summaryrefslogtreecommitdiff
diff options
context:
space:
mode:
authornfenwick <nfenwick@pglaf.org>2025-02-07 12:44:47 -0800
committernfenwick <nfenwick@pglaf.org>2025-02-07 12:44:47 -0800
commit528fb9aac3a426e37bc916d19625158ac3eee60a (patch)
treef4a783f648d73baabcdf8e85db89e250b65e7ed9
parent025031440527a50adc054a9e3c95df7c87ea6782 (diff)
NormalizeHEADmain
-rw-r--r--.gitattributes4
-rw-r--r--LICENSE.txt11
-rw-r--r--README.md2
-rw-r--r--old/55193-0.txt7017
-rw-r--r--old/55193-0.zipbin149589 -> 0 bytes
-rw-r--r--old/55193-h.zipbin2797954 -> 0 bytes
-rw-r--r--old/55193-h/55193-h.htm7672
-rw-r--r--old/55193-h/images/163_klammer.jpgbin2907 -> 0 bytes
-rw-r--r--old/55193-h/images/augusta.jpgbin96356 -> 0 bytes
-rw-r--r--old/55193-h/images/augusta_hr.jpgbin278005 -> 0 bytes
-rw-r--r--old/55193-h/images/cover.jpgbin101230 -> 0 bytes
-rw-r--r--old/55193-h/images/deko.jpgbin8228 -> 0 bytes
-rw-r--r--old/55193-h/images/faksimile1.jpgbin99911 -> 0 bytes
-rw-r--r--old/55193-h/images/faksimile1_hr.jpgbin221022 -> 0 bytes
-rw-r--r--old/55193-h/images/faksimile2.jpgbin100717 -> 0 bytes
-rw-r--r--old/55193-h/images/faksimile2_hr.jpgbin232713 -> 0 bytes
-rw-r--r--old/55193-h/images/faksimile3.jpgbin95271 -> 0 bytes
-rw-r--r--old/55193-h/images/faksimile3_hr.jpgbin235253 -> 0 bytes
-rw-r--r--old/55193-h/images/faksimile4.jpgbin101465 -> 0 bytes
-rw-r--r--old/55193-h/images/faksimile4_hr.jpgbin249782 -> 0 bytes
-rw-r--r--old/55193-h/images/palais.jpgbin99348 -> 0 bytes
-rw-r--r--old/55193-h/images/palais_hr.jpgbin293148 -> 0 bytes
-rw-r--r--old/55193-h/images/signet.jpgbin35845 -> 0 bytes
-rw-r--r--old/55193-h/images/wilhelm.jpgbin98690 -> 0 bytes
-rw-r--r--old/55193-h/images/wilhelm_hr.jpgbin305634 -> 0 bytes
25 files changed, 17 insertions, 14689 deletions
diff --git a/.gitattributes b/.gitattributes
new file mode 100644
index 0000000..d7b82bc
--- /dev/null
+++ b/.gitattributes
@@ -0,0 +1,4 @@
+*.txt text eol=lf
+*.htm text eol=lf
+*.html text eol=lf
+*.md text eol=lf
diff --git a/LICENSE.txt b/LICENSE.txt
new file mode 100644
index 0000000..6312041
--- /dev/null
+++ b/LICENSE.txt
@@ -0,0 +1,11 @@
+This eBook, including all associated images, markup, improvements,
+metadata, and any other content or labor, has been confirmed to be
+in the PUBLIC DOMAIN IN THE UNITED STATES.
+
+Procedures for determining public domain status are described in
+the "Copyright How-To" at https://www.gutenberg.org.
+
+No investigation has been made concerning possible copyrights in
+jurisdictions other than the United States. Anyone seeking to utilize
+this eBook outside of the United States should confirm copyright
+status under the laws that apply to them.
diff --git a/README.md b/README.md
new file mode 100644
index 0000000..ae43024
--- /dev/null
+++ b/README.md
@@ -0,0 +1,2 @@
+Project Gutenberg (https://www.gutenberg.org) public repository for
+eBook #55193 (https://www.gutenberg.org/ebooks/55193)
diff --git a/old/55193-0.txt b/old/55193-0.txt
deleted file mode 100644
index 0153e4d..0000000
--- a/old/55193-0.txt
+++ /dev/null
@@ -1,7017 +0,0 @@
-The Project Gutenberg EBook of Wilhelms I. Briefe an seinen Vater König
-Friedrich Wilhelm III., by Wilhelm I.
-
-This eBook is for the use of anyone anywhere at no cost and with
-almost no restrictions whatsoever. You may copy it, give it away or
-re-use it under the terms of the Project Gutenberg License included
-with this eBook or online at www.gutenberg.org/license
-
-
-Title: Wilhelms I. Briefe an seinen Vater König Friedrich Wilhelm III.
- (1827-1839)
-
-Author: Wilhelm I.
-
-Editor: Paul Alfred Merbach
-
-Release Date: July 24, 2017 [EBook #55193]
-
-Language: German
-
-Character set encoding: UTF-8
-
-*** START OF THIS PROJECT GUTENBERG EBOOK WILHELMS I. BRIEFE ***
-
-
-
-
-Produced by the Online Distributed Proofreading Team at
-http://www.pgdp.net
-
-
-
-
-
-
- ####################################################################
-
- Anmerkungen zur Transkription
-
- Der vorliegende Text wurde anhand der 1922 erschienenen
- Buchausgabe so weit wie möglich originalgetreu wiedergegeben;
- dies gilt insbesondere für Wortvariationen. Zeichensetzung und
- offensichtliche typographische Fehler wurden stillschweigend
- korrigiert. Fremdwörter und fremdsprachliche Zitate wurden ohne
- Korrektur übernommen, sofern der Textzusammenhang dadurch nicht
- verloren geht.
-
- Im Text wird für ‚et cetera‘ an einigen Stellen die Abkürzung
- ‚ect.‘ verwendet, anstatt wie sonst üblich ‚etc.‘ Diese Variante
- wurde hier so belassen. Wie in den meisten Frakturschriften üblich,
- wird auch hier im Originaltext zwischen den Großbuchstaben ‚I‘
- und ‚J‘ nicht unterschieden. In der vorliegenden Fassung werden
- die auf S. 33 erwähnten ‚Ionischen Inseln‘ daher willkürlich mit
- ‚I‘ wiedergegeben, obwohl zur damaligen Zeit beide Schreibweisen
- möglich gewesen wären.
-
- Die auf S. 103 (Brief vom 14. November 1830) erwähnte Berechnung
- der Anzahl von Gemeinen Soldaten ist offenbar fehlerhaft. Eine
- Korrektur konnte aber nicht vorgenommen werden, da die Fehlerquelle
- nicht eindeutig nachvollzogen werden konnte. Die Zahlen wurden
- so belassen, können aber ohne Weiteres zum Verständnis der
- Größenordnung dienen.
-
- Die Überschrift zu den Faksimile-Abbildungen am Ende des Buches
- wurde vom Bearbeiter eingefügt.
-
- Die von der Normalschrift abweichenden Schriftschnitte wurden
- in der vorliegenden Fassung mit den nachfolgenden Sonderzeichen
- gekennzeichnet:
-
- gesperrt: +Pluszeichen+
- Antiqua: ~Tilden~
-
- ####################################################################
-
-
-
-
-[Illustration: Prinz Wilhelm von Preußen
-
-von Franz Krüger im Palais Wilhelms I.]
-
-
-
-
- Wilhelms I.
- Briefe an seinen Vater
- König Friedrich Wilhelm III.
-
- (1827-1839)
-
- [Illustration]
-
- Herausgegeben von
-
- Paul Alfred Merbach
-
- [Illustration]
-
- Verlag Karl Curtius / Berlin W. 35
- 1922
-
-
-
-
- Alle Rechte,
- insbesondere der Übersetzung, vorbehalten.
- Die hier in diesem Bande enthaltenen Briefe stehen
- unter Urheberschutz und dürfen nicht nachgedruckt werden.
- Etwaige Genehmigung zum Abdruck einzelner Briefe
- muß vorher von der hierzu allein berechtigten
- Verlagshandlung eingeholt werden.
- ~American Copyright~
- 1922
- *
-
-
- Druck von Oscar Brandstetter in Leipzig
-
-
-
-
-Inhalt.
-
-
- Seite
-
- Vorbemerkung VII
-
- Vorwort des Herausgebers IX
-
- Der russisch-türkische Konflikt 1
-
- Die Brautwerbung 45
-
- Das eigene Heim 64
-
- Der Hallenser Kirchenstreit 72
-
- Die Pariser Julirevolution 74
-
- Im Dienste des Staates 103
-
- Die Schweizer Reise 138
-
- Personenregister 144
-
-
-Abbildungen:
-
-(hier zum ersten Male veröffentlicht)
-
- Prinz Wilhelm von Preußen. Nach einer Zeichnung von Franz Krüger im
- Palais Wilhelms I.
-
- Prinzessin Augusta. Miniaturbild von A. Grahl um 1840.
-
- Das Palais Wilhelm I. vor dem Umbau. Miniaturbild auf einem
- Prunktisch in den sogenannten Großherzoglichen Gemächern des
- Palais.
-
- Faksimile des auf Seite 50-52 abgedruckten Briefes.
-
-
-
-
-Vorbemerkung.
-
-
-Die auf den nachfolgenden Seiten mitgeteilten Briefe des späteren
-Kaisers Wilhelm I. haben jahrzehntelang uneröffnet in Berliner
-Privatbesitz geruht; sie treten hiermit zum erstenmal ans Licht und
-bilden gleichsam einen jedem Deutschen willkommenen Ausschnitt einer
-Selbstbiographie des ersten Hohenzollernkaisers. Der Abdruck des
-+gesamten+ Briefmaterials bleibe einer späteren Zeit vorbehalten,
-die hoffentlich wieder günstigere Bedingungen für Veröffentlichung
-derartiger Werke mit sich bringen wird.
-
-Den Herausgeber unterstützten bei seiner Arbeit in entgegenkommendster
-Weise die Leitung des Geheimen Staatsarchivs (Berlin) durch die
-~Correspondance avec la Mission du roi, St. Pétersbourg; Russie
-Rep.~ I, Nr. 97, 1828 und des Hausarchivs (Charlottenburg) durch die
-Erlaubnis, Teile aus den allerdings nicht vollständig erhaltenen
-Briefen König Friedrich Wilhelms III. an seinen Sohn veröffentlichen zu
-dürfen, die Verwaltungen des Hohenzollernmuseums und des Palais Kaiser
-Wilhelms I. sowie die Staatsbibliotheken in Berlin und München; den
-genannten Stellen sei auch hier dafür herzlichst gedankt.
-
-Herr ~Dr.~ Walther Kühne hat in dankenswerter Weise die Revision
-mitgelesen.
-
-+Berlin+, im September 1922.
-
- P. A. M.
-
-
-
-
-In ein wichtiges Jahrzehnt preußischer, deutscher und europäischer
-Geschichte während des 19. Jahrhunderts führen die nachfolgenden Briefe
-des Prinzen Wilhelm von Preußen an seinen königlichen Vater Friedrich
-Wilhelm III.: sie umfassen die Jahre 1827 bis 1839, die noch zum
-Zeitalter der Reaktion gehören, aber zum wesentlichen Teile zwischen
-zwei Revolutionen liegen, die von den mannigfachsten Anschauungen,
-Strömungen und Tendenzen politischer, gesellschaftlicher, religiöser,
-literarischer Art erfüllt und durchkreuzt sind, in denen Goethe
-stirbt und die Romantik ausklingt, in denen Hegel auf der Höhe seines
-Einflusses steht und die deutsche politische Dichtung des Jungen
-Deutschland geboren wird, in denen die ersten Eisenbahnen und der
-Telegraph beginnen, die Entfernungen zwischen den Menschen aufzuheben,
-in denen die immer inniger werdende Vereinigung von Naturwissenschaft
-und Technik sich anschickt, dem „erstaunlichsten aller Jahrhunderte“
-dadurch seinen Stempel aufzudrücken, daß durch die Herausbildung des
-vierten Standes eine neue soziale Schichtung entsteht.
-
-Von solchen sachlichen Hintergründen, aus einer Epoche deutschen
-Sehnens, Werdens und Wesens, die schließlich, nachdem der
-Briefempfänger schon manches Jahr im Mausoleum des Charlottenburger
-Schloßparkes den ewigen Schlaf schlief, zum „tollen Jahr“ von 1848
-führte, heben sich des Prinzen Berichte, Episteln und Billets an den
-regierenden König von Preußen, der zugleich sein Vater war, heraus,
-ohne daß die Mehrzahl der hier nur angedeuteten „Kräfte am Werk“ in
-ihnen zur anschaulichen Auswirkung, zum schöpferischen Anlaß, zum
-allzeit lebendigen Ausdruck diente und gelangte. Sie sind vielmehr
-und in allererster Linie ein bisher unbekannter Beitrag für +seine+
-ganz persönliche, menschliche Entwicklung und Art, der das vertraute
-Bild aus der Zeit seines Reifens zum Manne in der glücklichsten
-Weise ergänzt und erweitert, eine neue „kostbare Reihe vertraulicher
-Äußerungen von hohem inneren Werte“, von denen das Wort Erich Marcks’
-gilt, daß ihre Bedeutung erst im Zusammenhange der Vorgänge und
-Mächte einigermaßen zu erfassen ist, die den Prinzen im alten Preußen
-umgaben..., „es sind dieselben Mächte, deren Betätigung und Wandlung
-von da ab sichtbar seinem ganzen weiteren Leben Richtung und Aufgabe
-weisen sollte.“
-
-Es ist oft geschildert worden, wie die Stoß- und Schwungkraft des
-preußischen Reformgeistes von 1806 bis 1815, der heilige Wille, „in
-Staat und Heer alle Einrichtungen auf die enge sittliche Gemeinschaft
-mit dem Volksleben zu begründen“ erlahmte, wie die Arbeit der
-wirtschaftlichen Befreiung auf dem Lande, die Durchführung der
-Selbstverwaltung allmählich und immer mehr versickerte, versandete
-und versumpfte, wie die verheißene Verfassung schließlich versagt
-ward; „in der deutschen wie in der europäischen Politik trat Preußen
-in das System der alten konservativen Mächte ein“; die Männer der
-zukunftweisenden Taten verschwanden, an ihren Platz stellte sich der
-Landadel und mit ihm, als Ausdruck und Symbol dieses Wechsels, kam
-„eine ständische Zerlegung des einheitlichen Staates“; das Bürgertum
-stand noch weit zurück, nur das Beamtentum hat „in diesem letzten
-Heroenzeitalter der preußischen Bureaukratie“ als die in Wahrheit
-im Staate regierende Macht dem Adel das Gleichgewicht gehalten. Das
-bewußte Zurückdrängen schöpferischer Gedanken ward ausgeglichen durch
-die Stellung des Beamtentums zwischen Staatseinheit und Ständetum.
-Die schwunglose Mittelmäßigkeit des Königs, dessen starres Preußentum
-mehr Hemmschuh als Triebkraft war, lastete auf dem Hofe ebenso wie auf
-den Organen der Regierung; nur in der Stille, den wenigsten bewußt und
-erkennbar, vollzog sich in diesen hier in Frage kommenden Jahren der zu
-Ende gehenden Regierung Friedrich Wilhelms III. die für die Zukunft so
-wichtige Verschmelzung des preußischen mit dem deutschen Geiste, durch
-die das vielstaatliche Volk es endlich versuchen und erreichen konnte,
-sich zur Nation und Einheit zu bilden; Prinz Wilhelm, der als König
-und Kaiser diese Entwicklung zu Ende führen durfte, hat in den Jahren
-+dieser+ Briefe von solcher deutschen Sehnsucht wahrlich keinen
-Hauch verspürt.
-
-In knappsten Strichen nur kann hier des Prinzen Wilhelms Werden
-angedeutet werden. In der Stunde seiner Geburt erlosch -- nach Max
-Lenz’ Wort -- der längst verblichene Glanz der Krone des Großen Karl;
-im März 1797 besiegte Napoleon in Friaul und Kärnten die letzten Heere
-des letzten der alten Kaiser, „die Verbindung der beiden Völker,
-auf der das heilige römische Reich deutscher Nation geruht hatte,
-zerriß“, und während jenseits des Rheines und in etlichen Ländern um
-das Mittelmeer die Grundlagen eines Imperiums gelegt wurden, das noch
-einmal dem Willen eines Einzigen das Dasein verdankte, blieb Preußen,
-ohne zunächst von den wahrhaft grundstürzenden Umwälzungen Europas
-irgendwie berührt oder gestreift zu werden, was es seit mehr als einem
-halben Jahrhundert gewesen war, der Staat Friedrichs des Großen, einst
-der Schrecken und die Bewunderung seiner Feinde, immer noch unbesiegt
-und unerschüttert, jetzt in stolzer Ruhe nach außen hin verharrend, im
-Innern durch fleißige Arbeit der Beamten gestützt und gefördert.
-
-In solchem Frieden wuchs auch der zweite Sohn des preußischen
-Königspaares, Prinz Wilhelm, auf, bis vor den Toren Jenas und Weimars
-der Staat zerschlagen ward, den Friedrichs Geist gebaut hatte. Es
-kamen die Jahre der Schmach und Knechtschaft, die in bekannter Weise
-tief in des Prinzen Leben eingriffen: in einem gefesselten Staat,
-unter dem hoffnungslosen Kummer des Vaters, in seinem kindlichen Gemüt
-verwirrt durch den Tod der geliebten Mutter reifte er zum Jüngling
-heran. Am Aufschwung der Nation nimmt er dann tätigen Anteil, ohne
-sich irgendwie den Idealen und Zielen eines +großen+ deutschen
-Vaterlandes hinzugeben. Friedrich Wilhelm III. sind diese Ideale immer
-fremd geblieben; auch der Sohn des Königs blieb in den Überlieferungen
-der +preußischen+ Größe gebunden, wie doch die Reformen eines
-Stein und Hardenberg zunächst Preußen gegolten haben und diesem zugute
-gekommen sind. Dieses Preußen aber hat alles daran setzen müssen,
-um nach dem Kriege, der dem einzelnen deutschen Menschen nicht die
-Freiheit des Tuns und Denkens brachte, seine Stellung als Großmacht
-zu behaupten. Europäische Aufgaben und Notwendigkeiten führten
-diesen Staat an die Seite Österreichs und Rußlands; einen lebendigen
-Ausschnitt solcher Bestrebungen bietet ein wesentlicher Teil der
-folgenden Briefe.
-
-Des Prinzen Wilhelm Pflichten- und Interessenkreis war in fast
-ausschließlicher Weise von Anfang an ein rein militärischer: es
-kam seinen Anlagen, Neigungen und Anschauungen entgegen, der erste
-Soldat des Staates und der Armee zu sein, einer Armee, die an der
-allgemeinen Erstarrung nach der Reformzeit teilhatte, deren frischer
-Tätigkeitsdrang nach 1815 unerstickt war, aber doch unerfüllt blieb,
-deren Ausbau und Entwicklung jedoch der Prinz alle besten Kräfte
-seines Wesens zuwandte, seitdem er in den Jahren des Friedens in der
-Rangstufenleiter bis zum Kommandeur des dritten Armeekorps emporstieg
-und ernstlich bemüht war, alle Forderungen solcher Führerposten zu
-kennen und ihnen bis ins kleinste gerecht zu werden. Er hat immer
-danach gestrebt, diese weitschichtige Materie völlig zu durchdringen
-und zu beherrschen; die Sorge um die Armee als Ganzes -- in
-Bereitschaft sein ist alles -- und um den einzelnen Mann verläßt ihn
-nie, wenn er aus der Fremde oder von daheim seinem Vater schreibt; in
-ausführlichen Briefen, die sich gelegentlich geradezu zu Denkschriften
-weiten und nachweislich als amtliches Material benutzt werden, wagt
-er Kritik an Beschlüssen und Maßnahmen des Königs zu üben... hier
-geht ihm immer die Sache über die Person; dem militärisch-technischen
-Detail widmet er die gleiche Aufmerksamkeit wie den schwerwiegenden
-Fragen der inneren oder äußeren Organisation. So ist und bleibt er
-Offizier, dessen rastlose Arbeit, eiserne Pflichttreue und unermüdliche
-Lernbegier immer irgendwie der Macht des Staates dienten, an dem
-sich das Wort seiner Mutter aus dem Juli 1810 bewahrheitete: „Unser
-Sohn Wilhelm wird, wenn nicht alles trügt, wie sein Vater einfach,
-bieder und beständig“ --, über den aber auch aus dem Jahre, in dem
-diese Briefe beginnen, eine Äußerung lautete: „Prinz Wilhelm ist die
-edelste Gestalt, die man sehen kann, der imposanteste von allen, dabei
-schlicht und ritterlich, munter und galant, doch immer mit Würde.“
-Dabei stand er den liberalen und nationalen Ideen, die stärker als
-je um 1830 in Norddeutschland um sich griffen, ablehnend gegenüber,
-und den nationalen Bewegungen, die den Boden der Verträge von 1815
-erschütterten, begegnete er vom Standpunkte der großen, „heiligen“
-Alliance; er faßte alles unter dem Gesichtspunkte der Revolution und
-nur im festen Zusammenschluß der „legitimen“ Gewalten meinte er immer
-wieder, könne man ihnen begegnen.
-
-So stand er auf festem, nüchternem Boden, den er völlig kannte, und
-war imstande, mit der hier nötigen Klarheit allen Forderungen und
-Tatsachen +seines+ Lebens gerecht zu werden. Bevor die hier
-mitgeteilten Briefe beginnen, war er durch das alles aufwühlende
-Herzenserlebnis seiner Jugend gegangen, das nach seinem Teile ihn auch
-zum Manne gereift hatte; das Auf und Ab seiner inneren wie äußeren
-Beziehungen zu Elisa von Radziwill klingt nur an einer, freilich
-wichtigsten Stelle dieser Briefe an und der schmerzlichste Abschluß
-dieser ihn stählenden Episode wird dem Vater gegenüber schriftlich
-nicht erwähnt: „Ich werde Elisa wiedersehen, ich gehe nach ihrem
-väterlichen Gute Antonin,“ sagte er am 29. Mai 1829 zur Gräfin Elise
-von Bernstoff -- er war von seinem Vater beauftragt worden, seiner
-kaiserlichen Schwester entgegen zu fahren -- „meine Schwiegermutter
-selbst hat mir den Wunsch ausgesprochen, daß dieses mein erstes
-Wiedersehen mit Elisa vor meiner Vermählung überstanden sein möchte.“
-
-Prinz Wilhelm hatte den „Staat als Willen“ über sich erkannt, „er
-hat sich gefügt, ohne einen Bruch“, wenn er auch die mannigfache
-„Prinzessinnenschau“, die seiner Verlobung mit Augusta von Weimar
-vorausging, als innere Qual empfinden mochte. Als aber die endgültige
-Entscheidung -- nach einem hier wohl zum ersten Male bekannt werdenden
-Schwanken -- in dieser Lebensfrage gefallen war, begegnet er der
-künftigen Gefährtin mit herzlichster Zuneigung, und die Briefe aus
-dieser Zeit, die die menschlich-wertvollsten sind, bezeugen -- auch
-wohl zum ersten Male --, daß der Prinz nicht nur „voller Attention für
-die Prinzeß“ war; hier klingt wahrlich mehr als die bisher immer nur
-beobachtete und behauptete kühle Herzenshöflichkeit durch, hier wird
-der zurückhaltende Ton, den er sonst nach höfischer Sitte der Zeit und
-aus seiner eigenen Erziehung heraus dem Vater gegenüber anschlägt,
-überwunden, und der Mann muß von dem berichten, was ein Inhalt seines
-Daseins wird und blieb; er tut es nicht in romantischem Überschwang
-mit tönenden Phrasen, sondern in jener Weise, der der Leser von heute
-in jedem Worte die aufrichtige Ehrlichkeit der Empfindung anmerkt.
-
-Ein freundlicher Zufall hat es gefügt, daß diese briefliche
-Liebesidylle aus Weimar, die mit etlichen Unterbrechungen vom Oktober
-1828 bis zum März des folgenden Jahres reicht, zwischen zwei größeren
-Gruppen von Berichten steht, die die Anteilnahme des Prinzen Wilhelm
-an den Vorgängen der europäischen Politik zeigen -- „ich kannte und
-träumte nur ein selbständiges Preußen, eine Großmacht im europäischen
-Staatensystem“ hat er zwanzig Jahre später über seine innere
-Einstellung zu diesen Dingen geurteilt -- und dadurch dartun, daß es
-ihm vergönnt und möglich war, die Welt auf manchen Reisen kennen zu
-lernen. Die verwandtschaftlich ihm nahe stehenden Höfe von Petersburg
-und dem Haag hat er öfters besucht; hier kommen die beiden wichtigen
-Fälle in Frage, wo er, in den ersten Monaten von 1828, die Zuspitzung
-des russisch-türkischen Konfliktes mit seiner Auswirkung auf die
-Weltlage beobachten konnte und wo er der Pariser Julirevolution von
-1830 ganz nahe sein durfte. Beide Male schickte er seinem Vater „eine
-Fülle von Berichten“, von denen Erich Marcks’ Erwartung gilt, „daß man
-sie wohl kennen möchte“.
-
-Seine Sendung nach der russischen Hauptstadt zu Schwester und Schwager
-hatte diesmal allerdings bereits einen wichtigen Hintergrund und
-Unterton: er sollte „den Argwohn Rußlands gegen die unabhängig sich
-zwischen den beiden östlichen Kaisermächten haltende preußische Politik
-bekämpfen“; gut informiert und ständig beraten hat er diese Mission
-erfüllt, schon deswegen, weil er von vornherein aus legitimistischen
-Gründen auf der Seite Rußlands und des Zaren stand, dabei sogar eifrig,
-aber vergeblich versuchte, seinen Vater zu energischer, kriegerischer
-Anteilnahme auf russischer Seite zu bewegen. Daß man den Briefen
-des Prinzen an den König, die von den Ereignissen des Hoflebens, von
-winterlichen Festen, von militärischen Einzelheiten natürlich auch zu
-erzählen wußten, an zuständigen Stellen Bedeutung beimaß, geht aus der
-Voraussetzung des preußischen Gesandten in Petersburg hervor, „daß der
-Minister des Auswärtigen in Berlin, Graf Bernstorff, Kenntnis von dem
-politischen Teile der Berichte des Prinzen an den König hat“, und der
-vielgewandte, vielhörende und geschwätzige Varnhagen von Ense notiert
-am 4. April 1828 in seinen „Blättern aus der preußischen Geschichte“:
-Prinz Wilhelm berichtet sehr fleißig und genau aus Petersburg, seine
-Briefe gibt der König an Witzleben, seinen allmächtigen Adjutanten.
-
-Der Besuch im Haag -- im Juli 1830 -- schloß sich an einen
-Kuraufenthalt des Prinzen Wilhelm in Ems an, das seitdem die
-öfter aufgesuchte Heilstätte gegen eine in diesen Jahren nie ganz
-aufhörende Kränklichkeit war; hier war es Zufall, daß er als Gast des
-niederländischen Hofes Zeuge von Ereignissen sein durfte, die seinen
-ganzen Anschauungen völlig zuwiderliefen und die ihm Veranlassung
-wurden, seinen Standpunkt dem Vater und König gegenüber auf das
-schärfste zu präzisieren. Von den inneren Angelegenheiten und
-Notwendigkeiten Preußens oder gar Deutschlands ist in den Briefen
-der nächsten Jahre, in denen das Bürgertum auch hier, wenn freilich
-sehr langsam und allmählich, „die politische Macht ergriff“, selten
-etwas zu spüren und zu lesen. Er kann auf einer militärischen
-Inspektionsfahrt, auf der er seinen Vater vertreten muß, im August
-und September 1830 die Auswirkung der französischen revolutionären
-Bewegung im Rheinlande beobachten, kann aus Thüringen, wo Teile
-des seiner Führung unterstehenden Armeekorps in Garnison lagen,
-Ähnliches melden und nimmt dann öfter die Gelegenheit wahr, in Berlin
-in manchmal breiter Ausführlichkeit zu Fragen seines eigentlichen,
-d. h. militärischen Berufe das Wort zu ergreifen. Daneben steht
-die Sorge um den würdigen Ausbau des ihm zur Wohnung angewiesenen
-Tauentzienschen Palais Unter den Linden und um den Schlößchenbau auf
-dem Babelsberge bei Potsdam; er weiß hie und da den Vater für die
-Angelegenheiten ihm, d. h. dem Prinzen nahestehender Persönlichkeiten
-zu interessieren, wie des Prinzen Radziwill und des Fürsten Solms;
-einmal taucht eine Frage der preußischen Justizverwaltung und eine des
-Kirchenregimentes auf, die er im Sinne und zum Vorteil der staatlichen
-Autorität erledigt wissen möchte, er erörtert brieflich mit dem König
-die wichtige Frage des Erziehers des Sohnes seiner Ehe, der damals
-schon als der Thronerbe galt, und meldet dem Vater in jubelnder
-Beglücktheit die Geburt der Tochter Luise. Mit brieflichen Berichten
-von einer bis nach Mailand sich ausdehnenden Schweizer Reise, die er
-mit seiner Frau unternahm und die sich an einen Kuraufenthalt in Ems
-und Baden-Baden anschloß, endet das Corpus dieser Korrespondenz. Es
-ist für Prinz Wilhelm sehr charakteristisch, daß ihm die Freude an
-der neuen Umgebung, durch die ihn diese Fahrt führte, getrübt ward
-durch ein scheinbares Mißverständnis wegen seiner Anteilnahme an einem
-Manöver in der Heimat! Von mancher anderen Reise, wie z. B. von den
-Besuchen in Petersburg zwischen 1829 und 1835 weiß er kaum etwas zu
-berichten, was des Festhaltens wert wäre, desgleichen von dem Wiener
-Aufenthalt im März 1835, als es galt, „durch das sichtbare Eintreten
-Preußens die schwierige Lage der drei Minister zu festigen, die für
-den schwachsinnigen, aber legitimen Nachfolger Franz’ I., Ferdinand,
-die tatsächliche Regierung übernahmen“. Dagegen wird seine praktische
-Anteilnahme an der Weiterbildung der Armee und ihren Forderungen, z. B.
-in den Fragen über die Länge der Dienstzeit, über die Vermehrung der
-Kadettenanstalten, über die Dienstreisen, Kosten der Generäle -- um
-nur weniges zu nennen -- hier erneut dargetan und weiterhin erhärtet.
-
-Diese andeutenden Bemerkungen umschreiben ungefähr den Inhalt der hier
-veröffentlichten Briefe des Prinzen Wilhelm von Preußen, ohne ihr
-Detail und ihren Reiz irgendwie zu erschöpfen. Sie sind in ihrer Form,
-ihrem Stil und Ausdruck der klarste, beste Spiegel ihres Schreibers.
-
-Er weiß in frischer Anschaulichkeit zu schildern, was er sah und
-erfuhr, er bleibt immer sachlich und versteht aus den Tatsachen, wie
-sie ihm entgegengetreten, in Verbindung mit der ihm angeborenen und
-eingegebenen Überzeugung scharf und klar sein Urteil abzuleiten; er
-vermeidet bewußt jegliche Phrase irgendwelcher Art, weil er weiß, daß
-sie nicht zu seinem Wesen paßt. „Die Wärme eines herzlichen, schlichten
-Empfindens, die Sicherheit eines reinen und männlichen Charakters“, die
-Erich Marcks aus den längst bekannten Briefen an den General Natzmer
-mit Recht herauslas, ist auch in diesen Briefen an den königlichen
-Vater zu finden und dringt bei aller anredelosen Beherrschtheit des
-Tones -- wie selten ändert sich die fast formelhafte Unterschrift „Ihr
-Sie liebender Sohn Wilhelm“ in einen Klang kindlicher Herzlichkeit!
--- doch immer wieder durch. Im stilistischen und sprachlichen
-Ausdruck sind freilich die im Original oft schwierig zu entziffernden
-Briefe noch völlig abhängig von den Grundlagen der Jugendbildung
-und Jugenderziehung des Prinzen: sie wirken oft in Wortstellung und
-Satzbau wie aus dem Französischen übersetzt.... das geht stellenweise
-so weit, daß er die richtige Satzkonstruktion nachträglich korrigiert,
-wobei manchmal das Gegenteil von dem herauskommt, was er sagen will;
-zahlreiche Fremdworte finden sich, die hie und da auch mal in nicht
-richtiger Weise angewendet werden.
-
-Manches freilich vermissen wir in diesen Briefen: nicht +ein+mal
-weiß er aus Weimar etwas von Goethe zu erzählen, niemals fällt ein Wort
-über die mannigfachen Kräfte, die sich nach dessen Tode im deutschen
-Schrifttum regten und die doch der beste Spiegel einer neuen Wertung
-der Zeit durch die Zeitgenossen waren; gerade weil Prinz Wilhelm
-diesem „Neuen“ innerlich ablehnend und fremd gegenüberstand, sucht
-man wohl nach einem kritischen Worte über das Junge Deutschland und
-des allmächtigen Metternich Maßnahmen, die gegen diese „Literaten“
-gerichtet waren. Auch sonst treten tiefere geistige Interessen nicht
-hervor[1]; gerade darin aber wird der Gegensatz zu dem kronprinzlichen
-Bruder ganz klar und deutlich.
-
-Die entscheidenden, ausschlaggebenden Züge seiner Art und seines
-Wesens, die die Gewähr für seine und damit nach dem Gange der
-Geschichte auch für unsere Zukunft boten, erkennen wir in diesen
-Selbstzeugnissen seiner Persönlichkeit: den Offizier, den Anhänger des
-legitimen Königtums, den konservativen Mann der Arbeit und Pflicht von
-klarer, kräftiger Zuverlässigkeit, dessen wahre Größe einmal darin
-bestehen sollte, in weiser Selbsterkenntnis und Selbstbeschränkung den
-Männern die freie Bahn des Wirkens zu öffnen und zu gönnen, die ihm das
-Schicksal in den Weg führen sollte... er war ein fertiger Vierziger,
-als diese Briefreihe mit dem Tode Friedrich Wilhelms III. abbrach. Mit
-dessen Hinscheiden wandelte sich wohl die preußische Welt, noch aber
-konnte niemand ahnen, daß Prinz Wilhelm berufen und auserwählt sein
-sollte, die deutsche Welt zu formen und zu leiten.
-
-Einmal ist -- ganz vorübergehend -- in diesen Briefen von dem Denkmal
-die Rede, das dem Großen Friedrich von Preußen vor den Fenstern des
-prinzlichen Palais errichtet werden sollte; seine Grundsteinlegung
-war der letzte offizielle Regierungsakt, dem der alte, längst kranke
-König von den Fenstern eben dieses Hauses, also gleichsam als Gast
-seines Sohnes, beiwohnen konnte ... es war am 1. Juni 1840... Prinz
-Wilhelm leitete den militärischen Teil der Feier... es war des
-Vaters letzte Freude.... am 7. Juni starb der König.... der neue
-Herrscher Preußens grüßte den Bruder als Thronfolger und Prinz von
-Preußen... eine neue Zeit begann für ihn, für Land und Volk; von den
-Briefen aber, die fast bis zu diesen Tagen reichen, gilt ein Wort
-Paul Kehrs[2]: „aus jeder Zeile schauen uns längst vertraute Züge
-entgegen: des Prinzen Schlichtheit und Wahrhaftigkeit, sein Ernst
-und seine Gewissenhaftigkeit, Gottesfurcht und vornehme Gesinnung,
-sein militärisches, monarchisches und preußisches Selbstgefühl und
-Pflichtbewußtsein.“
-
-
-
-
-Der russisch-türkische Konflikt.
-
-
- Die durch den Wiener Kongreß und seine Schlußakte im Sommer 1815
- wiederhergestellte Ruhe und Ordnung Europas hat ein Jahrzehnt
- später im Wetterwinkel des Balkans eine erste Störung erfahren;
- der Aufstand Griechenlands gegen die Türkei galt der Volksmeinung
- des Kontinents als eine Fortsetzung des Freiheitskampfes, der
- gegen Napoleon geführt worden war, und die klassizistisch
- orientierte Bildung der geistigen Oberschicht in den Großmächten
- Europas glaubte darin antike Ideale eines Miltiades oder Leonidas
- verlebendigt zu sehen.... begeisterte Männer zogen allenthalben
- nach Morea, um mit Gut und Blut sich für die Sache der griechischen
- Freiheit einzusetzen.
-
- Im Gegensatz dazu sah das Regime des Fürsten Metternich in dieser
- griechischen Erhebung nur Rebellion -- die Pforte war ja die
- legitime Obrigkeit --, die man auf die von Frankreich ausgegangenen
- revolutionären Ideen, auf die Umsturzbewegungen der Demagogen aller
- Länder zurückführte; hinzu kam die Befürchtung, daß Rußland den
- türkisch-griechischen Konflikt zum Anlaß und zur Grundlage weiterer
- Eroberungspläne machen würde. Die fünf Großmächte Europas --
- Rußland, Österreich, Frankreich, England und Preußen -- waren sich
- klar und einig darüber, daß eine etwaige Befreiung Griechenlands
- das Auseinanderfallen der Türkei zur endlichen Folge haben müsse
- und daß Rußland davon den eigentlichen, wenn nicht sogar den
- alleinigen Nutzen haben werde. Deswegen war Österreich, an dessen
- Südostgrenze ein nie gefährlich werdender Nachbar, eben der Türke,
- saß, gegen jede Veränderung eines ihm vorteilhaften ~status
- quo~; auch England sah in einer Erstarkung Rußlands eine
- Bedrohung seiner Stellung im nahen und fernen Orient.
-
- Diesen sich zuspitzenden Gegensätzen in der russischen Außenpolitik
- standen etliche Schwierigkeiten im Innern gegenüber. Kaiser
- Nikolaus, der die Lieblingsschwester des Prinzen Wilhelm,
- Charlotte, zur Gattin hatte, mußte den durch den sogenannten
- Großmutsstreit hervorgerufenen Aufstand der Dekabristen
- niederwerfen: sein älterer Bruder Konstantin hatte zwar auf die
- Regierung nach Alexanders I. Tode verzichtet, da ihm aber ein Teil
- des Militärs anhing, kam es zu Tumulten.
-
- Wenige Wochen später ward durch das „Protokoll“ vom 23. März/4.
- April 1826 zwischen Rußland und England eine Regelung der
- türkisch-griechischen Beziehungen vereinbart[3]; dabei hatte der
- Kaiser eine schriftliche Erklärung, keine Eroberungen zu machen,
- nicht abgegeben und „die englische Politik konnte in Zukunft von
- Rußland auf einem Felde kontrolliert werden, wo sie bisher unfaßbar
- gewesen war“. Im Spätsommer gab die Pforte in allen strittigen
- Punkten nach, und der Vertrag von Akkerman war ein voller Sieg der
- Großmächte über den Sultan. Der wahre Grund dieses plötzlichen
- Einlenkens aber war der, daß die Türkei für den trotz aller
- Friedensbemühungen drohenden europäischen Krieg eine Militärreform
- dringend bedurfte, und deshalb brauchte der Sultan zunächst Frieden!
-
- Unterdessen ging ein anderer von Rußland geführter Krieg glücklich
- zu Ende: gegen Persien war der General Paskewitsch siegreich; im
- Februar 1828 erfolgte der Friedensschluß.... der in den Briefen
- des Prinzen mehrmals genannte Abbas Mirza ward von Kaiser Nikolaus
- als der allein berechtigte Nachfolger des Schahs anerkannt, und
- beide Herrscher wollten in Zukunft in Freundschaft und guter
- Nachbarschaft miteinander leben.
-
- Aus dem erwähnten Protokoll vom 4. April 1826 aber erwuchs am 7.
- Juli 1827 eine englisch-russisch-französische Tripelalliance, der
- „trilaterale Vertrag“ der Briefe; „der Kaiser knüpfte an sie die
- Hoffnung, daß sie vor allem den russischen Interessen förderlich
- sein werde“. Er hatte schon versucht, aus dem Protokoll möglichsten
- Nutzen zu schlagen, er hatte die Vereinbarung den Höfen von Berlin,
- Paris und Wien mitgeteilt und wußte allen Einwendungen geschickt
- zu begegnen. Der Gedanke, an Stelle des Protokolls den Vertrag
- zu setzen, ging von England aus; ein Geheimartikel regelte die
- Möglichkeiten und Notwendigkeiten eines Kriegsfalles. In der
- Seeschlacht von Navarino, wo am 20. Juli 1827 die türkische Flotte
- vernichtet ward, war der Auftakt dazu gegeben. In das Auf und Ab
- der nächsten Monate führen die folgenden Briefe ein.
-
- Prinz Wilhelm hatte am 22. Dezember 1827 Berlin mit einem nicht
- mehr vorhandenen Briefe Friedrich Wilhelms III. an seinen
- kaiserlichen Schwiegersohn verlassen; Petersburg war ihm nicht
- fremd, hatte er doch 1817 seine Schwester Charlotte zur Vermählung
- dorthin begleitet; 1823 hatte er den russischen Manövern
- beigewohnt; im Januar 1826 war er wieder dort, um seinen Schwager
- als Kaiser zu sehen, und 1834 ist er nochmals an der Newa zu
- Besuch gewesen, um der Einweihung des Denkmals für Alexander I.
- beizuwohnen -- es sei darüber hier eine Stelle aus einem Briefe
- an den König vom 24. Juli 1834 zitiert:.... Nun aber mit einem so
- ehrenvollen Auftrag zu dieser Feier zu gehen, ist für mich eine
- unbeschreibliche Freude, eine Freude, die unendlich erhöhet wird
- durch das, was das Herz dabei fühlt. Denn wenn auch Trauer die
- nächste Veranlassung zu der Feier ist, so ist doch gerade wieder
- die Errichtung dieser Denk-Säule für den Unvergeßlichen ein Moment,
- der mit Freuden erfüllt, weil man solches Andenken auf solche Weise
- verherrlichen will....
-
- Der diesmalige Aufenthalt dauerte „fast fünf Monate“; am Abend vor
- der Abreise des Prinzen Wilhelm, die am 9. Mai erfolgte, schrieb
- die Kaiserin Mutter Maria Feodorowna: ~Le départ du cher prince
- Guillaume me fait de même répandre bien des larmes; je lui suis
- tendrement, inviolablement attachée et profondément touchée de son
- amitié pour moi~.
-
- St. Petersburg, den 19./31. Dezember 1827.
-
-In aller Eile setze ich diese Zeilen auf, um Ihnen meine glückliche
-Ankunft hierselbst gestern Nachmittag um 5 Uhr zu melden. Es kommt mir
-noch Alles wie im Traum vor nach den ersten Augenblicken, die Tausende
-von Bekannten schon gesehen zu haben. Vor allem muß ich natürlich von
-Charlotte und dem Kaiser und der Kaiserin-Mutter sprechen. Welch’ eine
-Freude, welch’ eine unbeschreibliche Freude war die des Wiedersehens...
-Die Kaiserin-Mutter hat mich mit einer Herzlichkeit und Liebe
-empfangen, die wirklich noch ihre frühere Gnade übersteigt[4].
-
-.... Ich habe hier Alles bisweilen kriegerischer gefunden, als ich es
-erwartete; die Abreise der Gesandten von Konstantinopel[5] hat nicht
-wenig dazu beitragen müssen, welche Nachricht vorgestern Abend hier
-angelangt ist. Jedenfalls wird aber wohl erst das Frühjahr abgewartet
-werden, ehe etwas geschieht. Der Kaiser hat mir schon über Manches
-gesprochen, doch noch bin ich nicht im Stande, etwas Zusammenhängendes
-aufzuschreiben. Er beruft sich stets auf einen gewissen Brief, den
-er Ihnen geschrieben haben will vor einiger Zeit, weshalb ihm die
-Äußerungen, welche Sie mir am Abend vor meiner Abreise noch in
-Beziehung auf Ihre Verhältnisse zu ihm taten, sehr erwünscht zu
-vernehmen waren...[6].
-
-
- St. Petersburg, 12./24. Januar 1828.
-
-Gestern sind nach fast fünfwöchentlichem Stillschweigen Nachrichten
-aus Persien gekommen. Der Friede ist noch immer nicht vom Schah
-unterzeichnet zurück[7], obgleich Abbas Mirza in Alles eingegangen
-ist. Auch hatte man in Tawris die Nachricht, daß die Zahlung der
-Contributionssumme, welche vor der Unterzeichnung verlangt ist,
-geschehen sei, daß der Schah aber nicht traue, dieselbe Jemand der
-Seinigen anzuvertrauen, fürchtend, daß sie geplündert werden könnte;
-er soll sie also einem Engländer übergeben haben, der noch nicht
-angekommen war. Die Zahlung der ganzen Summe wird teils in Gold, teils
-in Edelsteinen erfolgen, da das Gold nicht sehr vorrätig sein mag in
-Persien...
-
-Soeben sagte mir der Kaiser, daß dem letzten Berichte von Pozzo[8]
-(zufolge) das neue französische Ministerium[9] sich nicht halten
-würde und daß er sehr gegründete und große Besorgnisse für die innere
-Ruhe von Frankreich habe. Diese Mitteilungen inquietieren den Kaiser
-weit mehr als die orientalischen Unruhen, indem Unruhen in Frankreich
-allerdings von großen Consequenzen wären[10].
-
-
- St. Petersburg, 23. Januar/4. Februar 1828.
-
-Die Gelegenheit des Generales Bazaine[11] lasse ich nicht unbenutzt, um
-einiges mitzuteilen, was ich im letzten Briefe nur ganz oberflächlich
-berührte, da er durch die Post ging. Es ist dies die Mitteilung und
-Ansicht des Grafen Tatischtschew[12] aus Wien auf die erhaltene
-Instruktion, dem österreichischen Hofe zu erklären, daß jede Besetzung
-Seitens Österreichs von türkischem Gebiete, falls Rußland sich zur
-Occupation von Fürstentümern genötigt sehen sollte, als eine gegen
-Rußland gerichtete Feindseligkeit betrachtet werden würde. Graf T.
-behauptet mit Gewißheit versichern zu können, daß Österreich eine
-solche Maßregel nicht beabsichtige, so lange nämlich rein von der
-Erfüllung des Tractats vom 6. Juli nur die Rede ist und der Ergreifung
-aller Mittel, die zu diesem Zwecke führen. Österreich sei viel zu
-schwach, aber auch viel zu ängstlich deshalb, um es wagen zu wollen,
-allein gegen Rußland aufzutreten, eine Ängstlichkeit, die sich bei
-jeder Gelegenheit verrate, trotz den befohlenen Kriegsrüstungen, die
-überhaupt eine Finte zu sein scheinen, um ihre eigentliche Schwäche
-zu cachieren. Wenn sie jedoch durch den Lauf der Begebenheiten, einen
-ausbrechenden Krieg, eine andere Tendenz erhielte, nämlich die der
-Eroberung und Teilung des türkischen Reiches, so würde in diesem
-Falle Österreich gewiß nicht ruhiger Augenzeuge bleiben, sondern
-tätigen Anteil nehmen wollen und zu dem Ende sich den drei Alliierten
-anschließen, um gemeinschaftliche Sache zu machen. Ja es existierten
-darüber schon Äußerungen, die anzeigten, daß Österreich in diesem Falle
-Rechnung mache, Herzegowina, Bosnien und Serbien zu acquérieren, daß
-es sich, im Falle einer so bedeutenden Vergrößerung Schwierigkeiten
-opponiert werden sollten, auch mit beiden Ersteren oder gar nur mit
-einem Teile derselben begnügen würde. Graf T. versichert, die Wahrheit
-seiner Angaben verbürgen zu können, ebenso wie auch, daß die Sprache,
-welche er instruiert sei zu führen, falls eine feindliche Maßregel
-gegen Rußland im Werke zu sein scheine, gewiß das Unterbleiben der
-Ausführung herbeiführen werde. Denn da er instruiert sei, diese
-Instruktion geheim zu halten und nur im Notfall davon Gebrauch zu
-machen, so habe er auch nur gesprächsweise gegen Jemand, von dem er
-wisse, daß er bestimmt sei, ihn auszuhorchen, etwas von der Möglichkeit
-solcher Ansichten seines Hofes fallen lassen, was seinen Zweck nicht
-verfehlt habe, indem einige Tage nachher mehrere Rüstungsbefehle
-zurückgenommen sein sollen.
-
-Diese Mitteilungen T.’s scheinen wohl sehr erwünschten Inhalts zu sein,
-in dem sie die Beruhigung gewähren, daß Österreich den kriegrischen
-Maßregeln des Tractats nicht hinderlich sein wird, die doch wohl zu
-erwarten stehen, und daß, wenn ein Vertreibungskrieg der Türken die
-Folge sein sollte, auch dieser nicht gegen Österreichs Interesse ist,
-wenngleich hiermit allerdings ausgesprochen ist, daß Österreich nicht
-so uneigennützig in diese große Begebenheit sich einlassen will, als
-die drei Alliierten es bei der Schließung des Tractates aussprachen
-sein zu wollen, wenngleich damals von keinem Exterminationskrieg
-die Rede war. Ob, wenn diese Ansicht Österreichs gegründet ist,
-(sie) nicht zu benutzen wäre (die in Beziehung auf die Expulsion der
-Türkei aus Europa mir auch ganz mit der Ihrigen in Übereinstimmung
-zu sein scheint), um der Pforte zu erklären, daß sie durch die
-fünf Mächte angegriffen werden würde, wenn sie sich nicht sogleich
-nachgiebig zeige, ist eine Frage, die sich unwillkürlich aufdrängt,
-vorzüglich der Kaiser von Österreich sich ja damals mündlich bereits
-zu einer kategorischen Sprache gegen die Pforte verstanden hat. Diese
-gemeinschaftliche Eröffnung, die freilich nur durch Preußen und
-Österreich wird gemacht werden können, da die drei anderen Gesandten
-nicht mehr in Konstantinopel sind und von deren drei Mächten ja die
-Pforte auch den Krieg wohl voraussieht, würde der Pforte jede Illusion
-über die Möglichkeit einer Teilung der Interessen und daraus möglicher
-Bekriegung der großen Mächte unter einander benehmen und gewiß das
-letzte Mittel sein, was vielleicht vor Ergreifung feindlicher Maßregeln
-noch zum Zwecke führte[13].
-
- Ihr Sie zärtlichst liebender, gehorsamer Sohn
-
- Wilhelm.
-
-
- St. Petersburg, 27. Januar/8. Februar 1828.
-
-Der Großfürst Constantin[14] ist gestern hier eingetroffen... da von
-ihm immer die allarmierenden Gerüchte über Preußens Rüstungen[15]
-kommen, so langte Ihr Brief und der des Grafen Witzleben[16] mit Ihren
-Befehlen sehr zum rechten Momente an, indem ich dem Kaiser Alles
-dieserhalb Beruhigendes von Neuem mitteilte. Da sagte mir der Kaiser,
-daß Constantin seine Meldungen keineswegs in dem Sinne jetzt genommen
-wissen wolle, als seien die questionierten Rüstungen gegen Rußland
-gerichtet, sondern vielmehr für dasselbe und daß es nur scheine, als
-wolle Preußen diese Rüstungen nicht Wort haben, um sie ganz geheim
-machen zu können. Auch diese Ansicht war mit der Revue des 5. und
-6. Corps bald über den Haufen geworfen. Die heutigen Depeschen des
-Gesandten Lieven[17] sagen dem Kaiser, daß zu befürchten stände, daß
-die orientalische Frage bei Eröffnung des Parlaments so bald nicht
-zur Entscheidung kommen werde, indem so sehr viele wichtigere Fragen,
-die die innere Administration betreffen, erst zu beseitigen sein
-würden[18], was dem Kaiser natürlich nicht lieb ist. Die Ernennung
-Wellingtons[19] zum Premierminister frappiert allgemein. Lieven
-berichtet aber, daß derselbe sich täglich mehr an ihn anschlösse
-und ganz zu seiner früheren Ansicht über die orientalische Frage
-zurückgekehrt sei und daher seinerseits nur das Beste zu erwarten
-stände. Die Eitelkeit soll den ~moost honorable Duke~ gewaltig
-reiten; und da hat denn ein Brief, den Nicolaus ihm nach der Schlacht
-von Navarin schrieb[20], der aber erst mit dem letzten Courir anlangte,
-einen gewaltigen Effekt gemacht, indem Nicolaus, tuend, als ignoriere
-er gänzlich Wellingtons momentane Umsattlung seiner Ansichten, ihm zu
-dem großen Seesiege gratulierte und ihm dankt und zurückruft, daß er es
-gewesen sei, der bei seiner Anwesenheit 1826 hier den Grund zu diesem
-glorreichen Ereignisse gelegt habe, welches hoffentlich binnen Kurzem
-zu dem gehofften Resultate führen werde. Dieser Brief konnte nicht mehr
-~à propos~ kommen als gerade in dem Augenblicke... Alle Anstalten
-sind gemacht, im Fall der Kaiser der Campagne beiwohnen will, was er
-jedenfalls nur dann tun will, wenn der Krieg wirklich ausbricht, d. h.
-also wenn die Donau überschritten wird. Bei Besetzung der Fürstentümer
-wird er keinen Falls zugegen sein, wie er mehreremals äußerte, da dies
-keine Eröffnung der Feindseligkeiten ist.
-
- Ihr gehorsamer Sohn
-
- Wilhelm.
-
-
- St. Petersburg, 4./16. Februar 1828.
-
-Der Kaiser bleibt seiner Ansicht und seinem Wunsche getreu, den Frieden
-aufrecht zu erhalten zu sehen. Aber die seit zwei Jahren gegebenen,
-immer wieder hinausgeschobenen Fristen, um die Pforte zur Annahme der
-Vorschläge der Verbündeten zu bringen und die immer trotz Navarin
-und seiner Folgen nicht erfolgt sind, hätten und müßten endlich ihre
-Endschaft erreichen. Rußland, England und Frankreich könnten sich
-daher nun nicht mehr in Unterhandlungen einlassen, sondern sie seien
-es ihrer Würde und den stattgehabten Ereignissen schuldig, zu handeln.
-Dies würde in der bestimmten Frist geschehen, der daher auch nur das
-kurze Ultimatum, dessen in der jüngsten Instruktion an Lieven die
-Rede ist, vorhergehen würde. Wenn dem Vorschlage, der in der Depesche
-des Grafen Bernstorff[21] gemacht wird, Folge gegeben werden sollte,
-so könnte es nur von den zwei Mächten geschehen, die darin als die
-aufzufordernden bezeichnet sind und die daher diesen Schritt ohne
-diesseitige Aufforderung tun müßten, welches von den drei verbündeten
-Mächten nur dankbar anerkannt werden könnte. Der Kaiser hofft sogar,
-daß Sie diesen Schritt allein sogleich tun würden, ohne sich an die
-Ansicht der anderen Macht und deren Antwort zu binden, der von dem
-durch Herrn v. Miltitz[22] zu tuenden Schritt wohl nur Mitteilung
-und Aufforderung zu gleicher Maßregel zu machen wäre. Dieser durch
-Herrn v. Miltitz zu gebenden Erklärung würde wohl eine sehr dezisive
-Maßregel seiner Person im Weigerungsfalle der Pforte anzuempfehlen
-sein, die derselben alsdann jedes fernere freundschaftliche Verhältnis
-zu Preußen entrückte. Nur mit diesem Rechtssatze dürfte der ganze
-zu tuende Schritt Energie haben und Einfluß und Erfolg haben. Daß
-Österreich eine gleiche Sprache führe, wäre daher sehr wünschenswert.
-Am meisten wird dann gewünscht, daß einer solchen energischen Maßregel,
-auch im Weigerungsfalle, der Nachschub geleistet wird, der wenigstens
-die Einheit der vier Mächte im Princip offenbar dartäte, um so mehr,
-da, wie ich neulich schon berichtete, von der fünften Macht an eine
-Opposition gegen kriegerische Intervention nicht mehr füglich geglaubt
-werden kann und sie dies am allerwenigsten tue und jeden Plan dazu
-aufgeben würde, wenn die vierte Macht sich zu gemeinsamem Zwecke den
-drei anderen anschlösse. Auf Preußen sind daher nun auch Aller Augen
-gerichtet[23].
-
- Ihr gehorsamer Sohn
-
- Wilhelm.
-
-
- St. Petersburg, 8./20. Februar 1828.
-
-Des Kaisers erste Frage, gleich nachdem ich ihm Mitteilung von
-Ihrem Anerbieten auf Unterhandlungen gemacht hatte, war: gehet das
-Anerbieten auf Unterhandlungen oder auf Anschließen zum Handeln zu
-gemeinschaftlichem Zweck? Ich mußte natürlich näher bezeichnen, daß
-nur von erneutem, aber gemeinschaftlichem Unterhandeln die Rede sei.
-In dem Fall, sagte der Kaiser, werde ich den Vorschlag nicht annehmen
-können. Seit zwei Jahren habe ich die größte Nachgiebigkeit dadurch
-bewiesen, daß ich der Pforte Termin auf Termin gesetzt habe, um sie
-zur Nachgiebigkeit zu stimmen, stets mit der Drohung, daß ernstere
-Maßregeln ergriffen werden würden, wenn diese Nachgiebigkeit nicht
-erfolge. Die Unterhandlungen mit den verbündeten Mächten haben Zeit
-gebraucht und so ist es bis vorigen Herbst also erst zur Ergreifung
-solcher ernsteren Maßregeln gekommen. Die unerwartete Katastrophe
-von Navarin hat aber dennoch nicht die Pforte biegsam gemacht, die
-darauf erneuerten Aufforderungen zur Annahme der Intervention wurden
-verworfen und somit der Abgang der Gesandten unvermeidlich. Alle
-direkten Unterhandlungen und Verbindungen sind demnach von Seiten
-der Verbündeten mit der Pforte abgebrochen und die im trilateralen
-Vertrag angedeuteten ernsteren Maßregeln sind jetzt der Gegenstand der
-Unterhandlungen der drei Mächte, um sie zur Ausführung zu bringen. Ein
-erneuerter Versuch, mit der Pforte zu unterhandeln, um auf diesem Wege,
-der so unzählige Male fruchtlos geblieben ist, zum Ziele zu gelangen,
-wäre nicht mehr von den drei Verbündeten zu erwarten, da Alles sein
-Ziel hätte; die Zeit der Nachsicht, die ~Longanimité etc.~ sei
-abgelaufen und aus allen diesen Gründen an die Wiederanknüpfung von
-friedlichen Unterhandlungen seitens der drei Mächte nicht mehr zu
-denken. Ganz etwas anderes wäre es, wenn ein Antrag von Seiten Preußens
-oder Österreichs erfolgte, um sich den Verbündeten anzuschließen, um
-mit ihnen durch Ergreifung gemeinschaftlicher kriegerischer Maßregeln
-zum gewünschten Ziele zu gelangen. Oder: wenn Preußen und Österreich
-ihrerseits bei der Pforte nochmals kräftige Schritte täten, um sie zur
-Nachgiebigkeit zu zwingen, welchem Schritte jedoch als energischer
-Nachsatz beigefügt werden müsse, im Weigerungsfalle auch die Gesandten
-dieser Mächte Constantinopel verlassen würden und daß die Pforte
-auch von diesen Mächten kriegerische Maßregeln und Anschließen an
-die drei anderen Mächte zu erwarten habe. Ob eine solche, offene und
-energische Sprache von Österreich zu erwarten sei, sei freilich nicht
-mit Bestimmtheit vorauszusehen, dies dürfte aber wohl Preußen nicht
-abhalten, seinerseits diese bestimmten Schritte zu tun, Österreich
-dann ~au fait~ setzend und dringend zu gleichen auffordernd.
-Preußens Ansichten in der orientalischen Angelegenheit ständen ganz
-in Übereinstimmung mit einem solchen Handeln; es sei dem trilateralen
-Vertrage nicht beigetreten, indem es die in demselben vorgeschlagenen
-Mittel als nicht zum Zwecke führend erkannt hätte, jedenfalls aber
-keinen tätigen Teil an deren Ausführung hätte nehmen können, weil
-es aus diesem letzteren Grunde daher weniger auffallend und weniger
-störend für das äußere Bestehen der großen Alliance gewesen sei, daß
-nur drei Seemächte einen Tractat schlossen, der nur Seeoperationen zum
-Zwecke vorläufig hatte, während es als eine Spaltung der alten Alliance
-erschienen sein würde, wenn Preußen als keine Seemacht einem dergl.
-Tractat beigetreten sei und Österreich als eine Seemacht es nicht
-tat. So sei also auch dieser Schein für die große Alliance erhalten
-geblieben, während freilich Preußens und Österreichs Nichtbeitritt
-aus ganz und gar verschiedenen Principien entsprungen sei. Jetzt
-jedoch handele es sich nicht mehr um eine bloße Seeoperation, sondern
-um Ergreifung solcher Maßregeln, die leicht zum Kriege führen
-dürften, und daß diese zum Ziele führen würden, werde Preußen wohl
-anerkennen und also, da es das Ziel zu erreichen wünsche, sich auch
-zu Maßregeln entschließen, die zur Erreichung desselben förderlich
-sind, d. h. also nochmalige dringende Vorstellungen bei der Pforte,
-mit dem Nachsatze, wie ich ihn bereits angab, dem dann aber auch Folge
-gegeben werden müßte. Ich selbst hatte ja mündlich Ihre Ansicht hier
-mitgeteilt, die dahinginge, daß ein Angriff der Mächte der großen
-Alliance auf die Pforte als allein zum Ziele führend erkannt von Ihnen
-werde. Über das wie weit eines solchen Angriffs wäre freilich noch
-nichts zu entscheiden jetzt. Und wenn ich Ihre Ansicht jedoch dahin
-bestimmt ausgesprochen hätte, daß Sie einen solchen Angriff nur dann
-als vollständig ansehen würden, wenn Österreich sich zu demselben
-verstünde, so sei dadurch wohl auch Ihr Wunsch dahin abzusprechen, daß
-man sich dadurch vergewissere, daß diese Macht nicht etwa gegen die
-anderen Verbündeten zu Gunsten der Pforte sich erklärte, nicht aber,
-daß es Ihre Ansicht sei, daß Österreichs Kriegsmacht durchaus notwendig
-zu verwenden sei, um das Ziel zu erreichen, wozu die russische Armee
-allein wohl hinreichen würde. Die letzten Nachrichten Tatischtscheffs
-seien aber über diesen Punkt sehr beruhigend, indem er ja versichere,
-daß Österreich nicht daran denke, sich den kriegerischen Maßregeln
-zu widersetzen, die Rußland ect. jetzt zu ergreifen für nötig fände,
-daß der Kaiser ja mündlich dem Grafen Tatischtscheff versprochen habe,
-offene und kräftige Maßregeln bei der Pforte zu ergreifen, um sie zur
-Nachgiebigkeit zu bewegen, alles Schritte, die nicht mehr auf die
-gefürchtete Opposition dieser Macht deuten, so daß also auch dieselbe
-nicht mehr zu fürchten sei, selbst wenn auch, wie zu vermuten wäre,
-dieselbe sich zum Anschließen an die anderen Mächte zur Ergreifung
-kriegerischer Maßregeln nicht verstehen sollte. Jede und jegliche
-Besorgnis, daß Österreich doch noch die Opposition selbst kriegerisch
-ergreifen könnte, ja selbst die Möglichkeit dazu bei dessen inneren und
-militärischen Verhältnissen würde verschwinden müssen, sobald Preußen
-sich öffentlich zum Beitritt zum trilateralen Vertrage erklärt, dem es
-ja eigentlich dem Sinn nach im Geheimen schon beigetreten sei, da die
-jetzigen zu ergreifenden Maßregeln zum Ziele führend sein würden und
-an die Störung der großen Alliance nicht bei den oben geschilderten
-Verhältnissen zu denken sei. Ob es überhaupt doch noch möglich wäre,
-wenn Preußen dem österreichischen Cabinette seinen Beitritt zum
-dreiseitigen Vertrage bekannt macht, mit der dringenden Aufforderung
-und Vorstellung, ein Gleiches zu tun, indem von dem Augenblicke an
-alle Interessen vereint sein würden, -- diese Macht zu dem Beitritt zu
-bewegen wäre zum wenigsten ein Versuch, der nicht von der Hand gewiesen
-werden dürfte und den Sie gewiß deshalb unternehmen würden, ohne jedoch
-Ihre weiteren Schritte deshalb von Österreichs Erklärung abhängig zu
-machen. Dies ganze Raisonnement gründet sich natürlich darauf, daß die
-drei verbundenen Mächte fest am Tractat vom 6. Juli halten und nur
-dessen Ausführung vorläufig vor Augen haben; ja selbst ein weiteres
-Vorschreiten durch die kriegerischen Operationen ist in dem Vorschlag
-Rußlands ja nur als Erpressungsmittel und nicht als eine zu machende
-Eroberung bezeichnet, wenn gleich ein so weites Vorschreiten nur durch
-die verlängerte Halsstarrigkeit der Pforte erzeugt werden würde, dann
-auch den Griechen zu Statten kommen solle, indem sie als frei und
-unabhängig erklärt werden sollen. Bei dem vorgefallenen Ministerwechsel
-in England und Frankreich und beim Zusammentritt des Parlamentes und
-der Kammern war eine Veränderung der Grundsätze beider Kabinette in
-Beziehung auf die orientalische Frage vielleicht zu befürchten. Ich
-fragte daher auch heute den Kaiser, was er davon hielte, worauf er
-erwiderte, daß nach den letzten Nachrichten Wellington sich mehr
-und mehr an Rußland anzuschließen scheine und daß von Frankreich
-die Erklärung gekommen sei, daß es mit Rußlands Maßregeln sich
-einverstanden erkläre und fest an dem Bündnis halten werde, selbst wenn
-England abspringen sollte. Demnach hätte sich also nichts in der Lage
-der Sachen geändert.
-
-Wenn Sie nun also wirklich dem trilateralen Vertrag beitreten, so
-fragte der Kaiser, ob Sie dann aber auch gewiß wohl ein Corps stellen
-würden, welches tätigen Anteil an etwa ausbrechendem Kriege nehmen
-würde. Ich erwiderte, daß ich Sie nicht danach gefragt hätte, früher
-aber, als von einer bestimmten Alliance zu dem vorliegenden Zwecke
-nicht die Rede gewesen sei (wie bis zum Jahre 1826), Ihre Ansicht nicht
-dahin gegangen wäre, einen tätigen Teil an einem dergleichen Kriege
-zu nehmen. Jetzt freilich schienen mir die Dinge anders zu liegen.
-Der Kaiser griff dies so gleich auf und meinte, daß auch die Stellung
-eines Corps ja am allermeisten die Übereinstimmung und Einigkeit der
-alten Alliance zu erkennen geben würde und ob es nicht auch der Wunsch
-unserer Armee sei, Teil am Kriege zu nehmen. Ich konnte seiner Ansicht
-nur beistimmen und was den letzten Punkt beträfe, so wäre freilich der
-Wunsch sehr allgemein in unserer Armee, dem Kriege beizuwohnen. Ich
-komme hierdurch auf einen Punkt zu sprechen, dessen große Wichtigkeit
-ich vollkommen erkenne und muß daher denselben etwas näher beleuchten.
-Dieser gedachte Wunsch ist mir nicht etwa allein aufgestiegen, sondern
-mir von sehr viel Generalen ausgesprochen worden, und wie wäre es auch
-anders möglich, ihn nicht zu haben, wenn man einmal Soldat ist und
-ein Krieg bereit ist auszubrechen, für den sich die Regierung erklärt
-und zu welchem sie sogar in Alliance tritt. Aber namentlich aus dem
-militärischen Gesichtspunkt betrachtet wird der Wunsch für die Armee
-nur noch lauter, indem ein Auffrischen des kriegerischen Geistes in
-jeder Armee nach langem Frieden gewiß eine schöne Sache ist. So weit
-ich freilich entfernt bin zu meinen, daß dieserhalb von Zeit zu Zeit
-Krieg +gesucht+ werden müßte, so sehr glaube ich doch auch, daß
-eine Gelegenheit wie die vorliegende nicht +unbenutzt+ gelassen
-werden sollte, indem die Politik schon dahin weist. Die Generale,
-welche mir darüber sprachen,... kamen darin überein, daß eine solche
-Gelegenheit ja benutzt werden möchte, um Teilen der Armee den Krieg
-einmal wieder ~in natura~ zu zeigen. Und da natürlich die ganze
-Armee nicht marschieren könne, so würde, um der ganzen doch die Wohltat
-der Auffrischung dieses Kriegsgeistes, wenigstens ~per tradition~
-zu gewähren, ein Corps aus allen Regimentern der Armee zu combinieren
-sein, wie im Jahre 1812. Ob die Rheinprovinz und Westfalen ihr freilich
-spät eintreffendes Contingent zu stellen hätten, oder ob sie wegen
-des doch stets zu beobachtenden Nachbarn im Westen ganz von dieser
-Gestellung zu deponieren wären, hat unser Kriegsrat alles in Weisheit
-erwogen, wie Sie leicht denken können; wenn einmal so etwas aufs Tapet
-kommt, so geht es auch munter vorwärts mit Plänen und Projekten. Sie
-werden meine Dreistigkeit verzeihen, diesen Gegenstand hier behandelt
-zu haben und das mit einiger Weitläufigkeit und nur nach eigner und
-einiger Anderer Ansicht, durchaus die Ihrige in diesem Punkte nicht
-kennend. Ich muß daher Ihre Verzeihung und Ihre Nachsicht hiermit
-nachsuchen und nur noch hinzufügen, daß mir Minister Motz[24] vor
-meiner Abreise sagte, er fürchte aus finanziellen Rücksichten die
-Mobilmachung der Armee jetzt schon nicht mehr, um wieviel weniger also
-eines Corps nur.
-
-Graf Tatischtschew hat berichtet, daß bei Übergabe des Briefes von
-Nicolaus an den Kaiser von Österreich vom 7./19. Januar, auf den jedoch
-noch keine Antwort erfolgt ist, letzterer ihm gesagt habe: er höre, daß
-man in Rußland unruhig über die militärischen Zurüstungen in Österreich
-sei; ob man glaube, daß er Rußland angreifen wolle? Wie könne man sich
-so etwas nur einbilden im Entferntesten und wenn er es wolle, ob er es
-wohl könne bei der Verfassung seiner Armee. Alle Rüstungen geschehen
-nur, um, im Falle im Oriente der Krieg ausbräche, Österreichs Grenzen
-zu schützen gegen jede Invasion...[25]
-
- Ihr gehorsamer Sohn
-
- Wilhelm.
-
-
- St. Petersburg, 16./28. Februar 1828.
-
-.... wenn ich Ihnen nicht die Nachricht zu geben hätte, daß die
-gestrigen Meldungen des Grafen Paskiwitsch allerdings die Ihnen
-vorgestern als Gerücht mitgeteilten Ereignisse bestätigten. Seine
-Berichte sind vom 5./17. Januar aus Deygurgan freilich sehr lange
-unterwegs gewesen. Der Hauptinhalt ist folgender: Als am bestimmten
-Termin die Zahlung der auferlegten Kontribution von Seiten des Schahs
-nicht erfolgte, zugleich aber auch die Nachrichten eingingen, daß ein
-Sohn des Schahs seinen Bruder Abbas Mirza beim Vater anzuschwärzen
-gesucht habe, als einen Feind des Landes, der durch den Friedensschluß
-Rußland in Besitz so schöner Provinzen zu setzen suche, die sein
-Erbteil sind, und ihm wohl gar noch andere Pläne zugedacht haben mag
-und dieser andere Mirza sich erbeten habe, die verlorenen Provinzen
-wieder zu erobern und dazu Anstalten treffe, so hat Graf Paskiwitsch
-seinerseits die Friedens-Unterhandlungen abgebrochen und seine Truppen
-in Marsch gesetzt. Er hofft, daß diese ganze Unternehmung nur eine
-bloße Demonstration sein wird und zum gewünschten Ziele, nämlich
-der prompten Zahlung, führen wird. Denn die verlangte Contribution
-ist bereits vor den Augen eines russischen Bevollmächtigten und
-des englischen Konsuls, der die richtige Zahlung sehr betrieben
-hat, in Teheran verladen worden und ist bereits auf halbem Wege
-nach Tawris, in Zengun, angelangt. Während dem ist nur der Mirza
-aus Korhassan mit seinen Intriguen durchgedrungen, zugleich sind
-aber auch türkischerseits Aufforderungen an den Schah ergangen, die
-Feindseligkeiten fortzusetzen, indem auch ein Bruch der Pforte mit
-Rußland bevorstände und dadurch letzteres in große Verlegenheit kommen
-könnte; und so hat der Schah dem Mirza Vollmacht gegeben, seine Schätze
-anzugreifen und den Krieg fortzusetzen und die verlorenen Provinzen
-wiederzuerobern, welche er zu seinem Erbteil erklärt hat und Abbas
-Mirza so gut wie enterbt hat. Dieser ist demnach zu den Seinigen
-zurückgekehrt, hat aber einen sehr gerührten Abschied von den Russen
-genommen, bei denen er sich sehr gefiel, einer sehr traurigen Zukunft
-entgegen gehend... Paskiwitsch will... gegen Zangan marschieren, um so
-zu sagen der Contribution entgegen zu rücken, deren Auszahlung durch
-diese Demonstration wie gesagt gehofft wird, der Kaiser hofft und
-wünscht sehr, daß es nur bei dieser Demonstration sein Bewenden haben
-werde.
-
-Aus Paris hat der Kaiser gestern sehr zufrieden stellende Nachrichten
-erhalten, da das Cabinett ganz in seine Ansicht eingeht... Der Kaiser
-sagte mir soeben, daß er indirekte Nachrichten aus London habe, die
-immer mehr das Anschließen des englischen Cabinetts an das russische
-für die orientalischen Verhältnisse bestätigen[26]. Die offiziellen
-Mitteilungen erwartet er täglich. Aus Constantinopel wird geschrieben,
-daß Herr v. Ottenfels sich zur Abreise rüste oder abberufen sei; der
-wahre Zusammenhang sei nicht klar. Auch der holländische Gesandte in
-Constantinopel hat Schiffe zu seiner Abreise gemietet.
-
-
- St. Petersburg, 20. Februar/3. März 1828.
-
-Vor einigen Posttagen benachrichtigte ich Sie von der Äußerung des
-Kaisers, daß der Marsch der Garde binnen Kurzem erfolgen könne und
-setzte ich hinzu, daß mir dazu noch keine Veranstaltungen getroffen
-zu sein scheinen. Gestern jedoch sagte er mir, daß die Ordres zur
-Mobilmachung der Garde in der Ausfertigung begriffen seien und binnen
-wenig Tagen publiciert werden würden... Die Mobilmachung soll höchstens
-in 6 Wochen beendigt sein. Auf meine Bemerkung, daß mir der Kaiser vor
-6 Wochen ungefähr sagte, er würde die Garden marschieren lassen, falls
-ein Nachschub durch den Gang des Krieges erforderlich sei -- wie dies
-jetzt mit diesem frühzeitigen Marsch derselben zu vereinbaren sei,
-wiederholte er, daß die Distance dies erforderte, indem die Garden doch
-erst im September an der Donau eintreffen würden und daß es jedenfalls
-sehr gut sei, eine solche Reserve ~à tout événement~ bereit und in
-Bewegung zu haben. Bis heute ahndet noch Niemand in Petersburg diese
-Maßregel und wird natürlich sie bei ihrem Erscheinen im Auslande viel
-Lärm machen, daher ich mich beeile, Sie davon in Kenntnis zu setzen.
-
-Der famose Hatischeriff[27] sehe ich, ist auch nun in Berlin bekannt;
-der Kaiser ist sehr aufgebracht über die Sprache, die dieses
-Aktenstück über Rußland führt und namentlich über die Stelle, wo die
-Pforte erklärt, daß alle Nachgebungs-Demarchen und namentlich das
-Einwilligen in die Forderungen zu Akkerman nur geschehen seien, um
-Zeit zu gewinnen, um die Rüstungen und die Reorganisation der Armee zu
-bewerkstelligen. Zugleich sieht der Kaiser diesen Hatischeriff als eine
-Herausforderung an die ganze Christenheit und namentlich an Rußland
-(an), so daß nun wohl nichts mehr den Bruch verhüten kann. In diesem
-Sinne sind auch die letzten Couriere nach Paris und London abgefertigt
-worden.
-
-Die letzten Nachrichten aus Persien lauten sehr erfreulich. Die
-feindlichen Kräfte, welche sich bei Maralega sammelten, sind auf die
-Nachricht des Vormarsches der russischen Truppen auseinander gelaufen.
-Die russische Avant-Garde, die während der Unterhandlungen schon in
-Mijana stand, hatte von dort aus ihren Marsch sogleich vorwärts gegen
-Zangan angetreten, hat also einen bedeutenden Vorsprung.
-
-Soeben sagt mir der Kaiser, daß die Garden heute die Marsch-Ordre
-erhalten haben und gegen den 1./13. April abmarschieren sollen...
-
-
- St. Petersburg, 25. Februar/3. März 1828.
-
-Gestern Abend kamen wiederum gute Nachrichten aus Persien; der Marsch
-der russischen Truppen hat so auf den Schah gewirkt, daß er sogleich
-die Abzahlung der Contribution befohlen hat, welche auch bereits ganz
-bis Zangan gekommen sein soll; 45 Millionen Papier-Rubel, woselbst der
-russische Commissar aufgefordert wurde, zu seiner eignen Überzeugung
-irgend einen Sack zu öffnen, um sich zu versichern, daß keine
-Betrügereien obwalten. Der geöffnete Sack ist auch voller Geld gefunden
-worden. Außerdem hat sich Ardebil, wo das linke Seitendetachement
-stand, ohne Schwertstreich ergeben... Wo die Unterhandlungen angeknüpft
-werden sollen, ist nicht entschieden, indem der dazu geeignetste
-Ort Mijana durch eine dort einheimische giftige Wanze, welche nur
-Ausländer sticht und oft tötet, nicht sehr angenehm aus diesem
-Grunde erscheint. Die Sterblichkeit unter den russischen Truppen ist
-unglaublich in Persien. Aus London sind Nachrichten gekommen, die aber
-(noch) immer keine Antwort brachten auf die an Fürst Lieven gegebenen
-Instruktionen, indem das englische Ministerium völliges Stillschweigen
-beobachtet. Aus Paris sind dagegen die Mitteilungen stets erfreulicher
-und anschließender. Der Kaiser hofft, daß der Hatischeriff in London
-vielleicht noch gut wirken wird; aber wenn auch nicht, so ist der Plan
-und Wille des Kaisers unabänderlich derselbe.
-
-
- St. Petersburg, 27. Februar/10. März 1828.
-
-Der Kaiser sieht durch den Hatischeriff seine ganze Lage in sofern
-verändert an, daß er den Ausbruch der Feindseligkeiten nicht mehr von
-der Zustimmung Frankreichs und Englands abhängig zu machen braucht,
-sondern der Pforte geradezu den Krieg erklären wird, indem sie ihm
-denselben durch jenen Parlamentär angekündigt hat. Denn es kommt
-jetzt dem Kaiser momentan nicht auf die Pacifierung Griechenland
-an, sondern darauf, sein Ansehen und seinen Einfluß auf die Pforte
-aufrecht zu erhalten und die Beleidigung zu rächen, die durch die
-Nichterfüllung und durch die Darstellungsart des Akkermanschen Tractats
-Rußland zugefügt ist, nebst den übrigen beleidigenden Ausdrücken.
-Bei Ergreifung dieser Maßregel erklärt der Kaiser von Neuem, stets
-dieselben Grundsätze zu befolgen, welche ihn bei Schließung des
-trilateralen Vertrages leiteten. Erhält Rußland bis in den nächsten
-Wochen die Beistimmung Englands zu den vorgeschlagenen coërcitifen
-Maßregeln, welche in der Instruktion an Fürst Lieven vom 6. Januar
-enthalten sind, bisher aber trotz eines 14tägigen Hinausschiebens des
-Antworttermines unbeantwortet geblieben sind, so würde alsdann das
-Ultimatum von den drei Alliierten der Pforte übergeben werden; trifft
-aber die Erwartung von Englands Anschließen bis dahin nicht ein, so
-wird der Kaiser allein ein Ultimatum übersenden und abwarten, was
-England später beschließen wird. Dieser Schritt kann keine Störung
-unter den Alliierten erzeugen, weil Rußland für Erscheinung des
-Hatischeriffs individuelle Zwecke gegen die Pforte zu erkämpfen hat.
-Frankreich hat sich vollkommen mit Rußlands vorgeschlagenen Maßregeln
-einverstanden erklärt und England nach Kenntnis des Hatischeriffs
-inständigst zur Annahme dieser Maßregeln erneuert aufgefordert,
-indem diese Kriegs-Erklärung nur mit den Waffen beantwortet werden
-könne und dies die Ehre der Alliierten erfordere. Es schlägt vor,
-den Flotten einige Landungstruppen mitzugeben, um die Schlösser der
-Dardanellen zu nehmen und zu behaupten, um den Flotten das Vordringen
-gegen Konstantinopel und die Beschießung desselben dadurch möglich
-zu machen. (Diese heute eingetroffenen Nachrichten sind mir als
-ein großes Geheimnis nur vom Kaiser mitgeteilt worden.) Es stehet
-also noch immer zu hoffen, daß England nachgeben wird und der Krieg
-gemeinschaftlich erklärt wird. Wo nicht, so würde es seine später zu
-ergreifenden Maßregeln in der griechischen Angelegenheit den alsdann
-schon russischer Seits ergriffenen anschließen. Frankreich erklärt
-es mit Rußland zu halten, selbst wenn England ganz abspringen sollte
-(was wohl schwerlich zu erwarten ist.) Rußland würde also, falls
-England dem Krieg nicht beistimmt, seine individuellen Interessen durch
-denselben verfolgen und also darin nicht von England gehindert werden
-können; natürlich handelt Rußland dadurch auch indirekt zum Besten
-der Griechen, mit Frankreich eng verbunden aber direkt zum Besten
-derselben, denn Frankreich hat ja nur das griechische Interesse vor
-Augen. Dies giebt allerdings etwas complicierte Verhältnisse.
-
-Aus Wien erfuhr der Kaiser, wie er mir heute sagte, daß auf bestimmten
-Antrag des Erzherzogs Ferdinand zwei Operations-Pläne ausgearbeitet
-wurden, der eine, um während der Operationen die Defensive zu
-beobachten, der andere ein Offensiv-Plan, um eine österreichische
-Armee mit der russischen operieren zu lassen. Es soll darüber jedoch
-ein großes Geheimnis obwalten. Doch hat dies den Kaiser sehr erfreut
-zu erfahren, weil er doch daraus die Möglichkeit sieht, daß Österreich
-sich zu einer tätigen Teilnahme zuletzt noch entschließen wird. Er
-ist daher sehr begierig auf die Schritte, die Sie getan haben werden,
-sowohl gegen Österreich als für sich selbst.
-
-
- 28. Februar/11. März.
-
-Auch ist die Nachricht eingegangen, aus Bukarest oder Odessa, daß Herr
-v. Ottenfels im Begriff sei, Constantinopel zu verlassen, weil kein
-Christ seines Lebens mehr sicher sei. Ob er dies ohne Erlaubnis seines
-Hofes darf, weiß ich nicht zu entscheiden. Doch meint der Kaiser, daß
-die Verfolgungen, welche in Constantinopel und in der Türkei gegen
-die Christen beginnen, nur zu deutlich beweisen, daß der Hatischeriff
-eine Kriegserklärung gegen die gesamte Christenheit sei und aus diesem
-Gesichtspunkt betrachtet hofft er, daß Österreich seine bisherigen
-Grundsätze in der griechischen Angelegenheit wird fahren lassen und
-dann gemeinschaftliche Sache mit den Alliierten machen wird, womit dann
-die große Alliance wieder kräftig und ungeteilt dastände, ja es würde
-ein wahrer Kreuzzug werden (~il serait une véritable croisade~).
