Barak (auf ihn zueilend). Herr!
+
+Kalaf. Dich find' ich hier?
+
+Barak. Euch seh' ich lebend wieder!
+Und hier zu Peckin!
+
+Kalaf. Schweig! Verrath mich nicht!
+Beim großen Lama, sprich! Wie bist du hier?
+
+Barak. Durch ein Geschick der Götter, muß ich glauben,
+Da es mich hier mit Euch zusammenführt.
+An jenem Tag des Unglücks, als ich sah,
+Daß unsre Völker flohen, der Tyrann
+Von Tefflis unaufhaltsam in das Reich
+Eindrang, floh ich nach Astrachan zurück,
+Bedeckt mit schweren Wunden. Hier vernahm ich,
+Daß Ihr und König Timur, Euer Vater,
+Im Treffen umgekommen. Meinen Schmerz
+Erzähl' ich nicht; verloren gab ich Alles,
+Und sinnlos eilt' ich zum Palaste nun,
+Elmazen, Eure königliche Mutter,
+Zu retten; doch ich suchte sie vergebens!
+Schon zog der Sieger ein zu Astrachan,
+Und in Verzweiflung eilt' ich aus den Thoren.
+Von Land zu Lande irrt' ich flüchtig nun
+Drei Jahre lang umher, ein Obdach suchend,
+Bis ich zuletzt nach Peckin mich gefunden.
+Hier unterm Namen Hassan glückte mir's,
+Durch treue Dienste einer Wittwe Gunst
+Mir zu erwerben, und sie ward mein Weib.
+Sie kennt mich nicht; ein Perser bin ich ihr.
+Hier leb' ich nun, obwohl gering und arm
+Nach meinem vor'gen Loos, doch überreich
+In diesem Augenblicke, da ich Euch,
+Den Prinzen Kalaf, meines Königs Sohn,
+Den ich erzogen, den ich Jahre lang
+Für todt beweint, im Leben wieder sehe!
+--Wie aber lebend? Wie in Peckin hier?
+
+Kalaf. Nenne mich nicht. Nach jener unglücksel'gen Schlacht
+Bei Astrachan, die uns das Reich gekostet,
+Eilt' ich mit meinem Vater zum Palast;
+Schnell rafften wir das Kostbarste zusammen,
+Was sich an Edelsteinen fand, und flohn.
+In Bauerntracht verhüllt, durchkreuzten wir,
+Der König und Elmaze, meine Mutter,
+Die Wüsten und das felsigte Gebirg.
+Gott, was erlitten wir nicht da! Am Fuß
+Des Kaukasus raubt' eine wilde Horde
+Von Malandrinen uns die Schätze; nur
+Das nackte Leben blieb uns zum Gewinn.
+Wir mußten kämpfen mit des Hungers Qualen
+Und jedes Elends mannigfacher Noth.
+Den Vater trug ich bald und bald die Mutter
+Auf meinen Schultern, eine theure Last.
+Kaum wehrt' ich seiner wüthenden Verzweiflung,
+Daß er den Dolch nicht auf sein Leben zuckte;
+Die Mutter hielt ich kaum, daß sie, von Gram
+Erschöpft, nicht niedersank! So kamen wir
+Nach Jaik endlich, der Tartarenstadt,
+Und hier, an der Moscheen Thor, mußt' ich
+Ein Bettler flehen um die magre Kost,
+Der theuren Eltern Leben zu erhalten.
+--Ein neues Unglück! Unser grimm'ger Feind,
+Der Khan von Tefflis, voll Tyrannenfurcht,
+Mißtrauend dem Gerücht von unserm Tode,
+Er ließ durch alle Länder uns verfolgen.
+Vorausgeeilt schon war uns sein Befehl,
+Der alle kleinen Könige seiner Herrschaft
+Aufbot, uns nachzuspähn. Nur schnelle Flucht
+Entzog uns seiner Spürer Wachsamkeit--
+Ach, wo verbärg' sich ein gefallner König!
+
+Barak. O, nichts mehr! Eure Worte spalten mir
+Das Herz! Ein großer Fürst in solchem Elend!
+Doch sagt! Lebt mein Gebieter noch, und lebt
+Elmaze, meine Königin?
+
+Kalaf. Sie leben.
+Und wisse, Barak, in der Noth allein
+Bewähret sich der Adel großer Seelen.
+--Wir kamen in der Karazanen Land;
+Dort, in den Gärten König Keicobads,
+Mußt' ich zu Knechtes Diensten mich bequemen,
+Dem bittern Hungertode zu entfliehn.
+Mich sah Adelma dort, des Königs Tochter,
+Mein Anblick rührte sie, es schien ihr Herz
+Von zärtlichern Gefühlen, als des Mitleids,
+Sich für den fremden Gärtner zu bewegen.
+Scharf sieht die Liebe, nimmer glaubte sie
+Mich zu dem Loos, wo sie mich fand, geboren.
+--Doch weiß ich nicht, welch bösen Sternes Macht
+Der Karazanen König Keicobad
+Verblendete, den mächt'gen Altoum,
+Den Großkhan der Chinesen, zu bekriegen.
+Das Volk erzählte Seltsames davon.
+Was ich berichten kann, ist dies: Besiegt
+Ward Keicobad, sein ganzer Stamm vertilgt;
+Adelma selbst mit sieben andern Töchtern
+Des Königs ward ertränkt in einem Strome.
+--Wir aber flohen in ein andres Land;
+So kamen wir nach langem Irren endlich
+Zu Berlas an--Was bleibt mir noch zu sagen?
+Vier Jahre lang schafft' ich den Eltern Brod,
+Daß ich um dürft'ges Taglohn Lasten trug.
+
+Barak. Nicht weiter, Prinz. Vergessen wir das Elend,
+Da ich Euch jetzt in kriegerischem Schmuck
+Und Heldenstaat erblicke. Sagt. wie endlich
+Das Glück Euch günstig ward?
+
+Kalaf. Mir günstig! Höre!
+Dem Khan von Berlas war ein edler Sperber
+Entwischt, den er in hohem Werthe hielt.
+Ich fand den Sperber, überbracht' ihn selbst
+Dem König--Dieser fragt nach meinem Namen;
+Ich gebe mich für einen Elenden,
+Der seine Eltern nährt mit Lastentragen.
+Drauf ließ der Khan den Vater und die Mutter
+Im Hospital versorgen. (Er hält inne.) Barak! Dort,
+Im Aufenthalt des allerhöchsten Elends,
+Dort ist dein König--deine Königin.
+Auch dort nicht sicher, dort noch in Gefahr,
+Erkannt zu werden und getödtet!
+
+Barak. Gott!
+
+Kalaf. Mir ließ der Kaiser diese Börse reichen,
+Ein schönes Pferd und dieses Ritterkleid.
+Den greisen Eltern sag' ich Lebewohl;
+Ich gehe, rief ich, mein Geschick zu ändern,
+Wo nicht, dies traur'ge Leben zu verlieren!
+Was thaten sie nicht, mich zurückzuhalten
+Und, da ich standhaft blieb, mich zu begleiten!
+Verhüt' es Gott, daß sie, von Angst gequält,
+Nicht wirklich meinen Spuren nachgefolgt!
+Hier bin ich nun, zu Peckin, unerkannt,
+Viel hundert Meilen weit von meiner Heimath.
+Entschlossen komm' ich her, dem großen Khan
+Vom Lande China als Soldat zu dienen,
+Ob mir vielleicht die Sterne günstig sind,
+Durch tapfre That mein Schicksal zu verbessern.
+--Ich weiß nicht, welche Festlichkeit die Stadt
+Mit Fremden füllt, daß kein Karvanserai
+Mich aufnahm--Dort in jener schlechten Hütte
+Gab eine Frau aus gutem Herzen mir
+Herberge.
+
+Barak. Prinz, das ist mein Weib.
+
+Kalaf. Dein Weib?
+Preise dein Glück, daß es ein fühlend Herz
+Zur Gattin dir gegeben! (Er reicht ihm die Hand.)
+ Jetzt leb' wohl.
+Ich geh' zur Stadt. Mich treibt's, die Festlichkeit
+Zu sehn, die so viel Menschen dort versammelt.
+Dann zeig' ich mich dem großen Khan und bitt'
+Ihn um die Gunst, in seinem Heer zu dienen.
+
+(Er will fort. Barak hält ihn zurück.)
+
+Barak. Bleibt, Prinz! Wo wollt Ihr hin? Mögt Ihr das Aug'
+An einem grausenvollen Schauspiel weiden?
+O, wisset, edler Prinz--Ihr kamt hieher
+Auf einen Schauplatz unerhörter Thaten.
+
+Kalaf. Wie so? Was meinst du?
+
+Barak. Wie? Ihr wißt es nicht,
+Daß Turandot, des Kaisers einz'ge Tochter,
+Das ganze Reich in Leid versenkt und Thränen?
+
+Kalaf. Ja, schon vorlängst im Karazanenland
+Hört' ich dergleichen--und die Rede ging,
+Es sei der Prinz des Königs Keicobad
+Auf eine seltsam jammervolle Art
+Zu Peckin umgekommen--Eben dies
+Hab' jenes Kriegesfeuer angeflammt,
+Das mit dem Falle seines Reichs geendigt.
+Doch Manches glaubt und schwatzt ein dummer Pöbel,
+Worüber der Verständ'ge lacht--Darum
+Sag' an, wie sich's verhält mit dieser Sache?
+
+Barak. Des Großkhans einz'ge Tochter, Turandot,
+Durch ihren Geist berühmt und ihre Schönheit,
+Die keines Malers Pinsel noch erreicht,
+Wie viele Bildnisse von ihr auch in der Welt
+Herumgehn, hegt so übermüth'gen Sinn,
+So großen Abscheu vor der Ehe Banden,
+Daß sich die größten Könige umsonst
+Um ihre Hand bemüht--
+
+Kalaf. Das alte Märchen
+Vernahm ich schon am Hofe Keicobads
+Und lachte drob--Doch fahre weiter fort
+
+Barak. Es ist kein Märchen. Oft schon wollte sie
+Der Khan, als einz'ge Erbin seines Reichs,
+Mit Söhnen großer Könige vermählen.
+Stets widersetzte sich die stolze Tochter,
+Und, ach! zu blind ist seine Vaterliebe,
+Als daß er Zwang zu brauchen sich erkühnte.
+Viel schwere Kriege schon erregte sie
+Dem Vater, und obgleich noch immer Sieger
+In jedem Kampf, so ist er doch ein Greis
+Und unbeerbt wankt er dem Grabe zu.
+Drum sprach er einsmals ernst und wohlbedächtlich
+Zu ihr die strengen Worte: Störrig Kind!
+Entschließe dich einmal, dich zu vermählen,
+Wo nicht, so sinn' ein ander Mittel aus,
+Dem Reich die ew'gen Kriege zu ersparen;
+Denn ich bin alt; zu viele Kön'ge schon
+Hab' ich zu Feinden, die dein Stolz verschmähte.
+Drum nenne mir ein Mittel, wie ich mich
+Der wiederholten Werbungen erwehre,
+Und leb' hernach und stirb, wie dir's gefällt--
+Erschüttert ward von diesem ernsten Wort
+Die Stolze, rang umsonst, sich loszuwinden;
+Die Kunst der Thränen und der Bitten Macht
+Erschöpfte sie, den Vater zu bewegen;
+Doch unerbittlich blieb der Khan--Zuletzt
+Verlangt sie von dem unglücksel'gen Vater,
+Verlangt--Hört, was die Furie verlangte!
+
+Kalaf. Ich hab's gehört. Das abgeschmackte Märchen
+Hab' ich schon oft belacht--Hör', ob ich's weiß!
+Sie fordert' ein Edict von ihrem Vater,
+Daß jedem Prinzen königlichen Stamms
+Vergönnt sein soll, um ihre Hand zu werben.
+Doch dieses sollte die Bedingung sein:
+Im öffentlichen Divan, vor dem Kaiser
+Und seinen Räthen allen, wollte sie
+Drei Räthsel ihm vorlegen. Löste sie
+Der Freier auf, so mög' er ihre Hand
+Und mit derselben Kron' und Reich empfangen.
+Löst er sie nicht, so soll der Kaiser sich
+Durch einen heil'gen Schwur auf seine Götter
+Verpflichten, den Unglücklichen enthaupten
+Zu lassen.--Sprich, ist's nicht so? Nun vollende
+Dein Märchen, wenn du's kannst vor langer Weile.
+
+Barak. Mein Märchen? Wollte Gott! Der Kaiser zwar
+Empört' sich erst dagegen; doch die Schlange
+Verstand es, bald mit Schmeichelbitten, bald
+Mit list'ger Redekunst das furchtbare
+Gesetz dem schwachen Alten zu entlocken.
+Was ist's denn auch? sprach sie mit arger List;
+Kein Prinz der Erde wird so thöricht sein,
+In solchem blut'gen Spiel sein Haupt zu wagen!
+Der Freier Schwarm zieht sich geschreckt zurück,
+Ich werd' in Frieden leben. Wagt es dennoch
+Ein Rasender, so ist's auf seine eigne
+Gefahr, und meinen Vater trifft kein Tadel,
+Wenn er ein heiliges Gesetz vollzieht!--
+Beschworen ward das unnatürliche
+Gesetz und kund gemacht in allen Landen.
+
+(Da Kalaf den Kopf schüttelt.)
+
+--Ich wünschte, daß ich Märchen nur erzählte
+Und sagen dürfte. Alles war ein Traum!
+
+Kalaf. Weil du's erzählst, so glaub' ich das Gesetz.
+Doch sicher war kein Prinz wahnsinnig gnug,
+Sein Haupt daran zu setzen.
+
+Barak (zeigt nach dem Stadtthor). Sehet, Prinz!
+Die Köpfe alle, die dort auf den Thoren
+Zu sehen sind, gehörten Prinzen an,
+Die toll genug das Abenteuer wagten
+Und kläglich ihren Untergang drin fanden,
+Weil sie die Räthsel dieser Sphinx zu lösen
+Nicht fähig waren.
+
+Kalaf. Grausenvoller Anblick!
+Und lebt ein solcher Thor, der seinen Kopf
+Wagt, um ein Ungeheuer zu besitzen!
+
+Barak. Nein! Sagt das nicht. Wer nur ihr Konterfei
+Erblickt, das man sich zeigt in allen Ländern,
+Fühlt sich bewegt von solcher Zaubermacht,
+Daß er sich blind dem Tod entgegen stürzt,
+Das göttergleiche Urbild zu besitzen.
+
+Kalaf. Irgend ein Geck.
+
+Barak. Nein, wahrlich! Auch der Klügste.
+Heut ist der Zulauf hier, weil man den Prinzen
+Von Samarcanda, den verständigsten,
+Den je die Welt gesehn, enthaupten wird.
+Der Khan beseufzt die fürchterliche Pflicht;
+Doch ungerührt frohlockt die stolze Schöne.
+
+(Man hört in der Ferne den Schall von gedämpften Trommeln.)
+
+Hört! Hört Ihr! Dieser dumpfe Trommelklang
+Verkündet, daß der Todesstreich geschieht;
+Ihn nicht zu sehen, wich ich aus der Stadt.
+
+Kalaf. Barak, du sagst mir unerhörte Dinge.
+Was? Konnte die Natur ein weibliches
+Geschöpf wie diese Turandot erzeugen,
+So ganz an Liebe leer und Menschlichkeit?
+
+Barak. Mein Weib hat eine Tochter, die im Harem
+Als Sklavin dient und uns Unglaubliches
+Von ihrer schönen Königin berichtet.
+Ein Tiger ist sie, diese Turandot,
+Doch gegen Männer nur, die um sie werben.
+Sonst ist sie gütig gegen alle Welt;
+Stolz ist das einz'ge Laster, das sie schändet.
+
+Kalaf. Zur Hölle, in den tiefsten Schlund hinab
+Mit diesen Ungeheuern der Natur,
+Die kalt und herzlos nur sich selber lieben!
+Wär' ich ihr Vater, Flammen sollten sie
+Verzehren.
+
+Barak. Hier kommt Ismael, der Freund
+Des Prinzen, der sein Leben jetzt verloren.
+Er kommt voll Thränen--Ismael!
+
+
+
+Zweiter Auftritt.
+
+Ismael zu den Vorigen.
+
+
+Ismael (reicht dem Barak die Hand, heftig weinend). Er hat
+Gelebt--Der Streich des Todes ist gefallen.
+Ach! Warum fiel er nicht auf dieses Haupt!
+
+Barak. Barmherz'ger Himmel!--Doch warum ließt Ihr
+Geschehn, daß er im Divan der Gefahr
+Sich bloßgestellt?
+
+Ismael. Mein Unglück braucht noch Vorwurf.
+Gewarnt hab' ich, beschworen und gefleht,
+Wie es mein Herz, wie's meine Pflicht mich lehrte.
+Umsonst! Des Freundes Stimme wurde nicht
+Gehört; die Macht der Götter riß ihn fort.
+
+Barak. Beruhigt Euch!
+
+Ismael. Beruhigen? Niemals, niemals!
+Ich hab' ihn sterben sehen. Sein Gefährte
+War ich in seinem letzten Augenblick,
+Und seine Abschiedsworte gruben sich
+Wie spitz'ge Dolche mir ins tiefste Herz.
+"Weine nicht!" sprach er. "Gern und freudig sterb' ich,
+"Da ich die Liebste nicht besitzen kann.
+"Mag es mein theurer Vater mir vergeben,
+"Daß ich ohn' Abschied von ihm ging. Ach, nie
+"Hätt' er die Todesreise mir gestattet!
+"Zeig' ihm dies Bildniß!
+
+(Er zieht ein kleines Portrait an einem Band aus dem Busen.)
+
+"Wenn er diese Schönheit
+"Erblickt, wird er den Sohn entschuldigen."
+Und an die Lippen drückt' er jetzt, lautschluchzend,
+Mit heft'gen Küssen dies verhaßte Bild,
+Als könnt' er, sterbend selbst, nicht davon scheiden;
+Drauf kniet' er nieder, und--mit einem Streich--
+Noch zittert mir das Mark in den Gebeinen--
+Sah ich Blut spritzen, sah den Rumpf hinfallen
+Und hoch in Henkers Hand das theure Haupt;
+Entsetzt und trostlos riß ich mich von dannen.
+
+(Wirft das Bild in heftigem Unwillen auf den Boden.)
+
+Verhaßtes, ewig fluchenswerthes Bild!
+Liege du hier, zertreten in dem Staub!
+Könnt' ich sie selbst, die Tigerherzige,
+Mit diesem Fußtritt so wie dich zermalmen!
+Daß ich dich meinem König überbrächte!
+Nein, mich soll Samarcand nicht wieder sehn.
+In eine Wüste will ich fliehn und dort,
+Wo mich kein menschlich Ohr vernimmt, auf ewig
+Um meinen vielgeliebten Prinzen weinen. (Geht ab.)
+
+
+
+Dritter Auftritt.
+
+Kalaf und Barak.
+
+
+Barak (nach einer Pause).
+Prinz Kalaf, habt Ihr's nun gehört?
+
+Kalaf. Ich stehe
+Ganz voll Verwirrung, Schrecken und Erstaunen.
+Wie aber mag dies unbeseelte Bild,
+Das Werk des Malers, solchen Zauber wirken?
+
+(Er will das Bildniß von der Erde nehmen.)
+
+Barak (eilt auf ihn zu und hält ihn zurück).
+Was macht Ihr!--Große Götter!
+
+Kalaf (lächelnd). Nun! Ein Bildniß
+Nehm' ich vom Boden auf. Ich will sie doch
+Betrachten, diese mörderische Schönheit.
+
+(Greift nach dem Bildniß und hebt es von der Erde auf.)
+
+Barak (ihn haltend). Euch wäre besser, der Medusa Haupt
+Als diese tödtliche Gestalt zu sehn.
+Weg! Weg damit! Ich kann es nicht gestatten.
+
+Kalaf. Du bist nicht klug. Wenn du so schwach dich fühlst,
+Ich bin es nicht. Des Weibes Reiz hat nie
+Mein Aug gerührt, auch nur auf Augenblicke,
+Viel weniger mein Herz besiegt. Und was
+Lebend'ge Schönheit nie bei mir vermocht,
+Das sollten todte Pinselstriche wirken?
+Unnütze Sorgfalt, Barak--Mir liegt Andres
+Am Herzen, als der Liebe Narrenspiel. (Will das Bildniß anschauen.)
+
+Barak. Dennoch, mein Prinz--Ich warn' Euch--Thut es nicht!
+
+Kalaf (ungeduldig). Zum Henker, Einfalt! Du beleidigst mich.
+
+(Stößt ihn zurück, sieht das Bild an und geräth in Erstaunen.
+Nach einer Pause.)
+
+Was seh' ich!
+
+Barak (ringt verzweifelnd die Hände).
+ Weh' mir! Welches Unglück!
+
+Kalaf (faßt ihn lebhaft bei der Hand). Barak!
+
+(Will reden, sieht aber wieder auf das Bild und betrachtet
+es mit Entzücken.)
+
+Barak (für sich). Seid Zeugen, Götter--Ich, ich bin nicht schuld,
+Ich hab' es nicht verhindern können.
+
+Kalaf. Barak!
+--In diesen holden Augen, dieser süßen
+Gestalt, in diesen sanften Zügen kann
+Das harte Herz, wovon du sprichst, nicht wohnen!
+
+Barak. Unglücklicher, was hör' ich? Schöner noch
+Unendlichmal, als dieses Bildniß zeigt,
+Ist Turandot, sie selbst! Nie hat die Kunst
+Des Pinsels ihren ganzen Reiz erreicht;
+Doch ihres Herzens Stolz und Grausamkeit
+Kann keine Sprache, keine Zunge nennen.
+O, werft es von Euch, dies unselige,
+Verwünschte Bildniß! Euer Auge sauge
+Kein tödtlich Gift aus dieser Mordgestalt!
+
+Kalaf. Hinweg! Vergebens suchst du mich zu schrecken!
+--Himmlische Anmuth! Warme, glühende Lippen!
+Augen der Liebesgöttin! Welcher Himmel,
+Die Fülle dieser Reize zu besitzen!
+
+(Er steht in den Anblick des Bildes verloren, plötzlich wendet er
+sich zu Barak und ergreift seine Hand.)
+
+Barak! Verrath mich nicht--Jetzt oder nie!
+Dies ist der Augenblick, mein Glück zu wagen.
+Wozu dies Leben sparen, das ich hasse?
+--Ich muß auf einen Zug die schönste Frau
+Der Erde und ein Kaiserthum mit ihr
+Gewinnen oder dies verhaßte Leben
+Auf einen Zug verlieren--Schönstes Werk!
+Pfand meines Glücks und meine süße Hoffnung!
+Ein neues Opfer ist für dich bereit
+Und drängt sich wagend zu der furchtbarn Probe.
+Sei gütig gegen mich--Doch, Barak, sprich!
+Ich werde doch im Divan, eh' ich sterbe,
+Das Urbild selbst von diesen Reizen sehn?
+
+(Indem sieht man die fürchterliche Larve eines Nachrichters
+sich über dem Stadtthor erheben und einen neuen Kopf über
+demselben aufpflanzen.--Der vorige Schall verstimmter Trommeln
+begleitet diese Handlung.)
+
+Barak. Ach, sehet, sehet, theurer Prinz, und schaudert!
+Dies ist das Haupt des unglücksel'gen Jünglings--
+Wie es Euch anstarrt! Und dieselben Hände,
+Die es dort aufgepflanzt, erwarten Euch.
+O, kehret um! Kehrt um! Nicht möglich ist's,
+Die Räthsel dieser Löwin aufzulösen.
+Ich seh' im Geist schon Euer theures Haupt,
+Ein Warnungszeichen allen Jünglingen,
+In dieser furchtbarn Reihe sich erheben.
+
+Kalaf (hat das aufgesteckte Haupt mit Nachdenken und Rührung
+betrachtet).
+Verlorner Jüngling! Welche dunkle Macht
+Reißt mich geheimnißvoll, unwiderstehlich
+Hinauf in deine tödtliche Gesellschaft?
+
+(Er bleibt nachsinnend stehen; dann wendet er sich zu Barak.)
+
+--Wozu die Thränen, Barak? Hast du mich
+Nicht einmal schon für todt beweint? Komm, komm!
+Entdecke keiner Seele, wer ich bin.
+Vielleicht--wer weiß, ob nicht der Himmel, satt,
+Mich zu verfolgen, mein Beginnen segnet
+Und meinen armen Eltern Trost verleiht.
+Wo nicht--Was hat ein Elender zu wagen?
+Für deine Liebe will ich dankbar sein,
+Wenn ich die Räthsel löse--Lebe wohl!
+
+(Er will gehen, Barak hält ihn zurück, unterdessen kommt Skirina,
+Baraks Weib, aus dem Hause.)
+
+Barak. Nein, nimmermehr! Komm mir zu Hilfe, Frau!
+Laß ihn nicht weg--Er geht, er ist verloren,
+Der theure Fremdling geht, er will es wagen,
+Die Räthsel dieser Furie zu lösen.
+
+
+
+Vierter Auftritt.
+
+Skirina zu den Vorigen.
+
+
+Skirina (tritt ihm in den Weg).
+O weh! Was hör' ich? Seid Ihr nicht mein Gast?
+Was treibt den zarten Jüngling in den Tod?
+
+Kalaf. Hier, gute Mutter! Dieses Götterbild
+Ruft mich zu meinem Schicksal. (Zeigt ihr das Bildnis.)
+
+Skirina. Wehe mir!
+Wie kam das höll'sche Bild in seine Hand?
+
+Barak. Durch bloßen Zufall.
+
+Kalaf (tritt zwischen Beide). Hassan! Gute Frau!
+Zum Dank für Eure Gastfreundschaft behaltet
+Mein Pferd! Auch diese Börse nehmet hin!
+Sie ist mein ganzer Reichthum--Ich--ich brauche
+Fortan nichts weiter--denn ich komm' entweder
+Reich wie ein Kaiser oder--nie zurück!
+--Wollt Ihr, so opfert einen Theil davon
+Den ew'gen Göttern, theilt den Armen aus,
+Damit sie Glück auf mich herab erflehen;
+Lebt wohl--Ich muß in mein Verhängniß gehen! (Er eilt in die Stadt.)
+
+
+
+Fünfter Auftritt.
+
+Barak und Skirina.
+
+
+Barak (will ihm folgen)
+Mein Herr! Mein armer Herr! Umsonst! Er geht!
+Er hört mich nicht!
+
+Skirina (neugierig). Dein Herr? Du kennst ihn also?
+O, sprich, wer ist der edelherz'ge Fremdling,
+Der sich dem Tode weiht?
+
+Barak. Laß diese Neugier!
+Er ist geboren mit so hohem Geist,
+Daß ich nicht ganz an dem Erfolg verzweifle.
+--Komm, Skirina. All dieses Gold laß uns
+Und Alles, was wir Eigenes besitzen,
+Dem Fohi opfern und den Armen spenden!
+Gebete sollen sie für ihn gen Himmel senden
+Und sollen wund sich knien an den Altären,
+Bis die erweichten Götter sie erhören!
+
+(Sie gehen nach ihrem Hause.)
+
+
+
+
+Zweiter Aufzug.
+
+Großer Saal des Divans, mit zwei Pforten, davon die eine zu den
+Zimmern des Kaisers, die andere ins Serail der Prinzessin Turandot
+führt.
+
+
+
+Erster Auftritt.
+
+Truffaldin, als Anführer der Verschnittenen, steht gravitätisch
+in der Mitte der Scene und befiehlt seinen Schwarzen, welche
+beschäftigt sind, den Saal in Ordnung zu bringen. Bald darauf
+Brigella.
+
+
+Truffaldin. Frisch an das Werk! Rührt euch! Gleich wird der Divan
+Beisammen sein.--Die Teppiche gelegt,
+Die Throne aufgerichtet! Hier zur Rechten
+Kommt kaiserliche Majestät, links meine
+Scharmante Hoheit, die Prinzeß, zu sitzen!
+
+Brigella (kommt und sieht sich verwundernd um).
+Mein! Sagt mir, Truffaldin, was gibt's denn Neues,
+Daß man den Divan schmückt in solcher Eile?
+
+Truffaldin (ohne auf ihn zu hören--zu den Schwarzen).
+Acht Sessel dorthin für die Herrn Doktoren!
+Sie haben hier zwar nicht viel zu dotieren;
+Doch müssen sie, weil's was Gelehrtes gibt,
+Mit ihren langen Bärten figurieren.
+
+Brigella. So redet doch! Warum, wozu das alles?
+
+Truffaldin. Warum? Wozu? Weil sich die Majestät
+Und meine schöne Königin, mit sammt
+Den acht Doktoren und den Excellenzen,
+Sogleich im Divan hier versammeln werden.
+'s hat sich ein neuer, frischer Prinz gemeldet,
+Den's juckt, um einen Kopf sich zu verkürzen.
+
+Brigella. Was? Nicht drei Stunden sind's, daß man den letzten
+Hat abgethan--
+
+Truffaldin. Ja, Gott sei Dank! Es geht
+Von statten! die Geschäfte gehen gut.
+
+Brigella. Und dabei könnt Ihr scherzen, roher Kerl!
+Euch freut wohl das barbarische Gemetzel?
+
+Truffaldin. Warum soll mich's nicht freuen? Setzt's doch immer
+Für meinen Schnabel was, wenn so ein Neuer
+Die große Reise macht--denn jedesmal,
+Daß meine Hoheit an der Hochzeitklippe
+Vorbeischifft, gibt's im Harem Hochzeitkuchen.
+Das ist einmal der Brauch, wir thun's nicht anders:
+So viele Köpfe, so viel Feiertage!
+
+Brigella. Das sind mir heillos niederträchtige
+Gesinnungen, so schwarz, wie Eure Larve.
+Man sieht's Euch an, daß Ihr ein Halbmann seid,
+Ein schmutziger Eunuch!--Ein Mensch, ich meine
+Einer, der ganz ist, hat ein menschlich Herz
+Im Leib und fühlt Erbarmen.
+
+Truffaldin. Was! Erbarmen!
+Es heißt kein Mensch die Prinzen ihren Hals
+Nach Peckin tragen, Niemand ruft sie her.
+Sind sie freiwillig solche Tollhausnarren,
+Mögen sie's haben! Auf dem Stadtthor steht's
+Mit blut'gen Köpfen leserlich geschrieben,
+Was hier zu holen ist--Wir nehmen Keinem
+Den Kopf, der einen mitgebracht. Der hat
+Ihn schon verloren, längst, der ihn hier setzt!
+
+Brigella. Ein saubrer Einfall, den galanten Prinzen,
+Die ihr die Ehr' anthun und um sie werben,
+Drei Räthsel aufzugeben und, wenn's einer
+Nicht auf der Stelle trifft, ihn abzuschlachten!
+
+Truffaldin. Mit nichten, Freund! Das ist ein prächtiger,
+Exzellenter Einfall!--Werben kann ein Jeder;
+Es ist nichts leichter, als aufs Freien reisen.
+Man lebt auf fremde Kosten, thut sich gütlich,
+Legt sich dem künft'gen Schwäher in das Haus,
+Und mancher jüngre Sohn und Krippenreiter,
+Der alle seine Staaten mit sich führt
+Im Mantelsack, lebt bloß vom Körbeholen.
+Es war nicht anders hier, als wie ein großes
+Wirthshaus von Prinzen und von Abenteurern,
+Die um die reiche Kaisertochter freiten;
+Denn auch der Schlechtste dünkt sich gut genug,
+Die Hände nach der Schönsten auszustrecken.
+Es war wie eine Freikomödie,
+Wo Alles kommt, bis meine Königin
+Auf den scharmanten Einfall kam, das Haus
+In vier und zwanzig Stunden rein zu machen.
+--Eine andre hätte ihre Liebeswerber
+Auf blutig schwere Abenteuer aus-
+Gesendet, sich mit Riesen 'rum zu schlagen,
+Dem Schach zu Babel, wenn er Tafel hält,
+Drei Backenzähne höflich auszuziehen,
+Das tanzende Wasser und den singenden Baum
+Zu holen und den Vogel, welcher redet--
+Nichts von dem allem! Räthsel haben ihr
+Beliebt! Drei zierlich wohlgesetzte Fragen!
+Man kann dabei bequem und säuberlich
+In warmer Stube sitzen, und kein Schuh
+Wird naß! Der Degen kommt nicht aus der Scheide,
+Der Witz, der Scharfsinn aber muß heraus.
+--Brigella, die versteht's! Die hat's gefunden,
+Wie man die Narren sich vom Leibe hält!
+
+Brigella. 's kann Einer ein rechtschaffner Kavalier
+Und Ehmann sein und doch die spitz'gen Dinger,
+Die Räthsel, just nicht handzuhaben wissen.
+
+Truffaldin. Da siehst du, Kamerad, wie gut und ehrlich
+Es die Prinzeß mit ihrem Freier meint,
+Daß sie die Räthsel vor der Hochzeit aufgibt.
+Nachher war's noch viel schlimmer. Löst er sie
+Jetzt nicht, ei nun, so kommt er schnell und kurz
+Mit einem frischen Gnadenhieb davon.
+Doch, wer die stachelichten Räthsel nicht
+Auflöst, die seine Frau ihm in der Eh'
+Aufgibt, der ist verlesen und verloren!
+
+Brigella. Ihr seid ein Narr, mit Euch ist nicht zu reden.
+--So mögen's denn meintwegen Räthsel sein,
+Wenn sie einmal die Wuth hat, ihren Witz
+Zu zeigen--Aber muß sie denn die Prinzen
+Just köpfen lassen, die nicht sinnreich gnug
+Für ihre Räthsel sind--Das ist ja ganz
+Barbarisch, rasend toll und unvernünftig.
+Wo hat man je gehört, daß man den Leuten
+Den Hals abschneidet, weil sie schwer begreifen?
+
+Truffaldin. Und wie, du Schafskopf, will sie sich der Narren
+Erwehren, die sich klug zu sein bedünken,
+Wenn weiter nichts dabei zu wagen ist,
+Als einmal sich im Divan zu beschimpfen?
+Auf die Gefahr hin, sich zu prostituieren
+Mit heiler Haut, läuft Jeder auf dem Eis.
+Wer fürchtet sich vor Räthseln? Räthsel sind's
+Gerad, was man fürs Leben gern mag hören.
+Das hieß' den Köder statt des Popanz's brauchen.
+Und wäre man auch wegen der Prinzessin
+Und ihres vielen Gelds daheim geblieben,
+So würde man der Räthsel wegen kommen.
+Denn Jedem ist sein Scharfsinn und sein Witz
+Am Ende lieber, als die schönste Frau!
+
+Brigella. Was aber kommt bei diesem ganzen Spiel
+Heraus, als daß sie sitzen bleibt? Kein Mann,
+Der seine Ruh liebt und bei Sinnen ist,
+Wird so ein spitz'ges Nadelkissen nehmen.
+
+Truffaldin. Das große Unglück, keinen Mann zu kriegen!
+
+(Man hört einen Marsch in der Ferne.)
+
+Brigella. Der Kaiser kommt.
+
+Truffaldin. Marsch ihr in eure Küche!
+Ich gehe, meine Hoheit herzuholen. (Gehen ab zu verschiedenen Seiten.)
+
+
+
+Zweiter Auftritt.
+
+Ein Zug von Soldaten und Spielleuten. Darauf acht Doctoren,
+pedantisch herausstaffiert; alsdann Pantalon und Tartaglia,
+beide in Charaktermasken. Zuletzt der Großkhan Altoum in
+chinesischem Geschmack mit einiger Übertreibung gekleidet.
+Pantalon und Tartaglia stellen sich dem kaiserlichen Thron
+gegenüber, die acht Doctoren in den Hintergrund, das übrige
+Gefolge auf die Seite, wo der kaiserliche Thron ist. Beim
+Eintritt des Kaisers werfen sich alle mit ihren Stirnen auf
+die Erde und verharren in dieser Stellung bis er den Thron
+bestiegen hat. Die Doktoren nehmen auf ihren Stühlen Platz.
+Auf einen Wink, den Pantalon gibt, schweigt der Marsch.
+
+
+Altoum. Wann, treue Diener, wird mein Jammer enden?
+Kaum ist der edle Prinz von Samarcand
+Begraben, unsre Thränen fließen noch,
+Und schon ein neues Todesopfer naht,
+Mein blutend Herz von neuem zu verwunden.
+Grausame Tochter! Mir zur Qual geboren!
+Was hilft's, daß ich den Augenblick verfluche,
+Da ich auf das barbarische Gesetz
+Dem furchtbaren Fohi den Schwur gethan.
+Nicht brechen darf ich meinen Schwur, nicht rühren
+Läßt sich die Tochter, nicht zu schrecken sind
+Die Freier! Nirgends Rath in meinem Unglück!
+
+Pantalon. Rath, Majestät? Hat sich da was zu rathen!
+Bei mir zu Hause, in der Christen Land,
+In meiner lieben Vaterstadt Venedig,
+Schwört man auf solche Mordgesetze nicht,
+Man weiß nichts von so närrischen Mandaten.
+Da hat man gar kein Beispiel und Exempel,
+Daß sich die Herrn in Bilderchen vergafft
+Und ihren Hals gewagt für ihre Mädchen.
+Kein Frauensmensch bei uns geboren wird,
+Wie Dame Kieselstein, die alle Männer
+Verschworen hätte--Gott soll uns bewahren!
+Das fiel uns auch im Traum nicht ein. Als ich
+Daheim noch war, in meinen jungen Jahren,
+Eh mich die Ehrensache, wie Ihr wißt,
+Von Hause trieb und meine guten Sterne
+An meines Kaisers Hof hieher geführt,
+Wo ich als Kanzler mich jetzt wohl befinde,
+Da wußt' ich nichts von China, als es sei
+Ein trefflichs Pulver gegen's kalte Fieber.
+Und jetzt erstaun' ich über alle Maßen,
+Daß ich so curiöse Bräuche hier
+Vorfinde, so curjose Schwüre und Gesetze
+Und so curjose Fraun und Herrn.
+Erzählt' ich in Europa diese Sachen,
+Sie würden mir unter die Nase lachen.
+
+Altoum. Tartaglia, habt Ihr den neuen Wagehals
+Besucht?
+
+Tartaglia. Ja, Majestät. Er hat den Flügel
+Des Kaiserschlosses inn', den man gewöhnlich
+Den fremden Prinzen anzuweisen pflegt.
+Ich bin entzückt von seiner angenehmen
+Gestalt und seinen prinzlichen Manieren.
+'s ist Jammerschade um das junge Blut,
+Daß man es auf die Schlachtbank führen soll.
+'s Herz bricht mir! Ein so angenehmes Prinzchen!
+Ich bin verliebt in ihn. Weiß Gott! Ich sah
+In meinem Leben keinen hübschern Buben!
+
+Altoum. Unseliges Gesetz! Verhaßter Schwur!
+--Die Opfer sind dem Fohi doch gebracht,
+Daß er dem Unglückseligen sein Licht
+Verleihe, diese Räthsel zu ergründen!
+Ach, nimmer geb' ich dieser Hoffnung Raum!
+
+Pantalon. An Opfern, Majestät, ward nichts gespart.
+Dreihundert fette Ochsen haben wir
+Dem Tien dargebracht, dreihundert Pferde
+Der Sonne und dem Mond dreihundert Schweine.
+
+Altoum. So ruft ihn denn vor unser Angesicht!
+ (Ein Theil des Gefolges entfernt sich.)
+--Man such' ihm seinen Vorsatz auszureden.
+Und ihr, gelehrte Lichter meines Divans,
+Kommt mir zu Hilfe--nehmt das Wort für mich,
+Laßt' s nicht an Gründen fehlen, wenn mir selbst
+Der Schmerz die Zunge bindet.
+
+Pantalon. Majestät!
+Wir werden unsern alten Witz nicht sparen,
+Den wir in langen Jahren eingebracht.
+Was hilft's? Wir predigen und sprechen uns
+Die Lungen heiser, und er läßt sich eben
+Den Hals abstechen, wie ein wälsches Huhn.
+
+Tartaglia. Mit Eurer Gunst, Herr Kanzler Pantalon!
+Ich habe Scharfsinn und Verstand bei ihm
+Bemerkt, wer weiß!--Ich will nicht ganz verzagen.
+
+Pantalon. Die Räthsel dieser Schlange sollt' er lösen?
+Nein, nimmermehr!
+
+
+
+Dritter Auftritt.
+
+Die Vorigen. Kalaf, von einer Wache begleitet. Er kniet vor
+dem Kaiser nieder, die Hand auf der Stirn.
+
+
+Altoum (nachdem er ihn eine Zeit lang betrachtet).
+Steh auf, unkluger Jüngling!
+
+(Kalaf steht auf und stellt sich mit edelm Anstand in die
+Mitte des Divans.)
+
+--Die reizende Gestalt! Der edle Anstand!
+Wie mir's ans Herz greift!--Sprich, Unglücklicher!
+Wer bist du? Welches Land gab dir das Leben?
+
+Kalaf (schweigt einen Augenblick verlegen, dann mit einer
+edeln Verbeugung). Monarch, vergönne, daß ich meinen Namen
+Verschweige.
+
+Altoum. Wie? Mit welcher Stirn darfst du,
+Ein unbekannter Fremdling, namenlos,
+Um unsre kaiserliche Tochter werben?
+
+Kalaf. Ich bin von königlichem Blut, ein Prinz, geboren.
+Verhängt der Himmel meinen Tod, so soll
+Mein Name, mein Geschlecht, mein Vaterland
+Kund werden, eh' ich sterbe, daß die Welt
+Erfahre, nicht unwürdig hab' ich mich
+Des Bundes angemaßt mit deiner Tochter.
+Für jetzt geruhe meines Kaisers Gnade
+Mich unerkannt zu lassen.
+
+Altoum. Welcher Adel
+In seinen Worten! Wie beklag' ich ihn!
+--Doch wie, wenn du die Räthsel nun gelöst,
+Und nicht von würd'ger Herkunft--
+
+Kalaf. Das Gesetz,
+Monarch, ist nur für Könige geschrieben.
+Verleihe mir der Himmel, daß ich siege,
+Und dann, wenn ich unköniglichen Stamms
+Erfunden werde, soll mein fallend Haupt
+Die Schuld der kühnen Anmaßung bezahlen,
+Und unbeerdigt liege mein Gebein,
+Der Krähen Beute und der wilden Thiere.
+Schon eine Seele lebt in dieser Stadt,
+Die meinen Stand und Namen kann bezeugen.
+Für jetzt geruhe meines Kaisers Gnade
+Mich unerkannt zu lassen.
+
+Altoum. Wohl! Es sei!
+Dem Adel deiner Mienen, deiner Worte,
+Holdsel'ger Jüngling, kann ich Glauben nicht,
+Gewährung nicht versagen--Mögst auch du
+Geneigt sein, einem Kaiser zu willfahren,
+Der hoch von seinem Thron herab dich fleht!
+Entweiche, o entweiche der Gefahr,
+Der du verblendet willst entgegen stürzen,
+Steh ab und fordre meines Reiches Hälfte!
+So mächtig spricht's für dich in meiner Brust,
+Daß ich dir gleichen Theil an meinem Thron
+Auch ohne meiner Tochter Hand verspreche.
+O, zwinge du mich nicht, Tyrann zu sein!
+Schon schwer genug drückt mich der Völker Fluch,
+Das Blut der Prinzen, die ich hingeopfert;
+Drum, wenn das eigne Unglück dich nicht rührt,
+Laß meines dich erbarmen! Spare mir
+Den Jammer, deine Leiche zu beweinen,
+Die Tochter zu verfluchen und mich selbst,
+Der die Verderbliche gezeugt, die Plage
+Der Welt, die bittre Quelle meiner Thränen!
+
+Kalaf. Beruhige dich, Sire! Der Himmel weiß,
+Wie ich im tiefsten Herzen dich beklage.
+Nicht, wahrlich, von so mildgesinntem Vater
+Hat Turandot Unmenschlichkeit geerbt.
+Du hast nicht Schuld, es wäre denn Verbrechen,
+Sein Kind zu lieben und das Götterbild,
+Das uns bezaubert und uns selbst entrückt,
+Der Welt geschenkt zu haben--Deine Großmuth
+Spar' einem Glücklicheren auf. Ich bin
+Nicht würdig, Sire, dein Reich mit dir zu theilen.
+Entweder ist's der Götter Schluß und Rath,
+Durch den Besitz der himmlischen Prinzessin
+Mich zu beglücken--oder enden soll
+Dies Leben, ohne sie mir eine Last!
+Tod oder Turandot! Es gibt kein Drittes.
+
+Pantalon. Ei, sagt mir, liebe Hoheit! Habt Ihr Euch
+Die Köpfe überm Stadtthor wohl besehn?
+Mehr sag' ich nicht. Was, Herr, in aller Welt
+Treibt Euch, aus fernen Landen herzukommen
+Und Euch frisch weg, wie Ihr vom Pferd gestiegen,
+Mir nichts, dir nichts, wie einen Ziegenbock
+Abthun zu lassen? Dame Turandot,
+Das seid gewiß, dreht Euch drei Räthselchen,
+Daran die sieben Weisen Griechenlands,
+Mit sammt den siebenzig Dolmetschern sich
+Die Nägel Jahre lang umsonst zerkauten.
+Wir selbst, so alte Practici und grau
+Geworden über Büchern, haben Noth,
+Das Tiefe dieser Räthsel zu ergründen.
+Es sind nicht Räthsel aus dem Kinderfreund,
+Nicht solches Zeug, wie das:
+ "Wer's sieht, für den ist's nicht bestellt,
+ "Wer's braucht, der zahlt dafür kein Geld,
+ "Wer's macht, der will's nicht selbst ausfüllen,
+ "Wer's bewohnt, der thut es nicht mit Willen,"
+Nein, es sind Räthsel von dem neusten Schnitt,
+Und sind verfluchte Nüsse aufzuknacken.
+Und wenn die Antwort nicht zum guten Glück
+Auf dem Papier, das man den Herrn Doktoren
+Versiegelt übergibt, geschrieben stünde,
+Sie möchten's auch mit allem ihrem Witz
+In einem Säculum nicht ausstudieren.
+Darum, Herr Milchbart, zieht in Frieden heim!
+Ihr jammert mich, seid ein so junges Blut,
+Und Schade wär's um Eure schönen Haare.
+Beharrt Ihr aber drauf, so steht ein Rettich
+Des Gärtners fester, Herr, als Euer Kopf.
+
+Kalaf. Ihr sprecht verlorne Worte, guter Alter.
+Tod oder Turandot!
+
+Tartaglia (stotternd). Tu--Turandot!
+Zum Henker, welcher Steifsinn und Verblendung!
+Hier spielt man nicht um wälsche Nüsse, Herr,
+Noch um Kastanien--'s ist um den Kopf
+Zu thun--den Kopf--bedenkt das wohl! Ich will
+Sonst keinen Grund anführen als den einen;
+Er ist nicht klein--den Kopf! Es gilt den Kopf.
+Die Majestät höchstselbst, auf ihrem Thron,
+Läßt sich herab, Euch väterlich zu warnen
+Und abzurathen--Dreihundert Pferde sind
+Der Sonne dargebracht, dreihundert Ochsen
+Dem höchsten Himmelsgott, dreihundert Kühe
+Den Sternen und dem Mond dreihundert Schweine.
+Und Ihr seid störrig gnug und undankbar,
+Das kaiserliche Herz so zu betrüben?
+Wär' überall auch keine andre Dame
+Mehr in der Welt, als diese Turandot,
+Blieb's immer doch ein loser Streich von Euch,
+Nehmt mir's nicht übel, junger Herr. Es ist,
+Weiß Gott! die pure Liebe und Erbarmniß,
+Die mich so frei läßt von der Leber sprechen.
+Den Kopf verlieren! Wißt Ihr, was das heißt?
+Es ist nicht möglich--
+
+Kalaf. So in Wind zu reden!
+Ihr habt in Wind gesprochen, alter Meister!
+Tod oder Turandot!
+
+Altoum. Nun denn, so hab' es!
+Verderbe dich, und mich stürz' in Verzweiflung! (Zu der Wache)
+Man geh' und rufe meine Tochter her. (Wache geht hinaus.)
+Sie kann sich heut am zweiten Opfer weiden.
+
+Kalaf (gegen die Thüre gewendet, in heftiger Bewegung).
+Sie kommt! Ich soll sie sehen! Ew'ge Mächte,
+Das ist der große Augenblick! O, stärket
+Mein Herz, daß mich der Anblick nicht verwirre,
+Des Geistes Helle nicht mit Nacht umgebe!
+Ich fürchte keine als der Schönheit Macht.
+Ihr Götter, gebt, daß ich mir selbst nicht fehle!