-
-Falls der Krieg ausbricht, so sagt der Kaiser, würde sich die
-Campagne in drei Abschnitte teilen. Der erste vom April bis Juni;
-der zweite eine Ruhe bis zum September wegen der großen Hitze und
-wegen des Mangels an Furage in den Monaten, ehe die Ernte gemacht ist
-und der dritte vom September bis dahin, wohin die Operationen oder
-die Nachgiebigkeit der Pforte führen wird. Der Winter sei nicht zu
-fürchten und also wegen der Jahreszeit kein Abschnitt nötig zu machen.
-Im ersten Abschnitt müsse der Balkan erreicht werden, die Ruhe also
-daselbst eintreten, während dem zweiten würden alle Reserven und die
-Garden zur Armee stoßen (den 1./13. September) und so alsdann mit
-erneuten Kräften die Operationen des dritten Abschnittes beginnen. Die
-vorteilhafteste Operations-Linie wird natürlich die längs dem Meere
-sein von Anfang an, weshalb auch die Flotte des Schwarzen Meeres zur
-Protegierung der Operationen beordert ist. Nach einigen Nachrichten
-sollen sich bedeutende türkische Streitkräfte bei Rusdschuk sammeln,
-dagegen aber auch bei Babatag (in der Gegend, wo die Donau vor ihrem
-Abflusse die Ecke bildet) Verteidigungsmaßregeln ergriffen sein, als
-auf der Operations-Linie längs dem Meere liegend, die ihnen wohl auch
-gefährlich erscheinen mag.
-
-Nach dem Gang, den die Dinge jetzt in der Türkei nehmen, glaubt der
-Kaiser, daß auf keine Nachgiebigkeit nicht mehr zu rechnen ist, weder
-jetzt noch später, sondern daß das Ganze mit dem Umsturz der türkischen
-Macht endigen wird, wenngleich er nur ungern von dieser Möglichkeit
-spricht. Sollten wir bis Constantinopel wirklich vordringen und ich
-bin zuerst dort, sagte der Kaiser mir neulich, so sollen die Andern
-mit meinem Benehmen und Vorschlägen zufrieden sein; kommen mir die
-Andern etwa auf irgend eine Art zuvor, so setze ich keinen Fuß in
-Constantinopel und lasse die Andern machen, was sie wollen und meliere
-mich nicht darein. Ich wiederhole Ihnen nur diese Worte, die der Kaiser
-wohl nur mir und seinem Schwager sagte, ohne weiteres diplomatisches
-Gewicht darauf zu legen; denn es dürften doch, wenn es wirklich so
-weit kommen sollte, wohl Verhältnisse eintreten, die jene Äußerungen
-vergessenswerth machen dürften. Tritt die andere Chance doch noch
-ein, daß die Pforte während des Krieges nachgibt endlich, so sind die
-dann eintretenden Verhältnisse in der erwähnten Instruktion an Lieven
-vorgezeichnet und die völlige Selbständigkeit Griechenlands dann
-zunächst stipuliert.
-
-Der Kaiser trat mit der Nachricht ins Zimmer, daß der Friede mit
-Persien geschlossen sei[28] und zugleich die Schlüssel von Ardibile
-eingetroffen seien... Der Schah hat augenblicklich, als er die
-ernstliche Fortsetzung des Krieges erfahren hat, sich nachgiebig
-gezeigt und die ganze Summe der Contribution der russischen Avant-Garde
-unweit Zangan überliefert, und war der größte Teil bereits in Mijana
-eingetroffen. Der Schah hat dem Abbas Mirza aufgetragen, den Frieden
-sogleich zu unterzeichnen...
-
-
- St. Petersburg, 3./15. März 1828.
-
-Gestern ist der erwartete zweite Courier aus London[29] eingetroffen.
-Die von ihm überbrachten Nachrichten sind die offizielle Antwort des
-englischen Cabinettes auf die von Rußland gemachten Vorschläge, wie
-sie in der Instruktion an Fürst Lieven enthalten waren. Sie sind, wie
-nach meinem letzten Brief schon zu erwarten war, nicht nach Wunsch
-des Kaisers ausgefallen, indem jene Vorschläge nicht Eingang fanden
-und dagegen von England eine Demarche vorgeschlagen wird gerade der
-Art, wie Sie dieselbe durch Grafen Bernstorff vor vier Wochen hierher
-machen ließen. Der Kaiser wird darauf nur bedingt eingehen, indem aus
-seiner Antwort an Sie damals schon hervorging, daß er diesen Schritt
-als zu spät kommend betrachtete; doch will er sich jetzt gerade
-nicht opponieren; dagegen trennt er aber immer mehr die griechische
-Frage von den Griefs, die er zufolge des Hatischeriffs individuell
-gegen die Pforte zu verfolgen hat und wird daher in den ergriffenen
-Maßregeln dieserhalb nicht die mindeste Änderung entstehen und ganz
-das geschehen, was mein letzter Brief für den neu eingetretenen Fall
-voraussagte, nur mit dem Unterschiede, daß die Schritte, welche ich
-damals als von England allein etwa ausgehend bezeichnete, nun, wenn
-es angenommen wird, von allen 5 Mächten geschehen werden. So würden
-also Unterhandlungen und Krieg zugleich gehen und bestehen, nur zu
-verschiedenen Zwecken; der Krieg aber gemäß einen wichtigen mittelbaren
-Einfluß auf die Unterhandlungen haben und so durch den Krieg vielleicht
-der Frieden erhalten werden. Daß den Unterhandlungen, falls sie sich
-zerschlagen, ein allgemeiner Angriff folgt, dürfte die Drohung sein,
-mit welcher sie unternommen würden.
-
-Die gestrigen Nachrichten aus Persien sagen, daß die ganze Contribution
-ausgeliefert ist und Abba Mirza erneuten Befehl zur schleunigen
-Unterzeichnung des Friedens erhalten hat...
-
-
- St. Petersburg, den 6./18. März 1828.
-
-Vorgestern Abend erhielt ich Ihren gnädigen Brief; ich teilte dem
-Kaiser sogleich Ihre Ansichten über die politischen Verhältnisse mit.
-Er sagte, daß ihn diese Ihre Ansichten nicht überraschen könnten, da
-sie mit Ihren früheren übereinstimmten. Doch hätte er es für seine
-Pflicht gehalten, Ihnen sein Raisonnement vor vier Wochen mitzuteilen,
-glaubend, daß manche Veränderungen damals eingetreten wären, die
-vielleicht Ihrerseits ein entscheidendes Handeln und Auftreten, wenn
-auch nur in Aufforderungen Anderer bestehend, möglich gemacht haben
-würden. Wenn der Kaiser also auch nicht überrascht über Ihre Antwort
-war, so tat sie ihm doch leid. Mir gab er jedoch auch das Zeugnis,
-daß ich stets diese Ihre Antwort vorhergesehen hätte, weil ich Ihre
-Ansicht genau kannte und sie ihm immer von Neuem vorgehalten habe.
-Während ich also auf diese Art dem Kaiser Ihre Ansicht opponiere, Ihnen
-dagegen die des Kaisers mitteile, scheint es, habe ich den Anschein bei
-Ihnen bekommen, als ließe ich mich durch den Kaiser entrainieren. Das
-Memoire, was ich dieserhalb durch Graf Bernstorff erhalten soll, wird
-mich natürlich ungemein interessieren, doch glaube ich dessen Inhalt
-vorhersagen zu können, da ich, wie gesagt, vermuten darf, daß ich Ihre
-Ansichten nicht vergessen habe. Sollte mich jedoch meine Äußerung:
-„daß mir das Handeln Preußens jetzt als das Hauptgewicht erscheine,
-welches die Inclination der politischen Wagschale bestimmen würde“,
-eine Äußerung, die ich mir kurz vor dem Abschieds-Augenblick in Berlin
-schon zu machen mir erlaubte, sollte mir diese Äußerung die Bemerkung
-zugezogen haben, daß ich Preußens Stellung verkenne, so werde ich
-allerdings hierüber eine Belehrung in Bernstorffs Mémoire[30] hoffen
-dürfen zu finden.
-
-Ihre Bemerkungen über die vorauszusehenden Verwickelungen, wenn
-Rußland Englands Ansichten nicht aufnimmt, teilte ich gleichfalls
-dem Kaiser mit. Er erwiderte, daß sein jetziges Alleinhandeln der
-Natur sei, daß diese Verwickelungen wohl nicht zu befürchten seien.
-Sollten jedoch welche später aus Englands Benehmen entstehen, so könne
-er wenigstens ruhig darüber sein, daß er sie nicht herbeigeführt
-habe. Denn im trilateralen Vertrage wäre expreß gesagt, daß, wenn die
-erste Maßregel der auszusendenden Flotten nicht zum Ziele führe, so
-werde man zu ernsteren Maßregeln schreiten. Unter diesen ernsteren
-Maßregeln könnten aber natürlich keine anderen verstanden gewesen
-sein, als kriegerische. Diese seien nun also vorgeschlagen, nachdem
-erneute Unterhandlungen nach Navarin(o) sich zerschlagen hätten und
-den Abgang der Gesandten zur Folge sogar gehabt haben. Statt darauf
-einzugehen, gemeinschaftliche coërcitife Maßregeln zu unternehmen,
-wolle man nun von Neuem unterhandeln, also gegen die Bestimmungen des
-trilateralen Tractates und damit also wiederum den Gang ergreifen, der
-seit 7 Jahren nicht zum Ziele geführt habe; und welche Garantie sei
-vorhanden, daß, da man jetzt von Seiten Englands den kriegerischen
-Maßregeln keine Folge geben wolle, diese Folge-Gebung eintreten würde,
-wenn die vorgeschlagenen erneuten Unterhandlungen sich etwa zerschlügen
-und für dies Zerschlagen der Krieg als Folge bestimmt worden wäre?
-Wahrscheinlich würde man alsdann wieder einige Monate temporieren, dann
-aber erneut zu Unterhandlungen raten und so ins Unendliche fortfahren.
-
-Doch wie mein letzter Brief schon meldete, wird sich der Kaiser diesen
-Vorschlägen nicht opponieren, jedoch auch seinerseits sich sehr
-bestimmt aussprechen und während dem handeln. Denn das fortwährende
-Temporieren und nicht Ernstmachen müsse ja die Pforte immer mehr
-bestärken, sich zu opponieren, da immer nur gedroht wird und den
-ernsthaftesten Drohungen doch keine Folge gegeben wird. So reize man
-die Pforte also ordentlich zur fortgesetzten Opposition bei jeden
-erneuten Unterhandlungen.
-
- Im Sommer 1819 bemühte sich Prinz Wilhelm, unterstützt von
- seiner Schwester Charlotte, die Einwilligung seines königlichen
- Vaters für seine Verbindung mit der schon seit 1817 geliebten
- Prinzessin Elise von Radziwill zu erlangen. Friedrich Wilhelm
- III. schwankte auch in dieser familiären Angelegenheit in seinen
- Meinungen und Entschlüssen ständig hin und her, um so mehr, als
- die Unebenbürtigkeit der Prinzessin bald für gleichgültig, bald
- für hindernd in bezug auf die in Aussicht genommene Eheschließung
- gehalten ward. Erst im Juni 1826 hat er seine Zustimmung endgültig
- verweigert. Auf der Reise nach der Schweiz hatte Prinz Wilhelm
- 1826 bei der Hochzeit seines Bruders Karl mit Maria von Weimar
- deren jüngere Schwester Augusta kennen gelernt; vielleicht hat
- er im Anschluß daran in Karlsruhe die oben genannte Prinzessin
- Cäcilie von Schweden (1807/44) gesehen, die Tochter jenes Gustav
- IV. Adolf (1778/1837), der mit Friederike von Baden in einer
- 1812 geschiedenen Ehe vermählt und Mitte Mai 1809 seines Thrones
- verlustig erklärt worden war; er führte dann ein seltsames
- Wanderleben und weilte in der fraglichen Zeit als Oberst Gustavsson
- in Leipzig. Die mannigfachen Absonderlichkeiten dieses Mannes
- lassen es verstehen, daß der vorsichtige Friedrich Wilhelm III. von
- der ersten medizinischen Autorität seines Staates, dem „so höchst
- ehrwürdigen“ Christoph Wilhelm Hufeland (1763/1836), wie der König
- an seine Tochter Charlotte am 14./26. August 1836 nach Petersburg
- schrieb (Hohenzollernjahrbuch 1916, S. 169), ein Gutachten über den
- Geisteszustand Gustav Adolfs IV. einholte, das schließlich in der
- wichtigen Frage einer künftigen Königin von Preußen den Ausschlag
- gab; Prinzessin Cäcilie heiratete den Großherzog August von
- Oldenburg. Prinz Wilhelm hat, wie aus dem obigen Briefe hervorgeht,
- lange in seinen Empfindungen zwischen den beiden Mädchen hin und
- her geschwankt; darauf deutet auch eine Briefstelle an den Vater
- aus Petersburg vom 23. December/4. Januar 1828:.... Beim Beginn des
- verflossenen Jahres war ich weit entfernt zu glauben, daß dasselbe
- von Einfluß auf mein künftiges Schicksal sein würde -- und doch war
- es so; wieviel ernster mußte ich also nicht beim Eintritt in das
- nun vor uns verschlossene gestimmt sein, da es Pläne zur Ausführung
- bringen dürfte, die jetzt noch unentschieden in mir liegen.
- Möge der Himmel meine Wahl leiten und mir eine Zufriedenheit
- schenken, die ich lange entbehren mußte. Ihnen dadurch Freude zu
- machen und mir stets Ihre Gnade zu vergewissern ist ja dabei mein
- Hauptaugenmerk.... Des Prinzen Wilhelm Petersburgreise ist oft als
- eine „Brautfahrt“ gedeutet worden (vgl. Th. Schiemann, Historische
- Zeitschrift, N. F., Bd. 44, 1892, S. 243/50), was wohl nur in dem
- Sinne richtig ist, als die Kaiserin-Mutter Maria Feodorowna von
- Rußland als die Großmutter der Prinzessin Augusta von Weimar deren
- künftigen Gatten kennen lernen sollte, wenn vielleicht auch ein
- Satz aus einem Berichte Schölers (14. April/6. Mai 1828) an den
- König darauf deuten könnte, daß eine russische Großfürstin für
- den Prinzen Wilhelm von Preußen als Lebensgefährtin in Aussicht
- genommen war: „Bei der hohen Achtung und wahrhaften Zuneigung,
- welche Seine Kgl. Hoheit sich hier allgemein erworben haben,
- teilt die ganze Residenz das Bedauern der kaiserlichen Familie,
- den Prinzen aus ihrer Mitte scheiden zu sehen und gibt nicht ohne
- Schmerz eine Hoffnung auf, mit welcher man, in Folge der Eigenheit
- des menschlichen Herzens, die Erfüllung eines lieben Wunsches
- keinem Zweifel unterworfen zu halten seit längerer Zeit sich
- geschmeichelt hatte.“
-
-
- St. Petersburg, 13./25. März 1828.
-
-Als Sie im Oktober vorigen Jahres von mir eine Erklärung wünschten,
-welchen Entschluß ich in Folge der im Sommer unternommenen Reise zu
-fassen gesonnen sei, war meine Antwort, daß die Bestimmung meiner
-Zukunft von der Wahl zwischen Prinzessin Augusta und Prinzessin Cecile
-abhängig sei als denjenigen beiden Prinzessinnen, welche mir von den
-kennengelernten als die ausgezeichnetsten erschienen.
-
-Diese Wahl jedoch damals gleich zu treffen war mir meiner Überzeugung
-nach nicht möglich, weil dazu eine Kenntnis in gleichem Maße von
-+beiden+ Prinzessinnen gehörte, ich bis dahin aber nur Prinzessin
-Augusta in so weit hatte kennen lernen, daß ich mir ein ziemlich
-gegründetes Urteil über sie erlauben durfte, dahingegen ich Prinzessin
-Cecile nur erst flüchtig konnte kennen gelernt haben, da ich sie
-nur wenige Tage sah. Da aber trotz dieser flüchtigen Bekanntschaft
-Prinzessin Cecile mich dennoch, trotz jener genaueren der Prinzessin
-Augusta beschäftigte und zwar auf eine Art, die ich nicht von der Hand
-zu weisen dürfen glaubte, so ging meine Bitte an Sie, die Sie auch
-genehmigten, dahin, daß ich eine nähere Bekanntschaft der Prinzessin
-Cecile auf eine nicht auffallende und Niemand compromittierende Art
-suchen dürfte. Und wenn ich alsdann beide Prinzessinnen in gleichem
-Maaße kennte, so wollte ich danach meine Wahl festzustellen suchen. Da
-Sie diese meine Ansichten gut hießen, so würde ich nicht nötig haben,
-jetzt wieder auf diese Angelegenheit zurückzukommen, wenn ich nicht
-schon in jener ersten Unterredung in Charlottenburg bemerkt hätte, daß
-Ihr Wunsch es sei, meine Entscheidung möchte für Prinzessin Augusta
-ausfallen. Da Sie jedoch deshalb meine Pläne nicht misbilligten,
-so glaubte ich es auch wagen zu dürfen, auf deren Ausführung mein
-Augenmerk zu richten. Seit jener Unterredung kamen mir vielerlei
-Äußerungen zur Kenntnis, die mir das bestätigten, was ich von Ihnen
-selbst zu verstehen geglaubt hatte, daß nämlich, wenngleich gegen die
-ganzen Verhältnisse der Prinzessin Cecile nichts einzuwenden sei, was
-eine Verbindung mit ihr unmöglich oder unpassend machte, doch gerade
-ihre eigentümliche Stellung, diese Verbindung nicht +vorzugsweise+
-wünschenswert machte. Diese Ihre Ansicht glaube ich auch in Ihrer
-Äußerung enthaltend gefunden zu haben, die Sie mir machten, als ich
-bei Gelegenheit, daß Sie meine Reise hierher genehmigten, von meiner
-Zukunft sprach. Sie sagten, Sie müßten nur zu bedenken geben, daß
-die sehr unangenehme Möglichkeit obwalte, daß das Übel, an welchem
-der Vater der Prinzessin Cecile litte, auch erblich sei und auch
-mit überspringenden Generationen erblich sei; ich glaubte also aus
-dieser Äußerung schließen zu müssen, daß Sie mich durch dieselbe von
-meinen Absichten detournieren zu suchen wollten. Wenngleich ich die
-Möglichkeit einer solchen Erblichkeit nicht bezweifeln konnte, so
-konnte ich jedoch auch nur bemerken, daß mir bis jetzt nirgends ein
-Zeichen obzuwalten scheine, welches jene Möglichkeit anzeige. Seit
-meinem Hiersein erfuhr ich nun jedoch, daß diese mögliche Erblichkeit
-der Geisteskrankheit Ihnen so erheblich erscheint, daß Sie sich durch
-Hufeland haben ein Gutachten über diese Angelegenheit geben lassen,
-welches die Möglichkeit des Vererbens eines solchen Übels bestätigt und
-als wahrscheinlich angibt.
-
-Die Sicherstellung, welche Sie für sich durch dies Gutachten für jede
-Zukunft, falls ich auf jener Verbindung bestände, zu verschaffen
-suchten, muß ich vollkommen anerkennen. Ja ich muß die Pflicht
-anerkennen, welche Ihre väterliche Liebe hat und Ihre höchste Stellung,
-mich ernsthaft und aufs gewissenhafteste auf diese Möglichkeiten
-aufmerksam zu machen und mir die Verbindung vollkommen zu untersagen,
-falls augenscheinlich Gefahr obwaltet.
-
-Aus allem Angeführtem glaube ich aber nunmehr erneuert den Schluß
-ziehen zu müssen, daß es Ihnen lieb wäre, wenn die mir getanen
-Vorhaltungen mich bewegen könnten, nach Ihrem Wunsche von der näheren
-Bekanntschaftmachung der Prinzessin Cecile abzusehen und mich für
-Prinzessin Augusta zu entscheiden.
-
-Wenn ich nun dies auch nicht unbedingt zu tun vermag, so sehe ich mich
-dennoch veranlaßt, meinerseits einen Schritt zu tun, der mich über
-meine Zukunft aufklärt, indem ich nur erlaube, die Frage zu stellen:
-„ob Sie aus jenen Gründen mit dem quästionierten Gutachten in Händen
-von Ihrem höchsten und väterlichen Standpunkte aus die Pflicht zu haben
-glauben, Ihre Einwilligung zu der in Rede stehenden Verbindung zu
-versagen, falls ich nach genauerer Bekanntschaft der Prinzessin Cecile
-um deren Hand wirklich anhielte?“
-
-Von Ihrer gnädigen Beantwortung dieser Frage hängt dann natürlich mein
-ganzes ferneres Verhalten ab.
-
-Glauben Sie Ihre Einwilligung geben zu können, so brauche ich in meinen
-Plänen nichts zu verändern.
-
-Glauben Sie Ihre Einwilligung nicht geben zu können, so muß ich davon
-abstehen, die nähere Bekanntschaft der Prinzessin Cecile erst noch
-machen zu wollen, denn in der Ungewißheit, ob ich Ihre Einwilligung
-erhalten könnte, darf ich nie diese nähere Bekanntschaft suchen, weil
-sie leicht dahin führen könnte, daß das Aufgeben dieser Verbindung dann
-schmerzlicher sein dürfte, als es jetzt noch der Fall sein kann.
-
-Mit kindlicher Liebe habe ich in meinem dankbaren Herzen jeden Schritt
-bewahrt, den Sie taten, um meine Zukunft sich glücklich gestalten
-zu sehen. Daher bitte ich auch nunmehr aus der Tiefe des Herzens,
-daß Sie meine Frage gnädig aufnehmen und ganz nach Ihrer Überzeugung
-beantworten mögen. Doch muß ich Sie noch darum bitten, mir nicht auf
-+meine+ Verantwortung für die Folgen der gefürchteten Erblichkeit
-die mögliche Verbindung mit Prinzessin Cecile zusagen zu wollen und
-sich zu überzeugen, daß mein Herz noch durchaus nicht für eine der
-beiden Prinzessinnen sich entscheidender ausspricht wie früher.
-
-Der Grund, warum ich gerade jetzt mit diesem entscheidenden Schritt
-gegen Sie hervortrete, ist der, daß in dem Falle die ferneren Pläne
-auf Prinzessin Cecile ganz aufgegeben werden müßten, ich wohl keine
-bessere und erwünschtere Gelegenheit finden könnte, Prinzessin Augusta
-noch näher kennen zu lernen und die dann nötig werdenden Schritte
-einzuleiten und zu tun als bei deren bevorstehender Ankunft hier mit
-ihrer Mutter... Der Kaiser hat mir mündlich heute beim Fahren zur
-Parade das förmliche Anerbieten gemacht, ob ich die zu erwartende
-Campagne nicht mit machen wollte... ich glaubte ihm antworten zu
-können, daß von einer Mißbilligung Ihrerseits ich nichts zu fürchten
-haben würde, indem die sich darbietende Gelegenheit wohl für jeden
-Soldaten zu interessant und wichtig sei, als daß Sie die Teilnahme an
-derselben versagen würden... daß sich Ihre Einwilligung wohl davon
-abhängig fühlen würde, in welcher Stellung sich Preußen zur Pforte beim
-etwaigen Ausbruch des Krieges befinden würde... Der Kaiser hat mich bei
-Zeiten von diesem seinen Anerbieten in Kenntnis gesetzt, damit ich der
-Distance wegen nicht zu spät Ihre Willens-Meinung erführe, wenngleich
-die Kriegs-Deklaration noch nicht erfolgt ist... So liegen Ihrer
-gnädigen Bestimmung zwei wichtige Fragen vor, deren Lösung ich mit
-ungemeiner Ungeduld entgegensehe, da sie von dem höchsten Einfluß auf
-meine ganze Zukunft sein werden. Von Ihrer väterlichen Liebe erwarte
-ich die Entscheidung, die für mein Herz und für meine militärische
-Tätigkeit von gleichem unendlichen Werte sein wird.
-
- Ihr Sie zärtlichst liebender gehorsamer Sohn
-
- Wilhelm.
-
-
- 20. März/1. April.
-
-.... die Ansicht, daß Preußens... Anschluß am trilateralen Vertrag
-gewiß den von Österreich nach sich gezogen haben würde. Wenn Sie sich
-gnädigst erinnern, zu welcher Zeit Ihnen der Kaiser diesen Antrag und
-die Aufforderung demgemäß auf Preußen zu wirken machte, so werden Sie
-finden, daß dies der Moment war, wo die Einigkeit der drei Verbündeten
-auf dem Culminations-Punkt war, Anfang Februar, und es damals also
-wohl sehr begreiflich war, daß der Kaiser diesen Moment benutzt
-wünschte, um Preußen und Österreich sich anschließen zu sehen. Aus
-dieser Zeit-Zusammenstellung glaube ich, dürfte folgen, daß der Kaiser
-Preußens Interesse nicht verkannte.
-
-Preußen wünschte das gemeinsame Handeln der Mächte der großen Alliance;
-in jenem Moment war die größte Wahrscheinlichkeit vorhanden, daß eine
-solche Vereinigung möglich sei. Jetzt ist es ganz anders.
-
-Es ist dem Kaiser leid..., daß Preußen[31] gar nicht mehr an die
-Möglichkeit glaubt, auf Österreich wirken zu können, in einem
-Augenblicke, wie gesagt, wo dieses selbst ernst anfängt zu reden und
-daß Preußen ein solches Zureden für unnütz hält, weil es nicht auf
-eine Macht einwirken zu können glaubt, die mit dem Oriente selbst
-grenzt, während Preußen doch vollkommen damit einverstanden ist, daß
-die Sachen sich im Oriente ändern müssen und dieserhalb mit Österreich
-ganz divergierte, es also nicht aufhören müsse, es von seiner Ansicht
-überzeugen zu wollen. Das feste Halten Preußens an Österreich trotz
-der völlig divergierenden Ansicht im Prinzip begriff der Kaiser zwar
-bisher, wegen des Scheines der großen Alliance; jetzt aber, wo sich
-die Verhältnisse anfangen anders zu gestalten, würde es dem Kaiser
-sehr wehe tun, wenn Sie sich zu denen halten wollten, mit denen Sie im
-Prinzip nicht einverstanden sind, während Sie die aufgeben, mit denen
-Sie übereinstimmend im Prinzipe sind...
-
-[Illustration: Prinzessin Augusta
-
-Miniaturbild von A. Grahl um 1840 im Palais Kaiser Wilhelms I.]
-
-Was der Kaiser von dem ernsthaften Schritte Österreichs erfahren
-hat, ist folgendes: daß es der Pforte erklären will -- nach Rußlands
-Vorschlag und Drängen im Januar --, daß sie durchaus jetzt nachgeben
-müsse, wo nicht, so würde sich auch Österreich den Verbündeten
-anschließen und gemeinschaftlich mit ihnen über dasselbe kriegerisch
-herfallen und habe es zu dem Ende ein Corps in Bereitschaft... Von
-Frankreich hat der Kaiser gestern erneuert die intimsten Versicherungen
-erhalten, mit dem Bemerken, daß es erneuert die dringendsten
-Vorstellungen in London mache, um das Kabinett zur Annahme der
-russischen Proposition zu bringen. Jedenfalls glaubt der Kaiser,
-Frankreichs ganz sicher zu sein, selbst für den Fall, wenn England ganz
-abspringen sollte... Den Kaiser hat diese ganze Vereitelung, wie sie
-jetzt durch Englands Umspringen erzeugt wird, keinen Moment frappiert,
-indem er von jeher vorher sah, daß England im Trüben fischen wollte und
-eigentlich allein handeln wollte und egoistisch, zum Nachteil aller
-anderen handeltreibenden Nationen, in der orientalischen Frage. Die
-Ruhe Europas ist erhalten, sobald England dem Tractat treu bleibt und
-den von Rußland und Frankreich vorgeschlagenen Maßregeln beitritt,
-meint der Kaiser; springt also England jetzt ab, so erzeugt es den
-Krieg und die Unruhe, wahrscheinlich in ganz Europa, wovon es doch
-gerade das Gegenteil will. Der Kaiser sagte mir: Die Verhältnisse,
-die sich in der Türkei gestalten, sind für Rußland zehnmal wichtiger,
-als für alle andern Staaten, die selbst durch ihren Handel mit jenem
-Lande in Verbindung stehen. Diesetwegen habe er müssen eine sehr
-bestimmte Sprache gegen die Pforte gleich bei seinem Regierungsantritte
-führen und die Akkermannschen Unterhandlungen waren die Folge
-davon. Als sich diese Verhandlungen zu seinen Gunsten entschieden
-hätten, habe er nichts weiter wünschen können, denn das seit Jahren
-compromittierte Ansehen Rußlands bei der Pforte und der Einfluß,
-den es doch natürlich stets auf dieselbe auszuüben suchen muß, war
-wiedergewonnen. Aus diesem Grunde hätte er auch nicht nötig gehabt, in
-der griechischen Angelegenheit etwas zu tun, um so weniger, da er...
-gar nicht gesonnen gewesen sei, für sie wohl gar aus Enthusiasmus zu
-handeln. Er hätte also aus diesem Grunde auch nicht nötig gehabt,
-das englische Anerbieten, zu Gunsten der Griechen zu wirken,
-anzunehmen und zu deren Pacificirung die Hand zu bieten, wenn er sich
-nicht hätte sagen müssen, daß sein Zurückweisen dieses Anerbietens
-England nicht gehindert haben würde, seine Vorschläge und Pläne zur
-Veränderung der Dinge im Oriente demnach durchzuführen, welche es,
-alsdann allein handelnd, auch ganz nur zu seinem Vorteile und gewiß
-zum größten Nachteile Rußlands geordnet haben würde. Eroberungs- und
-Aquisitions-Pläne möchten gleichfalls wohl bei England obgewaltet
-haben, wie die Geschichte der Ionischen Inseln beweisen könnte...
-Frankreichs Handels-Interesse verlangte es, daß die orientalischen
-Verhältnisse eine andere Gestaltung gewännen; dieses trat nun also
-auch dieserhalb mit der Sprache hervor. England und Frankreich mußten
-sich also wegen dieser orientalischen Frage begegnen und gewiß auf
-eine unangenehme Art. Da nun also nicht anzunehmen war, daß England
-sich durch Rußlands Refus abhalten lassen würde, seine Absichten im
-Oriente zu verfolgen, wobei ihm noch zu Statten kam, daß die Griechen
-sich ja selbst an dasselbe gewandt hatten, um für sie sich zu
-interessieren, ebensowenig aber anzunehmen war, daß sich Frankreich
-und England gütlich über jene Verhältnisse vergleichen würden, so
-nahm der Kaiser das englische Anerbieten an, um dem egoistischen und
-Allein-Handeln Englands zu begegnen und um ein Zerwürfnis zwischen
-England und Frankreich zu verhindern und um somit also die Ruhe und
-Eintracht in Europa zu erhalten. So entstand das Petersburger Protokoll
-vom 4. April 1826 von Seiten des Kaisers in der Hauptabsicht, Ruhe
-in Europa zu erhalten, durch die Pacificierung Griechenlands seinen
-Handel noch mehr zu sichern und somit sein Ansehen bei der Pforte noch
-mehr zu sichern. Als dies Ansehen durch den Akkermannschen Vertrag
-hergestellt war, erklärte der Kaiser an England, daß er es seinetwegen
-nicht mehr nötig habe, dem Protokoll Folge zu geben, indem er Alles
-erlangt habe zum Besten Rußlands, was er von der Pforte nur verlangen
-könnte. England erwiderte auf die zweimalige derartige Vorstellung,
-daß es seinerseits sich in der Notwendigkeit befände, den Bestimmungen
-des Protokolls durchaus Folge geben zu müssen; dadurch demasquierten
-sich Englands egoistische Absichten immer mehr in den Augen des
-Kaisers und er hielt es für notwendig, dieserhalb schon im gedachten
-Protokoll die Bestimmung ausdrücklich aufzunehmen, daß von keinem Teile
-Eroberungs- oder Acquisitions-Pläne beabsichtigt würden; somit waren
-England freilich in ganz Europa die Hände gebunden, nicht dergleichen
-wahrscheinlich intentionierte verborgene Absichten einseitig ausführen
-zu können. Rußland kostete es nichts, dies Versprechen zu geben, indem
-jede Länder-Vergrößerung für dasselbe ein Nachteil sei. Frankreich trat
-diesen Protokoll-Bestimmungen später bei und verlangte zuerst dessen
-Umwandlung in ein Tractat. So waren also die verschiedenen Interessen
-durch einen Tractat vereint und dadurch die Ruhe und Einigkeit Europas
-gesichert. Diese Verhältnisse konnten also nur gestört werden, wenn
-ein Teil seinen Verpflichtungen ungetreu wurde, d. h. dem gemeinsamen
-Verband sich entzog, um einseitigen Plänen Folge zu geben.
-
-Dies Letztere scheint nun allerdings leider Englands jetziges Benehmen
-sein zu wollen. Wollte es die Pacificierung Griechenlands wirklich,
-so könnte es jetzt keinen Augenblick anstehen, nachdem alle Mittel
-erschöpft sind, mit Gewalt auf die Pforte wirken zu wollen. Da es
-diese Gewalts-Mittel aber gegen seine beiden Alliierten zurückweiset,
-so gehet daraus wohl deutlich hervor, daß es etwas anderes als die
-gemeinschaftliche Pacificierung der Griechen wünscht, nämlich dort
-allein sprechen zu wollen und somit entlarvt es sich selbst.
-
-Englands Plan scheint bestimmt zu sein, sich von dem trilateralen
-Vertrag zurückziehen zu wollen, dieserhalb jedoch mit Frankreich noch
-nicht zu brechen, es sich überhaupt angelegen sein zu lassen, auf
-dem Kontinente Alliierte zu sammeln, wahrscheinlich um Rußland mit
-denselben vereint zu bedrohen und so vom Türkenkriege abzuhalten.
-Dies Suchen von Alliierten dürfte also wohl zunächst auf Preußen und
-Österreich gerichtet sein. Überhaupt kann es Preußen nicht ruhig mit
-ansehen, daß dergleichen Alliancen sich schließen, wie die zwischen
-Österreich und England wäre und sein Verweigern zum Beitritt zu
-derselben dürfte vielleicht selbst dies ganze Projekt hindern und eine
-Aufforderung Preußens an England, den Frieden Europas dadurch nicht zu
-stören, daß es einseitig von einem Vertrage abspringt, während seine
-zwei Mit-Alliierten fest zusammenhalten, von einem Vertrage, an dessen
-Existenz es selbst schuld ist und den es vorschlug und gegen Rußlands
-anfängliche Vorstellungen durchsetzte, eine solche Vorstellung Preußens
-in London, wie gesagt, könne vielleicht noch eine plötzliche Wendung
-erzielen. Wenn eine allgemeine Verwicklung entsteht, so ist daran nur
-der englische Egoismus und die österreichische bisherige Starrheit
-Schuld. Wie traurig.
-
-
- St. Petersburg, 24. März/5. April 1828.
-
-.... die Armee, die zwischen dem 20. und 25. April den Pruth
-überschreitet und die der Kaiser, bevor sie die Donau erreicht,
-einholen will. Jedenfalls will er beim Übergange über die Donau zugegen
-sein. Wo? hat er mir noch nicht gesagt und da ich nur eine Regel
-gemacht habe, den Kaiser nach nichts abzufragen, was er mir nicht
-mitteilen zu wollen zu beabsichtigen scheint, so habe ich darüber, wie
-überhaupt über den ganzen Operationsplan garnichts erfahren.
-
-Mit welcher Ungeduld sehe ich Ihren Bestimmungen über mich entgegen.
-Hier kommt es mir unmöglich vor, daß ich an allem, was ich sich hier
-vorbereiten sehe seit drei Monaten, nicht Teil nehmen sollte und so
-denkt man es sich hier auch allgemein für unmöglich, daß ich nun nicht
-mitgehen werde. Der Kaiser erhielt soeben einen Courir aus Paris, der
-erneut die besten Nachrichten überbrachte und auch aus England die
-Nachricht, daß, wenngleich sich dasselbe nicht mit Rußlands Maßregeln
-in soweit einverstanden erkläre, um sich zur Teilnahme an denselben zu
-verstehen, so würde es jedoch Rußland nicht hindern und aufhalten in
-seinen Absichten auf die Türkei.... Welch’ ein Glück für die allgemeine
-Ruhe Europas, wenn England einsiehet, daß es durch sein falsches
-Benehmen den allgemeinen Krieg im Begriff war anzuzünden ...
-
-Den heute hier erschienenen Friedensschluß in Persien lege ich hier
-bei[32]... wären wir doch erst soweit mit der Türkei.
-
-Die abgebrochene Contre-Revolution in Portugal ist eine merkwürdige
-Sache[33]. England wird da auch etwas ins Gedränge kommen.
-
-
- St. Petersburg, 28. März/9. April 1828.
-
-Aus England sind die letzten Eröffnungen auch günstiger, indem es
-wenigstens erklärt, sich nicht Rußlands Maßregeln opponieren zu wollen.
-Von Österreich fehlt noch immer die seit zwei Monaten erwartete
-Antwort... mit Frankreich ist der Kaiser außerordentlich zufrieden.
-Dagegen können die portugiesischen Geschichten wohl nur sehr unangenehm
-erscheinen. Hätte Don Miguel nur nicht schon in Wien die unglückselige
-Constitution beschworen, so wäre Alles gut. Aber so ist sein Benehmen
-unverzeihlich...
-
-Gestern sind Nachrichten aus Bukarest angekommen, die von dem Einrücken
-eines 6000 Mann starken türkischen Corps in Serbien, von Bosnien
-kommend, Meldung machen. Es sollen große Grausamkeiten vorgefallen
-sein und den Serben annonciert worden, daß eine größere militärische
-Occupation folgen werde und alle Waffen abgeliefert werden sollten.
-Auch sind türkische Truppen in dem kleinen Freistaat Montenegro
-eingerückt. Der Kaiser ist über die Serbische Occupation sehr
-entrüstet, weil dieselbe ganz gegen die Tractate ist und ihm daher nur
-gerechte Waffen gibt, die Pforte nicht länger zu schonen[34]. Aber es
-ist wirklich wahr, Alles vereinigt sich, des Kaisers Politik höher und
-gerechter mit jedem Tag zu stellen. Das ist der Preis und der Lohn für
-Offenheit, Gewandtheit und Festigkeit in der Politik, die dem Kaiser
-nie genug zu danken sein wird.
-
-
- St. Petersburg, den 3./15. April 1828.
-
-.... Der Kaiser hat gestern Depeschen aus London und Berlin erhalten.
-Die ersteren annoncieren ihm officiell, was er schon wußte, daß
-England ihn in nichts hindern will, aber ihn aus dem Vertrag getreten
-betrachtet...
-
-Die verbreitete Nachricht des von der Pforte den Griechen angebotenen
-Waffenstillstandes, um darauf Negotiationen anzuknüpfen, freut den
-Kaiser sehr, wenn es eine gegründete Nachricht ist, indem wegen der
-griechischen Angelegenheit er seine Instruktionen gegeben hat an
-Lieven und mit denen dieserhalb von England vorgeschlagenen Maßregeln
-teilweis einverstanden ist. Doch dies Alles hält ihn keinen Augenblick
-auf, seine eigenen Griefs gegen die Pforte mit gewaffneter Hand zu
-verfolgen. Den 25. April/7. Mai soll die Armee den Pruth überschreiten;
-am selben Tage will der Kaiser von hier abgehen...
-
-Die Kaiserin-Mutter hat mit Einemmale ihrer Tochter die Reise hierher
-abgeschrieben[35], um, da sie nur bis zum August bleiben wollte, ihr
-diese beschwerlichen Reisen nicht so rasch auf einander machen zu
-lassen, da die Großfürstin noch Carlsbad brauchen soll später. Ich sehe
-mit desto größerer Ungeduld Ihrer Antwort entgegen. Der Mensch denkt,
-Gott lenkt, muß ich immer wieder sagen.
-
-
- St. Petersburg, 5./17. April 1828.
-
-.... Ansicht über Preußen, die Sie zur Grundlage der Antwort an den
-Kaiser legen wollen[36]; nämlich die, daß eine Erklärung Preußens an
-die übrigen großen Mächte Europas, daß es mit der russischen Politik
-einverstanden sei und die Rechtmäßigkeit seiner Maßregeln vollkommen
-anerkennt, von dem größten Einfluß auf die übrigen Kabinette in
-diesem Augenblicke sein wird. Die aus dieser offiziellen Erklärung
-entspringende Folge ist eine Eröffnung gegen Rußland, daß es unter
-solchen Umständen auf Preußen in sofern zählen könne, als es etwa in
-der Verfolgung seiner als rechtmäßig anerkannten Maßregeln von irgend
-einer Macht gestützt werden sollte. Dies ist der Wunsch des Kaisers;
-mehr verlangt er nicht... Wenn auf diese Art also Rußland, Frankreich
-und Preußen einverstanden sind, so dürfte sich so leicht wohl keine
-Separat-Alliance in Europa bilden, der nicht diese drei Mächte
-widerstehen würden. Aber gerade durch dieses Zusammenhalten im Prinzip
-der drei genannten Mächte würde es auch andern gar nicht einfallen, ein
-Separat-Bündnis zu schließen. Preußens Stellung kommt mir dabei vor wie
-ein drohender Hund, der nur erst noch warnt.
-
-Heute noch sagte mir der Kaiser beim Abmarsch der Gardejäger-Reserve
-und der magnifiquen Fuß-Artillerie: ~je vous jure devant dieu, que je
-n’aimerais pas mieux que de tenir la même language envers l’Autriche;
-mais ils ne font rien pour gagner ma confiance. Voilà deux mois que
-j’attends une réponse de l’empereur d’Autriche sur une lettre que je
-lui ai écrit deux jours après qu’il me l’avait demandé~...
-
-Schon vor längerer Zeit sagte mir der Kaiser, daß, wenn England
-wirklich ganz abgesprungen wäre, Frankreich aber fest an Rußland
-gehalten hätte, wodurch es sich dem benachbarten England leicht hätte
-exponieren können, so würde er mit Frankreich dieselbe Übereinkunft
-geschlossen haben, welche der selige Kaiser zur Zeit des französischen
-Einfalls in Spanien mit Frankreich schloß, nämlich es gegen Englands
-etwaiges Vorhaben zu schützen, zu welchem Ende der Großfürst Konstantin
-mit seiner Armee zur Disposition Frankreichs gestellt werden würde.
-Ehe ein Gebrauch dieses zur Disposition-Stellen gemacht worden wäre,
-dürften freilich noch manche andere Verhältnisse zur Sprache gekommen
-sein, jedenfalls zeigt es aber, wie sehr der Kaiser diejenigen Staaten
-achtet und seiner Unterstützung wert hält, die gleich ihm eine feste,
-offene, gerade, bestimmte und Treue haltende Politik gehen...
-
-Oft ist mir bei uns schon ein Grauen angekommen, wenn die Armee einmal
-mobil gemacht werden sollte, wegen des Mangels an jeder Vorschrift
-über diese Mobilmachung. Vor 6 Jahren ist jedem Armee-Corps aufgegeben
-worden, einen Mobilmachungs-Plan auszuarbeiten; das ist geschehen
-und man hat natürlich vermutet, daß die Einreichung dieser Arbeiten
-befohlen wurde, um nach diesen von jedem einzelnen Corps aufgestellten
-Ansichten eine allgemeine Bestimmung zu bearbeiten und als Vorschrift
-zu erlassen. Dies ist aber nicht geschehen. So ist also jedes
-Armee-Corps in diesem Moment zwar mit einer Arbeit versehen, nach der
-es isoliert handeln würde, wenn schnell eine Mobilmachung einträte;
-aber eben so viele Corps existieren, eben so viele Verfahrungs-Arten
-wird es auch geben und dies ist unmöglich für das Ganze. Ich habe diese
-Arbeit meines Armee-Corps gleich nach Übernahme des Commandos desselben
-durchstudiert und angefragt, ob die unendlich vielen zur Anfrage
-und Bestimmung angehaltenen Punkte nicht zur Erledigung eingereicht
-werden sollten, aber immer gehört, daß die Einreichung noch nicht
-befohlen wäre. Bei der Wichtigkeit dieses Gegenstandes habe ich mich
-jetzt, wo mir diese Verhältnisse hier so oft vor Augen treten, für
-verpflichtet gehalten, Ihrem gnädigen Ermessen diesen Gegenstand einmal
-in Erinnerung zu bringen...
-
-Es ist heute ein österreichischer Courier angekommen, der aber wiederum
-nicht eine Zeile dem Kaiser überbracht hat, was ihn natürlich sehr
-ungehalten stimmt, wobei er jedoch stets seine Ruhe und Heiterkeit
-behält...
-
-
- St. Petersburg, 11./23. April 1828.
-
-Auf die Aufforderung in Ihrem Schreiben, den vorgeschlagenen Schritt
-noch zu tun, ohne den Marsch seiner Armee dadurch aufzuhalten, will der
-Kaiser jedoch nicht eingehen... Der Grund... sei, daß ja gerade die
-Propositionen, die er im December vorigen Jahres den Alliierten gemacht
-und auf die Sie jetzt wünschten, daß er mit einigen Modificationen
-zurückkäme, namentlich von England nicht angenommen seien, weil von
-einer Unterstützung mit gewaffneter Hand gegen die Pforte zur Annahme
-der Vorschläge die Rede gewesen sei. Jetzt, wo ihn individuelle
-Beleidigungen der Pforte zwingen, die Waffen zu ergreifen, habe er
-ja neuerdings allgemein erklärt, daß er trotzdem die Erreichung der
-Bestimmungen des Londoner Vertrages nicht aus den Augen verliere und
-daher beiden Angelegenheiten ~de front~ gehen würden. Hierin
-glaubt er, würden Sie ungefähr oder eigentlich dasjenige finden, was
-Sie vorschlügen. Daß nun England hierauf erklärt hat, daß es ihm sich
-nicht opponieren werde, aber auch nicht ihn mehr als in der Alliance
-seiend betrachte, dafür könne er nichts und ein erneuter Antrag dieser
-Art wäre ihm daher unmöglich zu machen... Dennoch versuchte ich aus
-Ihrem Briefe an mich dem Kaiser Ihren Antrag nochmals so darzustellen
-und annehmbar zu machen, daß Sie selbst recht wenig auf den glücklichen
-Ausfall dieses Schrittes bei der Pforte rechneten, aber Sie die Annahme
-hauptsächlich darum wünschten, um sein Recht nur noch heller erscheinen
-zu lassen, nachdem alle Versuche gemacht sind, friedlich zum Ziele zu
-gelangen; aber er gab mir wiederum dieselbe Antwort.
-
-Der österreichische Courier... ist doch der Überbringer der
-langersehnten Antwort gewesen, was Graf Zichy jedoch einige Tage
-für sich behalten hat. Das Schreiben... enthält die längst bekannte
-Demarche Österreichs gegen die Pforte wegen des Waffenstillstandes und
-eine Menge Besorgnisse über die inneren Verhältnisse von Frankreich
-und der Halbinsel. Daß Graf Capo d’Istria den Waffenstillstand
-nicht angenommen hat, sondern die Instruktionen der drei ihn
-anerkannthabenden Mächte erwartet, die gewiß negativ sein werden,
-dürften Sie bereits wissen...
-
-
- St. Petersburg, 14./26. April 1828.
-
-Vorgestern erhielt der Kaiser aus London die Anzeige, daß das englische
-Kabinett die Proposition der österreichischen Intervention in der
-orientalischen Angelegenheit gänzlich von der Hand gewiesen habe,
-indem England niemals darauf eingehen könne, die völlige Freiheit
-Griechenlands als mit ~son~ (Englands) ~état physique~ unvereinbar
-anzuerkennen. Da dieser Vorschlag Österreichs, der ja bei der Pforte
-einseitig gemacht war, von den drei alliierten Mächten nicht gut
-geheißen worden ist, so gibt Graf Zichy diesem ganzen Vorschlage
-den Anstrich, als sei er von der Pforte gekommen und von seinem
-Hofe nur als ein Vorschlag mitgeteilt worden... Wie leicht übrigens
-Österreich seine Vorschläge fahren läßt, beweist mir noch mehr die auch
-vorgestern eingegangene Depesche des Grafen Tatischtscheff, die dem
-Kaiser meldet, daß er eine offizielle Unterredung mit Graf Metternich
-gehabt habe, der ihm annoncierte, daß unter den jetzigen Verhältnissen
-auch Österreich sich bewogen fühle, seine Relationen mit der Pforte
-aufzugeben und sich in Gemeinschaft mit Preußen dem trilateralen
-Vertrage anschließen würde... Auf mein Befragen, was er, der Kaiser,
-für einer Meinung sei wegen dieses Vorschlages, erwiderte er, daß ein
-Artikel des trilateralen Vertrages festsetze, daß, wer sich demselben
-anschlösse oder anschließen wolle, nicht zurückgewiesen werden würde...
-Daß Österreich anfing schwankend zu werden, zeigte sich wohl seit drei
-Monaten und namentlich seit der gewissen freimütigen Eröffnung von
-hier aus, die wohl mehr aus dem Leben gegriffen war und mehr Eindruck
-auf’s österreichische Cabinett gemacht hat, als es dasselbe eingestehen
-will... Nach dem jetzigen Benehmen und Vorschlägen Österreichs
-scheint es mir, als wäre eine dergleichen fortgesetzte Einwirkung auf
-dasselbe und namentlich so, wie sie der Kaiser im Februar von Ihnen
-wünschte, doch wohl auch zum Ziele führend gewesen und ich sage es mit
-einigem Stolze, Preußen hätte alsdann den Ruhm gehabt, die Einheit
-herbeizuführen, die es so sehr wünschte, während es jetzt umgekehrt
-geschieht und zwar von einer Macht, die sich das enorme Dementi gibt,
-seine stets vorgeschützten Prinzipien zu verleugnen oder aufzugeben,
-um das Ziel zu erreichen, was ihr früher ganz fremd sein wollte... Was
-England zu all dem sagen wird, ist am merkwürdigsten zu erwarten. Gott
-gebe, daß die Einheit endlich zu Stande kommt. Ob es die Furcht vor
-dieser wahrscheinlichen Einheit Europas ist oder die Concentrierung der
-russischen Armee, um die Grenze zu überschreiten, welche die Türken
-bewogen haben, den Großherrn zu zwingen, in Allem den Forderungen der
-Alliierten nachzugeben, ist jetzt noch nicht zu entscheiden, weil alle
-Details fehlen... Der Beweis würde wenigstens in dem Benehmen der
-Türken liegen, daß die Einheit nicht durch Österreich bisher gestört
-worden wäre und das Ernstmachen der Kriegsdrohung nicht beständig seit
-Jahren gegen Rußlands Forderungen und Vorschläge zurückgewiesen worden
-wäre, wir schon seit sehr langer Zeit zu dem Resultate gelangt sein
-würden, was sich jetzt ergeben zu wollen scheint.
-
-
- St. Petersburg, 24. April/6. Mai 1828.
-
-Durch die erste Ihrer Entscheidungen sehe ich mich nun endlich nach
-einer langen Reihe von Jahren, die voller Bewegung und Unruhe für mein
-Inneres waren, der Aufklärung und Feststellung meiner Zukunft mit der
-Gewißheit entgegen, die wenigstens für jetzt dem Teil gewahrt ist, der
-die Wahl getroffen hat. Die vorläufige Bestimmtheit hängt nun freilich
-noch von der Annahme der Wahl ab. Wie tief mich der Gedanke angriff,
-so weit nunmehr über meine Zukunft aufgeklärt zu sein, braucht keiner
-Worte. Aber die Worte des Dankes gegen Sie, teuerster Vater, kann ich
-nicht unterdrücken, daß Sie durch Ihren Ausspruch meinem Leben eine
-bestimmte Richtung gegeben haben. Wie in jeder Ihrer Bestimmungen, die
-auf mein ganzes Lebensverhältnis Einfluß haben, erkenne ich und erkläre
-ich auch hier wiederum nur Gottes Führung. Die getroffene Wahl war
-gewiß Sein Wille. Und so gehe ich getrost einem Zeitpunkt entgegen, der
-über mein ganzes ferneres Leben entscheidet, wenn die Wahl aufgenommen
-wird, da es einen Gegenstand betrifft, dem ich längst meine ganze
-Achtung gewidmet hatte, und an dessen Erwählung nur der Umstand
-hinderlich war, daß ich nicht leichtsinnig ein so zartes Verhältnis
-sich gestalten sehen wollte als es sein wird, in welchem nunmehr zwei
-Schwestern zu einander zu stehen kommen sollen... Was Ihre zweite
-Entscheidung betrifft, die mir das Beiwohnen der Campagne abschlägt, so
-können Sie leicht denken, daß ich von der Gewißheit, dieses so innig
-gewünschte Projekt aufgeben zu müssen, wie vernichtet war... Sie haben
-diesen Wunsch aus einem Gesichtspunkte abgeschlagen, gegen den ich,
-unter der Gefahr mich persönlich zu hoch oder zu niedrig anzuschlagen
-nichts einwenden kann... Hier, kann ich nicht verhehlen, hat Ihre
-abschlägige Antwort den Eindruck gemacht, als sei sie ein Beweis, daß
-Preußen doch wohl nicht so Rußlands Partei diesen Moment halte, als man
-es hoffte und glaubte... Für meine Persönlichkeit ist es mir sehr wert
-gewesen, daß hier die Freude über die Hoffnung, mich bei der Armee zu
-sehen, ebenso groß war als jetzt die Trauer, daß es nicht sein kann.
-Es mag dies etwas egoistisch und eitel lauten und nur auf diese Gefahr
-durfte ich es aussprechen.
-
- * *
- *
-
-Der obige Brief ist die Antwort des Prinzen auf ein Schreiben seines
-königlichen Vaters aus Potsdam vom 20. April 1828:
-
-Die Hauptgegenstände Deiner Briefe, auf die es ankommt, lassen sich auf
-drei Hauptpunkte reducieren: 1. Deine Verbindungsangelegenheiten, 2.
-die politischen Angelegenheiten, 3. die Campagne-Projekte betreffend.
-
-Was den ersten Punkt betrifft, so habe ich mich darüber oft genug
-ausgesprochen, um alles Gesagte nicht von Neuem wiederholen zu müssen.
-Nach meinem Dafürhalten ist also jetzt leider nur auf Prinzessin
-Augusta Rücksicht zu nehmen. Gern überschickte ich Dir der Prinzessin
-Cäcilie wegen ein schriftliches Gutachten Hufelands, allein er ist
-schleunigst nach Ludwigslust berufen worden, da Alexandrine uns große
-Besorgnis gegeben. Ich hätte sehr gern gesehen, wenn Du womöglich die
-Ankunft der Großfürstin in Petersburg abzuwarten im Stande gewesen
-wärest... Den zweiten Punkt betreffend, muß ich mit Leidwesen bemerken,
-daß von Neuem Mißverständnisse über das, was hier beschlossen worden,
-entstanden sind, die ich zu berichtigen für höchst notwendig halte
-und deshalb beiliegendes ~P. M.~ habe anfertigen lassen. Die
-Nachrichten, die man über die Absichten Österreichs in Petersburg hat,
-stimmen nicht im geringsten mit den unsrigen, denn unter anderem ist
-die Armee noch nicht einmal auf den Friedensfuß complett und statt
-11000 Pferde, die verlangt worden sind, um die Kavallerie-Regimenter
-zu complettieren, hat der Kaiser nur 3000 bewilligt. Die Nachricht der
-200000 Mann, die man ausgehoben haben soll, ist also nur ein leeres
-Gerücht gewesen, denn wie gesagt: noch ist vom Kaiser kein Beschluß
-gefaßt, die Truppen auf den completten Friedensfuß zu setzen. Erst
-gestern erhielt ich von Wien aus diese Auskünfte. Es muß also durchaus
-Leute geben, die, um sich wichtig zu machen, dergleichen Gerüchte
-verbreiten, vielleicht weil sie glauben, sich dadurch angenehm zu
-machen... Nach allen Nachrichten scheint auch der türkische Einfall in
-Serbien wenigstens sehr übertrieben dargestellt, wo nicht gar durch die
-Zeitungen schon widerrufen zu sein.
-
-Nun kommt der dritte und letzte Punkt. Sehr freundschaftlich und gütig
-war es vom Kaiser, Dir den Vorschlag gemacht zu haben, den türkischen
-Feldzug mit ihm zu machen. Daß ich es Dir jedoch nicht bewilligen kann,
-liegt klar zu Tage; die Gründe dazu wirst Du nach einiger Überlegung
-selbst zu finden im Stande sein. Wenn das Vaterland in Gefahr kommt,
-dann ist es Zeit, daß die Prinzen vom Hause mit leuchtendem Beispiel
-vorangehen, bis dahin aber liegen ihnen andere Pflichten ob. Erfahrung
-läßt sich allerdings in einem solchen Feldzuge sammeln und sein Leben
-auf’s Spiel zu setzen, finden sich auch wohl Gelegenheiten. Beides
-steht aber nicht im Gleichgewicht, da die dort zu sammelnde Erfahrung
-gegen jede andere Kriegsmacht wenig Anwendung finden dürfte; ich wäre
-also vor Gott verantwortlich, wenn ich zugäbe, daß Du in einer ganz
-fremden Angelegenheit Dein Leben aufs Spiel setzt.
-
-Demnach also halte ich für passend, daß Du des Kaisers und Charlottens
-Abreise noch in Petersburg abwartest, dann aber Dich unverzüglich
-hierher zurückbegiebst. Ich weiß wohl, daß Dir das nicht gefallen wird,
-allein ich kann und darf nicht anders handeln, als es meine Pflicht
-ist...
-
-
-
-
-Die Brautwerbung.
-
-
- Auf die in Petersburg verbrachten vier Monate folgte im August
- 1828 ein kurzer Aufenthalt in dem Ostseebad Doberan; Varnhagen
- v. Ense weiß zu berichten, daß man unterdessen aus Petersburg
- unter der Hand bei der Prinzessin Marie anfragte, wie sie sich
- zu einer Heirat ihrer jüngeren Schwester mit dem älteren Bruder
- ihres Gatten stellen würde; man erhielt am russischen Hofe darüber
- wohl eine beruhigende Antwort; so sehr aber die Heirat des Prinzen
- Wilhelm nun auch entschieden war, „so hielt man dies doch noch ganz
- geheim“, ja im Juni schien sie dem klatschsüchtigen, aber trefflich
- unterrichteten Beobachter „noch keineswegs in Richtigkeit; man tut
- auf der russisch-weimarischen Seite sehr kostbar und der Prinz ist
- eben auch nicht sehr eifrig“. Dieser traf am 11. September in Wien
- ein, um dort den Manövern beizuwohnen; militärische Interessen und
- die Schilderung höfisch-gesellschaftlicher Interessen stehen in
- den Briefen der nächsten Wochen im Mittelpunkt; am 11. November
- reiste er wieder ab, um, ohne Berlin zu berühren, über Prag und
- Teplitz nach Weimar zu gehen. Denn von dort war nun der auch für
- seine Zukunft entscheidende Schritt erfolgt: man erwartete ihn als
- Brautwerber.
-
- Schon 1823 hatte von Augusta v. Weimar Goethe in Marienbad
- geäußert, daß sie „ein ganz liebenswürdiges und originelles
- Geschöpf sei, das schon jetzt ganz seine eigentümlichen Gedanken
- und Einfälle habe“, und als sie verlobt war, rühmte er „ihren
- hellen Verstand, ihre hohe Bildung, ihr reiches Wissen: sie hat
- etwas gelernt, sie kann schon mitsprechen in der Welt“. Dieses
- Urteil des geistigen Hofes von Weimar wird durch eine Äußerung
- Wilhelm v. Humboldts bestätigt und ergänzt, der 1827 an den
- preußischen Minister v. Stein schrieb: „Prinzessin Augusta soll
- schon in früher, kaum der Kindheit entgangener Jugend einen
- festen und selbständigen Charakter haben. Ihr lebendiger und
- durchdringender Geist spricht aus ihrem Blick; ihre Züge sind im
- höchsten Grade bedeutungsvoll und ihre ganze Gestalt wird sich --
- wenn sie nicht ein wenig zu stark ist --, in einigen Jahren gewiß
- noch schöner als sie jetzt schon erscheint, entwickeln.“
-
-
- Wien, den 26. September 1828.
-
-Mit etwas ruhigerem Herzen kann ich Ihnen heute Mitteilung über
-die mich am wichtigsten und meisten interessierende Angelegenheit
-machen[37]. Ich erhielt nämlich gestern einen Brief vom Großherzog von
-Weimar, der mir sehr herzlich und freundschaftlich auf den meinigen
-antwortet. Und wenn freilich die Hauptperson noch nicht geredet hat,
-so bin ich doch schon zufrieden, daß der Vater sich beistimmend
-ausspricht, indem er schreibt: „Eben so offen wie Sie verehrtester
-Prinz, mit mir reden, gestehe ich Ihnen, daß ich nicht +Nein+
-sagen werde, wenn meine Tochter +das Ja+, bezüglich auf Sie
-ausspricht, welches Sie, gnädigster Herr, nicht ungern hören werden.
-Augusta sah Ew. Kgl. Hoheit freilich nur als erstere gleichsam noch ein
-Kind war; jetzt muß meine Tochter Sie, verehrtester Prinz, mit anderen
-Augen betrachten; es ist daher ratsam, daß man sich wiedersehe und
-spreche. Ich brauche wohl nicht hinzuzusetzen, daß Sie, lieber gnädiger
-Herr, uns in jeder Hinsicht sehr willkommen sein werden.“
-
-Der Nachsatz enthält also auch zugleich die Weisung, was gewünscht wird
-und die stillschweigende Antwort auf meine Demarsche bei Prinzessin
-Augusta selbst. Leider ist es aber nicht mehr möglich, über Berlin bis
-zum 30. September in Weimar zu sein. Außerdem fehlt mir auch noch eine
-Antwort von der Groß-Fürstin, die ich wohl jedenfalls abwarten muß, ehe
-ich nach Weimar reise...
-
-
- Weimar, den 14. Oktober 1828.
-
-Meinem Reiseplan gemäß bin ich am 12. glücklich hier angelangt, aber
-nicht, wie ich hoffte, um Mittag, sondern erst Abends 7 Uhr, indem
-ich beim Passieren des Erzgebirges von einem so ungeheueren Gewitter
-mit rasendem Sturm und Regengüssen überfallen ward, daß, wenngleich
-ich die Reise ununterbrochen fortsetzte, doch nur fast im Schritt
-fahren konnte, da die Nacht über alle Maßen dunkel war. So machte ich
-die 22 Meilen von Teplitz[38] bis Leipzig in 22 Stunden und mußte,
-um noch zur Soiree wenigstens hier zu sein, ohne zu dinieren bis
-hier fahren. Ich gestehe es, ich kam etwas matt an und die Erwartung
-eines solchen Wiedersehens, das meiner hier wartete, war auch nicht
-gemacht, meine Kräfte zu stählen. Karl[39] war mir bis Eckartsberga[40]
-entgegengekommen und fachte meine matten Lebensgeister wenigstens durch
-gute Aussichten hier auf. Ich machte in Eckartsberga halbe und hier
-ganze Toilette und erschien dann bei der verwitweten Großherzogin[41],
-wo, wie alle Sonntage, große Soiree war. Die Herrschaften empfingen
-mich sehr gnädig und zuvorkommend. Marie hatte aber glücklicher Weise
-sich mit ihrer Schwester und einer Gräfin Gourief in dem letzten
-Salon etabliert, sodaß ich dort also ohne viele Zeugen das erste
-Wiedersehen hatte. Daß dasselbe zwar mit starkem Herzklopfen, sonst
-aber mit allen den Formen geschah, als sei nichts im Werke, versteht
-sich. Prinzessin Augusta, die ich embelliert finde, empfing mich mit
-großer Herzlichkeit, wie ich es immer an ihr gewohnt war. Sie jetzt
-noch mit ganz anderen Augen betrachtend als früher, kann ich mir nur
-stets Glück wünschen, daß die Wahl auf sie fiel. Ihr Verstand, Geist,
-ihre Herzlichkeit und Herzensgüte spricht sich bei jeder Gelegenheit
-aus. Und ich möchte der Bemerkung gern Raum geben, als dürfte ich mir
-Hoffnung machen, mit glücklichem Erfolge einst hier abzugehen. Freilich
-konnte bis jetzt zwischen uns noch nicht viel verhandelt werden, was
-uns sehr viel näher in der zu erzielenden Beziehung gebracht hätte,
-denn dazu ist uns noch nicht Marge gegeben worden, aber Anspielungen
-konnte ich doch fallen lassen, die freilich nur mit starkem Erröten und
-embarassiertem Ausweichen beantwortet wurden.
-
-Ich wünsche jetzt nur, bald klar über meine Zukunft zu sehen. Die
-Großfürstin sagte darauf, daß sie ihrer Tochter ganz freien Willen
-in ihrem Entschluß ließe; ihr einstiges Verhältnis zu Marie sei so
-delicat, daß sie nur eine wirkliche Neigung dasselbe überschreiten
-machen könne. Daher müsse eine genaue Bekanntschaft vorausgehen und
-Sie würden mir gewiß alle Zeit bewilligen hier zu bleiben, um dieselbe
-machen zu können. Ich bemerkte darauf, daß, was mich beträfe, eine
-nähere Bekanntschaft zu machen wohl nicht nötig sei, da ich mit Bedacht
-und Überzeugung, glücklich zu werden, die Hand der Princeß gefordert
-habe; doch, da mir vor allem daran liegen müsse, daß die Prinzessin
-mich aus ebenfalls eigener Überzeugung wähle, so würde ich abwarten,
-bis ich Ihren Beschluß darüber vernehmen würde. Da bis gestern mir
-jedoch auf keinerlei Weise Gelegenheit geboten ward, die Prinzessin zu
-sprechen anders als in großem Cerkel, so ließ ich darüber mein Bedauern
-durch Karl und Marie aussprechen, was denn zur Folge gehabt, daß ich
-jetzt eine Entrevue haben soll... Ich hoffe zu Gott, daß ich nach
-diesem Gespräch etwas klarer über die Ansichten der Prinzessin Augusta
-werde urteilen können als bisher, wo alles nur auf Mutmaßungen und
-Beobachtungen basiert ist.
-
-Die Morgende verstreichen hier stets mit Jagden, von denen ich
-vergeblich bisher wegen einer Entrevue zurückbleiben zu dürfen bat.
-
- Ihr Sie zärtlichst liebender Sohn
-
- Wilhelm.
-
-
- Weimar, den 20. Oktober 1828.
-
-Von hier und meinen hiesigen Verhältnissen kann ich Ihnen die besten
-Nachrichten geben, wenngleich ich noch nichts officielles mitteilen
-kann, indem von oben herab man noch schweigt. Aber in den unteren
-Haupt-Regionen ist es nicht mehr so stumm geblieben und dies ist
-allerdings die Hauptsache. Da ich nach einigen Tagen Aufenthalt hier
-bemerkte und nach den Äußerungen der Großfürstin es vielleicht mit
-Bestimmtheit ersah, daß sie wünschte, die Sache wenigstens nicht zu
-übereilen, wenn nicht auf die lange Bank zu schieben, dem ich mich
-ruhig unterworfen haben würde, wenn ich bemerkt hätte, daß Prinzessin
-Augusta mit dieser Hinausschiebung aus Unentschlossenheit einverstanden
-war, ich dies Letztere von der Prinzessin keineswegs gewahr ward,
-sondern mir aus hingeworfenen und sehr gut aufgenommenen und wohl
-verstandenen Worten die Überzeugung wurde, daß ich Alles zu hoffen
-hätte, so beschloß ich meinen Angriff direkt zu machen. So kam es denn,
-daß ich am 16. Abends nach dem Souper allein im Salon stand mit ihr,
-ihren zerbrochenen Eventail[42] in der Hand haltend; sie verlangte
-denselben zurück und indem ich ihr denselben hinhielt, legte ich meine
-Hand in die ihrige, sie fragend: wollen Sie diese behalten? Sie verlor
-fast alle Contenance vor Rührung, reichte mir aber gleich darauf die
-Hand hin und dieser Händedruck und ihr Blick sprachen Alles aus, was
-ihr Mund nicht auszusprechen vermögend war. Sie können denken, wie
-glücklich ich war und daß die Nacht ziemlich schlaflos dahinstrich.
-Den ganzen anderen Tag ließ ich ruhig vorübergehen, um die Prinzessin
-nicht in Verlegenheit zu setzen und nur einzelne Anspielungen erlaubte
-ich mir. Den 16. erfuhr ich dann von ihr, daß sie der Großfürstin von
-jener Scene gesprochen habe. Natürlich wollte ich nun gern auch mit
-dieser sprechen, aber doch abwarten, ob sie nicht zuerst mir ihrer
-Tochter Antwort sagen würde, die sie mir mitzuteilen gleich in der
-ersten Unterredung versprach, als ich ihr sagte, daß ich dieselbe
-ruhig erwarten würde. Da dies aber gestern, am 19., nicht geschah,
-so erfragte ich durch Prinzessin Augusta, ob ich heute kommen könnte
-und soeben brachte mir Mary die Antwort, daß ich morgen früh erst zur
-Groß-Fürstin kommen solle und ließ sie dabei fallen, als wünsche man
-die Entscheidung bis zum 26.[43], dem Geburtstag der Kaiserin-Mutter,
-hinauszuschieben. Das würde mich nun gar nicht arrangieren, weil ich,
-wie Sie sehen, mit der Prinzessin so ziemlich im Klaren bin, diese 8
-Tage also noch als eine Comödie verstreichen müssen.
-
-Nach dem Vorgefallenen sehen Sie, daß ich das Ja-Wort der Prinzeß
-eigentlich bereits habe. Ich glaube mit Zuversicht Ihnen sagen zu
-können, teuerster Vater, daß ich Ihnen eine Tochter zuführe, mit der
-Sie zufrieden sein, die Ihnen ihre ganze Liebe schenken wird und der
-Sie gewiß die Ihrige dann nicht versagen werden. Es ist nicht gut, zu
-viel Gutes im Voraus weder über innere noch äußere Vorzüge zu sagen;
-mein Urteil über die letzteren kennen Sie bereits und ich glaube
-aussprechen zu können, daß die inneren die äußeren übertreffen. Sie
-werden sich leicht denken können, in welcher Stimmung ich mich befinde,
-in diesen entscheidenden Tagen, in denen ich mein bisher so bewegtes
-Leben sich einem sicheren, frohen Ziele sich nähern sehe. Gott schenke
-mir in Gnaden die Erfüllung der Absichten, zu denen ich mich jetzt
-berechtigt sehe.
-
-
- Weimar, den 25. Oktober 1828.
-
-Kaum weiß ich die Feder zu führen, um Ihnen endlich zu melden, daß der
-geheimnisvolle Schleier von dem Verhältnis aufgezogen ist, welches sich
-seiner Entscheidung näherte oder eigentlich im Factum schon entschieden
-war.
-
-Heute, ~à la veille~ des Geburtstages der Kaiserin-Mutter, war
-dazu ausersehen, um im Familienkreise mir das Ja-Wort der Prinzessin
-Augusta förmlich zu geben! Die Familie war dazu um 11 Uhr bei der
-Großfürstin versammelt; die Großfürstin empfing mich im Neben-Zimmer,
-wohin mich der Großherzog geleitet hatte und umarmten mich beide
-dort zum Erstenmale als zu ihnen gehörig; sie führten mich nun zu
-den Übrigen, legten unsere Hände in einander, worauf ich Augusten
-in die Arme sank, freilich, ohne ein Wort sprechen zu können!!! Die
-Großherzogin umarmte mich mit einer Herzlichkeit und Innigkeit und
-solcher Rührung, daß ich fast alle Fassung verlor; so waren denn auch
-Mary und Carl von einer Herzlichkeit und von einem so tiefen Gefühl,
-daß ich nie, niemals diese Scene schon wegen Aller Teilnahme vergessen
-werde, wenn nicht sie es wäre, welche mein Lebensglück mir sichert!
-Ja! dies kann ich mit aller Überzeugung aussprechen, denn ich habe
-Augusten in diesen Tagen so ganz kennen gelernt und gesehen, daß ich
-mich nicht einen Moment in ihr getäuscht habe und sie von jeher richtig
-beurteilte. Ich preise Gott, der mir in seiner Gnade dies Glück nach so
-manchem Sturm zu Teil werden läßt und kann nur zu ihm flehen, daß er
-mich würdig erhalte, dies Glück zu genießen und der Prinzeß das Glück
-zu bereiten, was mein einziges Streben von nun an sein wird!
-
-Ihr Segen und der der teueren, unvergeßlichen Mutter wird mir nahe
-sein, jetzt und immerdar, wenn ich mich dessen würdig zeige! Dazu gebe
-Gott mir die Kraft!
-
-Seit meinem letzten Briefe an Sie hatte ich die Unterredungen mit den
-zwei Eltern und der Großmutter. Ich kann nicht genug rühmen und loben,
-wie sehr sämtliche Herrschaften mich mit Gnade und Barmherzigkeit
-empfingen bei diesem entscheidenden Schritte. Da die Großfürstin sehr
-wünschte, den heutigen Tag abzuwarten, so konnte ich nach einigem
-Sträuben doch nichts dagegen einwenden, und ich gab nach.
-
-Wie unendlich gut und liebevoll Augusta in diesen Tagen für mich war
-und wie ich nun heute seit dem entscheidenden Moment so ganz ihre
-Liebe zu mir erkannt habe, vermag ich nicht zu schildern. Ich verstehe
-mich manchmal selbst nicht, denn so wenig bin ich gewohnt, ein Glück
-festzuhalten und zu besitzen. Die ersten Worte, die mir Augusta heute
-sagte, zeigten mir eine Tiefe des Gefühls, die sie mir über Alles teuer
-macht; sie sagte: Möchte ich Ihnen doch jemals +die+ ersetzen
-können, die ich ersetzen soll! Zweimal wiederholte sie diese Worte!
-Mehr vermag ich nicht zu sagen!
-
-Sie werden mir wohl erlauben, nun noch 8 bis 10 Tage hier zu
-bleiben; den Oberst von Lützow sende ich aber nach Berlin mit dieser
-Freuden-Post, zugleich, weil er meine Geschäfte endlich übernehmen muß.
-Sie erlauben doch gewiß auch an Karl und Mary nun noch einige Tage über
-Urlaub zu bleiben, da der erteilte vierwöchentliche Urlaub das heutige
-schöne Ereignis nicht voraussah.
-
-Die Briefe für Petersburg hat der Oberst Lützow und Sie haben wohl die
-Gnade, wie bei Karls Versprechung einen Feldjäger mit denselben an die
-Kaiserin-Mutter zu senden[44]. Den Brief für den Großfürsten Konstantin
-werde ich morgen nachsenden. Die Großfürstin wünscht, daß bis zur
-Antwort von der Kaiserin-Mutter Alles noch in Nebel gehüllt bleibe; ich
-soll es Ihnen ausdrücklich als ihren Wunsch mitteilen. Die Antwort aus
-Warna[45] wird aber wohl nicht abzuwarten nötig sein. Gott sei Dank,
-daß Warna über ist. Das war eine Freude und ein Jubel gestern, als
-ich beim Diner die Estafette mit dieser Nachricht erhielt. Also heute
-lauter Freude und Frohsinn.
-
-Ich umarme Sie in Gedanken, teuerster Vater, und bitte, der Fürstin
-mich mit meinem Glück zu Füßen zu legen. Sie wird die Namens-Schwester
-gewiß freundlich empfangen. Ihren Segen anflehend
-
- Ihr Sie zärtlichst liebender Sohn
-
- Wilhelm.
-
-
- Weimar, den 31. Oktober 1828.
-
-.... Vor allem war Augusta so gerührt, über Ihre gnädigen Ausdrücke
-und Bestellungen[46], daß sie kaum die Bestellung dafür an Sie mir
-auftragen konnte, die jedoch dahin zuletzt lautete: daß sie eigentlich
-keine Worte in solchem Augenblicke für Sie finden könne, daß sie zu
-gerührt und beschämt über Ihre Gnade sei und sich so glücklich fühle,
-Ihnen von nun an näher anzugehören und daß sie nur wünsche, auch in
-der Folge Ihre Gnade und Liebe zu verdienen. Daß sie sich derselben
-würdig zeigen wird, kann ich täglich mit mehr Überlegung aussprechen,
-denn täglich gewinnt Augusta mehr in meinen Augen, in meiner Liebe und
-Achtung. Doch ich mag ihr Lob nicht zu hoch im Voraus spannen, um sie
-nicht in der Wirklichkeit hinter demselben zurückbleiben zu sehen...
-
-Wie haben wir uns gefreut über die Rückkehr Nicolaus’ nach Petersburg;
-welche enorme Freude wird es gewesen sein. Gott sei gepriesen, daß
-die Campagne doch noch so endigte; denn die letzten Momente waren gar
-sehr beängstigend. Hoffentlich wird ~le grand Turc~ nun im Winter
-~traitable~ werden.
-
-
- Weimar, 11. November 1828.
-
-Ich kann Ihnen gar nicht sagen, wie auffallend es mir oft ist, in
-welchem Grade unsere Ansichten über fast alle Lebens-Verhältnisse und
-überhaupt über alle Gegenstände, die wir besprechen, zusammentreffen
-und übereinstimmen und wie dennoch Augusta Alles von demselben
-Gesichtspunkte aus ansieht wie ich. Wie sehr dadurch unser
-gegenseitiges Vertrauen wächst, läßt sich ermessen und wie froh wir
-zusammen einer glücklichen Zukunft entgegen sehen. Oft sagt man: die
-verschiedensten Charaktere geben die besten Ehen; ich denke aber, wir
-wollen beweisen, daß auch übereinstimmende es recht gut zusammen haben
-können.
-
-Vorgestern hat die Großfürstin die Unterredung mit mir auf den
-Zeitpunkt der Vermählung gebracht und gleich damit angefangen zu sagen:
-~nous en sommes pas du tout empressés de marier notre fille~. Ich
-erwiderte, daß in dem Grade, wie man es hier vielleicht nicht sei, man
-es gerade bei uns im Gegenteil sei; doch ich müßte bitten, zu sagen,
-was für einen Termin man sich hier denke. Gegen Ende des Sommers,
-Anfang August, war die Antwort. Ich erwiderte, daß Ihre Ansichten
-und meine Wünsche darin nicht sehr abwichen, indem wir den Monat Mai
-wünschten, es also vielleicht nur auf einen Unterschied von zwei
-Monaten ankäme; doch müßte dieser Unterschied nach unseren Ansichten
-ausgeglichen werden, indem der Sommer und namentlich der August eine
-Periode sei, wo ein Beilager in Berlin gar nicht mit dem nötigen
-Glanze, der doch zu solchen Dingen gehöre und den ich durchaus wünschen
-müßte, begangen werden könne. Darauf meinte die Großfürstin: dann
-könnte man ja die Vermählung hier begehen. Dagegen opponierte ich auf
-das allerbestimmteste, ausführend, daß dies bei keinem Ihrer Söhne der
-Fall gewesen sei, daß alle meine Verhältnisse und Interessen zu innig
-mit der Idee, meine Vermählung in Berlin begangen zu sehen, vereint
-seien, daß ich nie davon abgehen würde. Die Großfürstin sagte darauf,
-daß, wenn man ihr alle Wünsche abschlüge, sie ihrerseits gewiß in dem
-des Termines nicht nachgeben werde, denn es sei ihre letzte Tochter
-und die wäre sie gar nicht expressiert zu verlieren, auch könnte das
-Trousseau nicht fertig werden, ~etc.~ Ich entgegnete, daß Sie
-gewiß nachgeben würden über den Punkt des Termines, wenn Ihnen Gründe
-vorgeführt würden, die haltbar seien; die bisher angeführten seien es
-in meinen Augen keineswegs und würden es auch in den Ihrigen nicht
-sein, um so mehr, da, wenn der Mai nicht bestimmt werde zur Vermählung,
-dieselbe bis zum November, December aufgeschoben bleibe, weil die
-Manöver bis zum Oktober dauerten, die Sie einen Teil des Septembers
-am Rhein beschäftigten, und dann auch Berlin bis zum December nicht
-so gefüllt sei, um den gehörigen Glanz den Festlichkeiten zu geben.
-Da meinte die Großfürstin, das sei um so besser, um so länger behalte
-sie ihre Tochter, worauf ich aber entgegnete: um so schlimmer, denn
-um so länger entbehrte ich ihre Tochter, und ich sei alt genug
-geworden, um keinen langen Aufschub mehr erdulden zu wollen, um so
-mehr, da auch Karl und Marie nur vom November bis Mai versprochen
-gewesen wären und Karl doch damals nur 25 Jahre alt war. Kurzum, Jeder
-blieb bei seiner Meinung und ich endigte damit, daß ich durch den
-intentionierten Aufschub auch noch die Unannehmlichkeit hätte, nicht
-einmal häufiger Besuche hier machen zu können, indem ich es mit meiner
-Pflicht nicht vereinbaren könnte, noch ein zweites Jahr so lange von
-meinem Wirkungskreise entfernt zu sein, wie in diesem Jahre, indem die
-Geschäfte nur zu sehr darunter litten, wenn man sie so lange anderen
-Händen anvertrauen müßte.
-
-Ein ebenso streitiger Punkt war der des Termines der Verlobung. Die
-Großfürstin will ihn nach Neu-Jahr, weil da die halbe Trauer um ist und
-man auf einige Tage farbige Kleider und Diamanten usw. anziehen könnte,
-Conzerte geben ect. Ich versicherte, daß, da die Verlobung doch nur
-eine Ceremonie sei, ich nicht darauf halte, daß alle jene Dinge dabei
-sich zutrügen, ich aber durch den gewünschten Termin verhindert würde,
-früher wiederzukommen, indem ich gehofft hätte, nach Karls Beispiel,
-gleich nach den Petersburger Antworten verlobt zu werden, also etwa zu
-Weihnachten; denn daß ich noch einmal herkäme, ohne verlobt zu werden,
-würde ich natürlich und ganz gewiß nicht tun. Es hinge also nur davon
-ab, ob ich in 4 Wochen oder in 2 Monaten wiederkommen sollte. Ich werde
-nun noch mit dem Großherzoge vor meiner Abreise über Alles sprechen und
-mündlich die Resultate berichten...
-
-Der Fürstin lege ich mich zu Füßen. Seien Sie versichert, daß wir
-gewiß Alle täglich Gott danken und preisen für das Glück und die
-Zufriedenheit, die Sie in Ihrem Besitz finden und wir mit Ihnen. Möge
-es Ihnen lange, lange erhalten werden.
-
- Ihr Sie zärtlichst liebender Sohn
-
- Wilhelm.
-
-
- Weimar, den 12. November 1828.
-
-Ach! Sie können sich denken, in welchem Zustande wir hier sind. Nein,
-wie war es denkbar, daß diese teuere Kaiserin[47], die so noch in
-der Kraft und Fülle der Gesundheit dazustehen schien, so bald uns
-entrissen werden würde. Ich betrauere in ihr ein Herz, das mir während
-11 Jahren mit mütterlicher, wahrhaft mütterlicher Liebe zugetan war und
-das sich gerade jetzt diesen Namen mit Recht erringen sollte. O wie
-rührend ist sie noch in ihren letzten Stunden mit meiner Augusta und
-mir beschäftigt gewesen. Ich kann es nicht verschmerzen, daß sie nicht
-mehr die Kunde erhielt, daß Alles am Ziel sei...
-
-
- Weimar den 22. November 1828.
-
-.... Sonst hat die Großfürstin sehr viel Fassung dies Mal gezeigt ...
-hauptsächlich sagt sie immer, daß ihr der Anblick meines Verhältnisses
-zu Augusta Ruhe und Frieden wiedergäbe. Sie ist gegen mich von
-unendlicher Liebe und Herzlichkeit, denn sie sieht mich wie ein
-Vermächtnis der Kaiserin an, die mich viel mehr kannte als sie bisher
-und ihr immer so gnädig und liebevoll von mir gesprochen hat...
-
-Wie mir bangt, Sie nach Allem wiederzusehen und zu umarmen, können Sie
-sich denken. Auf 14 Tage nahm ich von Ihnen Abschied und nun bin ich im
-dritten Monat schon abwesend.
-
-Wegen des Wiederkommens[48] wird gegenseitig die Zeit zu Weihnachten
-gewünscht, wo Sie mir vielleicht erlauben, auf 8-10 Tage herzugehen.
-Die Zeit der Verlobung ist hier noch unschlüssig, teils zum 30. Januar
-als dem Geburtstag der alten Großherzogin, teils zum 15. Februar als
-dem Geburtstag der Großfürstin gewünscht, weil dann auch die Hälfte
-der neuen Trauer um ist. Ich hätte nicht gewünscht, vor der Verlobung
-wieder herzukommen; doch bei der nun eingetretenen Verzögerung muß ich
-diesen Plan wohl aufgeben, um so mehr, weil die Verzögerung jetzt einen
-anzuerkennenden Grund hat, der früher, in meinen Augen, mangelte...
-Auch habe ich der Großfürstin gesagt, daß ich vermutete, daß nunmehr
-bei uns wenigstens kein Geheimnis mehr aus meiner Versprechung gemacht
-werden würde, da keine Antwort mehr, leider, abzuwarten sei.
-
-
- Weimar, den 8. Januar 1829.
-
-.... Es scheint ja am politischen Himmel ganz einig mit einem Male
-auszusehen, in Beziehung auf Griechenland, indem Rußland, Frankreich
-und England jenes Land als unabhängig gegen die Pforte erklärt haben
-sollen und daß jeder Schritt von Seiten der Türkei, durch gewaffnete
-Hand diese Unabhängigkeit anzutasten als ein Angriff auf die drei
-führenden Mächte betrachtet werden würde. Da dies ganz und gar die
-Ansicht ist, welche der Kaiser von Österreich und noch mehr Fürst
-Metternich mir aussprach und es auch wohl die Ihrige gewiß ist, so wäre
-also in dieser Beziehung eine völlige Einheit der Ansicht eingetreten,
-wenn nicht Österreich seit den zwei Monaten wieder umgesattelt hat[49].
-
-
- Berlin, den 5. Februar 1829.
-
-Gestern Abend habe ich die Einlage als Antwort der Großfürstin auf
-meinen Brief erhalten, in welchem ich ihr in Ihrem Auftrage von dem
-Zeit-Punkt meiner Vermählung sprach. Daß diese Antwort nicht gleich
-günstig ausfallen würde, konnte ich wohl vermuten. Daß sie aber so
-abgefaßt sein würde, wie Sie sehen werden, mußte ich weit entfernt
-sein zu erwarten, da sie in Ausdrücken und einem Tone geschrieben ist,
-die ich noch niemals gehört habe. Zum Glück habe ich eine Abschrift
-der gedachten Stelle meines Briefes behalten, welche ich hier beifüge,
-um Ihrem eignen Urteile es zu überlassen, ob eine solche Antwort zu
-erwarten war und jemals zu billigen ist.
-
-.... ich bemerke, daß jene einzige Conversation, welche ich mit der
-Großfürstin über den Vermählungs-Termin hatte, gar nicht oberflächlich
-und unvollständig war, denn wir hatten eine Stunde conferiert, als wir
-unterbrochen wurden; aber Alles war ~de part et d’autre~ völlig
-durchgesprochen, wie ich es Ihnen damals schrieb.
-
-Daß ich neulich nicht wieder von dem Gegenstande sprach, war bei der
-erneuten Trauer sehr begreiflich. Und jetzt, wo also ein Austausch
-der Ansichten eingeleitet wird, erhalte ich diese Antwort, die mir
-vorwirft, im vernichtenden Tone geschrieben zu haben und die Pretension
-aufstellt, daß Sie hätten selbst schreiben müssen...
-
-
- Weimar, den 16. Februar 1829.
-
-Schon in Wittenberg hatte ich eine Antwort der Großfürstin auf meinen
-Brief erhalten, die ich beilege, und also Frieden geschlossen war.
-Den fand ich also auch durch die Art meines Empfanges als etabliert
-bestätigt und so störte nichts die Freude des Wiedersehens.
-
-Ich habe gestern meiner Prinzeß das Brautgeschenk, die Perlen,
-überreicht, die sehr gütig von Allen aufgenommen wurden. Heute übergab
-die Groß-Fürstin an Augusta ihr Braut-Geschenk, in einem Kamm und
-Collier von Rubis balais bestehend, ganz superbe.
-
-Um Mitternacht. Die Verlobung ist vorüber und ich dadurch um einen
-bedeutenden und wichtigen Schritt näher dem so lang ersehnten Ziel.
-Gott wolle mir stets die Zukunft so heiter und zufrieden gestalten, als
-sie mir jetzt leuchtet und wie es die Gegenwart ist. Dies ist Alles
-sagen, was ich vermag, indem es ja alles sagt, was ich über Augustens
-Eigenschaften aussprechen kann. Die wichtigen Momente im Leben weiß
-sie gerade auf eine so schöne und hohe Art zu nehmen und mit mir zu
-besprechen, daß sie mir täglich edler und besser erscheint. Zu Gott
-flehe ich, daß er sie mir so erhalte und mich ihr würdig.
-
- Ewig ihr gehorsamer Sohn
-
- Wilhelm.
-
-
- Weimar, den 1. März 1829.
-
-Ihre Wünsche sowie die meinigen sind hinsichtlich des Termines und
-Ortes glücklich erreicht... ich habe mich mit der Großfürstin vor
-mehreren Tagen völlig über Alles ausgesprochen, Vergangenes und
-Zukünftiges; über das Vergangene sagt sie, sei Friede geschlossen
-durch die gegenseitig zuletzt gewechselten Briefe. Über die Zukunft,
-d. h. Termin und Ort der Vermählung[50], erklärte ich, daß ich Ihnen
-Alles übergeben hätte, seitdem Sie die Gnade gehabt hätten, auf jenen
-Brief der Großfürstin an mich zu antworten, ich also ganz nach Ihren
-Ansichten handeln würde und gleich Ihnen ruhig der Entscheidung
-entgegen sähe. Schon in dieser Unterredung merkte ich, daß sie
-entschlossen war, in Alles einzuwilligen, daß aber, wie sie damals
-sagte Mühe haben würde, den Großherzog zu disponieren.
-
-
- Weimar, den 10. März 1829.
-
-Gerade in +diesem+ Jahre den heutigen[51] Tag entfernt von
-Ihnen und dem teueren Ort zu begehen, der uns in der Mittagstunde
-zusammenführt, können Sie leicht denken, ist mir eine unendlich
-schmerzliche Entbehrung. Denn wie viel umfassend müßte heute wohl
-ein Gebet sein, daß an jener Stelle nur um so inbrünstiger und
-bedeutungsvoller gewesen sein würde. Ich habe +ihren+ Segen
-erfleht auf Alles, was in diesem Jahre mich so entscheidend treffen
-soll. Wäre +sie+ noch unter uns, so hoffe ich, würde sie mit der
-getroffenen Wahl zufrieden gewesen sein und die neue Tochter geliebt
-haben. An dem heutigen bedeutungsvollen Tag muß ich Ihnen also Augusta
-von Neuem empfehlen und Ihnen allein, da keine Mutter sie bei uns
-empfängt, deren Segen aber immer unter uns bleiben wird und so sich
-auch auf Augusten ausbreiten wird...
-
-Die Mitteilungen kürzlich über unsern Finanz-Zustand haben allgemeines
-Interesse erregt, da sie den Flor desselben ankündigen. Mir, als
-Militär, ist dabei natürlich die ersparte Summe von 600000 Tlr. beim
-Kriegs-Etat in die Augen gesprungen und wenn ich freilich vermuten
-muß, daß diese Ersparnis für andere militärische oder allgemeine
-Staats-Haushalts-Angelegenheiten verwandt worden ist, so hat sich bei
-mir der Wunsch aufgedrängt, ob nicht ein Teil dieser Summe zum Etat
-des Kriegsministers gebracht werden könnte und zwar, um dafür unsere
-Cavallerie-Regimenter zu verstärken. Diese Argumentation scheint mir
-dasjenige zu sein, was Ihre Armee am notwendigsten bedarf, sobald
-die Finanzen es erlauben. Da Sie selbst vor Kurzem die Ansicht
-aussprachen und ich durch die Anschauung der starken russischen und
-österreichischen Cavallerie-Regimenter erneut auf die Wichtigkeit der
-Argumentation der unsrigen aufmerksam ward, so habe ich mich mit diesem
-Gegenstande beschäftigt... bei der Wichtigkeit des Gegenstandes und der
-vielleicht disponiblen Fonds unterstehe ich mich, hierauf aufmerksam
-zu machen, hoffend, daß diese freilich unberufene Einmischung mir von
-Ihnen nicht ungnädig aufgenommen werden wird.
-
-
- Weimar, den 6. Juni 1829.
-
-Um 11 Uhr bin ich hier angelangt und habe Alles wohl angetroffen,
-wenngleich auch Alles durch die bevorstehende Trennung und die vielen
-Abschieds-Scenen recht wehmütig gestimmt ist.
-
-Vor allem soll ich aber melden, daß die Groß-Fürstin und der Großherzog
-sich entschlossen haben, nunmehr auch zur Vermählung nach Berlin zu
-kommen. Die Großfürstin fragte mich, ob sie es ohne Ihre Einladung tun
-dürfe; ich erwiderte, daß es den Eltern wohl nie benommen werden könne,
-ihr Kind zur Vermählung zu begleiten. Nun, dann soll mich der Kaiser
-beim König melden, sagte die Groß-Fürstin; der Großherzog wird Ihnen
-selbst dieserhalb schreiben... Sie können sich denken, wie froh Augusta
-und ich über diesen Entschluß ihrer Eltern sind, der den Abschied noch
-etwas hinausschiebt. Es ist kaum möglich, unter schöneren und froheren
-äußeren Auspizien eine Vermählung zu feiern; man könnte ganz hochmütig
-werden, wenn man nicht die Demut zu Hilfe nimmt. Gott gebe eine so
-glückliche Zukunft, als der Moment schön ist.
-
-
- Halle, den 7. Juni 1829.
-
-Die glücklich erfolgte Ankunft Augustens an Ihrer Grenze und im ersten
-Nachtquartier Merseburg eile ich Ihnen sogleich zu melden. Der heutige
-Morgen war natürlich ein schwerer Moment für meine arme Braut. Früh 7
-Uhr waren wir in der Kirche, wo wir Stärkung und Fassung erflehten. Der
-Lehrer Augustens predigte und recht von Herzen. Bis 11 Uhr blieben wir
-dann beisammen ~en famille~. Um halb 12 erfolgte die Abreise. Ich
-fuhr fort, als das Abschiednehmen begann. An der Grenze erwartete ich
-Augusta, wo sie kaum eine halbe Stunde nach mir eintraf und ich sie im
-neuen Vaterlande bewillkommnete. Im starken Regen verließen wir Weimar,
-aber an der Grenze schien die Sonne herrlich und warm. Möge es ein
-günstiges Vorzeichen meiner Zukunft sein. Wie glücklich ich mich fühle,
-Augusta bei uns zu wissen, begreifen Sie. Und nun auch zu sehen, wie
-sie sogleich nach der schweren Trennung eine Stütze in mir sucht, ist
-mir unbeschreiblich rührend und tröstlich.
-
-Von der Grenze bis Merseburg fehlte es denn auch nicht an unzähligen
-Ehrenpforten, Reden, Gedichten, weißgekleideten Mädchen. Alles war sehr
-hübsch geordnet, ordentlich und herzlich. Morgen will Augusta noch
-in Merseburg dem Gottesdienste beiwohnen und um 10 Uhr abreisen. Ich
-habe mich der Etikette wegen hierher begeben, werde aber zur Kirche in
-Merseburg sein. Gott geleite uns gnädig in Ihre Arme und in die Mitte
-der teueren Familie.
-
- Ihr gehorsamer Sohn
-
- Wilhelm.
-
-
- Weimar, den 26. Oktober 1829.
-
-Preußen scheint in einem nie gekannten Ansehen in Süddeutschland
-zu stehen und wohl sehr mit Recht. Ein Aufsatz im Hesperus, einer
-Dresdner Zeitschrift[52], zeugt hiervon aufs deutlichste, den ich mit
-großem Interesse gelesen habe. Hier ist der Preußen-Sinn noch nicht
-der stärkste, was sich neuerdings durch den auf 12 Jahre verlängerten
-Zoll-Verband der kleinen Mächte erweiset. Ich habe hier mehrere der
-Herren gesprochen, die Alle wünschen sich anzuschließen an Preußen und
-Bayern ect., aber eine gewisse Rückschau ist allenthalben bemerkbar,
-die sie nie mit ganzer Sprache herauskommen läßt. Ich habe ihnen also
-die Zunge zu lösen gesucht und gesagt, daß wir wohl wüßten, daß Preußen
-von Wien aus als eine gefährliche, sich vergrößernde Macht geschildert
-würde, daß ich aber ersuchte, den Weg zu beobachten, den Sie seit
-15 Friedensjahren gegangen wären, ob da wohl im geringsten eine
-solche Tendenz bemerkbar sei? Die embarassierten und widersprechenden
-und nichtssagenden Antworten, die ich darauf erhielt und die mir
-große Genugtuung waren, vermag ich hier nicht aufzuzeichnen. Auch an
-diesen Antworten habe ich gesehen, daß die Wahrheit ohne Rückhalt
-gesagt, Wunder wirkt, da man noch selten gewohnt ist, die Sachen und
-Verhältnisse beim rechten Namen zu nennen. Trotz dem 12jährigen Bunde
-kamen jetzt Deputierte nach Berlin, um zu einem gemeinsamen Bunde zu
-unterhandeln, also sind jene 12 Jahre eine reine Chimäre...
-
-
- Weimar, den 5. November 1829.
-
-Ich habe noch eine sehr lange und interessante Unterredung mit dem
-hiesigen Faiseur, Geheimrat Schweitzer[53], gehabt, den mir der
-Großherzog schickte, um über die Handels-Verhältnisse zu sprechen. Ich
-habe gegen ihn wie gegen Alle die gleiche offene und wahre Sprache
-geführt und die Satisfaction gehabt, zu sehen, daß auch dieser aus
-Verstand und Finesse zusammengesetzte Mann nichts einwenden konnte
-gegen die Tatsache, die ich anführte, nämlich daß ich niemals ein
-freundschaftliches Verfahren und kein annäherndes gegen Preußen darin
-finden könnte, wenn man sich in einem anti-Preußischen Bund auf 12
-Jahre länger bindet, während man zugleich mit Preußen unterhandeln
-will. Da ich ganz und gar die Stellung Preußens so erkannt habe, wie
-Sie es angeben, so hoffe ich durch die freie Darlegung dieser unserer
-Stellung hier vielleicht Gutes bewirkt zu haben. Die Groß-Fürstin
-sprach mir heute ganz in diesem Sinne, nachdem sie noch vor wenigen
-Tagen, wie ich durch Augusta weiß, eine ziemlich andere Gesinnung
-offenbart hatte. Ja, sie ging sogar so weit, daß sie sagte: Sie müßten
-mehr tun, um Deutschland zu sich und von Österreich abzuziehen. Ich
-erwiderte, daß ich nicht glaubte, daß Sie dies tun würden, da mir
-dies auch nicht nötig schien, indem es nur Jalousie geben könne, auf
-der andern Seite aber Sie die Satisfaction bereits hätten, viele
-Mächte sich Ihnen nähern zu sehen, und in einem Worte faßte ich es so
-zusammen: ~Le Roi verra venir les autres~.
-
-Eine Klage, die ich öfters schon hörte und hier auch wieder, ist
-die, daß die Beamten nicht immer in dem geziemenden Tone zum
-Auslande sprechen und daß namentlich die Räte in den Ministerien und
-Regierungen darin fehlen und dadurch, daß sie in anmaßendem Ton reden
-und schreiben, sie mehr die Stimmung gegen Preußen als für dasselbe
-gewinnen. Eine Prüfung der Befehle in diesem Punkte dürfte gewiß
-nicht überflüssig sein, obgleich ich meine Überzeugung darüber dahin
-ausgesprochen habe, daß die Arrogance einiger Beamten doch unmöglich
-eine Mißstimmung gegen eine sonst so anerkannt erleuchtete Regierung
-erzeugen könne.
-
-
-
-
-Das eigene Heim.
-
-
- Berlin, den 11. März 1830.
-
-Nachdem Sie so gnädig gewesen sind, für Carl und Albrecht bestimmte
-Palais zu ihren immerwährenden Wohnungen anzuweisen, darf auch ich
-wohl erneut mit der Bitte herantreten, auch uns ein wirkliches
-Palais verleihen zu wollen. Da freilich nun alle vorhanden gewesenen
-prinzlichen Palais, außer der Universität, zu ihrer ursprünglichen
-Bestimmung zurückgekehrt sind, so kann erklärlich nichts anderes übrig
-bleiben, wenn Sie die Gnade haben wollen, mich mit meinen Brüdern
-gleich zu stellen, als ein Privathaus zu wählen und dasselbe nach
-Palaisdimensionen einzurichten und umzubauen oder ein ganz neues zu
-erbauen. Zu letzterem Projekte lag Ihnen bereits früher ein Plan vor.
-
-Wir können aber nicht leugnen, daß seitdem wir unser jetziges Haus
-bewohnen, uns die Lage desselben in jeder Beziehung so angenehm und
-so jeder anderen Lage vorzuziehen erscheint, daß wir den Plan gefaßt
-haben, dasselbe uns von Ihnen als bleibende Palais zu erbitten und
-es dieserhalb dem notwendigen Umbau zu unterwerfen. Wir haben daher
-einen Plan zu diesem Umbau selbst entworfen, ihn auch durch Geh. Rat
-Schinkel[54] prüfen und corrigieren lassen, und dieser Plan ist es, den
-ich Ihnen in der Anlage untertänigst vorlege[55].
-
-[Illustration: Das Palais Wilhelms I. vor dem Umbau
-
-Miniaturbild auf einem Prunktisch in den sogenannten Großherzoglichen
-Gemächern im Palais]
-
-Der große Übelstand, der unserem jetzigen Hause anklebt, ist, daß es
-weder Hofraum noch Stallungen hat und wegen seiner geringen Ausdehnung
-und Terrainbesitz keine Vergrößerung erlaubt, ohne das Grundstück,
-welches der Minister von Schuckmann jetzt inne hat, zu überschreiten.
-
-Ohne Zuziehung dieses Grundstückes zu dem unsrigen ist daher eine
-Palais-Einrichtung hier für uns unmöglich. Der anliegende Plan zeigt,
-in welcher Art allein auf eine bequeme Art die Ställe und Remisen
-angelegt werden können und wie dadurch ein Hofraum noch übrig bleibt,
-der die notwendigste Größe hat.
-
-Was nun unser Haus an und für sich anbetrifft, so glaubten wir
-anfänglich die Mauern der unteren Etage conservieren zu können: es
-hat sich aber gezeigt, daß sie viel zu schwach sind, um einen höheren
-Bau zu tragen; auch daß die Balkenlagen der Etagen schon so verdorben
-sind, daß sie erneuert werden müssen. Das Haus wird daher müssen ganz
-abgerissen werden; die dadurch entstehenden Kosten werden durch das
-dabei gewonnene Material wiederum gedeckt. Um dem Hause aber einige
-etwas größere und Palaisdimensionen im Innern geben zu können sowie
-eine regelmäßige Mitte, die ihm bisher fehlte, so ist eine Vertiefung
-nach dem Hofe zu, eine Erweiterung auf die Hälfte des kleinen Gartens
-und ein Überbau über die Gasse nach dem Niederländischen Palais[56]
-projektiert, wozu die Genehmigung der Tante[57] einzuziehen sein
-würde. Die so zu gewinnende Mitte ward bedingt durch das Grundstück
-der Bibliothek, von welchem dennoch einige Fuß genommen werden mußten
-und daher nicht noch mehr vom kleinen Garten zugezogen werden konnte.
-Der Rest des Gartens würde in eine Art Terrasse verwandelt werden
-können. Der kleine Hof hinter dieser Terrasse mußte wegen einiger
-Bibliotheksfenster ausgespart werden.
-
-Die Einteilung der Wohnungen in den verschiedenen Etagen geht aus den
-Plänen hervor. Was die Wohnung anbetrifft, so ist sie für den Fall
-der möglichen Nachkommenschaft bestimmt. Das jetzige Schuckmannsche
-Haus würde nur die drei Wohnungen der Oberhofmeisterin und der
-beiden Hofdamen aufnehmen, sowie das Hofmarschallamt, meine beiden
-Militärbureaus und die Wohnung für das auf Quartier Anspruch habende
-Domesticale. Sollte dann noch Raum übrig bleiben, so würde ich einige
-meiner alten Diener, welche bis zu meiner Verheiratung freie Wohnung
-hier hatten, dort unterbringen, die es wohl verdienen, da einer
-derselben jetzt 30 Jahre, ein anderer 28 Jahre, 20 Jahre bei mir ist.
-Außerdem reicht das Kellergelaß im zu erbauenden Palais nicht aus, so
-daß die des Schuckmannschen Hauses ebenfalls gebraucht würden.
-
-Sie werden sich hiernach gnädigst überzeugen, daß, wenn streng genommen
-nicht das ganze Schuckmannsche Haus vielleicht gebraucht würde, doch
-eine Teilung desselben unmöglich ist, es auf der anderen Seite wiederum
-gar nicht zu entbehren ist. Auch in der Zukunft dürfte es vielleicht
-noch sehr nützlich werden.
-
-Die Unterbringung des Ministeriums des Innern dürfte keine
-Schwierigkeiten haben, indem das Haus des Staatskanzlers in sofern
-disponibel ist, als der Geheimrat v. Stägemann[58] in demselben zur
-Miete wohnt. Die Bureaus des Ministers Graf Lottum[59], welche sich in
-jenem Hause befinden, oder die des Ministers v. Schuckmann[60] würden
-die Acquisition eines kleinen Locals nötig machen. (Als Carl sein
-Palais erhielt, mußten für den Generalstab und für das Ministerium
-der auswärtigen Angelegenheiten gleichfalls Locale beschafft werden.)
-Übrigens wird die Deplacierung des Ministeriums des Innern ungefähr
-erst in zwei Jahren nötig, da der ganze Bau und die Einrichtung bis
-zum Einziehen wohl drei Jahre erfordern würde, im dritten Jahre
-aber erst mit dem Bau der Stallungen vorgeschritten zu werden
-braucht. Im Schuckmannschen Hause selbst würden nur unbedeutende
-Wohnungseinrichtungen vorkommen, wie dies in jedem lang bewohnt
-gewesenen Hause der Fall ist, die Damen sich überdies selbst möblieren
-müssen und für die Bureaux-Einrichtung alles existiert.
-
-Demungeachtet kommt der Kostenanschlag schon hoch genug und erreicht
-dieselbe Summe, welche alle diejenigen Projecte erreichten, die ich
-Ihnen voriges Jahr vorlegte. Der Geh. Rat Schinkel hat nämlich den
-Bau nach den höchsten Sätzen (die des Museums) angeschlagen, um eher
-dahinter in der Ausführung zu bleiben, als sie zu übersteigen, wonach
-derselbe mit der ganzen Einrichtung bis zum Einziehen 340000 Thlr.
-beträgt. Von den hierin begriffenen 80000 Thlr. Einrichtungskosten
-gehen die sämtlichen Möbel ab, welche bei der Einrichtung unsers
-jetzigen Hauses angeschafft wurden, wodurch die Summe noch um Etwas
-also sich ermäßigt.
-
-Was für eine Einrichtung hinsichtlich unsers jetzigen Hauses und des
-Schuckmannschen getroffen werden soll, wird von Ihrem Befehl abhängen,
-ob dieselben nämlich von ihren jetzigen Behörden erkauft werden
-oder ob sie wie bisher auf deren Rechnung benutzt werden sollen.
-Das unsrige gehört nämlich dem Militärfond und das Schuckmanns der
-Landeswitwenkasse. Der Kauf beider Grundstücke würde ungefähr 100000
-Thlr. betragen.
-
-Wenn Sie nun die Gnade hätten, diesen Bau zu genehmigen, so würde
-ich vorschlagen, denselben unter Schinkels Leitung durch einen
-Militärcommissarius, Capitän Moser, ausführen zu lassen, weil derselbe
-gewiß manche Ersparnis erzielen wird.
-
-Während des Baues selbst würden wir Sie gnädigst ersuchen, uns im
-Schloß eine Wohnung zu bestimmen, vielleicht einen Teil des großen
-Appartements des seligen Königs, sodaß ich meine alten Zimmer wieder
-bewohnen könnte. Auf diese Art wird keines des gewöhnlich im Gebrauch
-seienden Fremden-Appartements der Disposition entzogen.
-
-Wir dürfen vielleicht um so rascher einer Entscheidung von Ihnen
-entgegensehen, da für diesen Sommer unserm Hause, wenn wir es so ferner
-bewohnen müßten, eine Hauptreparatur bevorsteht, indem das Dach fast
-ganz neu gebaut werden muß, die Schornsteine so baufällig sind und so
-feuergefährlich angelegt, daß die Balken seit mehreren Wochen, vom
-Putz abgefallen, in den Schornstein frei hineinstehen, daß sie neu
-gebaut werden müssen, wobei sämmtliche Plafonds ruiniert werden und
-wahrscheinlich auch die Tapeten; die Balkenlage zwischen den Etagen
-teilweise erneuert werden muß, wodurch also die Parquets und die ganzen
-Stuben ruiniert würden. Somit würde diese Hauptreparatur sehr viel
-Geld kosten und doch nur ein sehr schlechtgebautes Haus nur teilweise
-ausflicken.
-
-Wie schön übrigens das neu zu schaffende Palais den Platz hier zieren
-würde, brauche ich kaum anzuführen, da es zu den übrigen schönen
-Gebäuden ein schöner Schluß sein würde, um so mehr, da, wie ich höre,
-die Statue Friedrichs des Großen hier vor unsern Fenstern errichtet
-werden soll.
-
-Der Geheimrat Schinkel hängt freilich sehr an seinem früheren Projekt
-auf dem Packhofe, was gewiß sehr schön ist, aber wegen seiner
-zurückgezogenen Lage uns mit der hiesigen Lage nicht vergleichbar
-erscheint. Ich lege dieses Projekt auch wiederum bei[61] und bemerke
-nur, daß der Kostenbetrag desselben, wie ich ihn voriges Jahr angab,
-viel zu gering war und er nach den jetzt für den hiesigen Bau von
-Schinkel angenommenen Sätzen sich nicht auf 300000 Thlr. beläuft,
-sondern auf 415760 Thlr., wobei der Bau von zwei Quais und der Ankauf
-des Platzes (aus dem Museumsfond) nicht mit inbegriffen ist.
-
-Um die Übersicht zu haben, wie die jetzigen Grundstücke, welche wir
-und Schuckmann bewohnen, zu einander liegen und gebaut sind und wie
-die projektierten Veränderungen sich dazu verhalten, habe ich den Plan
-~C~ beigefügt. So sehr wir nun erwartungsvoll Ihrer gnädigen
-Entscheidung entgegen sehen, wohl einsehend, daß es nichts Geringes
-ist, was für uns wir von Ihrer Gnade erbitten, namentlich wenn ein
-Vergleich der nötig werdenden Summen gegen die Summe gezogen wird,
-welche Sie für Carl und Albrecht bewilligt haben, aber dies gehet
-lediglich aus dem Verhältnis hervor, daß bei uns nicht wie bei den
-Brüdern von der Einrichtung eines Palais zum Palais, sondern von der
-Umformung eines Privathauses in ein Palais die Rede ist, da keine
-Palais mehr vorhanden sind, wenn nicht das Projekt wieder aufgenommen
-würde, die Universität dadurch wieder disponibel zu machen, daß man sie
-nach dem dazu einzurichtenden Academiegebäude überträgt.
-
-Sollten wir von Ihrer Gnade die Bewilligung der hier gemachten
-Vorschläge erlangen, so würden wir Ihnen unendlich dankbar sein, wie
-wir es schon für so viele Beweise Ihrer Liebe und Gnade ewig sein
-werden.
-
- Ihr gehorsamer Sohn
-
- Wilhelm.
-
-
- Berlin, den 29. April 1830.
-
-Soeben erhalte ich ein Schreiben des Kriegsministers, eine Antwort auf
-den Vortrag, den ich ihm in Bezug auf meine militärischen Ausgaben
-gemacht hatte, in welcher er mir Ihre genommene Entscheidung über
-diesen Punkt mitteilt. Wenngleich ich gehofft hatte, von Ihrer
-Gnade einen Zuschuß zu erhalten, bei den ganz klar nachgewiesenen
-Mehrausgaben jährlich von 800 Rthlr., so muß ich Ihre abschlägige
-Antwort hierauf freilich ruhig hinnehmen, nicht so aber kann ich dies
-mit der Ankündigung, die Sie mir durch den Kriegsminister machen
-lassen, daß Sie mich vom Commando der ersten Gardedivision entbinden
-wollten, wenn mich dasselbe wegen meiner pecuniären Verhältnisse
-geniere. Vor 10 Jahren berief mich Ihre Gnade zu diesem Commando,
-noch in einem sehr frühen Alter. Als Sie mich wenige Jahre darauf an
-die Spitze des III. Armeecorps stellten[62], beließen Sie mir jenes
-Commando und da durfte ich wagen zu hoffen, daß Ihr Vertrauen und Ihre
-Zufriedenheit mit meinen Leistungen es war, die mich dieses Vorzuges
-eines doppelten Commandos würdigten. Die Anhänglichkeit, welche ich
-an dies mein erstes selbstständiges Verhältnis habe, sowie, ich darf
-es aussprechen, die Anhänglichkeit, welche mir jene Untergebenen
-seit 10 und 12 Jahren bewiesen haben, sind Ihnen nicht unbekannt
-geblieben; meinen ganzen Stolz setzte ich in das bewiesene Vertrauen,
-einem Commando vorzustehen, von welchem die Instruction in die ganze
-Armee übergegangen ist und jährlich übergeht. Und diesen mir so teuer
-gewordenen, ehrenvollen Posten lassen Sie mir jetzt anbieten, um 400
-Rthlr. aufzugeben, nachdem Sie durch den Kriegsminister mir sagen
-ließen, daß Sie annehmen, daß die Prinzen Ihres Hauses es als eine
-Ehrensache betrachten würden, wenn Ihre Gnade ihnen Militärcommandos
-anvertraut. Ich darf es Ihnen nicht verschweigen, daß dies Anerbieten,
-aus +diesem+ Grunde, mein Inneres so gewaltsam erschüttert hat,
-daß nur Tränen meinem gepreßten Herzen Luft machen konnten. Das
-Gefühl der Ehre ist in mir so rege, daß es sich nur mit dem Gefühl
-der Dankbarkeit vergleichen kann, welche mich belebt, daß Ihre Gnade
-mich berief, in ausgedehntem Wirkungskreise dieses den Militär-Stand
-allein leitende Princip immer mehr zu verbreiten und recht innig mit
-dem Geiste meiner Untergebenen zu verschmelzen. Daß Sie dies Ehrgefühl
-je bei Ihren Söhnen vermissen könnten, ist unmöglich. Unfähig werden
-Sie mich daher auch halten, aus Mangel an Ehrgefühl und um 400 Rthlr.
-weniger auszugeben, eine Stelle aufzugeben, die bisher mein Glück wegen
-ihrer Wichtigkeit und wegen Ihres bewiesenen Vertrauens machte. Sollte
-ich dies Vertrauen verloren haben, so bin ich jeden Augenblick bereit,
-einem Würdigeren meine Stelle zu überlassen.
-
-Was nun jedoch den von Ihnen verminderten Zuschuß von 800 Rthlr.
-betrifft, so muß ich mich wenigstens über den Verdacht rechtfertigen,
-als wäre jene Forderung unbillig. Denn ich kann nur annehmen, daß
-+dies+ der Grund ist, der mir Ihre Verweigerung zuzog. Ich
-unterstehe mich daher Ihnen hier meine ganzen pecuniären Verhältnisse
-darzustellen.
-
-Der mir bewilligte Etat von 88000 Thlr. ist in seine bestimmten Etats
-abgeteilt und Ersparnisse bei denselben sind sehr unsicher. Für unsere
-Person beziehen die Princeß und ich jeder 6000 Thlr. von diesem
-Haupt-Etat, von welchem, wie Sie leicht denken können, bei der Princeß,
-die gar nichts von zu Hause erhält, nichts erspart werden kann; ich
-kann nicht nur nichts zurücklegen, sondern brauche die mir von Ihnen
-so sehr gnädig verliehenen 11000 Thlr. Zulage vollkommen. Sollten Sie
-eine Durchsicht meiner Rechnungen befehlen, so scheue ich diese nicht,
-da ich, eingedenk Ihrer Worte, als Sie mir jene Zulage gaben: „daß
-wir auch eine gute Anwendung von derselben machen sollten“ versichern
-darf, daß die Hälfte auf Unterstützungen verwendet ist. Der erste
-Jahresabschluß meiner Etats-Rechnungen hat eine Ersparnis von 4000
-Thlr. ergeben. Davon sind 3000 Thlr. zur Reise nach Weimar gebraucht
-worden, so daß 1000 Thlr. erspart sind. Sollte eine solche Reise also
-auch nur ein Geringes mehr einst kosten, so ist gar kein Überschuß
-vorhanden. Dieser Fall dürfte bereits in diesem Jahre eintreten, wo
-die schlesische Reise, die zur Revue usw. vorkommen werden. An den mir
-bewilligten Inspektionsreise-Geldern wird fast nichts erspart, da sie
-nach dem Bedürfnis bewilligt wurden. Aus dieser getreuen Übersicht
-werden Sie sich gnädigst überzeugen, wie sehr mich eine, nun also
-zur Norm werdende Mehrausgabe von jährlich 800 Thlr. genieren muß,
-da die möglichen Ersparnisse nur hinreichen, extraordinäre Ausgaben
-wie Reisen ect. zu leisten. Was nun noch die Summe betrifft, welche
-ich mein Vermögen nenne, und welche aus den Ersparnissen seit meinen
-Kinderjahren besteht, die mir der General Braun im Jahre 1817 übergab
-sowie aus der Erbschaft von Mama und aus den Etatersparnissen bis zum
-vorigen Jahr, so beläuft sich diese auf 70000 Rthlr. Von denselben
-habe ich beinahe 30000 Thlr. teils zinsenfrei, teils verzinset
-nach und nach verliehen und dürften mehrere (Teile) dieser Summe,
-wie ich bereits mehrfach die Erfahrung gemacht habe, wohl nicht
-zurückzuerhalten sein, ohne geizig und indelicat zu erscheinen.
-
-Das ist also die einzige Summe, über die ich disponieren kann, die sich
-aber, wie gezeigt, nicht vermehren, sondern nur vermindern kann. Wenn
-Sie nun gnädigst bedenken, daß ich noch keine Besitzung habe, also
-weder zur Acquerierung einer solchen noch zur Unterhaltung derselben
-diese Summe bisher verwandte, ich auch noch kein Palais besitze, dessen
-Einrichtung gewöhnlich die angeschlagenen und bewilligten Kosten,
-wie bekannt fast bei allen Bauten, übersteigt, Sie diese Mehrkosten
-aber, wie bei Carls Palais-Bau, nicht zu übernehmen die Gnade haben,
-so werden Sie sich ebenso gnädigst überzeugen wollen, daß ich alle
-Ursache habe, mit meinem sogenannten Vermögen haushälterisch umzugehen,
-ungerechnet, daß man doch vernünftiger Weise eine Summe sich für
-unvorhergesehene Fälle und für jede Zukunft zu erübrigen sucht.
-
-Ihrer gnädigen Überzeugung und Ansicht muß ich es nun, nach dieser
-wahrhaften Darstellung, überlassen zu beurteilen, ob ich eine unbillige
-Forderung tat, wenn ich um 800 Thlr. Zuschuß antrug und bemerke ich
-nur nochmals, daß ich beim Generalcommando 6 Zulagen an Adjutanten zu
-zahlen habe, aus dem Militär-Zuschuß, während Fritz[63] mit demselben
-Zuschuß nur 3 Zulagen zahlt, hier also eine Vergleichung, wie Sie
-sie mir durch den Kriegsminister aufstellen lassen, nicht haltbar
-erscheinen dürfte. Daß ich diese Zulagen jedoch verringern sollte, kann
-wohl in Ihrer Intention nicht liegen, da es sich mit der Würde meiner
-Stellung nicht vereinigen läßt.
-
- Ihr gehorsamer Sohn
-
- Wilhelm.
-
-
-
-
-Der Hallenser Kirchenstreit.
-
-
- Ems, den 19. Juli 1830.
-
-Die Ereignisse zu Halle[64] in kirchlicher Hinsicht ziehen die
-Aufmerksamkeit von ganz Deutschland ungemein auf sich. Überall hört man
-davon sprechen und ist sehr gespannt auf ihren Ausgang. Niemand kann
-sich denken, daß die zwei questionierten Professoren im Amt bleiben
-können, da eine bloße Verwarnung nicht ausreichend erscheint bei der
-allgemeinen Aufmerksamkeit, die die Sache erregt hat, und ein Exempel
-zu statuieren wohl im höchsten Grade notwendig geworden ist. Denn bei
-dem regen Leben für Religion und deren Wahrheiten, das sich jetzt
-wiederum zeigt, sollte ich meinen, könnte man der entgegengesetzten
-Richtung der verfälschten Religion nicht kräftig und bestimmt genug
-entgegentreten. Daher erscheint mir der Ausgang der Halleschen Händel
-ungemein wichtig in jeder Beziehung. Sehr schlimm ist es freilich, daß
-die gedruckte Dogmatik[65] dieser Herren so allgemein verbreitet ist,
-so allgemein nach ihr gelehrt wird und von allen rationalistischen
-Geistlichen, deren es nur noch zu viele gibt, den jüngeren Theologen
-empfohlen und gepriesen wird, so daß die Absetzung des Verfassers im
-Amt zwar noch nicht Allem abhelfen wird, aber doch Allen die Augen
-öffnen muß... Eine andere Klippe, die zu umschiffen bleibt, ist nun
-wieder die sogenannte Frömmelei, die affichierte Zungen-Religion, worin
-mir viel Eitelkeit und überhebendes Wesen zu liegen scheint, sowie
-ein böser Schritt zum Sectieren und Separieren. Ich höre, daß Herr v.
-Gerlach, der Bruder des meinigen[66], der jene Hallenser Dinge ans
-Licht brachte, auch in dieser frömmelnden Richtung sein soll und da
-wäre es auch wohl weniger eitel gewesen, wenn er die Sache nicht hätte
-drucken lassen, so ihm ja der Weg offen stand, Ihnen die Anzeige jener
-Abscheulichkeiten zu machen...
-
-
-
-
-Die Pariser Julirevolution.
-
-
- Mit dem Regierungsantritt Karls X. im Jahre 1824 waren in
- Frankreich rückschrittliche Tendenzen und Elemente erneut ans
- Ruder gekommen. Gesetzgebung, Verwaltung und Presse gerieten in
- mannigfache Abhängigkeiten, Parteikämpfe erfüllten die Kammern,
- Leitungen, Gerichte und Salons, deren Debatten einen europäischen
- Widerhall fanden. 1828 kam es zu einer regierungsfeindlichen
- Mehrheit unter den Deputierten; an Stelle des Ministerpräsidenten
- Villèle amtierte Herr von Martignac, der vergeblich versuchte, eine
- gemäßigte Mittelpartei zu bilden. Karl X. glaubte daher im Juli
- 1829 ein Ministerium seiner Wahl einsetzen zu können, an dessen
- Spitze der unbeliebte Herzog Jules de Polignac trat. Der König
- hoffte durch Erfolge in der auswärtigen Politik durch Eroberungen
- am Rhein oder durch Kolonialerwerb in Algier eine Regierung nach
- seinem Sinne durchführen zu können; als aber die heimgeschickte
- oppositionelle Mehrheit der Deputierten-Kammer durch die Neuwahlen
- wieder dorthin zurückkehrte, begann die Situation sich zuzuspitzen;
- der „rechtlose Willkürakt“, durch den Karl X. mit seinen
- „Ordonnanzen“ vom 25. Juli 1830 das Wahlrecht einschränkte und die
- Preßfreiheit aufhob, kostete ihm den Thron. Die Pariser Revolution
- vom 26. bis 29. Juli, deren allgemeine Bedeutung nach einem Worte
- Jakob Burckhardts in seinen „Weltgeschichtlichen Betrachtungen“
- als europäische Erschütterung viel größer als die spezielle
- politische war, der dreitägige Aufstand, in welchem die Pariser
- Liberalen durch das großstädtische Proletariat den legitimen
- König davonjagen ließen und den nationalen auf den Thron setzten,
- das Werk der studierenden Jugend und gleich ihr republikanisch
- gesinnter Arbeiter triumphierte über die militärischen Mittel des
- verblendeten Königs. Der Befehlshaber der königlichen Truppen,
- Marschall Marmont, konnte die Lage nicht halten; die „Ordonnanzen“
- wurden zurückgezogen und ein volkstümliches Ministerium mit
- dem Herzog von Mortemart in Aussicht genommen; trotzdem aber
- verhandelte der König insgeheim mit den Männern um Polignac weiter
- und verlor somit die letzte Möglichkeit eines Ausgleiches; in der
- Frühe des 30. Juli hatte der jugendliche Thiers, der Redakteur des
- „~National~“, der am meisten zum öffentlichen Widerstande
- gegen die „Ordonnanzen“ beigetragen hatte, durch einen glänzend
- stilisierten öffentlichen Aufruf auf den Herzog von Orléans als
- auf den kommenden Mann Frankreichs hingewiesen. Im Stadthaus
- von Paris führte der alte Lafayette wie einst im Jahre 1789 die
- Nationalgarden des Landes, und die Riesenstadt zitterte vor einer
- Wiederholung blutiger Straßenkämpfe.... da beschleunigte jener
- meisterhafte Aufruf die Bildung einer Partei Orléans.
-
- Louis Philippe, Herzog von Orléans, hatte sich in den
- entscheidenden Tagen aus der Öffentlichkeit zurückgezogen;
- jetzt erging an ihn die Aufforderung, den Posten eines
- Generalstatthalters zu übernehmen, der er sich nicht mehr entziehen
- konnte. Im Laufe des 31. Juli hatte er durch eine Proklamation
- diese Würde angenommen und zeigte sich mit Lafayette unter der
- Trikolore dem Volk: das Schicksal Karls X. war besiegelt; am 2.
- August hat er mit dem Dauphin auf die Krone verzichtet, und wenige
- Tage später bestieg der „Bürgerkönig“ Louis Philippe den Thron von
- Frankreich. Seine europäische Anerkennung ist verhältnismäßig rasch
- erfolgt.... Prinz Wilhelm weiß in den nachfolgenden Briefen dieses
- Vorgehen der Mächte nicht scharf genug zu tadeln. Im selben Monat,
- am 25. August 1830, brach in Brüssel die belgische Revolution aus;
- noch waren die europäischen Kabinette durch die französischen
- Ereignisse derartig verwirrt, daß sie diesen neuen, gefährlichen
- Unruhen zunächst verhältnismäßig gleichgültig gegenüberstanden.
- Durch einen Besuch bei dem ihm verwandten niederländischen Hofe Im
- Haag hatte Prinz Wilhelm die Ereignisse in Paris fast aus nächster
- Nähe miterleben können; wenn ihn auch Ende August desselben Jahres
- eine militärische Inspektionsreise nach dem Rheinland rief, so
- blieb er doch mit dem niederländischen Hofe in enger Verbindung
- und erlebte den Beginn der Trennung der durch die Willkür der
- Großmächte 1814/5 zusammengekuppelten Nationalitäten der Holländer
- und Belgier.
-
- Das kunstreiche Gebilde des europäischen Friedens mit seinen
- wohlabgemessenen und aufeinander berechneten Pfeilern, Legitimität
- der Krone, christlicher Sinn der zur heiligen Allianz vereinten
- Monarchen-Völker, die je nach ihrer geschichtlich gewordenen
- Eigentümlichkeit ihren gesetzlichen Anteil am Leben besaßen --,
- dies Gebäude, umsorgt von den einen, gehaßt von den andern, das
- selbst die gefährliche Erschütterung des Aufstandes der Griechen
- gegen ihren legitimen Sultan schließlich überdauert zu haben
- schien, stürzte zusammen. Kunst, Weisheit und Gesittung, die in
- seinem Innern Schutz gefunden hatten, schienen aufs neue gefährdet.
- Nichts Geringers als einen Rückfall in die Barbarei, einen neuen
- Dreißigjährigen Krieg weissagte Niebuhr. Die Angst, daß wie
- vor vierzig Jahren das Feuer nicht auf seinen Herd beschränkt
- bleiben und die Welt wiederum in seine Flammen getaucht werden
- würde, schien Recht zu bekommen, als die Revolution nach Belgien
- übergriff. Preußen begann vielleicht gar, nicht allein durch die
- Nachbarschaft der Rheinprovinz, sondern vor allem durch das nahe
- verwandtschaftliche Verhältnis seines Königs zu dem Beherrscher des
- niederländischen Gesamtstaates -- Friedrich Wilhelms III. Schwester
- Wilhelmine war die Gattin des Königs der Niederlande -- unmittelbar
- hineinverwickelt zu werden, ganz abgesehen davon, daß sich für ein
- revolutionäres Frankreich aus dem benachbarten -- belgischen --
- Ereignis ungeahnte Möglichkeiten zur Wiederaufnahme der Politik
- von 1792 ergaben. Eine Wolke neuer Revolutionskriege drohte am
- Horizonte heraufzuziehen.... Doch die belgischen Verhältnisse
- klärten sich.... die Londoner Botschafterkonferenz gab der von
- den Revolutionären durchgeführten Trennung ihren nachträglichen
- Segen; im Januar 1831 wurden unter dem Vorantritte Preußens von
- dem vereinigten Europa die Grundmauern des zukünftigen belgischen
- Staates gelegt.
-
-
- Im Haag, den 28. Juli 1830.
-
-.... Der gestern hier bekannt gewordene ~Coup d’état~ des Königs
-von Frankreich erregt allgemeines Aufsehen und allgemeine Besorgnisse.
-Die Nachrichten, die man hier haben will, sollen, wenn sie gegründet
-sind, die Besorgnisse sehr gegründet erscheinen lassen und eine nicht
-zu berechnende Reaction befürchten lassen. Im entgegengesetzten Falle,
-d. h. wenn dieser ~Coup d’état~ glückt und ohne Reaction verläuft,
-so ist Charles X. nur Glück zu wünschen, denn die Wirtschaft würde
-doch zu toll in Frankreich, wenn nicht, so sind leider die Folgen
-unberechenbar.
-
-
- Im Haag, den 2. August 1830.
-
-Wenngleich ich annehmen darf, daß Sie von Allem unterrichtet sind,
-was sich Schreckliches in Paris in den Tagen vom 27. bis 30. ereignet
-hat, so nehme ich keinen Anstand, dasjenige Ihnen hiermit schleunigst
-zukommen zu lassen, was man hier teils direkt, teils indirekt erfahren
-hat. Die Abdication des Königs und des Dauphins zu Gunsten des Herzogs
-von Bordeaux, unter Vormundschaft des Herzogs von Orléans, scheint
-sich nicht zu bestätigen. Herr d’Agoult, von dem erst heute die ersten
-Meldungen eingegangen sind, schreibt, daß Marschall Marmont noch einen
-Teil von Paris besetzt hält; eine Deputation der sich constituiert
-habenden Regentschaft hat ihm folgende Vorschläge gemacht: Der König
-soll sogleich das Ministerium wechseln, sogleich die Ordres vom 25.
-Juli zurücknehmen und die Kammern zum 3. berufen, dann wolle man
-weiter mit ihm unterhandeln. Marmont habe erklärt, er habe keine
-Instruktionen, werde aber Polignac aufsuchen, der in der Nähe sei. Nach
-einer halben Stunde sei er mit der Antwort gekommen, daß auf solche
-Conditionen nicht unterhandelt werden könnte, worauf ihm die Deputation
-erwidert: ~Voulez-vous donc la guerre civile?~ was Marmont mit
-einer stillschweigenden Verbeugung und weggehend beantwortet habe.
-Der König soll, nach Einigen, mit 8-10000 Mann nach der Vendée, nach
-Anderen nach Lille sich gewendet haben. In Lille waren auch Unruhen
-ausgebrochen, die aber durch die Garnison ohne Blutvergießen gestillt
-worden sind. Nach eben eingehenden Nachrichten hat die Stadt aus ihrer
-Mitte eine Municipalität gewählt. Die ganze Picardie soll im Aufstand
-sein. In Rouen sind die Unruhen den Parisern gleich gewesen. Da alle
-Nachrichten übereinstimmen, daß die Garde und die übrigen Truppen in
-Paris trotz des enormen Verlustes treu geblieben sind und von der
-übrigen Armee also wohl dasselbe zu erwarten steht, so behalte ich die
-Hoffnung, daß, wenn der König nur fest bleibt, er noch im Stande sein
-wird, die Sache herzustellen, wenn die erste Wut in Paris sich gelegt
-haben wird und zugleich die Politik des übrigen Europas sich als recht
-einig und imposant darstellt. Der König der Niederlande, bei dem ich
-gestern und vorgestern in Loo[67] war, wo gerade diese Nachrichten
-ankamen, war noch unentschieden, was er tun sollte; bevor er irgend ein
-Message an Karl X. sendet, falls er sich der Grenze nähert, will er
-erst abwarten, was derselbe für Maßregeln ergreift, doch scheint es,
-werden hier die Grenz-Festungen stärker besetzt und armiert und Alles
-zu einer schleunigen Complettierung und Mobilmachung vorbereitet. Der
-König hier ist der Ansicht, daß, den Fall ausgenommen, daß Charles
-X. mit seiner treu bleibenden Armee die Ruhe und seine Autorität
-wiederherstellt, jeder andere Fall nur die mittelbare oder unmittelbare
-Einwirkung der bewaffneten Macht der anderen Staaten nach sich ziehen
-kann, d. h. entweder einen Grenz-Cordon oder geradezu einen Einmarsch
-in Frankreich auf Wunsch seines Königs, um ihn zu restituieren. Aber
-dann nur Einheit und Übereinstimmung, um nicht etwa einzeln sich Extras
-auszusetzen. Mir scheint dies Raisonnement des Königs sehr richtig.
-Er ist für seine südlichen Provinzen ganz ruhig bis jetzt, und mit
-Recht, da alle geheimen Nachrichten von dort den Geist als sehr gut
-beim Empfang der schrecklichen Pariser Begebenheit schildern. Die
-Festigkeit des Königs diesen Winter hier gegen die Generalstaaten ist
-von unberechenbarem Nutzen also gewesen, wie man sieht. Gott gebe, daß
-alles so bleibt.
-
-Das Extra-Blatt des Courier français, welches die heillose Proclamation
-Lafayettes an die National-Garde enthält, wie die 1000 anderen kleinen
-Charakter-Züge der ~citoyens~, werden Sie wohl erhalten haben, da
-es hier angekommen ist wie sonst die gewöhnlichen Zeitungen.
-
-Ihnen den Eindruck, den dies Alles auf mich gemacht hat, zu schildern
-bin ich nicht im Stande. Bei Lesung dieser Sachen glaubt man Zeitungen
-von vor 40 Jahren zu lesen. Es ist wirklich gräßlich. Ich hatte den
-festen Glauben, bei Allem, was man in Frankreich sich trainieren sah,
-daß dennoch nichts zum Ausbruch kommen würde, weil eben die Nation die
-Greuel einer Revolution +gesehen+ hat und +kennt+, und also
-eher wie jede andere davor zurückbeben müßte. Aber nein. Eine 40jährige
-bittere Erfahrung hat sie nicht klüger, nicht ruhiger gemacht.
-
-Sollte es wirklich zu Truppenbewegungen in dieser großen Catastrophe
-kommen, so darf ich wohl mit Bestimmtheit darauf rechnen, daß Sie mich
-nicht vergessen werden, wenn selbst mein Corps nicht mobil gemacht
-würde.
-
-Soeben erfahre ich, daß der englische Ambassadeur hier sich bereits
-über die französischen Angelegenheiten abgesprochen hat und zwar
-Englands Verhalten als völlig passiv geschildert, selbst in dem
-Fall, daß Charles X. die Unterstützung der Alliance in Anspruch
-nimmt. Daß man hier diese Ansicht nicht teilt und wohl nicht von
-vielen Gouvernements geteilt werden dürfte, begreift sich leicht, und
-namentlich ist wohl Niemand mehr interessiert an der Sache als Preußen
-und Niederland durch die langen Grenzen. Die Unbegreiflichkeit der
-englischen Politik verleugnet sich also wiederum nicht. Mögen nur die
-anderen Mächte recht einig sein und einen gemeinschaftlichen raschen
-Entschluß fassen, denn mir scheint, daß der moralische Eindruck, den
-dies in Frankreich machen muß, so groß sein wird, daß ein Krieg dadurch
-évitiert wird. Trennung und Zeitverlust scheint mir in diesem Moment
-das Unglücklichste zu sein. Graf Douavaroff geht als Courir nach
-Petersburg auf Wilhelms[68] Wunsch und bringt diesen Brief nach Berlin;
-vielleicht dürfte von Ihrer Seite diese Gelegenheit nach Petersburg
-gleich benutzt werden, um Ihre Ansicht dahin zu überbringen.
-
-Soeben erhielt Fritz einen Brief eines niederländischen Generales,
-der gerade auf Urlaub sich in Paris befunden hat und am 29. Mittags
-es verließ während der tollsten Massacres. Seine Schilderungen sind
-schrecklich. Die umgekommenen Menschen werden zwischen 15 und 20000
-angegeben. Alle Bäume auf den Boulevards sind umgehauen, um Verhaue zu
-bilden, damit die Cavalerie nicht agieren konnte.
-
-
- Im Haag, den 4. August 1830.
-
-Die heutigen Nachrichten aus Frankreich sagen, daß der König auf dem
-Marsch nach Nantes ist, daß aber die ihn begleitenden Truppen nach und
-nach (ihn) verlassen und daß die Nachrichten, die man in Paris über
-die Stimmung der Vendee hat, sehr ungünstig lauten. Wohin wird sich
-also der König wenden? Der heute angekommene Constitutionel indigniert
-aufs Äußerste durch seine revolutionäre Sprache und durch die
-Erzählungen über des Herzogs von Orleans Benehmen. Es scheint danach
-aber nicht, daß der Herzog +für+ den König und seine nächsten
-Agnaten zu arbeiten scheint. Die Sache des Königs scheint demnach
-verloren zu sein, sowie die des Dauphins; werden sie resignieren zu
-Gunsten des Herzogs von Bordeaux? Wird der Herzog von Orleans die
-bloße Vormundschaft über den Bordeaux übernehmen wollen? Wird Charles
-X. nicht die Unterstützung der Alliance in Anspruch nehmen, um die
-Legitimität wiederherzustellen und einzusetzen? Dies sind wohl Fragen,
-die ganz Europa jetzt in Bewegung setzen werden und deren Antwort die
-größten Folgen haben muß.
-
-Wäre doch eine Zusammenkunft der großen Souveraine[69] jetzt schnell
-möglich, um einen großen schnellen Entschluß zu fassen. Denn bevor man
-zusammenkommt, muß Alles so klar schon sein, daß man einen Entschluß
-fassen kann.
-
-Der König ist heute vom Loo hier eingetroffen; es werden die
-Grenz-Festungen, welche nicht hinreichende Garnisonen haben, stärker
-besetzt werden, dieselben gegen einen gewaltsamen Angriff vorbereitend
-armiert werden und zum 1. September, wo die Beurlaubten stets
-einkommen, aber nicht vollzählig, sollen dieselben complett eingezogen
-werden, mit Ausnahme der Reserve-Bataillone. Man ist hier natürlich
-sehr gespannt, was Sie wegen Luxemburg und Saarlouis befehlen werden,
-so wie überhaupt auf die vorbereitenden Maaßregeln am Rhein, da die
-Niederlande von Niemand eher und kräftiger Unterstützung erwarten
-können, als von Preußen, wenn es zum Extreme kommen sollte. Von
-Thionville aus sind Vorposten gegen unsere Grenze ausgesetzt worden.
-
-
- Im Haag, den 6. August 1830.
-
-Die Hoffnung, daß der König von Frankreich das Äußerste wagen würde, um
-seine Macht und sein Ansehen, d. h. seinen Thron wieder herzustellen,
-ist verschwunden. Die heute hier erhaltene Eröffnungsrede des Herzogs
-von Orleans in den Kammern zeigt uns offiziell die Resignation des
-Königs und des Dauphins an. Glücklicherweise nicht die des Herzogs
-von Bordeaux, welche aber von der sublimen Nation auch verlangt wird.
-Sollte Charles X. auch zur Resignation für den minorennen Kleinen noch
-gezwungen werden, so scheint es mir, kann Europa diesen Akt nicht
-anerkennen; es würde ja die Revolution bis zur letzten Neige anerkennen
-und legalisieren.
-
-Daß hier nur dieser Gegenstand die stete Conversation macht, können
-Sie leicht denken. Die Meinungen, die sich hier ausbilden, zerfallen
-in zwei Hauptabteilungen; 1.) darf man die stattgehabte Revolution
-ungestraft von Europa gehen lassen, also sie legalisieren, oder muß
-man ihr auf das Bestimmteste und Entschiedenste entgegen treten und
-Frankreich züchtigen? 2.) Darf man eine solche Züchtigung vornehmen,
-ohne befürchten zu müssen, die revolutionären Prinzipien fast in
-allen Staaten zum Ausbruch zu reizen und wird man nicht vielmehr aus
-dieser Befürchtung die Revolution anerkennen müssen, was mit anderen
-Worten heißt, die Revolutions-Partei in ganz Europa cajolieren und zur
-nächsten Nachahmung des 27. bis 29. Juli anspornen?
-
-Daß ich natürlich zur ersten Abteilung dieses Raisonnements halte,
-brauche ich wohl kaum erst zu versichern.
-
-Die Revolution ward nach 20jähriger Dauer im Jahre 1814 bekämpft,
-besiegt und der legale Stand der Dinge durch die Wiedereinsetzung
-der Bourbons auf den Thron ihrer Väter durch ganz Europa wieder
-hergestellt. Die Revolutionen von Spanien, Neapel und Piemont
-wurden durch gewaffnete Hand gedämpft, die abgesetzten Souveräne
-wieder eingesetzt und ihre Staaten durch vieljährige Occupation der
-Befreiungsarmee beruhigt. Jetzt bricht in dem Lande, wovon aus aller
-revolutionäre Stoß ausging, wovon aus er seit 15 Friedensjahren
-nach allen Seiten hin verbreitet und unterhalten ward, eine neue
-Revolution aus und der König und seine Dynastie (werden) entthront.
-Kann Europa in diesem Falle anders handeln, weniger tun, als es in
-Spanien, Neapel und Piemont tat? Ist der jetzige Fall nicht viel
-graver, erhebt die Revolution in diesem Moment den Kopf nicht viel
-mächtiger und gefährlicher als seit 15 Jahren? Mir scheint die Crisis
-gekommen zu sein, wo es sich entscheiden muß, ob die Legitimität oder
-die Revolution triumphieren soll. Die Legitimität wird triumphieren,
-wenn Europa einen einmütigen, allgemeinen Beschluß zur Züchtigung
-Frankreichs faßt. Die Revolution wird triumphieren, wenn Europa dem
-jetzigen Treiben in Frankreich ruhig gewähren läßt, sie wird dadurch
-legalisiert und kein Thron dürfte mehr sicher stehen.
-
-Durch eine Züchtigung Frankreichs wird meiner festen Überzeugung nach
-der revolutionäre Stoff in Europa unterdrückt und durch strenges
-Gericht in Frankreich dieser Stoff vielleicht allenthalben --
-wenigstens auf lange, wenn auch nicht auf immer -- ausgerottet.
-
-Die entgegenstehende Ansicht sagt: dieser revolutionäre Stoff ist in
-Europa viel zu sehr verbreitet (in den Niederlanden, vielleicht linkem
-Rhein-Ufer, Polen, Italien, Spanien), als daß man es wagen dürfte,
-gegen die Revolution anzukämpfen; man würde in dem Falle es erleben,
-daß in allen genannten Ländern jener Stoff zum Ausbruch käme und es
-wäre sehr die Frage, ob es gelingen würde, ihn mit den eigenen Truppen
-und Kräften, ein Jeder bei sich, zu überwältigen. Auch habe die jetzige
-französische Revolution einen Schein von Recht, indem man den König
-Charles X. beschuldigen könne, seinen Eid einigermaßen gebrochen zu
-haben (was ich nicht zugeben kann, da ihm der Artikel 14 der Charte das
-Recht zu extraordinären Maaßregeln beilegt und den Gebrauch desselben
-freilich seinem Gewissen allein überlassen muß) und wenn, wie ich gern
-zugebe, Charles X. meiner Ansicht nach jetzt und so nicht hätte diesen
-~Coup d’état~ ausführen sollen, so hat darüber doch Niemand als
-die Nation mit ihm zu richten oder gar das Recht, ihn zu entthronen.
-
-Was den ersten Teil dieser entgegenstehenden Ansichten betrifft, so
-habe ich schon meine Nichtbefürchtungen dieser Art ausgesprochen;
-sollte eine solche revolutionäre Reaction aber wirklich durch ganz
-Europa sich erzeugen, nun so ist es immer besser, daß man seine Feinde
-kennen lernt und sie zu bezwingen sucht; da hoffe ich denn doch,
-daß ein Jeder bei sich zu Stande zu kommen wissen wird. Denn es ist
-allenthalben der Kampf aus demselben Prinzip gegen dasselbe Prinzip.
-Der Sieg steht bei Gott.
-
-Was nun die Züchtigung Frankreichs betrifft, so muß ich freilich
-gestehen, daß ich sehr glücklich mich preise, die Art derselben
-nicht vorzuschlagen zu brauchen. Am schwierigsten ist der Fall, wenn
-der Herzog von Bordeaux unter Vormundschaft des Herzogs von Orleans
-erhalten wird, weil in diesem Fall einige Legalität sich einmischt;
-doch nie kann man übersehen, daß die Nation durch Revolution gegen
-ihren König dahin gelangte. Da aber alle Proklamationen sagen, daß
-gegen den Bordeaux der Umstand spreche, daß er zu einer Dynastie
-gehöre, die sich ~par la grace de dieu~ genannt habe, jetzt aber
-ein König nur ~par la volonté du peuple~ bestehen könne und
-solle, so wird an die Erhaltung der Rechte des Bordeaux wohl nicht zu
-denken sein. Dann scheint mir der Fall klar zu sein: Europa muß mit
-gewaffneter Hand die Rechte des Herzogs von Bordeaux herstellen und
-Frankreich mit seiner Revolution und seinem Orléans zu Paaren treiben.
-
-Krieg scheint mir leider unausbleiblich. Handelt Europa nicht so, wie
-ich hier es andeute, so greift uns Orleans in Zeit von einem Jahre an;
-das linke Rhein-Ufer ist sein Ziel, um zum Tyrann dann zu werden.
-
-Ob die Züchtigung Frankreichs dann noch in einer langen Occupation oder
-in Verringerung seines Gebietes bestehen soll, das sind Fragen, die
-heute wohl schwer zu entscheiden sind.
-
-Aber wenn Europa handelt, so muß es gemeinsam, kräftig, mit aller Macht
-auftreten und recht vorbereitet in den Kampf treten; denn er wird nicht
-leicht sein.
-
-Wäre es doch möglich, daß eine Zusammenkunft zwischen Ihnen, den beiden
-Kaisern und dem hiesigen König möglich wäre; wie rasch und wie viel
-besser verhandelt sich alles mündlich. Die Heilige Alliance muß jetzt
-oder niemals zeigen, daß sie noch existiert und ganz im Geiste des
-seligen Kaisers[70] handeln.
-
-Noch ist in den Niederlanden Alles ruhig; aber in Brüssel spricht
-man doch schon sehr laut ~du grand exemple donné de la France; van
-Maassen c’est notre Polignac, c’est une bonne leçon pour Monsieur
-van Maassen etc.~ In Köln aber auch hat der Darmstädter Graf
-Wittgenstein in einem Zeitungssalon zugesehen, wie die Pariser
-Nachrichten vom Stuhle herab laut vorgelesen wurden und bei den
-tollsten Stellen Bravos und Applaudissements erschallt sind.
-
-Das sind ein paar Züge, die beweisen, was zu erwarten wäre, wenn die
-Pariser Revolution ungestraft hingeht und somit legal wird oder was zu
-erwarten ist, wenn Orleans das linke Rheinufer erobern will und die
-Niederlande... Der König hat hier nur die Verstärkung der Artillerie
-in den Gränz-Plätzen angeordnet, aber nicht die durch Truppen anderer
-Waffen...
-
- Ihr gehorsamer Sohn
-
- Wilhelm.
-
-
- Im Haag, den 8. August 1830.
-
-Die Nachricht, daß Charles X. der Gefahr des nach Rambouillet
-gestürmten bewaffneten Haufens in die Hände zu fallen entronnen
-ist, hat uns freilich sehr erleichtert hier, aber die Gefahr bleibt
-immer noch sehr dringend für ihn bis zu dem Moment, wo er sich wird
-embarquieren können...
-
-Den Fürsten Wittgenstein, der die Kölner Mitteilungen gemacht hat, habe
-ich gestern gesprochen... er meint, daß sie vielleicht nur eine Scene
-gewesen, wie man sie wohl an vielen Orten erlebt haben würde, ohne
-deshalb auf einen allgemeinen schlechten Geist rechnen zu können, worin
-ich ihm ganz beistimme...
-
-Der König hat gestern den General Constant au secret nach London
-gesandt, um mit dem Herzoge von Wellington zu conferieren, namentlich
-in militärischer Hinsicht über die hiesigen Lande und wiederum speciale
-über den Festungsgürtel, der in seiner jetzigen Verfassung ganz offen,
-unarmiert dasteht. Denn, wenn etwas unternommen werden sollte, so
-wünscht der König vor Allem, daß dem Beschlusse des Congresses von
-Aachen[71] zu Folge Preußen und England die zu besetzen übernommenen
-Festungen auch sofort besetzen würden, was uns wohl 24-30000 Mann
-kosten würde.
-
- Ihr gehorsamer Sohn
-
- Wilhelm.
-
-
- Im Haag, den 12. August 1830.
-
-Gestern früh erhielten wir hier die Nachricht von der nunmehr wirklich
-erfolgten Erhebung auf den Thron des Herzogs von Orléans und daß
-Lafayette diese Art König ~par la volonté de la sublime nation et par
-la constitution la plus belle république~ getauft hat, eine Taufe,
-die Ironie und Wahrheit zugleich enthält. Was ich und die mit mir
-Gleichgesinnten hier sagen, werden Sie aus meinem langen Brief folgern,
-nämlich daß der nun also wirklich bei Seite geschobene und übergangene
-Herzog von Bordeaux der Anknüpfungspunkt für Europa wird, indem es
-dessen Rechte auf die Krone behauptet, verteidigt und für ihn Alles
-wagen müßte. Man hat in den merkwürdigen Sitzungen der Kammern gesehen,
-wie offen und frei sich Viele für die Legitimität und für den Herzog
-von Bordeaux ausgesprochen haben. Außerdem stimmen die Nachrichten aus
-Frankreich darin überein, daß freilich die Revolution sich überall
-(breit) gemacht hat, weil Paris das unglückliche Beispiel gab, daß
-aber nur in wenig Orten sich Enthusiasmus gezeigt und vielmehr eine
-allgemeine Bangigkeit, ein allgemeiner Schrecken über das Geschehene
-sich ausspricht, fürchtend, daß der blühende Zustand des Landes, die
-glücklichen Verhältnisse mit dem Auslande usw. sich nur zu leicht
-ändern werden. Mir scheint es daher, daß man für die Sache des Herzogs
-von Bordeaux eine große Partei finden würde, obgleich man sich nicht
-verhehlen darf, daß eine Agression durch Europas Mächte eine große
-Einheit zur Abwehrung des Feindes erzeugen würde. Aber man hat sie
-1815 überwunden und wenngleich nach 15 Friedensjahren sich Vieles
-consolidiert hat und kräftiger geworden ist, so würde 1830 oder 1831
-der gerechten Sache auch der Sieg nicht fehlen.
-
-Lord Bagot, der englische Ambassadeur hier hat... gesagt, daß er gewiß
-überzeugt sei, daß, wenn der Herzog von Orléans seine Thronbesteigung
-nur den Mächten anzeige, England gewiß die Antwort geben würde, daß
-seine Anerkennung von der übereinstimmenden Ansicht aller großen Mächte
-abhängen müsse, die sich dazu auf einem Congreß gewiß schleunigst
-versammeln würden.
-
-Geheime Nachrichten, namentlich von der belgischen Grenze her
-sagen, daß die hiesige liberale Partei von der französischen auf’s
-inständigste gebeten wird, sich noch ganz ruhig zu verhalten, weil im
-entgegengesetzten Falle dies die Aufmerksamkeit der Regierung auf sich
-ziehen müßte und zu Gegenmaßregeln veranlassen würde. Dies sei es, was
-sie in Frankreich am meisten fürchten müßten, weil ein Entgegentreten
-der Regierung gegen das liberale Prinzip jetzt der jungen Revolution
-nur höchst nachteilig werden könnte und die Angst für das Ausland
-noch mehr vermehren würde. Darum erscheinen auch mit einem Male in
-den hiesigen liberalen Blättern ruhigere Artikel. Diese Nachrichten
-scheinen mir nicht unwichtig der Berücksichtigung in diesen wichtigen
-Momenten und bei Beurteilung der Meinung Frankreichs und der liberalen
-Parteien.
-
-
- Im Haag, den 13. August 1830.
-
-.... als Wilhelm zu mir kam, um mich in Kenntnis von Wellingtons
-Ansichten zu setzen, die er ihm in einem Briefe... ausspricht. Das
-kurze Resumee dieses Schreibens ist folgendes: Die Hoffnung, welche
-seit 1815 bestand, den Frieden in Europa erhalten zu sehen, sei
-jetzt nicht mehr so groß nach den Ereignissen von Paris. Es sei ihm
-viel weniger bang für etwaige kriegerische Schritte des Orleans als
-für dergleichen von Seiten der enthusiasmierten Nationalgarden,
-die so ziemlich die Anarchie zu ihrem Ziele sich gesetzt zu haben
-scheinen. Die neue Regierung würde nicht im Stande sein, irgend
-einem unüberlegten Schritt dieser Banden vorzubeugen noch die Kraft
-haben, eine Reparation zu machen, falls fremdes Gebiet dabei betreten
-worden wäre. Kurzum, der Herzog deutet an, daß das Volk stärker als
-die Regierung ist (das ist es ja gerade, was die Revolution auch
-wollte) und daß man daher an den Grenzen sehr auf seiner Hut sein
-müßte. Er rät demnach das zu tun, was Sie für Saarlouis und Luxemburg
-angeordnet haben, nämlich die Grenzplätze gegen einen gewaltsamen
-Angriff zu sichern, jedoch alle Anstalten dazu mit dem wenigstmöglichen
-Aufsehen zu machen, damit keine Jalousie erregt wird. Außerdem rät er,
-gleichfalls wie Sie bereits befohlen haben, alle Anstalten zu treffen,
-daß Alles vorbereitet sei zu späteren größeren möglichen Ereignissen
-und sich immer so zu halten, daß man vorbereiteter als die Franzosen
-sei. Er schlägt vor, Feldgeschütze nach den Grenzfestungen zu senden,
-um, falls ~une colonne mobile Garde nationale~ sich eine Incursion
-erlauben sollte, ihr auch mit Geschütz entgegen gehen zu können.
-
-Außerdem läßt der Herzog wissen, daß die Revolution in Paris
-keineswegs, wie es den Anschein habe, eine Sache des Momentes gewesen
-sei, sondern ein ~de longue main~ vorbereiteter Schlag, indem
-unter dem vermeintlichen Pöbel allenthalben verkleidete Offiziere,
-~à demi soldé, vieux soldats de Napoléon~ und andere verkleidete
-~messieurs~ sich befunden hätten, woher man denn auch die
-auffallende Ordnung im Gefecht so wie die völlig regelmäßigen
-Detachierungen zum Verhauen der Wege, zum Errichten der Barrikaden
-und so Mehreres sich erklären könne. Es war Alles vorbereitet, damit
-vom 3. bei Eröffnung der Kammern durch Charles X. die Revolution
-losbrechen sollte, wo man in der Thron-Rede oder sonst auf irgend eine
-Art Veranlassung dazu zu finden hoffte; die Ordonnanzen vom 25. Juli
-sollten der Sache zuvorkommen... den Erfolg aber sehen wir. Man sieht
-also immer deutlicher, daß die armen Bourbons hätten tun können, was
-sie wollten, ihnen das jetzige harte Los jedenfalls zugedacht war[72].
-
-
- Im Haag, den 19. August 1830.
-
-Sie werden auch die sehr widersprechenden Nachrichten über die Reise
-des Königs Charles X. erhalten haben. Vorgestern kam aus Paris die
-Nachricht, daß der König in Ostende landen würde, um sich dann zu
-Lande weiter nach Deutschland zu begeben. Gestern kam per Estafette
-die Nachricht, daß Marschall Moison den Befehl vom Herzog von Orleans
-erhalten habe, den König in keinem niederländischen Hafen landen zu
-lassen und wahrscheinlich nach Portsmouth gehen würde. Heute sind keine
-weiteren Nachrichten gekommen. Ich fürchte, daß der Empfang, den
-Charles X. in England erhalten wird, sehr niederdrückend für ihn sein
-dürfte, da, wenn auch niemand wohl seine Partei nehmen kann, doch wohl
-kein Volk so geneigt ist, seine Gesinnungen laut ausbrechen zu lassen,
-wie das englische. Übrigens muß man doch in den Befehlen Orleans’, der
-dem armen König, dem er Krone und Land nahm, nicht einmal erlaubt, frei
-seine Fluchtreise zu bestimmen, eine Härte und Impertinenz erblicken,
-die weit geht. Übrigens scheint mir sehr große Gährung in Paris
-fortwährend zu existieren, die uns alle Zeitungen seit mehreren Tagen
-wohl zeigten, aber noch mehr die Proclamation des Orleans vom 16. Die
-Contre-Revolution wird wohl nicht ausbleiben, denn die Ultra-Liberalen,
-sieht man wohl, sind noch lange nicht zufrieden. Gewiß erleben wir noch
-blutige Auftritte in Paris und ~le roi citoyen~ wird wohl auch müssen
-unter ~les concitoyens~ schießen lassen. Dies wird Europa wohl
-abwarten wollen; wenn nur dadurch nicht das Legitimitätsprinzip zu kurz
-kommt!
-
- Ihr gehorsamer Sohn
-
- Wilhelm.
-
-
- Im Haag, den 20. August 1830.
-
-Gestern langte hier aus London die Nachricht ein, daß Charles X.
-am 17. auf der Reede vor Portsmouth angelangt sei und so lange an
-Bord des Schiffes bleiben wollte, bis er Antwort aus London auf die
-Meldung seiner Ankunft erhalten haben würde. Diese Meldung war durch
-telegraphische Depesche nach London gekommen und die Antwort des
-Gouvernements noch nicht bekannt.
-
-Eine andere sehr wenig erfreuliche Antwort gab noch gestern Abend
-der niederländische Ambassadeur, Falk, aus London, daß nämlich das
-englische Ministerium sehr geneigt sei, den Herzog von Orleans als
-König anzuerkennen... demnächst wäre jetzt das englische Gouvernement
-auch geneigt, Don Miguel[73] anzuerkennen, ob aus Legitimität oder
-revolutionären Prinzipien, weiß ich nicht.
-
-Die Schlußfolge aus Beiden ist aber, daß also vorgeschlagen wird, zwei
-Revolutionen anzuerkennen oder aber die größte aller Inkonsequenzen zu
-begehen, in Portugal die Legitimität und zugleich in Frankreich die
-Revolution anzuerkennen.
-
-Wenn bloß das confuse englische Ministerium so spräche, so würde ich
-mich eher von dem Donnerschlage erholen, den mir diese Nachricht
-gegeben hat; da aber russische und andere Diplomaten diese Ansichten
-teilen, so gestehe ich, daß mich eine Trauer erfüllt, die ich nicht
-bergen kann. Also die Revolte des Pariser Pöbels soll von ganz Europa
-anerkannt werden und ihr Resultat gekrönt. Das, was alle rechtdenkenden
-Menschen mit Schauder erfüllt hat, soll legalisiert werden? Welch’
-eine Aufforderung für alle Übelwollenden zur Nachahmung würde in einer
-solchen Anerkennung liegen. Wie kann man einer Nation noch Treu und
-Glauben schenken, wie kann man ihre Eitelkeit durch solche Anerkennung
-noch mehren und stärken wollen, eine Nation, die zu allen solchen
-Freveln bereit ist, wie wir sie wieder seit drei Wochen sehen, wie wir
-sie seit 40 Jahren erlebt haben? Und wenn es noch die Nation wirklich
-wäre; aber es ist immer nur eine Partei, die den Anstoß gibt, der die
-betörte und leichtfertige Nation willenlos folgt. Also dieser Partei
-unterwürfe sich Europa durch jene Anerkennung; welch’ ein Triumph für
-diese Partei und für alle Revolutionen. Welche Throne würden da noch
-sicher stehen?
-
-Die Gründe, die England zu diesen Anerkennungs-Ansichten bewegen,
-sollen die sein, daß es dadurch hofft, einer Republik oder einer
-Anarchie in Frankreich zuvor zu kommen. Allerdings wird man den sehr
-schwankenden Thron des Orleans durch Anerkennung consolidieren, aber
-auf Unkosten des Princips, das alle Throne nur erhalten kann. Aber bei
-der sehr großen Unsicherheit des Throns des Orleans, die sich täglich
-officiell und in privaten Unterhaltungen ausspricht, beim Austritt
-aller Wohldenkenden aus der Kammer, bei der Unzufriedenheit, die bei
-allen ~gens de bien~ existieren soll, bei allen solchen Erscheinungen
-bedarf es nur des Anstoßes von Außen, um das unsicher fundamentierte
-Gebäude umzuwerfen und die Legitimität durch den Bordeaux triumphieren
-zu lassen, dem man freilich eine Constitution zur Seite setzen und zu
-erhalten wissen muß, die Hand und Fuß hat.
-
-Verzeihen Sie gnädigst diese freimütigen Äußerungen, aber ich war zu
-ergriffen, um sie Ihnen nicht mitzuteilen.
-
- Ihr gehorsamer Sohn
-
- Wilhelm.
-
-
- Im Haag, den 22. August 1830.
-
-Was mir an Ihrem gnädigen Briefe natürlich das Interessanteste war,
-war Ihre Ansicht über das, was wegen der Ereignisse in Frankreich zu
-tun sei. Da ich daraus ersah, daß Sie mit der hier bereits bekannten
-englischen Ansicht sich einverstanden erklären, und wie man indirect
-nun auch weiß, daß Österreich so denkt und Rußland so denken wird,
-so sehe ich freilich, daß ich mit meiner Ansicht das Feld räumen
-muß, wobei es vielleicht vergönnt sein wird, daß ich meinem Innern
-die ausgesprochene Überzeugung bewahre und daß Gott gebe, daß meine
-Besorgnisse nicht kurz über lang eintreffen, namentlich wenn nun noch
-der Orleans anerkannt wird; dann dürften in 10 bis 15 Jahren viele
-dergleichen Könige auf Europas Thronen sitzen, wenn auch die mit mir
-Gleichgesinnten für die gute Sache zu sterben werden gewußt haben.
-
-Da Sie selbst mit Gewißheit annehmen, daß über kurz oder lang wir von
-der Revolution werden ergriffen werden, weil Frankreich die Eroberung
-Belgiens und des linken Rheinufers verlangen wird, eine Ansicht, die
-ich in einem meiner ersten Briefe von hier auch schon auszusprechen
-wagte, so werden Sie es mir nicht übel nehmen, wenn ich mich auch
-noch über diesen Gegenstand ausspreche und namentlich, ob nicht ein
-Angriffskrieg Europas gegen Frankreich jetzt vorzuziehen sei.
-
-Frankreich ist in diesem Augenblick in einem Zustand von Unsicherheit
-über das, was es getan hat, über die Möglichkeit der Erhaltung des
-Erlangten, über die Maßregeln, welche Europa ergreifen wird, von dem
-Alle gewiß Mißbilligung und Strafe fürchten; demnächst daraus folgend
-sehen wir die Parteiungen täglich in Paris ausbrechen, die der Roi
-citoyen und die Seinigen mit Proklamationen dämpfen müssen; man sieht
-in den Journalen bereits die alte Unzufriedenheit mit dem Souverain und
-den Ministern ausgesprochen (trägt die Zügellosigkeit der Presse unter
-der vorigen Regierung nicht einen großen Teil der Schuld der jetzigen
-Revolution?); wir sehen die Armee in einer völligen Reorganisation,
-mit detachierten Armeen in Algier und Griechenland; wir sehen die
-freimütigen Äußerungen vieler Pairs und Deputierten, die sich aus den
-Ämtern zurückziehen, es mit ihrem Gewissen nicht vereinigen könnend,
-der neuen Regierung zu schwören und zu dienen (und wie stark mag
-die Partei derer nicht sein, die eben so denken, aber sich nicht
-ausspricht, die aber auf Europa hofft und wartet als Erlöserin?).
-Alle diese Verhältnisse werden noch Monate lang so bestehen, aber die
-Consolidierung des Reichs und der Verhältnisse wird mit Riesenschritten
-fortschreiten, wenn es erst erfährt, daß Europa nicht intervenieren
-wird oder gar Orleans anerkennt. Die Unsicherheit und Bangigkeit
-im Lande verschwindet dann, die Gutgesinnten unterwerfen sich dem
-Anerkannt-Bestehenden, die Armee ist reorganisiert, die detachierten
-Corps werden herangezogen.
-
-Wenn so also in Jahr und Tag das neue Frankreich sich consolidiert
-haben wird und sich kräftig und gerüstet fühlt, einen Schlag nach außen
-tun zu können, dann wird es uns angreifen. Wenn der Himmel uns dann
-den Sieg gibt, so wird der Kampf, wie Sie selbst sagen, auch nicht
-leicht sein, nein, er wird ungleich schwerer als diesen Augenblick
-sein, da man dann nicht mehr darauf rechnen kann, einen unsicheren und
-schwankenden Thron, der nur von Parteiungen erzeugt und gehalten wird,
-mit einem Schlag wie 1815 zu zertrümmern, sondern weil man es alsdann
-mit einer, das neue Verhältnis teils lieb gewonnenen, teils ruhig
-ertragenden Nation zu tun haben wird. Und das Ende des Ganzen ist, daß
-man mit dem Geschöpf der Revolution einen Frieden schließt, wenn die
-Pariser nicht ihren Orleans wie ihren Napoleon und ihren Charles nach
-Belieben absetzen wollen und Europa dies abwarten muß, bis es mit dem
-Herzog von Bordeaux und der Legitimität hervortritt.
-
-Wenn dagegen Europa jetzt mit diesem Princip auftritt und
-gemeinschaftlich wohl gerüstet in 2-3 Monaten den Krieg erklärte, bis
-wohin alle Armeen am Rhein concentriert sein könnten, so würde man
-Frankreich weder durch eine stillschweigende noch durch eine officielle
-Anerkennung des Geschehenen consolidiert haben, noch es consolidiert
-finden, sondern man findet es in dem geschilderten Zustande von
-Unsicherheit über die Möglichkeit der Erhaltung des Geschehenen, in der
-gerechten Besorgnis, einem Stoß von ganz Europa nicht widerstehen zu
-können; die gute Partei würde mit Ungeduld den Moment erwarten, wo die
-Legitimität triumphieren wird und wo der nicht anerkannte Souverain von
-Europa destituiert wird; man findet die Armee noch nicht organisiert
-und nicht einmal einen Feldherrn, wie Napoleon, der 1815 Alles
-electrisierte und der dennoch in einer Schlacht nur von zwei großen
-und einer kleinen Armee geschlagen unterlag. Wieviel Chancen also
-für das Gelingen eines Angriffskrieges +jetzt+ gegen Frankreich.