+Ihr seht es, meine Seele wankt; Erwartung
+Durchzittert mein Gebein und schnürt das Herz
+Mir in der Brust zusammen.--Weise Richter
+Des Divans! Richter über meine Tage!
+O, zeiht mich nicht strafbaren Übermuths,
+Daß ich das Schicksal zu versuchen wage!
+Bedauert mich! Beweint den Unglücksvollen!
+Ich habe hier kein Wählen und kein Wollen!
+Unwiderstehlich zwingend reißt es mich
+Von hinnen, es ist mächtiger, als ich.
+
+
+
+Vierter Auftritt.
+
+Man hört einen Marsch.
+
+
+Truffaldin tritt auf, den Säbel an der Schulter, die Schwarzen
+hinter ihm, darauf mehrere Sklavinnen, die zu den Trommeln
+accompagnieren. Nach diesen Adelma und Zelima, jene in tartarischem
+Anzug, beide verschleiert. Zelina trägt einen Schüssel mit
+versiegelten Papieren. Truffaldin und seine Schwarzen werfen
+sich im Vorbeiziehen vor dem Kaiser mit der Stirn auf die Erde
+und stehen sogleich wieder auf; die Sklavinnen knieen nieder mit
+der Hand auf der Stirn. Zuletzt erscheint Turandot verschleiert,
+in reicher chinesischer Kleidung. majestätisch und stolz. Die
+Räthe und Doctoren werfen sich vor ihr mit dem Angesicht auf die
+Erde. Altoum steht auf; die Prinzessin macht ihm, die Hand auf der
+Stirn, eine abgemessene Verbeugung, steigt dann auf ihren Thron und
+setzt sich. Zelima und Adelma nehmen zu ihren beiden Seiten Platz,
+und die letztere den Zuschauern am nächsten. Truffaldin nimmt der
+Zelima die Schlüssel ab und vertheilt unter lächerlichen Ceremonien
+die Zettel unter die acht Doctoren. Darauf entfernt er sich mit
+denselben Verbeugungen, wie am Anfang, und der Marsch hört auf.
+
+Turandot (nach einer langen Pause).
+Wer ist's, der sich aufs Neu vermessen schmeichelt,
+Nach so viel kläglich warnender Erfahrung,
+In meine tiefen Räthsel einzudringen!
+Der, seines eignen Lebens Feind, die Zahl
+Der Todesopfer zu vermehren kommt!
+Altoum (zeigt auf Kalaf. der erstaunt in der Mitte des Divans steht).
+Der ist es, Tochter--würdig wohl ist er's,
+Daß du freiwillig zum Gemahl ihn wählest,
+Ohn' ihn der furchtbarn Probe auszusetzen
+Und neue Trauer diesem Land, dem Herzen
+Des Vaters neue Stacheln zu bereiten.
+
+Turandot (nachdem sie ihn eine Zeit lang betrachtet, leise zur Zelima).
+O Himmel! Wie geschieht mir, Zelima!
+
+Zelima. Was ist dir, Königin?
+
+Turandot. Noch Keiner trat
+Im Divan auf, der dieses Herz zu rühren
+Verstanden hätte. Dieser weiß die Kunst.
+
+Zelima. Drei leichte Räthsel denn, und Stolz--fahr hin!
+
+Turandot. Was sagst du? Wie, Verwegne? Meine Ehre?
+
+Adelma (hat während dieser Rede den Prinzen mit höchstem
+Erstaunen betrachtet, für sich).
+Täuscht mich ein Traum? Was seh' ich, große Götter!
+Er ist's, der schöne Jüngling ist's, den ich
+Am Hofe meines Vaters Keicobad
+Als niedern Knecht gesehn!--Er war ein Prinz!
+Ein Königssohn! Wohl sagte mir's mein Herz;
+O, meine Ahnung hat mich nicht betrogen!
+
+Turandot. Prinz, noch ist's Zeit. Gebt das verwegene
+Beginnen auf! Gebt's auf! Weicht aus dem Divan!
+Der Himmel weiß, daß jene Zungen lügen,
+Die mich der Härte zeihn und Grausamkeit.
+--Ich bin nicht grausam. Frei nur will ich leben;
+Bloß keines Andern will ich sein; dies Recht,
+Das auch dem allerniedrigsten der Menschen
+Im Leib der Mutter anerschaffen ist,
+Will ich behaupten, eines Kaisers Tochter.
+Ich sehe durch ganz Asien das Weib
+Erniedrigt und zum Sklavenjoch verdammt,
+Und rächen will ich mein beleidigtes Geschlecht
+An diesem stolzen Männervolke, dem
+Kein andrer Vorzug vor dem zärtern Weibe
+Als rohe Stärke ward. Zur Waffe gab
+Natur mir den erfindenden Verstand
+Und Scharfsinn, meine Freiheit zu beschützen.
+--Ich will nun einmal von dem Mann nichts wissen,
+Ich hass' ihn, ich verachte seinen Stolz
+Und Übermuth--Nach allem Köstlichen
+Streckt er begehrlich seine Hände aus;
+Was seinem Sinn gefällt, will er besitzen.
+Hat die Natur mit Reizen mich geschmückt,
+Mit Geist begabt--warum ist's denn das Loos
+Des Edeln in der Welt, daß es allein
+Des Jägers wilde Jagd nur reizt, wenn das Gemeine
+In seinem Unwerth ruhig sich verbirgt?
+Muß denn die Schönheit eine Beute sein
+Für Einen? Sie ist frei, so wie die Sonne,
+Die allbeglückend herrliche, am Himmel,
+Der Quell des Lichts, die Freude aller Augen,
+Doch Keines Sklavin und Leibeigenthum.
+
+Kalaf. So hoher Sinn, so seltner Geistesadel
+In dieser göttlichen Gestalt! Wer darf
+Den Jüngling schelten, der sein Leben
+Für solchen Kampfpreis freudig setzt!--Wagt doch
+Der Kaufmann um geringe Güter Schiff
+Und Mannschaft an ein wildes Element;
+Es jagt der Held dem Schattenbild des Ruhms
+Durchs blut'ge Feld des Todes nach--Und nur
+Die Schönheit wär' gefahrlos zu erwerben,
+Die aller Güter erstes, höchstes ist?
+Ich also zeih' Euch keiner Grausamkeit;
+Doch nennt auch Ihr den Jüngling nicht verwegen
+Und haßt ihn nicht, weil er mit glühnder Seele
+Nach dem Unschätzbaren zu streben wagt!
+Ihr selber habt ihm seinen Preis gesetzt,
+Womit es zu erkaufen ist--die Schranken
+Sind offen für den Würdigen--Ich bin
+Ein Prinz, ich hab' ein Leben dran zu wagen.
+Kein Leben zwar des Glücks; doch ist's mein Alles,
+Und hätt' ich's tausendmal, ich gäb' es hin.
+
+Zelima (leise zu Turandot).
+Hört Ihr, Prinzessin? Um der Götter willen!
+Drei leichte Räthsel! Er verdient's.
+
+Adelma. Wie edel! Welche Liebenswürdigkeit!
+O, daß er mein sein könnte! Hätt' ich damals
+Gewußt, daß er ein Prinz geboren sei,
+Als ich der süßen Freiheit mich noch freute!
+--O, welche Liebe flammt in meiner Brust,
+Seitdem ich ihn mir ebenbürtig weiß!
+--Muth, Muth, mein Herz! Ich muß ihn noch besitzen.
+
+(Zu Turandot.)
+Prinzessin! Ihr verwirret Euch! Ihr schweigt!
+Bedenket Euren Ruhm! Es gilt die Ehre!
+
+Turandot. Und er allein riss' mich zum Mitleid hin?
+Nein. Turandot, du mußt dich selbst besiegen.
+--Verwegener, wohlan! Macht Euch bereit!
+
+Altoum. Prinz, Ihr beharrt noch?
+
+Kalaf. Sire! ich wiederhol' es:
+Tod oder Turandot! (Pantalon und Tartaglia geberden sich ungeduldig.)
+
+Altoum. So lese man
+Das blutige Mandat. Er hör's und zittre!
+
+(Tartaglia nimmt das Gesetzbuch aus dem Busen, küßt es, legt es
+sich auf die Brust, hernach auf die Stirn, dann überreicht er's
+dem Pantalon.)
+
+Pantalon (empfängt das Gesetzbuch, nachdem er sich mit der Stirn
+auf die Erde geworfen, steht auf und liest dann mit lauter Stimme.)
+"Es kann sich jeder Prinz um Turandot bewerben,
+"Doch erst drei Räthsel legt die Königin ihm vor.
+"Löst er sie nicht, muß er vom Beile sterben,
+"Und schaugetragen wird sein Haupt auf Peckins Thor.
+"Löst er die Räthsel auf hat er die Braut gewonnen.
+"So lautet das Gesetz. Wir schwören's bei der Sonnen."
+
+(Nach geendigter Vorlesung küßt er das Buch, legt es sich auf
+die Brust und Stirn und überreicht es dem Tartaglia, der sich
+mit der Stirn auf die Erde wirft, es empfängt und dem Altoum
+präsentiert.)
+
+Altoum (hebt die rechte Hand empor und legt sie auf das Buch).
+O Blutgesetz! du meine Qual und Pein!
+Ich schwör's bei Fohis Haupt, du sollst vollzogen sein.
+
+(Tartaglia steckt das Buch wieder in den Busen, es herrscht eine
+lange Stille.)
+
+Turandot (in declamatorischem Ton, aufstehend).
+ Der Baum, auf dem die Kinder
+ Der Sterblichen verblühn,
+ Steinalt, nichts desto minder
+ Stets wieder jung und grün;
+ Er kehrt auf einer Seite
+ Die Blätter zu dem Licht;
+ Doch kohlschwarz ist die zweite
+ Und sieht die Sonne nicht.
+
+ Er setzet neue Ringe,
+ So oft er blühet, an.
+ Das Alter aller Dinge
+ Zeigt er den Menschen an.
+ In seine grüne Rinden
+ Drückt sich ein Name leicht,
+ Der nicht mehr ist zu finden,
+ Wenn sie verdorrt und bleicht.
+ So sprich, kannst du's ergründen,
+ Was diesem Baume gleicht? (Sie setzt sich wieder).
+
+Kalaf (nachdem er eine Zeitlang nachdenkend in die Höhe gesehen,
+verbeug sich gegen die Prinzessin).
+Zu glücklich, Königin, ist Euer Sklav,
+Wenn keine dunklern Räthsel auf ihn warten.
+Dieser alte Baum, der immer sich erneut,
+Auf dem die Menschen wachsen und verblühen,
+Und dessen Blätter auf der einen Seite
+Die Sonne suchen, auf der andern fliehen,
+In dessen Rinde sich so mancher Name schreibt,
+Der nur, so lang sie grün ist, bleibt.
+--Er ist--das Jahr mit seinen Tagen und Nächten.
+
+Pantalon (freudig).
+Tartaglia! Getroffen!
+
+Tartaglia. Auf ein Haar!
+
+Doctoren (erbrechen ihre Zettel).
+Optime! Optime! Optime! das Jahr, das
+Jahr, das Jahr! Es ist das Jahr. (Musik fällt ein.)
+
+Altoum (freudig). Der Götter Gnade sei mit dir, mein Sohn,
+Und helfe dir auch durch die andern Räthsel!
+
+Zelima (bei Seite).
+O Himmel, schütz' ihn!
+
+Adelma (gegen die Zuschauer). Himmel, schütz' ihn nicht!
+Laß nicht geschehn, daß ihn die Grausame
+Gewinne, und die Liebende verliere!
+
+Turandot (entrüstet, für sich).
+Er sollte siegen? Mir den Ruhm entreißen?
+Nein, bei den Göttern! (Zu Kalaf.) Selbstzufriedner Thor!
+Frohlocke nicht zu früh! Merk' auf und löse!
+
+(Steht wieder auf und fährt in declamatorischem Tone fort.)
+
+Kennst du das Bild auf zartem Grunde?
+Es gibt sich selber Licht und Glanz.
+Ein andres ist's zu jeder Stunde,
+Und immer ist es frisch und ganz.
+Im engsten Raum ist's ausgeführt,
+Der kleinste Rahmen faßt es ein;
+Doch alle Größe, die dich rühret,
+kennst du durch dieses Bild allein.
+
+Und kannst du den Krystall mir nennen?
+Ihm gleicht an Werth kein Edelstein;
+Er leuchtet, ohne je zu brennen,
+Das ganze Weltall saugt er ein.
+Der Himmel selbst ist abgemalet
+In seinem wundervollen Ring;
+Und doch ist, was er von sich strahlet,
+Oft schöner, als was er empfing.
+
+Kalaf (nach einem kurzen Nachdenken, sich gegen die
+Prinzessin verbeugend).
+Zürnt nicht, erhabne Schöne, daß ich mich
+Erdreiste, Eure Räthsel aufzulösen.
+--Dies zarte Bild, das, in den kleinsten Rahmen
+Gefaßt, das Unermeßliche uns zeigt,
+Und der Krystall, in dem dies Bild sich malt
+Und der noch Schönres von sich strahlt--
+Er ist das Aug, in das die Welt sich drückt,
+Dein Auge ist's, wenn es mir Liebe blickt.
+
+Pantalon (springt freudig auf).
+Tartaglia! Mein' Seel! Ins schwarze Fleck
+Geschossen.
+
+Tartaglia. Mitten hinein, so wahr ich lebe!
+
+Doctoren (haben die Zettel eröffnet).
+Optime! Optime! Optime! Das Auge, das Auge,
+Es ist das Auge. (Musik fällt ein.)
+
+Altoum. Welch unverhofftes Glück! Ihr güt'gen Götter!
+O, laßt ihn auch das letzte Ziel noch treffen!
+
+Zelima (bei Seite). O, wäre dies das letzte!
+
+Adelma (gegen die Zuschauer).
+Weh mir. Er siegt! Er ist für mich verloren! (Zu Turandot.)
+Prinzessin, Euer Ruhm ist hin! Könnt Ihr's
+Ertragen? Eure vor'gen Siege alle
+Verschlingt ein einz'ger Augenblick.
+
+Turandot (steht auf in heftigem Zorn). Eh soll
+Die Welt zu Grunde gehn! Verwegner, wisse!
+Ich hasse dich nur desto mehr, je mehr
+Du hoffst mich zu besiegen, zu besitzen.
+Erwarte nicht das letzte Räthsel! Flieh!
+Weich aus dem Divan! Rette deine Seele!
+
+Kalaf. Nur Euer Haß ist's, angebetete
+Prinzessin, was mich schreckt und ängstiget.
+Dies unglücksel'ge Haupt sinkt in den Staub,
+Wenn es nicht werth war. Euer Herz zu rühren.
+
+Altoum. Steh ab, geliebter Sohn! Versuche nicht
+Die Götter, die dir zweimal günstig waren.
+Jetzt kannst du dein gerettet Leben noch,
+Gekrönt mit Ehre, aus dem Divan tragen.
+Nichts helfen dir zwei Siege, wenn der dritte
+Dir, der entscheidende, mißlingt--Je näher
+Dem Gipfel, desto schwerer ist der Fall.
+--Und du--laß es genug sein, meine Tochter,
+Steh ab, ihm neue Räthsel vorzulegen.
+Er hat geleistet, was kein andrer Prinz
+Vor ihm. Gib ihm die Hand, er ist sie werth,
+Und endige die Proben.
+
+(Zelima macht flehende, Adelma drohende Geberden gegen Turandot.)
+
+Turandot. Ihm die Hand?
+Die Proben ihm erlassen? Nein, drei Räthsel
+Sagt das Gesetz. Es habe seinen Lauf.
+
+Kalaf. Es habe seinen Lauf. Mein Schicksal liegt
+In Götterhand. Tod oder Turandot!
+
+Turandot. Tod also! Tod! Hörst du's?
+
+(Sie steht auf und fährt auf die vorige Art zu declamieren fort.)
+
+Wie heißt das Ding, das Wen'ge schätzen,
+Doch ziert's des größten Kaisers Hand;
+Es ist gemacht, um zu verletzen,
+Am nächsten ist's dem Schwert verwandt.
+Kein Blut vergießt's und macht doch tausend Wunden,
+Niemand beraubt's und macht doch reich,
+Es hat den Erdkreis überwunden,
+Es macht das Leben sanft und gleich.
+Die größten Reiche hat's gegründet,
+Die ältsten Städte hat's erbaut;
+Doch niemals hat es Krieg entzündet,
+Und Heil dem Volk, das ihm vertraut.
+Fremdling, kannst du das Ding nicht rathen,
+So weich aus diesen blühenden Staaten!
+
+(Mit den letzten Worten reißt sie sich ihren Schleier ab.)
+
+Sieh her und bleibe deiner Sinne Meister!
+Stirb oder nenne mir das Ding!
+
+Kalaf (außer sich, hält die Hand vor die Augen).
+O Himmelsglanz! O Schönheit, die mich blendet!
+
+Altoum. Gott, er verwirrt sich, er ist außer sich.
+Faß dich, mein Sohn! O, sammle deine Sinne!
+
+Zelima (für sich).
+Mir bebt das Herz.
+
+Adelma (gegen die Zuschauer). Mein bist du, theurer Fremdling!
+Ich rette dich, die Liebe wird mich's lehren.
+
+Pantalon (zu Kalaf).
+Um Gotteswillen, nicht den Kopf verloren!
+Nehmt Euch zusammen! Herz gefaßt, mein Prinz!
+O weh, o weh! Ich fürcht', er ist geliefert.
+
+Tartaglia (gravitätisch für sich).
+Ließ' es die Würde zu, wir gingen selbst zur Küche
+Nach einem Essigglas.
+
+Turandot (hat den Prinzen, der noch immer außer Fassung
+da steht, unverwandt betrachtet).
+Unglücklicher!
+Du wolltest dein Verderben. Hab' es nun!
+
+Kalaf (hat sich gefaßt und verbeugt sich mit einem ruhigen
+Lächeln gegen Turandot).
+Nur Eure Schönheit, himmlische Prinzessin,
+Die mich auf einmal überraschend, blendend
+Umleuchtete, hat mir auf Augenblicke
+Den Sinn geraubt. Ich bin nicht überwunden.
+Dies Ding von Eisen, das nur Wen'ge schätzen,
+Das Chinas Kaiser selbst in seiner Hand
+Zu Ehren bringt am ersten Tag des Jahrs,
+Dies Werkzeug, das, unschuld'ger als das Schwert,
+Dem frommen Fleiß den Erdkreis unterworfen--
+Wer träte aus den öden, wüsten Steppen
+Der Tartarei, wo nur der Jäger schwärmt,
+Der Hirte weidet, in dies blühende Land
+Und sähe rings die Saatgefilde grünen
+Und hundert volkbelebte Städte steigen,
+Von friedlichen Gesetzen still beglückt,
+Und ehrte nicht das köstliche Geräthe,
+Das allen diesen Segen schuf--den Pflug?
+
+Pantalon. O, sei gebenedeit! Laß dich umhalsen!
+Ich halte mich nicht mehr vor Freud' und Jubel.
+
+Tartaglia. Gott segne Eure Majestät! Es ist
+Vorbei, und aller Jammer hat ein Ende.
+
+Doctoren (haben die Zettel geöffnet).
+Der Pflug, der Pflug! Es ist der Pflug!
+
+(Alle Instrumente fallen ein mit großem Geräusch. Turandot
+ist auf ihrem Thron in Ohnmacht gesunken.)
+
+Zelima (Um Turandot beschäftigt).
+Blickt auf, Prinzessin! Fasset Euch! Der Sieg
+Ist sein; der schöne Prinz hat überwunden.
+
+Adelma (an die Zuschauer).
+Der Sieg ist sein! Er ist für mich verloren.
+--Nein, nicht verloren! Hoffe noch, mein Herz!
+
+(Altoum ist voll Freude, bedient von Pantalon und Tartaglia,
+vom Throne gestiegen. Die Doctoren erheben sich alle von ihren
+Sitzen und ziehen sich nach dem Hintergrund. Alle Thüren werden
+geöffnet. Man erblickt Volk. Alles dies geschieht, während die
+Musik fortdauert.)
+
+Altoum (zu Turandot).
+Nun hörst du auf, mein Alter zu betrüben,
+Grausames Kind! Genug ist dem Gesetz
+Geschehen, alles Unglück hat ein Ende.
+--Kommt an mein Herz. geliebter Prinz, mit Freuden
+Begrüß' ich Euch als Eidam!
+
+Turandot (ist wieder zu sich gekommen und stürzt in sinnloser
+Wuth von ihrem Throne, zwischen beide sich werfend).
+ Haltet ein!
+Er hoffe nicht, mein Ehgemahl zu werden!
+Die Probe war zu leicht. Er muß aufs neu'
+Im Divan mir drei andre Räthsel lösen.
+Man überraschte mich. Mir ward nicht Zeit
+Vergönnt, mich zu bereiten, wie ich sollte.
+
+Altoum. Grausame Tochter, deine Frist ist um!
+Nicht hoffe mehr, uns listig zu beschwatzen.
+Erfüllt ist die Bedingung des Gesetzes,
+Mein ganzer Divan soll den Ausspruch thun.
+
+Pantalon. Mit Eurer Gunst, Prinzessin Kieselherz!
+Es braucht nicht neue Räthsel zuzuspitzen
+Und neue Köpfe abzuhacken--Da!
+Hier steht der Mann! Der hat's errathen! Kurz:
+Das Gesetz hat seine Endschaft, und das Essen
+Steht auf dem Tisch--Was sagt der Herr Collega?
+
+Tartaglia. Das Gesetz ist aus, ganz aus, und damit Punctum.
+Was sagen Ihre Würden, die Doctoren?
+
+Doctoren. Das Gesetz ist aus. Das Köpfen hat ein Ende.
+Auf Leid folgt Freud. Man gebe sich die Hände.
+
+Altoum. So trete man den Zug zum Tempel an.
+Der Fremde nenne sich, und auf der Stelle
+Vollziehe man die Trauung--
+
+Turandot (wirft sich ihm in den Weg). Aufschub, Vater!
+Um aller Götter willen!
+
+Altoum. Keinen Aufschub!
+Ich bin entschlossen. Undankbares Kind!
+Schon allzulang zu meiner Schmach und Pein
+Willfahr' ich deinem grausamen Begehren.
+Dein Urtheil ist gesprochen; mit dem Blut
+Von zehen Todesopfern ist's geschrieben,
+Die ich um deinetwillen morden ließ.
+Mein Wort hab' ich gelöst, nun löse du
+Das Deine, oder, bei dem furchtbarn Haupt
+Des Fohi sei's geschworen--
+
+Turandot (wirft sich zu seinen Füßen). O mein Vater!
+Nur einen neuen Tag vergönnt mir--
+
+Altoum. Nichts!
+Ich will nichts weiter hören. Fort zum Tempel!
+
+Turandot (außer sich).
+So werde mir der Tempel denn zum Grab!
+Ich kann und will nicht seine Gattin sein,
+Ich kann es nicht. Eh tausend Tode sterben,
+Als diesem stolzen Mann mich unterwerfen,
+Der bloße Name schon, schon der Gedanke,
+Ihm unterthan zu sein, vernichtet mich.
+
+Kalaf. Grausame, Unerbittliche, steht auf!
+Wer könnte Euren Thränen widerstehn? (Zu Altoum.)
+Laßt Euch erbitten, Sire! Ich flehe selbst
+Darum. Gönnt Ihr den Aufschub, den sie fordert.
+Wie könnt' ich glücklich sein, wenn sie mich haßt!
+Zu zärtlich lieb' ich sie--Ich kann's nicht tragen,
+Ihr Leiden, ihren Schmerz zu sehn--Fühllose!
+Wenn dich des treusten Herzens treue Liebe
+Nicht rühren kann, wohlan, so triumphiere!
+Ich werde nie dein Gatte sein mit Zwang.
+O, sähest du in dies zerrißne Herz,
+Gewiß, du fühltest Mitleid--Dich gelüstet
+Nach meinem Blut? Es sei darum. Verstattet,
+Die Probe zu erneuern, Sire--Willkommen
+Ist mir der Tod. Ich wünsche nicht zu leben.
+
+Altoum.
+Nichts, nichts! Es ist beschlossen. Fort zum Tempel!
+Kein anderer Versuch--Unkluger Jüngling!
+
+Turandot (fährt rasend auf).
+Zum Tempel denn! Doch am Altar wird Eure Tochter
+Zu sterben wissen.
+
+(Sie zieht einen Dolch und will gehen.)
+
+Kalaf. Sterben! Große Götter!
+Nein, eh' es dahin kommt--Hört mich, mein Kaiser!
+Gönn' Eure Gnade mir die einz'ge Gunst.
+--Zum zweitenmal will ich ihr im Divan,
+Ich--ihr ein Räthsel aufzulösen geben.
+Und dieses ist: Weß Stamms und Namens ist
+Der Prinz, der, um das Leben zu erhalten,
+Gezwungen ward, als niedrer Knecht zu dienen
+Und Lasten um geringen Lohn zu tragen;
+Der endlich auf dem Gipfel seiner Hoffnung
+Noch unglücksel'ger ist, als je zuvor?
+--Grausame Seele! Morgen früh im Divan
+Nennt mir des Vaters Namen und des Prinzen.
+Vermögt Ihr's nicht--so laßt mein Leiden enden
+Und schenkt mir diese theure Hand! Nennt Ihr
+Die Namen mir, so mag mein Haupt zum Opfer fallen.
+
+Turandot. Ich bin's zufrieden, Prinz! Auf die Bedingung
+Bin ich die Eurige.
+
+Zelima (für sich). Ich soll von Neuem zittern!
+
+Adelma (seitwärts).
+Ich darf von Neuem hoffen!
+
+Altoum. Ich bin's nicht
+Zufrieden. Nichts gestatt' ich. Das Gesetz
+Will ich vollzogen wissen.
+
+Kalaf (fällt ihm zu Füßen). Mächt'ger Kaiser!
+Wenn Bitten dich bewegen--wenn du mein,
+Wenn du der Tochter Leben liebst, so duld' es!
+Bewahren mich die Götter vor der Schuld,
+Daß sich ihr Geist nicht sättige. Er weide
+Mit Wollust sich an meinem Blut--Sie löse
+Im Divan, wenn sie Scharfsinn hat, mein Räthsel!
+
+Turandot (für sich).
+Er spottet meiner noch, wagt's, mir zu trotzen!
+
+Altoum (zu Kalaf).
+Unsinniger! Ihr wißt nicht, was Ihr fordert,
+Wißt nicht, welch einen Geist sie in sich hat,
+Das Tiefste auch versteht sie zu ergründen.
+--Sei's denn! Die neue Probe sei verstattet!
+Sie sei des Bandes mit Euch los, kann sie
+Im Divan morgen uns die Namen nennen.
+Doch eines neuen Mordes Trauerspiel
+Gestatt' ich nicht--Erräth sie, was sie soll,
+So zieht in Frieden Euren Weg--Genug
+Des Blutes ist geflossen. Folgt mir, Prinz!
+--Unkluger Jüngling! Was habt Ihr gethan?
+
+(Der Marsch wird wieder gehört. Altoum geht gravitätisch mit dem
+Prinzen, Pantalon. Tartaglia, den Doctoren und der Leibwache
+durch die Pforte ab, durch die er gekommen. Turandot, Adelma,
+Zelima, Sklavinnen und Truffaldin mit den Verschnittenen entfernen
+sich durch die andere Pforte, ihren ersten Marsch wiederholend.)
+
+
+
+
+Dritter Aufzug.
+
+Ein Zimmer im Serail.
+
+
+
+Erster Auftritt.
+
+Adelma allein.
+
+
+Jetzt oder nie entspring' ich diesen Banden.
+Fünf Jahre trag' ich schon den glühnden Haß
+In meiner Brust verschlossen, heuchle Freundschaft
+Und Treue für die Grausame, die mir
+Den Bruder raubte, die mein ganz Geschlecht
+Vertilgte, mich zu diesem Sklavenloos
+Herunterstieß--In diesen Adern rinnt,
+Wie in den ihren, königliches Blut;
+Ich achte mich, wie sie, zum Thron geboren.
+Und dienen soll ich ihr, mein Knie ihr beugen,
+Die meines ganzen Hauses Mörderin,
+Die meines Falles blut'ge Ursach ist.
+Nicht länger duld' ich den verhaßten Zwang,
+Erschöpft ist mir die Kraft, ich unterliege
+Der lang getragnen Bürde der Verstellung.
+Der Augenblick ist da, mich zu befrein,
+Die Liebe soll den Rettungsweg mir bahnen.
+All' meine Künste biet' ich auf--Entweder
+Entdeck' ich sein Geheimniß oder schreck' ihn
+Durch List aus diesen Mauern weg--Verhaßte!
+Du sollst ihn nicht besitzen! Diesen Dienst
+Will ich aus falschem Herzen dir noch leisten.
+Mir selber dien' ich, süße Rache üb' ich,
+Dein Herz zerreiß' ich, da ich deinem Stolz
+Verräthrisch diene--ich durchschaute dich!
+Du liebst ihn, aber darfst es nicht gestehn.
+Du mußt ihn von dir stoßen und verwerfen,
+Wider dich selber mußt du thöricht wüthen,
+Den lächerlichen Ruhm dir zu bewahren;
+Doch ewig bleibt der Pfeil in deiner Brust,
+Ich kenn' ihn; nie vernarben seine Wunden.
+--Dein Frieden ist vorbei! Du hast empfunden!
+
+(Turandot erscheint im Hintergrund, auf Zelima gelehnt,
+welche beschäftigt ist, sie zu beruhigen.)
+
+Sie kommt, sie ist's! Verzehrt von Scham und Wuth
+Und von des Stolzes und der Liebe Streit!
+Wie lab' ich mich an ihrer Seele Pein!
+--Sie nähert sich--Laß hören, was sie spricht!
+
+
+
+Zweiter Auftritt.
+
+Turandot im Gespräch mit Zelima. Adelma, anfangs ungesehen.
+
+
+Turandot. Hilf, rath mir, Zelima. Ich kann's nicht tragen,
+Mich vor dem ganzen Divan überwunden
+Zu geben!--Der Gedanke tödtet mich.
+
+Zelima. Ist's möglich, Königin? Ein so edler Prinz
+So liebeathmend und so liebenswerth,
+Kann nichts als Haß und Abscheu--
+
+Turandot. Abscheu! Haß! (Sie besinnt sich)
+--Ich hass' ihn, ja. Abscheulich ist er mir!
+Er hat im Divan meinen Ruhm vernichtet.
+In allen Landen wird man meine Schande
+Erfahren, meiner Niederlage spotten.
+O, rette mich--In aller Frühe, will
+Mein Vater, soll der Divan sich versammeln,
+Und lös' ich nicht die aufgegebne Frage,
+So soll in gleichem Augenblick das Band
+Geflochten sein--"Weß Stamms und Namen ist
+"Der Prinz, der, um sein Leben zu erhalten,
+"Gezwungen ward, als niedrer Knecht zu dienen
+"Und Lasten um geringen Preis zu tragen;
+"Der endlich auf dem Gipfel seiner Hoffnung
+"Noch unglücksel'ger ist, als je zuvor?"--
+--Daß dieser Prinz er selbst ist, seh' ich leicht.
+Wie aber seinen Namen und Geschlecht
+Entdecken, da ihn Niemand kennt, der Kaiser
+Ihm selbst verstattet, unerkannt zu bleiben?
+Geängstigt, wie ich war, geschreckt, gedrängt,
+Ging ich die Wette unbedachtsam ein.
+Ich wollte Frist gewinnen--Aber wo
+Die Möglichkeit, es zu errathen? Sprich!
+Wo eine Spur, die zu ihm leiten könnte?
+
+Zelima. Es gibt hier kluge Frauen, Königin,
+Die aus dem Thee- und Kaffeesatz wahrsagen--
+
+Turandot. Du spottest meiner! Dahin kam's mit mir!
+
+Zelima. Wozu auch überall der fremden Künste?
+--O, seht ihn vor Euch stehn, den schönen Prinzen!
+Wie rührend seine Klage war! Wie zärtlich
+Er aus zerrißnem Herzen zu Euch flehte!
+Wie edelmüthig er, sein selbst vergessen,
+Zu Eures Vaters Füßen für Euch bat,
+Für Euch, die kein Erbarmen mit ihm trug,
+Zum zweitenmal sein kaum gerettet Leben
+Darbot, um Eure Wünsche zu vergnügen!
+
+Turandot (weggewendet). Still, still davon!
+
+Zelima. Ihr kehrt Euch von mir ab!
+Ihr seid gerührt! Ja, ja! Verbergt es nicht!
+Und eine Thräne glänzt in Eurem Auge--
+O, schämt Euch nicht der zarten Menschlichkeit!
+Nie sah ich Euer Angesicht so schön.
+O, macht ein Ende! Kommt--
+
+(Adelma ist im Begriff hervorzutreten.)
+
+Turandot. Nichts mehr von ihm!
+Er ist ein Mann. Ich hass' ihn, muß ihn hassen.
+Ich weiß, daß alle Männer treulos sind,
+Nichts lieben können als sich selbst; hinweg-
+Geworfen ist an dies verräterische Geschlecht
+Die schöne Neigung und die schöne Treue.
+Geschmeid'ge Sklaven, wenn sie um uns werben,
+Sind sie Tyrannen, gleich, wo sie besitzen.
+Das blinde Wollen, den gereizten Stolz,
+Das eigensinnig heftige Begehren,
+Das nennen sie ihr Lieben und Verehren.
+Das reißt sie blind zu unerhörter That,
+Das treibt sie selber auf den Todespfad;
+Das Weib allein kennt wahre Liebestreue.
+--Nicht weiter, sag' ich dir. Gewinnt er morgen,
+Ist mir der Tod nicht schrecklicher, als er.
+Mich sah' die Welt, die mir gehässig ist,
+Zu dem gemeinen Loos herabgewürdigt
+An eines Mannes und Gebieters Hand!
+Nein, nein! So tief soll Turandot nicht sinken!
+--Ich seine Braut! Eh' in das offne Grab
+Mich stürzen, als in eines Mannes Arme!
+
+(Adelma hat sich wieder zurückgezogen.)
+
+Zelima. Wohl mag's Euch kosten, Königin, ich glaub' es,
+Von Eurer stolzen Höh' herabzusteigen,
+Auf der die Welt Euch staunend hat gesehn.
+Was ist der eitle Ruhm, wenn Liebe spricht?
+Gesteht es, Eure Stunde ist gekommen!
+Weg mit dem Stolze! Weicht der stärkeren
+Gewalt--Ihr haßt ihn nicht, könnt ihn nicht hassen,
+Warum dem eignen Herzen widerstreben?
+Ergebt Euch dem geliebten Mann, und mag
+Alsdann die Welt die Glückliche verhöhnen!
+
+Adelma (ist horchend nach und nach näher gekommen und
+tritt jetzt hervor).
+Wer von geringem Stand geboren ist,
+Dem steht es an, wie Zelima zu denken.
+Ein königliches Herz fühlt königlich.
+--Vergib mir! Zelima! Dir ist es nicht gegeben,
+An einer Fürstin Platz dich zu versetzen,
+Die sich so hoch wie unsre Königin
+Gestellt und jetzt, vor aller Menschen Augen,
+Im Divan so herunter steigen soll,
+Von einem schlechten Fremdling überwunden.
+Mit meinen Augen sah ich den Triumph,
+Den stolzen Hohn in aller Männer Blicken,
+Als er die Rätsel unsrer Königin,
+Als wären's Kinderfragen, spielend löste,
+Der überlegnen Einsicht stolz bewußt.
+O, in die Erde hätt' ich sinken mögen
+Vor Scham und Wuth--Ich liebe meine schöne
+Gebieterin; ihr Ruhm liegt mir am Herzen.
+--Sie, die dem ganzen Volk der Männer Hohn
+Gesprochen, dieses Mannes Frau!
+
+Turandot. Erbittre mich
+Nicht mehr!
+
+Zelima. Das große Unglück, Frau zu werden!
+
+Adelma. Schweig. Zelima! Man will von dir nicht wissen,
+Wodurch ein edles Herz beleidigt wird.
+Ich kann nicht schmeicheln. Grausam wär' es, hier
+Zu schonen und die Wahrheit zu verhehlen.
+Ist es schon hart genug, daß wir den Mann,
+Den übermüthigen, zum Herrn uns geben,
+So liegt doch Trost darin, daß wir uns selbst
+Mit freier Wahl und Gunst an ihn verschenken,
+Und seine Großmuth fesselt seinen Stolz.
+Doch welches Loos trifft unsre Königin,
+Wie hat sie selbst sich ihr Geschick verschlimmert!
+Nicht ihrer freien Gunst und Zärtlichkeit,
+Sich selbst nur, seinem siegenden Verstand
+Wird sie der Stolze zu verdanken haben;
+Als seine Beute führt er sie davon--
+Wird er sie achten, Großmuth an ihr üben,
+Die keine gegen ihn bewies, auf Tod
+Und Leben ihn um sie zu kämpfen zwang,
+Ihm nur als Preis des Sieges heimgefallen?
+Wird er bescheiden seines Rechtes brauchen,
+Das er nur seinem Recht verdankt?
+
+Turandot (in der heftigsten Bewegung). Adelma, wisse!
+Find' ich die Namen nicht, mitten im Tempel
+Durchstoß' ich diese Brust mit einem Dolch.
+
+Adelma. Faßt Muth, Gebieterin. Verzweifelt nicht!
+Kunst oder List muß uns das Räthsel lösen.
+
+Zelima. Gut. Wenn Adelma mehr versteht, als ich,
+Und Euch so zugethan ist, wie sie sagt,
+So helfe sie und schaffe Rath.
+
+Turandot. Adelma!
+Geliebte Freundin! Hilf mir, schaffe Rath!
+Ich kenn' ihn nicht, weiß nicht, woher er kommt;
+Wie kann ich sein Geschlecht und Namen wissen?
+
+Adelma (nachsinnend).
+Laß sehn--Ich hab' es--hörte man ihn nicht
+Im Divan sagen, hier in dieser Stadt,
+In Peckin, lebe Jemand, der ihn kenne?
+Man muß nachspüren, muß die ganze Stadt
+Umkehren, weder Gold noch Schätze sparen--
+
+Turandot. Nimm Gold und Edelsteine, spare nichts.
+Kein Schatz ist mir zu groß, nur, daß ich's wisse!
+
+Zelima. An wen uns damit wenden? Wo uns Raths
+Erholen?--Und, gesetzt, wir fänden wirklich
+Auf diesem Wege seinen Stand und Namen,
+Wird es verborgen bleiben, daß Bestechung,
+Nicht ihre Kunst das Räthsel uns verrathen?
+
+Adelma. Wird Zelima wohl der Verräther sein?
+
+Zelima. Das geht zu weit--Spart Euer Gold, Prinzessin!
+Ich schwieg, ich hoffte Euer Herz zu rühren,
+Euch zu bewegen, diesen würdigsten
+Von allen Prinzen, den Ihr selbst nicht hasset,
+Freiwillig zu belohnen--Doch Ihr wollt es!
+So siege meine Pflicht und mein Gehorsam!
+--Wißt also! Meine Mutter Skirina
+War eben bei mir, war entzückt, zu hören,
+Daß dieser Prinz die Räthsel aufgelöst,
+Und von dem neuen Wettstreit noch nichts wissend,
+Verrieth sie mir in ihrer ersten Freude,
+Daß dieser Prinz in ihrem Haus geherbergt,
+Daß Hassan ihn, ihr Gatte, sehr wohl kenne,
+Wie seinen Herrn und lieben Freund ihn ehre.
+Ich fragte nun nach seinem Stand und Namen;
+Doch, dies sei noch ein Räthsel für sie selbst.
+Spricht sie, das Hassan standhaft ihr verberge;
+Doch hofft sie noch, es endlich zu ergründen.
+--Verdien' ich es nun noch, so zweifle meine
+Gebieterin an meiner Treu' und Liebe!
+
+(Geht ab mit Empfindlichkeit.)
+
+Turandot (ihr nacheilend).
+Bleib, Zelima! Bist du beleidigt?--Bleib!
+Vergib der Freundin!
+
+Adelma (hält sie zurück). Lassen wir sie ziehen!
+Prinzessin, auf die Spur hat Zelima
+Geholfen; unsre Sache ist es nun,
+Mit Klugheit die Entdeckung zu verfolgen.
+Denn Thorheit war's, zu hoffen, daß uns Hassan
+Gutwillig das Geheimniß beichten werde,
+Nun er den ganzen Werth desselben kennt.
+Verschlagne List, ja, wenn die List nicht hilft,
+Gewalt muß das Geständniß ihm entreißen;
+Drum schnell--Kein Augenblick ist zu verlieren.
+Herbei mit diesem Hassan ins Serail,
+Eh' er gewarnt sich unserm Arm entzieht.
+Kommt! Wo sind Eure Sklaven?
+
+Turandot (fällt ihr um den Hals). Wie du willst,
+Adelma! Freundin! Ich genehm'ge Alles.
+Nur daß der Fremde nicht den Sieg erhalte! (Geht ab.)
+
+Adelma. Jetzt, Liebe, steh mir bei! Dich ruf' ich an,
+Du Mächtige, die Alles kann bezwingen!
+Laß mich entzückt der Sklaverei entspringen;
+Der Stolz der Feindin öffne mir die Bahn!
+Hilf die Verhaßte listig mir betrügen,
+Den Freund gewinnen und mein Herz vergnügen! (Geht ab.)
+
+
+
+Dritter Auftritt.
+
+Vorhalle des Palastes.
+
+Kalaf und Barak kommen im Gespräch.
+
+
+Kalaf. Wenn aber Niemand lebt in dieser Stadt,
+Der Kundschaft von mir hat, als du allein,
+Du treue Seele--Wenn mein väterliches Reich
+Viel hundert Meilen weit von hier entlegen
+Und schon acht Jahre lang verloren ist.
+--Indessen, weißt du, lebten wir verborgen,
+Und das Gerücht verbreitet unsern Tod--
+Ach, Barak! Wer in Unglück fällt, verliert
+Sich leicht aus der Erinnerung der Menschen!
+
+Barak. Nein, es war unbedacht gehandelt, Prinz.
+Vergebt mir. Der Unglückliche muß auch
+Unmöglichs fürchten. Gegen ihn erheben
+Die stummen Steine selber sich als Zeugen;
+Die Wand hat Ohren, Mauern sind Verräther.
+Ich kann, ich kann mich nicht zufrieden geben.
+Das Glück begünstigt Euch, das schönste Weib
+Gewinnt Ihr wider Hoffen und Erwarten,
+Gewinnt mit ihr ein großes Königreich,
+Und Eure weib'sche Zärtlichkeit raubt Euch
+Auf einmal Alles wieder!
+
+Kalaf. Hättest du
+Ihr Leiden, ihren wilden Schmerz gesehn!
+
+Barak. Auf Eurer Eltern Schmerz, die Ihr zu Berlas
+Trostlos verlassen, hättet Ihr, und nicht
+Auf eines Weibes Thränen achten sollen!
+
+Kalaf. Schilt meine Liebe nicht! Ich wollt' ihr gerne
+Gefällig sein.--Vielleicht, daß meine Großmuth
+Sie rührt, daß Dankbarkeit in ihrem Herzen--
+
+Barak. Im Herzen dieser Schlange Dankbarkeit?
+Das hoffet nie.
+
+Kalaf. Entgehn kann sie mir nicht.
+Wie fände sie mein Räthsel aus? Du, Barak,
+Nicht wahr? Du hast mich nicht verrathen? Nicht?
+Vielleicht, daß du im Stillen deinem Weibe
+Vertraut hast, wer ich sei?
+
+Barak. Ich? Keine Silbe.
+Barak weiß Euren Winken zu gehorchen;
+Doch weiß ich nicht, welch schwarze Ahnung mir
+Den Sinn umnachtet und das Herz beklemmt!
+
+
+
+Vierter Auftritt.
+
+Die Vorigen. Pantalon. Tartaglia und Brigella mit Soldaten.
+
+
+Pantalon. Sieh, sieh! Da ist er ja! Potz Element,
+Wo steckt Ihr, Prinz? Was habt Ihr hier zu schaffen?
+ (Den Barak mit den Augen musternd.)
+Und wer ist dieser Mann, mit dem Ihr schwatzt?
+
+Barak (für sich). Weh' uns! Was wird das?
+
+Tartaglia. Sprecht! Wer ist der Mann?
+
+Kalaf. Ich kenn' ihn nicht. Ich fand ihn hier nur so
+Von ohngefähr, und weil ich müßig war,
+Fragt' ich ihn um die Stadt und ihre Bräuche.
+
+Tartaglia. Haltet zu Gnaden, Prinz! Ihr seid zu grad
+Für diese falsche Welt; das gute Herz
+Rennt mit dem Kopf davon--Heut früh im Divan!
+Wie Teufel kamt Ihr zu dem Narrenstreich,
+Den Vogel wieder aus der Hand zu lassen!
+
+Pantalon. Laßt' s gut sein. Was geschehn ist, ist geschehn.
+Ihr wißt nicht, lieber junger Prinz, wie tief Ihr
+Im Wasser steht, wie Euch von allen Seiten
+Betrug umlauert und Verrätherstricke
+Umgeben--Lassen wir Euch aus den Augen,
+So richtet man Euch ab, wie einen Staar. (Zu Barak)
+Herr Nachbar Naseweis, steckt Eure Nase
+Wo anders hin--Beliebt es Eurer Hoheit
+Ins Haus herein zu gehn--He da, Soldaten!
+Nehmt ihn in eure Mitte!--Ihr, Brigella,
+Wißt Eure Pflicht--Bewachet seine Thür
+Bis morgen frühe zu des Divans Stunde.
+Kein Mensch darf zu ihm ein! So will's der Kaiser.
+
+(Zu Kalaf.)
+
+Merkt Ihr? Er ist verliebt in Euch und fürchtet,
+Es möchte noch ein Unheil zwischen kommen.
+Seid Ihr bis morgen nicht sein Schwiegersohn,
+So, fürcht' ich, tragen wir den alten Herrn
+Zu Grabe--Nichts für ungut, Prinz! Doch das
+Von heute Morgen war--mit Eurer Gunst--
+Ein Narrenstreich!--Ums Himmelswillen! Gebt Euch
+Nicht bloß, laßt Euch den Namen nicht entlocken!
+
+(Ihm ins Ohr zutraulich.)
+
+Doch wollt Ihr ihn dem alten Pantalon
+Ganz sachtchen, sachtchen in die Ohren wispern,
+So wird er sich gar schön dafür bedanken.
+Bekommt er diese Recompens?
+
+Kalaf. Wie, Alter?
+Gehorcht Ihr so dem Kaiser, Euerm Herrn?
+
+Pantalon. Bravo! Scharmant!--Nun marsch! Voran, Brigella!
+Habt Ihr's gehört? Was steht Ihr hier und gaffet?
+
+Brigella. Beliebet nur das Plaudern einzustellen,
+So werd' ich thun, was meines Amtes ist.
+
+Tartaglia. Paßt ja wohl auf! Der Kopf steht drauf, Brigella.
+
+Brigella. Ich habe meinen Kopf so lieb, als Ihr
+Den Euren, Herr! 's braucht der Ermahnung nicht.
+
+Tartaglia. Es juckt und brennt mich nach dem Namen--Uh!
+Geruhtet Ihr, ihn mir zu sagen, Hoheit,
+Recht wie ein Kleinod wollt' ich ihn bei mir
+Vergraben und bewahren--Ja, das wollt' ich!
+
+Kalaf. Umsonst versucht Ihr mich. Am nächsten Morgen
+Erfahrt Ihr ihn. erfährt ihn alle Welt.
+
+Tartaglia. Bravo! Bravissimo! Hol' mich der Teufel!
+
+Pantalon. Nun, Gott befohlen, Prinz! (Zu Barak)
+Und Ihr, Herr Schlingel!
+Ihr thätet besser, Eurer Arbeit nach
+Zu gehn, als im Palast hier aufzupassen,
+Versteht Ihr mich? (Geht ab.)
+
+Tartaglia (sieht ihn scheel an). Ja wohl! Ja wohl! Ihr habt mir
+So ein gewisses Ansehn--eine Miene,
+Die mir nicht außerordentlich gefällt.
+Ich rath' Euch Gutes, geht! (Folgt dem Pantalon.)
+
+Brigella (zu Kalaf). Erlaubt mir, Prinz,
+Daß ich Dem, der befehlen kann, gehorche.
+Laßt's Euch gefallen, in dies Haus zu gehn.
+
+Kalaf. Das will ich gerne. (Zu Barak leise.)
+Freund, auf Wiedersehn!
+Zu besserer Gelegenheit! Leb wohl!
+
+Barak. Herr, ich bin Euer Sklav!