-Und selbst für den ungünstigst anzunehmenden Fall, den ich der Erste
-bin, als gewiß aufzustellen, daß im Moment, wo Europa Frankreich den
-Krieg erklärt, +alle+ Parteien zusammenstimmen und zusammenhalten
-werden, um den einfallenden Feind abzuwehren, so würde dadurch diese
-Harmonie im +jetzigen+ Moment von nicht größerer Dauer sein als
-1815. So wie damals würde vielleicht mit einem Schlage die Sache
-beendigt, denn Orleans’ Thron scheint mir nicht einmal so fest zu
-stehen als der von Napoleon in 100 ~jours~.
-
-Demnach hat es mich also bedünken wollen, daß ein Aggressiv-Krieg
-Europas jetzt gegen Frankreich nicht nur zum Besten und zum Triumph der
-guten Sache gereichen würde und die Revolution dadurch allenthalben
-auf lange Jahre unterdrückt werden würde, sondern auch der Kampf viel
-leichter und der Erfolg sicherer sein würde. Auch wer weiß, ob, wenn
-Frankreich einst Belgien und uns angreift, wir auf die Armeen der
-Verbündeten rechnen können, die sie jetzt des Princips halber stellen
-müßten oder dann nur auf die tractatmäßigen Corps.
-
-Wie ungeduldig ich bin, zu erfahren, was Europa auch ohne
-Kriegserklärung beschließen wird, um sein Mißfallen mit der Revolution
-auszusprechen, begreifen Sie gewiß. Die Nicht-Anerkennung Orleans und
-die officielle Mißbilligung alles Geschehenen und damit Frankreich
-seinem Schicksal sich überlassend, dürfte jetzt doch noch nötig sein,
-um wenigstens einen moralischen Eindruck der Einigkeit Europas zu geben
-und dadurch Frankreich zittern zu machen.
-
-Verzeihen Sie gnädigst meine freimütigen Äußerungen, aber der Moment
-ist zu groß, als daß ich es nicht wagen dürfte, mich auszusprechen,
-wenn es auch nur verhallende Worte sind.
-
- Ihr gehorsamer Sohn
-
- Wilhelm.
-
-
- Düsseldorf, den 28. August 1830.
-
-In diesem Augenblick geht durch einen Privat-Brief aus Brüssel die
-Nachricht hier ein, daß daselbst am 25. Abends bei Aufführung der
-~Muette de Portici~ ein Aufruhr ausgebrochen ist, der mit Pfeifen
-im 5. Akt begonnen hat. Darauf hat man die Presse des royalistischen
-Journales zerstört, die Wohnung des Justizministers und zweier anderer
-Beamten zerstört; die Rufe ~Vive la liberté, à bas les ministres,
-vive Napoléon II~ wurden ausgestoßen, die Wachen verhielten sich
-ruhig. Um 2 Uhr Nachts hat, da sich der Aufruhr nicht legte, das Feuer
-der Truppen begonnen; einige haben zu feuern refusiert, das Volk hatte
-eine Kanone erobert; das Schloß war in Gefahr und mit Cavallerie
-umgeben. Um 6 Uhr früh dauerte das Feuer fort; es sollten nach
-Augenzeugen-Nachrichten viele Menschen tot und blessiert sein.
-
-So wäre denn die Revolution in Spanien und den Niederlanden über
-die Grenzen gebrochen[74]... Hier soll der Geist gut sein, einige
-Schreier ausgenommen. Ich bin sehr herzlich hier empfangen worden, mit
-Illumination und Hurrah und Fackelzug... Ich darf nicht unterlassen,
-untertänigst zu bemerken, wie schwach unsere Festungen besetzt sind,
-bei der Concentration des 2. Armee-Corps. Lüttich ist eine schlecht
-gesinnte Stadt. Jülich hat 100 Mann Garnison, Köln nicht mehr.
-
-
- Köln, den 29. August 1830.
-
-Die Brüsseler Unruhen scheinen sich gänzlich gelegt zu haben... die
-ganze Sache scheint nur den Charakter eines Excesses, allerdings der
-gröbsten und gefährlichsten Natur zu tragen, dem aber unleugbar ein
-politischer Grund zur Basis diente, der aber glücklicher Weise weder
-von den Behörden noch dem angesehenen Teile der Bürger geteilt wird...
-
-Da ich nicht das Glück gehabt habe, in der Beurteilung der
-französischen Revolution und der gegen dieselbe zu unternehmenden
-Reppressalien und deren Bekämpfung Ihre Intentionen zu treffen,
-so scheue ich fast, über diese belgischen Ereignisse ein Urteil zu
-fällen. Aber dennoch drängt es mich, auszusprechen, was daraus werden
-soll, wenn die Untertanen ~ad libitum~ die Souveraine bedrohen
-und durch Wort und Tat zwingen wollen, die Minister und überhaupt die
-Regierungsprinzipien nach ihrem Urteil, nach ihrem Willen zu wechseln
-und zu ändern. Die Ereignisse in Paris seit 3 Jahren sollten doch
-recht aufmerksam machen, was daraus wird, wenn ewig den Schreiern
-Concessionen gemacht werden.
-
-So sehen wir aber, wohin man kommt, wenn stets Concessionen gemacht
-werden, die so lange verlangt und gesteigert werden, bis die
-Souveränität der der Orleans gleich kommt, das heißt, ein Mannequin!
-
-Ich kann daher meine Ansicht nicht ändern; so lange man nicht mit
-aller Kraft und Gewalt der Revolution da, wo sie am abscheulichsten
-ausgebrochen ist und zu Resultaten geführt hat, also in Paris,
-entgegen tritt, so lange wird man auch das revolutionäre Princip nicht
-unterdrücken, sondern es nur nähren und bald allenthalben zum Ausbruch
-bringen!
-
-Alles hier ist Ihrer Person ganz ungemein und unumwunden ergeben. Die
-Behörden können freilich nicht leugnen, daß es allenthalben Vereine
-gibt, die bei großen Fabrikstädten wie hier und in Aachen namentlich
-Unruhen oder unruhige Auftritte herbeizuführen trachten könnten; aber
-an eine Folge übler Art von dergleichen wäre nicht zu denken.
-
-
- Lippstadt, den 31. August 1830.
-
-Die Ruhe, welche in den Niederlanden hergestellt zu sein schien,
-hat sich leider nicht bestätigt und ist im Gegenteil die Sache viel
-schlimmer geworden... Der König hat Ihre Unterstützung für seinen
-wankenden Thron in Anspruch genommen...
-
-Leider sehe ich immer mehr meine Ansicht bestätigt, daß die
-Revolutionäre mit jedem Moment dreister und um sich greifender werden,
-als deren Principien nicht allgemein bekämpft und auf den Kopf getreten
-werden. Ich hoffe und rechne sehr darauf, daß die energischen Maßregeln
-in den Niederlanden die Brüsseler usw. zu Paaren treiben werden...
-
-
- Lippstadt, den 1. September 1830.
-
-Heute früh 7 Uhr erhielt ich die erste Meldung von dem Aufstande in
-Aachen... So niederschlagend auch der Auftritt in Aachen ist, so kann
-ich doch nicht leugnen, hat er mich nicht überrascht. Die Stimmung
-jenseits des Rheines ist nicht günstig gewesen: „sie dächten gar
-nicht daran, preußisch zu bleiben, auch wäre das Ihre Ansicht, denn
-nur darum, weil sie bald wieder französisch werden würden, hätten
-Sie ihnen die französische Gesetzgebung gelassen“... Von neuem zeigt
-sich also, daß die unglückselige französische Gesetzgebung Schuld an
-der Entfremdung der Gemüter von Preußen ist. Von allen Seiten bin ich
-wieder angelegen worden, Sie inständig zu bitten, die preußischen
-Gesetze lieber heute wie morgen einzuführen. Und ich kann nicht anders
-als aus voller Überzeugung Sie fußfällig zu ersuchen, die jetzige
-Crisis zu brauchen, um Ihre Gesetze so schnell wie möglich am Rhein
-einzuführen. Die Revision der Gesetzgebung, bis zu deren Beendigung die
-Einführung der preußischen Gesetze ausgesetzt bleiben soll, ist noch
-so weit im Felde, daß unter vielen Jahren an deren Beendigung nicht zu
-denken ist, um so mehr, als die damit beauftragte Commission auch sehr
-eigentümlich combiniert sein soll. Dieses beständige Hinausschieben der
-Einführung der Gesetze am Rhein hat auch schon die Ansicht verbreitet,
-man fürchte sich eigentlich jetzt, unsere Gesetze einzuführen. Diesem
-Allem könnten Sie jetzt so rasch ein Ende machen...
-
-
- Lippstadt, den 3. September 1830.
-
-Die soeben aus Elberfeld eingegangene Meldung des dort statt gehabten
-Auflaufes eile ich Ihnen zu übersenden. Der Bürgersinn hat sich, wie
-es scheint, dort und in Köln und in Aachen bei den verschiedenen
-Aufständen sehr gut gezeigt. Eine aufrührerische Affiliation
-zwischen allen Fabrikorten ist aber unverkennbar, die unstreitig von
-revolutionären Emmissairs herrührt; die Revolution sucht allenthalben
-die Gründe der Unzufriedenheit zu erkunden, um darauf Unruhe zu
-basieren; bei uns scheint sie aber bis jetzt noch glücklicher Weise
-keinen nahrhaften Boden zu finden.
-
-
- Coblenz, den 6. September 1830.
-
-Soeben erhalte ich aus dem Haag die Nachricht, daß Wilhelm von Oranien
-dort am 3. ganz unerwartet angelangt ist, um die Proposition der
-Belgier zu überbringen, Belgien als ein eigenes Königreich ganz vom
-Königreich Holland zu trennen. Unter dieser Bedingung wollten sie
-ferner die Herrschaft des Königs anerkennen. Wenn ich meine Meinung
-aussprechen darf, so glaube ich, hätte der König von Hause aus diese
-Trennung bei Übernahme der Krone verfügen sollen, weil diese beiden
-Nationen nie zusammenzubringen wären; dies hat mir wenigstens vom
-ersten Augenblick an eingeleuchtet. Es scheint, daß der König auf diese
-Trennung eingehen wird als einziges Mittel, Belgien sich zu erhalten
-ohne Blutvergießen. Was ihm diese Concession kosten wird im Laufe der
-Zeit, ist unberechenbar, denn wer den Finger gibt, muß bald die ganze
-Hand nachgeben.
-
-So hätte denn die Revolution in Zeit von 4 Wochen den zweiten Sieg
-davon getragen...
-
-Wir fangen an, etwas Luft zu schöpfen[75], seit der heutigen Nachricht
-aus Brüssel. Wilhelm von Oranien hat sich wirklich aufgeopfert, aber
-auch viel aushalten müssen. In Loewen und Lüttich ist die Gährung noch
-sehr groß...
-
-
- Im Haag, den 13. September 1830.
-
-.... daß der König aus Paris aus sicherer Quelle wisse, daß sich
-daselbst mit einemmale eine Menge deutscher Studenten von vielen
-Universitäten eingefunden hätten, die plötzlich alle abgereist seien,
-~après avoir reçu le mot d’ordre~, wie der König sich ausdrückte,
-um ~ce mot d’ordre~ ihren Corporationen zu überbringen. Es sei
-dies von großer Wichtigkeit und von den deutschen Fürsten durchaus
-nicht außer Acht zu lassen, weil etwas sehr Unangenehmes sonst zu
-erwarten stände.
-
-Der König trug mir auf, Ihnen dies doch gleich wissen zu lassen und
-habe er es allen Gesandten hier schleunigst mitteilen lassen.
-
-Was daran wahr sein mag, ist schwer zu entscheiden; indessen in der
-jetzigen Zeit, wo die Pariser Revolution schon so viele Imitateurs
-findet, wovon die Ereignisse in Braunschweig[76] neuerdings wieder
-zeugen -- auch von Cassel fängt man an zu sprechen -- darf man wohl
-jede Andeutungen, die auf Conspiration hinweisen, nicht außer Acht
-lassen. Und wenn diese Studentengeschichte auch nur einen momentanen
-Aufstand erregen sollte, so kann der doch so manches Menschenleben
-kosten und daher ist jede Vorsicht wohl heute zu Tage um so mehr sehr
-zu empfehlen. General Borstell ist benachrichtigt, um für Bonn ein
-wachsames Auge zu haben und namentlich um zu erfahren zu suchen, ob
-wirklich Emmissaire in Paris gewesen sind und zurückkehrten und wie ihr
-Betragen ist. Bekannt ist, daß in den Hundstags-Ferien unglaublich viel
-deutsche Studenten nach Paris geeilt sind, um die große Nation in der
-Nähe zu bewundern.
-
-
- Im Haag, den 14. September 1830.
-
-Sie können sich gar nicht denken, mit welchem Vertrauen Alles auf Sie
-und Ihre Armee hier sieht. Der Eindruck, den die bei uns sogleich
-gestillte Emeute hier gemacht hat, ist nicht zu schildern; das
-Vertrauen zu Preußen ist dadurch um ein Unglaubliches gestiegen. In
-Alost mußte der Herzog Bernhard von Weimar[77] eine Emeute stillen; er
-konnte die Impertinenz der Behörden nicht bezwingen, so daß er endlich
-sagte: wenn sie so fortfahren zu handeln, so sind in 14 Tagen die
-preußischen Armeen hier, da wird kurzer Proceß gemacht; in 24 Stunden
-ist das Urteil dann gefällt und ausgeführt. Das hat einen solchen
-Eindruck gemacht, daß die Gesichter sich verzogen und sogleich klein
-beigegeben ward.
-
-
- Im Haag, den 16. September 1830.
-
-Gestern Mittag erfuhren wir hier die traurigen Nachrichten aus
-Dresden[78]. Die ungestrafte Pariser Revolution findet also, wie ich es
-leider nur zu wahr ahndete, immer mehr Nachfolger.
-
-Was nun meine Besuche in den Städten am Rhein betrifft, die ich nach
-den stattgehabten Emeuten dort machte, so fand ich zuvörderst in
-Elberfeld eine Niedergeschlagenheit, die nicht zu schildern ist; der
-Empfang und die Versicherungen von Anhänglichkeit, welche ich 5 Tage
-dort vorher erlebt hatte, mochten den Anwesenden wohl eine Art Scham
-erzeugen, die ich mich veranlaßt fand selbst als falsch und unnötig
-ihnen vorzuhalten. Denn der Aufstand war ja durch die niedrigste
-Volksklasse erzeugt worden und durch diejenigen, welche jetzt als
-Repräsentanten der Bürgerschaft vor mir standen, sogleich ohne Militär
-gedämpft worden, sodaß ihnen ja nichts zur Last fiel, sondern ich im
-Gegenteil ihnen nur danken konnte für ihr schönes, entschlossenes und
-festes Benehmen. Diese Worte richteten sie wieder auf, und gewiß ist
-die Stimmung dort vorzüglich und die Anhänglichkeit an Ihre Person
-außerordentlich groß. In Köln war ich bei meiner ersten Anwesenheit
-ohne alle äußeren Zeichen von Enthusiasmus behandelt worden, ja ich
-möchte eher sagen, daß man in der Stadt fast keine Notiz von mir
-nahm, obgleich abends die Stadt erleuchtet war, aber schwerlich ganz
-freiwillig. Um so auffallender war es mir, daß, als ich nun nach dem
-Auflauf wieder herkam, der auch durch die Bürger allein gedämpft worden
-war, ich sogleich beim Aussteigen mit Hurrah von den Bürgern und von
-den Angeseheneren begrüßt ward, was sich auch wiederholte, wo ich mich
-sehen ließ, woraus ich sehr deutlich entnehmen konnte, daß sich die
-Bürger etwas darauf zu Gute taten, daß sie ihre Anhänglichkeit an Ruhe
-und Ordnung, an Ihre Person und an den bestehenden Zustand der Dinge
-auf eine so eclatante Art durch ihr Benehmen gegen die Aufrührer hatten
-kund tun können.
-
-Die einzelnen Wünsche, die ich im allgemeinsten gehört habe, gehen
-hauptsächlich darauf hin, daß man es sehr gern sehen würde, wenn mehr
-Eingeborene in Westphalen und im Rheinland angestellt würden. Ein
-anderer Wunsch ist, daß die Geschäfte rascher betrieben werden möchten,
-indem die Sachen in den Ministerien entsetzlich verschleppt werden.
-Und dann noch, daß das Unterrichtsministerium praktischer eingreifen
-möchte, was freilich von Altenstein[79] nicht mehr zu erwarten ist...
-
-Es sind heute schlechte Nachrichten aus Brüssel gekommen. Man hat dort
-die Thron-Rede öffentlich verbrannt und ein Auflauf von 5-600 Menschen
-hat stattgefunden; um 11 Uhr Abends war jedoch die Ruhe hergestellt.
-Es scheint, daß diese Nachricht zu ernsten Mitteln endlich den Anstoß
-gibt, aber die Generalstaaten sollen erst diese Mittel vorschlagen und
-verlangen; damit gehen immer mehrere Tage verloren; die jungen Truppen,
-die ~au qui vive~ stehen, schon einmal zurück mußten und von den
-Rebellen bearbeitet werden durch Emissairs und Proclamationen, werden
-mißmutiger; kurzum die Lage ist sehr bedenklich, wenn nicht bald und
-rasch etwas geschieht. Der König ist sehr niedergeschlagen. Er sagte
-mir heute: Wie haben sich die Dinge geändert, seitdem Sie bei uns
-sind; nirgends ist ja mehr Treu und Glauben zu finden; die heiligsten
-Rechte werden ja nicht mehr respectiert. Dann setzte er hinzu: Meine
-Lage ist verzweifelt; wenn ein europäischer Krieg ausbricht, so bin
-ich paralysiert; mein halbes Reich ist in Aufruhr, die Hälfte der
-Armee jenseits Brüssel in den Festungen isoliert und diese schwach
-besetzt; bleiben die Truppen nicht treu, so sind diese Festungen alle
-für Frankreich erbaut, die Finanzen, die blühten, sind schon jetzt
-gedrückt, die Papiere so gefallen, daß man mit ihnen keinen Handel
-machen kann; ich habe also gar keine Mittel tätig zu sein, wenn ein
-Krieg ausbricht...
-
-
- Nimwegen, den 19. September 1830.
-
-Gleich vorgestern, als nach dem Diner die ersten alarmierenden
-Nachrichten eintrafen, sandte der König seinen Adjutanten an Fritz, um
-ihm den Befehl zum Vorrücken gegen Brüssel zu geben, da nun kein Moment
-zu versäumen sei, die Residenz zum Gehorsam zu zwingen, bevor das
-platte Land im Aufstand sei. Fritz erhielt zugleich den Befehl, wenn
-er mit seinem Corps vor Brüssel concentriert stehe, eine Proclamation
-zu erlassen, in welcher die Stadt im Guten noch einmal zum Gehorsam
-aufgefordert wird und in welcher der König eine Art Pardon annonciert
-und nur die Rädelsführer zu strafen verspricht (eine Art limitierte
-Amnestie, von der Wilhelm sagt, daß sie doch die Hände nicht zu sehr
-bände; über das Geschehene ist nichts zu sagen, sonst glaube ich, sind
-die Amnestien nicht zum Heile der Throne ausgeschlagen). Wenn diese
-Aufforderung nach einigen Stunden Bedenkzeit nicht angenommen, und
-ausgeführt ist, so soll Fritz den Gehorsam mit Gewalt erzwingen und da
-habe ich ihn inständigst gebeten, jedes Straßen-Gefecht zu evitieren
-und Alles durch ein Bombardement zu zwingen suchen. Wahrscheinlich
-steht Fritz heute Abend schon vor Brüssel, spätestens morgen, sodaß am
-21. bestimmt der entscheidende Schlag sein wird. Gott gebe seinen Segen.
-
-Sollte die Sache manquieren, ja dann sagte mir der König gestern
-ausdrücklich, daß er alsdann Belgien aufgeben müßte für den Moment;
-er würde eine Defensiv-Stellung von Antwerpen nach Maastricht nehmen
-und in dieser die Unterstützung der Alliierten abwarten, die er dann
-sogleich in Anspruch nehmen würde. Er fügte hinzu, daß dann freilich
-ein allgemeiner Krieg unvermeidlich sei, da ihm Frankreich habe
-officiell anzeigen lassen, daß, wenn er von Europa unterstützt würde,
-der sogenannte König Orleans die Revolution Belgiens seinerseits
-unterstützen würde. Dahin wären wir nun also in Europa gekommen, daß,
-während fast alle Mächte die Revolution bekämpften, nun schon das
-Zerwürfnis eingetreten ist, daß eine bedeutende Macht erklärt, die
-Revolution unterstützen zu wollen, wenn die andern Mächte sie angreifen
-wollen. Wohin soll das noch führen[80]!
-
-Ich hoffe, daß Fritz von Oranien in Brüssel den Frieden Europas auf
-einige Jahre wenigstens noch erhalten wird[81].
-
-
- Weimar, den 28. September 1830.
-
-Auf der Durchfahrt durch Gotha kommen soeben Reisende an, welche von
-Hanau bis Fulda, Fulda selbst ausgenommen, alle Städte im Aufruhr
-gefunden haben. Allenthalben würden, wie vor einigen Nächten in
-Hanau, die öffentlichen Bureaus und Beamten-Wohnungen geplündert und
-verbrannt und alles schreie nach Freiheit, der Kurfürst verweigere eine
-Verfassung, die Wappen wurden abgerissen, die Durchreisenden mußten
-mit: es lebe die Freiheit rufen, wobei man ihnen eine Axt vors Gesicht
-hielt; nicht nur die Städte, sondern auch die Bewohner des platten
-Landes sind im Aufstande; sie jagen die Schulzen und Amtsleute fort,
-ziehen bewaffnet von einem Ort zum andern, setzen sogleich Wachen und
-Signale aus, kurzum die Sachen werden natürlich durch immer noch nicht
-habhaft zu werdende Emmissaire nach ein und demselben Plane geleitet,
-überall wird gesengt und gebrannt, aber nirgends gestohlen. Auf Zuruf
-einer Stimme: es ist genug für heute geht alles ruhig auseinander
-gerade wie in Brüssel bei dem Rufe: ~c’est assez~. Der soeben
-eintreffende Großherzog von Oldenburg bestätigt nicht nur all’ die eben
-erzählten Greuel, sondern ist Augenzeuge derselben gewesen, indem auch
-ihm unter anderm jene Axt vorgehalten worden ist. In Fulda war gestern
-Mittag bei seiner Abreise die Unruhe auch schon ausgebrochen und die
-schwachen Behörden hatten sogleich die Licent-Erhebung, welches die
-Haupt-Forderung der Meuterer ist, aufgehoben. Das Militär sieht überall
-ruhig zu dem Unwesen zu. Der Großherzog von Oldenburg und der Herzog
-von Coburg, der mir gestern Rendez-Vous in Gotha gab, sprachen Beide
-äußerst determiniert, besonders ersterer hatte echte Ansichten über
-das Militär und seine Leistungen bei solchen Excessen ausgesprochen.
-Wenn nur endlich irgendwo einmal Ernst und Strenge gegen die Meuterer
-gezeigt würde und nicht überall die unzeitige Nachgiebigkeit erblickt
-würde[82]... Der Großherzog von Oldenburg machte den glaube ich ganz
-zweckmäßigen Vorschlag, man sollte mobile Colonnen formieren in
-hiesiger Gegend, in Böhmen und Bayern vielleicht, die sich gleich nach
-den aufgestandenen Gegenden zu begeben hätten, um sie zur Raison zu
-bringen. Der Herzog von Coburg drängt, wohl sehr mit Recht, auf eine
-Art Manifest des Bundes, in dem diese unerhörten Frevel öffentlich
-verpönt und als mit Gewalt zu bekämpfend dargestellt würden.
-
-
- Weimar, den 14. Oktober 1830.
-
-Sie haben mich durch den Grafen Lottum[83] befragen lassen, was es für
-eine Bewandtnis mit einer Rede habe, die ich in Coblenz gehalten hätte,
-die jetzt in mehreren Zeitungen gedruckt stehe. Wenngleich mir der
-Graf Lottum nicht sagen konnte, auf Befragen, ob Sie den Inhalt dieser
-sogenannten Rede tadelten, so mußte ich durch seine Sendung durch Sie
-an mich doch etwas Tadelndes vermuten. Es kann mir daher nichts übrig
-bleiben, als den wahren Zusammenhang der Sache vorzutragen, um mich
-dann Ihrem Schicksale zu überlassen. Daß ich keine Reden zu halten
-pflege, wissen Sie wohl und am allerwenigsten war meine Stellung in den
-Rhein-Provinzen diesen Sommer dazu geeignet; denn große Reden verfehlen
-oft ihren Zweck, wenn es auch nur darum wäre, weil die Menschen sich
-sagen: der will uns durch Redensarten gewinnen. Alles, was ich gesagt
-habe, war im Conversationstone gesprochen bei der Präsentation der
-Behörden, wo dann bald diese, bald jene Äußerung zu Einem oder dem
-Anderen oder auch zu Mehreren zugleich gesagt wird; und beim Interesse
-des Gegenstandes kam es natürlich oft, daß ein Jeder zu horchen
-versuchte, was ich sprach, dann also auch alle still waren und man so
-meinen Worten die Ehre angetan hat, sie in eine Rede zusammenzufassen.
-
-Übrigens sprach ich mich nicht allein in Coblenz so aus, sondern in
-Cöln, Düsseldorf, Aachen, Lippstadt, Wesel usw.; überall sagte ich dem
-Sinne nach dasselbe und dies Alles habe ich mir aus den Inhalten Ihres
-eigenen Briefes... construiert. Demnach ging der Sinn meiner Worte
-dahin: „daß Sie es bedauerten, zum zweiten Male von der Bereisung der
-westlichen Provinzen und der dortigen Armee-Corps verhindert zu werden
-und daß Sie mir aufgetragen hätten, dies den Truppen und den Einwohnern
-bekannt zu machen“. Wenn im vergangenen Jahre ein so schöner Grund Sie
-von dieser Reise abgehalten hätte, so wäre es nur im höchsten Grade
-zu beklagen, daß in diesem Jahre der Grund ein so höchst trauriger,
-unglücklicher sei; denn bei den jetzigen gestörten Verhältnissen in
-Frankreich, die ganz Europa in Unruhe und Bewegung zu setzen drohen,
-hätten Sie natürlich die Residenz nicht verlassen können, um sich mit
-Ihren Alliierten desto rascher beraten zu können. Was die französische
-Revolution beträfe, so würden Sie sich nicht in diese inneren
-Angelegenheiten mischen; man würde die Revolution wie einen Krater
-beobachten, der in sich selbst ausbrennen müßte und man würde nur auf
-seiner Hut sein, daß dieser Krater keine Crevasse bekäme, aus der sich
-der Gährungsstoff auf andere Länder ergießen könne. Sollte Preußen
-jedoch nicht angegriffen werden, so wären Sie fest entschlossen, alle
-Ihre Kräfte aufzubieten, um den jetzigen Besitzstand zu erhalten, und
-Sie würden keinen Mann Ihrer bewaffneten Macht zurücklassen, um auch
-den letzten Ihrer Untertanen zu beschützen und sich zu erhalten. Was
-die verschiedenen Aufstände im Preußischen beträfe, so hätten Sie dem
-wohlgesinnten Teil der Untertanen Gelegenheit gegeben zu zeigen, wie
-sehr sie Ihrem Szepter anhingen, indem sie den Emeuten allenthalben
-rasch ein Ziel gesetzt hätten. Ich müßte aber einem Jeden zu bedenken
-geben, daß man nicht nur durch Aufstände gegen Sie sich auflehnen,
-sondern daß auch durch Gesinnungen und Handeln eines Jeden in seinem
-Wirkungskreise Auflehnung entstehen könne, und daher müßte ich
-namentlich die Behörden aufmerksam machen, genau den geregelten und
-vorgezeichneten Gang Ihrer Regierungsform ins Auge zu fassen, damit
-ein Jeder in Ihrem Sinne Recht und Billigkeit ausübe. Jede Abweichung
-hiervon wäre gegen Ihre Absicht und gegen den Sinn Ihrer Regierung und
-könne daher eine Ahndung nach sich ziehen.
-
-Wenn Sie gegen diese Worte und deren Sinn etwas zu erinnern finden,
-so muß ich Belehrung darüber erwarten; ich glaube aber versichern zu
-können, daß sie nicht nachteilig gewirkt haben und das Interesse,
-welches Sie an den getrennten Provinzen nehmen, den Einwohnern von
-Neuem gezeigt und sie sehr erfreut hat.
-
- Ihr gehorsamer Sohn
-
- Wilhelm.
-
-
-
-
-Im Dienste des Staates.
-
-
- Berlin, den 14. November 1830.
-
-Auf meinen dienstlichen Antrag, den Kavallerie-Regimentern
-die Kriegsreserven-Mannschaften so lange zu belassen, bis die
-Augmentations-Mannschaft im Februar oder März eintrifft, habe ich
-heute die abschlägige Bescheidung des Kriegsministers auf Ihren Befehl
-erhalten. Verzeihen Sie gnädigst, wenn ich noch ein Mal in dieser
-Angelegenheit mich direkt an Sie wende. Mein Zweck kann ja kein anderer
-sein, als Ihre Kavallerie vor einem möglichen Erscheinen im Felde zu
-sichern, der ihr und ihrem Namen nur Nachteil bringen kann.
-
-Die jetzige Stärke eines Kavallerie-Regimentes ist 462 Gemeine;
-davon sollen nun ein Drittel entlassen werden, also pp. 150 Gemeine;
-es verbleiben also ausrückender Stand 378 Gemeine. Davon Kranke,
-Kommandierte ect. vielleicht 18 Mann. Schlagfertiger Stand also 300
-Mann.
-
-Mit 300 Pferden also würde ein Kavallerie-Regiment marschieren, wenn
-im Laufe der nächsten Monate ein Marsch befohlen würde. Wenngleich
-ich die politischen Ereignisse nicht kenne, so scheint doch aus allem
-hervorzugehen, daß die Krisis gekommen ist, wo es sich entscheiden muß,
-ob in wenigen Wochen Belgien sich friedlich gibt oder ob es gezwungen
-werden muß, dem Willen Europas sich zu beugen. Tritt letzterer Fall
-ein, so scheint ein Einrücken unserer Truppen so schnell als möglich
-doch unumgänglich nötig, um noch so viel zu retten als möglich. Dann
-tritt aber auch der Fall ein, daß die Kavallerie-Regimenter am Rhein
-schnell aufbrechen müssen und nicht 14 Tage bis 3 und 4 Wochen auf die
-Einziehung ihrer Kriegsreserven warten können; folglich marschieren
-sie dann mit 300 Gemeinen. Noch schlimmer gestaltet sich das Ganze für
-mein Armeekorps. Dasselbe wird doch allerwenigstens nach dem Rhein
-marschieren müssen, wenn die dortigen Corps vorrücken (freilich wäre es
-mir lieber, wenn mein Corps gleich mit vor den Feind rücken könnte),
-dann habe ich also auch aber nur Kavallerie-Regimenter zu 300 Gemeinen;
-meine Kriegsreserve-Mannschaft kann ich aber unter 6 Wochen nicht in
-den jetzigen Garnisonen haben und nicht unter 2 Monaten am Rhein.
-Die jetzt einkommenden Rekruten pp. 150 müssen zurückbleiben oder
-unausexerciert folgen; dasselbe gilt von den Rekruten, die jetzt oder
-im Februar kommen sollen.
-
-Ein Regiment hat jetzt etatmäßige Pferde 468; angenommen, es haben nur
-18 Pferde ausrangiert, bleiben 450. Folglich, um den neuen Etat von
-584 Pferden zu erreichen, bedarf es 134 Pferde; davon erhält es jetzt
-60 und im Februar 74 Stück. Wenn also in den nächsten 4 Wochen ein
-Marsch eintritt, so muß ein Regiment 450 Pferde und 60 Pferde, Summa
-510 Pferde mitnehmen; darauf hat es aber nur 300 gedienter Leute und
-150 Rekruten, also genau 210 Pferde mehr zu warten, als es Leute zu
-deren Wartung hat und wenn die Rekruten mit die Pferde warten können,
-so bleiben immer noch 60 Pferde mehr als wartende Soldaten. In der
-Garnison in Ruhe läßt sich das allenfalls ertragen, aber auf einem
-Marsch wäre es ein entsetzlicher Übelstand[84].
-
-Aus allem diesem fühlte ich mich daher bewogen, Ihnen nochmals den
-Antrag vorzulegen, die Kriegsreserven der Kavallerie-Regimenter des
-3., 4., 7. und 8. Armeecorps so lange vor der Hand bei den Regimentern
-zu belassen, bis die zweite Remonte zur Augmentation eingetroffen
-ist, ungefähr so im Februar, bis wohin sich so Vieles am politischen
-Horizonte aufgeklärt haben muß und namentlich, ob man sich noch mehr
-oder weniger rüsten muß. Tritt bis dahin aber jenes Corps in Marsch,
-so sind die Kavallerie-Regimenter doch einigermaßen schlagfertig, was
-ohne Einbehaltung der Kriegsreserven fast nicht möglich ist. Am 23.
-d. M. sollen die Kriegsreserven meiner Kavallerie abgehen; die der 5.
-Kavallerie-Brigade sind schon zweimal fort gewesen und zweimal wieder
-eingezogen worden. Ich habe jedem Mann aus meiner Tasche einen halben
-Taler geschenkt, um sie einigermaßen für die gehabten Kosten an
-Kleidung und Putzzeug zu entschädigen. Dies zum dritten Mal zu erleben,
-was leicht möglich wäre bei der zu erwartenden Entscheidung der Krisis,
-wäre wohl sehr unangenehm in jeder Beziehung.
-
- Ihr gehorsamer Sohn
-
- Wilhelm.
-
-
- (Ohne Datum.)
-
-Wilhelm Solms hat mich in seiner Heiratsangelegenheit zum Mitvertrauten
-erwählt. Dieselbe ist Ihnen durch seine Mutter und deren Brüder
-bekannt gemacht worden, um Ihren Consens zu erbitten. Sie haben
-dabei ausgesprochen, daß Sie den Wunsch hätten, man möchte doch noch
-Versuche machen, ob man die Gräfin Kinsky-Mutter nicht vermögen könnte
-nachzugeben, daß auch die einstigen Töchter aus der zu schließenden Ehe
-den evangelischen Glauben annähmen. Sie sind darin Wilhelms Wünschen
-nur unterstützend beigetreten, doch hatte er gleich von Anfang an nicht
-die Hoffnung, daß seine künftige Schwiegermutter nachgeben würde, da
-es ihm Mühe gemacht hatte, die evangelische Religion für die Söhne zu
-erlangen.
-
-Der Herzog Carl, welcher diese Religionsfrage der Töchter nun betrieb,
-verpflanzte dieselbe auf ein fremdes Terrain, indem er mit dem Gesetze
-einschreiten wollte, indem er seinem Neffen versicherte, Sie würden
-Ihren Consens nicht geben, wenn nicht das Gesetz erfüllet würde, d.
-h. nach des Herzogs Auslegung, die Töchter +müßten+ katholisch
-werden. Wilhelm Solms, der sich mit der Sache natürlich sehr vertraut
-gemacht hatte, auch bereits die Einwilligung seiner Mutter und seines
-Familien-Chefs, von Letzterem sogar durch offizielle Urkunde, hatte,
-daß die einstigen Töchter katholisch werden sollten, fand in den
-Gesetzen nirgends die vom Herzog Carl gemachte Auslegung derselben.
-Denn im Gesetz heißt es ausdrücklich so: die Regel ist, daß alle
-Kinder der Religion des Vaters folgen; wenn jedoch ein anderes bei den
-Ehepakten beschlossen wird, so mischt sich das Gesetz nicht darein; nur
-in dem Falle, daß eine Verschiedenheit der Wünsche obwaltet und eine
-Einigung nicht möglich ist, so tritt das Gesetz mit der aufgestellten
-Regel ein. Ja selbst wenn die Brautleute gleicher Meinung waren, bei
-der Geburt eines Kindes eines der nunmehrigen Eltern desselben aber
-die Meinung gewechselt haben sollte und eine Einigung gutwillig nicht
-möglich ist, so schreitet auf Verlangen wiederum das Gesetz mit seiner
-Regel ein. Diese hier aufgestellte Auslegung des Gesetzes beruht auf
-den Aussprüchen der Geheimräte v. Raumer, Savigny und Kamptz und ist
-auch die ganz allgemein in Anwendung kommende Praxis. Wilhelm Solms
-muß also vermuten, daß sein Onkel in der Auslegung des Gesetzes
-geirrt habe, was ihm dadurch noch mehr bestätigt ward, daß vor wenig
-Tagen sich der Herzog völlig lossagt, ferner in der Angelegenheit
-zu tun haben zu wollen und den Großherzog an seine Stelle setzt.
-Außerdem hatte aber der Herzog Carl auch noch obengenannte Urkunde
-des Fürsten Solms als unstatthaft angreifen wollen, obgleich sie
-schon in Wien mitgeteilt ist, behauptend, die mediatisierten Fürsten
-dürften dergleichen Dokumente in ihren Familien nicht ausstellen, wenn
-sie gegen Landesgesetze verstießen. Da aber, wie gezeigt, gegen die
-Landesgesetze gar nicht verstoßen ist, indem mit Übereinstimmung von
-allen Parteien die katholische Religion für die Töchter stipuliert
-ward, so fällt auch dieser Einwurf des Herzogs zusammen, abgesehen
-davon, daß den mediatisierten Häusern selbst solche Anordnungen zu
-treffen vorbehalten ist.
-
-Wilhelm Solms ist nun natürlich sehr ~en peur~ zu vermuten, daß
-Ihnen die Sache als eine Ungesetzmäßigkeit vorgestellt sein möchte, was
-zu berichtigen ich sehr gern für ihn übernommen habe. Der hofft also,
-wenn der Großherzog Ihnen das Nichtnachgeben der Gräfin Kinsky wird
-angezeigt haben, Sie Ihren Consens erteilen werden, wenn Sie gesehen
-haben, daß Alles geschehen war, die Gräfin zu bewegen, Ihrem Wunsche
-nachzugeben; der Entscheidung Ihres Consenses wird das Gesetz nirgend
-im Wege stehen. Sie werden Zwei sehr glücklich machen, denn die Briefe
-der Braut schildern sie als sehr verliebt und sehr ausgezeichnet von
-Herz und Geist, und Wilhelm ist sehr entzückt und gefällt mir ganz
-ungemein in der ganzen Angelegenheit[85]...
-
-
- Berlin, den 29. März 1831.
-
-Wenngleich ich nicht weiß, ob Ihr Vertrauen dem Prinzen Radziwill[86]
-beim nächsten Avancement in der Armee eine Regiments-Commando-Stelle
-verleihen wird, so wäre dies bei seinem Anciennitäts-Verhältnis doch
-möglich. Ich glaube es daher der Freundschaft für ihn schuldig zu sein,
-über seine Persönlichkeit und über die daraus etwa entspringende Wahl
-des ihm anzuvertrauenden Regimentes Folgendes zu sagen.
-
-Sein sehnlichster Wunsch und der seiner Familie ist es, einst das 19.
-Infanterie-Regiment zu befehligen, indem er demselben nun schon so
-lange angehört. Der jetzige Commandeur, Oberstleutnant v. Valentini,
-hat diesen Wunsch sehr begreiflich gefunden, sich ganz erbötig erklärt,
-ein Regiment zu tauschen, wenn es Ihr Befehl sei. Später hat er jedoch
-seine Ansicht in dieser Hinsicht plötzlich geändert. Dem General
-Witzleben teilte ich schon vor längerer Zeit den Wunsch des Prinzen
-mit. Er erwiderte mir, daß der Prinz zu sehr Pole sei, als daß man
-ihm dies Regiment anvertrauen könne und daß mehrere Dinge über ihn in
-dieser Beziehung berichtet seien, die Sie nicht veranlassen würden,
-ihm das 19. Regiment zu geben. Ich teilte dem Prinzen diese ganze
-Unterredung und Mitteilung des Generals Witzleben mit. Er war darüber
-nicht verwundert, weil er sehr wohl wußte, daß man von Posen aus so
-über ihn berichte. Als Mann von Ehre begnügte er sich zu erwidern,
-daß er sich nicht rechtfertigen würde, sondern die Zeit entscheiden
-lassen wollte. Wie wenig er übrigens blind über die Polen ist, wird
-seine Mitteilung -- schon vor einigen Jahren -- beweisen, wo er
-mich benachrichtigte, daß der Geist in Posen usw. anfinge sich zu
-verschlechtern usw. und daß er dieserhalb beständig zu predigen habe.
-
-Jetzt seit der polnischen Revolution wird, glaube ich, ein Jeder, der
-ihn unparteiisch hat sprechen hören, ihm das Zeugnis erteilen, daß man
-nicht richtiger das Verhältnis beurteilen kann als er; aber freilich
-kann ich ihn dabei nicht lossprechen, manches Ding, was unter dem
-Großfürsten Konstantin geschehen ist, bei seinem Namen genannt zu haben
-und vielleicht nicht immer vorsichtig genug. Aber Rebellion bleibe für
-ihn Rebellion, wenngleich das Interesse von seines Vaters Landsleuten
-ihm am Herzen liegt. Wenn er sich also in dieser Beziehung mancher
-Unachtsamkeit wirklich anzuklagen haben mag, so ist das doch sehr weit
-entfernt von einer Gesinnung, die Mißtrauen gegen ihn aufkommen lassen
-könnte. Ich darf es Ihnen versichern, Sie können keinen ergebeneren und
-treueren Offizier in Ihrer Armee haben als ihn, denn Wenige kennen ihn
-so genau wie ich...
-
-Der Prinz wird natürlich jedes andere Regiment, das Sie ihm übergeben,
-als ein unschätzbares Vertrauen übernehmen, aber ein sehr schmerzhaftes
-Gefühl wird es ihm sein und bleiben, glauben zu müssen, daß man
-aus politischen Gründen ihm mißtraut und daher von seinem jetzigen
-Regimente entfernt. Verzeihen Sie gnädigst, wenn Freundschaft und
-Überzeugung diese Zeilen mir eingeben.
-
- Ihr gehorsamer Sohn
-
- Wilhelm.
-
-
- Belvedère bei Weimar, den 26. Juni 1831.
-
-Die russische Remonte schlägt außerordentlich gut ein und ist wirklich
-jetzt ~magnifique~; auch die Augmentations-Pferde sind sehr gut,
-so auch beim 3. Ulanen-Regiment. Leider kann ich nicht dasselbe von
-den sogenannten russischen Pferden sagen, welche das 2. Dragoner-
-und das 3. Husaren-Regiment als Augmentation erhalten haben für
-die außerordentlich guten, welche sie an die Regimenter des 4., 7.
-und 8. Corps haben vor 6 Wochen abgeben müssen. Diese sogenannten
-russischen Pferde sind nicht nur unter der Kritik schlecht, wenigstens
-zu Dreiviertel der ganzen Masse, sondern sind sie nicht einmal
-einstellungsfähig, was das Haupterfordernis dieser Augmentationspferde
-war... Der Kriegsminister ist freilich selbst sehr ungehalten auf
-diesen Ankauf und wenn er auch Ersatz stellen will, so kann er es
-doch nicht hindern, daß diese Regimenter statt in vier Wochen erst in
-mehreren Monaten schlagfertig auf die Kriegsstärke werden. Ich hatte es
-ihm vorher gesagt und bin wirklich sehr niedergeschlagen, weil meine
-Cavallerie die einzige in der ganzen Armee ist, der es so ergeht...
-
-
- Im Neuen Palais, 30. Juli 1831.
-
-In militärisch-cholerischer[87] Beziehung melde ich nur noch, daß
-auf Aufforderung des Generals v. Thile von gestern der Oberst v.
-Neumann angewiesen worden ist, eine Compagnie des Kaiser Franz
-Füselier-Bataillons und eine Escadron jenseits Stettin zu detachieren,
-indem die dortige Garnison nur 100 Mann disponibel zum Cordon bis zum
-Haff machen kann, daher die verlangte Aushülfe notwendig wurde. Das
-Füselier-Bataillon des ersten Garde-Regiments wird, wenn jene Lücke
-links geschlossen werden muß, auf dem rechten Flügel des Cordons
-diese Links-Schiebung ersetzen. Die Bataillone sind guten Muts
-ausmarschiert, um so mehr, weil die Soldaten nicht glauben, daß sie
-blos gegen die Krankheit, sondern gegen die Polen marschieren, wovon
-die nur mitgenommenen 15 scharfen Patronen sie nicht zu detrompieren
-vermochten. Die Bemerkung hörte man allgemein, daß man nach 16
-Friedensjahren nicht erwartet hätte, zum ersten Male nach Osten und
-gegen eine Seuche wieder auszumarschieren und daß die westliche
-Richtung lieber eingeschlagen worden wäre, einen andern Feind findend.
-Wer weiß, was über kurz oder lang uns bevorsteht, dann ist die jetzige
-Zeit ein gutes Aguerriren...
-
-
- Berlin, den 10. Februar 1832.
-
-Durch den Kriegsminister ist mir Ihr Befehl zugegangen, nach welchem
-eine sehr bedeutende Beurlaubung bei der Infanterie eintreten soll.
-Die Staatskassen müssen freilich sehr erschöpft sein, da Sie sich zu
-dieser Maaßregel entschlossen haben, denn Niemand ist ja fürsorglicher
-für das Wohl der Armee als Sie und Niemand weiß daher besser als Sie,
-wie schmerzlich dieser Befehl der Armee sein muß, wie desorganisierend
-er momentan und vielleicht auf länger auf dieselbe wirken muß. Ich kann
-daher auch nicht, wenn ich es mir auch gern unterstehen möchte, auf
-Zurücknahme dieser Anordnung für die ganze Infanterie antragen; aber
-ich wage es, Ihnen die Lage der Infanterie des dritten Armee-Corps
-untertänigst vorzutragen. Durch die Dislocation derselben außer ihrem
-Cordon trifft diese Maßregel dieselbe ungleich härter und führt weniger
-zum Ziel der Ersparnisse.
-
-1.) Die Beurlaubung wird nicht viel vor Ende des Monats eintreten,
-sodaß also ungefähr dieselbe nur auf 3 Monate eintritt.
-
-2.) Nach meinem ungefähren Überschlag wird die Entlassung beim dritten
-Armee-Corps circa 2200 Mann betragen. Der Mann zu 3 Taler monatlich
-berechnet, gibt die Summe von 10000 Talern, in 3 Monaten also 30000
-Taler, welche erspart werden.
-
-3.) Davon sind jedoch wiederum abzurechnen wenigstens 14 Tage Hin- und
-14 Tage Her-Marsch, also wieder ein Monat, sodaß wieder 10000 Taler
-abzurechnen sind, und es bliebe also nur ca. 20000 Taler Ersparnis.
-
-4.) Wie Wenige werden sich finden, die auf eine so kurze Zeit nach
-Hause gehen, wie sie kein Unterkommen, kein Verdienst auf 2 Monate
-finden?
-
-5.) Bei der Aussicht einer großen Revue für das dritte Armee-Corps
-wird die Maaßregel für dasselbe im höchsten Grade drückend.
-Die Desorganisation der Truppen tritt in dem Moment ein, wo
-die Compagnie-Exercier-Zeit beginnt, wo die Rekruten durch die
-Zusammenstellung mit den alten Mannschaften erst anfangen sich
-zu orientieren und als Soldaten zu fühlen. Das Fortschreiten
-der Ausbildung von Stufe zu Stufe, Compagnie-, Bataillon-,
-Regiments-Exercieren wird unmöglich, teils aus Mangel an
-Formations-Möglichkeit, teils weil mit vier wachtfreien Nächten die
-Mannschaft so fatiguirt wird, daß an ein systematisches Exercieren
-kaum zu denken ist. Jede Vermehrung von Kranken im Frühjahr, die
-leider jetzt immer zu erwarten ist, jedes kleine Kommando und andere
-Zufälligkeiten vermindern den wachtgebenden Stand, sodaß bald mit 3,
-bald mit 2 Nächten wird aufgezogen werden müssen. Bei einer solchen
-Fatigue hat die Erfahrung, namentlich in Coblenz bis zum Jahre 1830,
-gelehrt, daß die jungen Leute nicht auf dem Posten sich wach zu
-erhalten vermögen, sie schlafen ein, werden so betroffen, arretiert,
-sodaß ihre Existenz höchst gefährdet ist, da sie zwischen Ermattung
-auf Posten durch Mangel an Schlaf, was die Gesundheit untergräbt,
-und Arretierung wegen Erliegung der Fatigue zu wählen haben. Dies
-Bild erscheint grell, ist aber leider aus der Erfahrung von Coblenz
-gegriffen und findet sich in einem Brief von mir an den General
-Witzleben aus Ems von 1830. Ich fürchte mit Recht, daß ähnliche
-traurige Verhältnisse nun in Magdeburg, Erfurt, Cüstrin und Wittenberg
-eintreten werden. Wie soll bei solchen Fatiguen viel exerciert werden
-können? Die Ausbildung der Truppe ist also während der drei Monate fast
-unmöglich.
-
-6.) Am 1. Juni soll die beurlaubte Mannschaft wieder eintreffen
-bei den Regimentern. Um Ihre Zufriedenheit zu erlangen im Herbst,
-ist es unumgänglich nötig, daß wie 1827 die Vorübungen der Truppe
-systematisch in ihrer größeren Zusammensetzung fortschreiten; sonst
-kann ich nicht verantwortlich sein für Ordnung der Ausführung des
-Verlangten. Eine desfalsige Berechnung ergibt, daß die Erfurter
-Garnison in der Hälfte Juli aufbrechen muß; sie hat also kaum 5 Wochen,
-um mit der Mannschaft im Detail alles nachzuholen, was erforderlich
-ist. Welch’ ein kurzer Zeitraum für die feine Ausbildung im Detail;
-welche Anstrengungen, welche Überbietung der Kräfte aller Teile gehört
-dazu, um zu Stande zu kommen? Eine so übermäßige Anspannung erkältet
-leicht den höchsten Eifer und die größte Lust. Und wenn es mir auch
-glückte, das Corps wie vor 6 Jahren Ihnen vorzuführen, so bangt mir
-wahrlich vor der Frage, was für Kräfte aufgeboten wurden, um in so
-kurzer Zeit so viel zu erreichen.
-
-Aus dieser, ich fühle es, sehr kühnen und gewagten Darstellung der
-Folgen, welche die Beurlaubungsmaßregel bei meiner Infanterie haben
-wird, unterstehe ich mich darauf anzutragen, die Maßregel bei dieser
-Infanterie zurückzunehmen, teils, weil die Ersparnis-Erzielung bei
-derselben gering ist, durch ihre Dislocation, teils weil die Kräfte der
-Mannschaften beim Wachtdienst und bei den übereilten späteren Übungen
-gefährdet werden... Ich muß bemerken, daß meine Befehle zur Beurlaubung
-bereits abgegangen sind, eine gnädige baldige Entscheidung also sehr
-erwünscht ist.
-
- Ihr gehorsamer Sohn
-
- Wilhelm.
-
-
- Berlin, den 8. Oktober 1832.
-
-Der gestrige Morgen in Bellevue, wo wir Charles X. und den Dauphin
-begrüßten, gehört gewiß zu den ergreifendsten Momenten des Lebens. Ich
-vermag den Eindruck nicht zu schildern, den der Anblick des Mannes, auf
-einer solchen Reise begriffen, auf mich machte, den man vor 17 Jahren
-in Folge so mühseliger Anstrengungen und Opfer auf den Thron seiner
-Väter zurückführen sah. Der Wechsel der entsetzlichen Schicksale trat
-zu grell hervor, als daß man nicht tief erschüttert sein mußte.
-
-Der König war in seiner bekannten Art heiter und außerordentlich
-gerührt und dankbar über Alles, was ihm seit seinem Eintritt ins
-Preußische begegnet ist, denn allgemein soll man ihm die größte
-Teilnahme verbunden mit dem schuldigen Respect erwiesen haben... Er
-sprach über die Revolution und sagte, daß er immer nur das Wohl seines
-Landes im Auge gehabt habe und auch glaube, immer nur die richtigsten
-Mittel gewählt zu haben; aber freilich einen Fehler habe er gemacht,
-nämlich den, im Juli 1830 nicht 50000 Mann mehr nach Paris gezogen zu
-haben, aber er hätte eine solche Maßregel nicht für nötig gehalten,
-zu sehr auf die Gesinnung des Volkes rechnend. Er fürchtet sehr für
-Frankreichs Ruhe in den nächsten Monaten bei Eröffnung und während der
-Sitzung der Kammern, hinzufügend, er wünsche es nicht, denn er wünsche
-zur die Zufriedenheit des Landes, aber er fürchte nur Unruhen. ~Le
-gouvernement a bien de la peine de remettre les affaires en ordre et de
-se consolider~ sagte er auch unter anderm. Auch freute er sich über
-die Bundestagsbeschlüsse und sagte: ~la liberté de la presse, c’est
-le reste~...
-
-
- Berlin, den 24. Februar 1833[88].
-
-Es ist ein schwer zu beschreibendes Gefühl, mit welchem ich (in) diesem
-Augenblick die Feder ergreife, da ich weiß, daß ich mich über die ganze
-Zukunft der preußischen Armee aussprechen muß.
-
-Vom Generalleutnant von Witzleben bin ich heute früh aufgefordert
-worden, mich über die künftige Dienstzeit des Infanteristen nach den
-mitgeteilten Plänen auszusprechen.
-
-Früh schon hat mich Ihre Gnade und Ihr Vertrauen an die Spitze höherer
-Truppencommandos berufen, sodaß ich bereits aus den gesammelten
-Erfahrungen mir ein Urteil zutrauen darf. Wahrscheinlich berufen,
-dereinst noch die mir anvertrauten Truppen zur Erhaltung Ihres
-Thrones und Ihres Vaterlandes gegen den Feind zu führen, muß ich auch
-wissen, wie die Truppen beschaffen sind, mit denen ich so hohe Güter
-verteidigen soll. Eine Vernachlässigung meiner heiligsten Pflicht würde
-es sein, wenn ich in einem Augenblicke schweigen wollte, wo es darauf
-ankommt, die Beschaffenheit dieser Truppe so zu untergraben, daß deren
-Führer dereinst nicht mehr wissen können, ob sie für deren Gehorsam und
-Disciplin sich verbürgen können. Eine schwere Verantwortlichkeit würde
-ich auf mich nehmen, wenn ich in diesem entscheidenden Moment nicht auf
-das aufmerksam machte, was die Armee bedroht und wenn ich in ein System
-willigte, von dem ich nur Übles erwarte und vielleicht in einer fernen
-Zukunft -- wenn es zu spät ist -- hören müßte: warum hat man damals
-darein gewilligt, warum hat man nicht gesprochen, als es Zeit war.
-
-Im Monat October habe ich es gewagt, über den fraglichen Gegenstand
-meine Ansichten ganz ~in exstenso~ vorzulegen. Wenn jenes Memoire
-es nicht vermochte, die Beschließungen abzuwenden, von deren Anwendung
-ich heute unterrichtet werde, so wird es freilich dieses Schreiben
-noch viel weniger vermögen, wo ich mich nur auf jenes Memoire beziehen
-kann. Aber verwahren muß ich mich gegen alle Folgen, die aus dem
-beabsichtigten Schritt entspringen müssen, und dies hiermit zu tun ist
-meine Pflicht.
-
-Wohl weiß ich, daß gewichtige Stimmen keinen Übelstand in der
-verkürzten Dienstzeit des Infanteristen sehen wollen; noch heute
-sprach ich mit Generalleutnant Grollmann davon, aber wie künftig
-Unteroffiziere zu beschaffen sein werden, daran hatte er nicht
-gedacht, gleichfalls nicht, wie nach 16 monatlicher Dienstzeit sich
-noch Kapitulanten finden werden, die Pflanzschulen der Unteroffiziere.
-Er sagt, in 16 Monaten könne man einen Unteroffizier vollkommen
-ausexercieren und felddienstfähig machen; ich versichere dies in 8-10
-Monaten tun zu wollen, aber weder in 8, 10 noch 16 Monaten erzieht man
-einen Soldaten, der es dem Geist nach ist, d. h. einen, der nicht aus
-Furcht vor Strafe, sondern aus einer gewordenen Überzeugung handelt,
-wie es ihm gelehrt ist. Wie will man Vertrauen auf einen Soldaten
-auf Vorposten setzen, der kaum unter den Augen des Vorgesetzten das
-Befohlene tut, weil er das Befohlene noch nicht inne hat und haben
-kann. Wie wird im Kriege die Disciplin in einer Truppe zu erhalten
-sein, die sie in 16 Monaten kaum der Idee nach kennen gelernt hat, dem
-Geiste nach aber gar nicht; wie wird diese Disciplin in der Landwehr,
-bei der Composition ihrer Offiziere aussehen, da sie in 16 Monaten
-nicht erlernt ist, geschweige denn nach 10 Jahren der Beurlaubung.
-Es gibt deutsche Armeen, die bei ihrer kurzen Dienstzeit weder das
-Vertrauen des In- noch Auslandes haben; die aber wohl +ein+
-Renomee sich gemacht haben, das der Indisciplin. Die Preußische Armee
-zeichnete sich von jeher durch das Gegenteil aus; sie besitzt, und mit
-Recht, das Vertrauen des In- und Auslandes, weil ein Jeder fühlt, daß
-sie allein noch in Deutschland auf richtige Prinzipien gegründet ist,
-daß ihre Glieder zu wirklichen, kräftigen Kriegern erzogen werden,
-weil ihnen die Zeit dazu vergönnt ist. -- Wie wird sich das Alles
-ändern, wenn nun die Dienstzeit des Soldaten denen der andern Heere
-gleichkommt, auf die gerade dieserhalb man kein Vertrauen setzt.
-
-Wenn wirklich die Reducierung der Dienstzeit von 36 auf 16 Monate
-stattfinden soll, so wird man sich vor einer Haupttäuschung zu wahren
-haben, nämlich der, daß man nicht mehr die Ansprüche an die Armee und
-Landwehr einst beim Beginn eines Krieges mache, die man an sie zu
-machen berechtigt war, als das Edikt vom Jahr 1814 erschien. Durch
-die Reducierung der Dienstzeit tritt die Infanterie auf die Linie der
-anderen kleinen deutschen Armeen und man ist nicht berechtigt, mehr
-von der unsrigen als von jenen zu verlangen. Das Edikt vom Jahre 1814
-zeigte eine Armee von Linientruppen beim Beginn eines Krieges, in
-welcher eine feste soldatische Ausbildung möglich war, und daneben
-die Landwehr, welche durch jene feste soldatische Ausbildung gegangen
-war und daher ein Stamm sein konnte, trotz der langen Beurlaubung
-jener Ausbildung in allen Teilen Ehre zu machen. Jetzt nun soll der
-Vordersatz schwinden, was soll aus dem Nachsatz werden?
-
-Die schöne Haltung der Armee gibt am meisten Stoff für die Laien,
-um die Behauptung der verkürzten Dienstzeit aufzustellen. Man kehre
-den Satz um: gesetzt, es wäre nicht gelungen, die Armee so schön
-zu erhalten, sondern das Gegenteil, würden die Laien nicht selbst
-behaupten, die Dienstzeit müsse verlängert werden? Denn es sehe die
-Truppe zum Erbarmen aus? Ganz einfach und schlagend ist der Satz, da
-ein Soldat 3 Jahre dienen +muß+, um dem +Geist+ nach Soldat
-zu sein, so kann er auch so gut aussehen, wie der preußische Soldat
-aussieht, aber nicht +um+ so gut auszusehen, soll er drei Jahre
-dienen.
-
-Schließlich kann ich nicht unberührt lassen, daß ich aus sicherer
-und sehr wohl unterrichteter Quelle weiß, daß auch das Jahr 1832
-wieder Überschüsse im Jahres-Abschluß liefert, die den früheren nicht
-nachstehen: ich muß daher noch einmal auf die im Memoire vom Oktober
-abgesprochene Ansicht zurückkommen; man zweige anderthalb Millionen
-von diesen nun seit 3 Jahren constant sich bleibenden Überschüssen
-zum Militär-Etat ab, lege das andere in den Schatz und Erlassung
-von Steuern möge eintreten, wenn jener gefüllt ist, aber ehe jene
-Millionen nicht zum Militär-Etat gebracht sind, darf kein Steuer-Erlaß
-eintreten. Ist dieser erst eingetreten, und die Dienstzeit verkürzt,
-wer kann +dann+ jemals daran denken, eine Steuer-Erhöhung und
-eine verlängerte Dienstzeit wieder vorzuschlagen? So stehen wir am
-Wendepunkt dieser ins tiefste Innerste mich erschütternden Frage, deren
-Lösung das Schicksal des Vaterlandes und des Thrones in sich schließt.
-Tief ergriffen und schmerzlich bewegt verbleibe ich
-
- Ihr gehorsamer Sohn
-
- Wilhelm.
-
-
- Im neuen Palais, 30. Juli 1833.
-
-Eine zweite Bitte, die ich vorzutragen wage, verdient eine sehr zarte
-Behandlung, da Sie mir dieselbe bereits vor 7 Jahren zwar nicht
-definitiv abgeschlagen, jedoch durch Ihre Nicht-Entscheidung auch
-nicht genehmigten. Es ist dies das Projekt eines kleinen Besitztums
-auf dem Babelsberg[89]. Sie fanden das damalige Projekt zu groß und
-zu kostspielig. Das, was ich jetzt vorzutragen wage, wird diesen
-Vorwurf nicht verdienen, da es nur eine Cottage von 50 Fuß Quadrat
-und eine kleine Garten-Anlage rund herum in sich begreift. Der ganze
-übrige Berg würde bleiben, wie er ist und nur gangbarer gemacht
-werden. Die projektierte Anlage würde am unteren Abhange zunächst dem
-Fischerhäuschen zu liegen kommen, mit einem kleinen Teil des offenen
-Feldes; das Ganze würde ungefähr 6000 Tlr. abzuführen kosten. Die
-neu angelegten Promenaden auf dem Berge, die jedoch weder von mir
-angelegt noch bezahlt sind, haben durch die schönen Aussichten, die
-sie gewähren, den Wunsch von neuem in mir rege gemacht, jenes frühere
-Projekt wieder aufzunehmen, da ich mich in der Wahl der schönen Lage
-wohl nicht geirrt habe. Augusta teilt sehr meinen Wunsch und den
-Gefallen an einem kleinen Besitztum. Im Gewährungsfall würde ich den
-Berg in Erbpacht nehmen, jährlich 90 Tlr., weil ich keinen andern
-Besitz-Titel anzugeben habe. Da die Zeiten jetzt friedlich sind, so
-darf ich hoffen, Ihre gnädige Einwilligung zu erhalten...
-
-
- Weimar, den 23. Oktober 1833.
-
-.... Ich war gestern in Erfurt... nach der Parade führte die Infanterie
-ein kurzes Exercieren aus. Die Truppen sahen sehr gut aus, wenngleich
-die schönen gedienten Leute vom Herbstmanöver zu vermissen waren...
-Auch das hiesige Bataillon habe ich in Parade gesehen. Es war sehr
-schwach... die Haltung ist mit einem gewöhnlichen Landwehrbataillon
-früherer Art zu vergleichen, da die Mannschaften erst vier Wochen
-bei der Fahne sind... exerciert ward nicht, so daß ich von dem neu
-eingeführten preußischen Reglement nicht urteilen konnte. Die Griffe
-haben sie nicht eingeführt, da sie noch französische Gewehre besitzen,
-also die preußische Chargierung nicht annehmen können. Es wäre
-vielleicht nicht unzweckmäßig, zu versuchen, das preußische Gewehr
-hierher zu verpflanzen, damit ein Anfang zur Egalisierung des Kalibers
-gemacht würde...
-
-
- Weimar, den 31. Oktober 1833.
-
-.... Vor einigen Tagen habe ich den nun von Ihnen bestimmten
-Infanterie-Etat und die auf 2 Jahre bestimmte Dienstzeit zugeschickt
-erhalten. Ich sehe, daß auf die Gegenrechnung, welche ich in meiner
-Eingabe im Juli machte, nicht berücksichtigt worden ist. Ich kann
-nur wünschen, daß meine Rechnung unrichtig war; indessen nach
-den bisherigen Erfahrungen muß ich fürchten, daß ich mich nicht
-verrechnete. Da nun zur großen Revue vor Ihnen, also höchstens alle
-vier Jahre, die Kriegsreserven-Rekruten eingezogen werden sollen, so
-sind die Bataillone vier Jahre lang incomplet, so daß beim Ausmarsch
-so viele rohe Rekruten eingezogen wenden müssen, als das Manquement
-beträgt und dies wirkt ebenso auf die Landwehr; ich bin daher nicht
-ohne Besorgnis.
-
-
- Berlin, den 1. März 1834.
-
-Die Vorbereitungen zum Umbau unsers Palais sind nunmehr so weit
-vorgeschritten, daß derselbe auf dem bisher innegehabten Grundstück
-unter den Linden in der Mitte dieses Monats beginnen kann, so daß
-bereits im Herbst das erneuerte Gebäude unter Dach sein kann. Mit
-Ihrer gnädigen Erlaubnis würden wir daher um die angegebene Zeit
-unsern Umzug nach dem Schlosse bewerkstelligen. Den Vorstellungen des
-Hofmarschalls v. Malzahn habe ich gern nachgegeben, wenn ich Ihre
-Genehmigung nachsuche, nicht die früher gewählten Räume bewohnen zu
-dürfen, sondern das kleine Appartement des seligen Königs, da dasselbe
-alle Bequemlichkeiten darbietet, die dem zuerst gewählten durch das
-Erscheinen des Kleinen[90] nun abgehen.
-
-In der Anlage überreiche ich untertänigst die Pläne des Baurats
-Langhans[91], die die Genehmigung des Geheimrats Schinkel erhalten
-haben. Von den mitkommenden Façaden erscheint die im Florentinischen
-Stil mit den Bogenfenstern wegen ihrer Seltenheit in Berlin vielleicht
-den Vorzug zu verdienen. Sollten Sie jedoch den anderen den Beifall
-zollen, so sehe ich Ihren Befehlen entgegen, die ich aber vielleicht
-bald erbitten darf, damit der Baumeister sich auf das eine oder andere
-präpariere...
-
-
- Dobberan, den 13. August 1834.
-
-.... Durch den Hofmarschall von Malzahn bin ich benachrichtigt worden,
-daß Sie die Kosten der Instandsetzung der Fenster, Küchen usw. in dem
-mir im Schloß angewiesenen Räumen, nicht übernehmen zu wollen befohlen
-haben. Ich darf mich wenigstens über jenen Antrag rechtfertigen, denn
-ich habe ihn beim Hofmarschall gemacht, in der Voraussetzung, daß
-es seine Pflicht sei, die angewiesenen Räume in solchem Zustand zu
-überweisen oder herzustellen, daß sie brauchbar sind. In Küche und
-Keller war dies in einem so hohen Grade nicht der Fall, daß Sie die
-Details kaum glauben würden. Wie wenig aber die Wohnung selbst gegen
-die Winterwitterung geschützt ist, beweist die gemachte Aufnahme
-zu den Reparaturen, die der Kastellan besorgt hat und auch, daß
-Alexandrine[92] vorigen Winter ein Zimmer ganz hat verlassen müssen,
-weil es nicht mehr wegen Zug und Kälte bewohnbar war.
-
-Ich glaubte diese Ausführungen machen zu dürfen, um wenigstens den
-Glauben von mir abzuwenden, als habe ich etwas Unbilliges verlangt. Die
-verlangte Summe war allerdings nicht bedeutend, aber ich glaubte das
-Recht auf meiner Seite zu haben, als ich dem Hofmarschall den Antrag
-machte, während ich mir ein Palais baue, die einstweilen überwiesenen
-Schloß-Zimmer nicht auch noch im baulichen Zustande halten zu müssen.
-
-
- Wien, den 14. März 1835.
-
-.... Immer mehr muß man die Weisheit bewundern, mit welcher der
-verstorbene Kaiser seine letzten Anordnungen traf, die, wenn sie auch
-länger schon mit dem Fürsten Metternich vorbesprochen waren, doch nur
-in den letzten Lebensaugenblicken zu Papier gebracht wurden. Das so zu
-nennende politische Vermächtnis für seinen Nachfolger, wovon mir Fürst
-Metternich eine Abschrift im engsten Vertrauen für Sie mitgeben wird,
-ist ein Muster von Weisheit, Einfachheit und Kürze und muß einen tiefen
-und heilsamen Eindruck auf Jeden machen. Die Einigkeit der kaiserlichen
-Familie fährt fort, sich bei jeder Gelegenheit abzusprechen; dieselbe
-Einigkeit in den Grundsätzen, zu den Handlungen, und in den allgemeinen
-politischen Ansichten ist bei allen höchsten Beamten und bei Allen,
-die ich sonst noch gesprochen habe, ungemein erhebend und erfreulich
-zu sehen. Die Armee soll in einer musterhaften Verfassung sein und
-durch ein enormes Avencement, was lauter junge Männer an die Spitze der
-Truppen brachte, auch in ihrem geistigen Elemente im höchsten Grade
-belebt. Durch alle diese Verhältnisse erscheint Österreich in diesem
-Moment trotz des entsetzlichen Stoßes, den es soeben erlitten hat,
-dennoch auf einem Standpunkt zu stehen, der volle Anerkennung verdient
-und der, wenn Menschen und Umstände so verbleiben, eine ungetrübte
-Zukunft versprechen; und daß die am Ruder stehenden Männer keine
-veränderten Umstände herbeiführen wollen, dafür bürgt das Gefühl des
-notwendigen Zusammenhaltens Aller; hier liegt die ganze Garantie für
-die Zukunft.
-
-
- Berlin, den 24. April 1835.
-
-Der Kriegsminister benachrichtigt mich heute in einem Privatschreiben,
-was Sie infolge seines erneuten Vortrages über die Dienstreisen zu
-erklären geruht haben. Ich muß zwar vermuten, daß der Minister bei
-dieser Gelegenheit auch meine Vorstellungen erwähnt hat, die ich
-ihm auf die Cabinetsordre vom 18. März gemacht habe. Da jedoch Ihre
-anderweitigen Erklärungen, die ich heute in Erfahrung bringe, die
-Besorgnisse für das fernere Wohl der Armee, welche mir meine Eingaben
-an den Kriegsminister diktierten, leider nicht benehmen, so halte
-ich es für meine Pflicht, als eines der Organe der Armee und vermöge
-meiner Kindesstellung zu Ihnen, hier in der Kürze die Gründe nochmals
-auszuführen, welche mir jene Besorgnisse einflößen.
-
-Bei einer Armee von langer Dienstzeit läßt es sich einigermaßen
-denken, daß eine mehrmalige Inspicierung im Jahre durch die höchsten
-Vorgesetzten überflüssig sein mag, wenngleich ihr Unterbleiben auch
-hier niemals vorteilhaft auf den Geist der Truppen wirken wird; denn
-diese wollen ihren Vorgesetzten doch sehen und kennen lernen und werden
-es ihnen immer als Faulheit auslegen, wenn sie dieselben niemals in
-ihre Dislocierungen sich begeben sehen, wo man sich nach dem Ergehen
-der Truppe erkundigen kann, Mängeln abhelfen, kurzum Interesse für
-ihr Wohlergehen an den Tag legen siehet. Bei einer Armee jedoch wie
-die preußische, wo in der Linieninfanterie namentlich jährlich jetzt
-die Hälfte sich erneut und in der Kavallerie ein Drittel, da ist eine
-unausgesetzte Kontrolle der höheren Vorgesetzten durchaus von Nöten,
-teils um im Allgemeinen Spannung zu erzeugen, und auf der anderen Seite
-Aufmunterung, teils um Egalité in den Regimentern einer Brigade und
-eines Armee-Corps herbeizuführen. Selbst nach den heute erhaltenen
-Erklärungen ist es den Brigadekommandeuren völlig untersagt, ihre
-Regimenter anders als im Herbst bei den Regimentsconcentrationen zu
-besichtigen. Wenn sie nun hierbei in den Details Mängel entdecken,
-so ist nun keine Zeit mehr, um dieselben zu redressieren; dieselben
-werden sich also auf die fernere Brigade- und Divisionsübung ausdehnen
-und erst im Laufe des nächsten Jahres zur Abstellung kommen; ob
-sie aber abgestellt sind, davon soll sich der Brigadecommandeur
-nicht überzeugen dürfen, bis ein volles Jahr verlaufen ist und die
-nächste Regimentsconcentration eintritt, denn die Cabinettsordre sagt
-ausdrücklich, daß ein Truppenteil nur inspiciert werden soll, wenn er
-in seiner Ausbildung zurückgekommen ist; ein solches Zurückkommen ist
-aber sehr relativ und jedenfalls wird künftig des Brigadecommandeurs
-Erscheinen nur als eine Strafe zu betrachten sein, während es jetzt
-Ermunterung war. Da, wie ich heute erfahre, es den commandierenden
-Generalen ferner zwar gestattet sein soll, bei Gelegenheit der
-Landwehr-Inspicierung auch die Linientruppen zu sehen... wenn sie
-diese nun aber nicht zur Zufriedenheit ausgebildet finden, so trifft
-den Brigade- oder Divisionscommandeur unmöglich ein Vorwurf, denn sie
-durften sie ja nicht selbst zuvor inspicieren und sie sind also aller
-Verantwortlichkeit frei. Darf ich hiernach wohl noch auf die Stellung
-aufmerksam machen, in welche somit die höheren Vorgesetzten zu ihren
-Untergebenen gestellt werden? Erscheinen sie hiernach nicht während
-11 Monate im Jahr völlig überflüssig und bloß für das Bureaugeschäft
-da zu sein? Der commandierende General und der Regimentscommandeur
-sind demnach die einzigen controllierenden und also verantwortlichen
-Behörden. Und wenn selbst, wie mir der Kriegsminister bemerkte, auch
-die Inspicierungen durch den commandierenden General nicht nötig
-erscheinen, so wäre also alle Verantwortlichkeit über die Ausbildung
-der Truppen einzig und allein dem Gutdünken der Regimentscommandeure
-überlassen. Ob dann die so oft lobend anerkannte Gleichmäßigkeit ferner
-noch erhalten werden kann und ob nicht vielmehr jedes Regiment nach
-der einseitigen Ansicht seines Kommandeurs ausgebildet sein wird, muß
-ich untertänigst zu beurteilen anheimstellen. Wenigstens würde es sehr
-hart sein, wenn irgend ein höherer Vorgesetzter künftighin für den
-Zustand seiner Truppen noch verantwortlich gemacht würde; jedenfalls
-müßte er sich immer ausbitten, nicht bevor ein Jahr abgelaufen ist, ein
-tadelndes Urteil aussprechen zu hören und im Laufe dieses Jahres muß er
-es wieder dem guten Willen des Regimentscommandeurs überlassen, ob er
-das Getadelte bessern will, da der Brigade- oder Divisionscommandeur
-erst nach einem Jahre nachsehen darf, ob er gebessert hat.
-
-Außer den Übelständen, daß alle Kontrolle aufhört über die Truppen,
-wenn der neue Befehl durchgeführt wird, tritt auch noch der ein, daß
-die nähere Kenntnis der Führer der isoliert stehenden Truppenteile
-völlig aufhört. Je mehr Truppen zusammen sind zum Herbstmanöver, je
-weniger ist Kennenlernung der Einzelnen möglich; auch erlauben die
-Fatiguen dieser Zeit gar keine geselligen Vereinigungen, die einzige
-Art, wie man Individuen kennen lernt. Hierzu dienten nun gerade die
-Inspektionsreisen der verschiedenen Vorgesetzten hauptsächlich; wie
-soll aber künftig ein Brigadecommandeur in der Conduitenliste über die
-einzelnen Offiziere ein Urteil fällen können, die er nur im Gewühl
-des Herbstmanövers ein Mal im Jahre sieht? Wie steigert sich die
-Unmöglichkeit eines gediegenen Urteiles über die Untergebenen für die
-höheren Generale?
-
-Alle Kenntnis der Garnisonen und Garnison-Einrichtungen hört
-künftig für die höheren Befehlshaber auf, gewiß zum größten
-Nachteile der Truppen, da man sich künftig ganz auf das Urteil eines
-Intendanturbeamten verlassen muß.
-
-Wenn ich somit im Allgemeinen mich ausgesprochen habe über das Princip,
-was durch die neue Verordnung aufgestellt werden soll, so muß ich nun
-auch noch untertänigst von der Veranlagung sprechen, aus welchem das
-alte Prinzip aufgehoben wird. Es ist dies der Kostenpunkt, denn die
-Reisen sollen enorm kosten. Aus folgender Berechnung hoffe ich ziemlich
-klar zu zeigen, daß es wenigstens nicht die Generale sein können,
-welche die enormen Kosten veranlassen.
-
-Im dritten Armee-Corps haben sämtliche Generale im Jahre 1834 2800
-Taler verreist; in runder Summe 3000 Taler. Wenn man dies auf neun
-Generalcommandos anwendet, so ergibt sich eine Summe von 27000 Talern.
-Wenn man nun annimmt, daß kein Armee-Corps so übel hinsichtlich
-der Reisen dislociert ist als das dritte, indem nirgends so viele
-Bataillone isoliert garnisonieren (in Königsberg, Danzig, Stettin,
-Magdeburg, Erfurt, Posen, Breslau, Neiße, Münster, Wesel, Köln, Coblenz
-und Trier liegen Bataillone), so dürfte hieraus folgern, daß in anderen
-Armee-Corps auch viel weniger Reisen vorkommen und also noch gegen jene
-3000 Taler erspart werden müßte. Dagegen sind einige Bezirke größer
-als der dritte und ich will daher sogar annehmen, daß nicht allein
-27000, sondern 30000 Taler jährlich verreist werden, d. h. auf die
-Art, wie meine Generale im Jahre 1834: der Divisionsgeneral zweimal,
-der Brigadegeneral dreimal. Da nun der Reiseetat, wie er ausgeworfen
-ist, 190000 Taler beträgt, so bleiben 160000 Taler übrig für die
-Generalinspekteure und für die Inspekteure, Regimentscommandeure,
-wenn sie über vier Meilen haben, und für das Civil-Personal des
-Kriegsministeriums. Nun hat mir aber der Kriegsminister versichert,
-der Etat sei um 200000 Taler überschritten worden, also seien
-390000 verreist worden. Wie das möglich gewesen ist, bleibt mir ein
-unauflösliches Rätsel. Ich weiß allerdings, daß ein General 11000 Taler
-allein verreist hat, ein anderer dagegen nur 600; aber selbst wenn
-man 11000 mit 2 Armee-Corps multipliciert, so kommen 22000 Taler auf
-die commandierenden Generale und es bleiben immer noch 222000 Taler
-übrig. Eines klareren Beweises bedarf es wohl schwerlich, daß es die
-Inspektionsreisen der +Generale+ nicht sind, welche, wenn sie
-auf das Notwendigste beschränkt werden wie im dritten Armee-Corps,
-jene ungeheuere Mehrausgabe verursachen. Wenn diese Beschränkungen
-allenthalben einträten, d. h. der commandierende General ein Mal, der
-Divisionscommandeur zwei Mal und der Brigadecommandeur drei Mal im
-Jahre reist oder das den verschiedenen Generälen sagte, daß sie, je
-nach ihrer Categorie, nicht mehr als eine gewisse Summe liquidieren
-dürften, die aber nach obiger Reisezahl berechnet werden kann und wie
-ich dies dem Kriegsminister speciell berechnet habe, so würde der
-Reiseetat nicht überschritten werden und dadurch alle Vorgesetzten in
-der Möglichkeit sein, ihre Truppen von Zeit zu Zeit zu inspicieren.
-
-Wenngleich ich kaum erwarten darf, daß diese Auseinandersetzungen Sie
-zu einer nochmaligen Recherche der ganzen Angelegenheit bewegen werden,
-namentlich, auf welche unverantwortliche Art jene enorme Summe hat
-können verreist werden, so glaube ich doch nicht schweigen zu dürfen,
-um so mehr, da mir noch nach meiner Eingabe an den Kriegsminister
-die Äußerungen vieler Generale zukamen, die ganz wie ich diese
-Angelegenheit betrauern.
-
-Uns allen erscheint es sehr leicht, den existierenden Mißbräuchen
-entgegen zu arbeiten, ohne deshalb ein neues Princip der Ökonomie
-wegen in der Armee einzuführen, die sich beim alten Princip sehr wohl
-befand, während das neue nur Schmerz erregt hat. Denn allen Generalen
-kann es doch nur schmerzlich sein, ihnen eine Stellung gegeben zu
-sehen, von welcher aus sie auf die richtige Bearbeitung des ihnen
-anvertrauten Materiales keine Einwirkung haben sollen und sich daher
-auch aller Verantwortlichkeit überhoben zu sehen. Das unausbleibliche
-Gefühl, überflüssig zu sein, muß sich einem Jeden aufdrängen und kann
-unmöglich auf den Geist der Armee günstig wirken. Sehr wohl weiß ich,
-daß ich viel wage, mich so unumwunden über eine bereits von Ihnen
-erlassene Ordre auszusprechen. Aber täglich mehr mich überzeugend,
-welchen Eindruck diese Bestimmung auf die Befehlshaber gemacht hat,
-halte ich mich um so mehr verpflichtet, nicht zu schweigen, und Ihnen
-im Namen der Beteiligten zu zeigen, zu welchen Consequenzen jene
-Anordnungen führen.
-
- Ihr gehorsamer Sohn
-
- Wilhelm.
-
-
- Ludwigslust, den 12. Juni 1835.
-
-Während meiner diesjährigen Inspectionsreise werde ich fast von allen
-Landesbehörden mit der Bitte angegangen, ob es nicht möglich sei,
-die Rekrutengestellung statt am 1. April im Herbst, also etwa am 1.
-Oktober eintreten zu lassen. Da natürlich dies der einstimmige Wunsch
-aller Militärs ist, so werde ich binnen kurzem mich unterstehen, einen
-officiellen Antrag untertänigst dieserhalb einzureichen, um wenigstens
-für das 3. Armee-Corps diesen Einstellungstermin zu erlangen.
-
-Ich bin beständig für denselben gewesen und gab nur in der Kommission
-und in meinem Berichte deshalb nach, weil man eine Gleichmäßigkeit
-des Einstellungstermines beliebte und die nördlichen Armee-Corps die
-Winterkälte ohne Exercierhäuser gegen jenen Termin einwendeten. Im 3.
-Armee-Corps fällt dieser Grund fort, da fast überall Exercierhäuser
-oder Gelasse sind, auch die Garde sich ja bis vor 5 Jahren ohne
-dergleichen behalf. Für die Einwohner wäre dieser Termin deswegen
-unendlich vorteilhafter, weil alle Unsicherheit über die Einstellung
-des Einzelnen fortfällt, wenn er nicht 6 Monate zu Haus gehen muß, denn
-während der Zeit stellen die Regimenter Freiwillige ein und brauchen
-daher um so weniger Cantonisten; die also, welche nicht gebraucht
-werden, es aber erst im März erfahren, sind nun ohne Brot, da ihre
-Dienste gekündigt waren, die Einstellung der sogenannten Brotlosen
-fällt auch fort, d. h. derjenigen, welche im Herbst gleich erklären,
-ohne sofortige Einstellung nicht leben zu können; für Jeden solcher
-Rekruten muß nun also ein anderer entlassen werden, der noch nicht
-2 Jahre dient. Durch alles dies entsteht eine Unsicherheit bei den
-Einzustellenden und eine Not für den Einzelnen, die mit einem Male
-gehoben wäre, wenn im Herbst ausgehoben und gleich eingestellt würde...
-
-
- Berlin, den 14. Januar 1836.
-
-In den Anlagen unterstehe ich mich, Ihnen untertänigst vorzulegen:
-
-1.) einige Bemerkungen über zweckmäßig scheinende Einrichtungen bei der
-russischen Truppe;
-
-2.) meine Ansicht über die jetzt im Werk stehende Veränderung der
-Kadettenanstalten;
-
-3.) Vorschläge über Besetzung einiger Vakanzen im 3. Armee-Corps.
-Die Ansichten ~ad~ zwei habe ich weder den früheren noch den jetzigen
-Cadetten-Commandos mitgeteilt, obgleich sie denen des früheren
-entsprossen sind. Ich habe sie natürlich nur in allgemeinen Umrissen
-hingestellt, glaube aber, sie doch nicht unterdrücken zu dürfen in
-einem Moment, wo von Umformung dieser Anstalten die Rede ist.
-
- Ihr gehorsamer Sohn
-
- Wilhelm.
-
-Bei dem mir erst vor kurzem bekannt gewordenen Plan der Vermehrung
-der Kadettenanstalten durch Gründung zweier, in Schlesien und
-in Westphalen, welche zur Berliner so gestellt werden sollen
-in Gemeinschaft mit der Culmer und Potsdamer, daß aus den
-Provinzial-Anstalten die Zöglinge nur als Port d’Epee-Fähnriche in die
-Armee treten sollen, während die ausgezeichneten Zöglinge derselben
-nach dem Berliner Corps kommen sollen, um daselbst bis zum Austritt
-als Offiziere gebildet zu werden, liegt eine gewiß sehr heilsame
-Ansicht und Absicht zu Grunde. Doch scheint dabei ein früherer Plan
-des Generals v. Braase, den er vor Jahren schon dem Kriegsminister
-einreichte, ganz übersehen worden zu sein. Die Grundidee ist allerdings
-dieselbe, doch unterscheidet sich dieser Plan von dem im Werk stehenden
-dadurch, daß
-
-1.) das Berliner Kadettencorps einen verringerten Etat von Zöglingen
-als jetzt erhalten sollte und daß dadurch
-
-2.) bei einer solchen Verringerung die Kosten der neu zu errichtenden
-Anstalten ganz gedeckt werden können.
-
-Die Ansichten, die für 1 sprechen, sind das gewiß vielfach gefühlte
-Bedürfnis, sich in der Armee einzelne Offiziere zu erziehen und zu
-bilden, die durch Vielseitigkeit der geistigen Bildung und durch eine
-höhere und feinere Erziehung zu mehrseitigen Verhältnissen vorbereitet
-sind und gebraucht werden können. Je höher man die Ansprüche steigert,
-je geringer wird die Anzahl der zu dirigierenden Zöglinge sein müssen
-und desto sorgfältiger wird alsdann Auswahl in den Vor-Anstalten zu
-treffen sein. Wenn der Etat dieser Anstalt auf 100 Zöglinge festgesetzt
-würde, so wäre dies wohl das Maximum, bei welchem man noch eine so
-sorgfältige Erziehung und Ausbildung erwarten kann als hier gewünscht
-wird. Unzertrennlich von einer solchen Anstalt ist jedoch ein längeres
-Verweilen in derselben. Es würde zu erwägen sein, ob dieses längere
-Verbleiben für alle Zöglinge durchgängig stattfinden sollte oder ob,
-wenn etwa das 19. Jahr als Austritt aus der Anstalt festgesetzt würde,
-mit welchem sie als Offizier zur Armee übertreten, die Fähigsten
-unter den Abscheidenden zwar auch zu Offizieren avancierten, aber nun
-noch vielleicht zwei Jahre eine fernere Ausbildung erhielten, nach
-welcher Zeit sie erst patentiert zur Armee versetzt würden, entweder
-mit dem Datum ihres Avancements zum Offizier oder bei ausgezeichneten
-Fähigkeiten und großer Application mit selbst vordatierten
-Patenten. Es würde dies eine Begünstigung sein, wie sie jetzt den
-Portepee-Fähnrichen zu Teil wird, welche nach vorzüglichem Examen ohne
-Vorschlag Allerhöchst avanciert worden. Wenn dies längere Verbleiben
-der Fähigsten beliebt würde, so könnten diese Zöglinge vielleicht
-danach in den Sommer- oder Herbst-Monaten Teil an den praktischen
-Übungen der Truppen nehmen. Eine Hauptbedingung würde für diese
-fähigsten Zöglinge bei ihrem Übertritt zur Armee die sein, daß sie,
-wenn sie auch noch so fähig für den Generalstab oder die Adjutantur
-qualificiert schon befunden würden, sie jedenfalls erst auf mehrere
-Jahre zum praktischen Dienst eintreten müßten bei der Truppe.
-
-~ad~ 2.) durch die Verringerung des Etats des Berliner
-Cadettenhauses werden Räume und Gebäude disponible, die
-verkauft werden können. Der ganze Hausetat wird verringert
-und daher wohlfeiler, so daß aus diesen Ersparnissen ect. die
-Neueinrichtungskosten der zwei zu errichtenden Anstalten gedeckt werden
-können, sowie deren Neuetats keine Mehrkosten erzeugen würden.
-
-Der bereits gehörte Einwand, daß die Officiere, welche die Kriegsschule
-besuchen, solche Individuen wären, als die sind, welche man hier im
-Auge hat und schaffen will, ist nicht haltbar, denn 1. werden die
-die Kriegsschule besuchenden Officiere der Natur der Sache nach nur
-in derselben unterrichtet, aber nicht ferner erzogen, und 2. findet
-zum Besuche dieser Schule keine Auswahl beim Anmelden durch höhere
-Vorgesetzte statt, sondern, wer die Fähigkeiten, das Examen machen
-zu können, in sich fühlt, meldet sich und nur das Bestehen im Examen
-entscheidet über ihre Annahme. Der große Nutzen, den die Kriegsschule
-übrigens stiftet, ist unverkennbar und muß dieselbe unverändert
-fortbestehen.
-
-Der ganze hier gemachte Vorschlag ähnelt in Einigem der ehemaligen
-~Ecole militaire~; nur daß die Zahl der Schüler größer ist und
-die Kosten nicht so disproportioniert wie in jener Anstalt wären.
-Folgendes würden ungefähr die zur Ausführung kommenden Änderungen in
-den verschiedenen Cadettenanstalten sein:
-
-Die vier Provinzial-Cadettenanstalten werden etatmäßig auf 204 Köpfe
-gebracht; gibt 816 Zöglinge; das Berliner Cadettencorps wird etatmäßig
-stark 100 Zöglinge; Summa 916 Zöglinge.
-
-Die Annahme in den Provinzial-Cadettenanstalten findet wie bisher statt
-mit dem 11. Jahre. Die Zöglinge verbleiben in denselben bis zum 17.
-Jahre, also 6 Jahre. Nach bestandenem Port d’Epee-Fähnrichs-Examen
-scheiden jährlich 34 aus, in Summa 136 Zöglinge und zwar 24 treten
-zur Armee über und 10 treten in das Berliner Cadettencorps, also 96
-und 40 Zöglinge. Die auf solche Art erfolgende Complettierung des
-Berliner Cadettencorps ergibt ein Manquement von 20 Köpfen, welches
-absichtlich geschieht, um einer oder der anderen Anstalt Spielraum
-zu lassen, einige Zöglinge mehr hierher abzugeben, wenn sich mehr
-qualificierte vorfinden als 10. Das Verbleiben in dem Corps ist auf 2
-Jahre festgesetzt, so daß jährlich die Hälfte, also 40 Zöglinge als
-Officiere in die Armee übertreten. Diese Anzahl verringert sich, je
-nach dem einige Zöglinge nach erfolgtem Officiers-Examen und nach
-Ernennung zu Officieren noch zu der höheren Bildungsklasse in der
-Anstalt zurückgehalten werden.
-
-Die obigen jährlich übertretenden 96 Port d’Epee-Fähnriche und diese
-jährlich übertretenden 40 Officiere geben vorstehende 136 Individuen,
-die jährlich der Armee aus den Anstalten zuwachsen und welche Anzahl
-daher jährlich in den Anstalten neu aufgenommen werden kann. Für die
-zur höhern Bildungsstufe ausgewählten Zöglinge würde gleichfalls eine
-zweijährige Dauer angenommen als längeres Verbleiben in der Anstalt.
-Die Zahl dieser Eleven bleibt unbestimmt, dürfte aber 20 nicht
-überschreiten.
-
-Da es vorkommt, daß fähige junge Leute in einem Jahre das Port
-d’Epee und Officiers-Examen machen, und dies vielleicht bei allen
-den Zöglingen zu erwarten stünde, welche zum Übertritt ins Berliner
-Cadettencorps ausersehen sind, so könnte angeordnet werden, damit sie
-ihren Mitzöglingen, die bald nach ihrem Übertritt zu Regimentern das
-Officier-Examen machen, nicht in der Anciennität einst unverschuldet
-nachstehen, daß diese Zöglinge bereits die ersten Jahre ihres Eintritts
-ins Berliner Corps zum Officier-Examen zugelassen werden. Bestehen sie
-im Examen, so könnte man ihnen gestatten, den Officierdegen zu tragen
-und würde ihnen Patente beim Austritt im nächsten Jahre von jenem
-Examentermine verleihen.
-
- Wilhelm.
-
-
- Marienbad, den 17. Juli 1836.
-
-Eine interessante Mitteilung hat mir der König von Württemberg
-gemacht, die über die Schlauheit Louis Philipps einiges Licht gibt.
-Schon vor 3 Jahren ließ Letzterer durch eine Dame aus Paris, die in
-Stuttgart verschwägert ist, unter der Hand den König von Württemberg
-sondieren, ob der Herzog von Orleans wohl rechnen könnte, die Hand
-einer der Töchter des Königs zu erhalten; der König lehnte die Sache in
-ausreichender Antwort gänzlich ab. Demungeachtet erschien im vorigen
-Jahre, 1835, der französische Gesandte in Karlsruhe, Mr. de Mornais,
-in Stuttgart mit der officiellen Mission, um die Hand der ältesten
-Princeß für den Herzog von Orleans anzuhalten, wobei er den Auftrag
-hatte zu sagen, daß diese Verbindung in jeder Beziehung günstig für
-Württemberg sei, daß sie es aber dadurch noch mehr werden solle,
-indem Louis Philipp verspreche, den württembergischen Ländern jeden
-möglichen Vorteil zu verschaffen; denn, da es doch natürlich sei, daß
-über kurz oder lang ein Bruch mit Frankreich erfolge oder daß Unruhen
-in Deutschland ausbrächen, so würde er dann natürlich die Propaganda
-loslassen, wobei er aber verspreche, daß Württemberg von derselben so
-wie überhaupt bei jeder Gelegenheit verschont bleiben solle; bei einem
-Friedensschluß jedoch oder bei sonstiger Veranlassung werde Louis
-Philipp Alles anwenden, um das Königreich Württemberg bedeutend zu
-vergrößern.
-
-Der König von Württemberg refusierte aber ganz bestimmt die Hand seiner
-Tochter, weil er dieselbe in Deutschland etabliert sehen wollte;
-übrigens sei er mit seiner jetzigen Lage völlig zufrieden, so daß also
-alle Verheißungen ihn nicht umstimmen würden und sei er entschieden,
-mit Deutschland Freud’ und Leid zu teilen...
-
-
- Marienbad, den 3. August 1836.
-
-Soeben erhalte ich aus Berlin die amtliche Mitteilung, daß Sie nicht
-die Gnade gehabt haben, auf meinen Vorschlag wegen der Verlegung
-des Einstellungstermines des Infanterie-Ersatzes vom Frühjahr auf
-den Herbst einzugehen. Ich kann nicht leugnen, daß mich diese Ihre
-Entscheidung recht bekümmert, da ich aus den entwickelten Gründen,
-militärischen sowohl wie administrativen, hoffen durfte, daß wenigstens
-ausnahmsweise, behufs der nächsten großen Revue des dritten Armeecorps
-das Verfahren genehmigt werden würde, um so mehr... als ich aus dem
-Kriegsministerium erfuhr, daß in demselben sowohl die Stimmen dafür
-sind als auch von den höchsten Zivilbehörden schon mehreremals dringend
-diese Angelegenheit in Anregung gebracht worden ist. Es kann also wohl
-nur die Privatansicht des Generals Schöler im kriegsministeriellen
-Bericht an Sie sich gegen die Maßregel ausgesprochen haben; der General
-v. Witzleben hätte es gewiß nicht getan. Die Ansicht, daß es eine
-Abweichung von dem Bestehenden sei, welche erst triftig untersucht
-werden müßte, darf ich vielleicht insofern bekämpfen, als im Bereich
-des dritten und vierten Armeecorps alle Militär- und Civilbeamten
-für die Verlegung sind, so daß also einer ausnahmsweisen oder
-versuchsweisen Ausführung gar nichts im Wege stehen würde und dieselbe
-vom gemeinen Mann selbst als eine große Erleichterung angesehen wird.
-Ich würde auf eine allgemeine Veränderung auf meinen Bericht allein
-niemals gerechnet haben, da die Zeit zu kurz war, vom Juli bis zum
-September die Sache in allen Provinzen untersuchen zu lassen. Aber da
-so viele gewichtige Stimmen sich dafür ausgesprochen haben, so rechnete
-ich wirklich mit Bestimmtheit auf die versuchsweise Einführung bei
-meinem Corps, welche Bitte ich nochmals auszusprechen mich unterfange.
-
-Wollten Sie vielleicht noch ein anderes Urteil hören, so würde ich
-vorschlagen, den General v. Röder zu einem Bericht aufzufordern.
-General v. Natzmer[93] spricht mir fast täglich hier von dieser
-Angelegenheit und von seinem sehnlichen Wunsch, sie in Anwendung kommen
-zu sehen...
-
-
- Babelsberg, den 17. Oktober 1837.
-
-Wenn mit dem morgigen Tage mein Sohn sein 6. Jahr zurücklegt und dies
-öfters der Termin gewesen ist, an welchem die Prinzen Ihres Hauses
-aus den Händen der Bonnen in die der Gouverneure überzugehen pflegen,
-bisher dieses Überganges meines Sohnes jedoch noch nicht Erwähnung
-geschehen ist, so halte ich es für meine Pflicht, mich darüber heute
-noch gegen Sie auszusprechen. Die Madame Godet, dessen Sorge der Kleine
-bisher anvertraut war, ist in jeder Beziehung so ausgezeichnet und von
-so eminent-günstigem Einfluß auf die Entwicklung desselben gewesen,
-daß wir nicht dankbar genug sein können, daß sie uns vom Schicksal
-zugeführt worden ist. Dies ist aber auch der Grund, warum wir es sehr
-wünschen, daß der Kleine noch eine Zeit lang ihrer Pflege und Erziehung
-anvertraut bleibe, so daß nur erst im Laufe des Sommers wir den
-Übergang zu einem Gouverneur wünschen können. Was nun die Wahl selbst
-eines Gouverneurs betrifft, so ist sie unendlich schwer, wenn ich
-bedenke, welcher Zukunft mein Sohn vielleicht entgegen geht. Ich fühle
-die ganze Verantwortung nur zu schwer auf mir lasten, welche diese Wahl
-mit sich führt und ich muß gestehen, daß dieselbe eigentlich noch
-nicht fest bei mir ist. Mein Plan ist, einen älteren Offizier zu wählen
-als eigentlichen Gouverneur, unter ihm aber einen jüngeren Offizier
-angestellt zu sehen, der zugleich von jenem älteren die Richtung
-erhält, den Kleinen aber hauptsächlich dann leiten soll, wenn jener
-ältere Offizier durch Familienverhältnisse oder sonstige Abhaltungen
-behindert ist, um ihn zu sein. Vorläufig habe ich zum Gouverneur den
-Oberstleutnant von Unruh, meinen Adjutanten, ausersehen, ihm jedoch
-noch niemals davon sprechen wollen, bevor ich Ihre Ansicht kenne.
-Für den jüngeren Offizier ist meine Wahl noch nicht so festgestellt
-und werde ich mir vorbehalten, hierüber, wenn Sie den ganzen Plan
-genehmigen, später Vortrag zu machen.
-
- Ihr gehorsamer Sohn
-
- Wilhelm.
-
-
- Berlin, den 31. Mai 1838.
-
-Ihren Wunsch, bei meinem Sohne außer dem Obersten v. Unruh als
-Gouverneur keinen zweiten jüngeren Offizier, sondern einen
-Zivil-Gouverneur anzustellen, habe ich natürlich nur als einen Befehl
-ansehen können und habe ich sofort Erkundigungen über dergleichen
-junge Männer angestellt. Es hat sich als ein ganz vorzügliches Subjekt
-der Sohn der jetzigen Bonne des Kleinen, Herr Godet[94] in Neuchatel
-herausstellt, den wir bereits seit längerer Zeit kennen, als er seine
-Studien hier machte. Da er sich der Theologie widmet, so adressierten
-sich unsere Erkundigungen an den Hofprediger Stracht und den Professor
-Neander[95], welche Beide dem jungen Godet das ungeteilteste Lob,
-namentlich Letzterer, erteilte.
-
-Ich habe daher dem jungen Manne das Anerbieten, die Stellung bei meinem
-Sohne anzunehmen, gemacht und sehe seiner Antwort entgegen.
-
-Der beste Termin zum Wechsel des Erziehungspersonales dürfte nun
-wohl erst der Herbst sein, indem mit den neuen Hoffnungen in meiner
-Familie dann gleich Alles auf ein Mal verändert werden könnte, um
-so mehr, da wir hoffen, Madame Godet bei dem zu erwartenden Kinde,
-wenn der Himmel Alles gnädig wendet, ihre Stelle anzuweisen. Auch ist
-durch die Feuersbrunst auf dem Babelsberge kein Gelaß mehr vorhanden,
-wo Gouverneur und Instructeur untergebracht werden könnten für
-diesen Sommer. Dagegen soll Oberst Unruh, wenn er mit mir vom Rhein
-zurückgekehrt sein wird, so viel als möglich sich in der Gesellschaft
-des Kleinen befinden.
-
- Ihr gehorsamer Sohn
-
- Wilhelm.
-
-
- Saarlouis, den 21. Juni 1838.
-
-.... Aachen habe ich seit 8 Jahren noch unglaublich verschönert
-gefunden... Es herrscht viel Elegance und Luxus in Toiletten und
-Equipagen, sodaß ich ganz frappiert war. Die Zweige der Industrie in
-und um Aachen nehmen unglaublich zu, sowie auch auf der Straße von
-Trier hierher. Ich habe vielerlei Fabriken besichtigt... in Malmedy
-(ein so echt französisches Völkchen, daß man sich inmitten nach
-Frankreich versetzt glaubt, der enormen Patrioten ihren Reden nach
-zu urteilen) ..., die alle in Flor sind und außerordentlich in ihren
-grandiosen Anlagen, Einrichtungen und Resultaten sind. Es ist eine
-wahre Freude zu sehen...
-
-
- Berlin, den 6. Oktober 1838.
-
-Sie haben gnädigst vorläufig die Wahl des Obersten v. Unruh als
-Gouverneur meines Sohnes zu genehmigen geruht. Da dies Verhältnis
-nunmehr vollständig eintreten muß, so wollte ich nun die desfalsige
-Ernennung hiermit antragen. Die große Gewissenhaftigkeit des
-Obersten v. Unruh hat ihn aber den Wunsch aussprechen lassen, die
-Gouverneurstellung ihm vorläufig nur als ein Commando zu übertragen,
-während er noch mein persönlicher Adjutant bleibt, damit, wenn er oder
-ich die gewünschte Qualification zu seinem Amt nicht entsprechend
-fände, sein Rücktritt zu mir für beide Teile weniger empfindlich wäre.
-Da ich diese Ansicht nur teilen kann, so will ich also untertänigst
-hiermit darauf antragen, den Oberst v. Unruh nur zur Führung
-meines Sohnes mit Beibehalt seines Verhältnisses als mein Adjutant
-commandieren zu lassen.
-
-Zum Untererzieher haben Sie gleichfalls vorläufig den Herrn Friedrich
-Godet zu wählen genehmigt; seine Ernennung würde daher nunmehr auch
-erfolgen müssen.
-
-Beide Herren haben bereits seit diesem Sommer meinen Sohn des Öfteren
-besucht und sich mit ihm bekannt gemacht, um den Übergang mit einem
-Male nicht zu plötzlich für das Kind zu machen.
-
- Ihr gehorsamer Sohn
-
- Wilhelm.
-
-
- Berlin, den 30. November 1838.
-
-Schon nach meiner Rückkehr von der ersten Inspektionsreise am Rhein
-im Sommer dieses Jahres hatte ich es für meine Pflicht gehalten,
-Ihnen Meldung von dem Eindruck zu machen, welchen mir die Stimmung
-der Bewohner in jenen Provinzen gemacht hatte. Was ich Ihnen gleich
-anfangs mündlich meldete, wollte ich schriftlich vervollständigen. Die
-Zeit in Teplitz ließ nur jedoch kaum so viel Muße, die militärischen
-Arbeiten zu vollenden; die zweite Inspektionsreise, die Herbstmanöver
-und vor allem die schon zum 4. Oktober damals anberaumte Ankunft der
-Oberpräsidenten jener Provinzen ließen jene Arbeiten unvollendet.
-Ich sehe mich jedoch jetzt veranlaßt, einen Teil jener Bemerkungen
-aufzunehmen und zur Sprache zu bringen, indem ich erfahren habe,
-daß dieser Gegenstand bereits Ihre ganze Aufmerksamkeit auf sich
-gezogen hat. Es ist dies die Stellung des Minister von Kamptz[96]
-als Justizminister für die Rhein-Provinz oder für die französische
-Gesetzgebung.
-
-Meine pflichtmäßige Überzeugung muß ich nach Allem, was ich darüber
-fast täglich auf meiner Reise hörte, dahin aussprechen, daß der
-Minister v. Kamptz alles und jedes Vertrauen in der Provinz verloren
-hat, jeglicher Achtung ermangelt und somit seine fernere Belassung in
-der Stellung unhaltbar geworden ist.
-
-Die Gründe zu dieser Stimmung sind sehr kurz gefaßt folgende: Herr
-v. Kamptz hat bei Übernahme des Ministerium teils öffentlich, teils
-privatim erklärt, daß er Alles, was in seiner Macht stände, anwenden
-würde, um die französische Gesetzgebung abzuschaffen; er wolle sie, was
-er auch völlig erfüllt hat, so durchführen, daß sie in ihrer Konsequenz
-gestört werde und somit von selbst fallen müsse. Darauf hat er in zwei
-Jahren eine Rundreise in der Provinz gemacht und nun mit einem Male
-die entgegengesetzte Sprache geführt, sich auf das Lebendigste für
-die Erhaltung der französischen Gesetzgebung ausgesprochen und seine
-~bonnes offices~ zu diesem Zwecke versichert. Kaum von dieser
-Rundreise zurückgekehrt, hat er sich wieder ganz in der früheren Art
-ausgesprochen und in Privatbriefen vernehmen lassen und wieder in der
-früheren Richtung verfahren. Es bedarf wohl gar keines Kommentars, um
-die Mißstimmung aller Klassen der Bevölkerung, aber namentlich des
-Beamtenstandes und der gebildeten Mittelklasse zu erklären, wenn man
-einen so hochgestellten Staatsmann so veränderlich in seinen Ansichten
-erblickt, von dem das Wohl und Wehe der Bevölkerung abhängen soll.
-Hierzu gesellt sich nun aber noch eine Schwäche in der Behandlung
-der Personal-Verhältnisse, welche noch weniger dem Ministerium
-Kamptz Achtung erwerben kann. Er steht mit vielen Justizbeamten in
-Correspondenz, die ihm so zu sagen den Hof machen; die Personen
-begünstigt er bei Anstellungen und Beförderungen, wobei die ärgsten
-Mißgriffe vorgekommen sein sollen. Außerdem hat er das ihm in einzelnen
-Fällen von Ihnen delegierte Begnadigungsrecht in einem Maaße mißbraucht
-und ausgedehnt, daß es fast sprichwörtlich am Rhein geworden ist, wenn
-ein Verbrecher nach der Strenge der Gesetze verurteilt wird, derselbe
-gar bald zum Nachteil der Mitmenschen von Herrn v. Kamptz begnadigt
-werden würde.
-
-Wenn derselbe somit also alle Achtung, alles Vertrauen und Ansehen
-verloren hat, so ist es nur zu erklärlich, wie sich gegen denselben nur
-+eine+ Stimme in dieser Beziehung erhoben hat, ja wie leider sich
-in den Reihen der Justizbeamten eine Opposition gegen ihren Minister
-erhebt, die an und für sich gewiß sehr sträflich, aber wahrlich nicht
-zu verwundern ist.
-
-Wenn alle diese Ansichten und Mitteilungen einzeln nur mir zu Ohren
-gekommen wären, so würde ich noch kein großes Gewicht darauf gelegt
-haben; aber ich kann versichern, daß meine Umgebung auf der Reise
-mir fast täglich aus jedem Nachtquartier dieselben Mitteilungen zu
-machen hatte, sodaß es unter uns fast schon zur täglichen Begrüßung
-gehörte, was man Neues über Herrn v. Kamptz vernommen habe. Somit ist
-die Stimmung gegen denselben also als eine ganz allgemein mauvaise nur
-anzusehen. Sie ist aber um so übler, als die Justiz doch diejenige
-Partei ist, welche Jedermann einleuchtend ist und die am allermeisten
-besprochen wird. Eine so begründete Mißstimmung aber über diese Branche
-bestehen zu lassen, während noch so viele andere Gründe zur Aufregung
-in jener Provinz vorhanden sind in diesem Augenblick, scheint einer
-großen Aufmerksamkeit wert. Und da die Abhülfe für den gegebenen Fall
-rasch gefunden ist, und mit Schonung für die Person eintreten kann,
-die Ruhe, das Vertrauen der Provinz aber vor Allem jetzt erhalten
-werden muß, so habe ich keinen Anstand nehmen dürfen, mich hier offen
-auszusprechen.
-
-Ich hoffe von Ihnen nicht mißverstanden zu werden bei diesem Schritt;
-es ist der erste der Art, den ich tue, wohl wissend, daß mir für
-gewöhnlich die Einmischung in solche Verhältnisse nicht zusteht.
-Aber meine Stellung im Laufe dieses Jahres zur Rhein-Provinz, die
-Dringlichkeit des questionierten Verhältnisses, das mir nur zu klar
-geworden ist, ließen mich zum Besten Ihres Dienstes und des Landes
-diese Zeilen aufsetzen.
-
-Was nun noch die französische Gesetzgebung an und für sich anbetrifft,
-so gehöre ich zwar zu denen, die sie so früh wie möglich abgeschafft
-zu sehen wünschen. Indessen, da man dieselbe nun 25 Jahre in Kraft
-gelassen hat, so scheint es mir nicht möglich, sie anders als bei
-Erscheinen der umgearbeiteten allgemeinen Gesetzgebung aufheben zu
-können, ohne die Stimmung am Rhein jetzt zu irritieren. Die Provinz
-hierüber zu beruhigen, dürfte sehr wichtig sein; bis zum Erscheinen
-jener revidierten Gesetzgebung aber ist gewiß es von Wichtigkeit,
-daß die französischen Gesetze in’s Deutsche übersetzt werden und
-als rheinisches Recht in Kraft bleiben. Diese Arbeit in Jahresfrist
-vollenden zu können, wird allgemein versichert.
-
-Wenn der Minister v. Kamptz die Revision der Gesetzgebung vorläufig
-noch behält, so wird ihm die Entbindung vom Rheinischen Ministerium
-weniger empfindlich sein. Dasselbe soll, allen gehörten Ansichten nach,
-am besten wieder mit dem Justizministerium zu verbinden sein, wo es
-ein Departement bilden würde, an dessen Spitze zu stellen allgemein
-der Regierungspräsident Reppenthal zu Köln als der Fähigste zu diesem
-Posten bezeichnet wird. Ihre Entschuldigung über den gewagten Schritt
-mir untertänigst erbittend, verbleibe ich
-
- Ihr gehorsamer Sohn
-
- Wilhelm.
-
-
- Berlin, den 3. December 1838, ½12 Nachts.
-
-Gott hat unsere Wünsche und Hoffnungen auf das gnädigste in Erfüllung
-gehen lassen. Zehn Minuten vor 11 Uhr ist Augusta sehr rasch und
-glücklich von einer Tochter[97] entbunden worden. Nicht genug können
-wir Gott danken für die so leichte und rasche Entbindung. Welch’ ein
-Kontrast mit vor 7 Jahren. Gestern Mittag empfand Augusta einige
-Anzeichen, daß es recht bald zur Entbindung kommen würde. Da es heute
-ganz so wie gestern blieb, so fuhr sie um 2 Uhr spazieren. Um 5 empfand
-sie etwas mehr Schmerzen; die Hebamme erklärte aber, daß bis Morgen
-Mittag an nichts zu denken sei. Um ½8 wurden die Schmerzen heftiger
-und häufiger und um 9 erklärte die Hebamme, daß die Geburt in ganz
-Kurzem bevorstände. Trotz der langen Erwartung waren wir auf diese
-Schnelle nicht gefaßt, sodaß Alles über Hals und Kopf arrangiert ward.
-Augusta ging ins Bett um ½10 und um 11 Uhr weniger 10 Minuten war
-sie entbunden ohne alle künstlichen Mittel, bloß durch die Hebamme im
-Beisein von ~Dr.~ Hack.
-
-Augusta hat im Ganzen eigentlich wenig gelitten, was schon in der
-kurzen Dauer der Wehen begründet ist. Dennoch war sie sehr erschöpft
-und mehreren Ohnmachten nahe. Nach ¼stündigem Schlaf kam sie ganz zu
-sich und fühlt sich wohl.
-
-Mademoiselle ist sehr blühend und stark zur Welt gekommen und hat
-gewaltig geschrien, bis der unersättliche Durst gestillt ward.
-
-Gott gebe, daß Mutter und Tochter ferner sich Seines Segens zu erfreuen
-haben.
-
- Ihr sehr glücklicher Sohn
-
- Wilhelm.
-
-
- Berlin, den 18. Juni 1839.
-
-Soeben war der Fürst Wittgenstein bei mir, um mir Ihre gnädigen
-Bestimmungen wegen der Geldangelegenheiten bei meiner bevorstehenden
-Badereise anzuzeigen sowie das Geschenk eines Landaulet-Reise-Wagens,
-welchen die Ärzte für wünschenswert halten.
-
-Kaum weiß ich Worte zu finden, um Ihnen meinen tiefgefühlten Dank
-für diese Beweise Ihrer unendlichen Gnade, Liebe und Fürsorge
-auszusprechen. Es sind Beweise, die mir so tief ins Herz gehen, daß ich
-kaum Herr meiner Thränen bin, wenn ich die Bedeutung dieser Gnaden mir
-klar mache.
-
-Möge der Himmel mir die verlorene Gesundheit wiederschenken und es mir
-dann vergönnt sein, mit neuer Kraft mich Ihrem Dienst zu weihen und
-damit die kindliche Dankbarkeit abzutragen, zu der ich immer, aber
-heute mehr wie je, verpflichtet bin.
-
- Ihr gehorsamer Sohn
-
- Wilhelm.
-
-
- Berlin, den 15. Juni 1839.
-
-Bei der unendlich gnädigen Art, mit welcher Sie für meine diesmalige
-Badereise gesorgt haben, wird es mir schwer, mit folgendem Vortrage Sie
-anzugehen und ich muß es, weil der ~Dr.~ Kuntzmann mir wiederholt
-es zur Pflicht gemacht hat. Es ist auch nicht für mich, sondern für
-Augusta, daß ich sprechen muß. Sie leidet seit ihrem letzten Wochenbett
-wieder so bedeutend an Dérangement des Unterleibes, daß ihr der
-Gebrauch Marienbads unerläßlich geworden ist und zwar an der Quelle,
-indem der Gebrauch dieses Brunnens hier schon fast gar keine Wirkung
-mehr tut. Der Grund, warum ich so spät mit diesem Vortrag komme, liegt
-in dem Kampf, den ich mit Augusta und ihrem Arzt gehabt habe, indem
-Letzterer auf die Badereise bestand, Erstere jedoch aus Discretion
-gegen Sie wegen der zu erbittenden Reisemittel durchaus sich sträubte
-auf den Plan einzugehen. Wenn ich nun diese Discretion doppelt in
-diesem Jahre teilen müßte, so gebietet es mir doch auf der anderen
-Seite die Pflicht für Augustas Gesundheit, Ihre Erlaubnis zu dieser
-Badereise nachzusuchen und um die nötigen Reisemittel zu bitten.
-
-Der Schein einer Vergnügungsreise dürfte doch wohl auf diese Reise
-nicht zu werfen sein, weil, als solche betrachtet, wohl nichts
-natürlicher gewesen wäre, als daß Augusta mich nach meiner schweren
-Krankheit nach Ems begleitet hätte, was für sie und mich eine
-Beruhigung gewesen wäre. Aber aus obiger Diskretion haben wir diesem
-Wunsch nicht nachgegeben und als Ihre gnädige Bestimmung über die
-pecuniären Verhältnisse meiner Reise mir bekannt wurden, war nun schon
-des ~Dr.~ Kuntzmann dringende Bitte wegen Marienbad geschehen,
-sodaß nun eine nachträgliche Bitte um Augustas Mitreise nach Ems auch
-nicht mehr zulässig war.
-
-Im Falle Ihrer Genehmigung wird Augusta jedenfalls ihre Reise nicht
-vor Mitte Juli antreten, um zu Ihrer Disposition bis zu Ihrer Abreise
-nach Teplitz zu bleiben und würde ich sie dann auf meiner Rückreise in
-Marienbad abholen können.
-
-Durch Fürst Wittgenstein darf Augusta Ihrer gnädigen Entschließung wohl
-entgegen sehen.
-
- Ihr gehorsamer Sohn
-
- Wilhelm.
-
-
-
-
-Die Schweizer Reise.
-
-
- Frankfurt a. M., den 3. August 1839.
-
-Wieder zur Feder muß ich greifen, und dieses Jahr aus großer
-Entfernung, um Ihnen am heutigen teueren Tage[98] meine ebenso
-untertänigen wie herzlichsten und kindlichsten Wünsche für Ihr Heil und
-Wohl darzubringen. Möge Gottes Segen ferner wie bisher auf Ihnen ruhen
-und die Genugtuung für Ihren erhabenen und schweren Beruf auch ferner
-wie bisher Ihnen werden, im Hinblick auf die Segnungen, welche Sie
-verbreiten. Möge es mir gelingen, mir Ihre Gnade zu erhalten und Ihre
-väterliche Liebe, die sich in der neuesten Zeit so unendlich gnädig
-gegen mich aussprach und mich zu tief gerührtem Dank verpflichtet, zu
-verdienen. Meine Leistungen dereinst sollen Zeugnis von diesem meinem
-Danke und von meinem Willen geben.
-
-Am 28. Nachmittags habe ich Ems[99] verlassen mit den Gefühlen der
-Dankbarkeit gegen die Vorsehung, die mir dort die Grundlage zur
-völligen Wiederherstellung gewährt zu haben scheint...
-
-Bei meiner Ankunft hier empfing ich den Brief von Oberst v. Lindheim
-vom 23. Juli, den er mir in Ihrem Auftrage schrieb und also 8 Tage
-brauchte, um mich zu erreichen. Von Ihrer gnädigen Fürsorge für
-meine Gesundheit und der dieserhalb aufgestellten Bedenken gegen
-einen Aufenthalt in Baden-Baden bin ich tief durchdrungen... Die
-lebendigere Lebensweise in Baden-Baden mitzumachen oder nicht, hängt
-von meinem Befinden ab und dürfte ich wohl kein großes Behagen
-an der französischen Welt haben, welche dort +leider+ die
-Hauptgesellschaft bilden soll und der ich mich wohl nicht anschließen
-werde und mit dem Vorschützen meiner Gesundheit genug Veranlassung
-habe, mich zurückzuhalten, ohne anzustoßen...
-
-Das Resumé dürfte also sein, daß die gehegten Bedenken gegen einen
-Aufenthalt in Baden-Baden verschwinden dürften, teils weil meine
-Gesundheit so fortgeschritten ist, daß ich Manches schon zu ertragen
-vermag, woran freilich bei meiner Abreise von Berlin nicht zu glauben
-war, teils aber die Lebensweise ganz in meiner Hand liegt. Wenn ich
-demnach also den 6. in Baden-Baden einzutreffen gedenke, so kann ich
-es nicht unterlassen, Ihnen nochmals für Ihre gnädigen Bedenken für
-meine Gesundheit meinen tiefgefühltesten Dank abzustatten. Diese Ihre
-väterliche Fürsorge geht noch deutlicher aus dem Opfer hervor, welches
-Sie mir im Briefe des Obersten Lindheim zu bringen befehlen. Das
-Aufgeben der Beiwohnung der Herbstmanöver ist ein schwerer, schwerer
-Entschluß. Alles hatte ich getan, um dieses Opfer nicht nötig zu haben
-zu bringen. Freilich muß ich es selbst eingestehen, daß Vorfälle
-eintreten könnten, die mir nachteilig werden dürften bei den Manövern
-und daß es vorsichtiger ist, wenn ich Ihrer gnädigen Anweisung Gehör
-gebe... Somit werde ich also verzichten müssen auf das, worauf ich
-mich so sehr gefreut hatte und namentlich auf ein Lager bei Potsdam,
-was ich selbst in diesem Jahre vorschlagen wollte. Dazu kommt noch,
-daß ich alle Läger bei Potsdam bisher versäumte; 1828 war ich in Wien,
-1830 nach der Juli-Empörung befahlen Sie mir, die Revue über die vierte
-Armee-Abteilung abzunehmen. Auch die 6. Division wieder zu sehen, würde
-mir so große Freude gemacht haben. Doch der Vernunft werde ich wohl
-Gehör geben müssen. Wenn ich also dies große Opfer bringe, so darf
-ich dagegen mir eine Gnade ausbitten, die darin besteht, daß Sie mir
-gestatten, Augusta nach ihrer beendigten Kur nach Karlsruhe kommen zu
-lassen, um die fünf Wochen, welche ich nach Schluß meiner Kur bis zur
-Rückkehr nach Berlin (22. August bis Ende September) übrig habe, mit
-ihr zuzubringen und eine kleine Reise nach der Schweiz, vielleicht bis
-an die italienischen Seen, zu unternehmen. Diese Zerstreuung würde,
-mit der Freude, Augusta die herrlichen Gegenden sehen zu lassen,
-mich einigermaßen über das, was ich in der Heimat aufgeben muß,
-hinwegführen, ohne in eine Art Hypochondrie zu verfallen, was sonst
-möglich wäre, wenn ich tagtäglich, wenn auch entfernt, aber doch
-unbeschäftigt, nach Potsdam denken müßte...
-
-
- Baden-Baden, den 20. August 1839.
-
-.... Gestern Abend 7 Uhr ist Augusta glücklich hier angekommen. Sie
-können sich leicht unsere Freude denken. Denn unser Abschied war sehr,
-sehr schwer; ich ging selbst sehr besorgt um meine Gesundheit ab und
-Augusta war es wohl noch mehr als ich. Nun fand sie mich so ganz
-hergestellt und gesund aussehend, wie sie es selbst versichert es nicht
-erwartet zu haben. Dieser ihr Ausspruch wird hoffentlich auch Ihnen
-beweisen, daß meine früheren Darstellungen über meinen Zustand nur
-die Wahrheit enthielten und ich gewiß somit am besten alle Gerüchte
-widerlege, die man über Unvorsichtigkeit usw. meinerseits verbreitet
-hatte...
-
-
- Baden-Baden, den 23. August 1839.
-
-Nach Augustens Ankunft am 21. haben wir täglich Excursionen in der
-schönen Umgegend gemacht und wurden stets vom Wetter begünstigt.
-Gestern hatten wir einen Regentag und auch gestern noch kühles Wetter.
-Morgen werden wir der Großherzogin Sophie unsern Besuch in Karlsruhe
-machen; es ist gerade der Geburtstag des abwesenden Großherzogs. Am 30.
-gehen wir nach Freiburg,
-
- den 1. nach Zürich,
- den 2. nach Luzern,
- den 3. auf den Righi,
- den 4. nach Wasen im Reußtal, } d. h. bei schönem Wetter,
- den 5. über die Furka nach der Grimsel, } sonst zurück nach
- den 6. nach Meyringen, } Luzern und so nach
- den 7. nach Grindelwald, } Thun usw. bis zum 8.
- den 8. nach Lauterbrunn und Interlaken, }
- den 9. nach Bern,
- den 10. nach Neuchatel,
- den 11. daselbst,
- den 12. nach Lausanne,
- den 13. nach Chamouny,
- den 14. nach Martigny,
- den 15. nach Brieg,
- den 16. über den Simplon,
- den 17. auf den Lago maggiore und nach Mailand,
- den 18. nach Como,
- den 19. am Comer See,
- den 20. über den Splügen,
- den 21. den halben Weg nach Insbruck,
- den 22. nach Insbruck,
- den 23. nach St. Johann,
- den 24. nach Salzburg,
- den 25. nach Vels,
- den 26. nach Budweis,
- den 27. nach Prag,
- den 28. nach Dresden,
- den 29. nach Berlin.
-
-Sollten die Witterungs- oder die Gesundheitsverhältnisse eine Änderung
-herbeiführen, so würden wir namentlich die kleineren Excursionen in
-den kleinen Cantons unterlassen und dann um so viel früher den Simplon
-überschreiten. Da ich Mailand zu besuchen nicht in meinem Briefe aus
-Frankfurt a. M. vom 3. August erwähnte, so werde ich, da Sie auf diesen
-Brief Augustas Weiterreise gestatteten, die zwei Reisetage nach Mailand
-mehr nicht zur Liquidation bringen, um Ihre Gnade nicht zu mißbrauchen.
-
-Nach diesem Plan hoffen wir also zu Augustas Geburtstag zurück zu sein;
-aber freilich mit Gewißheit läßt es sich nicht vorhersagen, ob nicht
-ein paar Tage manquieren könnten.
-
-Es wird mir heute aus Berlin geschrieben, daß Sie noch nicht bestimmt
-hätten, wer die Manöver bei Potsdam commandieren wird, was mich
-ordentlich tourmentiert. Auch soll ja im Lehrbataillon und der
-Spandauer Garnison eine ungewöhnliche Krankenzahl einreißen; wenn nur
-nicht wieder die Cholera kommt, die schon in Schlesien sich zeigen
-soll. Dies Alles geht mir so im Kopfe herum, daß mir meine Abwesenheit
-immer schwerer wird, da gerade unter solchen Verhältnissen so Vieles
-anzuordnen sein würde, was Fürsorge erheischt.
-
-Ich fühle jetzt fast zum ersten Male in meinem Leben, wie ohne
-Gesundheit Alles zerstört ist und man zu nichts taugt. Gott sei Dank,
-daß ich sagen kann, daß ich völlig hergestellt bin, was ich seit
-kurzem auch daran bemerke, daß ich unwillkürlich einen raschen Schritt
-wieder angenommen habe, den ich lange vermißt. Nächst Gottes gnädigem
-Beistande verdanke ich Ihrer Gnade zu meiner Wiederherstellung so viel,
-da Sie mir so Alles bewilligten, was zu meiner Beruhigung gereichte.
-Aber meinen Arzt, den ~Dr.~ Großheim, muß ich speciell Ihrer Gnade
-empfehlen, dem ich unendlich viel verdanke und der stets Ansprüche auf
-meine vollkommenste Anerkennung haben wird.
-
- Ihr gehorsamer Sohn
-
- Wilhelm.
-
-
- Karlsruhe, den 30. August 1839.
-
-.... Gleich nach meiner Ankunft hier besichtigte ich mit dem General
-Lassolaye die von ihm vervollkommneten Geschütz-Lafetten, deren
-Konstruktion Ihnen eingeschickt worden ist. Die Sache erscheint
-ungemein praktisch für die Leichtigkeit und Gelenkigkeit, ohne
-Verminderung der Haltbarkeit. Ich bin aber nicht Techniker genug,
-um etwaige Übelstände zu ergründen; doch erscheint die Erfindung,
-die sich in den schlechtesten Gebirgswegen bewährt hat, jedenfalls
-beachtenswert...
-
-
- Bern, den 12. September 1839.
-
-Gestern bei meiner Ankunft hierselbst erhielt ich ein Schreiben des
-Fürsten Wittgenstein vom 29. v. M., in dem er mir in Ihrem Auftrage
-schreibt, daß Sie mir meine weitere Reise oder Rückkunft lediglich
-anheimstellen, indem Sie mich zwar vom Kommando der Manöver entbunden
-hätten, aber dies meine Rückkunft nicht ausgeschlossen habe. Welch’
-einen Eindruck diese Ihre Ansicht auf mich gemacht hat, vermag ich
-nicht zu beschreiben. Keine Ahnung hatte ich von derselben. Ich bin
-drei Wochen ohne Antwort geblieben auf meine Anfrage, ob ich, da ich
-das schwere, schwere Opfer brächte, nicht zum Manöver zurückzukehren,
-mit Augusta diese Zeit in der Schweiz verreisen dürfte. Erst am 19.
-August erfuhr ich durch Luisens Brief an Augusta, daß Sie deren Reise
-zu mir und ihre fernere Reise mit mir genehmigt hätten. In Karlsruhe
-erhielt ich Ihren gnädigen Brief vom 20. August, worin Sie sogar eine
-Andeutung wegen einer Traubencur in Meran, also zum Oktober, machen;
-wie konnte ich nach diesem Allen annehmen, daß Sie meine Rückkehr zur
-Manöverzeit erwarten? Auch darf ich es frei gestehen, daß ich nicht
-es mir klar zu machen weiß, in welcher Art sich meine Anwesenheit in
-Berlin und Potsdam nach Ihren Intentionen gestalten sollte, ob, wenn
-ich hergestellt, als Zuschauer bei einem Truppenkommando erscheinen
-sollte oder hätte kommandieren sollen, so lange es schön Wetter und
-nicht fatiguant war, oder ob ich als Reconvalescent hätte, wie im
-Frühjahr, zu Hause bleiben sollen?
-
-Wäre mir Fürst Wittgensteins Brief 48 Stunden früher zugekommen, so
-wäre ich Tag und Nacht nach Berlin geeilt und hätte am 15. September
-mir Ihre Befehle selbst in dieser Beziehung erbeten; das ist nun
-unmöglich. Ja, wenn mir Ihre Intention nur in Baden bekannt geworden
-wäre, so hätte ich den ersten Plan meines Arztes, nach der Molkencur
-eine kleine Schweizertour bis zum Beginn der Manöver, selbst mit
-Augusta ausführen können. So aber ist Fürst Wittgensteins Brief an
-dem Tage, den 29. v. M., geschrieben, an welchem wir unsere Reise
-begannen und mir hier zugekommen, nachdem wir 14 Tage verreiset sind
-und zwar heute, wo das Lager bezogen wird. Den Brief des Oberst v.
-Lindheim vom 23. Juli aus Teplitz konnte ich aber auf keinerlei Art
-so auslegen, daß ich nach Berlin kommen sollte, ohne mein Kommando zu
-übernehmen. Und wenn ich dies hätte übersehen zu verstehen, so hätte
-ich wohl erwarten dürfen, daß mir mein Mißverstehen sogleich angedeutet
-worden wäre, als ich am 3. August Augustas Reise zu mir und mit mir
-während der Manöverzeit bei Ihnen beantragte. Dies Alles aber geschah
-nicht, sondern Ihre Genehmigung zur Schweizer Reise erfolgte ohne alle
-Restriction. Somit ich also in jeder Beziehung recht unglücklich bin.
-Denn ich sehe nun, daß ich gegen Ihren Willen abwesend vom Manöver
-bin und gegen Ihren Willen reise. Mir wollen Sie gnädigst dieses
-unglückliche Mißverständnis nicht aufbürden, und schicke ich dieserhalb
-dem Fürsten Wittgenstein heute die nötigen Briefe und Korrespondenzen
-zu. Unsere Reise ist über alle Begriffe vom Wetter begünstigt; die
-himmlischsten Sommertage begleiten uns fortwährend, so daß wir Alles im
-vollsten Maaße genießen und ich war bis heute vollkommen wohl.
-
- Ihr gehorsamer Sohn
-
- Wilhelm.
-
-
-
-
-Personenregister
-
-
- Albrecht, Prinz von Preußen S. 64, 68.
-
- Alexander I., russischer Kaiser S. 82.
-
- Alexandrine, Prinzessin von Preußen, jüngere Schwester des Prinzen
- Wilhelm, Großherzogin von Mecklenburg S. 118.
-
- Altenstein, K. v., preußischer Unterrichtsminister S. 97.
-
- Auber, französischer Komponist, S. XIX.
-
- Augusta, Prinzessin von Weimar S. 27f.
-
-
- Bazaine, P.-D., französischer General in russischen Diensten S. 5.
-
- Bernhard, Prinz von Weimar, niederländischer General S. 96.
-
- Bernstorff, Chr. G. Graf v., preußischer Minister S. 10, 24/5.
-
-
- Cecile, Prinzessin von Schweden S. 28f.
-
- Charlotte, Prinzessin von Preußen, Schwester des Prinzen Wilhelm,
- Kaiserin von Rußland S. 3.
-
- Constantin, älterer Bruder des russischen Kaisers Nikolaus I. S. 8,
- 51.
-
- Curtius, Ernst, Erzieher des Prinzen Friedrich Wilhelm S. 130.
-
-
- Elise, Prinzessin v. Radziwill S. 26.
-
-
- Ferdinand, österreichischer Erzherzog, dann Kaiser S. 21.
-
- Friedrich, Prinz der Niederlande, Vetter des Prinzen Wilhelm S. 78f.
-
-
- Gesenius, Theologieprofessor in Halle S. 72.
-
- Gerlach, L. v., Adjutant des Prinzen Wilhelm S. 73.
-
- Gerlach, O. v., Geistlicher in Berlin S. 72.
-
- Godet, Fr., Erzieher des Prinzen Friedrich Wilhelm von Preußen S.
- 130f.
-
- Goethe, W. v. S. 45.
-
- Grollmann, Generalleutnant S. 113.
-
- Gustav IV. Adolf von Schweden S. 21.
-
-
- Hengstenberg, E. W., Theologieprofessor in Berlin S. 72.
-
- Hufeland, Chr. W., Arzt S. 27, 29, 43.
-
- Humboldt, Wilh. v. S. 45.
-
-
- Kamptz, K. Chr. A. H. v., preußischer Justizminister S. 132f.
-
- Karl II., Herzog von Braunschweig S. 96.
-
- Karl X., König von Frankreich S. 74f., 111.
-
- Karl, Prinz von Preußen S. 47/8, 50, 64, 66, 68.
-
- Karl, Herzog von Mecklenburg, Stiefbruder der Königin Luise S. 99.
-
-
- Lafayette S. 74, 77.
-
- Langhans, K. F., Architekt S. 117.
-
- Lieven, Chr., russischer Botschafter in London S. 8, 24.
-
- Lottum, K. Fr. H. v., preußischer Staatsmann S. 66, 101.
-
- Louis Philippe, Herzog von Orleans, später der „Bürgerkönig“ S. 74f.
-
- Luise, Königin von Preußen S. 50, 58.
-
- Luise, Prinzessin von Preußen, später Großherzogin von Baden S. 135.
-
- Luise, Großherzogin von Weimar S. 47.
-
-
- Maria Feodorowna, Kaiserin-Mutter von Rußland S. 3, 27, 37, 49, 50,
- 51, 54.
-
- Maria Feodorowna, Großherzogin von Weimar S. 37, 46f.
-
- Maria, Prinzessin von Weimar S. 47, 48, 50.
-
- Marmont, französischer Marschall S. 74-76.
-
- Metternich, Fürst, Leiter der österreichischen Politik S. 56, 118.
-
- Don Miguel, König von Portugal S. 36, 87.
-
- Miltiz, v., preußischer Gesandter in Konstantinopel S. 10.
-
- Motz, Fr. Chr. Ad. v., preußischer Finanzminister S. 16.
-
-
- Natzmer, O. v., preußischer General S. 129.
-
- Neander, Aug., Theologieprofessor in Berlin S. 130.
-
- Nicolaus I., Kaiser von Rußland S. 3f.
-
-
- Ottenfels, v., österreichischer Gesandter in Konstantinopel S. 3,
- 18, 21.
-
-
- Paskewitsch, russischer General S. 2, 17-18.
-
- Polignac, J. de, französischer Minister S. 74, 76.
-
-
- Schinkel, K. Fr., Architekt S. 64, 66/7, 115, 117.
-
- Schöler, F. v., preußischer Diplomat in Petersburg S. 3f.
-
- Schuckmann, K. Fr. v., preußischer Minister S. 66, 68.
-
- Schweizer, Chr. W., weimarischer Staatsmann S. 62.
-
- Stägemann, Fr. Aug., preußischer Staatsmann S. 76.
-
-
- Tatischtschew, russischer Botschafter in Wien S. 5f., 41.
-
-
- Wegscheider, Professor in Halle S. 72.
-
- Wellington, Herzog v., britischer Feldherr und Staatsmann S. 9, 15,
- 83, 85.
-
- Wilhelm, Prinz Radziwill S. 107/8.
-
- Wilhelm, Prinz zu Solms S. 105/6.
-
- Wilhelm I., König der Niederlande S. 77.
-
- Wilhelmine, Prinzessin von Preußen, Königin der Niederlande S. 65,
- 75.
-
- Wittgenstein, Fürst, preußischer Hausminister S. 136, 143/44.
-
- Witzleben, J. v., Generaladjutant Friedrich Wilhelms III. S. 8.
-
-
-
-
-Faksimile des Briefes auf den Seiten 50-52
-
-
-[Illustration]
-
-[Illustration]
-
-[Illustration]
-
-[Illustration]
-
-
-
-
-Fußnoten:
-
-[1] Ein einziges Mal fällt in diesen Briefen ein Wort über ein Ereignis
-des Theaters... aus dem Neuen Palais schreibt der Prinz am 19. Juli
-1835 an seinen Vater: Vor einigen Tagen haben wir die erste Aufführung
-des ~Cheval de bronze~ gesehen. Das Ganze ist sehr schön ausstaffiert;
-das Sujet etwas matt mitunter und die Musik bei weitem nicht so in die
-Ohren fallend, wie Aubers frühere Opern, obgleich mehrere sehr hübsche
-Stellen vorkommen; der erste Akt läßt einen vorzüglich sehr ruhig.
-
-[2] Festschrift der Kaiser Wilhelm-Gesellschaft, 1921, S. 261.
-
-[3] Vgl. S. 34.
-
-[4] Friedrich v. Schöler (1772/1840), der von 1807 bis 1834 als
-ausgezeichneter und in schwierigen Situationen bewährter Diplomat
-bei der preußischen Gesandtschaft in Petersburg tätig war, ehe er in
-gleicher Eigenschaft an den Frankfurter Bundestag übersiedelte, hat in
-seinen regelmäßigen Berichten an Friedrich Wilhelm III., die für einen
-Teil dieser Veröffentlichung trotz ihrer Verwertung in Th. Schiemanns
-Geschichte Rußlands noch manch’ wertvollen Beitrag liefern, sofort
-von der Anwesenheit des Prinzen Wilhelm in der russischen Hauptstadt
-Notiz genommen: „Seine Kgl. Hoheit ist im Winterpalais abgestiegen, in
-einem neuen Appartement, den Zimmern Ihrer Majestät der regierenden
-Kaiserin so nahe als möglich; die Wohnung Sr. Majestät des Kaisers
-liegt ebenfalls in diesem Teil des Schlosses; Seine Kgl. Hoheit waren
-daher so zu sagen im Augenblick des Eintretens von den Armen der ganzen
-kaiserlichen Familie auf das liebevollste und herzlichste umfangen.“
-(Schöler an den König, 21. 12./2. 1. 1827/8) -- Prinz Wilhelm selbst
-berichtet über Schwester und Schwager: „Nicolas ist unbegreiflich stark
-geworden, so, daß er von hinten dem seligen Kaiser erinnert; dabei ist
-er auch im Gesicht viel wohler und stärker als vorig(es) Jahr, sodaß
-dieses Kaiser-Paar seines Gleichen suchen kann.“
-
-[5] „Am 8. December verließen die Botschafter von England, Sir
-Stratfort Canning, und Frankreich, General Graf Guilleminot, und am 16.
-December auch der russische Gesandte, v. Ribeaupierre, Konstantinopel,
-um sich über Smyrna nach dem Occident zu begeben. Fast gleichzeitig
-traf von Wien die Nachricht ein, daß Metternich, offenbar im Gefühl
-der Unmöglichkeit, unter den obwaltenden Umständen der Stimme der
-Billigkeit und Mäßigung Gehör zu verschaffen, die ihm übertragene
-Vermittlung ablehne. Der österreichische Internuntius Baron v.
-Ottenfels -- von den Vertretern der Großmächte der einzige, der bis
-dahin in einiger Verbindung mit den türkischen Ministern geblieben war
--- verlor damit ebenfalls alles Vertrauen, und die Pforte stand ohne
-jeglichen diplomatischen Rat da.“ (G. Rosen, Geschichte der Türkei,
-1826 bis 1856, Erster Teil, 1866, S. 55.) Dazu die Bemerkung des
-Prinzen Wilhelm, St. Petersburg, 23. Dec./4. Jan. 1827/8: .... Vor drei
-Tagen erhielt der Kaiser die Nachricht, daß Ribeaupierre nicht nach
-Odessa, sondern widriger Winde halber nach Triest hat gehen müssen,
-ein Zufall, der dem Kaiser sehr lieb ist, indem er sagte: der Himmel
-habe die Instruktion ihm zukommen lassen, die er vergessen habe, ihm
-nach Konstantinopel zu senden. Ribeaupierre erhält Befehl, in Triest
-zu bleiben und sich womöglich mit seinen zwei Kollegen fortwährend in
-Kommunikation zu erhalten.
-
-[6] Auf einen nicht erhaltenen Brief vom 4./16. Januar 1828 bezieht
-sich folgender Satz aus einem Schreiben Friedrich Wilhelms III. an
-seinen Sohn aus Berlin, den 18./30. des genannten Monats:.... Der
-Bericht hatte für mich das bedeutendste Interesse, da ich aus ihm
-besser als auf irgend eine Weise die Art ersah, wie man oder besser
-gesagt, wie der Kaiser seine Lage und die Lage der Dinge im Orient
-überhaupt in Beziehung auf die griechische Angelegenheit beurteilt.
-Du hast in diesem Berichte auf’s Neue zu beweisen, mit welcher
-Aufmerksamkeit und Auffassungsgabe Du einem so wichtigen Gegenstand
-zu folgen weißt und freut es mich, Dir darüber meine Zufriedenheit
-ausdrücken zu können....
-
-[7] „Der erste Grund an der Verzögerung, welche die Ausführung des
-Friedensbeschlusses erleidet, bleibt immer die Liebe des Schahs zu
-seinen Schätzen. Er soll sich nicht entschließen können mehr als 100000
-Kruß, die ungefähr zweimal so viel Silberrubel wert sein mögen, in
-einem Tage auszugeben. Da nun Sr. Majestät genötigt ist, sich von dem
-Werte von 5 Millionen Kruß oder 40 Millionen Rubel Banco-Assignationen
-zu trennen, so würde die Auszahlung jedenfalls etwas lange dauern, wenn
-General Paskewitsch nicht die Mittel hätte, einige Beschleunigung in
-dieselbe zu bringen. Indeß soll die Fortschaffung dieses baren Geldes
-von Teheran bis Tawris nicht unbedeutende Schwierigkeiten haben, unter
-welchen die Neigung des früheren Besitzers desselben, bei dieser
-Gelegenheit wieder zu dem ihrigen zu gelangen, vielleicht nicht die
-kleinste sein dürfte.“ (Schöler, 25. Jan./6. Febr. 1823.)
-
-[8] Der russische Gesandte in Paris.
-
-[9] Das ausgesprochen reaktionäre Ministerium Villèle war Anfang Januar
-1823 durch den gemäßigten Royalisten Martignac ersetzt worden, der eine
-freiheitlichere innere Entwicklung anstrebte.
-
-[10] „Prinz Wilhelm hat aus Petersburg an den Major v. Wilisen
-geschrieben, der Kaiser Nikolaus werde in keinem Falle von seinem
-bisherigen Gange hinsichtlich der Türken nachlassen; der Krieg sei
-unvermeidlich, wenn die Türken nicht nachgeben. Er ist sehr gegen
-Österreich, dessen Schuld es sei, daß man nicht längst aufs Reine
-gekommen sei und dem allein alles bevorstehende Blutvergießen zur
-Last falle. Mit dem jetzigen französischen Ministerium ist man in
-Petersburg sehr zufrieden, nennt es das ~ministère des braves gens~ und
-lacht über den Grafen Pozzo di Borgo, der da meint, es könne und dürfe
-keinen Bestand haben.“ (Varnhagen v. Ense in seinen „Blättern aus der
-Preußischen Geschichte“, am 5. Januar 1828.)
-
-[11] Der „Kaiserliche IngenieurGeneral“ Pierre-Dominique Bazaine
-(1783/1838) war durch Napoleons Vermittlung seinerzeit in russische
-Dienste getreten und galt als ein ausgezeichneter Fachmann.
-
-[12] Russischer Botschafter in Wien.
-
-[13] Die allgemeine politische Situation war in diesen Tagen völlig
-ungeklärt: „Österreich hat gegen die drei Mächte, welche den Londoner
-Vertrag unterzeichnet haben, eine ziemlich dreiste Sprache angenommen;
-das Verhältnis beider Kaiserhöfe zu einander ist sehr gereizt und
-gerade das beunruhigt den König“, notierte Varnhagen von Ense in
-seinen Blättern aus der preußischen Geschichte am 5. Januar 1828. Auch
-Schölers Berichte wissen davon zu melden: „Die Meinung, daß Rußland
-den Krieg mit der Pforte wünsche, oder die Meinung, daß es diesen
-Krieg scheue, sind beide gleich große, aber häufig, bald hier, bald
-dort genährte Irrtümer, die wesentlich dazu beigetragen haben, die
-gegenwärtige Verwicklung der griechischen Pacificationsangelegenheiten
-herbeizuführen.“ (Schöler am 24. 12./5. 1. 1827/8); „Österreich
-verfolgt ganz unbegreiflicher Weise den höchst bedenklichen Zweck,
-die Übereinstimmung der verbündeten Mächte so viel als möglich zu
-hindern“ (Schöler am 28. 12./9. 1. 1827/8), und Friedrich Wilhelm
-III. schreibt aus Berlin seinem Sohn am 5./17. Februar 1828:....
-besonders haben mir die politischen Neuigkeiten, die Angelegenheiten
-Rußlands in Beziehung auf Österreich betreffend, angenehm sein müssen,
-da sich ziemlich bestimmt daraus ergiebt, daß letzteres Kabinett
-sich in einem wünschenswerteren Sinn als seither ausspricht. Im
-übrigen befinden wir uns noch immerfort in einer gewissen Krisis in
-Betreff der orientalischen Angelegenheit, da sich England seit dem
-Ministeriumwechsel noch immer nicht recht über seine eigentlichen
-Absichten darüber erklärt hat....
-
-[14] Der ältere Bruder des Kaisers Nicolaus lebte in Warschau, nachdem
-er im Dezember 1825 im „Großmutsstreit“ auf die Krone verzichtet hatte.
-
-[15] „Das alberne Gerücht, daß im Falle eines Türkenkrieges preußische
-Truppen das Königreich Polen besetzen und verwahren werden, ist überall
-verbreitet und wird gar sehr geglaubt.“ (Varnhagen von Ense, Blätter
-aus der Preußischen Geschichte, Eintragung vom 5. Januar 1828.)
-
-[16] Job v. Witzleben (1783/1837, seit 1834 preußischer Kriegsminister)
-war Generaladjutant des Königs, „zwanzig Jahre lang der mächtigste
-Untertan im Staate“ und, wie Friedrich Wilhelm III. sagte, „mein Freund
-und Mitarbeiter an den großen Plänen zur Beglückung des Volkes“.
-
-[17] Christoph Lieven (1774/1839), der russische Botschafter in London.
-
-[18] „Erwägt man, daß der Kaiser vor einiger Zeit noch gegen den
-Prinzen Wilhelm des Umstandes gedachte, daß die vielen inneren
-Geschäfte die neuen englischen Minister hindern würden, sogleich die
-auswärtigen in Erwägung zu ziehen, dagegen aber jetzt, und seit kurzem
-erst mit besonderer Bestimmtheit von dem Termine des Einrückens in die
-Fürstentümer spricht, so hat man die Erklärung dieser Verschiedenheit
-in den Äußerungen des Monarchen“ -- eine widersinnige, zwecklose Phrase
-in der Eröffnungsrede des englischen Parlamentes, die man der Eitelkeit
-des Herzogs Wellington und dem Einflusse des Fürsten Esterhazy, des
-österreichischen Gesandten, zuschreibt, hat die Empfindlichkeit des
-Kaisers sehr erregt --; „es bleibt nur zu wünschen, das die Vorliebe
-des -- englischen -- Königs für den österreichischen Botschafter
-und die eigne Verfeindung mit dem russischen den nunmehrigen
-Premierminister von England zu keiner falschen Maßregel verleite.“
-(Schöler, 9./21. Februar 1828.)
-
-[19] Der Sieger von Waterloo, Wellington, (1769/1852) übernahm Mitte
-Januar 1828 die Leitung des englischen Ministeriums.
-
-[20] „Alles, was von dem Ministerio unter Herzog Wellington zu erwarten
-ist, wird demnach wirklich auch nicht weiter gehen, als bisher, nämlich
-den Ereignissen sich nach wie vor hingebend wird das Ministerium ebenso
-als die beiden letzteren nur den Vorwurf, daß man den Bedingungen des
-Tractates nicht nachgekommen sei, möglichst zu vermeiden und dadurch
-den Kaiser Nicolaus abzuhalten suchen, seinen eignen Weg zu gehen.
-Seinerseits hat dieser Monarch unterdeß einen Schritt getan, der keinen
-Zweifel übrig läßt, daß er selbst dem Erfinder des Protokolls vom 4.
-April wenigstens kein Übermaß von Neigung zur Erfüllung desselben in
-seiner erweiterten Gestalt zutraue, indem er sich bewogen gefühlt hat,
-persönlich an den Herzog von Wellington zu schreiben und demselben die
-besondere Berücksichtigung zu Gemüte zu führen, die Herzog Wellington
--- mehr als jeder Andere -- der Erfüllung des Zweckes jenes Protokolls
-zu widmen verpflichtet sei. Die Antwort des Herzogs ist noch nicht
-erfolgt, indeß weiß man aus den neusten Berichten des Fürsten Lieven,
-daß das kaiserliche Schreiben seine Wirkung nicht verfehlt und die
-bestimmteste Zusage von Seiten des neuen Premierminister veranlaßt hat,
-die Stipulationen des Vertrages gewissenhaft zu erfüllen und Alles
-aufzubieten, die Zwecke desselben vollständig zu erreichen. Hiernach
-scheint denn wirklich jenes Schreiben zur glücklichen Stunde angekommen
-zu sein, da Fürst Lieven früher gemeldet hatte, daß ihm über die guten
-Dispositionen des Herzogs nur indirect Versicherungen gemacht worden
-wären.“ (Schöler, 28. Januar/9. Februar 1828.)
-
-[21] Christian Günther Graf v. Bernstorff (1769/1835) war im April
-1818 auf Hardenbergs Veranlassung aus dem dänischen in den preußischen
-Staatsdienst übergetreten und leitete damals die auswärtige Politik.
-„Wenn Bernstorff in den deutschen Angelegenheiten dem österreichischen
-Staatslenker einen allzu gefälligen Vortritt ließ, so lehnte er sich
-beim Eintritt der großen Ereignisse von weltgeschichtlicher Bedeutung
-bis zur Gefahr an Rußland; denn mit seiner Bezeichnung der Zumutungen
-Rußlands an die Pforte im Jahre 1828 als ‚gerechte Anforderungen‘,
-wobei er freilich wohl nur an die von der öffentlichen Meinung ersehnte
-Befreiung Griechenlands gedacht haben mochte, hätte er leicht einen
-Krieg wider Preußen hervorrufen können, in welchem die Westmächte sich
-mit Österreich zu seiner Vernichtung zusammen gefunden haben würden“
-(Allg. Deutsche Biogr. Bd. 2, S. 498).
-
-[22] Der preußische Gesandte in Konstantinopel.
-
-[23] Dazu die ausführliche Äußerung Friedrich Wilhelms III. an seinen
-Sohn, Berlin, den 28. Februar/8. März 1828:.... mit einigem Befremden
-ersehe ich durch sie (d. i. Deine Briefe), daß man die politischen
-Verhältnisse Preußens aus einem Gesichtspunkte anzusehen fortfährt,
-den ich durchaus als unrichtig annehmen muß, ja, daß man Dich selbst
-fast dahin gebracht hat, diese Ansichten einigermaßen zu teilen.
-Allerdings haben sich seit Deiner Abreise von hier die orientalischen
-Angelegenheiten in einer für mich aber keineswegs unerwarteten Weise
-gestaltet. Die unsrigen sind jedoch dieselben geblieben und mußten
-auch ganz natürlich dieselben bleiben, wenn man nicht durchaus die
-Stellung Preußens verkennen will. ~Pour refraichir nos idées~, wie
-man zu sagen pflegt, habe ich den Grafen Bernstorff beauftragt, ein
-Mémoire für Dich anzufertigen, das ich Dir.... überschicken werde.
-Es enthält eine deutliche Übersicht über die jetzige Lage der Dinge,
-und die darin abgesprochenen Grundsätze sind vollkommen die meinigen.
-Ich überlasse Dir, davon beliebigen, aber vorsichtigen Gebrauch zu
-machen. Im allgemeinen ist die Lage Europas sehr bedenklich, zumal wenn
-Rußland mit den Ansichten Englands nicht einverstanden sein sollte und
-isoliert zu handeln entschlossen wäre, woraus unabsehbare Verwicklungen
-entstehen müßten, die höchst traurige Folgen haben müßten. Daß
-also unter solchen Umständen an eine tätige militärische Teilnahme
-unsererseits nicht gedacht werden kann, liegt klar zu Tage. Truppen zu
-haben, ist allerdings eine wesentliche Sache, allein blos um dies zu
-erlangen, macht man noch keinen Krieg nicht....
-
-[24] Friedr. Christ. Ad. v. Motz (1775/1830) war von 1825 an
-preußischer Finanzminister, der für das Zustandekommen des deutschen
-Zollvereines von größtem Einfluß war.
-
-[25] Wie verworren die politische Lage in dieser Zeit war, zeigt ein
-Satz aus einem gleichzeitigen, umfangreichen Berichte Schölers an
-den König vom 9./21. Februar 1828; die preußischen Gesandten „an den
-verbündeten Höfen“ hatten berichtet, „als ob man in Paris die Besetzung
-der Fürstentümer von Rußland nicht anders als unter Zustimmung der
-beiden anderen Mächte befahre, in London aber zu dieser Besetzung weder
-als isolierte russische Maßregel noch im Auftrage der Alliance seine
-Zustimmung zu geben gedenke. Rußland seinerseits hingegen erklärt, daß
-es fortwährend nur mit seinen Verbündeten in Übereinstimmung handeln
-werde.“
-
-[26] „In der Tat, es dürfte schwer sein etwas zu erdenken, was mehr im
-Stande wäre, die Mäßigung des Kaisers Nicolaus zu Ende zu treiben und
-den Entschluß, allein gegen die Pforte loszubrechen, bei ihm zur Reife
-zu bringen als diese wiederholten Versuche Österreichs, die Alliierten
-von Rußland in einen Mittelweg zu ziehen, zu dem sie ohnehin mehr oder
-weniger geneigt sind, auf welchem aber die Herstellung des russischen
-Einflusses in Konstantinopel voraussichtlich in dem Maße nicht erreicht
-werden kann, in welchem er früher bestanden, Kaiser Nicolaus ihn
-durch die Konvention von Ackerman ihn wiederzugewinnen und nie mehr
-aufzugeben feierlich erklärt hat. Das berührt gerade die Stelle, die
-Österreichs Politik in der griechischen Angelegenheit wund gerieben
-und so empfindlich gemacht hat, daß jede Berührung höchst bedenklich
-wird; aber es ist zugleich der Punkt, über den die Täuschungen des
-Fürsten Metternich so lange angehalten haben, daß deren Übung unmöglich
-geworden scheint.“ (Schöler, 16./28. Februar 1828.)
-
-[27] Türkische Bezeichnung für einen Erlaß des Sultans, der einen
-hochpolitischen Inhalt hat. Schöler bezeichnet den hier in Frage
-kommenden Hatischeriff (am 22. 2./5. 3. 1828) als „ein Denkmal
-muselmännischen Unsinns und tief eingewurzelten Hasses gegen Rußland
-und die ganze Christenheit, in welchem der Sultan unverhohlen
-ausspricht, daß die in Ackerman eingegangenen Bedingungen sämtlich zu
-erfüllen keineswegs seine Absicht sei und er, im Voraus überzeugt,
-daß der Säbel entscheiden müsse, nur gezögert habe, um Zeit zur
-hinreichenden Rüstung zu gewinnen.“
-
-[28] Der König an seinen Sohn, Berlin, den 20. März 1828:.... Sehr
-wichtige Nachrichten gabst Du mir durch Deine Briefe. Der Persische
-Frieden ist unter ihnen die erfreulichste. Die orientalischen
-Angelegenheiten verwirren sich immer mehr, ein klares Bild sich jetzt
-von ihnen zu machen, ist unmöglich, die von mir von jeher vermutete
-Verschiedenheit der Ansichten und Interessen der größeren Mächte
-Europas fangen an, sich sehr deutlich zu zeigen, da England einen ganz
-neuen und ganz anderen Weg einzuschlagen auf dem Punkte steht, doch
-weiß ich darüber noch nichts ganz offizielles. Spränge es gänzlich ab,
-so wäre die Verwirrung unberechenbar....
-
-[29] „Der am 3./15. März aus London in Petersburg eingetroffene Kurir
-überbrachte die Nachricht“, daß in der dortigen Ministerkonferenz die
-Abrede getroffen sei: noch einmal -- also trotz des Hattischerifs
--- und zwar mit Zuziehung von Preußen und Österreich, Anträge in
-Konstantinopel zu machen. Dem gegenüber präzisierte Rußland seinen
-Standpunkt folgendermaßen: es fordert Genugtuung für die Verletzung
-seiner Traktate mit der Pforte und erklärt, selbige unverzüglich
-annehmen zu wollen, zugleich aber in Hinsicht der griechischen
-Angelegenheit den Vertrag vom 6. Juli zu befolgen. „Das gibt also eine
-Beratung, den Krieg zu vermeiden und den wirklichen Krieg daneben;
-wie lange wird hierbei das freundschaftliche Vernehmen unter den drei
-verbündeten Mächten bestehen können?“ (Schöler an den preußischen
-Minister des Auswärtigen, Graf Bernstorff, 3./15. März 1828.)
-
-[30] Das Mémoire, in französischer Sprache -- also wohl auch für den
-Zaren bestimmt --, stellte in 28 Punkten die Lage dar. Vgl. dazu Anm.
-S. 11.
-
-[31] Kaiser Nikolaus sagte auf der Parade zu Schöler am 3./20. März:
-„daß Preußen sich gegen die andern Mächte nach wie vor für Rußlands
-Recht erklärt, von einer tätigen Unterstützung ist nie die Rede
-gewesen“. Fast zur selben Zeit faßte der König in einem Brief an seinen
-Sohn (16./28. März 1828) die Lage dahin zusammen:.... Alles, was jetzt
-in der politischen Welt vorgeht, sind die Folgen des Protokolls und
-des trilateralen Vertrages; wollte man durch diese dahin kommen, wo
-wir gekommen sind, so ist der Zweck erreicht, denn daß das Resultat
-derselben das ergeben würde, was es ergeben hat, daran habe ich keinen
-Augenblick gezweifelt, daher ich auch die jetzige Lage der Dinge
-als etwas keineswegs unerwartetes betrachte. Wohin sie aber führen
-kann, ist nicht leicht vorauszusehen, denn daß der Trilateralvertrag
-ohne Krieg ein Unding war, war klar vorauszusehen. ~Et j’en reviens
-toujours à nos moutons~, das heißt auf die Grundsätze, die ich über
-diese Angelegenheit von Anfang an ausgesprochen habe, niemand aber
-wollte darauf hören. Nun ist die Verwirrung der Meinungen da; meine
-Schuld ist es nicht, denn ich habe zu Gunsten Rußlands bei Österreich
-und England zu wirken versucht, so viel ich vermochte ohne Unterlaß,
-allein umsonst. Österreich blieb wenigstens seiner Politik treu, aber
-was soll man von England denken? Wellington ist freilich nicht Canning
-und was dieser gebraut hat, will jener nicht ausbaden, weil, wie es
-klar genug war, Englands Interesse keinen verderblichen Krieg mit der
-Pforte haben will.... Schöler präzisierte Preußens Notwendigkeiten
-und Möglichkeiten sehr scharf: „Nun scheint aber Preußen mir die
-Macht zu sein, die diese Aufgabe, Europa vor einem allgemeinen
-Kriege zu bewahren, und damit zugleich die Frage lösen könne, welche
-Stellung sie in dem europäischen Staatenvereine einnähme und alle
-Verhältnisse scheinen mir dazu anzumahnen, gleichsam zu dem Entschlusse
-hinzudrängen, dieser Lösung uns zu unterziehen. Wenn Preußen, mit
-allen seinen bisherigen Erklärungen übereinstimmend, ernst und milde
-ausspricht, öffentlich ausspricht, daß es Rußlands volle Befugnis,
-ja selbst Verpflichtung, die Pforte zu Paaren zu treiben, anerkenne,
-und im eintretenden Falle nach dieser Überzeugung verfahren werde,
-dann werden England und Österreich sich gewiß nicht zu Schritten
-entschließen, zu denen sie ohnehin keine wahrhafte Verletzung eines
-wesentlichen Interesse auffordert. Eine solche Erklärung berechtigt
-aber vollkommen andererseits auch hinzuzufügen, daß selbige nur auf
-das Vertrauen in des Kaisers Mäßigung und festen Entschluß, sich keine
-anderweitigen Vorteile anzueignen, begründet sei, folglich auch nur mit
-diesem Vertrauen bestehen und gültig bleiben kann.“ (Schöler an Graf
-Bernstorff, 1/13. April 1828, dem Sinne nach identisch mit einem zwei
-Tage vorher an den König abgeschickten Bericht.)
-
-[32] „~Supplément extraordinaire au Journal de St. Pétersburg.
-Nr. 36~“; es enthält in französischer Sprache die 16 Artikel des
-Friedensvertrages zwischen Rußland und Persien.
-
-[33] Dom Pedro von Portugal hatte Anfang Mai 1826 auf die Krone
-verzichtet, übertrug sie auf seine siebenjährige Tochter Maria II.
-da Gloria und verlobte diese mit ihrem Oheim Miguel, den er im Juli
-des nächsten Jahres zum Regenten ernannte. Kaum war dieser jedoch
-im Februar 1828 in Lissabon angelangt, so hob er die Verfassung auf
-und ließ diesen Gewaltstreich durch die wieder einberufenen alten
-Landstände, die Cortes, gutheißen und sich am 30. Juni zum absoluten
-König ausrufen. Die hieraus entstehenden Wirren sind erst 1834 zu Ende
-gegangen.
-
-[34] Am 14. April 1828 erließ Kaiser Nikolaus I. das Manifest, das die
-Kriegserklärung Rußlands an die Türkei enthielt.
-
-[35] Die geplante Begegnung kam nicht zustande; am 21. April/3. Mai
-1828 schrieb der Prinz seinem Vater aus Petersburg: Ein vor vier Tagen
-wieder eingetroffener Kurir aus Weimar brachte die Nachricht, daß die
-Großfürstin Marie dennoch kommt.... durch die so verspätete Reise der
-Großfürstin ist also auch mir jede Möglichkeit genommen, sie zu sehen.
-Ihre Entscheidung meinetwegen mag nun ausfallen wie sie wolle.... die
-Gelegenheit mir zu nehmen, einen Krieg mit zu machen, den man wünschen
-darf im Vergleich zu allen anderen möglichen Kriegen, kann ich mir
-nicht möglich denken.
-
-[36] Der König an Prinz Wilhelm, Potsdam, den 9. April 1828:.... Mit
-dem von hier abzusendenden Feldjäger geht ein Antwortschreiben von mir
-an den Kaiser ab. Es ist die Antwort auf das, was mir durch Alopeus
-zugekommen ist, benebst einer Kopie der Instruktionen, die unsere
-Gesandten in London, Paris und Wien erhalten, um, nach des Kaisers
-Wunsch das Recht (bei den besagten Höfen) geltend zu machen, seine
-Angelegenheiten mit der Pforte allein zu betreiben, d. h. dieser den
-Krieg zu erklären wegen der Verletzungen des Traktats von Akkerman und
-der in dem Hattischerif ausgesprochenen Beleidigungen Rußlands. So
-sehr ich nun auch dies Recht anerkennen muß, das als eine immidiäre
-Folge des deplorablen Trilateral-Traktats anzusehen ist, so unumwunden
-habe ich mich dennoch darüber aussprechen müssen, wie wünschenswert
-es gewesen wäre, dies in anderer Weise geltend zu machen, um auch
-den letzten Schein von sich zu entfernen, als sähe Rußland sich
-wegen dieser Angelegenheit für gänzlich entbunden an, sie mit dem
-Trilateral-Traktat in Verbindung zu bringen.... Nach meiner Ansicht
-wäre es noch jetzt nicht zu spät, die von mir angeschlagene Sprache
-gegen die übrigen Mächte zu führen, denn wenn keine Zeit verloren wird,
-so werden die Operationen bis zur Donau auf keine Weise gehemmt, aber
-die Meinung für Rußlands gerechte Sache würde in den Augen der Welt
-noch unendlich dadurch gewinnen müssen.....
-
-[37] Am 22. September 1828 hatte der Prinz an seinen Vater aus Wien
-geschrieben: Alles (wegen meiner Abreise) würde sich freilich ändern,
-wenn ich entscheidende Antworten aus Weimar erhielte und zwar günstige;
-der 30. September wird alsdann dort ein wichtiger Tag und ich gerate
-aufs Neue zwischen zwei Feuer. Meine Ungeduld über diesen Punkt wächst
-mit jedem Tage.
-
-[38] Von dort schreibt der Prinz am 10. Oktober 1828 an seinen Vater:
-Ich unternehme diesen entscheidenden, wohl für mein ganzes Dasein
-entscheidenden Weg mit allem Vertrauen zu Gott, daß er mich nach
-Seinem Willen leiten, führen und ans Ziel bringen wird. Ist dieser Weg
-Sein Wille nicht, so wird Er mir Kraft und Standhaftigkeit geben, um
-Prüfungen zu bestehen.
-
-[39] Prinz Karl v. Preußen, der dritte Sohn Friedrich Wilhelms III.
-(1801/83), vermählt seit 1827 mit Maria v. Weimar (1808/77), der
-älteren Schwester der Prinzessin Augusta.
-
-[40] Kleines Städtchen in der Nähe von Großheringen bei Weimar.
-
-[41] Luise Augusta v. Hessen, die von 1775 bis 1828 mit Karl August von
-Weimar vermählt war.
-
-[42] Fächer.