+
+Brigella. Nur fort! Nur fort!
+Und macht den Ceremonien ein Ende!
+
+(Kalaf folgt den Soldaten, die ihn in ihre Mitte nehmen, Timur
+tritt von der entgegengesetzten Seite auf, bemerkt ihn und macht
+Geberden des Schreckens und Erstaunens.)
+
+Barak (ihm nachsehend).
+Der Himmel steh' dir bei, treuherz'ge Unschuld!
+Was mich betrifft, ich hüte meine Zunge.
+
+
+
+Fünfter Auftritt.
+
+Timur, ein Greis in dürftiger Kleidung. Barak.
+
+
+Timur (entsetzt, für sich).
+Weh mir! Mein Sohn! Soldaten führen ihn
+Gefangen fort! Sie führen ihn zum Tode!
+Gewiß, gewiß, daß der Tyrann von Tefflis,
+Der Räuber meines Reichs, ihn bis nach Peckin
+Verfolgen ließ und seine Rache sättigt!
+Doch mit ihm will ich sterben! (Eilt ihm nach und ruft laut.)
+ Kalaf! Kalaf!
+
+Barak (tritt ihm in den Weg und hält ihm das Schwert auf die Brust).
+Halt ein, Unglücklicher! Du bist des Todes!
+
+(Pause. Beide sehen einander erstaunt an. Unterdessen hat sich
+Kalaf mit den Soldaten entfernt.)
+
+Wer bist du, Alter? Woher kommst du? Sprich!
+Daß du den Namen dieses Jünglings weißt?
+
+Timur. Was seh' ich? Gott! Du, Barak? Du in Peckin?
+Du sein Verräther? Ein Rebell? Und zückst
+Das Schwert auf deinen König?
+
+Barak (läßt erstaunt das Schwert sinken). Große Götter!
+Ist's möglich?--Timur?
+
+Timur. Ja, Verräther!
+Ich bin es, dein unglücklicher Monarch,
+Von aller Welt, nun auch von dir verrathen!
+Was zögerst du? Nimm dieses Leben hin!
+Verhaßt ist mir's, da ich die treusten Diener
+Um schnöden Vortheils willen undankbar
+Und meinen Sohn dem Tod geopfert sehe!
+
+Barak. Herr!--Herr! O Gott! Das ist mein Fürst, mein König!
+Er ist's! Nur allzuwohl erkenn' ich ihn. (Fällt ihm zu Füßen.)
+In diesem Staub! In dieser Niedrigkeit!
+Ihr Götter, muß mein Auge dies erleben!
+--Verzeiht, Gebieter, meiner blinden Wuth!
+Die Liebe ist's zu Eurem Sohn, die Angst,
+Die treue Sorge, die mich hingerissen.
+So lieb Euch Eures Sohnes Heil, so komme
+Der Name Kalaf nie aus Eurem Munde!
+--Ich nenne mich hier Hassan. nicht mehr Barak--
+--Ach, weh mir! Wenn uns Jemand hier behorchte!--
+Sagt, ob Elmaze, meine Königin,
+Sich auch mit Euch in dieser Stadt befindet?
+
+Timur. Still, Barak--still! O, sprich mir nicht von ihr!
+In unserm traur'gen Aufenthalt zu Berlas
+Verzehrte sie der Gram um unsern Sohn,
+--Sie starb in diesen lebensmüden Armen.
+
+Barak. O die Bejammernswürdige!
+
+Timur. Ich floh!
+Ich konnt' es, einsam, dort nicht mehr ertragen.
+Des Sohnes Spuren folgend, frag' ich mich
+Von Land zu Land, von einer Stadt zur andern.
+Und jetzt, da mich nach langem Irren endlich
+Der Götter Hand hieher geleitet, ist
+Mein erster Anblick der gefangne Sohn,
+Den man zum Tode führt.
+
+Barak. Kommt, kommt, mein König!
+Befürchtet nichts für Euren Sohn! Vielleicht
+Daß ihn, eh noch der nächste Tag verlaufen,
+Das höchste Glück belohnt und Euch mit ihm!
+Nur, daß sein Name nicht, noch auch der Eure
+Von Euern Lippen komme--Merkt Euch das!
+Ich nenne mich hier Hassan, nicht mehr Barak.
+
+Timur. Was für Geheimnisse--Erklär' mir doch!
+
+Barak. Kommt! Hier ist nicht der Ort, davon zu reden!
+Folgt mir nach meiner Wohnung--Doch, was seh' ich?
+
+(Skirina tritt aus dem Palast.)
+
+Mein Weib aus dem Serail! O wehe mir!
+Wir sind entdeckt! (Zu Skirina heftig.) Was hast du hier zu suchen?
+Unglückliche! Wo kommst du her?
+
+
+
+Sechster Auftritt.
+
+Skirina zu den Vorigen.
+
+
+Skirina. Nun! Nun!
+Aus dem Serail komm' ich, von meiner Tochter.
+Die Freude trieb mich hin, daß unser Gast,
+Der fremde Prinz, den Sieg davon getragen.
+Die Neugier auch--Nun ja--Ich wollte sehn,
+Wie dieser männerscheuen Unholdin
+Der Brautstand läßt--und freute mich darüber
+Mit meiner Tochter Zelima.
+
+Barak. Dacht' ich's doch!
+Weib! Weib! Du weißt nicht Alles, und geschwätzig
+Wie eine Elster läufst du ins Serail;
+Ich suchte dich, es dir zu untersagen.
+Umsonst! Zu spät! Des Weibes Unverstand
+Rennt immer vor des Mannes weisem Rath
+Voraus--Was ist nicht alles dort getratscht,
+Geplaudert worden! Nur heraus! Mir ist,
+Ich höre dich in deiner albernen
+Entzückung sagen: Dieser Unbekannte
+Ist unser Gast; er wohnt bei uns; mein Mann
+Kennt ihn und hält ihn hoch in Ehren--Sprich,
+Hast du's gesagt?
+
+Skirina. Und wenn ich nun? Was wär's?
+
+Barak. Nein, nein, gesteh es nur! Hast du's gesagt?
+
+Skirina. Ich hab's gesagt. Warum sollt' ich's verbergen?
+Sie wollten auch den Namen von mir wissen,
+Und--daß ich's nur gestehe, ich versprach's.
+
+Barak. Weh mir! Wir sind verloren!--Rasende!--
+
+(Zu Timur sich wendend.)
+
+Wir müssen fort! Wir müssen fliehn!
+
+Timur. So sag' mir doch, was für Geheimnisse--
+
+Barak. Fort! Fort aus Peckin! Keine Zeit verloren!
+
+(Truffaldin zeigt sich im Hintergrund mit seinen Schwarzen.)
+
+--Weh uns! Es ist zu spät. Sie kommen schon!
+Sie suchen mich, die Schwarzen, die Verschnittnen
+Der fürchterlichen Turandot--Sinnlose!
+In welchen Jammer stürzt uns deine Zunge!
+
+(Truffaldin hat ihn bemerkt und bedeutet den Verschnittenen
+durch Geberden, daß sie sich seiner bemächtigen sollen.)
+
+Ich kann nicht mehr entfliehen--Fliehe du,
+Verbirg dich, rette dich und diesen Alten!
+
+Timur. So sag' mir doch!
+
+Barak. Fort! Keine Widerrede!
+Ich bin entdeckt!--Verschlossen wie das Grab
+Sei Euer Mund! Nie komme Euer Name,
+Nie, nie der seine über Eure Lippen!
+--Und du, Unglückliche, wenn du das Übel,
+Das deine Zunge über uns gebracht,
+Gut machen willst, verbirg dich, nicht in deiner,
+In einer fremden Wohnung! Halte diesen
+Verborgen, bis der nächste Tag zur Hälfte
+Verstrichen ist--
+
+Skirina. Willst du mir denn nicht sagen?
+
+Timur. Willst du nicht mit uns fliehn?
+
+Barak. Thut, was ich sage!
+Werde mit mir, was will, wenn Ihr Euch rettet.
+
+Skirina. Sprich, Hassan! Worin hab' ich denn gefehlt?
+
+Timur. Erklär' mir diese Räthsel.
+
+Barak (heftig). Welche Marter!
+Um aller Götter willen, fort, und fragt
+Nicht weiter! Sie umringen uns; es ist
+Zu spät, und alle Flucht ist jetzt vergebens.
+--Die Namen, alter Mann, die Namen nur
+Verschweigt, und Alles kann noch glücklich enden!
+
+
+
+Siebenter Auftritt.
+
+Vorige. Truffaldin mit den Verschnittenen.
+
+
+Truffaldin (ist nach und nach näher gekommen, hat die Ausgänge
+besetzt und tritt nun hervor, mit übertriebenen Geberden dem
+Barak den Degen auf die Brust haltend).
+Halt an und steht! Nicht von der Stelle! Nicht
+Gemuckst! Der ist des Todes, der sich rührt.
+
+Skirina. O wehe mir!
+
+Barak. Ich weiß, Ihr sucht den Hassan.
+Hier bin ich, führt mich fort.
+
+Truffaldin. Bst! Keinen Lärmen!
+'s ist gut gemeint. Es soll Euch eine ganz
+Absonderliche Gnad' und Ehr' geschehn.
+
+Barak. Ja, ins Serail wollt Ihr mich führen, kommt!
+
+Truffaldin. Gemach! Gemach! Ei, seht doch, welche Gunst
+Euch widerfährt! Ins Harem! ins Serail
+Der Königin--Ihr glückliche Person!
+'s kommt keine Fliege ins Serail, sie wird
+Erst wohl besichtigt und beschaut, ob sie
+Ein Männchen oder Weib, und ist's ein Männchen,
+Wird's ohne Gnad' gekreuzigt und gepfählt.
+--Wer ist der Alte da?
+
+Barak. Ein armer Bettler,
+Den ich nicht kenne--Kommt und laßt uns gehn.
+
+Truffaldin (betrachtet den Timur mit lächerlicher Genauigkeit).
+Gemach! Gemach! Ein armer Bettler! Ei!
+--Wir haben uns großmüthig vorgesetzt,
+Auch dieses armen Bettlers Glück zu machen.
+ (Bemerkt und betrachtet die Skirina.)
+--Wer ist die Weibsperson?
+
+Barak. Was zögerst du?
+Ich weiß, daß deine Königin mich erwartet.
+Laß diesen Greis! Das Weibsbild kenn' ich nicht,
+Hab's nie gesehn und weiß nicht, wer sie ist.
+
+Truffaldin (zornig). Du kennst sie nicht? Du hast sie nie gesehn?
+Verdammte Lüge! Was! Kenn' ich sie nicht
+Als deine Frau und als die Mutter nicht
+Der Sklavin Zelima? Hab' ich sie nicht
+Zu hundert Malen im Serail gesehn,
+Wenn sie der Tochter weiße Wäsche brachte?
+
+(Mit komischer Gravität zu den Verschnittenen.)
+
+Merkt, Sklaven, den Befehl. den ich euch gebe!
+Die drei Personen hier nehmt in Verwahrung,
+Bewacht sie wohl, hört ihr, laßt sie mit keiner
+Lebend'gen Seele reden, und bei Nacht,
+Sobald es still ist, führt sie ins Serail!
+
+Timur. O Gott! Was wird aus mir!
+
+Skirina. Ich fass' es nicht.
+
+Barak (zu Timur). Was aus dir werden soll, und was aus mir?
+Ich werde Alles leiden. Leid' auch du!
+Vergiß nicht, was ich dir empfahl--und, was
+Dir auch begegne, hüte deine Zunge!
+--Jetzt hast du, thöricht Weib, was du gewollt.
+
+Skirina. Gott steh uns bei!
+
+Truffaldin (zu den Schwarzen). Ergreift sie! Fort mit ihnen!
+
+(Gehen ab.)
+
+
+
+
+Vierter Aufzug.
+
+Vorhof mit Säulen. In der Mitte eine Tafel mit einem mächtig
+großen Becken, voll von Goldstücken.
+
+
+
+Erster Auftritt.
+
+Turandot. Zelima. Skirina. Timur. Barak.
+
+(Barak und Timur stehen, jeder an einer Säule, einander gegenüber,
+die Verschnittenen um sie herum, alle mit entblößten Säbeln und
+Dolchen. Zelima und Skirina stehen weinend auf der einen, Turandot
+drohend und streng auf der andern Seite.)
+
+
+Turandot. Noch ist es Zeit. Noch lass' ich mich herab,
+Zu bitten--Dieser aufgehäufte Berg
+Von Gold ist euer, wenn ihr mir in Gutem
+Des Unbekannten Stand und Namen nennt.
+Besteht ihr aber drauf, ihn zu verschweigen,
+So sollen diese Dolche, die ihr hier
+Auf euch gezückt seht, euer Herz durchbohren!
+He da, ihr Sklaven! Machet euch bereit.
+
+(Die Verschnittenen halten ihnen ihre Dolche auf die Brust.)
+
+Barak (zu Skirina). Nun, heillos Weib, nun siehst du, Skirina,
+Wohin uns deine Plauderhaftigkeit geführt.
+--Prinzessin, sättigt Eure Wuth! Ich biete
+Den Martern Trotz, die Ihr ersinnen könnt,
+Ich bin bereit, den herbsten Tod zu leiden.
+--Herbei, ihr Schwarzen! Auf, ihr Marterknechte.
+Tyrannische Werkzeuge der Tyrannin,
+Zerfleischt mich, tödtet mich, ich will es dulden.
+--Sie hat ganz Recht, ich kenne diesen Prinzen
+Und seinen Vater, Beider Namen weiß ich;
+Doch keine Marter preßt sie von mir aus,
+Kein Gold verführt mich; weniger als Staub,
+Als schlechte Erde acht' ich diese Schätze!
+Du, meine Gattin, jammre nicht um mich!
+Für Diesen Alten spare deine Thränen,
+Für ihn erweiche dieses Felsenherz,
+Daß der Unschuldige gerettet werde!
+Sein ganz Verbrechen ist, mein Freund zu sein.
+
+Skirina (flehend zu Turandot).
+O Königin, Erbarmen!
+
+Timur. Niemand kümmre sich
+Um einen schwachen Alten, den die Götter
+Im Zorn verfolgen, dem der Tod Erlösung,
+Das Leben eine Marter ist. Ich will
+Dich retten, Freund, und sterben. Wisse denn,
+Du Grausame--
+
+Barak (unterbricht ihn). Um aller Götter willen, schweigt!
+Der Name komme nicht aus Eurem Munde!
+
+Turandot (neugierig).
+Du weißt ihn also, Greis?
+
+Timur. Ob ich ihn weiß?
+Unmenschliche!--Freund, sag' mir das Geheimniß,
+Warum darf ich die Namen nicht entdecken?
+
+Barak. Ihr tödtet ihn und uns, wenn Ihr sie nennt.
+
+Turandot. Er will dich schrecken, Alter, fürchte nichts!
+Herbei, ihr Sklaven, züchtigt den Verwegnen!
+
+(Die Verschnittenen umgeben den Barak.)
+
+Skirina. Ihr Götter, helft! Mein Mann! Mein Mann!
+
+Timur (tritt dazwischen). Halt! Haltet!
+Was soll ich thun! Ihr Götter, welche Marter!
+--Prinzessin, schwört mir's zu bei Eurem Haupt,
+Bei Euren Göttern schwört mir, daß sein Leben
+Und dieses Fremdlings Leben ungefährdet
+Sein soll--Mein eignes acht' ich nichts und will
+Es freudig Eurer Wuth zum Opfer geben--
+Schwört mir das zu, und Ihr sollt Alles wissen.
+
+Turandot. Bei meinem Haupt, zum furchtbarn Fohi schwör' ich,
+Daß weder seinem Leben, noch des Prinzen,
+Noch irgend eines hier Gefährde droht--
+
+Barak (unterbricht sie).
+Halt, Lügnerin--Nicht weiter--Glaubt ihr nicht!
+Verrätherei lauscht hinter diesem Schwur.
+--Schwört, Turandot, schwört, daß der Unbekannte
+Euer Gatte werden soll, im Augenblick,
+Da wir die Namen Euch entdeckt, wie recht
+Und billig ist; Ihr wißt es, Undankbare!
+Schwört, wenn Ihr könnt und dürft, daß er, verschmäht
+Von Euch, nicht in Verzweiflung sterben wird
+Durch seine eigne Hand--Und schwört uns zu,
+Daß, wenn wir Euch die Namen nun entdeckt,
+Für unser Leben nichts zu fürchten sei,
+Noch, daß ein ew'ger Kerker uns lebendig
+Begraben und der Welt verbergen soll--
+Dies schwört uns, und der Erste bin ich selbst,
+Der Euch die beiden Namen nennt!
+
+Timur. Was für Geheimnisse sind dies! Ihr Götter,
+Nehmt diese Qual und Herzensangst von mir!
+
+Turandot. Ich bin der Worte müd--Ergreift sie, Sklaven!
+Durchbohret sie!
+
+Skirina. O Königin! Erbarmen!
+
+(Die Verschnittenen sind im Begriff, zu gehorchen, aber Skirina
+und Zelima werfen sich dazwischen.)
+
+Barak. Nun siehst du, Greis, das Herz der Tigerin!
+
+Timur (niedergeworfen).
+Mein Sohn! Dir weih' ich freudig dieses Leben.
+Die Mutter ging voran, ihr folg' ich nach.
+
+Turandot (betroffen, wehrt den Sklaven).
+Sein Sohn! Was hör' ich! Haltet!--Du ein Prinz?
+Ein König? Du des Unbekannten Vater?
+
+Timur. Ja, Grausame! Ich bin ein König--bin
+Ein Vater, den der Jammer niederdrückt!
+
+Barak. O König! Was habt Ihr gethan!
+
+Skirina. Ein König!
+In solchem Elend!
+
+Zelima. Allgerechte Götter!
+
+Turandot (in tiefes Sinnen verloren, nicht ohne Rührung).
+Ein König und in solcher Schmach!--Sein Vater!
+Des unglücksel'gen Jünglings, den ich mich
+Zu hassen zwinge und nicht hassen kann!
+--O der Bejammernswürdige--Wie wird mir!
+Das Herz im tiefsten Busen wendet sich!
+Sein Vater!--Und er selbst--Sagt' er nicht so?
+Genöthiget, als niedrer Knecht zu dienen
+Und Lasten um geringen Sold zu tragen!
+O Menschlichkeit! O Schicksal!
+
+Barak. Turandot,
+Dies ist ein König! Scheuet Euch und schaudert
+Zurück, die heil'gen Glieder zu verletzen!
+Wenn solches Jammers Größe Euch nicht rührt,
+Euch nicht das Mitleid, nicht die Menschlichkeit
+Entwaffnen kann, laßt Euch die Scham besiegen.
+Ehrt Eures eignen greisen Vaters Haupt
+In diesem Greis--O, schändet Euch nicht selbst
+Durch eine That, die Euer Blut entehrte!
+Genug daß Ihr die Jünglinge gemordet,
+Schonet das Alter, das ohnmächtige,
+Das auch die Götter zum Erbarmen zwingt!
+
+Zelima (wirft sich zu ihren Füßen).
+Ihr seid bewegt, Ihr könnt nicht widerstehn.
+O, gebt dem Mitleid und der Gnade Raum,
+Laßt Euch die Größe dieses Jammers rühren!
+
+
+
+Zweiter Auftritt.
+
+Adelma zu den Vorigen.
+
+
+Turandot (ihr entgegen).
+Kommst du, Adelma? Hilf mir! O, schaff' Rath!
+Ich bin entwaffnet--Ich bin außer mir!
+Dies ist sein Vater, ein Monarch und König!
+
+Adelma. Ich hörte Alles. Fort mit diesen Beiden,
+Schafft dieses Gold hinweg, der Kaiser naht!
+
+Turandot. Mein Vater? Wie?
+
+Adelma. Ist auf dem Weg hieher. (Zu den Schwarzen)
+Fort, eh wir überfallen werden! Sklaven,
+Führt diese Beiden in die untersten
+Gewölbe des Serails, dort haltet sie
+Verborgen bis auf weitere Befehle! (Zu Turandot)
+Es ist umsonst. Wir müssen der Gewalt
+Entsagen. Nichts kann retten, als die List.
+--Ich habe einen Anschlag--Skirina,
+Ihr bleibt zurück. Auch Zelima soll bleiben.
+
+Barak (zu Timur). Weh uns, mein Fürst! Die Götter mögen wissen,
+Welch neues Schreckniß ansgebrütet wird!
+--Weib! Tochter! Seid getreu, o, haltet fest,
+Laßt euch von diesen Schlangen nicht verführen!
+
+Turandot (zu den Schwarzen).
+Ihr wisset den Befehl. Fort, fort mit ihnen
+In des Serails verborgenste Gewölbe!
+
+Timur. Fall' Eure ganze Rache auf mein Haupt!
+Nur ihm, nur meinem Sohn erzeiget Mitleid!
+
+Barak. Mitleid in dieser Furie! Verrathen
+Ist Euer Sohn, und uns, ich seh' es klar,
+Wird ew'ge Nacht dem Aug der Welt verbergen.
+Man führt uns aus dem Angesicht der Menschen,
+Wohin kein Lichtstrahl und kein Auge dringt,
+Und unser Schmerz kein fühlend Ohr erreicht! (Zur Prinzessin.)
+Die Welt kannst du, der Menschen Auge blenden,
+Doch zittre vor der Götter Rachgericht!
+Magst du im Schlund der Erde sie verstecken,
+Laß tausend Todtengrüfte sie bedecken,
+Sie bringen deine Übelthat ans Licht.
+
+(Er folgt mit Timur den Verschnittenen, welche zugleich die
+Tafel und das Becken mit den Goldstücken hinwegtragen.)
+
+
+
+Dritter Auftritt.
+
+Turandot. Adelma. Zelima und Skirina.
+
+
+Turandot (zu Adelma). Auf dich verlass' ich mich, du einz'ge Freundin!
+O, sage, sprich, wie du mich retten willst.
+
+Adelma. Die Wachen, die auf Altoums Befehl
+Des Prinzen Zimmer hüten, sind gewonnen.
+Man kann zu ihm hineingehn, mit ihm sprechen--
+Und was ist dann nicht möglich, wenn wir klug
+Die Furcht, die Überredung spielen lassen.
+Denn arglos ist sein Herz und gibt sich leicht
+Der Schmeichelstimme des Verräthers hin.
+Wenn Skirina, wenn Zelima mir nur
+Behilflich sind und ihre Rolle spielen,
+So zweifelt nicht, mein Anschlag soll gelingen.
+
+Turandot (zu Skirina). So lieb dir Hassans Leben, Skirina!
+Er ist in meiner Macht, ich kann ihn tödten.
+
+Skirina. Was Ihr befehlt, ich bin bereit zu Allem,
+Wenn ich nur meines Hassans Leben rette.
+
+Turandot (zu Zelima). So werth dir meine Gunst ist, Zelima.--
+
+Zelima. Auf meinen Eifer zählt und meine Treue!
+
+Adelma. So kommt. Kein Augenblick ist zu verlieren (Sie gehen ab.)
+
+Turandot. Geht, geht! Thut, was sie sagt.
+
+
+
+Vierter Auftritt.
+
+Turandot allein.
+
+
+Was sinnt Adelma?
+Wird sie mich retten? Götter, steht ihr bei!
+Kann ich mich noch mit diesem Siege krönen,
+Weß Name wird dann größer sein, als meiner?
+Wer wird es wagen, sich in Geisteskraft
+Mit Turandot zu messen?--Welche Lust,
+Im Divan, vor der wartenden Versammlung,
+Die Namen ihm ins Angesicht zu werfen
+Und ihn beschämt von meinem Thron zu weisen!
+--Und doch ist mir's, als würd' es mich betrüben!
+Mir ist, als säh' ich ihn, verzweiflungsvoll,
+Zu meinen Füßen seinen Geist verhauchen,
+Und dieser Anblick dringt mir in das Herz.
+--Wie, Turandot? Wo ist der edle Stolz
+Der großen Seele? Hat's ihn auch gekränkt,
+Im Divan über dich zu triumphieren?
+Was wird dein Antheil sein, wenn er auch hier
+Den Sieg dir abgewinnt?--Recht hat Adelma!
+Zu weit ist es gekommen! Umkehr ist
+Nicht möglich!--Du mußt siegen oder fallen!
+Besiegt von einem, ist besiegt von allen!
+
+
+
+Fünfter Auftritt.
+
+Turandot. Altoum. Pantalon und Tartaglia folgen ihm in einiger
+Entfernung nach.