-
-[43] Die Kaiserin-Mutter Maria Feodorowna (Sophie Dorothea von
-Württemberg), die Enkelin einer Schwester Friedrichs des Großen und
-zweite Gattin Pauls I. von Rußland, war am 25. Oktober 1759 geboren und
-starb am 5. November 1828 (vgl. S. 54).
-
-[44] Der König teilte der Kaiserin-Mutter aus Charlottenburg am
-26./28. Oktober 1828 die Verlobung seines Sohnes mit; der Brief hat
-die Adressatin, die am 5. November 1828 starb, nicht mehr erreicht.
-An ihrer Stelle antwortete Kaiser Nikolaus Mitte November desselben
-Jahres (Publikationen aus den Preußischen Staatsarchiven, Bd. 75, 1900,
-Nr. 410, 455). -- Dem Brautpaar gratulierte Friedrich Wilhelm III. mit
-folgenden Zeilen: Charlottenburg, den 27. Oktober 1828. .... Ein unter
-so günstigen Umständen geschlossener Bund gewährt sich die heitersten
-Aussichten für die Zukunft und wird auch sicher von Gott gesegnet
-werden. Daß der Segen einer liebevollen Mutter nicht ausgeblieben wäre,
-hätte sie dies frohe Ereignis erleben können, dafür glaube ich Bürge
-sein zu dürfen. Daß der meinige dabei nicht ausbleiben kann, versteht
-sich von selbst und recht übermäßig habe ich zu Gott gebetet, daß er
-Alles zum Besten lenken wolle.
-
-Deiner Auserwählten bitte ich in meinem Namen zu sagen, daß sie sowohl
-von mir als unserer ganzen Familie mit eben der Herzlichkeit und
-Zuvorkommenheit aufgenommen werden würde, wie ihre Schwester Marie
-und daß wir uns glücklich schätzen, sie von nun an als die unsrige
-betrachten zu dürfen....
-
-[45] Die Belagerung des türkischen Warna am Schwarzen Meer, bei
-der seit Anfang September Kaiser Nikolaus zugegen war, bildete ein
-Hauptereignis des russisch-türkischen Krieges; sie ging am 9. Oktober
-nach einer Dauer von 89 Tagen zu Ende.
-
-[46] Vgl. S. 51, Anmerkung.
-
-[47] Vgl. S. 49.
-
-[48] Am 28. Dezember 1828 heißt es aus Weimar:.... Von den sehr
-zufriedenen Gesichtern, die mich hier empfangen haben, brauche ich
-wohl kaum eine Schilderung zu machen. Augusta war ganz content, wie es
-schien, mich wiederzusehen, und ich war es nicht minder. Sie war ~per
-attention~ bei meiner Ankunft nur in halber Trauer, das heißt in Grau,
-was mir gar lieb war, denn außer am Versprechungstag und dem Geburtstag
-der lieben, seligen Kaiserin sah ich sie nur schwarz....
-
-[49] Am 17. Oktober 1828 hatte der König seinem Sohn aus Potsdam
-geschrieben: „.... Deine letzten Briefe aus Teplitz waren in der Tat
-mit so richtiger Fassungsgabe ausgesetzt, daß sie nicht leicht etwas
-zu wünschen übrig ließen und ich kann nicht unterlassen, Dir darüber
-meine ganze Zufriedenheit und mein ganzes Wohlgefallen auszudrücken.
-Wenn man so reist und beobachtet, wie Du, geschieht es mit Nutzen und
-trägt Früchte. Die politischen Unterredungen, die Du mit dem Kaiser und
-mit Metternich gehabt, haben ganz besonders meine Aufmerksamkeit in
-Anspruch genommen. Ich hoffe, sie sollen nicht ohne Nutzen geblieben
-sein für das, was jetzt fast ausschließlich die größeren Mächte
-Europas beschäftigt. Mehr ins Detail einzugehen ist jetzt nicht der
-Augenblick.“ Vgl. dazu: „Der Kaiser von Österreich und Metternich
-haben mit dem Prinzen Wilhelm in Wien sehr ernstlich über die
-griechisch-türkischen Sachen gesprochen und ihn für die österreichische
-Ansicht zu gewinnen gesucht. Der Prinz sagte dem Kaiser dagegen,
-Österreich habe sich die öffentliche Meinung und mit ihr manchen
-Vorteil entfremdet, weil es die Griechen gleich von Anfang so sehr
-herabgesetzt, wenigstens ihre Sache und ihren Mut hätte man anerkennen
-müssen; ‚Schauens, Sie mögen Recht haben‘, sagte der Kaiser.“
-(Varnhagen v. Ense, Blätter aus der preußischen Geschichte, Eintragung
-vom 2. Dezember 1828.)
-
-[50] In dem Briefe von Prinz Wilhelm an seinen Vater aus Weimar vom
-5. März 1829 taucht zum ersten Male der Vorschlag des Prinzen an die
-Großfürstin auf, das mit ihrem Bruder, dem Zaren, geplante Wiedersehen
-nicht in Warschau, sondern in Berlin gelegentlich seiner, d. h. des
-Prinzen Wilhelm Vermählung mit Augusta zu ermöglichen; Prinz Wilhelm
-bittet seinen Vater, daß er seiner Tochter und seinem Schwiegersohne
-diesen Vorschlag machen soll.... „es wäre das Glückseligste, was
-mir geschehen könnte und ein Wunsch ginge in Erfüllung, an dessen
-Erreichbarkeit ich nie gedacht hätte.“ Am 15. März schreibt Prinz
-Wilhelm an seinen Vater: „Daß Sie an Charlotte schrieben, um sie nach
-Berlin einzuladen, noch ehe ich darum bat, ist gar zu prächtig.“
-
-[51] Todestag der Königin Luise. -- Am 18. Juli, ihrem Geburtstag,
-schreibt der Prinz an seinen Vater:.... Wir werden morgen zum Monument
-nach Charlottenburg gehen.... meine Gebete an der heiligen Stätte sind
-jetzt neuer Art, da ich ja für ein Glück dort zu danken habe, das gewiß
-von oben gehalten und gesegnet wird....
-
-[52] In der bei Cotta in Stuttgart -- nicht in Dresden! --
-erscheinenden „encyclopädischen Zeitschrift für gebildete Leser“
-Hesperus (1829) war in den Nummern 206 bis 219 ein anonymer -- „der
-Verfasser ist Katholik und Süddeutscher, war nie preußischer Untertan
-und ist auch jetzt in keinerlei Verband mit Regierung oder Untertanen
-dieses Landes“ -- Aufsatz aus dem November 1828: Ein neues Manuskript
-aus Süddeutschland, veröffentlicht worden, worin sich folgende Sätze
-finden: „Da erscheint die Morgenröte Deutschlands; man erstaunt über
-die Taten der Preußen.... eine unbekannte Kraft überwältigt Alles und
-siegt, die Riesenkraft der Einheit.... der Wiener Congreß täuscht
-Alles, noch hoffen Alle Alles von Preußen, auch diese Hoffnung
-schwindet. In jetziger Zeit, wo die moralische Kraft so viel zählt,
-mag man Preußen mit Recht den ersten Staaten beizählen, besonders
-wenn man seine vortrefflich eingerichtete Militärmacht, das Aufblühen
-seiner Finanzen, seiner Nahrungsquellen und seiner Bevölkerung sowie
-die Tätigkeit der Regierung, was Erhaltung und Bildung betrifft, mit
-in Anschlag bringt.“ Dann wird die Frage aufgeworfen, „ob Preußen
-die Eigenschaften hat, Deutschlands Schicksal zu leiten“; bei der
-Beantwortung wird zunächst festgestellt, daß „Preußen von allen
-deutschen Ländern am meisten in physischer und geistiger Kultur
-fortschreitet“, und das Für und Wider einer Alliance der übrigen
-deutschen Staaten mit Preußen erwogen: „die Alliance mit Preußen gäbe
-der Politik der deutschen Fürsten ihren wahren nationalen Haltepunkt,
-ohne daß ihre Selbständigkeit und Freiheit darunter leiden könnte; das
-Gewicht dieser echt deutschen Alliance gäbe erst Europa ein festes
-Centrum...., hier wäre der Embryo eines ewigen Friedens gefunden.“ Als
-Ergänzung zu diesen Gedankengängen diene eine Stelle aus einer in der
-gleichen Zeitschrift Nr. 247 vom 15. Oktober gedruckten Korrespondenz
-aus Rheinbayern: „der mit Preußen abgeschlossene Handelsvertrag ist
-bekannt gemacht worden und gewiß muß ganz Deutschland dem hochherzigen
-Monarchen, der es sich so mit Wärme angelegen sein läßt, Deutschland
-von den lästigen Binnenzöllen zu befreien und es zu vereinen, den
-wärmsten Dank zollen.“ Vgl. dazu folgende Briefstelle Friedrich
-Wilhelms III. an seinen Sohn: Berlin, den 31. Oktober 1829. ....
-Die sonderbare politische Stimmung oder Mißstimmung, die in Weimar
-zum Nachteile Preußens herrscht, ist ebenso absurd wie lächerlich
-und mir längst bekannt. Es ist dies die Folge des abgeschmackten
-Finassierens, dessen sich die mehresten deutschen Staaten angesteckt
-finden lassen. Das Warum ist schwer zu ergründen, da Hirngespinste
-die Stelle der Gründe vertreten müssen. Gottlob, daß sich’s an vielen
-Orten jetzt schon anders gestaltet, wie Du selbst es bemerkt hast.
-Mir macht alles dies weder kalt noch warm. Sollen die Herren sich mit
-Preußen verständigen, gut; wollen sie nicht, auch gut. Preußen bleibt
-nichtsdestoweniger, was es ist.
-
-[53] Christian Wilhelm Schweitzer (1781/1856) war nach etlichen Jahren
-der Lehrtätigkeit in Jena 1818 als Geheimer Staatsrat in das Weimarsche
-Ministerium eingetreten, wo er sehr bald auf allen Gebieten der
-Verwaltung usw. die ausschlaggebende Stimme hatte, bis er im März 1848
-zurücktreten mußte.
-
-[54] Karl Friedrich Schinkel (1781/1841), einer der bedeutendsten
-Architekten des 19. Jahrhunderts, hatte bereits das alte
-Johanniterordenpalais in Berlin zum Palais des Prinzen Karl umgebaut;
-in Schinkels Sammlung architektonischer Entwürfe, Berlin, 1819/40,
-Tafel 134/5, finden sich zwei Entwürfe für das Palais Wilhelms I.
-
-[55] Der erwähnte Plan liegt dem Originale des Briefes nicht bei.
-
-[56] Das heute noch neben dem Palais stehende Gebäude, in dem
-jahrzehntelang das königliche Hausministerium untergebracht war.
-
-[57] Die Schwester Friedrich Wilhelms III., Wilhelmine, war mit Wilhelm
-I., König der Niederlande, vermählt; ihr hatte das Palais ursprünglich
-gehört.
-
-[58] Friedr. Aug. Stägemann (1763/1840), der Mitarbeiter Steins und
-Hardenbergs am preußischen Reformwerk, als Mitglied des Staatsrates in
-ausschlaggebender innerpolitischen Stellung.
-
-[59] Vgl. Anm. S. 101.
-
-[60] Kaspar Friedrich v. Schuckmann (1755/1834), ausgezeichneter
-preußischer Staatsmann, seit 1814 Minister.
-
-[61] Auch dieser Plan liegt dem Originale nicht bei.
-
-[62] Im Jahre 1824.
-
-[63] Der Kronprinz.
-
-[64] Die beiden Hallenser Theologie-Professoren Wegscheider und
-Gesenius waren die gefeierten Wortführer des protestantischen
-Rationalismus; der Berliner Theologieprofessor E. W. Hengstenberg
-ließ in seiner Evangelischen Kirchenzeitung im Januar 1830 (Nr. 5/6)
-einen anonymen, in Wahrheit aber von dem Berliner Geistlichen Otto v.
-Gerlach auf Grund „gut nachgeschriebener Kolleghefte und mündlicher
-Erzählungen der Zuhörer“ verfaßten Artikel: Der Rationalismus auf der
-Universität Halle erscheinen, in dem in beweglichen Worten auf die
-„Wunden hingewiesen ward, die der Unglaube diesen durch die Reformation
-so reichlich gesegneten Ländern geschlagen hat und zu schlagen
-fortfährt“. Friedrich Wilhelm III. ließ eine Untersuchung gegen die
-beiden Hallenser Professoren einleiten, die aber schließlich im Sande
-verlief.
-
-[65] Wegscheiders ~Institutiones theologiae christianae dogmaticae~
-erschienen erstmalig bereits 1815.
-
-[66] Leopold v. Gerlach (1790/1861) war seit 1826 der persönliche
-Adjutant des Prinzen Wilhelm und seitdem auf das engste mit ihm
-verbunden.
-
-[67] Loo ist das Sommerschloß des niederländischen Königspaares.
-
-[68] Der König der Niederlande.
-
-[69] Als im Sommer 1832 der Plan einer Zusammenkunft der Herrscher von
-Preußen, Rußland und Österreich daran scheiterte, daß in dem dafür
-in Aussicht genommenen Teplitz die Cholera ausgebrochen war, schrieb
-Prinz Wilhelm aus Alexandria am 12./24. Juli 1832 an seinen Vater: Darf
-ich mein Gefühl aussprechen, so stimmt es ganz mit dem des Kaisers
-(d. h. mit dem Bedauern über das Scheitern des Planes) zusammen.
-Denn diese Zusammenkunft war es, welche mein erster Gedanke nach der
-Revolution war. Jetzt, wo ohne solche Zusammenkunft man freilich eins
-geworden ist, die Verhältnisse in Frankreich aber täglich besorglicher
-werden, die bisherige Ruhe doch auch mit Opfern erkauft ist, die eine
-inhaltschwere Consequenz in sich schließen, da erscheint mir gerade der
-jetzige Moment so sehr geeignet und wichtig zur Zusammenkunft, um sich
-über die Dauer dieses precairen Zustandes Europas zu beraten. Denn wenn
-Fürst Taillerand auf die Frage, wie dieser Zustand sich lösen werde,
-geantwortet haben soll: ~ça finira par un hazard~, so frage ich immer:
-~mais à quand ce hazard?~, und in diesem ~quand~ liegt der Ruin fast
-aller großen Staaten.
-
-[70] D. h. russischen.
-
-[71] Im Herbst 1818, wo die Mächte der Heiligen Allianz gegenseitige
-Übereinkommen für den Fall neuer Revolutionen getroffen hatten.
-
-[72] Aus den Antworten des Königs an Prinz Wilhelm sei nur die folgende
-Briefstelle zitiert: Pfaueninsel, den 16. August 1830. Einige Wochen
-sind es erst her, daß ich Dir geschrieben, lieber Wilhelm, und was
-hat sich alles in dieser kurzen Zeit zugetragen. Unerhörtes, so viel
-Unerhörtes, daß das Schicksal Europas und insbesondere Preußens und
-Belgiens wieder ganz so auf der Spitze steht als in dem unseligen
-Zeitraume von 1789 zu 1814. Wahrlich, ein beugender und erdrückender
-Gedanke, und doch ist dem so und nicht anders.... Frankreich
-provozieren, hieße ein gefährliches Spiel wagen, obgleich mit Gewißheit
-über kurz oder lang mit Krieg zu rechnen ist, da es gewißlich die
-Gelegenheit vom Zaun brechen wird, um sich je eher, je lieber Belgiens
-und des linken Rheinufers zu bemächtigen. Daß dies nun und nimmermehr
-von uns zugegeben werden kann, unterliegt wohl keinem Zweifel, dann
-aber ist auch mit Gewißheit auf die öffentliche Meinung und auf den
-Schutz und Beistand unserer früheren Alliierten zu rechnen, obgleich
-wir auch dann kein leichtes Spiel haben werden.... (Dieser Brief stimmt
-fast wörtlich mit einem Schreiben Friedrich Wilhelms III. an seine
-Tochter Charlotte, Kaiserin von Rußland, vom gleichen Tage überein:
-vgl. Hohenzollernjahrbuch 1916, S. 152.)
-
-[73] Vgl. Anm. 2 S. 36.
-
-[74] Als Ergänzung möge hier das briefliche Bekenntnis des Königs
-an seine Tochter Charlotte vom 9./21. Dezember 1830 dienen (vgl.
-Hohenzollern-Jahrbuch 1916, S. 154): „Einen schlimmeren und
-verwickelteren politischen Zustand der Dinge in Europa habe ich noch
-nicht erlebt, und wie viel Schlimmes erlebte ich nicht schon! Daß
-hierbei die Lage Preußens die allerschlimmste zu nennen ist, ist wohl
-einleuchtend. An dessen südwestlicher Grenze das kecke, übermütige,
-kriegslustige Frankreich, alles Bestehende bedrohend, und neben diesem
-das noch im offenbaren Aufruhr befindliche, keinem vermittelnden
-Vorschlage Gehör gebende, rein tolle Belgien; den Geist der Unruhe,
-der im deutschen Vaterlande spukt, will ich ganz übergehen, obgleich
-auch er die größte Aufmerksamkeit erfordert; und nach Osten.... das
-verräterische und fanatische Polen.... wahrlich, es möchte schwer sein,
-sich eine schlimmere Lage zu denken. Mäßigung, kaltes Blut und sich
-nach Möglichkeit auf das Schlimmste gefaßt zu machen und vorzubereiten,
-ist alles, was dabei zu tun ist. Das Übrige ist von der Vorsehung zu
-erwarten, die sich doch des armen Europas über kurz oder lang wieder
-erbarmen wird.“
-
-[75] Am 7. September 1830 heißt es ebenfalls aus Koblenz: Wie richtig
-es ist, gerade hier Truppen aus den alten Provinzen zu haben, in
-dieser bewegten Zeit, darf ich wohl aussprechen, ohne Mißtrauen gerade
-gegen die hiesigen Truppen zu zeigen, deren Geist sich excellent
-ausspricht. Aber Vorsicht ist ja nie überflüssig. Und wer weiß, was
-eine Proklamation von Frankreich beim Einfall in unser Land bewirken
-könnte. Jetzt haben die Bürger ihr Hab und Gut gegen den Pöbel-Aufstand
-verteidigt, ob sie es aber auch gegen einen Feind tun würden, dem sie
-so lange anhingen und zu dem sie noch immer hinsehen, ist die Frage;
-die Behörden sagen ja, ganz sicher bin ich nicht darüber.
-
-[76] Herzog Karl II., der den Revolutionen in Paris und Brüssel
-zufällig beigewohnt hatte, mußte am Abend des 6. September 1830 der
-plötzlich und endlich ausbrechenden Wut des Volkes weichen und sein
-Land für immer verlassen.
-
-[77] Bernhard v. Weimar, der zweite Sohn Karl Augusts (1792/1862), trat
-1815 in die Dienste des neugebildeten Königreiches der Niederlande; er
-hat an der Niederwerfung der belgischen Revolution den wesentlichsten
-Anteil gehabt.
-
-[78] Kurzer Aufstand am 9. September 1830.
-
-[79] Karl v. Stein zum Altenstein (1770/1840) beeinflußte als
-preußischer Unterrichtsminister das geistige Leben des hier in Frage
-kommenden Zeitabschnitts wesentlich.
-
-[80] Aus Charlottenburg meldet am 19. September 1830 der König seinem
-Sohn: „.... Auch hier haben wir, um in der jetzigen allgemeinen Mode
-nicht zurückzubleiben, einige tumultuarische Pöbel-Bewegungen gehabt,
-welche zwar sogleich im Entstehen unterdrückt wurden, dennoch aber es
-nötig gemacht haben, einen Teil der Garnison während der Nacht auf den
-Beinen zu halten....“ Nach einer brieflichen Notiz des Königs an seine
-Tochter Charlotte vom 13./25. September 1830 (vgl. Hohenzollernjahrbuch
-1916, S. 152) war „Onkel Karl“, d. i. Herzog Karl von Mecklenburg,
-der bekannte Stiefbruder der Königin Luise, der Wiederhersteller der
-äußeren Ordnung in Berlin gewesen: „er hat sich mit großer Umsicht,
-Vorsicht und Festigkeit benommen und ist als der Hauptleiter des Ganzen
-anzusehen; ihm also verdankt man hauptsächlich, daß der Unordnung auf
-rechte Weise gesteuert ist und seitdem, wenigstens für jetzt, völlige
-Ruhe herrscht.“
-
-[81] An seine Tochter Charlotte schreibt Friedrich Wilhelm III. nach
-Petersburg am 13./25. September 1830 (vgl. Hohenzollernjahrbuch 1916,
-S. 153): „Aus Belgien erwartet man mit Ungeduld und, ich möchte sagen,
-mit Bangigkeit Nachricht, indem Fritz Oranien (Pr. Fr. d. Niederlande,
-des Königs Schwiegersohn) am 17. Ordre empfangen hat, auf Brüssel zu
-marschieren, um die Revolution durch die Gewalt zu besiegen. Möchte es
-ihm gelungen sein.“
-
-[82] Am 1. Oktober 1830 heißt es aus Weimar an den Vater:.... Die
-Umgegend hier ist noch immer in Gährung. Es sind 400 Mann nach Jena
-geschickt worden, um Arrestationen vorzunehmen und die Bürgerschaft
-zum Ablegen der Waffen zu nötigen, was auch sogleich erfolgt ist. Aus
-Ilmenau war auch eine Deputation hier; man hat sie aber ernsthaft
-auf den ungesetzlichen Schritt aufmerksam gemacht und sie sind ganz
-beschämt abgegangen....
-
-[83] Karl Friedrich Heinrich Graf v. Wylich und Lottum (1767/1841)
-war ursprünglich als Offizier im militärischen Verwaltungsdienste
-tätig; seit 1818 hat er als Mitglied des preußischen Staatsrates die
-Finanzgeschäfte geführt, ohne irgendwie schöpferisch hervorzutreten.
-
-[84] Am nächsten Tage korrigiert Prinz Wilhelm die Zahlen seines
-Schreibens in einer ergänzenden Tabelle, „da ich den Pferdebestand
-eines Kavallerieregiments bald exclusive, bald inclusive Unteroffiziere
-berechnet habe“.
-
-[85] Prinz Wilhelm blieb auch weiterhin um Wilhelm Solms besorgt;
-aus Belvedere bei Weimar heißt es am 26. Juni 1831: Soeben erhalte
-ich einen Brief von Wilhelm Solms, der mir in seiner Herzens-Angst
-schreibt, indem ihm die Nachricht zugekommen sei, Sie wollten ihn
-nicht, seinem und seines Bruders und seiner Mutter Wunsch gemäß, nach
-Düsseldorf versetzen, sondern zu einem andern Regimente am Rhein. Ich
-glaube zwar nicht, daß dies Gerücht wahr ist, doch wollte ich nochmals
-Ihre Gnade für ihn in Anspruch nehmen, daß es bei seiner Versetzung
-nach Düsseldorf verbleibe, die ja so ganz für sein Verhältnis paßt.
-
-[86] Wilhelm Radziwill, der Bruder der Prinzessin Elisa (1797/1870).
-
-[87] Die Cholera drang im Sommer 1831 zum ersten Male als Seuche in
-Deutschland ein.
-
-[88] Dieser Brief ist der einzige der Sammlung, der schon gedruckt ist
-(bei E. Berner, Kaiser Wilhelms des Großen Briefe, Reden und Schriften,
-Bd. 1, 1906, S. 108/12); das ist wohl nur dadurch zu erklären, daß
-Friedrich Wilhelm III. das Schreiben seines Sohnes wegen des darin
-behandelten Gegenstandes an die oberste Militärbehörde weitergab, wo
-zu den betreffenden Akten eine Abschrift davon genommen ward, ehe das
-Original wieder an den König zurückgelangte.
-
-[89] Als Knabe hatte Prinz Wilhelm auf dem „Babertsberge“ eine
-Feldschanze angelegt; jetzt plante er dort ein einfaches Schlößchen.
-Auf der ersten Seite des dort benutzten Fremdenbuches machte der
-Prinz folgende Eintragung: Am 3. August 1833 erteilte mir der König
-die Erlaubnis, meinen Lieblingsplan, auf dem Babelsberg ein Landhaus
-und Garten gründen zu dürfen, in Ausführung zu bringen. Unter Leitung
-des Gartendirektors Lenné begannen sogleich die ersten Gartenanlagen.
-Im Oktober entwarf der Oberlandesbaudirektor Schinkel das Projekt
-zum Schlößchen und in den ersten Tagen des März 1834 begann der Bau
-desselben unter Leitung des Hofbauinspektors Gebhardt. Am ersten des
-Monats Juny ward der Grundstein gelegt und im September 1835 ward der
-Ausbau vollendet und das Schlößchen am 15. Oktober, als am Geburtstag
-meines Sohnes, eingeweiht.
-
-[90] Der am 18. Oktober 1831 im Neuen Palais zu Potsdam geborene
-spätere Kaiser Friedrich III.
-
-[91] Karl F. Langhans (1781/1869), der Sohn des Erbauers des
-Brandenburger Tores: „.... das einfache, durch edle und stattliche
-Verhältnisse ausgezeichnete Palais, eine Schöpfung, in der sich
-Langhans, ohne Schinkels Schüler gewesen zu sein, diesem ebenbürtig
-erwies“ (Allgemeine Deutsche Biographie, Bd. 17, S. 686).
-
-[92] Die jüngere Schwester des Prinzen Wilhelm, seit 1822 mit dem
-Erbgroßherzog Paul Friedrich v. Mecklenburg vermählt.
-
-[93] Oldwig v. Natzmer (1782/1861), des Prinzen „Lehrer in
-militärischen Dingen“ und darüber hinaus sein menschlicher Vertrauter;
-die beiden Veröffentlichungen von G. v. Natzmer: Aus dem Leben O.
-v. N., 1870, und Unter den Hohenzollern, 1887/9, sind wesentliche
-Ergänzungen zu den hier veröffentlichten Briefen.
-
-[94] Fr. Godet (1812/1900) hatte in Neuchâtel, Bonn und Berlin studiert
-und war von 1838 bis 1846 Erzieher des kleinen Prinzen; er ging als
-Geistlicher dann wieder in seine schweizerische Heimat zurück. Ihm
-folgte als Erzieher des Prinzen Ernst Curtius; vgl. darüber: Ernst
-Curtius, Ein Lebensbild in Briefen, 1913, Bd. 1, S. 237 ff.
-
-[95] August Neander (1789/1850) war ursprünglich Jude gewesen und trat
-dann zum Protestantismus über. In Heidelberg und Berlin -- hier seit
-1813 -- hat er als der bedeutendste Kirchenhistoriker seiner Zeit
-gewirkt.
-
-[96] Karl Chr. Alb. Heinr. v. Kamptz (1769/1849), ein stark
-reaktionärer Beamter, war Vorsitzender der Justizabteilung des
-preußischen Staatsrates.
-
-[97] Die spätere Großherzogin Luise von Baden.
-
-[98] Geburtstag des Königs.
-
-[99] Die Kur war erfolgreich: am 18. August 1839 schreibt Prinz Wilhelm
-aus Baden-Baden an seinen Vater: Ob es die Nachfolge von Ems ist oder
-die Molkenkur oder die hiesige Luft, vermag ich nicht anzugeben,
-wenn ich versichern kann, daß seit einigen Tagen jede Spur meines
-Brustleidens verschwunden ist, was eine große Beruhigung und Freude mir
-gewährt. Wahrscheinlich werden wohl alle drei Ursachen zu dem günstigen
-Zustande meiner Gesundheit beigetragen haben....
-
-
-
-
-
-End of the Project Gutenberg EBook of Wilhelms I. Briefe an seinen Vater
-König Friedrich Wilhelm III., by Wilhelm I.
-
-*** END OF THIS PROJECT GUTENBERG EBOOK WILHELMS I. BRIEFE ***
-
-***** This file should be named 55193-0.txt or 55193-0.zip *****
-This and all associated files of various formats will be found in:
- http://www.gutenberg.org/5/5/1/9/55193/
-
-Produced by the Online Distributed Proofreading Team at
-http://www.pgdp.net
-
-
-Updated editions will replace the previous one--the old editions
-will be renamed.
-
-Creating the works from public domain print editions means that no
-one owns a United States copyright in these works, so the Foundation
-(and you!) can copy and distribute it in the United States without
-permission and without paying copyright royalties. Special rules,
-set forth in the General Terms of Use part of this license, apply to
-copying and distributing Project Gutenberg-tm electronic works to
-protect the PROJECT GUTENBERG-tm concept and trademark. Project
-Gutenberg is a registered trademark, and may not be used if you
-charge for the eBooks, unless you receive specific permission. If you
-do not charge anything for copies of this eBook, complying with the
-rules is very easy. You may use this eBook for nearly any purpose
-such as creation of derivative works, reports, performances and
-research. They may be modified and printed and given away--you may do
-practically ANYTHING with public domain eBooks. Redistribution is
-subject to the trademark license, especially commercial
-redistribution.
-
-
-
-*** START: FULL LICENSE ***
-
-THE FULL PROJECT GUTENBERG LICENSE
-PLEASE READ THIS BEFORE YOU DISTRIBUTE OR USE THIS WORK
-
-To protect the Project Gutenberg-tm mission of promoting the free
-distribution of electronic works, by using or distributing this work
-(or any other work associated in any way with the phrase "Project
-Gutenberg"), you agree to comply with all the terms of the Full Project
-Gutenberg-tm License (available with this file or online at
-http://gutenberg.org/license).
-
-
-Section 1. General Terms of Use and Redistributing Project Gutenberg-tm
-electronic works
-
-1.A. By reading or using any part of this Project Gutenberg-tm
-electronic work, you indicate that you have read, understand, agree to
-and accept all the terms of this license and intellectual property
-(trademark/copyright) agreement. If you do not agree to abide by all
-the terms of this agreement, you must cease using and return or destroy
-all copies of Project Gutenberg-tm electronic works in your possession.
-If you paid a fee for obtaining a copy of or access to a Project
-Gutenberg-tm electronic work and you do not agree to be bound by the
-terms of this agreement, you may obtain a refund from the person or
-entity to whom you paid the fee as set forth in paragraph 1.E.8.
-
-1.B. "Project Gutenberg" is a registered trademark. It may only be
-used on or associated in any way with an electronic work by people who
-agree to be bound by the terms of this agreement. There are a few
-things that you can do with most Project Gutenberg-tm electronic works
-even without complying with the full terms of this agreement. See
-paragraph 1.C below. There are a lot of things you can do with Project
-Gutenberg-tm electronic works if you follow the terms of this agreement
-and help preserve free future access to Project Gutenberg-tm electronic
-works. See paragraph 1.E below.
-
-1.C. The Project Gutenberg Literary Archive Foundation ("the Foundation"
-or PGLAF), owns a compilation copyright in the collection of Project
-Gutenberg-tm electronic works. Nearly all the individual works in the
-collection are in the public domain in the United States. If an
-individual work is in the public domain in the United States and you are
-located in the United States, we do not claim a right to prevent you from
-copying, distributing, performing, displaying or creating derivative
-works based on the work as long as all references to Project Gutenberg
-are removed. Of course, we hope that you will support the Project
-Gutenberg-tm mission of promoting free access to electronic works by
-freely sharing Project Gutenberg-tm works in compliance with the terms of
-this agreement for keeping the Project Gutenberg-tm name associated with
-the work. You can easily comply with the terms of this agreement by
-keeping this work in the same format with its attached full Project
-Gutenberg-tm License when you share it without charge with others.
-
-1.D. The copyright laws of the place where you are located also govern
-what you can do with this work. Copyright laws in most countries are in
-a constant state of change. If you are outside the United States, check
-the laws of your country in addition to the terms of this agreement
-before downloading, copying, displaying, performing, distributing or
-creating derivative works based on this work or any other Project
-Gutenberg-tm work. The Foundation makes no representations concerning
-the copyright status of any work in any country outside the United
-States.
-
-1.E. Unless you have removed all references to Project Gutenberg:
-
-1.E.1. The following sentence, with active links to, or other immediate
-access to, the full Project Gutenberg-tm License must appear prominently
-whenever any copy of a Project Gutenberg-tm work (any work on which the
-phrase "Project Gutenberg" appears, or with which the phrase "Project
-Gutenberg" is associated) is accessed, displayed, performed, viewed,
-copied or distributed:
-
-This eBook is for the use of anyone anywhere at no cost and with
-almost no restrictions whatsoever. You may copy it, give it away or
-re-use it under the terms of the Project Gutenberg License included
-with this eBook or online at www.gutenberg.org/license
-
-1.E.2. If an individual Project Gutenberg-tm electronic work is derived
-from the public domain (does not contain a notice indicating that it is
-posted with permission of the copyright holder), the work can be copied
-and distributed to anyone in the United States without paying any fees
-or charges. If you are redistributing or providing access to a work
-with the phrase "Project Gutenberg" associated with or appearing on the
-work, you must comply either with the requirements of paragraphs 1.E.1
-through 1.E.7 or obtain permission for the use of the work and the
-Project Gutenberg-tm trademark as set forth in paragraphs 1.E.8 or
-1.E.9.
-
-1.E.3. If an individual Project Gutenberg-tm electronic work is posted
-with the permission of the copyright holder, your use and distribution
-must comply with both paragraphs 1.E.1 through 1.E.7 and any additional
-terms imposed by the copyright holder. Additional terms will be linked
-to the Project Gutenberg-tm License for all works posted with the
-permission of the copyright holder found at the beginning of this work.
-
-1.E.4. Do not unlink or detach or remove the full Project Gutenberg-tm
-License terms from this work, or any files containing a part of this
-work or any other work associated with Project Gutenberg-tm.
-
-1.E.5. Do not copy, display, perform, distribute or redistribute this
-electronic work, or any part of this electronic work, without
-prominently displaying the sentence set forth in paragraph 1.E.1 with
-active links or immediate access to the full terms of the Project
-Gutenberg-tm License.
-
-1.E.6. You may convert to and distribute this work in any binary,
-compressed, marked up, nonproprietary or proprietary form, including any
-word processing or hypertext form. However, if you provide access to or
-distribute copies of a Project Gutenberg-tm work in a format other than
-"Plain Vanilla ASCII" or other format used in the official version
-posted on the official Project Gutenberg-tm web site (www.gutenberg.org),
-you must, at no additional cost, fee or expense to the user, provide a
-copy, a means of exporting a copy, or a means of obtaining a copy upon
-request, of the work in its original "Plain Vanilla ASCII" or other
-form. Any alternate format must include the full Project Gutenberg-tm
-License as specified in paragraph 1.E.1.
-
-1.E.7. Do not charge a fee for access to, viewing, displaying,
-performing, copying or distributing any Project Gutenberg-tm works
-unless you comply with paragraph 1.E.8 or 1.E.9.
-
-1.E.8. You may charge a reasonable fee for copies of or providing
-access to or distributing Project Gutenberg-tm electronic works provided
-that
-
-- You pay a royalty fee of 20% of the gross profits you derive from
- the use of Project Gutenberg-tm works calculated using the method
- you already use to calculate your applicable taxes. The fee is
- owed to the owner of the Project Gutenberg-tm trademark, but he
- has agreed to donate royalties under this paragraph to the
- Project Gutenberg Literary Archive Foundation. Royalty payments
- must be paid within 60 days following each date on which you
- prepare (or are legally required to prepare) your periodic tax
- returns. Royalty payments should be clearly marked as such and
- sent to the Project Gutenberg Literary Archive Foundation at the
- address specified in Section 4, "Information about donations to
- the Project Gutenberg Literary Archive Foundation."
-
-- You provide a full refund of any money paid by a user who notifies
- you in writing (or by e-mail) within 30 days of receipt that s/he
- does not agree to the terms of the full Project Gutenberg-tm
- License. You must require such a user to return or
- destroy all copies of the works possessed in a physical medium
- and discontinue all use of and all access to other copies of
- Project Gutenberg-tm works.
-
-- You provide, in accordance with paragraph 1.F.3, a full refund of any
- money paid for a work or a replacement copy, if a defect in the
- electronic work is discovered and reported to you within 90 days
- of receipt of the work.
-
-- You comply with all other terms of this agreement for free
- distribution of Project Gutenberg-tm works.
-
-1.E.9. If you wish to charge a fee or distribute a Project Gutenberg-tm
-electronic work or group of works on different terms than are set
-forth in this agreement, you must obtain permission in writing from
-both the Project Gutenberg Literary Archive Foundation and Michael
-Hart, the owner of the Project Gutenberg-tm trademark. Contact the
-Foundation as set forth in Section 3 below.
-
-1.F.
-
-1.F.1. Project Gutenberg volunteers and employees expend considerable
-effort to identify, do copyright research on, transcribe and proofread
-public domain works in creating the Project Gutenberg-tm
-collection. Despite these efforts, Project Gutenberg-tm electronic
-works, and the medium on which they may be stored, may contain
-"Defects," such as, but not limited to, incomplete, inaccurate or
-corrupt data, transcription errors, a copyright or other intellectual
-property infringement, a defective or damaged disk or other medium, a
-computer virus, or computer codes that damage or cannot be read by
-your equipment.
-
-1.F.2. LIMITED WARRANTY, DISCLAIMER OF DAMAGES - Except for the "Right
-of Replacement or Refund" described in paragraph 1.F.3, the Project
-Gutenberg Literary Archive Foundation, the owner of the Project
-Gutenberg-tm trademark, and any other party distributing a Project
-Gutenberg-tm electronic work under this agreement, disclaim all
-liability to you for damages, costs and expenses, including legal
-fees. YOU AGREE THAT YOU HAVE NO REMEDIES FOR NEGLIGENCE, STRICT
-LIABILITY, BREACH OF WARRANTY OR BREACH OF CONTRACT EXCEPT THOSE
-PROVIDED IN PARAGRAPH 1.F.3. YOU AGREE THAT THE FOUNDATION, THE
-TRADEMARK OWNER, AND ANY DISTRIBUTOR UNDER THIS AGREEMENT WILL NOT BE
-LIABLE TO YOU FOR ACTUAL, DIRECT, INDIRECT, CONSEQUENTIAL, PUNITIVE OR
-INCIDENTAL DAMAGES EVEN IF YOU GIVE NOTICE OF THE POSSIBILITY OF SUCH
-DAMAGE.
-
-1.F.3. LIMITED RIGHT OF REPLACEMENT OR REFUND - If you discover a
-defect in this electronic work within 90 days of receiving it, you can
-receive a refund of the money (if any) you paid for it by sending a
-written explanation to the person you received the work from. If you
-received the work on a physical medium, you must return the medium with
-your written explanation. The person or entity that provided you with
-the defective work may elect to provide a replacement copy in lieu of a
-refund. If you received the work electronically, the person or entity
-providing it to you may choose to give you a second opportunity to
-receive the work electronically in lieu of a refund. If the second copy
-is also defective, you may demand a refund in writing without further
-opportunities to fix the problem.
-
-1.F.4. Except for the limited right of replacement or refund set forth
-in paragraph 1.F.3, this work is provided to you 'AS-IS' WITH NO OTHER
-WARRANTIES OF ANY KIND, EXPRESS OR IMPLIED, INCLUDING BUT NOT LIMITED TO
-WARRANTIES OF MERCHANTABILITY OR FITNESS FOR ANY PURPOSE.
-
-1.F.5. Some states do not allow disclaimers of certain implied
-warranties or the exclusion or limitation of certain types of damages.
-If any disclaimer or limitation set forth in this agreement violates the
-law of the state applicable to this agreement, the agreement shall be
-interpreted to make the maximum disclaimer or limitation permitted by
-the applicable state law. The invalidity or unenforceability of any
-provision of this agreement shall not void the remaining provisions.
-
-1.F.6. INDEMNITY - You agree to indemnify and hold the Foundation, the
-trademark owner, any agent or employee of the Foundation, anyone
-providing copies of Project Gutenberg-tm electronic works in accordance
-with this agreement, and any volunteers associated with the production,
-promotion and distribution of Project Gutenberg-tm electronic works,
-harmless from all liability, costs and expenses, including legal fees,
-that arise directly or indirectly from any of the following which you do
-or cause to occur: (a) distribution of this or any Project Gutenberg-tm
-work, (b) alteration, modification, or additions or deletions to any
-Project Gutenberg-tm work, and (c) any Defect you cause.
-
-
-Section 2. Information about the Mission of Project Gutenberg-tm
-
-Project Gutenberg-tm is synonymous with the free distribution of
-electronic works in formats readable by the widest variety of computers
-including obsolete, old, middle-aged and new computers. It exists
-because of the efforts of hundreds of volunteers and donations from
-people in all walks of life.
-
-Volunteers and financial support to provide volunteers with the
-assistance they need, are critical to reaching Project Gutenberg-tm's
-goals and ensuring that the Project Gutenberg-tm collection will
-remain freely available for generations to come. In 2001, the Project
-Gutenberg Literary Archive Foundation was created to provide a secure
-and permanent future for Project Gutenberg-tm and future generations.
-To learn more about the Project Gutenberg Literary Archive Foundation
-and how your efforts and donations can help, see Sections 3 and 4
-and the Foundation web page at http://www.pglaf.org.
-
-
-Section 3. Information about the Project Gutenberg Literary Archive
-Foundation
-
-The Project Gutenberg Literary Archive Foundation is a non profit
-501(c)(3) educational corporation organized under the laws of the
-state of Mississippi and granted tax exempt status by the Internal
-Revenue Service. The Foundation's EIN or federal tax identification
-number is 64-6221541. Its 501(c)(3) letter is posted at
-http://pglaf.org/fundraising. Contributions to the Project Gutenberg
-Literary Archive Foundation are tax deductible to the full extent
-permitted by U.S. federal laws and your state's laws.
-
-The Foundation's principal office is located at 4557 Melan Dr. S.
-Fairbanks, AK, 99712., but its volunteers and employees are scattered
-throughout numerous locations. Its business office is located at
-809 North 1500 West, Salt Lake City, UT 84116, (801) 596-1887, email
-business@pglaf.org. Email contact links and up to date contact
-information can be found at the Foundation's web site and official
-page at http://pglaf.org
-
-For additional contact information:
- Dr. Gregory B. Newby
- Chief Executive and Director
- gbnewby@pglaf.org
-
-
-Section 4. Information about Donations to the Project Gutenberg
-Literary Archive Foundation
-
-Project Gutenberg-tm depends upon and cannot survive without wide
-spread public support and donations to carry out its mission of
-increasing the number of public domain and licensed works that can be
-freely distributed in machine readable form accessible by the widest
-array of equipment including outdated equipment. Many small donations
-($1 to $5,000) are particularly important to maintaining tax exempt
-status with the IRS.
-
-The Foundation is committed to complying with the laws regulating
-charities and charitable donations in all 50 states of the United
-States. Compliance requirements are not uniform and it takes a
-considerable effort, much paperwork and many fees to meet and keep up
-with these requirements. We do not solicit donations in locations
-where we have not received written confirmation of compliance. To
-SEND DONATIONS or determine the status of compliance for any
-particular state visit http://pglaf.org
-
-While we cannot and do not solicit contributions from states where we
-have not met the solicitation requirements, we know of no prohibition
-against accepting unsolicited donations from donors in such states who
-approach us with offers to donate.
-
-International donations are gratefully accepted, but we cannot make
-any statements concerning tax treatment of donations received from
-outside the United States. U.S. laws alone swamp our small staff.
-
-Please check the Project Gutenberg Web pages for current donation
-methods and addresses. Donations are accepted in a number of other
-ways including checks, online payments and credit card donations.
-To donate, please visit: http://pglaf.org/donate
-
-
-Section 5. General Information About Project Gutenberg-tm electronic
-works.
-
-Professor Michael S. Hart is the originator of the Project Gutenberg-tm
-concept of a library of electronic works that could be freely shared
-with anyone. For thirty years, he produced and distributed Project
-Gutenberg-tm eBooks with only a loose network of volunteer support.
-
-
-Project Gutenberg-tm eBooks are often created from several printed
-editions, all of which are confirmed as Public Domain in the U.S.
-unless a copyright notice is included. Thus, we do not necessarily
-keep eBooks in compliance with any particular paper edition.
-
-
-Most people start at our Web site which has the main PG search facility:
-
- http://www.gutenberg.org
-
-This Web site includes information about Project Gutenberg-tm,
-including how to make donations to the Project Gutenberg Literary
-Archive Foundation, how to help produce our new eBooks, and how to
-subscribe to our email newsletter to hear about new eBooks.
diff --git a/old/55193-0.zip b/old/55193-0.zip
deleted file mode 100644
index 0444dac..0000000
--- a/old/55193-0.zip
+++ /dev/null
Binary files differ
diff --git a/old/55193-h.zip b/old/55193-h.zip
deleted file mode 100644
index f1d2c5e..0000000
--- a/old/55193-h.zip
+++ /dev/null
Binary files differ
diff --git a/old/55193-h/55193-h.htm b/old/55193-h/55193-h.htm
deleted file mode 100644
index 00ea041..0000000
--- a/old/55193-h/55193-h.htm
+++ /dev/null
@@ -1,7672 +0,0 @@
-<!DOCTYPE html PUBLIC "-//W3C//DTD XHTML 1.0 Strict//EN"
- "http://www.w3.org/TR/xhtml1/DTD/xhtml1-strict.dtd">
-<html xmlns="http://www.w3.org/1999/xhtml" xml:lang="de" lang="de">
- <head>
- <meta http-equiv="Content-Type" content="text/html;charset=utf-8" />
- <meta http-equiv="Content-Style-Type" content="text/css" />
- <title>
- The Project Gutenberg eBook of Wilhelms I. Briefe an seinen Vater König Friedrich Wilhelm III., by Wilhelm I.
- </title>
- <link rel="coverpage" href="images/cover.jpg" />
- <style type="text/css">
-
-body {
- margin-left: 10%;
- margin-right: 10%;
-}
-
-div.chapter {page-break-before: always;}
-
-.break-before {page-break-before: always;}
-
-h1,h2 {
- text-align: center; /* all headings centered */
- clear: both;
- font-weight: normal;}
-
-h1 {font-size: 225%;}
-h2,.s2 {font-size: 175%;}
-.s3 {font-size: 125%;}
-.s4 {font-size: 110%;}
-.s5 {font-size: 90%;}
-.s6 {font-size: 70%;}
-
-h1 {page-break-before: always;}
-
-h2.nobreak {
- page-break-before: avoid;
- padding-top: 3em;}
-
-div.titelei {width: 80%; margin: auto 10%;}
-
-p {
- margin-top: .51em;
- text-align: justify;
- margin-bottom: .49em;
- text-indent: 1.5em;}
-
-p.p0,p.center {text-indent: 0;}
-
-p.hang1 {
- padding-left: 3em;
- text-indent: -1em;}
-
-p.briefkopf {
- text-align: right;
- margin: 2.5em 2em 1em auto;}
-
-p.gruss {
- text-align: right;
- margin: 1em 2em auto auto;
- line-height: 1.5em;}
-
-.mtop1 {margin-top: 1em;}
-.mtop2 {margin-top: 2em;}
-.mbot2 {margin-bottom: 2em;}
-.mright2 {margin-right: 2em;}
-
-.padtop1 {padding-top: 1em;}
-.padtop3 {padding-top: 3em;}
-.padbot3 {padding-bottom: 3em;}
-
-hr {
- width: 33%;
- margin-top: 2em;
- margin-bottom: 2em;
- margin-left: auto;
- margin-right: auto;
- clear: both;}
-
-hr.chap {width: 65%; margin: 2em 17.5%;}
-hr.full {width: 95%; margin: 2.5em 2.5%;}
-
-hr.titel {
- border-top: black solid 3px;
- border-bottom: thin black solid;
- border-right: none;
- border-left: none;
- height: 0.5em;
- width: 80%;
- margin: 1em 10%;}
-
-ul.index { list-style-type: none; }
-li.ifrst { margin-top: 1em; }
-li.indx { margin-top: .5em; }
-
-table {
- margin-left: auto;
- margin-right: auto;}
-
-table.toc {
- width: 70%;
- margin: auto 15%;}
-
-table.exkursionen {margin: 0.5em 0 0.5em 3em;}
-
-.vat {vertical-align: top;}
-.vam {vertical-align: middle;}
-.vab {vertical-align: bottom;}
-
-.pagenum { /* uncomment the next line for invisible page numbers */
- /* visibility: hidden; */
- position: absolute;
- left: 95%;
- font-size: 70%;
- text-align: right;
- text-indent: 0;
- letter-spacing: 0;
- font-style: normal;
- color: #999999;} /* page numbers */
-
-.blockquot {
- margin: 1.5em 5%;
- font-size: 90%;}
-
-.center {text-align: center;}
-
-.right {text-align: right;}
-
-.antiqua {font-style: italic;}
-
-.smaller {font-size: smaller;}
-
-.gesperrt {
- letter-spacing: 0.2em;
- margin-right: -0.2em; }
-
-em.gesperrt {
- font-style: normal; }
-
-/* Images */
-.figcenter {
- margin: auto;
- text-align: center;}
-
-img {max-width: 100%; height: auto;}
-
-img.w4em {width: 4em;}
-img.w5em {width: 5em;}
-
-img.klammer {
- height: 7.5em; width: auto;
- margin: 0;}
-
-/* Footnotes */
-.footnotes {
- border: thin black dotted;
- background-color: #ffffcc;
- color: black;}
-
-.footnote {
- margin-left: 10%;
- margin-right: 10%;
- font-size: 0.9em;}
-
-.footnote .label {
- position: absolute;
- right: 84%;
- text-align: right;}
-
-.fnanchor {
- vertical-align: top;
- font-size: 70%;
- text-decoration: none;}
-
-/* Transcriber's notes */
-.transnote {
- background-color: #E6E6FA;
- color: black;
- font-size:smaller;
- padding:0.5em;
- margin-bottom:5em;}
-
-p.nohtml {display: none;}
-
-@media handheld {
-
-.ebhide {display: none;}
-
-p.nohtml {display: block;}
-
-div.titelei {width: 95%; margin: auto 2.5%;}
-
-em.gesperrt {
- font-family: sans-serif, serif;
- font-size: 90%;
- margin-right: 0;}
-
-table.toc {
- width: 100%;
- margin: auto;}
-
-}
-
- </style>
- </head>
-<body>
-
-
-<pre>
-
-The Project Gutenberg EBook of Wilhelms I. Briefe an seinen Vater König
-Friedrich Wilhelm III., by Wilhelm I.
-
-This eBook is for the use of anyone anywhere at no cost and with
-almost no restrictions whatsoever. You may copy it, give it away or
-re-use it under the terms of the Project Gutenberg License included
-with this eBook or online at www.gutenberg.org/license
-
-
-Title: Wilhelms I. Briefe an seinen Vater König Friedrich Wilhelm III.
- (1827-1839)
-
-Author: Wilhelm I.
-
-Editor: Paul Alfred Merbach
-
-Release Date: July 24, 2017 [EBook #55193]
-
-Language: German
-
-Character set encoding: UTF-8
-
-*** START OF THIS PROJECT GUTENBERG EBOOK WILHELMS I. BRIEFE ***
-
-
-
-
-Produced by the Online Distributed Proofreading Team at
-http://www.pgdp.net
-
-
-
-
-
-
-</pre>
-
-<div class="transnote">
-
-<p class="s3 center"><b>Anmerkungen zur Transkription</b></p>
-
-<p class="p0">Der vorliegende Text wurde anhand der 1922 erschienenen
-Buchausgabe so weit wie möglich originalgetreu wiedergegeben; dies gilt
-insbesondere für Wortvariationen. Zeichensetzung und offensichtliche
-typographische Fehler wurden stillschweigend korrigiert. Fremdwörter
-und fremdsprachliche Zitate wurden ohne Korrektur übernommen, sofern
-der Textzusammenhang dadurch nicht verloren geht.</p>
-
-<p class="p0">Im Text wird für ‚et cetera‘ an einigen Stellen die
-Abkürzung ‚ect.‘ verwendet, anstatt wie sonst üblich ‚etc.‘ Diese
-Variante wurde hier so belassen. Wie in den meisten Frakturschriften
-üblich, wird auch hier im Originaltext zwischen den Großbuchstaben ‚I‘
-und ‚J‘ nicht unterschieden. In der vorliegenden Fassung werden die
-auf S. <a href="#Seite_33">33</a> erwähnten ‚Ionischen Inseln‘ daher
-willkürlich mit ‚I‘ wiedergegeben, obwohl zur damaligen Zeit beide
-Schreibweisen möglich gewesen wären.</p>
-
-<p class="p0">Die auf S. <a href="#Seite_103">103</a> (Brief vom 14.
-November 1830) erwähnte Berechnung der Anzahl von Gemeinen Soldaten
-ist offenbar fehlerhaft. Eine Korrektur konnte aber nicht vorgenommen
-werden, da die Fehlerquelle nicht eindeutig nachvollzogen werden
-konnte. Die Zahlen wurden so belassen, können aber ohne Weiteres zum
-Verständnis der Größenordnung dienen.</p>
-
-<p class="p0">Die Überschrift zu den Faksimile-Abbildungen am Ende des
-Buches wurde vom Bearbeiter eingefügt.</p>
-
-<p class="p0 nohtml">Abhängig von der im jeweiligen Lesegerät
-installierten Schriftart können die im Original <em class="gesperrt">gesperrt</em>
-gedruckten Passagen gesperrt, in serifenloser Schrift, oder aber sowohl
-serifenlos als auch gesperrt erscheinen.</p>
-
-</div>
-
-<div class="figcenter break-before">
- <a id="wilhelm" name="wilhelm">
- <img class="mtop2" src="images/wilhelm.jpg"
- alt="" /></a>
- <p class="center">Prinz Wilhelm von Preußen<br />
- <span class="s5">von Franz Krüger im Palais Wilhelms I.</span></p>
- <p class="s6 center padbot3 ebhide"><a href="images/wilhelm_hr.jpg">&#10063;<br />
- <span class="smaller">GRÖSSERE BILDANSICHT</span></a></p>
-</div>
-
-<div class="titelei">
-
-<h1><b>Wilhelms I.<br />
-Briefe an seinen Vater<br />
-König Friedrich Wilhelm III.</b></h1>
-
-<p class="s2 center">(1827&ndash;1839)</p>
-
-<div class="figcenter">
- <a id="deko" name="deko">
- <img class="w4em mtop2 mbot2" src="images/deko.jpg"
- alt="Dekoration" /></a>
-</div>
-
-<p class="center">Herausgegeben von</p>
-
-<p class="s2 center padbot3"><b>Paul Alfred Merbach</b></p>
-
-<div class="figcenter">
- <a id="signet" name="signet">
- <img class="w5em" src="images/signet.jpg"
- alt="Verlagssignet" /></a>
-</div>
-
-<hr class="titel" />
-
-<p class="s4 center"><em class="gesperrt">Verlag Karl Curtius / Berlin W. 35<br />
-1922</em></p>
-
-<div class="titelei">
-
-<p class="s5 center padtop3 break-before"> Alle Rechte, insbesondere der
-Übersetzung, vorbehalten. Die hier in diesem Bande enthaltenen Briefe
-stehen unter Urheberschutz und dürfen nicht nachgedruckt werden.
-Etwaige Genehmigung zum Abdruck einzelner Briefe muß vorher von der
-hierzu allein berechtigten Verlagshandlung eingeholt werden.<br />
-<span class="antiqua">American Copyright</span><br />
-1922</p>
-
-<p class="center">*</p>
-
-</div>
-
-<p class="s6 center padtop3">Druck von Oscar Brandstetter in Leipzig</p>
-
-</div>
-
-<div class="chapter">
-
-<p><span class="pagenum"><a name="Seite_v" id="Seite_v">[S. v]</a></span></p>
-
-<h2 class="nobreak" id="Inhalt">Inhalt.</h2>
-
-</div>
-
-<table class="toc" summary="Inhaltsverzeichnis">
- <tr>
- <td>
- &nbsp;
- </td>
- <td class="s5">
- Seite
- </td>
- </tr>
- <tr>
- <td class="vat">
- Vorbemerkung
- </td>
- <td class="vab">
- &nbsp;<a href="#Seite_vii">VII</a>
- </td>
- </tr>
- <tr>
- <td class="vat">
- Vorwort des Herausgebers
- </td>
- <td class="vab">
- &ensp;<a href="#Seite_ix">IX</a>
- </td>
- </tr>
- <tr>
- <td class="vat">
- Der russisch-türkische Konflikt
- </td>
- <td class="vab">
- &#8199;&#8199;<a href="#Seite_1">1</a>
- </td>
- </tr>
- <tr>
- <td class="vat">
- Die Brautwerbung
- </td>
- <td class="vab">
- &#8199;<a href="#Seite_45">45</a>
- </td>
- </tr>
- <tr>
- <td class="vat">
- Das eigene Heim
- </td>
- <td class="vab">
- &#8199;<a href="#Seite_64">64</a>
- </td>
- </tr>
- <tr>
- <td class="vat">
- Der Hallenser Kirchenstreit
- </td>
- <td class="vab">
- &#8199;<a href="#Seite_72">72</a>
- </td>
- </tr>
- <tr>
- <td class="vat">
- Die Pariser Julirevolution
- </td>
- <td class="vab">
- &#8199;<a href="#Seite_74">74</a>
- </td>
- </tr>
- <tr>
- <td class="vat">
- Im Dienste des Staates
- </td>
- <td class="vab">
- <a href="#Seite_103">103</a>
- </td>
- </tr>
- <tr>
- <td class="vat">
- Die Schweizer Reise
- </td>
- <td class="vab">
- <a href="#Seite_138">138</a>
- </td>
- </tr>
- <tr>
- <td class="vat">
- Personenregister
- </td>
- <td class="vab">
- <a href="#Seite_144">144</a>
- </td>
- </tr>
-</table>
-
-<p class="center mtop2">Abbildungen:<br />
-
-<span class="s5">(hier zum ersten Male veröffentlicht)</span></p>
-
-<p class="hang1"><a href="#wilhelm">Prinz Wilhelm von Preußen.</a> Nach einer Zeichnung von
-Franz Krüger im Palais Wilhelms I.</p>
-
-<p class="hang1"><a href="#augusta">Prinzessin Augusta.</a> Miniaturbild von A. Grahl um 1840.</p>
-
-<p class="hang1"><a href="#palais">Das Palais Wilhelm I. vor dem Umbau.</a> Miniaturbild auf einem
-Prunktisch in den sogenannten Großherzoglichen Gemächern des Palais.</p>
-
-<p class="hang1"><a href="#faks">Faksimile</a> des auf <a href="#Seite_50">Seite 50&ndash;52</a> abgedruckten Briefes.</p>
-
-<div class="chapter">
-
-<p><span class="pagenum"><a name="Seite_vii" id="Seite_vii">[S. vii]</a></span></p>
-
-<h2 class="nobreak" id="Vorbemerkung">Vorbemerkung.</h2>
-
-</div>
-
-<p>Die auf den nachfolgenden Seiten mitgeteilten Briefe des späteren
-Kaisers Wilhelm I. haben jahrzehntelang uneröffnet in Berliner
-Privatbesitz geruht; sie treten hiermit zum erstenmal ans Licht und
-bilden gleichsam einen jedem Deutschen willkommenen Ausschnitt einer
-Selbstbiographie des ersten Hohenzollernkaisers. Der Abdruck des
-<em class="gesperrt">gesamten</em> Briefmaterials bleibe einer späteren Zeit vorbehalten,
-die hoffentlich wieder günstigere Bedingungen für Veröffentlichung
-derartiger Werke mit sich bringen wird.</p>
-
-<p>Den Herausgeber unterstützten bei seiner Arbeit in entgegenkommendster
-Weise die Leitung des Geheimen Staatsarchivs (Berlin) durch die
-<span class="antiqua">Correspondance avec la Mission du roi, St. Pétersbourg; Russie
-Rep.</span> I, Nr. 97, 1828 und des Hausarchivs (Charlottenburg) durch
-die Erlaubnis, Teile aus den allerdings nicht vollständig erhaltenen
-Briefen König Friedrich Wilhelms III. an seinen Sohn veröffentlichen zu
-dürfen, die Verwaltungen des Hohenzollernmuseums und des Palais Kaiser
-Wilhelms I. sowie die Staatsbibliotheken in Berlin und München; den
-genannten Stellen sei auch hier dafür herzlichst gedankt.</p>
-
-<p>Herr <span class="antiqua">Dr.</span> Walther Kühne hat in dankenswerter Weise die Revision
-mitgelesen.</p>
-
-<p><em class="gesperrt">Berlin</em>, im September 1922.</p>
-
-<p class="right mright2">P. A. M.</p>
-
-<div class="chapter">
-
-<p><span class="pagenum"><a name="Seite_ix" id="Seite_ix">[S. ix]</a></span></p>
-
-</div>
-
-<p class="padtop3">In ein wichtiges Jahrzehnt preußischer, deutscher und europäischer
-Geschichte während des 19. Jahrhunderts führen die nachfolgenden Briefe
-des Prinzen Wilhelm von Preußen an seinen königlichen Vater Friedrich
-Wilhelm III.: sie umfassen die Jahre 1827 bis 1839, die noch zum
-Zeitalter der Reaktion gehören, aber zum wesentlichen Teile zwischen
-zwei Revolutionen liegen, die von den mannigfachsten Anschauungen,
-Strömungen und Tendenzen politischer, gesellschaftlicher, religiöser,
-literarischer Art erfüllt und durchkreuzt sind, in denen Goethe
-stirbt und die Romantik ausklingt, in denen Hegel auf der Höhe seines
-Einflusses steht und die deutsche politische Dichtung des Jungen
-Deutschland geboren wird, in denen die ersten Eisenbahnen und der
-Telegraph beginnen, die Entfernungen zwischen den Menschen aufzuheben,
-in denen die immer inniger werdende Vereinigung von Naturwissenschaft
-und Technik sich anschickt, dem „erstaunlichsten aller Jahrhunderte“
-dadurch seinen Stempel aufzudrücken, daß durch die Herausbildung des
-vierten Standes eine neue soziale Schichtung entsteht.</p>
-
-<p>Von solchen sachlichen Hintergründen, aus einer Epoche deutschen
-Sehnens, Werdens und Wesens, die schließlich, nachdem der
-Briefempfänger schon manches Jahr im Mausoleum des Charlottenburger
-Schloßparkes den ewigen Schlaf schlief, zum „tollen Jahr“ von 1848
-führte, heben sich des Prinzen Berichte, Episteln und Billets an den
-regierenden König von Preußen, der zugleich sein Vater war, heraus,
-ohne daß die Mehrzahl der hier nur an<span class="pagenum"><a name="Seite_x" id="Seite_x">[S. x]</a></span>gedeuteten „Kräfte am Werk“ in
-ihnen zur anschaulichen Auswirkung, zum schöpferischen Anlaß, zum
-allzeit lebendigen Ausdruck diente und gelangte. Sie sind vielmehr und
-in allererster Linie ein bisher unbekannter Beitrag für <em class="gesperrt">seine</em>
-ganz persönliche, menschliche Entwicklung und Art, der das vertraute
-Bild aus der Zeit seines Reifens zum Manne in der glücklichsten
-Weise ergänzt und erweitert, eine neue „kostbare Reihe vertraulicher
-Äußerungen von hohem inneren Werte“, von denen das Wort Erich Marcks’
-gilt, daß ihre Bedeutung erst im Zusammenhange der Vorgänge und
-Mächte einigermaßen zu erfassen ist, die den Prinzen im alten Preußen
-umgaben..., „es sind dieselben Mächte, deren Betätigung und Wandlung
-von da ab sichtbar seinem ganzen weiteren Leben Richtung und Aufgabe
-weisen sollte.“</p>
-
-<p>Es ist oft geschildert worden, wie die Stoß- und Schwungkraft des
-preußischen Reformgeistes von 1806 bis 1815, der heilige Wille, „in
-Staat und Heer alle Einrichtungen auf die enge sittliche Gemeinschaft
-mit dem Volksleben zu begründen“ erlahmte, wie die Arbeit der
-wirtschaftlichen Befreiung auf dem Lande, die Durchführung der
-Selbstverwaltung allmählich und immer mehr versickerte, versandete
-und versumpfte, wie die verheißene Verfassung schließlich versagt
-ward; „in der deutschen wie in der europäischen Politik trat Preußen
-in das System der alten konservativen Mächte ein“; die Männer der
-zukunftweisenden Taten verschwanden, an ihren Platz stellte sich der
-Landadel und mit ihm, als Ausdruck und Symbol dieses Wechsels, kam
-„eine ständische Zerlegung des einheitlichen Staates“; das Bürgertum
-stand noch weit zurück, nur das Beamtentum hat „in diesem letzten
-Heroenzeitalter der preußischen Bureaukratie“ als die in Wahrheit
-im Staate regierende Macht dem Adel das Gleichgewicht gehalten. Das
-bewußte Zurückdrängen schöpferischer Gedanken ward ausgeglichen durch
-die Stellung des Beamtentums<span class="pagenum"><a name="Seite_xi" id="Seite_xi">[S. xi]</a></span> zwischen Staatseinheit und Ständetum.
-Die schwunglose Mittelmäßigkeit des Königs, dessen starres Preußentum
-mehr Hemmschuh als Triebkraft war, lastete auf dem Hofe ebenso wie auf
-den Organen der Regierung; nur in der Stille, den wenigsten bewußt und
-erkennbar, vollzog sich in diesen hier in Frage kommenden Jahren der zu
-Ende gehenden Regierung Friedrich Wilhelms III. die für die Zukunft so
-wichtige Verschmelzung des preußischen mit dem deutschen Geiste, durch
-die das vielstaatliche Volk es endlich versuchen und erreichen konnte,
-sich zur Nation und Einheit zu bilden; Prinz Wilhelm, der als König
-und Kaiser diese Entwicklung zu Ende führen durfte, hat in den Jahren
-<em class="gesperrt">dieser</em> Briefe von solcher deutschen Sehnsucht wahrlich keinen
-Hauch verspürt.</p>
-
-<p>In knappsten Strichen nur kann hier des Prinzen Wilhelms Werden
-angedeutet werden. In der Stunde seiner Geburt erlosch &mdash; nach Max
-Lenz’ Wort &mdash; der längst verblichene Glanz der Krone des Großen Karl;
-im März 1797 besiegte Napoleon in Friaul und Kärnten die letzten Heere
-des letzten der alten Kaiser, „die Verbindung der beiden Völker,
-auf der das heilige römische Reich deutscher Nation geruht hatte,
-zerriß“, und während jenseits des Rheines und in etlichen Ländern um
-das Mittelmeer die Grundlagen eines Imperiums gelegt wurden, das noch
-einmal dem Willen eines Einzigen das Dasein verdankte, blieb Preußen,
-ohne zunächst von den wahrhaft grundstürzenden Umwälzungen Europas
-irgendwie berührt oder gestreift zu werden, was es seit mehr als einem
-halben Jahrhundert gewesen war, der Staat Friedrichs des Großen, einst
-der Schrecken und die Bewunderung seiner Feinde, immer noch unbesiegt
-und unerschüttert, jetzt in stolzer Ruhe nach außen hin verharrend, im
-Innern durch fleißige Arbeit der Beamten gestützt und gefördert.</p>
-
-<p>In solchem Frieden wuchs auch der zweite Sohn des preußischen<span class="pagenum"><a name="Seite_xii" id="Seite_xii">[S. xii]</a></span>
-Königspaares, Prinz Wilhelm, auf, bis vor den Toren Jenas und Weimars
-der Staat zerschlagen ward, den Friedrichs Geist gebaut hatte. Es
-kamen die Jahre der Schmach und Knechtschaft, die in bekannter Weise
-tief in des Prinzen Leben eingriffen: in einem gefesselten Staat,
-unter dem hoffnungslosen Kummer des Vaters, in seinem kindlichen Gemüt
-verwirrt durch den Tod der geliebten Mutter reifte er zum Jüngling
-heran. Am Aufschwung der Nation nimmt er dann tätigen Anteil, ohne
-sich irgendwie den Idealen und Zielen eines <em class="gesperrt">großen</em> deutschen
-Vaterlandes hinzugeben. Friedrich Wilhelm III. sind diese Ideale immer
-fremd geblieben; auch der Sohn des Königs blieb in den Überlieferungen
-der <em class="gesperrt">preußischen</em> Größe gebunden, wie doch die Reformen eines
-Stein und Hardenberg zunächst Preußen gegolten haben und diesem zugute
-gekommen sind. Dieses Preußen aber hat alles daran setzen müssen,
-um nach dem Kriege, der dem einzelnen deutschen Menschen nicht die
-Freiheit des Tuns und Denkens brachte, seine Stellung als Großmacht
-zu behaupten. Europäische Aufgaben und Notwendigkeiten führten
-diesen Staat an die Seite Österreichs und Rußlands; einen lebendigen
-Ausschnitt solcher Bestrebungen bietet ein wesentlicher Teil der
-folgenden Briefe.</p>
-
-<p>Des Prinzen Wilhelm Pflichten- und Interessenkreis war in fast
-ausschließlicher Weise von Anfang an ein rein militärischer: es
-kam seinen Anlagen, Neigungen und Anschauungen entgegen, der erste
-Soldat des Staates und der Armee zu sein, einer Armee, die an der
-allgemeinen Erstarrung nach der Reformzeit teilhatte, deren frischer
-Tätigkeitsdrang nach 1815 unerstickt war, aber doch unerfüllt blieb,
-deren Ausbau und Entwicklung jedoch der Prinz alle besten Kräfte
-seines Wesens zuwandte, seitdem er in den Jahren des Friedens in der
-Rangstufenleiter bis zum Kommandeur des dritten Armeekorps emporstieg
-und ernstlich<span class="pagenum"><a name="Seite_xiii" id="Seite_xiii">[S. xiii]</a></span> bemüht war, alle Forderungen solcher Führerposten zu
-kennen und ihnen bis ins kleinste gerecht zu werden. Er hat immer
-danach gestrebt, diese weitschichtige Materie völlig zu durchdringen
-und zu beherrschen; die Sorge um die Armee als Ganzes &mdash; in
-Bereitschaft sein ist alles &mdash; und um den einzelnen Mann verläßt ihn
-nie, wenn er aus der Fremde oder von daheim seinem Vater schreibt; in
-ausführlichen Briefen, die sich gelegentlich geradezu zu Denkschriften
-weiten und nachweislich als amtliches Material benutzt werden, wagt
-er Kritik an Beschlüssen und Maßnahmen des Königs zu üben... hier
-geht ihm immer die Sache über die Person; dem militärisch-technischen
-Detail widmet er die gleiche Aufmerksamkeit wie den schwerwiegenden
-Fragen der inneren oder äußeren Organisation. So ist und bleibt er
-Offizier, dessen rastlose Arbeit, eiserne Pflichttreue und unermüdliche
-Lernbegier immer irgendwie der Macht des Staates dienten, an dem
-sich das Wort seiner Mutter aus dem Juli 1810 bewahrheitete: „Unser
-Sohn Wilhelm wird, wenn nicht alles trügt, wie sein Vater einfach,
-bieder und beständig“ &mdash;, über den aber auch aus dem Jahre, in dem
-diese Briefe beginnen, eine Äußerung lautete: „Prinz Wilhelm ist die
-edelste Gestalt, die man sehen kann, der imposanteste von allen, dabei
-schlicht und ritterlich, munter und galant, doch immer mit Würde.“
-Dabei stand er den liberalen und nationalen Ideen, die stärker als
-je um 1830 in Norddeutschland um sich griffen, ablehnend gegenüber,
-und den nationalen Bewegungen, die den Boden der Verträge von 1815
-erschütterten, begegnete er vom Standpunkte der großen, „heiligen“
-Alliance; er faßte alles unter dem Gesichtspunkte der Revolution und
-nur im festen Zusammenschluß der „legitimen“ Gewalten meinte er immer
-wieder, könne man ihnen begegnen.</p>
-
-<p>So stand er auf festem, nüchternem Boden, den er völlig kannte, und
-war imstande, mit der hier nötigen Klarheit allen<span class="pagenum"><a name="Seite_xiv" id="Seite_xiv">[S. xiv]</a></span> Forderungen und
-Tatsachen <em class="gesperrt">seines</em> Lebens gerecht zu werden. Bevor die hier
-mitgeteilten Briefe beginnen, war er durch das alles aufwühlende
-Herzenserlebnis seiner Jugend gegangen, das nach seinem Teile ihn auch
-zum Manne gereift hatte; das Auf und Ab seiner inneren wie äußeren
-Beziehungen zu Elisa von Radziwill klingt nur an einer, freilich
-wichtigsten Stelle dieser Briefe an und der schmerzlichste Abschluß
-dieser ihn stählenden Episode wird dem Vater gegenüber schriftlich
-nicht erwähnt: „Ich werde Elisa wiedersehen, ich gehe nach ihrem
-väterlichen Gute Antonin,“ sagte er am 29. Mai 1829 zur Gräfin Elise
-von Bernstoff &mdash; er war von seinem Vater beauftragt worden, seiner
-kaiserlichen Schwester entgegen zu fahren &mdash; „meine Schwiegermutter
-selbst hat mir den Wunsch ausgesprochen, daß dieses mein erstes
-Wiedersehen mit Elisa vor meiner Vermählung überstanden sein möchte.“</p>
-
-<p>Prinz Wilhelm hatte den „Staat als Willen“ über sich erkannt, „er
-hat sich gefügt, ohne einen Bruch“, wenn er auch die mannigfache
-„Prinzessinnenschau“, die seiner Verlobung mit Augusta von Weimar
-vorausging, als innere Qual empfinden mochte. Als aber die endgültige
-Entscheidung &mdash; nach einem hier wohl zum ersten Male bekannt werdenden
-Schwanken &mdash; in dieser Lebensfrage gefallen war, begegnet er der
-künftigen Gefährtin mit herzlichster Zuneigung, und die Briefe aus
-dieser Zeit, die die menschlich-wertvollsten sind, bezeugen &mdash; auch
-wohl zum ersten Male &mdash;, daß der Prinz nicht nur „voller Attention für
-die Prinzeß“ war; hier klingt wahrlich mehr als die bisher immer nur
-beobachtete und behauptete kühle Herzenshöflichkeit durch, hier wird
-der zurückhaltende Ton, den er sonst nach höfischer Sitte der Zeit und
-aus seiner eigenen Erziehung heraus dem Vater gegenüber anschlägt,
-überwunden, und der Mann muß von dem berichten, was ein Inhalt seines
-Daseins wird und blieb; er tut<span class="pagenum"><a name="Seite_xv" id="Seite_xv">[S. xv]</a></span> es nicht in romantischem Überschwang
-mit tönenden Phrasen, sondern in jener Weise, der der Leser von heute
-in jedem Worte die aufrichtige Ehrlichkeit der Empfindung anmerkt.</p>
-
-<p>Ein freundlicher Zufall hat es gefügt, daß diese briefliche
-Liebesidylle aus Weimar, die mit etlichen Unterbrechungen vom Oktober
-1828 bis zum März des folgenden Jahres reicht, zwischen zwei größeren
-Gruppen von Berichten steht, die die Anteilnahme des Prinzen Wilhelm
-an den Vorgängen der europäischen Politik zeigen &mdash; „ich kannte und
-träumte nur ein selbständiges Preußen, eine Großmacht im europäischen
-Staatensystem“ hat er zwanzig Jahre später über seine innere
-Einstellung zu diesen Dingen geurteilt &mdash; und dadurch dartun, daß es
-ihm vergönnt und möglich war, die Welt auf manchen Reisen kennen zu
-lernen. Die verwandtschaftlich ihm nahe stehenden Höfe von Petersburg
-und dem Haag hat er öfters besucht; hier kommen die beiden wichtigen
-Fälle in Frage, wo er, in den ersten Monaten von 1828, die Zuspitzung
-des russisch-türkischen Konfliktes mit seiner Auswirkung auf die
-Weltlage beobachten konnte und wo er der Pariser Julirevolution von
-1830 ganz nahe sein durfte. Beide Male schickte er seinem Vater „eine
-Fülle von Berichten“, von denen Erich Marcks’ Erwartung gilt, „daß man
-sie wohl kennen möchte“.</p>
-
-<p>Seine Sendung nach der russischen Hauptstadt zu Schwester und Schwager
-hatte diesmal allerdings bereits einen wichtigen Hintergrund und
-Unterton: er sollte „den Argwohn Rußlands gegen die unabhängig sich
-zwischen den beiden östlichen Kaisermächten haltende preußische Politik
-bekämpfen“; gut informiert und ständig beraten hat er diese Mission
-erfüllt, schon deswegen, weil er von vornherein aus legitimistischen
-Gründen auf der Seite Rußlands und des Zaren stand, dabei sogar eifrig,
-aber vergeblich versuchte, seinen Vater zu energischer, kriegerischer
-Anteilnahme auf russischer Seite zu bewegen. Daß man den Briefen<span class="pagenum"><a name="Seite_xvi" id="Seite_xvi">[S. xvi]</a></span>
-des Prinzen an den König, die von den Ereignissen des Hoflebens, von
-winterlichen Festen, von militärischen Einzelheiten natürlich auch zu
-erzählen wußten, an zuständigen Stellen Bedeutung beimaß, geht aus der
-Voraussetzung des preußischen Gesandten in Petersburg hervor, „daß der
-Minister des Auswärtigen in Berlin, Graf Bernstorff, Kenntnis von dem
-politischen Teile der Berichte des Prinzen an den König hat“, und der
-vielgewandte, vielhörende und geschwätzige Varnhagen von Ense notiert
-am 4. April 1828 in seinen „Blättern aus der preußischen Geschichte“:
-Prinz Wilhelm berichtet sehr fleißig und genau aus Petersburg, seine
-Briefe gibt der König an Witzleben, seinen allmächtigen Adjutanten.</p>
-
-<p>Der Besuch im Haag &mdash; im Juli 1830 &mdash; schloß sich an einen
-Kuraufenthalt des Prinzen Wilhelm in Ems an, das seitdem die
-öfter aufgesuchte Heilstätte gegen eine in diesen Jahren nie ganz
-aufhörende Kränklichkeit war; hier war es Zufall, daß er als Gast des
-niederländischen Hofes Zeuge von Ereignissen sein durfte, die seinen
-ganzen Anschauungen völlig zuwiderliefen und die ihm Veranlassung
-wurden, seinen Standpunkt dem Vater und König gegenüber auf das
-schärfste zu präzisieren. Von den inneren Angelegenheiten und
-Notwendigkeiten Preußens oder gar Deutschlands ist in den Briefen
-der nächsten Jahre, in denen das Bürgertum auch hier, wenn freilich
-sehr langsam und allmählich, „die politische Macht ergriff“, selten
-etwas zu spüren und zu lesen. Er kann auf einer militärischen
-Inspektionsfahrt, auf der er seinen Vater vertreten muß, im August
-und September 1830 die Auswirkung der französischen revolutionären
-Bewegung im Rheinlande beobachten, kann aus Thüringen, wo Teile
-des seiner Führung unterstehenden Armeekorps in Garnison lagen,
-Ähnliches melden und nimmt dann öfter die Gelegenheit wahr, in Berlin
-in manchmal breiter Ausführlichkeit zu Fragen seines eigent<span class="pagenum"><a name="Seite_xvii" id="Seite_xvii">[S. xvii]</a></span>lichen,
-d. h. militärischen Berufe das Wort zu ergreifen. Daneben steht
-die Sorge um den würdigen Ausbau des ihm zur Wohnung angewiesenen
-Tauentzienschen Palais Unter den Linden und um den Schlößchenbau auf
-dem Babelsberge bei Potsdam; er weiß hie und da den Vater für die
-Angelegenheiten ihm, d. h. dem Prinzen nahestehender Persönlichkeiten
-zu interessieren, wie des Prinzen Radziwill und des Fürsten Solms;
-einmal taucht eine Frage der preußischen Justizverwaltung und eine des
-Kirchenregimentes auf, die er im Sinne und zum Vorteil der staatlichen
-Autorität erledigt wissen möchte, er erörtert brieflich mit dem König
-die wichtige Frage des Erziehers des Sohnes seiner Ehe, der damals
-schon als der Thronerbe galt, und meldet dem Vater in jubelnder
-Beglücktheit die Geburt der Tochter Luise. Mit brieflichen Berichten
-von einer bis nach Mailand sich ausdehnenden Schweizer Reise, die er
-mit seiner Frau unternahm und die sich an einen Kuraufenthalt in Ems
-und Baden-Baden anschloß, endet das Corpus dieser Korrespondenz. Es
-ist für Prinz Wilhelm sehr charakteristisch, daß ihm die Freude an
-der neuen Umgebung, durch die ihn diese Fahrt führte, getrübt ward
-durch ein scheinbares Mißverständnis wegen seiner Anteilnahme an einem
-Manöver in der Heimat! Von mancher anderen Reise, wie z. B. von den
-Besuchen in Petersburg zwischen 1829 und 1835 weiß er kaum etwas zu
-berichten, was des Festhaltens wert wäre, desgleichen von dem Wiener
-Aufenthalt im März 1835, als es galt, „durch das sichtbare Eintreten
-Preußens die schwierige Lage der drei Minister zu festigen, die für
-den schwachsinnigen, aber legitimen Nachfolger Franz’ I., Ferdinand,
-die tatsächliche Regierung übernahmen“. Dagegen wird seine praktische
-Anteilnahme an der Weiterbildung der Armee und ihren Forderungen, z. B.
-in den Fragen über die Länge der Dienstzeit, über die Vermehrung der
-Kadettenanstalten, über die Dienstreisen, Kosten der Gene<span class="pagenum"><a name="Seite_xviii" id="Seite_xviii">[S. xviii]</a></span>räle &mdash; um
-nur weniges zu nennen &mdash; hier erneut dargetan und weiterhin erhärtet.</p>
-
-<p>Diese andeutenden Bemerkungen umschreiben ungefähr den Inhalt der hier
-veröffentlichten Briefe des Prinzen Wilhelm von Preußen, ohne ihr
-Detail und ihren Reiz irgendwie zu erschöpfen. Sie sind in ihrer Form,
-ihrem Stil und Ausdruck der klarste, beste Spiegel ihres Schreibers.</p>
-
-<p>Er weiß in frischer Anschaulichkeit zu schildern, was er sah und
-erfuhr, er bleibt immer sachlich und versteht aus den Tatsachen, wie
-sie ihm entgegengetreten, in Verbindung mit der ihm angeborenen und
-eingegebenen Überzeugung scharf und klar sein Urteil abzuleiten; er
-vermeidet bewußt jegliche Phrase irgendwelcher Art, weil er weiß, daß
-sie nicht zu seinem Wesen paßt. „Die Wärme eines herzlichen, schlichten
-Empfindens, die Sicherheit eines reinen und männlichen Charakters“, die
-Erich Marcks aus den längst bekannten Briefen an den General Natzmer
-mit Recht herauslas, ist auch in diesen Briefen an den königlichen
-Vater zu finden und dringt bei aller anredelosen Beherrschtheit des
-Tones &mdash; wie selten ändert sich die fast formelhafte Unterschrift „Ihr
-Sie liebender Sohn Wilhelm“ in einen Klang kindlicher Herzlichkeit!
-&mdash; doch immer wieder durch. Im stilistischen und sprachlichen
-Ausdruck sind freilich die im Original oft schwierig zu entziffernden
-Briefe noch völlig abhängig von den Grundlagen der Jugendbildung
-und Jugenderziehung des Prinzen: sie wirken oft in Wortstellung und
-Satzbau wie aus dem Französischen übersetzt.... das geht stellenweise
-so weit, daß er die richtige Satzkonstruktion nachträglich korrigiert,
-wobei manchmal das Gegenteil von dem herauskommt, was er sagen will;
-zahlreiche Fremdworte finden sich, die hie und da auch mal in nicht
-richtiger Weise angewendet werden.</p>
-
-<p>Manches freilich vermissen wir in diesen Briefen: nicht <em class="gesperrt">ein</em><span class="pagenum"><a name="Seite_xix" id="Seite_xix">[S. xix]</a></span>mal
-weiß er aus Weimar etwas von Goethe zu erzählen, niemals fällt ein Wort
-über die mannigfachen Kräfte, die sich nach dessen Tode im deutschen
-Schrifttum regten und die doch der beste Spiegel einer neuen Wertung
-der Zeit durch die Zeitgenossen waren; gerade weil Prinz Wilhelm
-diesem „Neuen“ innerlich ablehnend und fremd gegenüberstand, sucht
-man wohl nach einem kritischen Worte über das Junge Deutschland und
-des allmächtigen Metternich Maßnahmen, die gegen diese „Literaten“
-gerichtet waren. Auch sonst treten tiefere geistige Interessen nicht
-hervor<a name="FNAnker_1_1" id="FNAnker_1_1"></a><a href="#Fussnote_1_1" class="fnanchor">[1]</a>; gerade darin aber wird der Gegensatz zu dem kronprinzlichen
-Bruder ganz klar und deutlich.</p>
-
-<p>Die entscheidenden, ausschlaggebenden Züge seiner Art und seines
-Wesens, die die Gewähr für seine und damit nach dem Gange der
-Geschichte auch für unsere Zukunft boten, erkennen wir in diesen
-Selbstzeugnissen seiner Persönlichkeit: den Offizier, den Anhänger des
-legitimen Königtums, den konservativen Mann der Arbeit und Pflicht von
-klarer, kräftiger Zuverlässigkeit, dessen wahre Größe einmal darin
-bestehen sollte, in weiser Selbsterkenntnis und Selbstbeschränkung den
-Männern die freie Bahn des Wirkens zu öffnen und zu gönnen, die ihm das
-Schicksal in den Weg führen sollte... er war ein fertiger Vierziger,
-als diese Briefreihe mit dem Tode Friedrich Wilhelms III. abbrach. Mit
-dessen Hinscheiden wandelte sich wohl die preußische Welt, noch aber
-konnte niemand ahnen, daß Prinz Wilhelm berufen und auserwählt sein
-sollte, die deutsche Welt zu formen und zu leiten.</p>
-
-<p><span class="pagenum"><a name="Seite_xx" id="Seite_xx">[S. xx]</a></span></p>
-
-<p>Einmal ist &mdash; ganz vorübergehend &mdash; in diesen Briefen von dem Denkmal
-die Rede, das dem Großen Friedrich von Preußen vor den Fenstern des
-prinzlichen Palais errichtet werden sollte; seine Grundsteinlegung
-war der letzte offizielle Regierungsakt, dem der alte, längst kranke
-König von den Fenstern eben dieses Hauses, also gleichsam als Gast
-seines Sohnes, beiwohnen konnte ... es war am 1. Juni 1840... Prinz
-Wilhelm leitete den militärischen Teil der Feier... es war des
-Vaters letzte Freude.... am 7. Juni starb der König.... der neue
-Herrscher Preußens grüßte den Bruder als Thronfolger und Prinz von
-Preußen... eine neue Zeit begann für ihn, für Land und Volk; von den
-Briefen aber, die fast bis zu diesen Tagen reichen, gilt ein Wort
-Paul Kehrs<a name="FNAnker_2_2" id="FNAnker_2_2"></a><a href="#Fussnote_2_2" class="fnanchor">[2]</a>: „aus jeder Zeile schauen uns längst vertraute Züge
-entgegen: des Prinzen Schlichtheit und Wahrhaftigkeit, sein Ernst
-und seine Gewissenhaftigkeit, Gottesfurcht und vornehme Gesinnung,
-sein militärisches, monarchisches und preußisches Selbstgefühl und
-Pflichtbewußtsein.“</p>
-
-<div class="chapter">
-
-<p><span class="pagenum"><a name="Seite_1" id="Seite_1">[S. 1]</a></span></p>
-
-<h2 class="nobreak" id="Der_russisch-tuerkische_Konflikt">Der russisch-türkische
-Konflikt.</h2>
-
-</div>
-
-<div class="blockquot">
-
-<p>Die durch den Wiener Kongreß und seine Schlußakte im Sommer 1815
-wiederhergestellte Ruhe und Ordnung Europas hat ein Jahrzehnt
-später im Wetterwinkel des Balkans eine erste Störung erfahren;
-der Aufstand Griechenlands gegen die Türkei galt der Volksmeinung
-des Kontinents als eine Fortsetzung des Freiheitskampfes, der
-gegen Napoleon geführt worden war, und die klassizistisch
-orientierte Bildung der geistigen Oberschicht in den Großmächten
-Europas glaubte darin antike Ideale eines Miltiades oder Leonidas
-verlebendigt zu sehen.... begeisterte Männer zogen allenthalben
-nach Morea, um mit Gut und Blut sich für die Sache der griechischen
-Freiheit einzusetzen.</p>
-
-<p>Im Gegensatz dazu sah das Regime des Fürsten Metternich in dieser
-griechischen Erhebung nur Rebellion &mdash; die Pforte war ja die
-legitime Obrigkeit &mdash;, die man auf die von Frankreich ausgegangenen
-revolutionären Ideen, auf die Umsturzbewegungen der Demagogen aller
-Länder zurückführte; hinzu kam die Befürchtung, daß Rußland den
-türkisch-griechischen Konflikt zum Anlaß und zur Grundlage weiterer
-Eroberungspläne machen würde. Die fünf Großmächte Europas &mdash;
-Rußland, Österreich, Frankreich, England und Preußen &mdash; waren sich
-klar und einig darüber, daß eine etwaige Befreiung Griechenlands
-das Auseinanderfallen der Türkei zur endlichen Folge haben müsse
-und daß Rußland davon den eigentlichen, wenn nicht sogar den
-alleinigen Nutzen haben werde. Deswegen war Österreich, an dessen
-Südostgrenze ein nie gefährlich werdender Nachbar, eben der Türke,
-saß, gegen jede Veränderung eines ihm vorteilhaften <span class="antiqua">status
-quo</span>; auch England sah in einer Erstarkung Rußlands eine
-Bedrohung seiner Stellung im nahen und fernen Orient.</p>
-
-<p>Diesen sich zuspitzenden Gegensätzen in der russischen Außenpolitik
-standen etliche Schwierigkeiten im Innern gegenüber. Kaiser
-Nikolaus, der die Lieblingsschwester des Prinzen Wilhelm,
-Charlotte, zur Gattin hatte, mußte den durch den sogenannten
-Großmutsstreit hervorgerufenen Aufstand der Dekabristen
-niederwerfen: sein älterer Bruder Konstantin hatte zwar auf die
-Regierung nach Alexanders I. Tode verzichtet, da ihm aber ein Teil
-des Militärs anhing, kam es zu Tumulten.</p>
-
-<p>Wenige Wochen später ward durch das „Protokoll“ vom 23. März/4.
-April 1826 zwischen Rußland und England eine Regelung der
-türkisch-griechischen Beziehungen vereinbart<a name="FNAnker_3_3" id="FNAnker_3_3"></a><a href="#Fussnote_3_3" class="fnanchor">[3]</a>; dabei hatte der
-Kaiser eine schriftliche Erklärung, keine Eroberungen zu machen,
-nicht abgegeben und „die englische Politik konnte in Zukunft von
-Rußland auf einem Felde kontrolliert werden, wo sie bisher unfaßbar
-gewesen war“. Im Spätsommer gab die Pforte in allen strittigen
-Punkten nach, und der Vertrag von Akkerman war ein voller Sieg der
-Großmächte über den Sultan. Der wahre Grund dieses plötzlichen
-Einlenkens aber war der, daß die Türkei für den trotz<span class="pagenum"><a name="Seite_2" id="Seite_2">[S. 2]</a></span> aller
-Friedensbemühungen drohenden europäischen Krieg eine Militärreform
-dringend bedurfte, und deshalb brauchte der Sultan zunächst Frieden!</p>
-
-<p>Unterdessen ging ein anderer von Rußland geführter Krieg glücklich
-zu Ende: gegen Persien war der General Paskewitsch siegreich; im
-Februar 1828 erfolgte der Friedensschluß.... der in den Briefen
-des Prinzen mehrmals genannte Abbas Mirza ward von Kaiser Nikolaus
-als der allein berechtigte Nachfolger des Schahs anerkannt, und
-beide Herrscher wollten in Zukunft in Freundschaft und guter
-Nachbarschaft miteinander leben.</p>
-
-<p>Aus dem erwähnten Protokoll vom 4. April 1826 aber erwuchs am 7.
-Juli 1827 eine englisch-russisch-französische Tripelalliance, der
-„trilaterale Vertrag“ der Briefe; „der Kaiser knüpfte an sie die
-Hoffnung, daß sie vor allem den russischen Interessen förderlich
-sein werde“. Er hatte schon versucht, aus dem Protokoll möglichsten
-Nutzen zu schlagen, er hatte die Vereinbarung den Höfen von Berlin,
-Paris und Wien mitgeteilt und wußte allen Einwendungen geschickt
-zu begegnen. Der Gedanke, an Stelle des Protokolls den Vertrag
-zu setzen, ging von England aus; ein Geheimartikel regelte die
-Möglichkeiten und Notwendigkeiten eines Kriegsfalles. In der
-Seeschlacht von Navarino, wo am 20. Juli 1827 die türkische Flotte
-vernichtet ward, war der Auftakt dazu gegeben. In das Auf und Ab
-der nächsten Monate führen die folgenden Briefe ein.</p>
-
-<p>Prinz Wilhelm hatte am 22. Dezember 1827 Berlin mit einem nicht
-mehr vorhandenen Briefe Friedrich Wilhelms III. an seinen
-kaiserlichen Schwiegersohn verlassen; Petersburg war ihm nicht
-fremd, hatte er doch 1817 seine Schwester Charlotte zur Vermählung
-dorthin begleitet; 1823 hatte er den russischen Manövern
-beigewohnt; im Januar 1826 war er wieder dort, um seinen Schwager
-als Kaiser zu sehen, und 1834 ist er nochmals an der Newa zu
-Besuch gewesen, um der Einweihung des Denkmals für Alexander I.
-beizuwohnen &mdash; es sei darüber hier eine Stelle aus einem Briefe
-an den König vom 24. Juli 1834 zitiert:.... Nun aber mit einem so
-ehrenvollen Auftrag zu dieser Feier zu gehen, ist für mich eine
-unbeschreibliche Freude, eine Freude, die unendlich erhöhet wird
-durch das, was das Herz dabei fühlt. Denn wenn auch Trauer die
-nächste Veranlassung zu der Feier ist, so ist doch gerade wieder
-die Errichtung dieser Denk-Säule für den Unvergeßlichen ein Moment,
-der mit Freuden erfüllt, weil man solches Andenken auf solche Weise
-verherrlichen will....</p>
-
-<p>Der diesmalige Aufenthalt dauerte „fast fünf Monate“; am Abend vor
-der Abreise des Prinzen Wilhelm, die am 9. Mai erfolgte, schrieb
-die Kaiserin Mutter Maria Feodorowna: <span class="antiqua">Le départ du cher prince
-Guillaume me fait de même répandre bien des larmes; je lui suis
-tendrement, inviolablement attachée et profondément touchée de son
-amitié pour moi</span>.</p>
-
-</div>
-
-<p><span class="pagenum"><a name="Seite_3" id="Seite_3">[S. 3]</a></span></p>
-
-<p class="briefkopf">St. Petersburg, den 19./31. Dezember 1827.</p>
-
-<p>In aller Eile setze ich diese Zeilen auf, um Ihnen meine glückliche
-Ankunft hierselbst gestern Nachmittag um 5 Uhr zu melden. Es kommt mir
-noch Alles wie im Traum vor nach den ersten Augenblicken, die Tausende
-von Bekannten schon gesehen zu haben. Vor allem muß ich natürlich von
-Charlotte und dem Kaiser und der Kaiserin-Mutter sprechen. Welch’ eine
-Freude, welch’ eine unbeschreibliche Freude war die des Wiedersehens...
-Die Kaiserin-Mutter hat mich mit einer Herzlichkeit und Liebe
-empfangen, die wirklich noch ihre frühere Gnade übersteigt<a name="FNAnker_4_4" id="FNAnker_4_4"></a><a href="#Fussnote_4_4" class="fnanchor">[4]</a>.</p>
-
-<p>.... Ich habe hier Alles bisweilen kriegerischer gefunden, als ich es
-erwartete; die Abreise der Gesandten von Konstantinopel<a name="FNAnker_5_5" id="FNAnker_5_5"></a><a href="#Fussnote_5_5" class="fnanchor">[5]</a> hat nicht<span class="pagenum"><a name="Seite_4" id="Seite_4">[S. 4]</a></span>
-wenig dazu beitragen müssen, welche Nachricht vorgestern Abend hier
-angelangt ist. Jedenfalls wird aber wohl erst das Frühjahr abgewartet
-werden, ehe etwas geschieht. Der Kaiser hat mir schon über Manches
-gesprochen, doch noch bin ich nicht im Stande, etwas Zusammenhängendes
-aufzuschreiben. Er beruft sich stets auf einen gewissen Brief, den
-er Ihnen geschrieben haben will vor einiger Zeit, weshalb ihm die
-Äußerungen, welche Sie mir am Abend vor meiner Abreise noch in
-Beziehung auf Ihre Verhältnisse zu ihm taten, sehr erwünscht zu
-vernehmen waren...<a name="FNAnker_6_6" id="FNAnker_6_6"></a><a href="#Fussnote_6_6" class="fnanchor">[6]</a>.</p>
-
-<p class="briefkopf">St. Petersburg, 12./24. Januar 1828.</p>
-
-<p>Gestern sind nach fast fünfwöchentlichem Stillschweigen Nachrichten
-aus Persien gekommen. Der Friede ist noch immer nicht vom Schah
-unterzeichnet zurück<a name="FNAnker_7_7" id="FNAnker_7_7"></a><a href="#Fussnote_7_7" class="fnanchor">[7]</a>, obgleich Abbas Mirza in Alles eingegangen
-ist.<span class="pagenum"><a name="Seite_5" id="Seite_5">[S. 5]</a></span> Auch hatte man in Tawris die Nachricht, daß die Zahlung der
-Contributionssumme, welche vor der Unterzeichnung verlangt ist,
-geschehen sei, daß der Schah aber nicht traue, dieselbe Jemand der
-Seinigen anzuvertrauen, fürchtend, daß sie geplündert werden könnte;
-er soll sie also einem Engländer übergeben haben, der noch nicht
-angekommen war. Die Zahlung der ganzen Summe wird teils in Gold, teils
-in Edelsteinen erfolgen, da das Gold nicht sehr vorrätig sein mag in
-Persien...</p>
-
-<p>Soeben sagte mir der Kaiser, daß dem letzten Berichte von Pozzo<a name="FNAnker_8_8" id="FNAnker_8_8"></a><a href="#Fussnote_8_8" class="fnanchor">[8]</a>
-(zufolge) das neue französische Ministerium<a name="FNAnker_9_9" id="FNAnker_9_9"></a><a href="#Fussnote_9_9" class="fnanchor">[9]</a> sich nicht halten
-würde und daß er sehr gegründete und große Besorgnisse für die innere
-Ruhe von Frankreich habe. Diese Mitteilungen inquietieren den Kaiser
-weit mehr als die orientalischen Unruhen, indem Unruhen in Frankreich
-allerdings von großen Consequenzen wären<a name="FNAnker_10_10" id="FNAnker_10_10"></a><a href="#Fussnote_10_10" class="fnanchor">[10]</a>.</p>
-
-<p class="briefkopf">St. Petersburg, 23. Januar/4. Februar 1828.</p>
-
-<p>Die Gelegenheit des Generales Bazaine<a name="FNAnker_11_11" id="FNAnker_11_11"></a><a href="#Fussnote_11_11" class="fnanchor">[11]</a> lasse ich nicht unbenutzt, um
-einiges mitzuteilen, was ich im letzten Briefe nur ganz oberflächlich
-berührte, da er durch die Post ging. Es ist dies die Mitteilung und
-Ansicht des Grafen Tatischtschew<a name="FNAnker_12_12" id="FNAnker_12_12"></a><a href="#Fussnote_12_12" class="fnanchor">[12]</a> aus Wien auf die erhaltene
-Instruktion, dem österreichischen Hofe zu erklären, daß jede Besetzung
-Seitens Österreichs von türkischem Gebiete, falls Rußland sich zur
-Occupation von Fürstentümern genötigt sehen sollte, als eine gegen<span class="pagenum"><a name="Seite_6" id="Seite_6">[S. 6]</a></span>
-Rußland gerichtete Feindseligkeit betrachtet werden würde. Graf T.
-behauptet mit Gewißheit versichern zu können, daß Österreich eine
-solche Maßregel nicht beabsichtige, so lange nämlich rein von der
-Erfüllung des Tractats vom 6. Juli nur die Rede ist und der Ergreifung
-aller Mittel, die zu diesem Zwecke führen. Österreich sei viel zu
-schwach, aber auch viel zu ängstlich deshalb, um es wagen zu wollen,
-allein gegen Rußland aufzutreten, eine Ängstlichkeit, die sich bei
-jeder Gelegenheit verrate, trotz den befohlenen Kriegsrüstungen, die
-überhaupt eine Finte zu sein scheinen, um ihre eigentliche Schwäche
-zu cachieren. Wenn sie jedoch durch den Lauf der Begebenheiten, einen
-ausbrechenden Krieg, eine andere Tendenz erhielte, nämlich die der
-Eroberung und Teilung des türkischen Reiches, so würde in diesem
-Falle Österreich gewiß nicht ruhiger Augenzeuge bleiben, sondern
-tätigen Anteil nehmen wollen und zu dem Ende sich den drei Alliierten
-anschließen, um gemeinschaftliche Sache zu machen. Ja es existierten
-darüber schon Äußerungen, die anzeigten, daß Österreich in diesem Falle
-Rechnung mache, Herzegowina, Bosnien und Serbien zu acquérieren, daß
-es sich, im Falle einer so bedeutenden Vergrößerung Schwierigkeiten
-opponiert werden sollten, auch mit beiden Ersteren oder gar nur mit
-einem Teile derselben begnügen würde. Graf T. versichert, die Wahrheit
-seiner Angaben verbürgen zu können, ebenso wie auch, daß die Sprache,
-welche er instruiert sei zu führen, falls eine feindliche Maßregel
-gegen Rußland im Werke zu sein scheine, gewiß das Unterbleiben der
-Ausführung herbeiführen werde. Denn da er instruiert sei, diese
-Instruktion geheim zu halten und nur im Notfall davon Gebrauch zu
-machen, so habe er auch nur gesprächsweise gegen Jemand, von dem er
-wisse, daß er bestimmt sei, ihn auszuhorchen, etwas von der Möglichkeit
-solcher Ansichten seines Hofes fallen lassen, was seinen Zweck nicht
-verfehlt habe, indem einige Tage nachher mehrere Rüstungsbefehle
-zurückgenommen sein sollen.</p>
-
-<p>Diese Mitteilungen T.’s scheinen wohl sehr erwünschten Inhalts zu sein,
-in dem sie die Beruhigung gewähren, daß Österreich den kriegrischen
-Maßregeln des Tractats nicht hinderlich sein wird, die doch wohl zu
-erwarten stehen, und daß, wenn ein Vertreibungskrieg der Türken die
-Folge sein sollte, auch dieser nicht gegen Österreichs Interesse ist,
-wenngleich hiermit allerdings ausgesprochen ist, daß Österreich nicht
-so uneigennützig in diese große Begebenheit sich einlassen will, als
-die drei<span class="pagenum"><a name="Seite_7" id="Seite_7">[S. 7]</a></span> Alliierten es bei der Schließung des Tractates aussprachen
-sein zu wollen, wenngleich damals von keinem Exterminationskrieg
-die Rede war. Ob, wenn diese Ansicht Österreichs gegründet ist,
-(sie) nicht zu benutzen wäre (die in Beziehung auf die Expulsion der
-Türkei aus Europa mir auch ganz mit der Ihrigen in Übereinstimmung
-zu sein scheint), um der Pforte zu erklären, daß sie durch die
-fünf Mächte angegriffen werden würde, wenn sie sich nicht sogleich
-nachgiebig zeige, ist eine Frage, die sich unwillkürlich aufdrängt,
-vorzüglich der Kaiser von Österreich sich ja damals mündlich bereits
-zu einer kategorischen Sprache gegen die Pforte verstanden hat. Diese
-gemeinschaftliche Eröffnung, die freilich nur durch Preußen und
-Österreich wird gemacht werden können, da die drei anderen Gesandten
-nicht mehr in Konstantinopel sind und von deren drei Mächten ja die
-Pforte auch den Krieg wohl voraussieht, würde der Pforte jede Illusion
-über die Möglichkeit einer Teilung der Interessen und daraus möglicher
-Bekriegung der großen Mächte unter einander benehmen und gewiß das
-letzte Mittel sein, was vielleicht vor Ergreifung feindlicher Maßregeln
-noch zum Zwecke führte<a name="FNAnker_13_13" id="FNAnker_13_13"></a><a href="#Fussnote_13_13" class="fnanchor">[13]</a>.</p>
-
-<p class="gruss"><span class="mright2">Ihr Sie zärtlichst liebender, gehorsamer Sohn</span><br />
-Wilhelm.</p>
-
-<p><span class="pagenum"><a name="Seite_8" id="Seite_8">[S. 8]</a></span></p>
-
-<p class="briefkopf">St. Petersburg, 27. Januar/8. Februar 1828.</p>
-
-<p>Der Großfürst Constantin<a name="FNAnker_14_14" id="FNAnker_14_14"></a><a href="#Fussnote_14_14" class="fnanchor">[14]</a> ist gestern hier eingetroffen... da von
-ihm immer die allarmierenden Gerüchte über Preußens Rüstungen<a name="FNAnker_15_15" id="FNAnker_15_15"></a><a href="#Fussnote_15_15" class="fnanchor">[15]</a>
-kommen, so langte Ihr Brief und der des Grafen Witzleben<a name="FNAnker_16_16" id="FNAnker_16_16"></a><a href="#Fussnote_16_16" class="fnanchor">[16]</a> mit Ihren
-Befehlen sehr zum rechten Momente an, indem ich dem Kaiser Alles
-dieserhalb Beruhigendes von Neuem mitteilte. Da sagte mir der Kaiser,
-daß Constantin seine Meldungen keineswegs in dem Sinne jetzt genommen
-wissen wolle, als seien die questionierten Rüstungen gegen Rußland
-gerichtet, sondern vielmehr für dasselbe und daß es nur scheine, als
-wolle Preußen diese Rüstungen nicht Wort haben, um sie ganz geheim
-machen zu können. Auch diese Ansicht war mit der Revue des 5. und
-6. Corps bald über den Haufen geworfen. Die heutigen Depeschen des
-Gesandten Lieven<a name="FNAnker_17_17" id="FNAnker_17_17"></a><a href="#Fussnote_17_17" class="fnanchor">[17]</a> sagen dem Kaiser, daß zu befürchten stände, daß
-die orientalische Frage bei Eröffnung des Parlaments so bald nicht
-zur Entscheidung kommen werde, indem so sehr viele wichtigere Fragen,
-die die innere Administration betreffen, erst zu beseitigen sein
-würden<a name="FNAnker_18_18" id="FNAnker_18_18"></a><a href="#Fussnote_18_18" class="fnanchor">[18]</a>, was dem Kaiser natürlich nicht lieb ist. Die Ernennung<span class="pagenum"><a name="Seite_9" id="Seite_9">[S. 9]</a></span>
-Wellingtons<a name="FNAnker_19_19" id="FNAnker_19_19"></a><a href="#Fussnote_19_19" class="fnanchor">[19]</a> zum Premierminister frappiert allgemein. Lieven
-berichtet aber, daß derselbe sich täglich mehr an ihn anschlösse
-und ganz zu seiner früheren Ansicht über die orientalische Frage
-zurückgekehrt sei und daher seinerseits nur das Beste zu erwarten
-stände. Die Eitelkeit soll den <span class="antiqua">moost honorable Duke</span> gewaltig
-reiten; und da hat denn ein Brief, den Nicolaus ihm nach der Schlacht
-von Navarin schrieb<a name="FNAnker_20_20" id="FNAnker_20_20"></a><a href="#Fussnote_20_20" class="fnanchor">[20]</a>, der aber erst mit dem letzten Courir anlangte,
-einen gewaltigen Effekt gemacht, indem Nicolaus, tuend, als ignoriere
-er gänzlich Wellingtons momentane Umsattlung seiner Ansichten, ihm zu
-dem großen Seesiege gratulierte und ihm dankt und zurückruft, daß er es
-gewesen sei, der bei seiner Anwesenheit 1826 hier den Grund zu diesem
-glorreichen Ereignisse gelegt habe, welches hoffentlich binnen Kurzem
-zu dem gehofften Resultate führen werde. Dieser Brief konnte nicht mehr
-<span class="antiqua">à propos</span> kommen als gerade in dem Augenblicke... Alle Anstalten
-sind gemacht, im Fall der Kaiser der Campagne beiwohnen will, was er
-jedenfalls nur dann tun will, wenn der Krieg wirklich ausbricht, d. h.
-also wenn die Donau überschritten wird. Bei Besetzung der Fürstentümer
-wird er keinen Falls zugegen sein, wie er mehreremals äußerte, da dies
-keine Eröffnung der Feindseligkeiten ist.</p>
-
-<p class="gruss"><span class="mright2">Ihr gehorsamer Sohn</span><br />
-Wilhelm.</p>
-
-<p><span class="pagenum"><a name="Seite_10" id="Seite_10">[S. 10]</a></span></p>
-
-<p class="briefkopf">St. Petersburg, 4./16. Februar 1828.</p>
-
-<p>Der Kaiser bleibt seiner Ansicht und seinem Wunsche getreu, den Frieden
-aufrecht zu erhalten zu sehen. Aber die seit zwei Jahren gegebenen,
-immer wieder hinausgeschobenen Fristen, um die Pforte zur Annahme der
-Vorschläge der Verbündeten zu bringen und die immer trotz Navarin
-und seiner Folgen nicht erfolgt sind, hätten und müßten endlich ihre
-Endschaft erreichen. Rußland, England und Frankreich könnten sich
-daher nun nicht mehr in Unterhandlungen einlassen, sondern sie seien
-es ihrer Würde und den stattgehabten Ereignissen schuldig, zu handeln.
-Dies würde in der bestimmten Frist geschehen, der daher auch nur das
-kurze Ultimatum, dessen in der jüngsten Instruktion an Lieven die
-Rede ist, vorhergehen würde. Wenn dem Vorschlage, der in der Depesche
-des Grafen Bernstorff<a name="FNAnker_21_21" id="FNAnker_21_21"></a><a href="#Fussnote_21_21" class="fnanchor">[21]</a> gemacht wird, Folge gegeben werden sollte,
-so könnte es nur von den zwei Mächten geschehen, die darin als die
-aufzufordernden bezeichnet sind und die daher diesen Schritt ohne
-diesseitige Aufforderung tun müßten, welches von den drei verbündeten
-Mächten nur dankbar anerkannt werden könnte. Der Kaiser hofft sogar,
-daß Sie diesen Schritt allein sogleich tun würden, ohne sich an die
-Ansicht der anderen Macht und deren Antwort zu binden, der von dem
-durch Herrn v. Miltitz<a name="FNAnker_22_22" id="FNAnker_22_22"></a><a href="#Fussnote_22_22" class="fnanchor">[22]</a> zu tuenden Schritt wohl nur Mitteilung
-und Aufforderung zu gleicher Maßregel zu machen wäre. Dieser durch
-Herrn v. Miltitz zu gebenden Erklärung würde wohl eine sehr dezisive
-Maßregel seiner Person im Weigerungsfalle der Pforte<span class="pagenum"><a name="Seite_11" id="Seite_11">[S. 11]</a></span> anzuempfehlen
-sein, die derselben alsdann jedes fernere freundschaftliche Verhältnis
-zu Preußen entrückte. Nur mit diesem Rechtssatze dürfte der ganze
-zu tuende Schritt Energie haben und Einfluß und Erfolg haben. Daß
-Österreich eine gleiche Sprache führe, wäre daher sehr wünschenswert.
-Am meisten wird dann gewünscht, daß einer solchen energischen Maßregel,
-auch im Weigerungsfalle, der Nachschub geleistet wird, der wenigstens
-die Einheit der vier Mächte im Princip offenbar dartäte, um so mehr,
-da, wie ich neulich schon berichtete, von der fünften Macht an eine
-Opposition gegen kriegerische Intervention nicht mehr füglich geglaubt
-werden kann und sie dies am allerwenigsten tue und jeden Plan dazu
-aufgeben würde, wenn die vierte Macht sich zu gemeinsamem Zwecke den
-drei anderen anschlösse. Auf Preußen sind daher nun auch Aller Augen
-gerichtet<a name="FNAnker_23_23" id="FNAnker_23_23"></a><a href="#Fussnote_23_23" class="fnanchor">[23]</a>.</p>
-
-<p class="gruss"><span class="mright2">Ihr gehorsamer Sohn</span><br />
-Wilhelm.</p>
-
-<p class="briefkopf">St. Petersburg, 8./20. Februar 1828.</p>
-
-<p>Des Kaisers erste Frage, gleich nachdem ich ihm Mitteilung von
-Ihrem Anerbieten auf Unterhandlungen gemacht hatte, war: gehet das
-Anerbieten auf Unterhandlungen oder auf Anschließen zum Handeln<span class="pagenum"><a name="Seite_12" id="Seite_12">[S. 12]</a></span> zu
-gemeinschaftlichem Zweck? Ich mußte natürlich näher bezeichnen, daß
-nur von erneutem, aber gemeinschaftlichem Unterhandeln die Rede sei.
-In dem Fall, sagte der Kaiser, werde ich den Vorschlag nicht annehmen
-können. Seit zwei Jahren habe ich die größte Nachgiebigkeit dadurch
-bewiesen, daß ich der Pforte Termin auf Termin gesetzt habe, um sie
-zur Nachgiebigkeit zu stimmen, stets mit der Drohung, daß ernstere
-Maßregeln ergriffen werden würden, wenn diese Nachgiebigkeit nicht
-erfolge. Die Unterhandlungen mit den verbündeten Mächten haben Zeit
-gebraucht und so ist es bis vorigen Herbst also erst zur Ergreifung
-solcher ernsteren Maßregeln gekommen. Die unerwartete Katastrophe
-von Navarin hat aber dennoch nicht die Pforte biegsam gemacht, die
-darauf erneuerten Aufforderungen zur Annahme der Intervention wurden
-verworfen und somit der Abgang der Gesandten unvermeidlich. Alle
-direkten Unterhandlungen und Verbindungen sind demnach von Seiten
-der Verbündeten mit der Pforte abgebrochen und die im trilateralen
-Vertrag angedeuteten ernsteren Maßregeln sind jetzt der Gegenstand der
-Unterhandlungen der drei Mächte, um sie zur Ausführung zu bringen. Ein
-erneuerter Versuch, mit der Pforte zu unterhandeln, um auf diesem Wege,
-der so unzählige Male fruchtlos geblieben ist, zum Ziele zu gelangen,
-wäre nicht mehr von den drei Verbündeten zu erwarten, da Alles sein
-Ziel hätte; die Zeit der Nachsicht, die <span class="antiqua">Longanimité etc.</span> sei
-abgelaufen und aus allen diesen Gründen an die Wiederanknüpfung von
-friedlichen Unterhandlungen seitens der drei Mächte nicht mehr zu
-denken. Ganz etwas anderes wäre es, wenn ein Antrag von Seiten Preußens
-oder Österreichs erfolgte, um sich den Verbündeten anzuschließen, um
-mit ihnen durch Ergreifung gemeinschaftlicher kriegerischer Maßregeln
-zum gewünschten Ziele zu gelangen. Oder: wenn Preußen und Österreich
-ihrerseits bei der Pforte nochmals kräftige Schritte täten, um sie zur
-Nachgiebigkeit zu zwingen, welchem Schritte jedoch als energischer
-Nachsatz beigefügt werden müsse, im Weigerungsfalle auch die Gesandten
-dieser Mächte Constantinopel verlassen würden und daß die Pforte
-auch von diesen Mächten kriegerische Maßregeln und Anschließen an
-die drei anderen Mächte zu erwarten habe. Ob eine solche, offene und
-energische Sprache von Österreich zu erwarten sei, sei freilich nicht
-mit Bestimmtheit vorauszusehen, dies dürfte aber wohl Preußen nicht
-abhalten, seinerseits diese bestimmten Schritte zu tun, Österreich<span class="pagenum"><a name="Seite_13" id="Seite_13">[S. 13]</a></span>
-dann <span class="antiqua">au fait</span> setzend und dringend zu gleichen auffordernd.
-Preußens Ansichten in der orientalischen Angelegenheit ständen ganz
-in Übereinstimmung mit einem solchen Handeln; es sei dem trilateralen
-Vertrage nicht beigetreten, indem es die in demselben vorgeschlagenen
-Mittel als nicht zum Zwecke führend erkannt hätte, jedenfalls aber
-keinen tätigen Teil an deren Ausführung hätte nehmen können, weil
-es aus diesem letzteren Grunde daher weniger auffallend und weniger
-störend für das äußere Bestehen der großen Alliance gewesen sei, daß
-nur drei Seemächte einen Tractat schlossen, der nur Seeoperationen zum
-Zwecke vorläufig hatte, während es als eine Spaltung der alten Alliance
-erschienen sein würde, wenn Preußen als keine Seemacht einem dergl.
-Tractat beigetreten sei und Österreich als eine Seemacht es nicht
-tat. So sei also auch dieser Schein für die große Alliance erhalten
-geblieben, während freilich Preußens und Österreichs Nichtbeitritt
-aus ganz und gar verschiedenen Principien entsprungen sei. Jetzt
-jedoch handele es sich nicht mehr um eine bloße Seeoperation, sondern
-um Ergreifung solcher Maßregeln, die leicht zum Kriege führen
-dürften, und daß diese zum Ziele führen würden, werde Preußen wohl
-anerkennen und also, da es das Ziel zu erreichen wünsche, sich auch
-zu Maßregeln entschließen, die zur Erreichung desselben förderlich
-sind, d. h. also nochmalige dringende Vorstellungen bei der Pforte,
-mit dem Nachsatze, wie ich ihn bereits angab, dem dann aber auch Folge
-gegeben werden müßte. Ich selbst hatte ja mündlich Ihre Ansicht hier
-mitgeteilt, die dahinginge, daß ein Angriff der Mächte der großen
-Alliance auf die Pforte als allein zum Ziele führend erkannt von Ihnen
-werde. Über das wie weit eines solchen Angriffs wäre freilich noch
-nichts zu entscheiden jetzt. Und wenn ich Ihre Ansicht jedoch dahin
-bestimmt ausgesprochen hätte, daß Sie einen solchen Angriff nur dann
-als vollständig ansehen würden, wenn Österreich sich zu demselben
-verstünde, so sei dadurch wohl auch Ihr Wunsch dahin abzusprechen, daß
-man sich dadurch vergewissere, daß diese Macht nicht etwa gegen die
-anderen Verbündeten zu Gunsten der Pforte sich erklärte, nicht aber,
-daß es Ihre Ansicht sei, daß Österreichs Kriegsmacht durchaus notwendig
-zu verwenden sei, um das Ziel zu erreichen, wozu die russische Armee
-allein wohl hinreichen würde. Die letzten Nachrichten Tatischtscheffs
-seien aber über diesen Punkt sehr beruhigend, indem er ja versichere,
-daß Österreich nicht daran denke, sich<span class="pagenum"><a name="Seite_14" id="Seite_14">[S. 14]</a></span> den kriegerischen Maßregeln
-zu widersetzen, die Rußland ect. jetzt zu ergreifen für nötig fände,
-daß der Kaiser ja mündlich dem Grafen Tatischtscheff versprochen habe,
-offene und kräftige Maßregeln bei der Pforte zu ergreifen, um sie zur
-Nachgiebigkeit zu bewegen, alles Schritte, die nicht mehr auf die
-gefürchtete Opposition dieser Macht deuten, so daß also auch dieselbe
-nicht mehr zu fürchten sei, selbst wenn auch, wie zu vermuten wäre,
-dieselbe sich zum Anschließen an die anderen Mächte zur Ergreifung
-kriegerischer Maßregeln nicht verstehen sollte. Jede und jegliche
-Besorgnis, daß Österreich doch noch die Opposition selbst kriegerisch
-ergreifen könnte, ja selbst die Möglichkeit dazu bei dessen inneren und
-militärischen Verhältnissen würde verschwinden müssen, sobald Preußen
-sich öffentlich zum Beitritt zum trilateralen Vertrage erklärt, dem es
-ja eigentlich dem Sinn nach im Geheimen schon beigetreten sei, da die
-jetzigen zu ergreifenden Maßregeln zum Ziele führend sein würden und
-an die Störung der großen Alliance nicht bei den oben geschilderten
-Verhältnissen zu denken sei. Ob es überhaupt doch noch möglich wäre,
-wenn Preußen dem österreichischen Cabinette seinen Beitritt zum
-dreiseitigen Vertrage bekannt macht, mit der dringenden Aufforderung
-und Vorstellung, ein Gleiches zu tun, indem von dem Augenblicke an
-alle Interessen vereint sein würden, &mdash; diese Macht zu dem Beitritt zu
-bewegen wäre zum wenigsten ein Versuch, der nicht von der Hand gewiesen
-werden dürfte und den Sie gewiß deshalb unternehmen würden, ohne jedoch
-Ihre weiteren Schritte deshalb von Österreichs Erklärung abhängig zu
-machen. Dies ganze Raisonnement gründet sich natürlich darauf, daß die
-drei verbundenen Mächte fest am Tractat vom 6. Juli halten und nur
-dessen Ausführung vorläufig vor Augen haben; ja selbst ein weiteres
-Vorschreiten durch die kriegerischen Operationen ist in dem Vorschlag
-Rußlands ja nur als Erpressungsmittel und nicht als eine zu machende
-Eroberung bezeichnet, wenn gleich ein so weites Vorschreiten nur durch
-die verlängerte Halsstarrigkeit der Pforte erzeugt werden würde, dann
-auch den Griechen zu Statten kommen solle, indem sie als frei und
-unabhängig erklärt werden sollen. Bei dem vorgefallenen Ministerwechsel
-in England und Frankreich und beim Zusammentritt des Parlamentes und
-der Kammern war eine Veränderung der Grundsätze beider Kabinette in
-Beziehung auf die orientalische Frage vielleicht zu befürchten. Ich
-fragte daher auch heute<span class="pagenum"><a name="Seite_15" id="Seite_15">[S. 15]</a></span> den Kaiser, was er davon hielte, worauf er
-erwiderte, daß nach den letzten Nachrichten Wellington sich mehr
-und mehr an Rußland anzuschließen scheine und daß von Frankreich
-die Erklärung gekommen sei, daß es mit Rußlands Maßregeln sich
-einverstanden erkläre und fest an dem Bündnis halten werde, selbst wenn
-England abspringen sollte. Demnach hätte sich also nichts in der Lage
-der Sachen geändert.</p>
-
-<p>Wenn Sie nun also wirklich dem trilateralen Vertrag beitreten, so
-fragte der Kaiser, ob Sie dann aber auch gewiß wohl ein Corps stellen
-würden, welches tätigen Anteil an etwa ausbrechendem Kriege nehmen
-würde. Ich erwiderte, daß ich Sie nicht danach gefragt hätte, früher
-aber, als von einer bestimmten Alliance zu dem vorliegenden Zwecke
-nicht die Rede gewesen sei (wie bis zum Jahre 1826), Ihre Ansicht nicht
-dahin gegangen wäre, einen tätigen Teil an einem dergleichen Kriege
-zu nehmen. Jetzt freilich schienen mir die Dinge anders zu liegen.
-Der Kaiser griff dies so gleich auf und meinte, daß auch die Stellung
-eines Corps ja am allermeisten die Übereinstimmung und Einigkeit der
-alten Alliance zu erkennen geben würde und ob es nicht auch der Wunsch
-unserer Armee sei, Teil am Kriege zu nehmen. Ich konnte seiner Ansicht
-nur beistimmen und was den letzten Punkt beträfe, so wäre freilich der
-Wunsch sehr allgemein in unserer Armee, dem Kriege beizuwohnen. Ich
-komme hierdurch auf einen Punkt zu sprechen, dessen große Wichtigkeit
-ich vollkommen erkenne und muß daher denselben etwas näher beleuchten.
-Dieser gedachte Wunsch ist mir nicht etwa allein aufgestiegen, sondern
-mir von sehr viel Generalen ausgesprochen worden, und wie wäre es auch
-anders möglich, ihn nicht zu haben, wenn man einmal Soldat ist und
-ein Krieg bereit ist auszubrechen, für den sich die Regierung erklärt
-und zu welchem sie sogar in Alliance tritt. Aber namentlich aus dem
-militärischen Gesichtspunkt betrachtet wird der Wunsch für die Armee
-nur noch lauter, indem ein Auffrischen des kriegerischen Geistes in
-jeder Armee nach langem Frieden gewiß eine schöne Sache ist. So weit
-ich freilich entfernt bin zu meinen, daß dieserhalb von Zeit zu Zeit
-Krieg <em class="gesperrt">gesucht</em> werden müßte, so sehr glaube ich doch auch, daß
-eine Gelegenheit wie die vorliegende nicht <em class="gesperrt">unbenutzt</em> gelassen
-werden sollte, indem die Politik schon dahin weist. Die Generale,
-welche mir darüber sprachen,... kamen darin überein, daß eine solche
-Gelegenheit ja benutzt werden möchte, um Teilen der<span class="pagenum"><a name="Seite_16" id="Seite_16">[S. 16]</a></span> Armee den Krieg
-einmal wieder <span class="antiqua">in natura</span> zu zeigen. Und da natürlich die ganze
-Armee nicht marschieren könne, so würde, um der ganzen doch die Wohltat
-der Auffrischung dieses Kriegsgeistes, wenigstens <span class="antiqua">per tradition</span>
-zu gewähren, ein Corps aus allen Regimentern der Armee zu combinieren
-sein, wie im Jahre 1812. Ob die Rheinprovinz und Westfalen ihr freilich
-spät eintreffendes Contingent zu stellen hätten, oder ob sie wegen
-des doch stets zu beobachtenden Nachbarn im Westen ganz von dieser
-Gestellung zu deponieren wären, hat unser Kriegsrat alles in Weisheit
-erwogen, wie Sie leicht denken können; wenn einmal so etwas aufs Tapet
-kommt, so geht es auch munter vorwärts mit Plänen und Projekten. Sie
-werden meine Dreistigkeit verzeihen, diesen Gegenstand hier behandelt
-zu haben und das mit einiger Weitläufigkeit und nur nach eigner und
-einiger Anderer Ansicht, durchaus die Ihrige in diesem Punkte nicht
-kennend. Ich muß daher Ihre Verzeihung und Ihre Nachsicht hiermit
-nachsuchen und nur noch hinzufügen, daß mir Minister Motz<a name="FNAnker_24_24" id="FNAnker_24_24"></a><a href="#Fussnote_24_24" class="fnanchor">[24]</a> vor
-meiner Abreise sagte, er fürchte aus finanziellen Rücksichten die
-Mobilmachung der Armee jetzt schon nicht mehr, um wieviel weniger also
-eines Corps nur.</p>
-
-<p>Graf Tatischtschew hat berichtet, daß bei Übergabe des Briefes von
-Nicolaus an den Kaiser von Österreich vom 7./19. Januar, auf den jedoch
-noch keine Antwort erfolgt ist, letzterer ihm gesagt habe: er höre, daß
-man in Rußland unruhig über die militärischen Zurüstungen in Österreich
-sei; ob man glaube, daß er Rußland angreifen wolle? Wie könne man sich
-so etwas nur einbilden im Entferntesten und wenn er es wolle, ob er es
-wohl könne bei der Verfassung seiner Armee. Alle Rüstungen geschehen
-nur, um, im Falle im Oriente der Krieg ausbräche, Österreichs Grenzen
-zu schützen gegen jede Invasion...<a name="FNAnker_25_25" id="FNAnker_25_25"></a><a href="#Fussnote_25_25" class="fnanchor">[25]</a></p>
-
-<p class="gruss"><span class="mright2">Ihr gehorsamer Sohn</span><br />
-Wilhelm.</p>
-
-<p><span class="pagenum"><a name="Seite_17" id="Seite_17">[S. 17]</a></span></p>
-
-<p class="briefkopf">St. Petersburg, 16./28. Februar 1828.</p>
-
-<p>.... wenn ich Ihnen nicht die Nachricht zu geben hätte, daß die
-gestrigen Meldungen des Grafen Paskiwitsch allerdings die Ihnen
-vorgestern als Gerücht mitgeteilten Ereignisse bestätigten. Seine
-Berichte sind vom 5./17. Januar aus Deygurgan freilich sehr lange
-unterwegs gewesen. Der Hauptinhalt ist folgender: Als am bestimmten
-Termin die Zahlung der auferlegten Kontribution von Seiten des Schahs
-nicht erfolgte, zugleich aber auch die Nachrichten eingingen, daß ein
-Sohn des Schahs seinen Bruder Abbas Mirza beim Vater anzuschwärzen
-gesucht habe, als einen Feind des Landes, der durch den Friedensschluß
-Rußland in Besitz so schöner Provinzen zu setzen suche, die sein
-Erbteil sind, und ihm wohl gar noch andere Pläne zugedacht haben mag
-und dieser andere Mirza sich erbeten habe, die verlorenen Provinzen
-wieder zu erobern und dazu Anstalten treffe, so hat Graf Paskiwitsch
-seinerseits die Friedens-Unterhandlungen abgebrochen und seine Truppen
-in Marsch gesetzt. Er hofft, daß diese ganze Unternehmung nur eine
-bloße Demonstration sein wird und zum gewünschten Ziele, nämlich
-der prompten Zahlung, führen wird. Denn die verlangte Contribution
-ist bereits vor den Augen eines russischen Bevollmächtigten und
-des englischen Konsuls, der die richtige Zahlung sehr betrieben
-hat, in Teheran verladen worden und ist bereits auf halbem Wege
-nach Tawris, in Zengun, angelangt. Während dem ist nur der Mirza
-aus Korhassan mit seinen Intriguen durchgedrungen, zugleich sind
-aber auch türkischerseits Aufforderungen an den Schah ergangen, die
-Feindseligkeiten fortzusetzen, indem auch ein Bruch der Pforte mit
-Rußland bevorstände und dadurch letzteres in große Verlegenheit kommen
-könnte; und so hat der Schah dem Mirza Vollmacht gegeben, seine Schätze
-anzugreifen und den Krieg fortzusetzen und die verlorenen Provinzen
-wiederzuerobern, welche er zu seinem Erbteil erklärt hat und Abbas
-Mirza so gut wie enterbt hat. Dieser ist demnach zu den Seinigen
-zurückgekehrt, hat aber einen sehr gerührten Abschied von den Russen
-genommen, bei denen er sich sehr<span class="pagenum"><a name="Seite_18" id="Seite_18">[S. 18]</a></span> gefiel, einer sehr traurigen Zukunft
-entgegen gehend... Paskiwitsch will... gegen Zangan marschieren, um so
-zu sagen der Contribution entgegen zu rücken, deren Auszahlung durch
-diese Demonstration wie gesagt gehofft wird, der Kaiser hofft und
-wünscht sehr, daß es nur bei dieser Demonstration sein Bewenden haben
-werde.</p>
-
-<p>Aus Paris hat der Kaiser gestern sehr zufrieden stellende Nachrichten
-erhalten, da das Cabinett ganz in seine Ansicht eingeht... Der Kaiser
-sagte mir soeben, daß er indirekte Nachrichten aus London habe, die
-immer mehr das Anschließen des englischen Cabinetts an das russische
-für die orientalischen Verhältnisse bestätigen<a name="FNAnker_26_26" id="FNAnker_26_26"></a><a href="#Fussnote_26_26" class="fnanchor">[26]</a>. Die offiziellen
-Mitteilungen erwartet er täglich. Aus Constantinopel wird geschrieben,
-daß Herr v. Ottenfels sich zur Abreise rüste oder abberufen sei; der
-wahre Zusammenhang sei nicht klar. Auch der holländische Gesandte in
-Constantinopel hat Schiffe zu seiner Abreise gemietet.</p>
-
-<p class="briefkopf">St. Petersburg, 20. Februar/3. März 1828.</p>
-
-<p>Vor einigen Posttagen benachrichtigte ich Sie von der Äußerung des
-Kaisers, daß der Marsch der Garde binnen Kurzem erfolgen könne und
-setzte ich hinzu, daß mir dazu noch keine Veranstaltungen getroffen
-zu sein scheinen. Gestern jedoch sagte er mir, daß die Ordres zur
-Mobilmachung der Garde in der Ausfertigung begriffen seien und binnen
-wenig Tagen publiciert werden würden... Die Mobilmachung soll höchstens
-in 6 Wochen beendigt sein. Auf meine Bemerkung, daß mir der Kaiser vor
-6 Wochen ungefähr sagte, er würde die Garden marschieren lassen,<span class="pagenum"><a name="Seite_19" id="Seite_19">[S. 19]</a></span> falls
-ein Nachschub durch den Gang des Krieges erforderlich sei &mdash; wie dies
-jetzt mit diesem frühzeitigen Marsch derselben zu vereinbaren sei,
-wiederholte er, daß die Distance dies erforderte, indem die Garden doch
-erst im September an der Donau eintreffen würden und daß es jedenfalls
-sehr gut sei, eine solche Reserve <span class="antiqua">à tout événement</span> bereit und in
-Bewegung zu haben. Bis heute ahndet noch Niemand in Petersburg diese
-Maßregel und wird natürlich sie bei ihrem Erscheinen im Auslande viel
-Lärm machen, daher ich mich beeile, Sie davon in Kenntnis zu setzen.</p>
-
-<p>Der famose Hatischeriff<a name="FNAnker_27_27" id="FNAnker_27_27"></a><a href="#Fussnote_27_27" class="fnanchor">[27]</a> sehe ich, ist auch nun in Berlin bekannt;
-der Kaiser ist sehr aufgebracht über die Sprache, die dieses
-Aktenstück über Rußland führt und namentlich über die Stelle, wo die
-Pforte erklärt, daß alle Nachgebungs-Demarchen und namentlich das
-Einwilligen in die Forderungen zu Akkerman nur geschehen seien, um
-Zeit zu gewinnen, um die Rüstungen und die Reorganisation der Armee zu
-bewerkstelligen. Zugleich sieht der Kaiser diesen Hatischeriff als eine
-Herausforderung an die ganze Christenheit und namentlich an Rußland
-(an), so daß nun wohl nichts mehr den Bruch verhüten kann. In diesem
-Sinne sind auch die letzten Couriere nach Paris und London abgefertigt
-worden.</p>
-
-<p>Die letzten Nachrichten aus Persien lauten sehr erfreulich. Die
-feindlichen Kräfte, welche sich bei Maralega sammelten, sind auf die
-Nachricht des Vormarsches der russischen Truppen auseinander gelaufen.
-Die russische Avant-Garde, die während der Unterhandlungen schon in
-Mijana stand, hatte von dort aus ihren Marsch sogleich vorwärts gegen
-Zangan angetreten, hat also einen bedeutenden Vorsprung.</p>
-
-<p>Soeben sagt mir der Kaiser, daß die Garden heute die Marsch-Ordre
-erhalten haben und gegen den 1./13. April abmarschieren sollen...</p>
-
-<p><span class="pagenum"><a name="Seite_20" id="Seite_20">[S. 20]</a></span></p>
-
-<p class="briefkopf">St. Petersburg, 25. Februar/3. März 1828.</p>
-
-<p>Gestern Abend kamen wiederum gute Nachrichten aus Persien; der Marsch
-der russischen Truppen hat so auf den Schah gewirkt, daß er sogleich
-die Abzahlung der Contribution befohlen hat, welche auch bereits ganz
-bis Zangan gekommen sein soll; 45 Millionen Papier-Rubel, woselbst der
-russische Commissar aufgefordert wurde, zu seiner eignen Überzeugung
-irgend einen Sack zu öffnen, um sich zu versichern, daß keine
-Betrügereien obwalten. Der geöffnete Sack ist auch voller Geld gefunden
-worden. Außerdem hat sich Ardebil, wo das linke Seitendetachement
-stand, ohne Schwertstreich ergeben... Wo die Unterhandlungen angeknüpft
-werden sollen, ist nicht entschieden, indem der dazu geeignetste
-Ort Mijana durch eine dort einheimische giftige Wanze, welche nur
-Ausländer sticht und oft tötet, nicht sehr angenehm aus diesem
-Grunde erscheint. Die Sterblichkeit unter den russischen Truppen ist
-unglaublich in Persien. Aus London sind Nachrichten gekommen, die aber
-(noch) immer keine Antwort brachten auf die an Fürst Lieven gegebenen
-Instruktionen, indem das englische Ministerium völliges Stillschweigen
-beobachtet. Aus Paris sind dagegen die Mitteilungen stets erfreulicher
-und anschließender. Der Kaiser hofft, daß der Hatischeriff in London
-vielleicht noch gut wirken wird; aber wenn auch nicht, so ist der Plan
-und Wille des Kaisers unabänderlich derselbe.</p>
-
-<p class="briefkopf">St. Petersburg, 27. Februar/10. März 1828.</p>
-
-<p>Der Kaiser sieht durch den Hatischeriff seine ganze Lage in sofern
-verändert an, daß er den Ausbruch der Feindseligkeiten nicht mehr von
-der Zustimmung Frankreichs und Englands abhängig zu machen braucht,
-sondern der Pforte geradezu den Krieg erklären wird, indem sie ihm
-denselben durch jenen Parlamentär angekündigt hat. Denn es kommt
-jetzt dem Kaiser momentan nicht auf die Pacifierung Griechenland
-an, sondern darauf, sein Ansehen und seinen Einfluß auf die Pforte
-aufrecht zu erhalten und die Beleidigung zu rächen, die durch die
-Nichterfüllung und durch die Darstellungsart des Akkermanschen Tractats
-Rußland zugefügt ist, nebst den übrigen beleidigenden Ausdrücken.
-Bei Ergreifung dieser Maßregel erklärt der Kaiser von Neuem, stets
-dieselben Grundsätze zu befolgen, welche ihn bei Schließung des
-trilateralen Vertrages leiteten. Erhält Rußland bis in den nächsten<span class="pagenum"><a name="Seite_21" id="Seite_21">[S. 21]</a></span>
-Wochen die Beistimmung Englands zu den vorgeschlagenen coërcitifen
-Maßregeln, welche in der Instruktion an Fürst Lieven vom 6. Januar
-enthalten sind, bisher aber trotz eines 14tägigen Hinausschiebens des
-Antworttermines unbeantwortet geblieben sind, so würde alsdann das
-Ultimatum von den drei Alliierten der Pforte übergeben werden; trifft
-aber die Erwartung von Englands Anschließen bis dahin nicht ein, so
-wird der Kaiser allein ein Ultimatum übersenden und abwarten, was
-England später beschließen wird. Dieser Schritt kann keine Störung
-unter den Alliierten erzeugen, weil Rußland für Erscheinung des
-Hatischeriffs individuelle Zwecke gegen die Pforte zu erkämpfen hat.
-Frankreich hat sich vollkommen mit Rußlands vorgeschlagenen Maßregeln
-einverstanden erklärt und England nach Kenntnis des Hatischeriffs
-inständigst zur Annahme dieser Maßregeln erneuert aufgefordert,
-indem diese Kriegs-Erklärung nur mit den Waffen beantwortet werden
-könne und dies die Ehre der Alliierten erfordere. Es schlägt vor,
-den Flotten einige Landungstruppen mitzugeben, um die Schlösser der
-Dardanellen zu nehmen und zu behaupten, um den Flotten das Vordringen
-gegen Konstantinopel und die Beschießung desselben dadurch möglich
-zu machen. (Diese heute eingetroffenen Nachrichten sind mir als
-ein großes Geheimnis nur vom Kaiser mitgeteilt worden.) Es stehet
-also noch immer zu hoffen, daß England nachgeben wird und der Krieg
-gemeinschaftlich erklärt wird. Wo nicht, so würde es seine später zu
-ergreifenden Maßregeln in der griechischen Angelegenheit den alsdann
-schon russischer Seits ergriffenen anschließen. Frankreich erklärt
-es mit Rußland zu halten, selbst wenn England ganz abspringen sollte
-(was wohl schwerlich zu erwarten ist.) Rußland würde also, falls
-England dem Krieg nicht beistimmt, seine individuellen Interessen durch
-denselben verfolgen und also darin nicht von England gehindert werden
-können; natürlich handelt Rußland dadurch auch indirekt zum Besten
-der Griechen, mit Frankreich eng verbunden aber direkt zum Besten
-derselben, denn Frankreich hat ja nur das griechische Interesse vor
-Augen. Dies giebt allerdings etwas complicierte Verhältnisse.</p>
-
-<p>Aus Wien erfuhr der Kaiser, wie er mir heute sagte, daß auf bestimmten
-Antrag des Erzherzogs Ferdinand zwei Operations-Pläne ausgearbeitet
-wurden, der eine, um während der Operationen die Defensive zu
-beobachten, der andere ein Offensiv-Plan, um eine öster<span class="pagenum"><a name="Seite_22" id="Seite_22">[S. 22]</a></span>reichische
-Armee mit der russischen operieren zu lassen. Es soll darüber jedoch
-ein großes Geheimnis obwalten. Doch hat dies den Kaiser sehr erfreut
-zu erfahren, weil er doch daraus die Möglichkeit sieht, daß Österreich
-sich zu einer tätigen Teilnahme zuletzt noch entschließen wird. Er
-ist daher sehr begierig auf die Schritte, die Sie getan haben werden,
-sowohl gegen Österreich als für sich selbst.</p>
-
-<p class="briefkopf">28. Februar/11. März.</p>
-
-<p>Auch ist die Nachricht eingegangen, aus Bukarest oder Odessa, daß Herr
-v. Ottenfels im Begriff sei, Constantinopel zu verlassen, weil kein
-Christ seines Lebens mehr sicher sei. Ob er dies ohne Erlaubnis seines
-Hofes darf, weiß ich nicht zu entscheiden. Doch meint der Kaiser, daß
-die Verfolgungen, welche in Constantinopel und in der Türkei gegen
-die Christen beginnen, nur zu deutlich beweisen, daß der Hatischeriff
-eine Kriegserklärung gegen die gesamte Christenheit sei und aus diesem
-Gesichtspunkt betrachtet hofft er, daß Österreich seine bisherigen
-Grundsätze in der griechischen Angelegenheit wird fahren lassen und
-dann gemeinschaftliche Sache mit den Alliierten machen wird, womit dann
-die große Alliance wieder kräftig und ungeteilt dastände, ja es würde
-ein wahrer Kreuzzug werden (<span class="antiqua">il serait une véritable croisade</span>).</p>
-
-<p>Falls der Krieg ausbricht, so sagt der Kaiser, würde sich die
-Campagne in drei Abschnitte teilen. Der erste vom April bis Juni;
-der zweite eine Ruhe bis zum September wegen der großen Hitze und
-wegen des Mangels an Furage in den Monaten, ehe die Ernte gemacht ist
-und der dritte vom September bis dahin, wohin die Operationen oder
-die Nachgiebigkeit der Pforte führen wird. Der Winter sei nicht zu
-fürchten und also wegen der Jahreszeit kein Abschnitt nötig zu machen.
-Im ersten Abschnitt müsse der Balkan erreicht werden, die Ruhe also
-daselbst eintreten, während dem zweiten würden alle Reserven und die
-Garden zur Armee stoßen (den 1./13. September) und so alsdann mit
-erneuten Kräften die Operationen des dritten Abschnittes beginnen. Die
-vorteilhafteste Operations-Linie wird natürlich die längs dem Meere
-sein von Anfang an, weshalb auch die Flotte des Schwarzen Meeres zur
-Protegierung der Operationen beordert ist. Nach einigen Nachrichten
-sollen sich bedeutende türkische Streitkräfte bei Rusdschuk sammeln,
-dagegen aber auch bei Babatag (in der Gegend, wo die Donau vor ihrem<span class="pagenum"><a name="Seite_23" id="Seite_23">[S. 23]</a></span>
-Abflusse die Ecke bildet) Verteidigungsmaßregeln ergriffen sein, als
-auf der Operations-Linie längs dem Meere liegend, die ihnen wohl auch
-gefährlich erscheinen mag.</p>
-
-<p>Nach dem Gang, den die Dinge jetzt in der Türkei nehmen, glaubt der
-Kaiser, daß auf keine Nachgiebigkeit nicht mehr zu rechnen ist, weder
-jetzt noch später, sondern daß das Ganze mit dem Umsturz der türkischen
-Macht endigen wird, wenngleich er nur ungern von dieser Möglichkeit
-spricht. Sollten wir bis Constantinopel wirklich vordringen und ich
-bin zuerst dort, sagte der Kaiser mir neulich, so sollen die Andern
-mit meinem Benehmen und Vorschlägen zufrieden sein; kommen mir die
-Andern etwa auf irgend eine Art zuvor, so setze ich keinen Fuß in
-Constantinopel und lasse die Andern machen, was sie wollen und meliere
-mich nicht darein. Ich wiederhole Ihnen nur diese Worte, die der Kaiser
-wohl nur mir und seinem Schwager sagte, ohne weiteres diplomatisches
-Gewicht darauf zu legen; denn es dürften doch, wenn es wirklich so
-weit kommen sollte, wohl Verhältnisse eintreten, die jene Äußerungen
-vergessenswerth machen dürften. Tritt die andere Chance doch noch
-ein, daß die Pforte während des Krieges nachgibt endlich, so sind die
-dann eintretenden Verhältnisse in der erwähnten Instruktion an Lieven
-vorgezeichnet und die völlige Selbständigkeit Griechenlands dann
-zunächst stipuliert.</p>
-
-<p>Der Kaiser trat mit der Nachricht ins Zimmer, daß der Friede mit
-Persien geschlossen sei<a name="FNAnker_28_28" id="FNAnker_28_28"></a><a href="#Fussnote_28_28" class="fnanchor">[28]</a> und zugleich die Schlüssel von Ardibile
-eingetroffen seien... Der Schah hat augenblicklich, als er die
-ernstliche Fortsetzung des Krieges erfahren hat, sich nachgiebig
-gezeigt und die ganze Summe der Contribution der russischen Avant-Garde
-unweit Zangan überliefert, und war der größte Teil bereits in Mijana
-eingetroffen. Der Schah hat dem Abbas Mirza aufgetragen, den Frieden
-sogleich zu unterzeichnen...</p>
-
-<p><span class="pagenum"><a name="Seite_24" id="Seite_24">[S. 24]</a></span></p>
-
-<p class="briefkopf">St. Petersburg, 3./15. März 1828.</p>
-
-<p>Gestern ist der erwartete zweite Courier aus London<a name="FNAnker_29_29" id="FNAnker_29_29"></a><a href="#Fussnote_29_29" class="fnanchor">[29]</a> eingetroffen.
-Die von ihm überbrachten Nachrichten sind die offizielle Antwort des
-englischen Cabinettes auf die von Rußland gemachten Vorschläge, wie
-sie in der Instruktion an Fürst Lieven enthalten waren. Sie sind, wie
-nach meinem letzten Brief schon zu erwarten war, nicht nach Wunsch
-des Kaisers ausgefallen, indem jene Vorschläge nicht Eingang fanden
-und dagegen von England eine Demarche vorgeschlagen wird gerade der
-Art, wie Sie dieselbe durch Grafen Bernstorff vor vier Wochen hierher
-machen ließen. Der Kaiser wird darauf nur bedingt eingehen, indem aus
-seiner Antwort an Sie damals schon hervorging, daß er diesen Schritt
-als zu spät kommend betrachtete; doch will er sich jetzt gerade
-nicht opponieren; dagegen trennt er aber immer mehr die griechische
-Frage von den Griefs, die er zufolge des Hatischeriffs individuell
-gegen die Pforte zu verfolgen hat und wird daher in den ergriffenen
-Maßregeln dieserhalb nicht die mindeste Änderung entstehen und ganz
-das geschehen, was mein letzter Brief für den neu eingetretenen Fall
-voraussagte, nur mit dem Unterschiede, daß die Schritte, welche ich
-damals als von England allein etwa ausgehend bezeichnete, nun, wenn
-es angenommen wird, von allen 5 Mächten geschehen werden. So würden
-also Unterhandlungen und Krieg zugleich gehen und bestehen, nur zu
-verschiedenen Zwecken; der Krieg aber gemäß einen wichtigen mittelbaren
-Einfluß auf die Unterhandlungen haben und so durch den Krieg vielleicht
-der Frieden erhalten werden. Daß den Unterhandlungen, falls sie sich
-zerschlagen, ein allgemeiner Angriff folgt, dürfte die Drohung sein,
-mit welcher sie unternommen würden.</p>
-
-<p><span class="pagenum"><a name="Seite_25" id="Seite_25">[S. 25]</a></span></p>
-
-<p>Die gestrigen Nachrichten aus Persien sagen, daß die ganze Contribution
-ausgeliefert ist und Abba Mirza erneuten Befehl zur schleunigen
-Unterzeichnung des Friedens erhalten hat...</p>
-
-<p class="briefkopf">St. Petersburg, den 6./18. März 1828.</p>
-
-<p>Vorgestern Abend erhielt ich Ihren gnädigen Brief; ich teilte dem
-Kaiser sogleich Ihre Ansichten über die politischen Verhältnisse mit.
-Er sagte, daß ihn diese Ihre Ansichten nicht überraschen könnten, da
-sie mit Ihren früheren übereinstimmten. Doch hätte er es für seine
-Pflicht gehalten, Ihnen sein Raisonnement vor vier Wochen mitzuteilen,
-glaubend, daß manche Veränderungen damals eingetreten wären, die
-vielleicht Ihrerseits ein entscheidendes Handeln und Auftreten, wenn
-auch nur in Aufforderungen Anderer bestehend, möglich gemacht haben
-würden. Wenn der Kaiser also auch nicht überrascht über Ihre Antwort
-war, so tat sie ihm doch leid. Mir gab er jedoch auch das Zeugnis,
-daß ich stets diese Ihre Antwort vorhergesehen hätte, weil ich Ihre
-Ansicht genau kannte und sie ihm immer von Neuem vorgehalten habe.
-Während ich also auf diese Art dem Kaiser Ihre Ansicht opponiere, Ihnen
-dagegen die des Kaisers mitteile, scheint es, habe ich den Anschein bei
-Ihnen bekommen, als ließe ich mich durch den Kaiser entrainieren. Das
-Memoire, was ich dieserhalb durch Graf Bernstorff erhalten soll, wird
-mich natürlich ungemein interessieren, doch glaube ich dessen Inhalt
-vorhersagen zu können, da ich, wie gesagt, vermuten darf, daß ich Ihre
-Ansichten nicht vergessen habe. Sollte mich jedoch meine Äußerung:
-„daß mir das Handeln Preußens jetzt als das Hauptgewicht erscheine,
-welches die Inclination der politischen Wagschale bestimmen würde“,
-eine Äußerung, die ich mir kurz vor dem Abschieds-Augenblick in Berlin
-schon zu machen mir erlaubte, sollte mir diese Äußerung die Bemerkung
-zugezogen haben, daß ich Preußens Stellung verkenne, so werde ich
-allerdings hierüber eine Belehrung in Bernstorffs Mémoire<a name="FNAnker_30_30" id="FNAnker_30_30"></a><a href="#Fussnote_30_30" class="fnanchor">[30]</a> hoffen
-dürfen zu finden.</p>
-
-<p>Ihre Bemerkungen über die vorauszusehenden Verwickelungen, wenn
-Rußland Englands Ansichten nicht aufnimmt, teilte ich gleichfalls
-dem<span class="pagenum"><a name="Seite_26" id="Seite_26">[S. 26]</a></span> Kaiser mit. Er erwiderte, daß sein jetziges Alleinhandeln der
-Natur sei, daß diese Verwickelungen wohl nicht zu befürchten seien.
-Sollten jedoch welche später aus Englands Benehmen entstehen, so könne
-er wenigstens ruhig darüber sein, daß er sie nicht herbeigeführt
-habe. Denn im trilateralen Vertrage wäre expreß gesagt, daß, wenn die
-erste Maßregel der auszusendenden Flotten nicht zum Ziele führe, so
-werde man zu ernsteren Maßregeln schreiten. Unter diesen ernsteren
-Maßregeln könnten aber natürlich keine anderen verstanden gewesen
-sein, als kriegerische. Diese seien nun also vorgeschlagen, nachdem
-erneute Unterhandlungen nach Navarin(o) sich zerschlagen hätten und
-den Abgang der Gesandten zur Folge sogar gehabt haben. Statt darauf
-einzugehen, gemeinschaftliche coërcitife Maßregeln zu unternehmen,
-wolle man nun von Neuem unterhandeln, also gegen die Bestimmungen des
-trilateralen Tractates und damit also wiederum den Gang ergreifen, der
-seit 7 Jahren nicht zum Ziele geführt habe; und welche Garantie sei
-vorhanden, daß, da man jetzt von Seiten Englands den kriegerischen
-Maßregeln keine Folge geben wolle, diese Folge-Gebung eintreten würde,
-wenn die vorgeschlagenen erneuten Unterhandlungen sich etwa zerschlügen
-und für dies Zerschlagen der Krieg als Folge bestimmt worden wäre?
-Wahrscheinlich würde man alsdann wieder einige Monate temporieren, dann
-aber erneut zu Unterhandlungen raten und so ins Unendliche fortfahren.</p>
-
-<p>Doch wie mein letzter Brief schon meldete, wird sich der Kaiser diesen
-Vorschlägen nicht opponieren, jedoch auch seinerseits sich sehr
-bestimmt aussprechen und während dem handeln. Denn das fortwährende
-Temporieren und nicht Ernstmachen müsse ja die Pforte immer mehr
-bestärken, sich zu opponieren, da immer nur gedroht wird und den
-ernsthaftesten Drohungen doch keine Folge gegeben wird. So reize man
-die Pforte also ordentlich zur fortgesetzten Opposition bei jeden
-erneuten Unterhandlungen.</p>
-
-<div class="blockquot">
-
-<p>Im Sommer 1819 bemühte sich Prinz Wilhelm, unterstützt von
-seiner Schwester Charlotte, die Einwilligung seines königlichen
-Vaters für seine Verbindung mit der schon seit 1817 geliebten
-Prinzessin Elise von Radziwill zu erlangen. Friedrich Wilhelm
-III. schwankte auch in dieser familiären Angelegenheit in seinen
-Meinungen und Entschlüssen ständig hin und her, um so mehr, als
-die Unebenbürtigkeit der Prinzessin bald für gleichgültig, bald
-für hindernd in bezug auf die in Aussicht genommene Eheschließung
-gehalten ward. Erst im Juni 1826 hat er seine Zustimmung endgültig
-verweigert. Auf der Reise nach der Schweiz hatte<span class="pagenum"><a name="Seite_27" id="Seite_27"><span class="s4">[S. 27]</span></a></span> Prinz Wilhelm
-1826 bei der Hochzeit seines Bruders Karl mit Maria von Weimar
-deren jüngere Schwester Augusta kennen gelernt; vielleicht hat
-er im Anschluß daran in Karlsruhe die oben genannte Prinzessin
-Cäcilie von Schweden (1807/44) gesehen, die Tochter jenes Gustav
-IV. Adolf (1778/1837), der mit Friederike von Baden in einer
-1812 geschiedenen Ehe vermählt und Mitte Mai 1809 seines Thrones
-verlustig erklärt worden war; er führte dann ein seltsames
-Wanderleben und weilte in der fraglichen Zeit als Oberst Gustavsson
-in Leipzig. Die mannigfachen Absonderlichkeiten dieses Mannes
-lassen es verstehen, daß der vorsichtige Friedrich Wilhelm III. von
-der ersten medizinischen Autorität seines Staates, dem „so höchst
-ehrwürdigen“ Christoph Wilhelm Hufeland (1763/1836), wie der König
-an seine Tochter Charlotte am 14./26. August 1836 nach Petersburg
-schrieb (Hohenzollernjahrbuch 1916, S. 169), ein Gutachten über den
-Geisteszustand Gustav Adolfs IV. einholte, das schließlich in der
-wichtigen Frage einer künftigen Königin von Preußen den Ausschlag
-gab; Prinzessin Cäcilie heiratete den Großherzog August von
-Oldenburg. Prinz Wilhelm hat, wie aus dem obigen Briefe hervorgeht,
-lange in seinen Empfindungen zwischen den beiden Mädchen hin und
-her geschwankt; darauf deutet auch eine Briefstelle an den Vater
-aus Petersburg vom 23. December/4. Januar 1828:.... Beim Beginn des
-verflossenen Jahres war ich weit entfernt zu glauben, daß dasselbe
-von Einfluß auf mein künftiges Schicksal sein würde &mdash; und doch war
-es so; wieviel ernster mußte ich also nicht beim Eintritt in das
-nun vor uns verschlossene gestimmt sein, da es Pläne zur Ausführung
-bringen dürfte, die jetzt noch unentschieden in mir liegen.
-Möge der Himmel meine Wahl leiten und mir eine Zufriedenheit
-schenken, die ich lange entbehren mußte. Ihnen dadurch Freude zu
-machen und mir stets Ihre Gnade zu vergewissern ist ja dabei mein
-Hauptaugenmerk.... Des Prinzen Wilhelm Petersburgreise ist oft als
-eine „Brautfahrt“ gedeutet worden (vgl. Th. Schiemann, Historische
-Zeitschrift, N. F., Bd. 44, 1892, S. 243/50), was wohl nur in dem
-Sinne richtig ist, als die Kaiserin-Mutter Maria Feodorowna von
-Rußland als die Großmutter der Prinzessin Augusta von Weimar deren
-künftigen Gatten kennen lernen sollte, wenn vielleicht auch ein
-Satz aus einem Berichte Schölers (14. April/6. Mai 1828) an den
-König darauf deuten könnte, daß eine russische Großfürstin für
-den Prinzen Wilhelm von Preußen als Lebensgefährtin in Aussicht
-genommen war: „Bei der hohen Achtung und wahrhaften Zuneigung,
-welche Seine Kgl. Hoheit sich hier allgemein erworben haben,
-teilt die ganze Residenz das Bedauern der kaiserlichen Familie,
-den Prinzen aus ihrer Mitte scheiden zu sehen und gibt nicht ohne
-Schmerz eine Hoffnung auf, mit welcher man, in Folge der Eigenheit
-des menschlichen Herzens, die Erfüllung eines lieben Wunsches
-keinem Zweifel unterworfen zu halten seit längerer Zeit sich
-geschmeichelt hatte.“</p></div>
-
-<p class="briefkopf">St. Petersburg, 13./25. März 1828.</p>
-
-<p>Als Sie im Oktober vorigen Jahres von mir eine Erklärung wünschten,
-welchen Entschluß ich in Folge der im Sommer unternommenen Reise zu
-fassen gesonnen sei, war meine Antwort, daß die Bestimmung meiner
-Zukunft von der Wahl zwischen Prinzessin Augusta und Prinzessin<span class="pagenum"><a name="Seite_28" id="Seite_28">[S. 28]</a></span> Cecile
-abhängig sei als denjenigen beiden Prinzessinnen, welche mir von den
-kennengelernten als die ausgezeichnetsten erschienen.</p>
-
-<p>Diese Wahl jedoch damals gleich zu treffen war mir meiner Überzeugung
-nach nicht möglich, weil dazu eine Kenntnis in gleichem Maße von
-<em class="gesperrt">beiden</em> Prinzessinnen gehörte, ich bis dahin aber nur Prinzessin
-Augusta in so weit hatte kennen lernen, daß ich mir ein ziemlich
-gegründetes Urteil über sie erlauben durfte, dahingegen ich Prinzessin
-Cecile nur erst flüchtig konnte kennen gelernt haben, da ich sie
-nur wenige Tage sah. Da aber trotz dieser flüchtigen Bekanntschaft
-Prinzessin Cecile mich dennoch, trotz jener genaueren der Prinzessin
-Augusta beschäftigte und zwar auf eine Art, die ich nicht von der Hand
-zu weisen dürfen glaubte, so ging meine Bitte an Sie, die Sie auch
-genehmigten, dahin, daß ich eine nähere Bekanntschaft der Prinzessin
-Cecile auf eine nicht auffallende und Niemand compromittierende Art
-suchen dürfte. Und wenn ich alsdann beide Prinzessinnen in gleichem
-Maaße kennte, so wollte ich danach meine Wahl festzustellen suchen. Da
-Sie diese meine Ansichten gut hießen, so würde ich nicht nötig haben,
-jetzt wieder auf diese Angelegenheit zurückzukommen, wenn ich nicht
-schon in jener ersten Unterredung in Charlottenburg bemerkt hätte, daß
-Ihr Wunsch es sei, meine Entscheidung möchte für Prinzessin Augusta
-ausfallen. Da Sie jedoch deshalb meine Pläne nicht misbilligten,
-so glaubte ich es auch wagen zu dürfen, auf deren Ausführung mein
-Augenmerk zu richten. Seit jener Unterredung kamen mir vielerlei
-Äußerungen zur Kenntnis, die mir das bestätigten, was ich von Ihnen
-selbst zu verstehen geglaubt hatte, daß nämlich, wenngleich gegen die
-ganzen Verhältnisse der Prinzessin Cecile nichts einzuwenden sei, was
-eine Verbindung mit ihr unmöglich oder unpassend machte, doch gerade
-ihre eigentümliche Stellung, diese Verbindung nicht <em class="gesperrt">vorzugsweise</em>
-wünschenswert machte. Diese Ihre Ansicht glaube ich auch in Ihrer
-Äußerung enthaltend gefunden zu haben, die Sie mir machten, als ich
-bei Gelegenheit, daß Sie meine Reise hierher genehmigten, von meiner
-Zukunft sprach. Sie sagten, Sie müßten nur zu bedenken geben, daß
-die sehr unangenehme Möglichkeit obwalte, daß das Übel, an welchem
-der Vater der Prinzessin Cecile litte, auch erblich sei und auch
-mit überspringenden Generationen erblich sei; ich glaubte also aus
-dieser Äußerung schließen zu müssen, daß Sie mich durch dieselbe von
-meinen Absichten detournieren zu suchen wollten.<span class="pagenum"><a name="Seite_29" id="Seite_29">[S. 29]</a></span> Wenngleich ich die
-Möglichkeit einer solchen Erblichkeit nicht bezweifeln konnte, so
-konnte ich jedoch auch nur bemerken, daß mir bis jetzt nirgends ein
-Zeichen obzuwalten scheine, welches jene Möglichkeit anzeige. Seit
-meinem Hiersein erfuhr ich nun jedoch, daß diese mögliche Erblichkeit
-der Geisteskrankheit Ihnen so erheblich erscheint, daß Sie sich durch
-Hufeland haben ein Gutachten über diese Angelegenheit geben lassen,
-welches die Möglichkeit des Vererbens eines solchen Übels bestätigt und
-als wahrscheinlich angibt.</p>
-
-<p>Die Sicherstellung, welche Sie für sich durch dies Gutachten für jede
-Zukunft, falls ich auf jener Verbindung bestände, zu verschaffen
-suchten, muß ich vollkommen anerkennen. Ja ich muß die Pflicht
-anerkennen, welche Ihre väterliche Liebe hat und Ihre höchste Stellung,
-mich ernsthaft und aufs gewissenhafteste auf diese Möglichkeiten
-aufmerksam zu machen und mir die Verbindung vollkommen zu untersagen,
-falls augenscheinlich Gefahr obwaltet.</p>
-
-<p>Aus allem Angeführtem glaube ich aber nunmehr erneuert den Schluß
-ziehen zu müssen, daß es Ihnen lieb wäre, wenn die mir getanen
-Vorhaltungen mich bewegen könnten, nach Ihrem Wunsche von der näheren
-Bekanntschaftmachung der Prinzessin Cecile abzusehen und mich für
-Prinzessin Augusta zu entscheiden.</p>
-
-<p>Wenn ich nun dies auch nicht unbedingt zu tun vermag, so sehe ich mich
-dennoch veranlaßt, meinerseits einen Schritt zu tun, der mich über
-meine Zukunft aufklärt, indem ich nur erlaube, die Frage zu stellen:
-„ob Sie aus jenen Gründen mit dem quästionierten Gutachten in Händen
-von Ihrem höchsten und väterlichen Standpunkte aus die Pflicht zu haben
-glauben, Ihre Einwilligung zu der in Rede stehenden Verbindung zu
-versagen, falls ich nach genauerer Bekanntschaft der Prinzessin Cecile
-um deren Hand wirklich anhielte?“</p>
-
-<p>Von Ihrer gnädigen Beantwortung dieser Frage hängt dann natürlich mein
-ganzes ferneres Verhalten ab.</p>
-
-<p>Glauben Sie Ihre Einwilligung geben zu können, so brauche ich in meinen
-Plänen nichts zu verändern.</p>
-
-<p>Glauben Sie Ihre Einwilligung nicht geben zu können, so muß ich davon
-abstehen, die nähere Bekanntschaft der Prinzessin Cecile erst noch
-machen zu wollen, denn in der Ungewißheit, ob ich Ihre Einwilligung
-erhalten könnte, darf ich nie diese nähere Bekanntschaft suchen, weil<span class="pagenum"><a name="Seite_30" id="Seite_30">[S. 30]</a></span>
-sie leicht dahin führen könnte, daß das Aufgeben dieser Verbindung dann
-schmerzlicher sein dürfte, als es jetzt noch der Fall sein kann.</p>
-
-<p>Mit kindlicher Liebe habe ich in meinem dankbaren Herzen jeden Schritt
-bewahrt, den Sie taten, um meine Zukunft sich glücklich gestalten
-zu sehen. Daher bitte ich auch nunmehr aus der Tiefe des Herzens,
-daß Sie meine Frage gnädig aufnehmen und ganz nach Ihrer Überzeugung
-beantworten mögen. Doch muß ich Sie noch darum bitten, mir nicht auf
-<em class="gesperrt">meine</em> Verantwortung für die Folgen der gefürchteten Erblichkeit
-die mögliche Verbindung mit Prinzessin Cecile zusagen zu wollen und
-sich zu überzeugen, daß mein Herz noch durchaus nicht für eine der
-beiden Prinzessinnen sich entscheidender ausspricht wie früher.</p>
-
-<p>Der Grund, warum ich gerade jetzt mit diesem entscheidenden Schritt
-gegen Sie hervortrete, ist der, daß in dem Falle die ferneren Pläne
-auf Prinzessin Cecile ganz aufgegeben werden müßten, ich wohl keine
-bessere und erwünschtere Gelegenheit finden könnte, Prinzessin Augusta
-noch näher kennen zu lernen und die dann nötig werdenden Schritte
-einzuleiten und zu tun als bei deren bevorstehender Ankunft hier mit
-ihrer Mutter... Der Kaiser hat mir mündlich heute beim Fahren zur
-Parade das förmliche Anerbieten gemacht, ob ich die zu erwartende
-Campagne nicht mit machen wollte... ich glaubte ihm antworten zu
-können, daß von einer Mißbilligung Ihrerseits ich nichts zu fürchten
-haben würde, indem die sich darbietende Gelegenheit wohl für jeden
-Soldaten zu interessant und wichtig sei, als daß Sie die Teilnahme an
-derselben versagen würden... daß sich Ihre Einwilligung wohl davon
-abhängig fühlen würde, in welcher Stellung sich Preußen zur Pforte beim
-etwaigen Ausbruch des Krieges befinden würde... Der Kaiser hat mich bei
-Zeiten von diesem seinen Anerbieten in Kenntnis gesetzt, damit ich der
-Distance wegen nicht zu spät Ihre Willens-Meinung erführe, wenngleich
-die Kriegs-Deklaration noch nicht erfolgt ist... So liegen Ihrer
-gnädigen Bestimmung zwei wichtige Fragen vor, deren Lösung ich mit
-ungemeiner Ungeduld entgegensehe, da sie von dem höchsten Einfluß auf
-meine ganze Zukunft sein werden. Von Ihrer väterlichen Liebe erwarte
-ich die Entscheidung, die für mein Herz und für meine militärische
-Tätigkeit von gleichem unendlichen Werte sein wird.</p>
-
-<p class="gruss"><span class="mright2">Ihr Sie zärtlichst liebender gehorsamer Sohn</span><br />
-Wilhelm.</p>
-
-<p><span class="pagenum"><a name="Seite_31" id="Seite_31">[S. 31]</a></span></p>
-
-<p class="briefkopf">20. März/1. April.</p>
-
-<p>.... die Ansicht, daß Preußens... Anschluß am trilateralen Vertrag
-gewiß den von Österreich nach sich gezogen haben würde. Wenn Sie sich
-gnädigst erinnern, zu welcher Zeit Ihnen der Kaiser diesen Antrag und
-die Aufforderung demgemäß auf Preußen zu wirken machte, so werden Sie
-finden, daß dies der Moment war, wo die Einigkeit der drei Verbündeten
-auf dem Culminations-Punkt war, Anfang Februar, und es damals also
-wohl sehr begreiflich war, daß der Kaiser diesen Moment benutzt
-wünschte, um Preußen und Österreich sich anschließen zu sehen. Aus
-dieser Zeit-Zusammenstellung glaube ich, dürfte folgen, daß der Kaiser
-Preußens Interesse nicht verkannte.</p>
-
-<p>Preußen wünschte das gemeinsame Handeln der Mächte der großen Alliance;
-in jenem Moment war die größte Wahrscheinlichkeit vorhanden, daß eine
-solche Vereinigung möglich sei. Jetzt ist es ganz anders.</p>
-
-<p>Es ist dem Kaiser leid..., daß Preußen<a name="FNAnker_31_31" id="FNAnker_31_31"></a><a href="#Fussnote_31_31" class="fnanchor">[31]</a> gar nicht mehr an die
-Möglichkeit glaubt, auf Österreich wirken zu können, in einem
-Augen<span class="pagenum"><a name="Seite_32" id="Seite_32">[S. 32]</a></span>blicke, wie gesagt, wo dieses selbst ernst anfängt zu reden und
-daß Preußen ein solches Zureden für unnütz hält, weil es nicht auf
-eine Macht einwirken zu können glaubt, die mit dem Oriente selbst
-grenzt, während Preußen doch vollkommen damit einverstanden ist, daß
-die Sachen sich im Oriente ändern müssen und dieserhalb mit Österreich
-ganz divergierte, es also nicht aufhören müsse, es von seiner Ansicht
-überzeugen zu wollen. Das feste Halten Preußens an Österreich trotz
-der völlig divergierenden Ansicht im Prinzip begriff der Kaiser zwar
-bisher, wegen des Scheines der großen Alliance; jetzt aber, wo sich
-die Verhältnisse anfangen anders zu gestalten, würde es dem Kaiser
-sehr wehe tun, wenn Sie sich zu denen halten wollten, mit denen Sie im
-Prinzip nicht einverstanden sind, während Sie die aufgeben, mit denen
-Sie übereinstimmend im Prinzipe sind...</p>
-
-<div class="figcenter break-before">
- <a id="augusta" name="augusta">
- <img class="mtop2" src="images/augusta.jpg"
- alt="" /></a>
- <p class="center">Prinzessin Augusta<br />
- <span class="s5">Miniaturbild von A. Grahl um 1840 im Palais Kaiser Wilhelms I.</span></p>
- <p class="s6 center padbot3 ebhide"><a href="images/augusta_hr.jpg">&#10063;<br />
- <span class="smaller">GRÖSSERE BILDANSICHT</span></a></p>
-</div>
-
-<p class="break-before">Was der Kaiser von dem ernsthaften Schritte Österreichs erfahren
-hat, ist folgendes: daß es der Pforte erklären will &mdash; nach Rußlands
-Vorschlag und Drängen im Januar &mdash;, daß sie durchaus jetzt nachgeben
-müsse, wo nicht, so würde sich auch Österreich den Verbündeten
-anschließen und gemeinschaftlich mit ihnen über dasselbe kriegerisch
-herfallen und habe es zu dem Ende ein Corps in Bereitschaft... Von
-Frankreich hat der Kaiser gestern erneuert die intimsten Versicherungen
-erhalten, mit dem Bemerken, daß es erneuert die dringendsten
-Vorstellungen in London mache, um das Kabinett zur Annahme der
-russischen Proposition zu bringen. Jedenfalls glaubt der Kaiser,
-Frankreichs ganz sicher zu sein, selbst für den Fall, wenn England ganz
-abspringen sollte... Den Kaiser hat diese ganze Vereitelung, wie sie
-jetzt durch Englands Umspringen erzeugt wird, keinen Moment frappiert,
-indem er von jeher vorher sah, daß England im Trüben fischen wollte und
-<span class="pagenum"><a name="Seite_33" id="Seite_33">[S. 33]</a></span>eigentlich allein handeln wollte und egoistisch, zum Nachteil aller
-anderen handeltreibenden Nationen, in der orientalischen Frage. Die
-Ruhe Europas ist erhalten, sobald England dem Tractat treu bleibt und
-den von Rußland und Frankreich vorgeschlagenen Maßregeln beitritt,
-meint der Kaiser; springt also England jetzt ab, so erzeugt es den
-Krieg und die Unruhe, wahrscheinlich in ganz Europa, wovon es doch
-gerade das Gegenteil will. Der Kaiser sagte mir: Die Verhältnisse,
-die sich in der Türkei gestalten, sind für Rußland zehnmal wichtiger,
-als für alle andern Staaten, die selbst durch ihren Handel mit jenem
-Lande in Verbindung stehen. Diesetwegen habe er müssen eine sehr
-bestimmte Sprache gegen die Pforte gleich bei seinem Regierungsantritte
-führen und die Akkermannschen Unterhandlungen waren die Folge
-davon. Als sich diese Verhandlungen zu seinen Gunsten entschieden
-hätten, habe er nichts weiter wünschen können, denn das seit Jahren
-compromittierte Ansehen Rußlands bei der Pforte und der Einfluß,
-den es doch natürlich stets auf dieselbe auszuüben suchen muß, war
-wiedergewonnen. Aus diesem Grunde hätte er auch nicht nötig gehabt, in
-der griechischen Angelegenheit etwas zu tun, um so weniger, da er...