+
+
+Altoum (in einem Briefe lesend und in tiefen Gedanken, für sich).
+So mußte dieser blutige Tyrann
+Von Tefflis enden! Kalaf, Timurs Sohn,
+Aus seiner Väter Reich vertrieben, flüchtig
+Von Land zu Lande schweifend, muß hieher
+Nach Peckin kommen und durch seltsame
+Verkettung der Geschicke glücklich werden!
+So führt das Schicksal an verborgnem Band
+Den Menschen auf geheimnißvollen Pfaden!
+Doch über ihm wacht eine Götterhand,
+Und wunderbar entwirret sich der Faden.
+
+Pantalon (leise zu Tartaglia).
+Rappelt's der Majestät? Was kömmt sie an,
+Daß sie in Versen mit sich selber spricht?
+
+Tartaglia (leise zu Pantalon).
+Still, still! Es ist ein Bote angelangt
+Aus fernen Landen--Was er brachte, mag
+Der Teufel wissen!
+
+Altoum (steckt den Brief in den Busen und wendet sich zu
+seiner Tochter).
+Turandot! Die Stunden
+Entfliehen, die Entscheidung rückt heran,
+Und schlaflos irrst du im Serail umher,
+Zerquälst dich, das Unmögliche zu wissen.
+--Vergebens quälst du dich. Es ist umsonst,
+Ich aber hab' es ohne Müh' erfahren.
+--Sieh diesen Brief. Hier stehen beide Namen
+Und Alles, was sie kenntlich macht. So eben
+Bringt ihn ein Bote mir aus fernen Landen.
+Ich halt' ihn wohl verschlossen und bewacht,
+Bis dieser nächste Tag vorüber ist.
+Der unbekannte Prinz ist wirklich König
+Und eines Königs Sohn--Es ist unmöglich,
+Daß du errathest, wer sie beide seien.
+Ihr Reich liegt allzufern von hier, der Name
+Ist kaum zu Peckin ausgesprochen worden.
+--Doch sieh, weil ich's als Vater mit dir meine,
+Komm' ich in später Nacht noch her--Kann es
+Dir Freude machen, dich zum zweitenmal
+Im Divan dem Gelächter bloßzustellen,
+Dem Hohn des Pöbels, der mit Ungeduld
+Drauf wartet, deinen Stolz gebeugt zu sehn?
+Denn abgesinnt, du weißt's, ist dir das Volk,
+Kaum werd' ich seiner Wuth gebieten können,
+Wenn du im Divan nun verstummen mußt.
+--Sieh liebes Kind, dies führte mich hieher.
+
+(Zu Pantalon und Tartaglia.)
+
+Laßt uns allein! (Jene entfernen sich ungern und zaudernd.)
+
+
+
+Sechster Auftritt.
+
+Turandot und Altoum.
+
+
+Altoum (nachdem jene weg sind, nähert sich ihr und faßt sie
+vertraulich bei der Hand).
+Ich komme, deine Ehre
+Zu retten.
+
+Turandot. Meine Ehre, Sire? Spart Euch
+Die Müh! Nicht Rettung brauch' ich meiner Ehre--
+Ich werde mir im Divan morgen selbst
+Zu helfen wissen.
+
+Altoum. Ach, du schmeichelst dir
+Mit eitler Hoffnung. Glaube mir's, mein Kind,
+Unmöglich ist's, zu wissen, was du hoffst.
+Ich les' in deinen Angen, deinen wild
+Verwirrten Zügen deine Qual und Angst.
+Ich bin dein Vater; sieh, ich hab' dich lieb.
+--Wir sind allein--Sei offen gegen mich!
+Bekenn' es frei--weißt du die beiden Namen?
+
+Turandot. Ob ich sie weiß, wird man im Divan hören.
+
+Altoum. Nein, Kind, du weißt sie nicht, kannst sie nicht wissen.
+Wenn du sie weißt, so sag' mir's im Vertrauen.
+Ich lasse dann den Unglücksel'gen wissen,
+Daß er verrathen ist, und lass' ihn still
+Aus meinen Staaten ziehn. So meidest du
+Den Haß des Volks--und mit dem Sieg zugleich
+Trägst du den Ruhm der Großmuth noch davon,
+Daß du dem Überwundenen die Schmach
+Der öffentlichen Niederlage spartest.
+--Um dieses Einz'ge bitt' ich dich, mein Kind!
+Wirst du's dem Vater, der dich liebt, versagen?
+
+Turandot. Ich weiß die Namen oder weiß sie nicht,
+Genug! Hat er im Divan meiner nicht
+Geschont, brauch' ich auch seiner nicht zu schonen.
+Gerechtigkeit geschehe! Öffentlich,
+Wenn ich sie weiß, soll man die Namen hören.
+
+Altoum (will ungeduldig werden, zwingt sich aber und fährt mit
+Mäßigung und Milde fort).
+Durft' er dich schonen? Galt es nicht sein Leben?
+Galt es nicht, was ihm mehr war, deine Hand?
+Dich zu gewinnen und sich selbst zu retten,
+Mußt' er den Sieg im Divan dir entreißen.
+--Nur einen Augenblick leg' deinen Zorn
+Bei Seite, Kind--Gib Raum der Überlegung!
+Sieh, dieses Haupt setz' ich zum Pfand, du weißt
+Die Namen nicht--Ich aber weiß sie--hier (auf den Brief zeigend)
+Stehn sie geschrieben, und ich sag' sie dir.
+--Der Divan soll sich in der Früh' versammeln,
+Der Unbekannte öffentlich erscheinen;
+Mit seinem Namen redest du ihn an;
+Er soll beschämt, vom Blitz getroffen, stehen,
+Verzweifelnd jammern und vor Schmerz vergehen;
+Vollkommen sei sein Fall und dein Triumph.
+Doch nun, wenn du so tief ihn hast gebeugt
+Erheb' ihn wieder! Frei, aus eigner Wahl
+Reich' ihm die Hand und endige sein Leiden.
+--Komm, meine Tochter, schwöre mir, daß du
+Das thun willst, und sogleich--wir sind allein--
+Sollst du die Namen wissen. Das Geheimniß,
+Ich schwöre dir, soll mit uns beiden sterben.
+So löst der Knote sich erfreulich auf;
+Du krönest dich mit neuem Siegesruhm,
+Versöhnest dir durch schöne Edelthat
+Die Herzen meines Volks, gewinnst dir selbst
+Den Würdigsten der Erde zum Gemahl,
+Erfreuest, tröstest nach so langem Gram
+In seinem hohen Alter deinen Vater.
+
+Turandot (ist während dieser Rede in eine immer zunehmende
+Bewegung gerathen).
+Ach, wie viel arge List gebraucht mein Vater!
+--Was soll ich thun? Mich auf Adelmas Wort
+Verlassen und dem ungewissen Glück
+Vertraun? Soll ich vom Vater mir die Namen
+Entdecken lassen und den Nacken beugen
+In das verhaßte Joch?--Furchtbare Wahl!
+
+(Sie steht unentschlossen in heftigem Kampf mit sich selbst.)
+
+Herunter, stolzes Herz! Bequeme dich!
+Dem Vater nachzugeben ist nicht Schande!
+
+(Indem sie einige Schritte gegen Altoum macht, steht sie
+plötzlich wieder still.)
+
+Doch wenn Adelma--sie versprach so kühn,
+So zuversichtlich--wenn sie's nun erforschte,
+Und übereilt hätt' ich den Schwur gethan?
+
+Altoum. Was sinnest du und schwankest, meine Tochter,
+In zweifelnden Gedanken hin und her?
+Soll etwa diese Angst mich überreden,
+Daß du des Sieges dich versichert haltest?
+O Kind, gib deines Vaters Bitte nach--
+
+Turandot. Es sei! Ich wag es drauf. Ich will Adelma
+Erwarten--So gar dringend ist mein Vater?
+Ein sichres Zeichen, daß es möglich ist,
+Ich könne, was er fürchtet, durch mich selbst
+Erfahren--Er versteht sich mit dem Prinzen!
+Nicht anders! Von ihm selbst hat er die Namen;
+Es ist ein abgeredet Spiel; ich bin
+Verrathen, und man spottet meiner!
+
+Altoum. Nun?
+Was zauderst du? Hör auf, dich selbst zu quälen,
+Entschließe dich!
+
+Turandot. Ich bin entschlossen--Morgen
+In aller Früh' versammle sich der Divan.
+
+Altoum. Du bist entschlossen, es aufs Äußerste,
+Auf öffentliche Schande hin zu wagen?
+
+Turandot. Entschlossen, Sire, die Probe zu bestehen.
+
+Altoum (in heftigem Zorn).
+Unsinnige! Verstockte! Blindes Herz!
+Noch blinder als die Albernste des Pöbels!
+Ich bin gewiß, wie meines eignen Haupts,
+Daß du dich öffentlich beschimpfst, daß dir's
+Unmöglich ist, das Räthsel aufzulösen.
+Wohlan! Der Divan soll versammelt werden,
+Und in der Nähe gleich sei der Altar!
+Der Priester halte sich bereit, im Augenblick,
+Da du verstummst, beim lauten Hohngelächter
+Des Volks die Trauung zu vollziehn. Du hast
+Den Vater nicht gehört, da er dich flehte.
+Leb' oder stirb! Er wird dich auch nicht hören! (Er geht ab.)
+
+Turandot. Adelma! Freundin! Retterin! Wo bist du?
+Verlassen bin ich von der ganzen Welt.
+Mein Vater hat im Zorn mich aufgegeben,
+Von dir allein erwart' ich Heil und Leben. (Entfernt sich von der
+andere Seite.)
+
+
+
+Siebenter Auftritt.
+
+Die Scene verwandelt sich in ein prächtiges Gemach mit mehreren
+Ausgängen. Im Hintergrund steht ein orientalisches Ruhebett für
+Kalaf. Es ist finstere Nacht.
+
+Kalaf. Brigella mit einer Fackel.
+
+(Kalaf geht in tiefen Gedanken auf und ab, Brigella betrachtet
+ihn mit Kopfschütteln.)
+
+
+Brigella. 's hat eben Drei geschlagen, Prinz, und Ihr
+Seid nun genau dreihundert sechzigmal
+In diesem Zimmer auf und ab spaziert.
+Verzeiht! Mir liegt der Schlaf in allen Gliedern,
+Und wenn Ihr selbst ein wenig ruhen wolltet,
+Es könnt' nicht schaden.
+
+Kalaf. Du hast Recht, Brigella.
+Mein sorgenvoller Geist treibt mich umher;
+Doch du magst gehen und dich schlafen legen.
+
+Brigella (geht, kommt aber gleich wieder zurück).
+Ein Wort zur Nachricht, Hoheit--Wenn Euch hier
+Von ohngefähr so was erscheinen sollte--
+Macht Eure Sache gut--Ihr seid gewarnt!
+
+Kalaf. Erscheinungen? Wie so? An diesem Ort?
+ (Mustert mit unruhigen Blicke das Zimmer.)
+
+Brigella. Du lieber Himmel! Uns ist zwar verboten
+Bei Lebensstrafe, Niemand einzulassen.
+Doch--arme Diener! Herr, Ihr wißt ja wohl!
+Der Kaiser ist der Kaiser, die Prinzeß
+Ist, so zu sagen, Kaiserin--und was
+Die in den Kopf sich setzt, das muß geschehn!
+'s wird Einem sauer, Hoheit, zwischen zwei
+Dachtraufen trocknen Kleides durchzukommen.
+--Versteht mich wohl. Man möchte seine Pflicht
+Gern ehrlich thun--Doch man erübrigte
+Auch gern etwas für seine alten Tage.
+Herr, unsereins ist halter übel dran!
+
+Kalaf. Wie? Sollte man mir gar ans Leben wollen?
+Brigella, rede!
+
+Brigella. Gott soll mich bewahren!
+Allein bedenkt die Neugier, die man hat,
+Zu wissen, wer Ihr seid. Es könnte sich
+Zum Beispiel fügen, daß--durchs Schlüsselloch--
+Ein Geist--ein Unhold--eine Hexe käme,
+Euch zu versuchen--Gnug! Ihr seid gewarnt!
+Versteht mich--Arme Diener, arme Schelme!
+
+Kalaf (lächelnd). Sei außer Sorgen. Ich verstehe dich
+Und werde mich in Acht zu nehmen wissen.
+
+Brigella. Thut das, und somit Gott befohlen, Herr.
+Ums Himmels willen, bringt mich nicht ins Unglück!
+
+(Gegen die Zuschauer.)
+
+Es kann geschehen, daß man einen Beutel
+Mit Golde ausschlägt--möglich ist's! Was mich betrifft,
+Ich that mein Bestes, und ich konnt' es nicht. (Er geht ab.)
+
+Kalaf. Er hat mir Argwohn in mein Herz gepflanzt.
+Wer könnte mich hier überfallen wollen?
+Und laß die Teufel aus der Hölle selbst
+Ankommen, dieses Herz wird standhaft bleiben. (Er tritt ans Fenster.)
+Der Tag ist nicht mehr weit, ich werde nun
+Nicht lange mehr auf dieser Folter liegen.
+Indeß versuch' ich es, ob ich vielleicht
+Den Schlaf auf diese Augen locken kann.
+
+(Indem er sich auf das Ruhebette niederlassen will, öffnet sich
+eine von den Thüren.)
+
+
+
+Achter Auftritt.
+
+Kalaf. Skirina in männlicher Kleidung und mit einer Maske vor
+dem Gesicht.
+
+
+Skirina (furchtsam sich nähernd).
+Mein lieber Herr--Herr--O, wie zittert mir
+Das Herz!
+
+Kalaf (auffahrend). Wer bist du, und was suchst du hier?
+
+Skirina (nimmt die Maske vom Gesicht).
+Kennt Ihr mich nicht? Ich bin ja Skirina,
+Des armen Hassans Weib und Eure Wirthin.
+Verkleidet hab' ich durch die Wachen mich
+Herein gestohlen--Ach! was hab' ich Euch
+Nicht alles zu erzählen--Doch die Angst
+Erstickt mich, und die Kniee zittern mir;
+Ich kann vor Thränen nicht zu Worte kommen.
+
+Kalaf. Sprecht, gute Frau. Was habt Ihr mir zu sagen?
+
+Skirina (sich immer schüchtern umsehend).
+Mein armer Mann hält sich versteckt. Es ward
+Der Turandot gesagt, daß er Euch kenne.
+Nun wird ihm nachgespürt an allen Orten,
+Ihn ins Serail zu schleppen und ihm dort
+Gewaltsam Euren Namen abzupressen.
+Wird er entdeckt, so ist's um ihn geschehn;
+Denn eher will er unter Martern sterben,
+Als Euch verrathen.
+
+Kalaf. Treuer, wackrer Diener!
+--Ach, die Unmenschliche!
+
+Skirina. Ihr habt noch mehr
+Von mir zu hören--Euer Vater ist
+In meinem Haus.
+
+Kalaf. Was sagst du? Große Götter!
+
+Skirina. Von Eurer Mutter zum trostlosen Wittwer
+Gemacht--
+
+Kalaf. O meine Mutter!
+
+Skirina. Hört mich weiter!
+Er weiß, daß man Euch hier bewacht; er zittert
+Für Euer Leben; er ist außer sich;
+Er will verzweifelnd vor den Kaiser dringen,
+Sich ihm entdecken, kost' es, was es wolle;
+Mit meinem Sohne, ruft er, will ich sterben!
+Vergebens such' ich ihn zurück zu halten,
+Sein Ohr ist taub, er hört nur seinen Schmerz;
+Nur das Versprechen, das ich ihm gethan,
+Ein tröstend Schreiben ihm von Eurer Hand
+Mit Eures Namens Unterschrift zu bringen,
+Das ihm Versichrung gibt von Eurem Leben,
+Hielt ihn vom Äußersten zurück! So hab' ich mich
+Hieher gewagt und in Gefahr gesetzt,
+Dem kummervollen Greise Trost zu bringen.
+
+Kalaf. Mein Vater hier in Peckin! Meine Mutter
+Im Grab!--Du hintergehst mich, Skirina!
+
+Skirina. Mich strafe Fohi, wenn ich Euch das lüge!
+
+Kalaf. Bejammernswerther Vater! Arme Mutter!
+
+Skirina (dringend). Kein Augenblick ist zu verlieren! Kommt!
+Bedenkt Euch nicht; schreibt diese wen'gen Worte.
+Fehlt Euch das Nöthige, ich bracht' es mit.
+
+(Sie zieht eine Schreibtafel hervor.)
+
+Genug, wenn dieser kummervolle Greis
+Zwei Zeilen nur von Eurer Hand erhält,
+Daß Ihr noch lebt und daß Ihr Gutes hofft.
+Sonst treibt ihn die Verzweiflung an den Hof,
+Er nennt sich dort, und Alles ist verloren.
+
+Kalaf. Ja, gib mir diese Tafel!
+
+(Er ist im Begriff zu schreiben, hält aber plötzlich inne und
+sieht sie forschend an.)
+Skirina!
+Hast du nicht eine Tochter im Serail?
+--Ja, ja, ganz recht. Sie dient Sklavin dort
+Der Turandot; dein Mann hat mir's gesagt.
+
+Skirina. Nun ja! Wie kommt Ihr darauf?
+
+Kalaf. Skirina!
+Geh nur zurück und sage meinem Vater
+Von meinetwegen, daß er ohne Furcht
+Geheimen Zutritt bei dem Kaiser fordre
+Und ihm entdecke, was sein Herz ihn heißt.
+Ich bin's zufrieden.
+
+Skirina (betroffen). Ihr verweigert mir
+Den Brief? Ein Wort von Eurer Hand genügt.
+
+Kalaf. Nein, Skirina, ich schreibe nicht. Erst morgen
+Erfährt man, wer ich bin--Ich wundre mich,
+Daß Hassans Weib mich zu verrathen sucht.
+
+Skirina. Ich Euch verrathen! Guter Gott! (Für sich.)
+Adelma mag denn selbst ihr Spiel vollenden. (Zu Kalaf.)
+Wohl, Prinz! Wie's Euch beliebt! Ich geh' nach Hause,
+Ich richte Eure Botschaft aus; doch glaubt' ich nicht,
+Nach so viel übernommener Gefahr
+Und Mühe Euren Argwohn zu verdienen. (Im Abgehen.)
+Adelma wacht, und Dieser schlummert nicht. (Entfernt sich.)
+
+Kalaf. Erscheinungen!--Du sagtest recht, Brigella!
+Doch, daß mein Vater hier in Peckin sei
+Und meine Mutter todt, hat dieses Weib
+Mit einem heil'gen Eide mir bekräftigt!
+Kommt doch das Unglück nie allein! Ach, nur
+Zu glaubhaft ist der Mund, der Böses meldet!
+
+(Die entgegengesetzte Thüre öffnet sich.)
+
+Noch ein Gespenst! Laß sehen, was es will!
+
+
+
+Neunter Auftritt.
+
+Kalaf. Zelima.
+
+
+Zelima. Prinz, ich bin eine Sklavin der Prinzessin
+Und bringe gute Botschaft.
+
+Kalaf. Gäb's der Himmel!
+Wohl wär' es Zeit, daß auch das Gute käme!
+Ich hoffe nichts, ich schmeichle mir mit nichts;
+Zu fühllos ist das Herz der Turandot.
+
+Zelima. Wohl wahr, ich leugn' es nicht--und dennoch, Prinz,
+Gelang es Euch, dies stolze Herz zu rühren.
+Euch ganz allein; Ihr seid der Erste--Zwar
+Sie selbst besteht darauf, daß sie Euch hasse;
+Doch ich bin ganz gewiß, daß sie Euch liebt.
+Die Erde thu' sich auf und reiße mich
+In ihren Schlund hinab, wenn ich das lüge!
+
+Kalaf. Gut, gut, ich glaube dir. Die Botschaft ist
+Nicht schlimm. Hast du noch Mehreres zu sagen?
+
+Zelima (nähertretend). Ich muß Euch im Vertrauen sagen, Prinz,
+Der Stolz, der Ehrgeiz treibt sie zur Verzweiflung.
+Sie sieht nun ein, daß sie Unmögliches
+Sich aufgebürdet, und vergeht vor Scham,
+Daß sie im Divan nach so vielen Siegen
+Vor aller Welt zu Schanden werden soll.
+Der Abgrund öffne sich und schlinge mich
+Hinab, wenn ich mit Lügen Euch berichte!
+
+Kalaf. Ruf nicht so großes Unglück auf dich her!
+Ich glaube dir. Geh, sage der Prinzessin,
+Leicht sei es ihr, in diesem Streit zu siegen;
+Mehr als durch ihren glänzenden Verstand
+Wird sich ihr Ruhm erheben, wenn ihr Herz
+Empfinden lernt, wenn sie der Welt beweist,
+Sie könne Mitleid fühlen, könne sich
+Entschließen, einen Liebenden zu trösten
+Und einen greisen Vater zu erfreun.
+Ist dies etwa die gute Botschaft, sprich,
+Die ich zu hören habe?
+
+Zelima. Nein, mein Prinz!
+Wir geben uns so leichten Kaufes nicht;
+Man muß Geduld mit unsrer Schwachheit haben.
+--Hört an!
+
+Kalaf. Ich höre.
+
+Zelima. Die Prinzessin schickt mich.
+--Sie bittet Euch um einen Dienst--Laßt sie
+Die Namen wissen, und im Übrigen
+Vertraut Euch kühnlich ihrer Großmuth an.
+Sie will nur ihre Eigenliebe retten,
+Nur ihre Ehre vor dem Divan lösen.
+Voll Güte steigt sie dann von ihrem Thron
+Und reicht freiwillig Euch die schöne Rechte.
+--Entschließt Euch, Prinz. Ihr waget nichts dabei.
+Gewinnt mit Güte dieses stolze Herz,
+So wird nicht Zwang, so wird die Liebe sie,
+Die zärtlichste, in Eure Arme führen.
+
+Kalaf (sieht ihr scharf ins Gesicht, mit einem bittern Lächeln).
+Hier, Sklavin, hast du den gewohnten Schluß
+Der Rede weggelassen.
+
+Zelima. Welchen Schluß?
+
+Kalaf. Die Erde öffne sich und schlinge mich
+Hinab, wenn ich Unwahres Euch berichte.
+
+Zelima. So glaubt Ihr, Prinz, daß ich Euch Lügen sage?
+
+Kalaf. Ich glaub' es fast--und glaub' es so gewiß,
+Daß ich in dein Begehren nimmermehr
+Kann willigen. Kehr' um zu der Prinzessin!
+Sag' ihr, mein einz'ger Ehrgeiz sei ihr Herz,
+Und meiner glühnden Liebe möge sie
+Verzeihn, daß ich die Bitte muß versagen.
+
+Zelima. Bedachtet Ihr, was dieser Eigensinn
+Euch kosten kann?
+
+Kalaf. Mag er mein Leben kosten!
+
+Zelima. Es bleibt dabei, er wird's Euch kosten, Prinz!
+--Beharrt Ihr drauf, mir nichts zu offenbaren?
+
+Kalaf. Nichts!
+
+Zelima. Lebet wohl! (Im Abgehen.) Die Mühe konnt' ich sparen!
+
+Kalaf (allein). Geht, wesenlose Larven! Meinen Sinn
+Macht Ihr nicht wankend. Andre Sorgen sind's,
+Die mir das Herz beklemmen--Skirinas
+Bericht ist's, was mich ängstiget--Mein Vater
+In Peckin! Meine Mutter todt! Muth, Muth, mein Herz!
+In wenig Stunden ist das Loos geworfen.
+Könnt' ich den kurzen Zwischenraum im Arm
+Des Schlafs verträumen! Der gequälte Geist
+Sucht Ruhe, und mich däucht, ich fühle schon
+Den Gott die sanften Flügel um mich breiten.
+
+(Er legt sich auf das Ruhebette und schläft ein.)
+
+
+
+Zehnter Auftritt.
+
+Adelma tritt auf, das Gesicht verschleiert, eine Wachskerze in
+der Hand. Kalaf schlafend.
+
+
+Adelma. Nicht Alles soll mißlingen--Hab' ich gleich
+Vergebens alle Künste des Betrugs
+Verschwendet, ihm die Namen zu entlocken,
+So werd' ich doch nicht eben so umsonst
+Versuchen, ihn aus Peckin wegzuführen
+Und mit dem schönen Raube zu entfliehn.
+--O heißerflehter Augenblick! Jetzt, Liebe!
+Die mir bis jetzt den kühnen Muth verliehn,
+So manche Schranke mir schon überstiegen,
+Dein Feuer laß auf meinen Lippen glühn!
+Hilf mir in diesem schwersten Kampfe siegen!
+
+(Sie betrachtet den Schlafenden.)
+
+Der Liebste schläft. Sei ruhig, pochend Herz,
+Erzittre nicht! Nicht gern, ihr holden Augen,
+Scheuch' ich den goldnen Schlummer von euch weg;
+Doch schon ergraut der Tag, ich darf nicht säumen.
+
+(Sie nähert sich ihm und berührt ihn sanft.)
+
+Prinz, wachet auf!
+
+Kalaf (erwachend). Wer störet meinen Schlummer?
+Ein neues Trugbild? Nachtgespenst, verschwinde!
+Wird mir kein Augenblick der Ruh vergönnt?
+
+Adelma. Warum so heftig, Prinz? Was fürchtet Ihr?
+Nicht eine Feindin ist's, die vor Euch steht;
+Nicht Euern Namen will ich Euch entlocken.
+
+Kalaf. Ist dies dein Zweck, so spare deine Müh.
+Ich sag' es dir voraus, du wirst mich nicht betrügen.
+
+Adelma. Betrügen? Ich? Verdien' ich den Verdacht?
+Sagt an! War hier nicht Skirina bei Euch,
+Mit einem Brief Euch listig zu versuchen?
+
+Kalaf. Wohl war sie hier.
+
+Adelma. Doch hat sie nichts erlangt?
+
+Kalaf. Daß ich ein solcher Thor gewesen wäre!
+
+Adelma. Gott sei's gedankt!--War eine Sklavin hier,
+Mit trüglicher Vorspieglung Euch zu blenden?
+
+Kalaf. Solch eine Sklavin war in Wahrheit hier,
+Doch zog sie leer ab--wie auch du wirst gehn.
+
+Adelma. Der Argwohn schmerzt, doch leicht verzeih' ich ihn.
+Lernt mich erst kennen! Setzt Euch! Hört mich an,
+Und dann verdammt mich als Betrügerin! (Sie setzt sich, er folgt.)
+
+Kalaf. So redet denn und sagt, was ich Euch soll.
+
+Adelma. Erst seht mich näher an--Beschaut mich wohl!
+Wer denkt Ihr, daß ich sei?
+
+Kalaf. Dies hohe Wesen,
+Der edle Anstand zwingt mir Ehrfurcht ab.
+Das Kleid bezeichnet eine niedre Sklavin,
+Die ich, wo ich nicht irre, schon im Divan
+Gesehen und ihr Los beklagt.
+
+Adelma. Auch ich
+Hab' Euch--die Götter wissen es, wie innig--
+Bejammert, Prinz! Es sind fünf Jahre nun,
+Da ich, noch selber eine Günstlingin
+Des Glücks, in niederm Sklavenstand Euch sah.
+Schon damals sagte mir's mein Herz, daß Euch
+Geburt zu einem bessern Loos berufen.
+Ich weiß, daß ich gethan, was ich gekonnt,
+Euch ein unwürdig Schicksal zu erleichtern.
+Weiß, daß mein Aug sich Euch verständlich machte,
+Soweit es einer Königstochter ziemte. (Sie entschleiert sich.)
+Seht her, mein Prinz, und sagt mir! Dies Gesicht,
+Habt Ihr es nie gesehn in Eurem Leben?
+
+Kalaf. Adelma! Ew'ge Götter! Seh' ich recht?
+
+Adelma. Ihr sehet in unwürd'gen Sklavenbanden
+Die Tochter Keicobads, des Königes
+Der Karazanen, einst zum Thron bestimmt,
+Jetzt zu der Knechtschaft Schmach herabgestoßen.
+
+Kalaf. Die Welt hat Euch für todt beweint. In welcher
+Gestalt, weh mir, muß ich Euch wieder finden!
+Euch hier als eine Sklavin des Serails,
+Die Königin, die edle Fürstentochter!
+
+Adelma. Und als die Sklavin dieser Turandot,
+Der grausamen Ursache meines Falles!
+Vernehmt mein ganzes Unglück, Prinz! Mir lebte
+Ein Bruder, ein geliebter, theurer Jüngling,
+Den diese stolze Turandot, wie Euch,
+Bezauberte--Er wagte sich im Divan.
+
+(Sie hält inne, von Schluchzen und Thränen unterbrochen.)
+
+Unter den Häuptern, die man auf dem Thore
+Zu Peckin sieht--entsetzensvoller Anblick!--
+Erblicktet Ihr auch das geliebte Haupt
+Des theuren Bruders, den ich noch beweine.
+
+Kalaf. Unglückliche! So log die Sage nicht!
+So ist sie wahr, die klägliche Geschichte,
+Die ich für eine Fabel nur gehalten!
+
+Adelma. Mein Vater Keicobad, ein kühner Mann,
+Nur seinem Schmerz gehorchend, überzog
+Die Staaten Altoums mit Heeresmacht,
+Des Sohnes Mord zu rächen--Ach, das Glück
+War ihm nicht günstig! Männlich fechtend fiel er
+Mit allen seinen Söhnen in der Schlacht.
+Ich selbst, mit meiner Mutter, meinen Schwestern,
+Ward auf Befehl des wüthenden Veziers,
+Der unsern Stamm verfolgte, in den Strom
+Geworfen. Jene kamen um; nur mich
+Errettete die Menschlichkeit des Kaisers,
+Der in dem Augenblick ans Ufer kam.
+Er schalt die Gräuelthat und ließ im Strom
+Nach meinem jammervollen Leben fischen.
+Schon halb entseelt werd' ich zum Strand gezogen;
+Man ruft ins Leben mich zurück; ich werde
+Der Turandot als Sklavin übergeben,
+Zu glücklich noch, das Leben als Geschenk
+Von eines Feindes Großmuth zu empfangen.
+O, lebt in Eurem Busen menschliches Gefühl,
+So laßt mein Schicksal Euch zu Herzen gehn!
+Denkt, was ich leide! Denkt, wie es ins Herz
+Mir schneidet, sie, die meinen ganzen Stamm
+Vertilgt, als eine Sklavin zu bedienen.
+
+Kalaf. Mich jammert Euer Unglück. Ja, Prinzessin,
+Aufricht'ge Thränen zoll' ich Eurem Leiden--
+Doch Euer grausam Loos, nicht Turandot
+Klagt an--Eu'r Bruder fiel durch eigne Schuld,
+Euer Vater stürzte sich und sein Geschlecht
+Durch übereilten Rathschluß ins Verderben.
+Sagt, was kann ich, selbst ein Unglücklicher,
+Ein Ball der Schicksalsmächte, für Euch thun?
+Ersteig' ich morgen meiner Wünsche Gipfel,
+So sollt Ihr frei und glücklich sein--Doch jetzt
+Kann Euer Unglück nichts als meins vermehren.
+
+Adelma. Der Unbekannten konntet Ihr mißtrauen;
+Ihr kennt mich nun--Der Fürstin werdet Ihr,
+Der Königstochter, glauben, was sie Euch
+Ans Mitleid sagen muß und lieber noch
+Aus Zärtlichkeit, aus Liebe sagen möchte.
+--O, möchte dies befangne Herz mir trauen,
+Wenn ich jetzt wider die Geliebte zeuge!
+
+Kalaf. Adelma, sprecht, was habt Ihr mir zu sagen?
+
+Adelma. Wißt also, Prinz--Doch nein, Ihr werdet glauben
+Ich sei gekommen, Euch zu täuschen, werdet
+Mit jenen feilen Seelen mich verwechseln,
+Die für das Sklavenjoch geboren sind.
+
+Kalaf. Quält mich nicht länger! Ich beschwör' Euch, sprecht!
+Was ist's? Was habt Ihr mir von ihr zu sagen,
+Die meines Lebens einz'ge Göttin ist?
+
+Adelma (bei Seite). Gib Himmel, daß ich jetzt ihn überrede!
+
+(Zu Kalaf sich wendend.)
+
+Prinz, diese Turandot, die schändliche,
+Herzlose, falsche, hat Befehl gegeben,
+Euch heut am frühen Morgen zu ermorden.
+--Dies ist die Liebe Eurer Lebensgöttin!
+
+Kalaf. Mich zu ermorden?
+
+Adelma. Ja, Euch zu ermorden!
+Beim ersten Schritt aus diesem Zimmer tauchen
+Sich zwanzig Degenspitzen Euch ins Herz,
+So hat es die Unmenschliche befohlen.
+
+Kalaf (steht schnell auf und geht gegen die Thüre).
+Ich will die Wache unterrichten.
+
+Adelma (hält ihn zurück). Bleibt!
+Wo wollt Ihr hin? Ihr hofft noch, Euch zu retten?
+Unglücklicher, Ihr wißt nicht, wo Ihr seid,
+Daß Euch des Mordes Netze rings umgeben!
+Dieselben Wachen, die der Kaiser Euch
+Zu Hütern Eures Lebens gab, sie sind--
+Gedingt von seiner Tochter, Euch zu tödten.
+
+Kalaf (außer sich, laut und heftig mit dem Ausdruck des
+innigsten Leides).
+O Timur! Timur! Unglücksel'ger Vater!
+So muß dein Kalaf endigen! Du mußt
+Nach Peckin kommen, auf sein Grab zu weinen!
+Das ist der Trost, den dir dein Sohn versprach!
+--Furchtbares Schicksal!
+
+(Er verhüllt sein Gesicht, ganz seinem Schmerz hingegeben.)
+
+Adelma (für sich, mit frohem Erstaunen). Kalaf! Timurs Sohn!
+Glücksel'ger Fund!--Fall' es nun, wie es wolle!
+Entgeh' er meinen Schlingen auch, ich trage
+Mit diesen Namen sein Geschick in Händen.
+
+Kalaf. So bin ich mitten unter den Soldaten,
+Die man zum Schutz mir an die Seite gab,
+Verrathen! Ach, wohl sagte mir's vorhin
+Der feilen Sklaven einer, daß Bestechung
+Und Furcht des Mächtigen das schwache Band
+Der Treue lösen--Leben, fahre hin!
+Vergeblich ist's, dem grausamen Gestirn,
+Das uns verfolgt, zu widerstehn--Du sollst
+Den Willen haben, Grausame--dein Aug
+An meinem Blute weiden! Süßes Leben,
+Fahr hin! Nicht zu entfliehen ist dem Schicksal.
+
+Adelma (mit Feuer). Prinz, zum Entfliehen zeig' ich Euch die Wege,
+Nicht müß'ge Thränen bloß hab' ich für Euch.
+Gewacht hab' ich indeß, gesorgt, gehandelt,
+Kein Gold gespart, die Hüter zu bestechen.
+Der Weg ist offen. Folgt mir! Euch vom Tode,
+Mich aus den Banden zu befreien, komm' ich.
+Die Pferde warten, die Gefährten sind
+Bereit. Laßt uns aus diesen Mauern fliehen,
+Worauf der Fluch der Götter liegt. Der Khan
+Von Berlas ist mein Freund, ist mir durch Bande
+Des Bluts verknüpft und heilige Verträge.
+Er wird uns schützen, seine Staaten öffnen,
+Uns Waffen leihen, meiner Väter Reich
+Zurück zu nehmen, daß ich mit Euch theile,
+Wenn Ihr der Liebe Opfer nicht verschmäht.
+Verschmäht Ihr's aber und verachtet mich,
+So ist die Tartarei noch reich genug
+An Fürstentöchtern, dieser Turandot
+An Schönheit gleich und zärtlicher als sie.
+Aus ihnen wählt Euch eine würdige
+Gemahlin aus! Ich--will mein Herz besiegen,
+Nur rettet, rettet dieses theure Leben!
+
+(Sie spricht das Folgende mit immer steigender Lebhaftigkeit, indem
+sie ihn bei der Hand ergreift und mit sich fortzureißen sucht.)
+
+O, kommt! Die Zeit entflieht, indem wir sprechen.
+Die Hähne krähn, schon regt sich's im Palast,
+Todbringend steigt der Morgen schon herauf.
+Fort, eh der Rettung Pforten sich verschließen!
+
+Kalaf. Großmüthige Adelma! Einz'ge Freundin!
+Wie schmerzt es mich, daß ich nach Berlas Euch
+Nicht folgen, nicht der Freiheit süß Geschenk,
+Nicht Euer väterliches Reich zurück
+Euch geben kann--Was würde Altoum
+Zu dieser heimlichen Entweichung sagen?
+Macht' ich nicht schändlichen Verraths mich schuldig,
+Wenn ich, des Gastrechts heilige Gebräuche
+Verletzend, aus dem innersten Serail
+Die werthgehaltne Sklavin ihm entführte?
+--Mein Herz ist nicht mehr mein, Adelma. Selbst
+Der Tod, den jene Stolze mir bereitet,
+Wird mir willkommen sein von ihrer Hand.
+--Flieht ohne mich, flieht, und geleiten Euch
+Die Götter! Ich erwarte hier mein Schicksal.
+Noch tröstlich ist's, für Turandot zu sterben,
+Wenn ich nicht leben kann für sie--Lebt wohl!
+
+Adelma. Sinnloser! Ihr beharrt? Ihr seid entschlossen?
+
+Kalaf. Zu bleiben und den Mordstreich zu erwarten.
+
+Adelma. Ha, Undankbarer! Nicht die Liebe ist's,
+Die Euch zurückhält--Ihr verachtet mich!
+Ihr wählt den Tod, um nur nicht mir zu folgen!
+Verschmähet meine Hand, verachtet mich;
+Nur flieht, nur rettet, rettet Euer Leben!
+
+Kalaf. Verschwendet Eure Worte nicht vergebens;
+Ich bleibe und erwarte mein Geschick.
+
+Adelma. So bleibet denn! Auch ich will Sklavin bleiben,
+Ohn' Euch verschmäh' ich auch der Freiheit Glück.
+Laß sehn, wer von uns beiden, wenn es gilt,
+Dem Tode kühner trotzt! (Von ihm wegtretend.)
+Wär' ich die Erste,
+Die durch Beständigkeit ans Ziel gelangte? (Für sich. Mit Accent.)
+Kalaf! Sohn Timurs! (Verneigt sich spottend.)
+Unbekannter Prinz!
+Lebt wohl! (Geht ab.)
+
+Kalaf (allein). Wird diese Schreckensnacht nicht enden?
+Wer hat auf solcher Folter je gezittert?
+Und endet sie, welch neues größres Schreckniß
+Bereitet mir der Tag! Aus welchen Händen!
+Hat meine edelmüthig treue Liebe
+Solches um dich verdient, tyrannisch Herz!
+--Wohlan! Den Himmel färbt das Morgenroth,
+Die Sonne steigt herauf, und allen Wesen
+Bringt sie das Leben, mir bringt sie den Tod!
+Geduld, mein Herz, dein Schicksal wird sich lösen!
+
+
+
+Eilfter Auftritt.
+
+Brigella. Kalaf.
+
+
+Brigella. Der Divan wird versammelt, Herr. Die Stunde
+Ist da. Macht Euch bereit!
+
+Kalaf (mißt ihn mit wilden, scheuen Blicken). Bist du das Werkzeug?
+Wo hast du deinen Dolch versteckt? Mach's kurz!
+Vollziehe die Befehle, die du hast!
+Du raubst mir nichts, worauf ich Werth noch legte.
+
+Brigella. Was für Befehle, Herr? Ich habe keinen
+Befehl, als Euch zum Divan zu begleiten,
+Wo Alles schon versammelt ist.
+
+Kalaf (nach einigem Nachsinnen, resigniert). Laß uns denn gehn!
+Ich weiß, daß ich den Divan lebend nicht
+Erreichen werde--Sieh, ob ich dem Tod
+Beherzt entgegen treten kann.
+
+Brigella (sieht ihn erstaunt an).
+Was Teufel schwatzt er da von Tod und Sterben?
+Verwünschtes Weibervolk! Sie haben ihn
+In dieser ganzen Nacht nicht schlafen lassen;
+Nun ist er gar im Kopf verrückt!
+
+Kalaf (wirft das Schwert auf den Boden). Da liegt
+Mein Schwert. Ich will mich nicht zur Wehre setzen.
+Die Grausame erfahre wenigstens,
+Daß ich die unbeschützte Brust von selbst
+Dem Streich des Todes dargeboten habe!
+
+(Er geht ab und wird, sowie er hinaustritt, von kriegerischem
+Spiel empfangen.)
+
+
+
+
+Fünfter Aufzug.
+
+Die Scene ist die vom zweiten Aufzug.
+
+Im Hintergrunde des Divans steht ein Altar mit einer chinesischen
+Gottheit und zwei Priestern, welche nach Aufziehung eines Vorhangs
+sichtbar werden.--Bei Eröffnung des Akts sitzt Altoum auf seinem
+Throne. Pantalon und Tartaglia stehen zu seinen beiden Seiten; die
+acht Doktoren an ihrem Platze, die Wache unter dem Gewehre.
+
+
+
+Erster Auftritt.
+
+Altoum. Pantalon. Tartaglia. Doctoren. Wache. Gleich darauf Kalaf.
+
+
+Kalaf (tritt mit einer stürmischen Bewegung in den Saal, voll
+Argwohn hinter sich schauend. In der Mitte der Scene verbeugt
+er sich gegen den Kaiser, dann für sich).
+Wie? Ich bin lebend hier--Mit jedem Schritt
+Erwartet' ich die zwanzig Schwerter in der Brust
+Zu fühlen, und, von Niemand angefallen,
+Hab' ich den ganzen Weg znrückgelegt?
+So hätte mir Adelma falsche Botschaft
+Verkündet--oder Turandot entdeckte
+Die Namen, und mein Unglück ist gewiß!
+
+Altoum. Mein Sohn! ich sehe deinen Blick umwölkt,
+Dich quälen Furcht und Zweifel--Fürchte nichts mehr!
+Bald werd' ich deine Stirn erheitert sehn,
+In wenig Stunden endet deine Prüfung.
+--Geheimnisse von freudenreichem Inhalt
+Hab' ich für dich--Noch will ich sie im Busen
+Verschließen, theurer Jüngling, bis dein Herz,
+Der Freude offen, sie vernehmen kann.
+--Doch merke dir: Nie kommt das Glück allein;
+Es folgt ihm stets, mit reicher Gaben Fülle
+Beladen, die Begleitung nach--Du bist
+Mein Sohn, mein Eidam! Turandot ist dein!
+Dreimal hat sie in dieser Nacht zu mir
+Gesendet, mich beschworen und gefleht,
+Sie von der furchtbarn Probe loszusprechen.
+Daraus erkenne, ob du Ursach hast,
+Sie mit getrostem Herzen zu erwarten.
+
+Pantalon (zuversichtlich).
+Das könnt Ihr, Hoheit! Auf mein Wort! Was das
+Betrifft, damit hat's seine Richtigkeit.
+Nehmt meinen Glückwunsch an! Heut ist die Hochzeit.
+Zweimal ward ich in dieser Nacht zu ihr
+Geholt; sie hatt' es gar zu eilig; kaum
+Ließ sie mir Zeit, den Fuß in die Pantoffel
+Zu stecken; ungefrühstückt ging ich hin;
+Es war so grimmig kalt, daß mir der Bart
+Noch zittert--Aufschub sollt' ich ihr verschaffen,
+Rath schaffen sollt' ich--bei der Majestät
+Fürsprach einlegen--Ja, was sollt' ich nicht!
+'s war mir ein rechtes Gaudium und Labsal,
+Ich leugn' es nicht, sie desperat zu sehn.
+
+Tartaglia. Ich ward um sechs Uhr zu ihr hin beschieden;
+Der Tag brach eben an; sie hatte nicht
+Geschlafen und sah aus wie eine Eule.
+Wohl eine halbe Stunde bat sie mich,
+Gab mir die schönsten Worte, doch umsonst!
+Ich glaube gar, ich hab' ihr bittre Dinge
+Gesagt vor Ungeduld und grimm'ger Kälte.
+
+Altoum. Seht, wie sie bis zum letzten Augenblick
+Noch zaudert! Doch sie sperret sich umsonst.
+Gemessene Befehle sind gegeben,
+Daß sie durchaus im Divan muß erscheinen,
+Und ist's mit Güte nicht, so ist's mit Zwang.
+Sie selbst hat mich durch ihren Eigensinn
+Berechtigt, diese Strenge zu gebrauchen.
+Erfahre sie die Schande nun, die ich
+Umsonst ihr sparen wollte--Freue dich,
+Mein Sohn! Nun ist's an dir, zu triumphiren!
+
+Kalaf. Ich dank' Euch, Sire. Mich freuen kann ich nicht.
+Zu schmerzlich leid' ich selbst, daß der Geliebten
+Um meinetwillen Zwang geschehen soll.
+Viel lieber wollt' ich--Ach, ich könnte nicht!
+Was wäre Leben ohne sie?--Vielleicht
+Gelingt es endlich meiner zärtlichen
+Bewerbung, ihren Abscheu zu besiegen,
+Ihn einst vielleicht in Liebe zu verwandeln.
+Mein ganzes Wollen soll ihr Sklave sein,
+Und all mein höchstes Wünschen ihre Liebe.
+Wer eine Gunst bei mir erlangen will,
+Wird keines andern Fürsprachs nöthig haben,
+Als eines Winks aus ihrem schönen Aug.
+Kein Nein aus meinem Munde soll sie kränken,
+Solang die Parze meinen Faden spinnt;
+Soweit die Welle meines Lebens rinnt,
+Soll sie mein einzig Träumen sein und Denken!
+
+Altoum. Auf denn! Man zögre länger nicht! Der Divan
+Werde zum Tempel! Man erhebe den Altar!
+Der Priester halte sich bereit! Sie soll
+Bei ihrem Eintritt gleich ihr Schicksal lesen
+Und soll erfahren, daß ich wollen kann,
+Was ich ihr schwur.
+
+(Der hintere Vorhang wird aufgezogen; man erblickt den chinesischen
+Götzen, den Altar und die Priester, Alles mit Kerzen beleuchtet.)
+
+ Man öffne alle Pforten.
+Das ganze Volk soll freien Eingang haben!
+Zeit ist's, daß dieses undankbare Kind
+Den tausendfachen Kummer uns bezahle,
+Den sie auf unser greises Haupt gehäuft.
+
+(Man hört einen lugubren Marsch mit gedämpften Trommeln. Bald
+darauf zeigt sich Truffaldin mit Verschnittenen; hinter ihnen
+die Sklavinnen, darauf Turandot, alle in schwarzen Flören, die
+Frauen in schwarzen Schleiern.)
+
+Pantalon. Sie kommt! Sie kommt! Still! Welche Klagmusik!
+Welch trauriges Gepräng! Ein Hochzeitmarsch,
+Der völlig einem Leichenzuge gleicht!
+
+(Der Aufzug erfolgt ganz auf dieselbe Weise und mit denselben
+Ceremonien wie im zweiten Akt.)
+
+
+
+Zweiter Auftritt.
+
+Vorige. Turandot. Adelma. Zelima. Ihre Sklavinnen und Verschnittenen.
+
+
+Turandot (nachdem sie ihren Thron bestiegen, und eine allgemeine
+Stille erfolgt, zu Kalaf.)
+Dies Traurgepränge, unbekannter Prinz,
+Und dieser Schmerz, den mein Gefolge zeigt,
+Ich weiß, ist Eurem Auge süße Weide.
+Ich sehe den Altar geschmückt, den Priester
+Zu meiner Trauung schon bereit, ich lese
+Den Hohn in jedem Blick und möchte weinen.
+Was Kunst und tiefe Wissenschaft nur immer
+Vermochten, hab' ich angewandt, den Sieg
+Euch zu entreißen, diesem Augenblick,
+Der meinen Ruhm vernichtet, zu entziehen;
+Doch endlich muß ich meinem Schicksal weichen.
+
+Kalaf. O, läse Turandot in meinem Herzen,
+Wie ihre Trauer meine Freude dämpft,
+Gewiß, es würde ihren Zorn entwaffnen.
+War's ein Vergehn, nach solchem Gut zu streben,
+Ein Frevel wär's, es zaghaft aufzugeben!
+
+Altoum. Prinz, der Herablassung ist sie nicht werth.
+An ihr ist's jetzo, sich herabzugeben!
+Kann sie's mit edelm Anstand nicht, mag sie
+Sich darein finden. wie sie kann--Man schreite
+Zum Werk! Der Instrumente froher Schar
+Verkünde laut--
+
+Turandot. Gemach! Damit ist's noch zu früh!
+
+(Aufstehend und zu Kalaf sich wendend.)
+
+Vollkommner konnte mein Triumph nicht sein,
+Als dein getäuschtes Herz in süße Hoffnung
+Erst einzuwiegen und mit einemmal
+Nun in den Abgrund nieder dich zu schlendern.
+
+(Langsam und mit erhobner Stimme.)
+
+Hör', Kalaf, Timurs Sohn, verlaß den Divan!
+Die beiden Namen hat mein Geist gefunden,
+Such' eine andre Braut--Weh dir und Allen,
+Die sich im Kampf mit Turandot versuchen!
+
+Kalaf. O, ich Unglücklicher!
+
+Altoum. Ist's möglich? Götter!
+
+Pantalon. Heil'ge Katharina! (Zu Tartaglia.)
+Geht heim! Laßt Euch den Bart auszwicken, Doctor!
+
+Tartaglia. Allerhöchster Tien! Mein Verstand steht still!
+
+Kalaf. Alles verloren! Alle Hoffnung todt!
+--Wer steht mir bei? Ach, mir kann Niemand helfen!
+Ich bin mein eigner Mörder; meine Liebe
+Verlier' ich, weil ich allzusehr geliebt!
+--Warum hab' ich die Räthsel gestern nicht
+Mit Fleiß verfehlt, so läge dieses Haupt
+Jetzt ruhig in dem ew'gen Schlaf des Todes,
+Und meine bange Seele hätte Luft.
+Warum, zu güt'ger Kaiser, mußtet Ihr
+Das Blutgesetz zu meinem Vortheil mildern,
+Daß ich mit meinem Haupt dafür bezahlte,
+Wenn sie mein Räthsel aufgelöst--So wäre
+Ihr Sieg vollkommen und ihr Herz befriedigt!
+
+(Ein unwilliges Gemurmel entsteht im Hintergrund.)
+
+Altoum. Kalaf! Mein Alter unterliegt dem Schmerz;
+Der unversehne Blitzstrahl schlägt mich nieder.
+
+Turandot (bei Seite zu Zelima).
+Sein tiefer Jammer rührt mich, Zelima!
+Ich weiß mein Herz nicht mehr vor ihm zu schützen.
+
+Zelima (leise zu Turandot).
+O, so ergebt Euch einmal! Macht ein Ende!
+Ihr seht, Ihr hört, das Volk wird ungeduldig!
+
+Adelma (für sich). An diesem Augenblick hängt Tod und Leben!
+
+Kalaf. Und braucht's denn des Gesetzes Schwert, ein Leben
+Zu endigen, das länger mir zu tragen
+Unmöglich ist? (Er tritt an den Thron der Turandot.)
+Ja, Unversöhnliche!
+Sieh hier den Kalaf, den du kennst--den du
+Als einen namenlosen Fremdling haßtest,
+Den du jetzt kennst und fortfährst zu verschmähn!
+Verlohnte sich's, ein Dasein zu verlängern,
+Das so ganz werthlos ist vor deinen Augen?
+Du sollst befriedigt werden, Grausame.
+Nicht länger soll mein Anblick diese Sonne
+Beleidigen--Zu deinen Füßen--
+
+(Er zieht einen Dolch und will sich durchstechen. In demselben
+Augenblick macht Adelma eine Bewegung, ihn zurück zu halten,
+und Turandot stürzt von ihrem Thron.)
+
+Turandot (ihm in den Arm fallend, mit dem Ausdruck des Schreckens
+und der Liebe).
+Kalaf!
+
+(Beide sehen einander mit unverwandten Blicken an und bleiben
+eine Zeit lang unbeweglich in dieser Stellung.)
+
+Altoum. Was seh' ich!
+
+Kalaf (nach einer Pause). Du? Du hinderst meinen Tod?
+Ist das dein Mitleid, daß ich leben soll,
+Ein Leben ohne Hoffnung, ohne Liebe?
+Meiner Verzweiflung denkst du zu gebieten?
+--Hier endet deine Macht. Du kannst mich tödten;
+Doch mich zum Leben zwingen kannst du nicht.
+Laß mich, und wenn noch Mitleid in dir glimmt,
+So zeig' es meinem jammervollen Vater.
+Er ist zu Peckin, er bedarf des Trostes;
+Denn auch des Alters letzte Stütze noch,
+Den theuren einz'gen Sohn raubt ihm das Schicksal.
+
+(Er will sich tödten.)
+
+Turandot (wirft sich ihm in die Arme).
+Lebt, Kalaf! Leben sollt Ihr--und für mich!
+Ich bin besiegt. Ich will mein Herz nicht mehr
+Verbergen--Eile, Zelima, den beiden
+Verlassenen, du kennst sie, Trost zu bringen,
+Freiheit und Freude zu verkünden--Eile!
+
+Zelima. Ach, und wie gerne!
+
+Adelma (für sich). Es ist Zeit, zu sterben.
+Die Hoffnung ist verloren.
+
+Kalaf. Träum' ich, Götter?
+
+Turandot. Ich will mich keines Ruhms anmaßen, Prinz,
+Der mir nicht zukommt. Wisset denn, es wisse
+Es alle Welt. Nicht meiner Wissenschaft,
+Dem Zufall, Eurer eignen Übereilung
+Verdank' ich das Geheimniß Eures Namens.
+Ihr selbst, Ihr ließet gegen meine Sklavin
+Adelma beide Namen Euch entschlüpfen.
+Durch sie bin ich dazu gelangt--Ihr also habt
+Gesiegt, nicht ich, und Euer ist der Preis.
+--Doch nicht bloß, um Gerechtigkeit zu üben
+Und dem Gesetz genug zu thun--Nein, Prinz!
+Um meinem eignen Herzen zu gehorchen,
+Schenk' ich mich Euch--Ach, es war Euer, gleich
+Im ersten Augenblick, da ich Euch sah!
+
+Adelma. O nie gefühlte Marter!
+
+Kalaf (der diese ganze Zeit über wie ein Träumender gestanden,
+scheint jetzt erst zu sich selbst zu kommen und schließt die
+Prinzessin mit Entzückung in seine Arme).
+Ihr die Meine?
+O, tödte mich nicht, Übermaß der Wonne!
+
+Altoum. Die Götter segnen dich, geliebte Tochter,
+Daß du mein Alter endlich willst erfreun.
+Verziehen sei dir jedes vor'ge Leid,
+Der Augenblick heilt jede Herzenswunde.
+
+Pantalon. Hochzeit! Hochzeit! Macht Platz, ihr Herrn Doctoren!
+
+Tartaglia. Platz! Platz! Der Bund sei alsogleich beschworen!
+
+Adelma. Ja, lebe, Grausamer, und lebe glücklich
+Mit ihr, die meine Seele haßt! (Zu Turandot.)
+Ja, wisse,
+Daß ich dich nie geliebt, daß ich dich hasse
+Und nur aus Haß gehandelt, wie ich that.
+Die Namen sagt' ich dir, um den Geliebten
+Aus deinem Arm zu reißen und mit ihm,
+Der meine Liebe war, eh du ihn sahst,
+In glücklichere Länder mich zu flüchten.
+Noch diese Nacht, da ich zu deinem Dienst
+Geschäftig schien, versucht' ich alle Listen--
+Selbst die Verleumdung spart' ich nicht--zur Flucht
+Mit mir ihn zu bereden; doch umsonst!
+In seinem Schmerz entschlüpften ihm die Namen,
+Und ich verrieth sie dir; du solltest siegen,
+Verbannt von deinem Angesicht sollt' er
+In meinen Arm sich werfen--Eitle Hoffnung!
+Zu innig liebt' er dich und wählte lieber,
+Durch dich zu sterben, als für mich zu leben!
+Verloren hab' ich alle meine Mühen;
+Nur eins steht noch in meiner Macht. Ich stamme
+Wie du von königlichem Blut und muß erröthen,
+Daß ich so langte Sklavenfesseln trug.
+In dir muß ich die blut'ge Feindin hassen.
+Du hast mir Vater, Mutter, Brüder, Schwestern,
+Mir Alles, was mir theuer war, geraubt,
+Und nun auch den Geliebten raubst du mir.
+So nimm auch noch die Letzte meines Stammes,
+Mich selbst zum Raube hin--Ich will nicht leben!
+
+(Sie hebt den Dolch, welchen Turandot dem Kalaf entrissen,
+von der Erde auf.)
+Verzweiflung zückte diesen Dolch; er hat
+Das Herz gefunden, das er spalten soll. (Sie will sich erstechen).
+
+Kalaf (fällt ihr in den Arm).
+Faßt Euch, Adelma!
+
+Adelma. Laß mich, Undankbarer!
+In ihrem Arm dich sehen? Nimmermehr!
+
+Kalaf. Ihr sollt nicht sterben. Eurem glücklichen
+Verrathe dank' ich's, daß dies schöne Herz,
+Dem Zwange feind, mich edelmüthig frei
+Beglücken konnte--Gütiger Monarch,
+Wenn meine heißen Bitten was vermögen,
+So habe sie die Freiheit zum Geschenk,
+Und unsere Glückes erstes Unterpfand
+Sei eine Glückliche!
+
+Turandot. Auch ich, mein Vater,
+Vereinige mein Bitten mit dem seinen.
+Zu hassenswerth, ich fühl' es, muß ich ihr
+Erscheinen; mir verzeihen kann sie nie
+Und könnte nie an mein Verzeihen glauben.
+Sie werde frei, und ist ein größer Glück
+Für sie noch übrig, so gewährt es ihr.
+Wir haben viele Thränen fließen machen
+Und müssen eilen, Freude zu verbreiten.
+
+Pantalon. Ums Himmelwillen, Sire, schreibt ihr den Laufpaß,
+So schnell Ihr könnt, und gebt ihr, wenn sie's fordert,
+Ein ganzes Königreich noch auf den Weg.
+Mir ist ganz weh und bang, daß unsre Freude
+In Rauch aufgeht solang ein wüthend Weib
+Sich unter einem Dach mit Euch befindet.
+
+Altoum (zu Turandot).
+An solchem Freudentag, den du mir schenkst,
+Soll meine Milde keine Grenzen kennen.
+Nicht bloß die Freiheit schenk' ich ihr. Sie nehme
+Die väterlichen Staaten auch zurück
+Und theile sie mit einem würd'gen Gatten,
+Der klug sei und den Mächtigen nicht reize.
+
+Adelma. Sire--Königin--ich bin beschämt, verwirrt,
+So große Huld und Milde drückt mich nieder.
+Die Zeit vielleicht, die alle Wunden heilt,
+Wird meinen Kummer lindern--Jetzt vergönnt mir
+Zu schweigen und von eurem Angesicht
+Zu gehn--Denn nur der Thränen bin ich fähig,
+Die unaufhaltsam diesem Aug entströmen.
+
+(Sie geht ab mit verhülltem Gesicht, noch einen glühenden
+Blick auf Kalaf werfend, ehe sie scheidet.)
+
+
+
+Letzter Auftritt.
+
+Die Vorigen, ohne Adelma. Gegen das Ende Timur, Barak,
+Skirina und Zelima.
+
+
+Kalaf. Mein Vater, o, wo find' ich dich, wo bist du,
+Daß ich die Fülle meines Glücks in deinen Busen
+Ausgieße?
+
+Turandot (verlegen und beschämt).
+Kalaf, Euer edler Vater ist
+Bei mir, ist hier--In diesem Augenblicke
+Fühlt er sein Glück--Verlangt nicht mehr zu wissen,
+Nicht ein Geständniß, das mich schamroth macht,
+Vor allen diesen Zeugen zu vernehmen.
+
+Altoum. Timur bei dir? Wo ist er?--Freue dich,
+Mein Sohn. Dies Kaiserreich hast du gewonnen;
+Auch dein verlornes Reich ist wieder dein.
+Ermordet ist der grausame Tyrann,
+Der dich beraubte! Deines Volkes Stimme
+Ruft dich zurück auf deiner Väter Thron,
+Den dir ein treuer Diener aufbewahrt.
+Durch alle Länder hat dich seine Botschaft
+Gesucht, und selbst zu mir ist sie gedrungen.
+--Dies Blatt enthält das Ende deines Unglücks.
+
+(Überreicht ihm einen Brief.)
+
+Kalaf (wirft einen Blick hinein und steht eine Zeit lang in
+sprachloser Rührung).
+Götter des Himmels! Mein Entzücken ist
+Droben bei euch, die Lippe ist versiegelt.
+
+(In diesem Augenblick öffnet sich der Saal. Timur und Barak
+treten herein, von Zelima und ihrer Mutter begleitet. Wie Kalaf
+seinen Vater erblickt, eilt er ihm mit ausgebreiteten Armen
+entgegen. Barak sinkt zu Kalafs Füßen, indem sich Zelima und
+ihre Mutter vor der Turandot niederwerfen, welche sie gütig
+aufhebt. Altoum, Pantalon und Tartaglia stehen gerührt. Unter
+diesen Bewegungen fällt der Vorhang.)
+
+
+
+
+
+
+*** END OF THE PROJECT GUTENBERG EBOOK, TURANDOT, PRINZESSIN VON CHINA ***
+
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+as it appears in our Newsletters.
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+Information about Project Gutenberg (one page)
+
+We produce about two million dollars for each hour we work. The
+time it takes us, a rather conservative estimate, is fifty hours
+to get any eBook selected, entered, proofread, edited, copyright
+searched and analyzed, the copyright letters written, etc. Our
+projected audience is one hundred million readers. If the value
+per text is nominally estimated at one dollar then we produce $2
+million dollars per hour in 2002 as we release over 100 new text
+files per month: 1240 more eBooks in 2001 for a total of 4000+
+We are already on our way to trying for 2000 more eBooks in 2002
+If they reach just 1-2% of the world's population then the total
+will reach over half a trillion eBooks given away by year's end.
+
+The Goal of Project Gutenberg is to Give Away 1 Trillion eBooks!
+This is ten thousand titles each to one hundred million readers,
+which is only about 4% of the present number of computer users.
+
+Here is the briefest record of our progress (* means estimated):
+
+eBooks Year Month
+
+ 1 1971 July
+ 10 1991 January
+ 100 1994 January
+ 1000 1997 August
+ 1500 1998 October
+ 2000 1999 December
+ 2500 2000 December
+ 3000 2001 November
+ 4000 2001 October/November
+ 6000 2002 December*
+ 9000 2003 November*
+10000 2004 January*
+
+
+The Project Gutenberg Literary Archive Foundation has been created
+to secure a future for Project Gutenberg into the next millennium.
+
+We need your donations more than ever!
+
+As of February, 2002, contributions are being solicited from people
+and organizations in: Alabama, Alaska, Arkansas, Connecticut,
+Delaware, District of Columbia, Florida, Georgia, Hawaii, Illinois,
+Indiana, Iowa, Kansas, Kentucky, Louisiana, Maine, Massachusetts,
+Michigan, Mississippi, Missouri, Montana, Nebraska, Nevada, New
+Hampshire, New Jersey, New Mexico, New York, North Carolina, Ohio,
+Oklahoma, Oregon, Pennsylvania, Rhode Island, South Carolina, South
+Dakota, Tennessee, Texas, Utah, Vermont, Virginia, Washington, West
+Virginia, Wisconsin, and Wyoming.
+
+We have filed in all 50 states now, but these are the only ones
+that have responded.
+
+As the requirements for other states are met, additions to this list
+will be made and fund raising will begin in the additional states.
+Please feel free to ask to check the status of your state.
+
+In answer to various questions we have received on this:
+
+We are constantly working on finishing the paperwork to legally
+request donations in all 50 states. If your state is not listed and
+you would like to know if we have added it since the list you have,
+just ask.
+
+While we cannot solicit donations from people in states where we are
+not yet registered, we know of no prohibition against accepting
+donations from donors in these states who approach us with an offer to
+donate.
+
+International donations are accepted, but we don't know ANYTHING about
+how to make them tax-deductible, or even if they CAN be made
+deductible, and don't have the staff to handle it even if there are
+ways.
+
+Donations by check or money order may be sent to:
+
+Project Gutenberg Literary Archive Foundation
+PMB 113
+1739 University Ave.
+Oxford, MS 38655-4109
+
+Contact us if you want to arrange for a wire transfer or payment
+method other than by check or money order.
+
+The Project Gutenberg Literary Archive Foundation has been approved by
+the US Internal Revenue Service as a 501(c)(3) organization with EIN
+[Employee Identification Number] 64-622154. Donations are
+tax-deductible to the maximum extent permitted by law. As fund-raising
+requirements for other states are met, additions to this list will be
+made and fund-raising will begin in the additional states.
+
+We need your donations more than ever!
+
+You can get up to date donation information online at:
+
+https://www.gutenberg.org/donation.html
+
+
+***
+
+If you can't reach Project Gutenberg,
+you can always email directly to:
+
+Michael S. Hart <hart@pobox.com>
+
+Prof. Hart will answer or forward your message.
+
+We would prefer to send you information by email.
+
+
+**The Legal Small Print**
+
+
+(Three Pages)
+
+***START**THE SMALL PRINT!**FOR PUBLIC DOMAIN EBOOKS**START***
+Why is this "Small Print!" statement here? You know: lawyers.
+They tell us you might sue us if there is something wrong with
+your copy of this eBook, even if you got it for free from
+someone other than us, and even if what's wrong is not our
+fault. So, among other things, this "Small Print!" statement
+disclaims most of our liability to you. It also tells you how
+you may distribute copies of this eBook if you want to.
+
+*BEFORE!* YOU USE OR READ THIS EBOOK
+By using or reading any part of this PROJECT GUTENBERG-tm
+eBook, you indicate that you understand, agree to and accept
+this "Small Print!" statement. If you do not, you can receive
+a refund of the money (if any) you paid for this eBook by
+sending a request within 30 days of receiving it to the person
+you got it from. If you received this eBook on a physical
+medium (such as a disk), you must return it with your request.
+
+ABOUT PROJECT GUTENBERG-TM EBOOKS
+This PROJECT GUTENBERG-tm eBook, like most PROJECT GUTENBERG-tm eBooks,
+is a "public domain" work distributed by Professor Michael S. Hart
+through the Project Gutenberg Association (the "Project").
+Among other things, this means that no one owns a United States copyright
+on or for this work, so the Project (and you!) can copy and
+distribute it in the United States without permission and
+without paying copyright royalties. Special rules, set forth
+below, apply if you wish to copy and distribute this eBook
+under the "PROJECT GUTENBERG" trademark.
+
+Please do not use the "PROJECT GUTENBERG" trademark to market
+any commercial products without permission.
+
+To create these eBooks, the Project expends considerable
+efforts to identify, transcribe and proofread public domain
+works. Despite these efforts, the Project's eBooks and any
+medium they may be on may contain "Defects". Among other
+things, Defects may take the form of incomplete, inaccurate or
+corrupt data, transcription errors, a copyright or other
+intellectual property infringement, a defective or damaged
+disk or other eBook medium, a computer virus, or computer
+codes that damage or cannot be read by your equipment.
+
+LIMITED WARRANTY; DISCLAIMER OF DAMAGES
+But for the "Right of Replacement or Refund" described below,
+[1] Michael Hart and the Foundation (and any other party you may
+receive this eBook from as a PROJECT GUTENBERG-tm eBook) disclaims
+all liability to you for damages, costs and expenses, including
+legal fees, and [2] YOU HAVE NO REMEDIES FOR NEGLIGENCE OR
+UNDER STRICT LIABILITY, OR FOR BREACH OF WARRANTY OR CONTRACT,
+INCLUDING BUT NOT LIMITED TO INDIRECT, CONSEQUENTIAL, PUNITIVE
+OR INCIDENTAL DAMAGES, EVEN IF YOU GIVE NOTICE OF THE
+POSSIBILITY OF SUCH DAMAGES.
+
+If you discover a Defect in this eBook within 90 days of
+receiving it, you can receive a refund of the money (if any)
+you paid for it by sending an explanatory note within that
+time to the person you received it from. If you received it
+on a physical medium, you must return it with your note, and
+such person may choose to alternatively give you a replacement
+copy. If you received it electronically, such person may
+choose to alternatively give you a second opportunity to
+receive it electronically.
+
+THIS EBOOK IS OTHERWISE PROVIDED TO YOU "AS-IS". NO OTHER
+WARRANTIES OF ANY KIND, EXPRESS OR IMPLIED, ARE MADE TO YOU AS
+TO THE EBOOK OR ANY MEDIUM IT MAY BE ON, INCLUDING BUT NOT
+LIMITED TO WARRANTIES OF MERCHANTABILITY OR FITNESS FOR A
+PARTICULAR PURPOSE.
+
+Some states do not allow disclaimers of implied warranties or
+the exclusion or limitation of consequential damages, so the
+above disclaimers and exclusions may not apply to you, and you
+may have other legal rights.
+
+INDEMNITY
+You will indemnify and hold Michael Hart, the Foundation,
+and its trustees and agents, and any volunteers associated
+with the production and distribution of Project Gutenberg-tm
+texts harmless, from all liability, cost and expense, including
+legal fees, that arise directly or indirectly from any of the
+following that you do or cause: [1] distribution of this eBook,
+[2] alteration, modification, or addition to the eBook,
+or [3] any Defect.
+
+DISTRIBUTION UNDER "PROJECT GUTENBERG-tm"
+You may distribute copies of this eBook electronically, or by
+disk, book or any other medium if you either delete this
+"Small Print!" and all other references to Project Gutenberg,
+or:
+
+[1] Only give exact copies of it. Among other things, this
+ requires that you do not remove, alter or modify the
+ eBook or this "small print!" statement. You may however,
+ if you wish, distribute this eBook in machine readable
+ binary, compressed, mark-up, or proprietary form,
+ including any form resulting from conversion by word
+ processing or hypertext software, but only so long as
+ *EITHER*:
+
+ [*] The eBook, when displayed, is clearly readable, and
+ does *not* contain characters other than those
+ intended by the author of the work, although tilde
+ (~), asterisk (*) and underline (_) characters may
+ be used to convey punctuation intended by the
+ author, and additional characters may be used to
+ indicate hypertext links; OR
+
+ [*] The eBook may be readily converted by the reader at
+ no expense into plain ASCII, EBCDIC or equivalent
+ form by the program that displays the eBook (as is
+ the case, for instance, with most word processors);
+ OR
+
+ [*] You provide, or agree to also provide on request at
+ no additional cost, fee or expense, a copy of the
+ eBook in its original plain ASCII form (or in EBCDIC
+ or other equivalent proprietary form).
+
+[2] Honor the eBook refund and replacement provisions of this
+ "Small Print!" statement.
+
+[3] Pay a trademark license fee to the Foundation of 20% of the
+ gross profits you derive calculated using the method you
+ already use to calculate your applicable taxes. If you
+ don't derive profits, no royalty is due. Royalties are
+ payable to "Project Gutenberg Literary Archive Foundation"
+ the 60 days following each date you prepare (or were
+ legally required to prepare) your annual (or equivalent
+ periodic) tax return. Please contact us beforehand to
+ let us know your plans and to work out the details.
+
+WHAT IF YOU *WANT* TO SEND MONEY EVEN IF YOU DON'T HAVE TO?
+Project Gutenberg is dedicated to increasing the number of
+public domain and licensed works that can be freely distributed
+in machine readable form.
+
+The Project gratefully accepts contributions of money, time,
+public domain materials, or royalty free copyright licenses.
+Money should be paid to the:
+"Project Gutenberg Literary Archive Foundation."
+
+If you are interested in contributing scanning equipment or
+software or other items, please contact Michael Hart at:
+hart@pobox.com
+
+[Portions of this eBook's header and trailer may be reprinted only
+when distributed free of all fees. Copyright (C) 2001, 2002 by
+Michael S. Hart. Project Gutenberg is a TradeMark and may not be
+used in any sales of Project Gutenberg eBooks or other materials be
+they hardware or software or any other related product without
+express permission.]
+
+*END THE SMALL PRINT! FOR PUBLIC DOMAIN EBOOKS*Ver.02/11/02*END*
+
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+This eBook, including all associated images, markup, improvements,
+metadata, and any other content or labor, has been confirmed to be
+in the PUBLIC DOMAIN IN THE UNITED STATES.
+
+Procedures for determining public domain status are described in
+the "Copyright How-To" at https://www.gutenberg.org.
+
+No investigation has been made concerning possible copyrights in
+jurisdictions other than the United States. Anyone seeking to utilize
+this eBook outside of the United States should confirm copyright
+status under the laws that apply to them.
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+Project Gutenberg (https://www.gutenberg.org) public repository for
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