-gar nicht gesonnen gewesen sei, für sie wohl gar aus Enthusiasmus zu
-handeln. Er hätte also aus diesem Grunde auch nicht nötig gehabt,
-das englische Anerbieten, zu Gunsten der Griechen zu wirken,
-anzunehmen und zu deren Pacificirung die Hand zu bieten, wenn er sich
-nicht hätte sagen müssen, daß sein Zurückweisen dieses Anerbietens
-England nicht gehindert haben würde, seine Vorschläge und Pläne zur
-Veränderung der Dinge im Oriente demnach durchzuführen, welche es,
-alsdann allein handelnd, auch ganz nur zu seinem Vorteile und gewiß
-zum größten Nachteile Rußlands geordnet haben würde. Eroberungs- und
-Aquisitions-Pläne möchten gleichfalls wohl bei England obgewaltet
-haben, wie die Geschichte der Ionischen Inseln beweisen könnte...
-Frankreichs Handels-Interesse verlangte es, daß die orientalischen
-Verhältnisse eine andere Gestaltung gewännen; dieses trat nun also
-auch dieserhalb mit der Sprache hervor. England und Frankreich mußten
-sich also wegen dieser orientalischen Frage begegnen und gewiß auf
-eine unangenehme Art. Da nun also nicht anzunehmen war, daß England
-sich durch Rußlands Refus abhalten lassen würde, seine Absichten im
-Oriente zu verfolgen, wobei ihm noch zu Statten kam, daß die Griechen
-sich ja selbst<span class="pagenum"><a name="Seite_34" id="Seite_34">[S. 34]</a></span> an dasselbe gewandt hatten, um für sie sich zu
-interessieren, ebensowenig aber anzunehmen war, daß sich Frankreich
-und England gütlich über jene Verhältnisse vergleichen würden, so
-nahm der Kaiser das englische Anerbieten an, um dem egoistischen und
-Allein-Handeln Englands zu begegnen und um ein Zerwürfnis zwischen
-England und Frankreich zu verhindern und um somit also die Ruhe und
-Eintracht in Europa zu erhalten. So entstand das Petersburger Protokoll
-vom 4. April 1826 von Seiten des Kaisers in der Hauptabsicht, Ruhe
-in Europa zu erhalten, durch die Pacificierung Griechenlands seinen
-Handel noch mehr zu sichern und somit sein Ansehen bei der Pforte noch
-mehr zu sichern. Als dies Ansehen durch den Akkermannschen Vertrag
-hergestellt war, erklärte der Kaiser an England, daß er es seinetwegen
-nicht mehr nötig habe, dem Protokoll Folge zu geben, indem er Alles
-erlangt habe zum Besten Rußlands, was er von der Pforte nur verlangen
-könnte. England erwiderte auf die zweimalige derartige Vorstellung,
-daß es seinerseits sich in der Notwendigkeit befände, den Bestimmungen
-des Protokolls durchaus Folge geben zu müssen; dadurch demasquierten
-sich Englands egoistische Absichten immer mehr in den Augen des
-Kaisers und er hielt es für notwendig, dieserhalb schon im gedachten
-Protokoll die Bestimmung ausdrücklich aufzunehmen, daß von keinem Teile
-Eroberungs- oder Acquisitions-Pläne beabsichtigt würden; somit waren
-England freilich in ganz Europa die Hände gebunden, nicht dergleichen
-wahrscheinlich intentionierte verborgene Absichten einseitig ausführen
-zu können. Rußland kostete es nichts, dies Versprechen zu geben, indem
-jede Länder-Vergrößerung für dasselbe ein Nachteil sei. Frankreich trat
-diesen Protokoll-Bestimmungen später bei und verlangte zuerst dessen
-Umwandlung in ein Tractat. So waren also die verschiedenen Interessen
-durch einen Tractat vereint und dadurch die Ruhe und Einigkeit Europas
-gesichert. Diese Verhältnisse konnten also nur gestört werden, wenn
-ein Teil seinen Verpflichtungen ungetreu wurde, d. h. dem gemeinsamen
-Verband sich entzog, um einseitigen Plänen Folge zu geben.</p>
-
-<p>Dies Letztere scheint nun allerdings leider Englands jetziges Benehmen
-sein zu wollen. Wollte es die Pacificierung Griechenlands wirklich,
-so könnte es jetzt keinen Augenblick anstehen, nachdem alle Mittel
-erschöpft sind, mit Gewalt auf die Pforte wirken zu wollen. Da es
-diese Gewalts-Mittel aber gegen seine beiden Alliierten zurückweiset,
-so gehet<span class="pagenum"><a name="Seite_35" id="Seite_35">[S. 35]</a></span> daraus wohl deutlich hervor, daß es etwas anderes als die
-gemeinschaftliche Pacificierung der Griechen wünscht, nämlich dort
-allein sprechen zu wollen und somit entlarvt es sich selbst.</p>
-
-<p>Englands Plan scheint bestimmt zu sein, sich von dem trilateralen
-Vertrag zurückziehen zu wollen, dieserhalb jedoch mit Frankreich noch
-nicht zu brechen, es sich überhaupt angelegen sein zu lassen, auf
-dem Kontinente Alliierte zu sammeln, wahrscheinlich um Rußland mit
-denselben vereint zu bedrohen und so vom Türkenkriege abzuhalten.
-Dies Suchen von Alliierten dürfte also wohl zunächst auf Preußen und
-Österreich gerichtet sein. Überhaupt kann es Preußen nicht ruhig mit
-ansehen, daß dergleichen Alliancen sich schließen, wie die zwischen
-Österreich und England wäre und sein Verweigern zum Beitritt zu
-derselben dürfte vielleicht selbst dies ganze Projekt hindern und eine
-Aufforderung Preußens an England, den Frieden Europas dadurch nicht zu
-stören, daß es einseitig von einem Vertrage abspringt, während seine
-zwei Mit-Alliierten fest zusammenhalten, von einem Vertrage, an dessen
-Existenz es selbst schuld ist und den es vorschlug und gegen Rußlands
-anfängliche Vorstellungen durchsetzte, eine solche Vorstellung Preußens
-in London, wie gesagt, könne vielleicht noch eine plötzliche Wendung
-erzielen. Wenn eine allgemeine Verwicklung entsteht, so ist daran nur
-der englische Egoismus und die österreichische bisherige Starrheit
-Schuld. Wie traurig.</p>
-
-<p class="briefkopf">St. Petersburg, 24. März/5. April 1828.</p>
-
-<p>.... die Armee, die zwischen dem 20. und 25. April den Pruth
-überschreitet und die der Kaiser, bevor sie die Donau erreicht,
-einholen will. Jedenfalls will er beim Übergange über die Donau zugegen
-sein. Wo? hat er mir noch nicht gesagt und da ich nur eine Regel
-gemacht habe, den Kaiser nach nichts abzufragen, was er mir nicht
-mitteilen zu wollen zu beabsichtigen scheint, so habe ich darüber, wie
-überhaupt über den ganzen Operationsplan garnichts erfahren.</p>
-
-<p>Mit welcher Ungeduld sehe ich Ihren Bestimmungen über mich entgegen.
-Hier kommt es mir unmöglich vor, daß ich an allem, was ich sich hier
-vorbereiten sehe seit drei Monaten, nicht Teil nehmen sollte und so
-denkt man es sich hier auch allgemein für unmöglich, daß ich nun nicht
-mitgehen werde. Der Kaiser erhielt soeben einen Courir aus<span class="pagenum"><a name="Seite_36" id="Seite_36">[S. 36]</a></span> Paris, der
-erneut die besten Nachrichten überbrachte und auch aus England die
-Nachricht, daß, wenngleich sich dasselbe nicht mit Rußlands Maßregeln
-in soweit einverstanden erkläre, um sich zur Teilnahme an denselben zu
-verstehen, so würde es jedoch Rußland nicht hindern und aufhalten in
-seinen Absichten auf die Türkei.... Welch’ ein Glück für die allgemeine
-Ruhe Europas, wenn England einsiehet, daß es durch sein falsches
-Benehmen den allgemeinen Krieg im Begriff war anzuzünden ...</p>
-
-<p>Den heute hier erschienenen Friedensschluß in Persien lege ich hier
-bei<a name="FNAnker_32_32" id="FNAnker_32_32"></a><a href="#Fussnote_32_32" class="fnanchor">[32]</a>... wären wir doch erst soweit mit der Türkei.</p>
-
-<p>Die abgebrochene Contre-Revolution in Portugal ist eine merkwürdige
-Sache<a name="FNAnker_33_33" id="FNAnker_33_33"></a><a href="#Fussnote_33_33" class="fnanchor">[33]</a>. England wird da auch etwas ins Gedränge kommen.</p>
-
-<p class="briefkopf">St. Petersburg, 28. März/9. April 1828.</p>
-
-<p>Aus England sind die letzten Eröffnungen auch günstiger, indem es
-wenigstens erklärt, sich nicht Rußlands Maßregeln opponieren zu wollen.
-Von Österreich fehlt noch immer die seit zwei Monaten erwartete
-Antwort... mit Frankreich ist der Kaiser außerordentlich zufrieden.
-Dagegen können die portugiesischen Geschichten wohl nur sehr unangenehm
-erscheinen. Hätte Don Miguel nur nicht schon in Wien die unglückselige
-Constitution beschworen, so wäre Alles gut. Aber so ist sein Benehmen
-unverzeihlich...</p>
-
-<p>Gestern sind Nachrichten aus Bukarest angekommen, die von dem Einrücken
-eines 6000 Mann starken türkischen Corps in Serbien, von Bosnien
-kommend, Meldung machen. Es sollen große Grausamkeiten vorgefallen
-sein und den Serben annonciert worden, daß eine größere<span class="pagenum"><a name="Seite_37" id="Seite_37">[S. 37]</a></span> militärische
-Occupation folgen werde und alle Waffen abgeliefert werden sollten.
-Auch sind türkische Truppen in dem kleinen Freistaat Montenegro
-eingerückt. Der Kaiser ist über die Serbische Occupation sehr
-entrüstet, weil dieselbe ganz gegen die Tractate ist und ihm daher nur
-gerechte Waffen gibt, die Pforte nicht länger zu schonen<a name="FNAnker_34_34" id="FNAnker_34_34"></a><a href="#Fussnote_34_34" class="fnanchor">[34]</a>. Aber es
-ist wirklich wahr, Alles vereinigt sich, des Kaisers Politik höher und
-gerechter mit jedem Tag zu stellen. Das ist der Preis und der Lohn für
-Offenheit, Gewandtheit und Festigkeit in der Politik, die dem Kaiser
-nie genug zu danken sein wird.</p>
-
-<p class="briefkopf">St. Petersburg, den 3./15. April 1828.</p>
-
-<p>.... Der Kaiser hat gestern Depeschen aus London und Berlin erhalten.
-Die ersteren annoncieren ihm officiell, was er schon wußte, daß
-England ihn in nichts hindern will, aber ihn aus dem Vertrag getreten
-betrachtet...</p>
-
-<p>Die verbreitete Nachricht des von der Pforte den Griechen angebotenen
-Waffenstillstandes, um darauf Negotiationen anzuknüpfen, freut den
-Kaiser sehr, wenn es eine gegründete Nachricht ist, indem wegen der
-griechischen Angelegenheit er seine Instruktionen gegeben hat an
-Lieven und mit denen dieserhalb von England vorgeschlagenen Maßregeln
-teilweis einverstanden ist. Doch dies Alles hält ihn keinen Augenblick
-auf, seine eigenen Griefs gegen die Pforte mit gewaffneter Hand zu
-verfolgen. Den 25. April/7. Mai soll die Armee den Pruth überschreiten;
-am selben Tage will der Kaiser von hier abgehen...</p>
-
-<p>Die Kaiserin-Mutter hat mit Einemmale ihrer Tochter die Reise hierher
-abgeschrieben<a name="FNAnker_35_35" id="FNAnker_35_35"></a><a href="#Fussnote_35_35" class="fnanchor">[35]</a>, um, da sie nur bis zum August bleiben wollte, ihr
-diese beschwerlichen Reisen nicht so rasch auf einander machen zu<span class="pagenum"><a name="Seite_38" id="Seite_38">[S. 38]</a></span>
-lassen, da die Großfürstin noch Carlsbad brauchen soll später. Ich sehe
-mit desto größerer Ungeduld Ihrer Antwort entgegen. Der Mensch denkt,
-Gott lenkt, muß ich immer wieder sagen.</p>
-
-<p class="briefkopf">St. Petersburg, 5./17. April 1828.</p>
-
-<p>.... Ansicht über Preußen, die Sie zur Grundlage der Antwort an den
-Kaiser legen wollen<a name="FNAnker_36_36" id="FNAnker_36_36"></a><a href="#Fussnote_36_36" class="fnanchor">[36]</a>; nämlich die, daß eine Erklärung Preußens an
-die übrigen großen Mächte Europas, daß es mit der russischen Politik
-einverstanden sei und die Rechtmäßigkeit seiner Maßregeln vollkommen
-anerkennt, von dem größten Einfluß auf die übrigen Kabinette in
-diesem Augenblicke sein wird. Die aus dieser offiziellen Erklärung
-entspringende Folge ist eine Eröffnung gegen Rußland, daß es unter
-solchen Umständen auf Preußen in sofern zählen könne, als es etwa in
-der Verfolgung seiner als rechtmäßig anerkannten Maßregeln von irgend
-einer Macht gestützt werden sollte. Dies ist der Wunsch des Kaisers;
-mehr verlangt er nicht... Wenn auf diese Art also Rußland, Frankreich
-und Preußen einverstanden sind, so dürfte sich so leicht wohl keine
-Separat-Alliance in Europa bilden, der nicht diese drei Mächte
-widerstehen würden. Aber gerade durch dieses Zusammenhalten im Prinzip
-der drei genannten Mächte würde es auch andern gar nicht einfallen, ein
-Separat-Bündnis zu schließen. Preußens Stellung kommt mir dabei vor wie
-ein drohender Hund, der nur erst noch warnt.</p>
-
-<p><span class="pagenum"><a name="Seite_39" id="Seite_39">[S. 39]</a></span></p>
-
-<p>Heute noch sagte mir der Kaiser beim Abmarsch der Gardejäger-Reserve
-und der magnifiquen Fuß-Artillerie: <span class="antiqua">je vous jure devant dieu, que je
-n’aimerais pas mieux que de tenir la même language envers l’Autriche;
-mais ils ne font rien pour gagner ma confiance. Voilà deux mois que
-j’attends une réponse de l’empereur d’Autriche sur une lettre que je
-lui ai écrit deux jours après qu’il me l’avait demandé</span>...</p>
-
-<p>Schon vor längerer Zeit sagte mir der Kaiser, daß, wenn England
-wirklich ganz abgesprungen wäre, Frankreich aber fest an Rußland
-gehalten hätte, wodurch es sich dem benachbarten England leicht hätte
-exponieren können, so würde er mit Frankreich dieselbe Übereinkunft
-geschlossen haben, welche der selige Kaiser zur Zeit des französischen
-Einfalls in Spanien mit Frankreich schloß, nämlich es gegen Englands
-etwaiges Vorhaben zu schützen, zu welchem Ende der Großfürst Konstantin
-mit seiner Armee zur Disposition Frankreichs gestellt werden würde.
-Ehe ein Gebrauch dieses zur Disposition-Stellen gemacht worden wäre,
-dürften freilich noch manche andere Verhältnisse zur Sprache gekommen
-sein, jedenfalls zeigt es aber, wie sehr der Kaiser diejenigen Staaten
-achtet und seiner Unterstützung wert hält, die gleich ihm eine feste,
-offene, gerade, bestimmte und Treue haltende Politik gehen...</p>
-
-<p>Oft ist mir bei uns schon ein Grauen angekommen, wenn die Armee einmal
-mobil gemacht werden sollte, wegen des Mangels an jeder Vorschrift
-über diese Mobilmachung. Vor 6 Jahren ist jedem Armee-Corps aufgegeben
-worden, einen Mobilmachungs-Plan auszuarbeiten; das ist geschehen
-und man hat natürlich vermutet, daß die Einreichung dieser Arbeiten
-befohlen wurde, um nach diesen von jedem einzelnen Corps aufgestellten
-Ansichten eine allgemeine Bestimmung zu bearbeiten und als Vorschrift
-zu erlassen. Dies ist aber nicht geschehen. So ist also jedes
-Armee-Corps in diesem Moment zwar mit einer Arbeit versehen, nach der
-es isoliert handeln würde, wenn schnell eine Mobilmachung einträte;
-aber eben so viele Corps existieren, eben so viele Verfahrungs-Arten
-wird es auch geben und dies ist unmöglich für das Ganze. Ich habe diese
-Arbeit meines Armee-Corps gleich nach Übernahme des Commandos desselben
-durchstudiert und angefragt, ob die unendlich vielen zur Anfrage
-und Bestimmung angehaltenen Punkte nicht zur Erledigung eingereicht
-werden sollten, aber immer gehört, daß die Einreichung noch nicht
-befohlen wäre. Bei der Wichtigkeit dieses Gegenstandes habe ich<span class="pagenum"><a name="Seite_40" id="Seite_40">[S. 40]</a></span> mich
-jetzt, wo mir diese Verhältnisse hier so oft vor Augen treten, für
-verpflichtet gehalten, Ihrem gnädigen Ermessen diesen Gegenstand einmal
-in Erinnerung zu bringen...</p>
-
-<p>Es ist heute ein österreichischer Courier angekommen, der aber wiederum
-nicht eine Zeile dem Kaiser überbracht hat, was ihn natürlich sehr
-ungehalten stimmt, wobei er jedoch stets seine Ruhe und Heiterkeit
-behält...</p>
-
-<p class="briefkopf">St. Petersburg, 11./23. April 1828.</p>
-
-<p>Auf die Aufforderung in Ihrem Schreiben, den vorgeschlagenen Schritt
-noch zu tun, ohne den Marsch seiner Armee dadurch aufzuhalten, will der
-Kaiser jedoch nicht eingehen... Der Grund... sei, daß ja gerade die
-Propositionen, die er im December vorigen Jahres den Alliierten gemacht
-und auf die Sie jetzt wünschten, daß er mit einigen Modificationen
-zurückkäme, namentlich von England nicht angenommen seien, weil von
-einer Unterstützung mit gewaffneter Hand gegen die Pforte zur Annahme
-der Vorschläge die Rede gewesen sei. Jetzt, wo ihn individuelle
-Beleidigungen der Pforte zwingen, die Waffen zu ergreifen, habe er
-ja neuerdings allgemein erklärt, daß er trotzdem die Erreichung der
-Bestimmungen des Londoner Vertrages nicht aus den Augen verliere und
-daher beiden Angelegenheiten <span class="antiqua">de front</span> gehen würden. Hierin
-glaubt er, würden Sie ungefähr oder eigentlich dasjenige finden, was
-Sie vorschlügen. Daß nun England hierauf erklärt hat, daß es ihm sich
-nicht opponieren werde, aber auch nicht ihn mehr als in der Alliance
-seiend betrachte, dafür könne er nichts und ein erneuter Antrag dieser
-Art wäre ihm daher unmöglich zu machen... Dennoch versuchte ich aus
-Ihrem Briefe an mich dem Kaiser Ihren Antrag nochmals so darzustellen
-und annehmbar zu machen, daß Sie selbst recht wenig auf den glücklichen
-Ausfall dieses Schrittes bei der Pforte rechneten, aber Sie die Annahme
-hauptsächlich darum wünschten, um sein Recht nur noch heller erscheinen
-zu lassen, nachdem alle Versuche gemacht sind, friedlich zum Ziele zu
-gelangen; aber er gab mir wiederum dieselbe Antwort.</p>
-
-<p>Der österreichische Courier... ist doch der Überbringer der
-langersehnten Antwort gewesen, was Graf Zichy jedoch einige Tage
-für sich behalten hat. Das Schreiben... enthält die längst bekannte
-Demarche<span class="pagenum"><a name="Seite_41" id="Seite_41">[S. 41]</a></span> Österreichs gegen die Pforte wegen des Waffenstillstandes und
-eine Menge Besorgnisse über die inneren Verhältnisse von Frankreich
-und der Halbinsel. Daß Graf Capo d’Istria den Waffenstillstand
-nicht angenommen hat, sondern die Instruktionen der drei ihn
-anerkannthabenden Mächte erwartet, die gewiß negativ sein werden,
-dürften Sie bereits wissen...</p>
-
-<p class="briefkopf">St. Petersburg, 14./26. April 1828.</p>
-
-<p>Vorgestern erhielt der Kaiser aus London die Anzeige, daß das englische
-Kabinett die Proposition der österreichischen Intervention in der
-orientalischen Angelegenheit gänzlich von der Hand gewiesen habe,
-indem England niemals darauf eingehen könne, die völlige Freiheit
-Griechenlands als mit <span class="antiqua">son</span> (Englands) <span class="antiqua">état physique</span>
-unvereinbar anzuerkennen. Da dieser Vorschlag Österreichs, der ja bei
-der Pforte einseitig gemacht war, von den drei alliierten Mächten nicht
-gut geheißen worden ist, so gibt Graf Zichy diesem ganzen Vorschlage
-den Anstrich, als sei er von der Pforte gekommen und von seinem
-Hofe nur als ein Vorschlag mitgeteilt worden... Wie leicht übrigens
-Österreich seine Vorschläge fahren läßt, beweist mir noch mehr die auch
-vorgestern eingegangene Depesche des Grafen Tatischtscheff, die dem
-Kaiser meldet, daß er eine offizielle Unterredung mit Graf Metternich
-gehabt habe, der ihm annoncierte, daß unter den jetzigen Verhältnissen
-auch Österreich sich bewogen fühle, seine Relationen mit der Pforte
-aufzugeben und sich in Gemeinschaft mit Preußen dem trilateralen
-Vertrage anschließen würde... Auf mein Befragen, was er, der Kaiser,
-für einer Meinung sei wegen dieses Vorschlages, erwiderte er, daß ein
-Artikel des trilateralen Vertrages festsetze, daß, wer sich demselben
-anschlösse oder anschließen wolle, nicht zurückgewiesen werden würde...
-Daß Österreich anfing schwankend zu werden, zeigte sich wohl seit drei
-Monaten und namentlich seit der gewissen freimütigen Eröffnung von
-hier aus, die wohl mehr aus dem Leben gegriffen war und mehr Eindruck
-auf’s österreichische Cabinett gemacht hat, als es dasselbe eingestehen
-will... Nach dem jetzigen Benehmen und Vorschlägen Österreichs
-scheint es mir, als wäre eine dergleichen fortgesetzte Einwirkung auf
-dasselbe und namentlich so, wie sie der Kaiser im Februar von Ihnen
-wünschte, doch wohl auch zum Ziele führend gewesen und ich sage es mit
-einigem Stolze, Preußen<span class="pagenum"><a name="Seite_42" id="Seite_42">[S. 42]</a></span> hätte alsdann den Ruhm gehabt, die Einheit
-herbeizuführen, die es so sehr wünschte, während es jetzt umgekehrt
-geschieht und zwar von einer Macht, die sich das enorme Dementi gibt,
-seine stets vorgeschützten Prinzipien zu verleugnen oder aufzugeben,
-um das Ziel zu erreichen, was ihr früher ganz fremd sein wollte... Was
-England zu all dem sagen wird, ist am merkwürdigsten zu erwarten. Gott
-gebe, daß die Einheit endlich zu Stande kommt. Ob es die Furcht vor
-dieser wahrscheinlichen Einheit Europas ist oder die Concentrierung der
-russischen Armee, um die Grenze zu überschreiten, welche die Türken
-bewogen haben, den Großherrn zu zwingen, in Allem den Forderungen der
-Alliierten nachzugeben, ist jetzt noch nicht zu entscheiden, weil alle
-Details fehlen... Der Beweis würde wenigstens in dem Benehmen der
-Türken liegen, daß die Einheit nicht durch Österreich bisher gestört
-worden wäre und das Ernstmachen der Kriegsdrohung nicht beständig seit
-Jahren gegen Rußlands Forderungen und Vorschläge zurückgewiesen worden
-wäre, wir schon seit sehr langer Zeit zu dem Resultate gelangt sein
-würden, was sich jetzt ergeben zu wollen scheint.</p>
-
-<p class="briefkopf">St. Petersburg, 24. April/6. Mai 1828.</p>
-
-<p>Durch die erste Ihrer Entscheidungen sehe ich mich nun endlich nach
-einer langen Reihe von Jahren, die voller Bewegung und Unruhe für mein
-Inneres waren, der Aufklärung und Feststellung meiner Zukunft mit der
-Gewißheit entgegen, die wenigstens für jetzt dem Teil gewahrt ist, der
-die Wahl getroffen hat. Die vorläufige Bestimmtheit hängt nun freilich
-noch von der Annahme der Wahl ab. Wie tief mich der Gedanke angriff,
-so weit nunmehr über meine Zukunft aufgeklärt zu sein, braucht keiner
-Worte. Aber die Worte des Dankes gegen Sie, teuerster Vater, kann ich
-nicht unterdrücken, daß Sie durch Ihren Ausspruch meinem Leben eine
-bestimmte Richtung gegeben haben. Wie in jeder Ihrer Bestimmungen, die
-auf mein ganzes Lebensverhältnis Einfluß haben, erkenne ich und erkläre
-ich auch hier wiederum nur Gottes Führung. Die getroffene Wahl war
-gewiß Sein Wille. Und so gehe ich getrost einem Zeitpunkt entgegen, der
-über mein ganzes ferneres Leben entscheidet, wenn die Wahl aufgenommen
-wird, da es einen Gegenstand betrifft, dem ich längst meine ganze
-Achtung gewidmet<span class="pagenum"><a name="Seite_43" id="Seite_43">[S. 43]</a></span> hatte, und an dessen Erwählung nur der Umstand
-hinderlich war, daß ich nicht leichtsinnig ein so zartes Verhältnis
-sich gestalten sehen wollte als es sein wird, in welchem nunmehr zwei
-Schwestern zu einander zu stehen kommen sollen... Was Ihre zweite
-Entscheidung betrifft, die mir das Beiwohnen der Campagne abschlägt, so
-können Sie leicht denken, daß ich von der Gewißheit, dieses so innig
-gewünschte Projekt aufgeben zu müssen, wie vernichtet war... Sie haben
-diesen Wunsch aus einem Gesichtspunkte abgeschlagen, gegen den ich,
-unter der Gefahr mich persönlich zu hoch oder zu niedrig anzuschlagen
-nichts einwenden kann... Hier, kann ich nicht verhehlen, hat Ihre
-abschlägige Antwort den Eindruck gemacht, als sei sie ein Beweis, daß
-Preußen doch wohl nicht so Rußlands Partei diesen Moment halte, als man
-es hoffte und glaubte... Für meine Persönlichkeit ist es mir sehr wert
-gewesen, daß hier die Freude über die Hoffnung, mich bei der Armee zu
-sehen, ebenso groß war als jetzt die Trauer, daß es nicht sein kann.
-Es mag dies etwas egoistisch und eitel lauten und nur auf diese Gefahr
-durfte ich es aussprechen.</p>
-
-<p class="center mtop2 mbot2">*&emsp;&nbsp;&emsp;&nbsp;&emsp;&nbsp;&emsp;&nbsp;&emsp;*<br />
-*</p>
-
-<p>Der obige Brief ist die Antwort des Prinzen auf ein Schreiben seines
-königlichen Vaters aus Potsdam vom 20. April 1828:</p>
-
-<p class="mtop2">Die Hauptgegenstände Deiner Briefe, auf die es ankommt, lassen sich auf
-drei Hauptpunkte reducieren: 1. Deine Verbindungsangelegenheiten, 2.
-die politischen Angelegenheiten, 3. die Campagne-Projekte betreffend.</p>
-
-<p>Was den ersten Punkt betrifft, so habe ich mich darüber oft genug
-ausgesprochen, um alles Gesagte nicht von Neuem wiederholen zu müssen.
-Nach meinem Dafürhalten ist also jetzt leider nur auf Prinzessin
-Augusta Rücksicht zu nehmen. Gern überschickte ich Dir der Prinzessin
-Cäcilie wegen ein schriftliches Gutachten Hufelands, allein er ist
-schleunigst nach Ludwigslust berufen worden, da Alexandrine uns große
-Besorgnis gegeben. Ich hätte sehr gern gesehen, wenn Du womöglich die
-Ankunft der Großfürstin in Petersburg abzuwarten im Stande gewesen
-wärest... Den zweiten Punkt betreffend, muß ich mit Leidwesen bemerken,
-daß von Neuem Mißverständnisse über das, was hier beschlossen worden,
-entstanden sind, die ich zu berichtigen für höchst notwendig halte
-und deshalb<span class="pagenum"><a name="Seite_44" id="Seite_44">[S. 44]</a></span> beiliegendes <span class="antiqua">P. M.</span> habe anfertigen lassen. Die
-Nachrichten, die man über die Absichten Österreichs in Petersburg hat,
-stimmen nicht im geringsten mit den unsrigen, denn unter anderem ist
-die Armee noch nicht einmal auf den Friedensfuß complett und statt
-11000 Pferde, die verlangt worden sind, um die Kavallerie-Regimenter
-zu complettieren, hat der Kaiser nur 3000 bewilligt. Die Nachricht der
-200000 Mann, die man ausgehoben haben soll, ist also nur ein leeres
-Gerücht gewesen, denn wie gesagt: noch ist vom Kaiser kein Beschluß
-gefaßt, die Truppen auf den completten Friedensfuß zu setzen. Erst
-gestern erhielt ich von Wien aus diese Auskünfte. Es muß also durchaus
-Leute geben, die, um sich wichtig zu machen, dergleichen Gerüchte
-verbreiten, vielleicht weil sie glauben, sich dadurch angenehm zu
-machen... Nach allen Nachrichten scheint auch der türkische Einfall in
-Serbien wenigstens sehr übertrieben dargestellt, wo nicht gar durch die
-Zeitungen schon widerrufen zu sein.</p>
-
-<p>Nun kommt der dritte und letzte Punkt. Sehr freundschaftlich und gütig
-war es vom Kaiser, Dir den Vorschlag gemacht zu haben, den türkischen
-Feldzug mit ihm zu machen. Daß ich es Dir jedoch nicht bewilligen kann,
-liegt klar zu Tage; die Gründe dazu wirst Du nach einiger Überlegung
-selbst zu finden im Stande sein. Wenn das Vaterland in Gefahr kommt,
-dann ist es Zeit, daß die Prinzen vom Hause mit leuchtendem Beispiel
-vorangehen, bis dahin aber liegen ihnen andere Pflichten ob. Erfahrung
-läßt sich allerdings in einem solchen Feldzuge sammeln und sein Leben
-auf’s Spiel zu setzen, finden sich auch wohl Gelegenheiten. Beides
-steht aber nicht im Gleichgewicht, da die dort zu sammelnde Erfahrung
-gegen jede andere Kriegsmacht wenig Anwendung finden dürfte; ich wäre
-also vor Gott verantwortlich, wenn ich zugäbe, daß Du in einer ganz
-fremden Angelegenheit Dein Leben aufs Spiel setzt.</p>
-
-<p>Demnach also halte ich für passend, daß Du des Kaisers und Charlottens
-Abreise noch in Petersburg abwartest, dann aber Dich unverzüglich
-hierher zurückbegiebst. Ich weiß wohl, daß Dir das nicht gefallen wird,
-allein ich kann und darf nicht anders handeln, als es meine Pflicht
-ist...</p>
-
-<div class="chapter">
-
-<p><span class="pagenum"><a name="Seite_45" id="Seite_45">[S. 45]</a></span></p>
-
-<h2 class="nobreak" id="Die_Brautwerbung">Die Brautwerbung.</h2>
-
-</div>
-
-<div class="blockquot">
-
-<p>Auf die in Petersburg verbrachten vier Monate folgte im August
-1828 ein kurzer Aufenthalt in dem Ostseebad Doberan; Varnhagen
-v. Ense weiß zu berichten, daß man unterdessen aus Petersburg
-unter der Hand bei der Prinzessin Marie anfragte, wie sie sich
-zu einer Heirat ihrer jüngeren Schwester mit dem älteren Bruder
-ihres Gatten stellen würde; man erhielt am russischen Hofe darüber
-wohl eine beruhigende Antwort; so sehr aber die Heirat des Prinzen
-Wilhelm nun auch entschieden war, „so hielt man dies doch noch ganz
-geheim“, ja im Juni schien sie dem klatschsüchtigen, aber trefflich
-unterrichteten Beobachter „noch keineswegs in Richtigkeit; man tut
-auf der russisch-weimarischen Seite sehr kostbar und der Prinz ist
-eben auch nicht sehr eifrig“. Dieser traf am 11. September in Wien
-ein, um dort den Manövern beizuwohnen; militärische Interessen und
-die Schilderung höfisch-gesellschaftlicher Interessen stehen in
-den Briefen der nächsten Wochen im Mittelpunkt; am 11. November
-reiste er wieder ab, um, ohne Berlin zu berühren, über Prag und
-Teplitz nach Weimar zu gehen. Denn von dort war nun der auch für
-seine Zukunft entscheidende Schritt erfolgt: man erwartete ihn als
-Brautwerber.</p>
-
-<p>Schon 1823 hatte von Augusta v. Weimar Goethe in Marienbad
-geäußert, daß sie „ein ganz liebenswürdiges und originelles
-Geschöpf sei, das schon jetzt ganz seine eigentümlichen Gedanken
-und Einfälle habe“, und als sie verlobt war, rühmte er „ihren
-hellen Verstand, ihre hohe Bildung, ihr reiches Wissen: sie hat
-etwas gelernt, sie kann schon mitsprechen in der Welt“. Dieses
-Urteil des geistigen Hofes von Weimar wird durch eine Äußerung
-Wilhelm v. Humboldts bestätigt und ergänzt, der 1827 an den
-preußischen Minister v. Stein schrieb: „Prinzessin Augusta soll
-schon in früher, kaum der Kindheit entgangener Jugend einen
-festen und selbständigen Charakter haben. Ihr lebendiger und
-durchdringender Geist spricht aus ihrem Blick; ihre Züge sind im
-höchsten Grade bedeutungsvoll und ihre ganze Gestalt wird sich &mdash;
-wenn sie nicht ein wenig zu stark ist &mdash;, in einigen Jahren gewiß
-noch schöner als sie jetzt schon erscheint, entwickeln.“</p>
-
-</div>
-
-<p class="briefkopf">Wien, den 26. September 1828.</p>
-
-<p>Mit etwas ruhigerem Herzen kann ich Ihnen heute Mitteilung über
-die mich am wichtigsten und meisten interessierende Angelegenheit
-machen<a name="FNAnker_37_37" id="FNAnker_37_37"></a><a href="#Fussnote_37_37" class="fnanchor">[37]</a>. Ich erhielt nämlich gestern einen Brief vom Großherzog<span class="pagenum"><a name="Seite_46" id="Seite_46">[S. 46]</a></span> von
-Weimar, der mir sehr herzlich und freundschaftlich auf den meinigen
-antwortet. Und wenn freilich die Hauptperson noch nicht geredet hat,
-so bin ich doch schon zufrieden, daß der Vater sich beistimmend
-ausspricht, indem er schreibt: „Eben so offen wie Sie verehrtester
-Prinz, mit mir reden, gestehe ich Ihnen, daß ich nicht <em class="gesperrt">Nein</em>
-sagen werde, wenn meine Tochter <em class="gesperrt">das Ja</em>, bezüglich auf Sie
-ausspricht, welches Sie, gnädigster Herr, nicht ungern hören werden.
-Augusta sah Ew. Kgl. Hoheit freilich nur als erstere gleichsam noch ein
-Kind war; jetzt muß meine Tochter Sie, verehrtester Prinz, mit anderen
-Augen betrachten; es ist daher ratsam, daß man sich wiedersehe und
-spreche. Ich brauche wohl nicht hinzuzusetzen, daß Sie, lieber gnädiger
-Herr, uns in jeder Hinsicht sehr willkommen sein werden.“</p>
-
-<p>Der Nachsatz enthält also auch zugleich die Weisung, was gewünscht wird
-und die stillschweigende Antwort auf meine Demarsche bei Prinzessin
-Augusta selbst. Leider ist es aber nicht mehr möglich, über Berlin bis
-zum 30. September in Weimar zu sein. Außerdem fehlt mir auch noch eine
-Antwort von der Groß-Fürstin, die ich wohl jedenfalls abwarten muß, ehe
-ich nach Weimar reise...</p>
-
-<p class="briefkopf">Weimar, den 14. Oktober 1828.</p>
-
-<p>Meinem Reiseplan gemäß bin ich am 12. glücklich hier angelangt, aber
-nicht, wie ich hoffte, um Mittag, sondern erst Abends 7 Uhr, indem
-ich beim Passieren des Erzgebirges von einem so ungeheueren Gewitter
-mit rasendem Sturm und Regengüssen überfallen ward, daß, wenngleich
-ich die Reise ununterbrochen fortsetzte, doch nur fast im Schritt
-fahren konnte, da die Nacht über alle Maßen dunkel war. So machte ich
-die 22 Meilen von Teplitz<a name="FNAnker_38_38" id="FNAnker_38_38"></a><a href="#Fussnote_38_38" class="fnanchor">[38]</a> bis Leipzig in 22 Stunden und mußte,
-um noch zur Soiree wenigstens hier zu sein, ohne zu dinieren bis
-hier fahren. Ich gestehe es, ich kam etwas matt an und die Erwartung
-eines solchen Wiedersehens, das meiner hier wartete, war auch nicht<span class="pagenum"><a name="Seite_47" id="Seite_47">[S. 47]</a></span>
-gemacht, meine Kräfte zu stählen. Karl<a name="FNAnker_39_39" id="FNAnker_39_39"></a><a href="#Fussnote_39_39" class="fnanchor">[39]</a> war mir bis Eckartsberga<a name="FNAnker_40_40" id="FNAnker_40_40"></a><a href="#Fussnote_40_40" class="fnanchor">[40]</a>
-entgegengekommen und fachte meine matten Lebensgeister wenigstens durch
-gute Aussichten hier auf. Ich machte in Eckartsberga halbe und hier
-ganze Toilette und erschien dann bei der verwitweten Großherzogin<a name="FNAnker_41_41" id="FNAnker_41_41"></a><a href="#Fussnote_41_41" class="fnanchor">[41]</a>,
-wo, wie alle Sonntage, große Soiree war. Die Herrschaften empfingen
-mich sehr gnädig und zuvorkommend. Marie hatte aber glücklicher Weise
-sich mit ihrer Schwester und einer Gräfin Gourief in dem letzten
-Salon etabliert, sodaß ich dort also ohne viele Zeugen das erste
-Wiedersehen hatte. Daß dasselbe zwar mit starkem Herzklopfen, sonst
-aber mit allen den Formen geschah, als sei nichts im Werke, versteht
-sich. Prinzessin Augusta, die ich embelliert finde, empfing mich mit
-großer Herzlichkeit, wie ich es immer an ihr gewohnt war. Sie jetzt
-noch mit ganz anderen Augen betrachtend als früher, kann ich mir nur
-stets Glück wünschen, daß die Wahl auf sie fiel. Ihr Verstand, Geist,
-ihre Herzlichkeit und Herzensgüte spricht sich bei jeder Gelegenheit
-aus. Und ich möchte der Bemerkung gern Raum geben, als dürfte ich mir
-Hoffnung machen, mit glücklichem Erfolge einst hier abzugehen. Freilich
-konnte bis jetzt zwischen uns noch nicht viel verhandelt werden, was
-uns sehr viel näher in der zu erzielenden Beziehung gebracht hätte,
-denn dazu ist uns noch nicht Marge gegeben worden, aber Anspielungen
-konnte ich doch fallen lassen, die freilich nur mit starkem Erröten und
-embarassiertem Ausweichen beantwortet wurden.</p>
-
-<p>Ich wünsche jetzt nur, bald klar über meine Zukunft zu sehen. Die
-Großfürstin sagte darauf, daß sie ihrer Tochter ganz freien Willen
-in ihrem Entschluß ließe; ihr einstiges Verhältnis zu Marie sei so
-delicat, daß sie nur eine wirkliche Neigung dasselbe überschreiten
-machen könne. Daher müsse eine genaue Bekanntschaft vorausgehen und
-Sie würden mir gewiß alle Zeit bewilligen hier zu bleiben, um dieselbe
-machen zu können. Ich bemerkte darauf, daß, was mich beträfe, eine
-nähere Bekanntschaft zu machen wohl nicht nötig sei, da ich mit Bedacht
-und Überzeugung, glücklich zu werden, die Hand der Princeß gefordert
-habe;<span class="pagenum"><a name="Seite_48" id="Seite_48">[S. 48]</a></span> doch, da mir vor allem daran liegen müsse, daß die Prinzessin
-mich aus ebenfalls eigener Überzeugung wähle, so würde ich abwarten,
-bis ich Ihren Beschluß darüber vernehmen würde. Da bis gestern mir
-jedoch auf keinerlei Weise Gelegenheit geboten ward, die Prinzessin zu
-sprechen anders als in großem Cerkel, so ließ ich darüber mein Bedauern
-durch Karl und Marie aussprechen, was denn zur Folge gehabt, daß ich
-jetzt eine Entrevue haben soll... Ich hoffe zu Gott, daß ich nach
-diesem Gespräch etwas klarer über die Ansichten der Prinzessin Augusta
-werde urteilen können als bisher, wo alles nur auf Mutmaßungen und
-Beobachtungen basiert ist.</p>
-
-<p>Die Morgende verstreichen hier stets mit Jagden, von denen ich
-vergeblich bisher wegen einer Entrevue zurückbleiben zu dürfen bat.</p>
-
-<p class="gruss"><span class="mright2">Ihr Sie zärtlichst liebender Sohn</span><br />
-Wilhelm.</p>
-
-<p class="briefkopf">Weimar, den 20. Oktober 1828.</p>
-
-<p>Von hier und meinen hiesigen Verhältnissen kann ich Ihnen die besten
-Nachrichten geben, wenngleich ich noch nichts officielles mitteilen
-kann, indem von oben herab man noch schweigt. Aber in den unteren
-Haupt-Regionen ist es nicht mehr so stumm geblieben und dies ist
-allerdings die Hauptsache. Da ich nach einigen Tagen Aufenthalt hier
-bemerkte und nach den Äußerungen der Großfürstin es vielleicht mit
-Bestimmtheit ersah, daß sie wünschte, die Sache wenigstens nicht zu
-übereilen, wenn nicht auf die lange Bank zu schieben, dem ich mich
-ruhig unterworfen haben würde, wenn ich bemerkt hätte, daß Prinzessin
-Augusta mit dieser Hinausschiebung aus Unentschlossenheit einverstanden
-war, ich dies Letztere von der Prinzessin keineswegs gewahr ward,
-sondern mir aus hingeworfenen und sehr gut aufgenommenen und wohl
-verstandenen Worten die Überzeugung wurde, daß ich Alles zu hoffen
-hätte, so beschloß ich meinen Angriff direkt zu machen. So kam es denn,
-daß ich am 16. Abends nach dem Souper allein im Salon stand mit ihr,
-ihren zerbrochenen Eventail<a name="FNAnker_42_42" id="FNAnker_42_42"></a><a href="#Fussnote_42_42" class="fnanchor">[42]</a> in der Hand haltend; sie verlangte
-denselben zurück und indem ich ihr denselben hinhielt, legte ich meine
-Hand in die ihrige, sie fragend: wollen Sie diese behalten? Sie verlor<span class="pagenum"><a name="Seite_49" id="Seite_49">[S. 49]</a></span>
-fast alle Contenance vor Rührung, reichte mir aber gleich darauf die
-Hand hin und dieser Händedruck und ihr Blick sprachen Alles aus, was
-ihr Mund nicht auszusprechen vermögend war. Sie können denken, wie
-glücklich ich war und daß die Nacht ziemlich schlaflos dahinstrich.
-Den ganzen anderen Tag ließ ich ruhig vorübergehen, um die Prinzessin
-nicht in Verlegenheit zu setzen und nur einzelne Anspielungen erlaubte
-ich mir. Den 16. erfuhr ich dann von ihr, daß sie der Großfürstin von
-jener Scene gesprochen habe. Natürlich wollte ich nun gern auch mit
-dieser sprechen, aber doch abwarten, ob sie nicht zuerst mir ihrer
-Tochter Antwort sagen würde, die sie mir mitzuteilen gleich in der
-ersten Unterredung versprach, als ich ihr sagte, daß ich dieselbe
-ruhig erwarten würde. Da dies aber gestern, am 19., nicht geschah,
-so erfragte ich durch Prinzessin Augusta, ob ich heute kommen könnte
-und soeben brachte mir Mary die Antwort, daß ich morgen früh erst zur
-Groß-Fürstin kommen solle und ließ sie dabei fallen, als wünsche man
-die Entscheidung bis zum 26.<a name="FNAnker_43_43" id="FNAnker_43_43"></a><a href="#Fussnote_43_43" class="fnanchor">[43]</a>, dem Geburtstag der Kaiserin-Mutter,
-hinauszuschieben. Das würde mich nun gar nicht arrangieren, weil ich,
-wie Sie sehen, mit der Prinzessin so ziemlich im Klaren bin, diese 8
-Tage also noch als eine Comödie verstreichen müssen.</p>
-
-<p>Nach dem Vorgefallenen sehen Sie, daß ich das Ja-Wort der Prinzeß
-eigentlich bereits habe. Ich glaube mit Zuversicht Ihnen sagen zu
-können, teuerster Vater, daß ich Ihnen eine Tochter zuführe, mit der
-Sie zufrieden sein, die Ihnen ihre ganze Liebe schenken wird und der
-Sie gewiß die Ihrige dann nicht versagen werden. Es ist nicht gut, zu
-viel Gutes im Voraus weder über innere noch äußere Vorzüge zu sagen;
-mein Urteil über die letzteren kennen Sie bereits und ich glaube
-aussprechen zu können, daß die inneren die äußeren übertreffen. Sie
-werden sich leicht denken können, in welcher Stimmung ich mich befinde,
-in diesen entscheidenden Tagen, in denen ich mein bisher so bewegtes
-Leben sich einem sicheren, frohen Ziele sich nähern sehe. Gott schenke
-mir in Gnaden die Erfüllung der Absichten, zu denen ich mich jetzt
-berechtigt sehe.</p>
-
-<p><span class="pagenum"><a name="Seite_50" id="Seite_50">[S. 50]</a></span></p>
-
-<p class="briefkopf">Weimar, den 25. Oktober 1828.</p>
-
-<p>Kaum weiß ich die Feder zu führen, um Ihnen endlich zu melden, daß der
-geheimnisvolle Schleier von dem Verhältnis aufgezogen ist, welches sich
-seiner Entscheidung näherte oder eigentlich im Factum schon entschieden
-war.</p>
-
-<p>Heute, <span class="antiqua">à la veille</span> des Geburtstages der Kaiserin-Mutter, war
-dazu ausersehen, um im Familienkreise mir das Ja-Wort der Prinzessin
-Augusta förmlich zu geben! Die Familie war dazu um 11 Uhr bei der
-Großfürstin versammelt; die Großfürstin empfing mich im Neben-Zimmer,
-wohin mich der Großherzog geleitet hatte und umarmten mich beide
-dort zum Erstenmale als zu ihnen gehörig; sie führten mich nun zu
-den Übrigen, legten unsere Hände in einander, worauf ich Augusten
-in die Arme sank, freilich, ohne ein Wort sprechen zu können!!! Die
-Großherzogin umarmte mich mit einer Herzlichkeit und Innigkeit und
-solcher Rührung, daß ich fast alle Fassung verlor; so waren denn auch
-Mary und Carl von einer Herzlichkeit und von einem so tiefen Gefühl,
-daß ich nie, niemals diese Scene schon wegen Aller Teilnahme vergessen
-werde, wenn nicht sie es wäre, welche mein Lebensglück mir sichert!
-Ja! dies kann ich mit aller Überzeugung aussprechen, denn ich habe
-Augusten in diesen Tagen so ganz kennen gelernt und gesehen, daß ich
-mich nicht einen Moment in ihr getäuscht habe und sie von jeher richtig
-beurteilte. Ich preise Gott, der mir in seiner Gnade dies Glück nach so
-manchem Sturm zu Teil werden läßt und kann nur zu ihm flehen, daß er
-mich würdig erhalte, dies Glück zu genießen und der Prinzeß das Glück
-zu bereiten, was mein einziges Streben von nun an sein wird!</p>
-
-<p>Ihr Segen und der der teueren, unvergeßlichen Mutter wird mir nahe
-sein, jetzt und immerdar, wenn ich mich dessen würdig zeige! Dazu gebe
-Gott mir die Kraft!</p>
-
-<p>Seit meinem letzten Briefe an Sie hatte ich die Unterredungen mit den
-zwei Eltern und der Großmutter. Ich kann nicht genug rühmen und loben,
-wie sehr sämtliche Herrschaften mich mit Gnade und Barmherzigkeit
-empfingen bei diesem entscheidenden Schritte. Da die Großfürstin sehr
-wünschte, den heutigen Tag abzuwarten, so konnte ich nach einigem
-Sträuben doch nichts dagegen einwenden, und ich gab nach.</p>
-
-<p>Wie unendlich gut und liebevoll Augusta in diesen Tagen für mich<span class="pagenum"><a name="Seite_51" id="Seite_51">[S. 51]</a></span> war
-und wie ich nun heute seit dem entscheidenden Moment so ganz ihre
-Liebe zu mir erkannt habe, vermag ich nicht zu schildern. Ich verstehe
-mich manchmal selbst nicht, denn so wenig bin ich gewohnt, ein Glück
-festzuhalten und zu besitzen. Die ersten Worte, die mir Augusta heute
-sagte, zeigten mir eine Tiefe des Gefühls, die sie mir über Alles teuer
-macht; sie sagte: Möchte ich Ihnen doch jemals <em class="gesperrt">die</em> ersetzen
-können, die ich ersetzen soll! Zweimal wiederholte sie diese Worte!
-Mehr vermag ich nicht zu sagen!</p>
-
-<p>Sie werden mir wohl erlauben, nun noch 8 bis 10 Tage hier zu
-bleiben; den Oberst von Lützow sende ich aber nach Berlin mit dieser
-Freuden-Post, zugleich, weil er meine Geschäfte endlich übernehmen muß.
-Sie erlauben doch gewiß auch an Karl und Mary nun noch einige Tage über
-Urlaub zu bleiben, da der erteilte vierwöchentliche Urlaub das heutige
-schöne Ereignis nicht voraussah.</p>
-
-<p>Die Briefe für Petersburg hat der Oberst Lützow und Sie haben wohl die
-Gnade, wie bei Karls Versprechung einen Feldjäger mit denselben an die
-Kaiserin-Mutter zu senden<a name="FNAnker_44_44" id="FNAnker_44_44"></a><a href="#Fussnote_44_44" class="fnanchor">[44]</a>. Den Brief für den Großfürsten Konstantin
-werde ich morgen nachsenden. Die Großfürstin wünscht, daß bis zur
-Antwort von der Kaiserin-Mutter Alles noch in Nebel gehüllt bleibe; ich
-soll es Ihnen ausdrücklich als ihren Wunsch mitteilen. Die Antwort aus
-Warna<a name="FNAnker_45_45" id="FNAnker_45_45"></a><a href="#Fussnote_45_45" class="fnanchor">[45]</a> wird aber wohl nicht abzuwarten<span class="pagenum"><a name="Seite_52" id="Seite_52">[S. 52]</a></span> nötig sein. Gott sei Dank,
-daß Warna über ist. Das war eine Freude und ein Jubel gestern, als
-ich beim Diner die Estafette mit dieser Nachricht erhielt. Also heute
-lauter Freude und Frohsinn.</p>
-
-<p>Ich umarme Sie in Gedanken, teuerster Vater, und bitte, der Fürstin
-mich mit meinem Glück zu Füßen zu legen. Sie wird die Namens-Schwester
-gewiß freundlich empfangen. Ihren Segen anflehend</p>
-
-<p class="gruss"><span class="mright2">Ihr Sie zärtlichst liebender Sohn</span><br />
-Wilhelm.</p>
-
-<p class="briefkopf">Weimar, den 31. Oktober 1828.</p>
-
-<p>.... Vor allem war Augusta so gerührt, über Ihre gnädigen Ausdrücke
-und Bestellungen<a name="FNAnker_46_46" id="FNAnker_46_46"></a><a href="#Fussnote_46_46" class="fnanchor">[46]</a>, daß sie kaum die Bestellung dafür an Sie mir
-auftragen konnte, die jedoch dahin zuletzt lautete: daß sie eigentlich
-keine Worte in solchem Augenblicke für Sie finden könne, daß sie zu
-gerührt und beschämt über Ihre Gnade sei und sich so glücklich fühle,
-Ihnen von nun an näher anzugehören und daß sie nur wünsche, auch in
-der Folge Ihre Gnade und Liebe zu verdienen. Daß sie sich derselben
-würdig zeigen wird, kann ich täglich mit mehr Überlegung aussprechen,
-denn täglich gewinnt Augusta mehr in meinen Augen, in meiner Liebe und
-Achtung. Doch ich mag ihr Lob nicht zu hoch im Voraus spannen, um sie
-nicht in der Wirklichkeit hinter demselben zurückbleiben zu sehen...</p>
-
-<p>Wie haben wir uns gefreut über die Rückkehr Nicolaus’ nach Petersburg;
-welche enorme Freude wird es gewesen sein. Gott sei gepriesen, daß
-die Campagne doch noch so endigte; denn die letzten Momente waren gar
-sehr beängstigend. Hoffentlich wird <span class="antiqua">le grand Turc</span> nun im Winter
-<span class="antiqua">traitable</span> werden.</p>
-
-<p class="briefkopf">Weimar, 11. November 1828.</p>
-
-<p>Ich kann Ihnen gar nicht sagen, wie auffallend es mir oft ist, in
-welchem Grade unsere Ansichten über fast alle Lebens-Verhältnisse und
-überhaupt über alle Gegenstände, die wir besprechen, zusammentreffen
-und übereinstimmen und wie dennoch Augusta Alles von demselben
-Gesichtspunkte aus ansieht wie ich. Wie sehr dadurch unser
-gegenseitiges Vertrauen wächst, läßt sich ermessen und wie froh wir
-zusammen einer<span class="pagenum"><a name="Seite_53" id="Seite_53">[S. 53]</a></span> glücklichen Zukunft entgegen sehen. Oft sagt man: die
-verschiedensten Charaktere geben die besten Ehen; ich denke aber, wir
-wollen beweisen, daß auch übereinstimmende es recht gut zusammen haben
-können.</p>
-
-<p>Vorgestern hat die Großfürstin die Unterredung mit mir auf den
-Zeitpunkt der Vermählung gebracht und gleich damit angefangen zu sagen:
-<span class="antiqua">nous en sommes pas du tout empressés de marier notre fille</span>. Ich
-erwiderte, daß in dem Grade, wie man es hier vielleicht nicht sei, man
-es gerade bei uns im Gegenteil sei; doch ich müßte bitten, zu sagen,
-was für einen Termin man sich hier denke. Gegen Ende des Sommers,
-Anfang August, war die Antwort. Ich erwiderte, daß Ihre Ansichten
-und meine Wünsche darin nicht sehr abwichen, indem wir den Monat Mai
-wünschten, es also vielleicht nur auf einen Unterschied von zwei
-Monaten ankäme; doch müßte dieser Unterschied nach unseren Ansichten
-ausgeglichen werden, indem der Sommer und namentlich der August eine
-Periode sei, wo ein Beilager in Berlin gar nicht mit dem nötigen
-Glanze, der doch zu solchen Dingen gehöre und den ich durchaus wünschen
-müßte, begangen werden könne. Darauf meinte die Großfürstin: dann
-könnte man ja die Vermählung hier begehen. Dagegen opponierte ich auf
-das allerbestimmteste, ausführend, daß dies bei keinem Ihrer Söhne der
-Fall gewesen sei, daß alle meine Verhältnisse und Interessen zu innig
-mit der Idee, meine Vermählung in Berlin begangen zu sehen, vereint
-seien, daß ich nie davon abgehen würde. Die Großfürstin sagte darauf,
-daß, wenn man ihr alle Wünsche abschlüge, sie ihrerseits gewiß in dem
-des Termines nicht nachgeben werde, denn es sei ihre letzte Tochter
-und die wäre sie gar nicht expressiert zu verlieren, auch könnte das
-Trousseau nicht fertig werden, <span class="antiqua">etc.</span> Ich entgegnete, daß Sie
-gewiß nachgeben würden über den Punkt des Termines, wenn Ihnen Gründe
-vorgeführt würden, die haltbar seien; die bisher angeführten seien es
-in meinen Augen keineswegs und würden es auch in den Ihrigen nicht
-sein, um so mehr, da, wenn der Mai nicht bestimmt werde zur Vermählung,
-dieselbe bis zum November, December aufgeschoben bleibe, weil die
-Manöver bis zum Oktober dauerten, die Sie einen Teil des Septembers
-am Rhein beschäftigten, und dann auch Berlin bis zum December nicht
-so gefüllt sei, um den gehörigen Glanz den Festlichkeiten zu geben.
-Da meinte die Großfürstin, das sei um so besser, um so länger behalte
-sie ihre Tochter, worauf ich aber entgegnete: um so schlimmer, denn
-um<span class="pagenum"><a name="Seite_54" id="Seite_54">[S. 54]</a></span> so länger entbehrte ich ihre Tochter, und ich sei alt genug
-geworden, um keinen langen Aufschub mehr erdulden zu wollen, um so
-mehr, da auch Karl und Marie nur vom November bis Mai versprochen
-gewesen wären und Karl doch damals nur 25 Jahre alt war. Kurzum, Jeder
-blieb bei seiner Meinung und ich endigte damit, daß ich durch den
-intentionierten Aufschub auch noch die Unannehmlichkeit hätte, nicht
-einmal häufiger Besuche hier machen zu können, indem ich es mit meiner
-Pflicht nicht vereinbaren könnte, noch ein zweites Jahr so lange von
-meinem Wirkungskreise entfernt zu sein, wie in diesem Jahre, indem die
-Geschäfte nur zu sehr darunter litten, wenn man sie so lange anderen
-Händen anvertrauen müßte.</p>
-
-<p>Ein ebenso streitiger Punkt war der des Termines der Verlobung. Die
-Großfürstin will ihn nach Neu-Jahr, weil da die halbe Trauer um ist und
-man auf einige Tage farbige Kleider und Diamanten usw. anziehen könnte,
-Conzerte geben ect. Ich versicherte, daß, da die Verlobung doch nur
-eine Ceremonie sei, ich nicht darauf halte, daß alle jene Dinge dabei
-sich zutrügen, ich aber durch den gewünschten Termin verhindert würde,
-früher wiederzukommen, indem ich gehofft hätte, nach Karls Beispiel,
-gleich nach den Petersburger Antworten verlobt zu werden, also etwa zu
-Weihnachten; denn daß ich noch einmal herkäme, ohne verlobt zu werden,
-würde ich natürlich und ganz gewiß nicht tun. Es hinge also nur davon
-ab, ob ich in 4 Wochen oder in 2 Monaten wiederkommen sollte. Ich werde
-nun noch mit dem Großherzoge vor meiner Abreise über Alles sprechen und
-mündlich die Resultate berichten...</p>
-
-<p>Der Fürstin lege ich mich zu Füßen. Seien Sie versichert, daß wir
-gewiß Alle täglich Gott danken und preisen für das Glück und die
-Zufriedenheit, die Sie in Ihrem Besitz finden und wir mit Ihnen. Möge
-es Ihnen lange, lange erhalten werden.</p>
-
-<p class="gruss"><span class="mright2">Ihr Sie zärtlichst liebender Sohn</span><br />
-Wilhelm.</p>
-
-<p class="briefkopf">Weimar, den 12. November 1828.</p>
-
-<p>Ach! Sie können sich denken, in welchem Zustande wir hier sind. Nein,
-wie war es denkbar, daß diese teuere Kaiserin<a name="FNAnker_47_47" id="FNAnker_47_47"></a><a href="#Fussnote_47_47" class="fnanchor">[47]</a>, die so noch in
-der Kraft und Fülle der Gesundheit dazustehen schien, so bald uns
-entrissen<span class="pagenum"><a name="Seite_55" id="Seite_55">[S. 55]</a></span> werden würde. Ich betrauere in ihr ein Herz, das mir während
-11 Jahren mit mütterlicher, wahrhaft mütterlicher Liebe zugetan war und
-das sich gerade jetzt diesen Namen mit Recht erringen sollte. O wie
-rührend ist sie noch in ihren letzten Stunden mit meiner Augusta und
-mir beschäftigt gewesen. Ich kann es nicht verschmerzen, daß sie nicht
-mehr die Kunde erhielt, daß Alles am Ziel sei...</p>
-
-<p class="briefkopf">Weimar den 22. November 1828.</p>
-
-<p>.... Sonst hat die Großfürstin sehr viel Fassung dies Mal gezeigt ...
-hauptsächlich sagt sie immer, daß ihr der Anblick meines Verhältnisses
-zu Augusta Ruhe und Frieden wiedergäbe. Sie ist gegen mich von
-unendlicher Liebe und Herzlichkeit, denn sie sieht mich wie ein
-Vermächtnis der Kaiserin an, die mich viel mehr kannte als sie bisher
-und ihr immer so gnädig und liebevoll von mir gesprochen hat...</p>
-
-<p>Wie mir bangt, Sie nach Allem wiederzusehen und zu umarmen, können Sie
-sich denken. Auf 14 Tage nahm ich von Ihnen Abschied und nun bin ich im
-dritten Monat schon abwesend.</p>
-
-<p>Wegen des Wiederkommens<a name="FNAnker_48_48" id="FNAnker_48_48"></a><a href="#Fussnote_48_48" class="fnanchor">[48]</a> wird gegenseitig die Zeit zu Weihnachten
-gewünscht, wo Sie mir vielleicht erlauben, auf 8&ndash;10 Tage herzugehen.
-Die Zeit der Verlobung ist hier noch unschlüssig, teils zum 30. Januar
-als dem Geburtstag der alten Großherzogin, teils zum 15. Februar als
-dem Geburtstag der Großfürstin gewünscht, weil dann auch die Hälfte
-der neuen Trauer um ist. Ich hätte nicht gewünscht, vor der Verlobung
-wieder herzukommen; doch bei der nun eingetretenen Verzögerung muß ich
-diesen Plan wohl aufgeben, um so mehr, weil die Verzögerung jetzt einen
-anzuerkennenden Grund hat, der früher, in meinen Augen, mangelte...
-Auch habe ich der Großfürstin gesagt, daß ich vermutete, daß nunmehr
-bei uns wenigstens kein Geheimnis mehr aus meiner Versprechung gemacht
-werden würde, da keine Antwort mehr, leider, abzuwarten sei.</p>
-
-<p><span class="pagenum"><a name="Seite_56" id="Seite_56">[S. 56]</a></span></p>
-
-<p class="briefkopf">Weimar, den 8. Januar 1829.</p>
-
-<p>.... Es scheint ja am politischen Himmel ganz einig mit einem Male
-auszusehen, in Beziehung auf Griechenland, indem Rußland, Frankreich
-und England jenes Land als unabhängig gegen die Pforte erklärt haben
-sollen und daß jeder Schritt von Seiten der Türkei, durch gewaffnete
-Hand diese Unabhängigkeit anzutasten als ein Angriff auf die drei
-führenden Mächte betrachtet werden würde. Da dies ganz und gar die
-Ansicht ist, welche der Kaiser von Österreich und noch mehr Fürst
-Metternich mir aussprach und es auch wohl die Ihrige gewiß ist, so wäre
-also in dieser Beziehung eine völlige Einheit der Ansicht eingetreten,
-wenn nicht Österreich seit den zwei Monaten wieder umgesattelt hat<a name="FNAnker_49_49" id="FNAnker_49_49"></a><a href="#Fussnote_49_49" class="fnanchor">[49]</a>.</p>
-
-<p class="briefkopf">Berlin, den 5. Februar 1829.</p>
-
-<p>Gestern Abend habe ich die Einlage als Antwort der Großfürstin auf
-meinen Brief erhalten, in welchem ich ihr in Ihrem Auftrage von dem
-Zeit-Punkt meiner Vermählung sprach. Daß diese Antwort nicht gleich
-günstig ausfallen würde, konnte ich wohl vermuten. Daß sie aber so
-abgefaßt sein würde, wie Sie sehen werden, mußte ich weit entfernt
-sein zu erwarten, da sie in Ausdrücken und einem Tone geschrieben ist,
-die ich noch niemals gehört habe. Zum Glück habe ich eine Abschrift
-der gedachten Stelle meines Briefes behalten, welche ich hier beifüge,
-um<span class="pagenum"><a name="Seite_57" id="Seite_57">[S. 57]</a></span> Ihrem eignen Urteile es zu überlassen, ob eine solche Antwort zu
-erwarten war und jemals zu billigen ist.</p>
-
-<p>.... ich bemerke, daß jene einzige Conversation, welche ich mit der
-Großfürstin über den Vermählungs-Termin hatte, gar nicht oberflächlich
-und unvollständig war, denn wir hatten eine Stunde conferiert, als wir
-unterbrochen wurden; aber Alles war <span class="antiqua">de part et d’autre</span> völlig
-durchgesprochen, wie ich es Ihnen damals schrieb.</p>
-
-<p>Daß ich neulich nicht wieder von dem Gegenstande sprach, war bei der
-erneuten Trauer sehr begreiflich. Und jetzt, wo also ein Austausch
-der Ansichten eingeleitet wird, erhalte ich diese Antwort, die mir
-vorwirft, im vernichtenden Tone geschrieben zu haben und die Pretension
-aufstellt, daß Sie hätten selbst schreiben müssen...</p>
-
-<p class="briefkopf">Weimar, den 16. Februar 1829.</p>
-
-<p>Schon in Wittenberg hatte ich eine Antwort der Großfürstin auf meinen
-Brief erhalten, die ich beilege, und also Frieden geschlossen war.
-Den fand ich also auch durch die Art meines Empfanges als etabliert
-bestätigt und so störte nichts die Freude des Wiedersehens.</p>
-
-<p>Ich habe gestern meiner Prinzeß das Brautgeschenk, die Perlen,
-überreicht, die sehr gütig von Allen aufgenommen wurden. Heute übergab
-die Groß-Fürstin an Augusta ihr Braut-Geschenk, in einem Kamm und
-Collier von Rubis balais bestehend, ganz superbe.</p>
-
-<p>Um Mitternacht. Die Verlobung ist vorüber und ich dadurch um einen
-bedeutenden und wichtigen Schritt näher dem so lang ersehnten Ziel.
-Gott wolle mir stets die Zukunft so heiter und zufrieden gestalten, als
-sie mir jetzt leuchtet und wie es die Gegenwart ist. Dies ist Alles
-sagen, was ich vermag, indem es ja alles sagt, was ich über Augustens
-Eigenschaften aussprechen kann. Die wichtigen Momente im Leben weiß
-sie gerade auf eine so schöne und hohe Art zu nehmen und mit mir zu
-besprechen, daß sie mir täglich edler und besser erscheint. Zu Gott
-flehe ich, daß er sie mir so erhalte und mich ihr würdig.</p>
-
-<p class="gruss"><span class="mright2">Ewig ihr gehorsamer Sohn</span><br />
-Wilhelm.</p>
-
-<p><span class="pagenum"><a name="Seite_58" id="Seite_58">[S. 58]</a></span></p>
-
-<p class="briefkopf">Weimar, den 1. März 1829.</p>
-
-<p>Ihre Wünsche sowie die meinigen sind hinsichtlich des Termines und
-Ortes glücklich erreicht... ich habe mich mit der Großfürstin vor
-mehreren Tagen völlig über Alles ausgesprochen, Vergangenes und
-Zukünftiges; über das Vergangene sagt sie, sei Friede geschlossen
-durch die gegenseitig zuletzt gewechselten Briefe. Über die Zukunft,
-d. h. Termin und Ort der Vermählung<a name="FNAnker_50_50" id="FNAnker_50_50"></a><a href="#Fussnote_50_50" class="fnanchor">[50]</a>, erklärte ich, daß ich Ihnen
-Alles übergeben hätte, seitdem Sie die Gnade gehabt hätten, auf jenen
-Brief der Großfürstin an mich zu antworten, ich also ganz nach Ihren
-Ansichten handeln würde und gleich Ihnen ruhig der Entscheidung
-entgegen sähe. Schon in dieser Unterredung merkte ich, daß sie
-entschlossen war, in Alles einzuwilligen, daß aber, wie sie damals
-sagte Mühe haben würde, den Großherzog zu disponieren.</p>
-
-<p class="briefkopf">Weimar, den 10. März 1829.</p>
-
-<p>Gerade in <em class="gesperrt">diesem</em> Jahre den heutigen<a name="FNAnker_51_51" id="FNAnker_51_51"></a><a href="#Fussnote_51_51" class="fnanchor">[51]</a> Tag entfernt von
-Ihnen und dem teueren Ort zu begehen, der uns in der Mittagstunde
-zusammenführt, können Sie leicht denken, ist mir eine unendlich
-schmerzliche Entbehrung. Denn wie viel umfassend müßte heute wohl
-ein Gebet sein, daß an jener Stelle nur um so inbrünstiger und
-bedeutungsvoller gewesen sein würde. Ich habe <em class="gesperrt">ihren</em> Segen
-erfleht auf Alles, was in diesem Jahre mich so entscheidend treffen
-soll. Wäre <em class="gesperrt">sie</em> noch unter uns, so hoffe ich, würde sie mit der
-getroffenen Wahl zufrieden gewesen sein<span class="pagenum"><a name="Seite_59" id="Seite_59">[S. 59]</a></span> und die neue Tochter geliebt
-haben. An dem heutigen bedeutungsvollen Tag muß ich Ihnen also Augusta
-von Neuem empfehlen und Ihnen allein, da keine Mutter sie bei uns
-empfängt, deren Segen aber immer unter uns bleiben wird und so sich
-auch auf Augusten ausbreiten wird...</p>
-
-<p>Die Mitteilungen kürzlich über unsern Finanz-Zustand haben allgemeines
-Interesse erregt, da sie den Flor desselben ankündigen. Mir, als
-Militär, ist dabei natürlich die ersparte Summe von 600000 Tlr. beim
-Kriegs-Etat in die Augen gesprungen und wenn ich freilich vermuten
-muß, daß diese Ersparnis für andere militärische oder allgemeine
-Staats-Haushalts-Angelegenheiten verwandt worden ist, so hat sich bei
-mir der Wunsch aufgedrängt, ob nicht ein Teil dieser Summe zum Etat
-des Kriegsministers gebracht werden könnte und zwar, um dafür unsere
-Cavallerie-Regimenter zu verstärken. Diese Argumentation scheint mir
-dasjenige zu sein, was Ihre Armee am notwendigsten bedarf, sobald
-die Finanzen es erlauben. Da Sie selbst vor Kurzem die Ansicht
-aussprachen und ich durch die Anschauung der starken russischen und
-österreichischen Cavallerie-Regimenter erneut auf die Wichtigkeit der
-Argumentation der unsrigen aufmerksam ward, so habe ich mich mit diesem
-Gegenstande beschäftigt... bei der Wichtigkeit des Gegenstandes und der
-vielleicht disponiblen Fonds unterstehe ich mich, hierauf aufmerksam
-zu machen, hoffend, daß diese freilich unberufene Einmischung mir von
-Ihnen nicht ungnädig aufgenommen werden wird.</p>
-
-<p class="briefkopf">Weimar, den 6. Juni 1829.</p>
-
-<p>Um 11 Uhr bin ich hier angelangt und habe Alles wohl angetroffen,
-wenngleich auch Alles durch die bevorstehende Trennung und die vielen
-Abschieds-Scenen recht wehmütig gestimmt ist.</p>
-
-<p>Vor allem soll ich aber melden, daß die Groß-Fürstin und der Großherzog
-sich entschlossen haben, nunmehr auch zur Vermählung nach Berlin zu
-kommen. Die Großfürstin fragte mich, ob sie es ohne Ihre Einladung tun
-dürfe; ich erwiderte, daß es den Eltern wohl nie benommen werden könne,
-ihr Kind zur Vermählung zu begleiten. Nun, dann soll mich der Kaiser
-beim König melden, sagte die Groß-Fürstin; der Großherzog wird Ihnen
-selbst dieserhalb schreiben... Sie können sich denken, wie froh Augusta
-und ich über diesen Entschluß ihrer Eltern sind, der den Abschied noch
-etwas hinausschiebt. Es ist kaum möglich, unter<span class="pagenum"><a name="Seite_60" id="Seite_60">[S. 60]</a></span> schöneren und froheren
-äußeren Auspizien eine Vermählung zu feiern; man könnte ganz hochmütig
-werden, wenn man nicht die Demut zu Hilfe nimmt. Gott gebe eine so
-glückliche Zukunft, als der Moment schön ist.</p>
-
-<p class="briefkopf">Halle, den 7. Juni 1829.</p>
-
-<p>Die glücklich erfolgte Ankunft Augustens an Ihrer Grenze und im ersten
-Nachtquartier Merseburg eile ich Ihnen sogleich zu melden. Der heutige
-Morgen war natürlich ein schwerer Moment für meine arme Braut. Früh 7
-Uhr waren wir in der Kirche, wo wir Stärkung und Fassung erflehten. Der
-Lehrer Augustens predigte und recht von Herzen. Bis 11 Uhr blieben wir
-dann beisammen <span class="antiqua">en famille</span>. Um halb 12 erfolgte die Abreise. Ich
-fuhr fort, als das Abschiednehmen begann. An der Grenze erwartete ich
-Augusta, wo sie kaum eine halbe Stunde nach mir eintraf und ich sie im
-neuen Vaterlande bewillkommnete. Im starken Regen verließen wir Weimar,
-aber an der Grenze schien die Sonne herrlich und warm. Möge es ein
-günstiges Vorzeichen meiner Zukunft sein. Wie glücklich ich mich fühle,
-Augusta bei uns zu wissen, begreifen Sie. Und nun auch zu sehen, wie
-sie sogleich nach der schweren Trennung eine Stütze in mir sucht, ist
-mir unbeschreiblich rührend und tröstlich.</p>
-
-<p>Von der Grenze bis Merseburg fehlte es denn auch nicht an unzähligen
-Ehrenpforten, Reden, Gedichten, weißgekleideten Mädchen. Alles war sehr
-hübsch geordnet, ordentlich und herzlich. Morgen will Augusta noch
-in Merseburg dem Gottesdienste beiwohnen und um 10 Uhr abreisen. Ich
-habe mich der Etikette wegen hierher begeben, werde aber zur Kirche in
-Merseburg sein. Gott geleite uns gnädig in Ihre Arme und in die Mitte
-der teueren Familie.</p>
-
-<p class="gruss"><span class="mright2">Ihr gehorsamer Sohn</span><br />
-Wilhelm.</p>
-
-<p class="briefkopf">Weimar, den 26. Oktober 1829.</p>
-
-<p>Preußen scheint in einem nie gekannten Ansehen in Süddeutschland
-zu stehen und wohl sehr mit Recht. Ein Aufsatz im Hesperus, einer
-Dresdner Zeitschrift<a name="FNAnker_52_52" id="FNAnker_52_52"></a><a href="#Fussnote_52_52" class="fnanchor">[52]</a>, zeugt hiervon aufs deutlichste, den ich mit
-großem<span class="pagenum"><a name="Seite_61" id="Seite_61">[S. 61]</a></span> Interesse gelesen habe. Hier ist der Preußen-Sinn noch nicht
-der stärkste, was sich neuerdings durch den auf 12 Jahre verlängerten
-Zoll-Verband der kleinen Mächte erweiset. Ich habe hier mehrere der
-Herren gesprochen, die Alle wünschen sich anzuschließen an Preußen und
-Bayern ect., aber eine gewisse Rückschau ist allenthalben bemerkbar,
-die sie nie mit ganzer Sprache herauskommen läßt. Ich habe ihnen also
-die Zunge zu lösen gesucht und gesagt, daß wir wohl wüßten, daß Preußen
-von Wien aus als eine gefährliche, sich vergrößernde Macht geschildert
-würde, daß ich aber ersuchte, den Weg zu beobachten, den Sie seit
-15 Friedensjahren<span class="pagenum"><a name="Seite_62" id="Seite_62">[S. 62]</a></span> gegangen wären, ob da wohl im geringsten eine
-solche Tendenz bemerkbar sei? Die embarassierten und widersprechenden
-und nichtssagenden Antworten, die ich darauf erhielt und die mir
-große Genugtuung waren, vermag ich hier nicht aufzuzeichnen. Auch an
-diesen Antworten habe ich gesehen, daß die Wahrheit ohne Rückhalt
-gesagt, Wunder wirkt, da man noch selten gewohnt ist, die Sachen und
-Verhältnisse beim rechten Namen zu nennen. Trotz dem 12jährigen Bunde
-kamen jetzt Deputierte nach Berlin, um zu einem gemeinsamen Bunde zu
-unterhandeln, also sind jene 12 Jahre eine reine Chimäre...</p>
-
-<p class="briefkopf">Weimar, den 5. November 1829.</p>
-
-<p>Ich habe noch eine sehr lange und interessante Unterredung mit dem
-hiesigen Faiseur, Geheimrat Schweitzer<a name="FNAnker_53_53" id="FNAnker_53_53"></a><a href="#Fussnote_53_53" class="fnanchor">[53]</a>, gehabt, den mir der
-Großherzog schickte, um über die Handels-Verhältnisse zu sprechen. Ich
-habe gegen ihn wie gegen Alle die gleiche offene und wahre Sprache
-geführt und die Satisfaction gehabt, zu sehen, daß auch dieser aus
-Verstand und Finesse zusammengesetzte Mann nichts einwenden konnte
-gegen die Tatsache, die ich anführte, nämlich daß ich niemals ein
-freundschaftliches Verfahren und kein annäherndes gegen Preußen darin
-finden könnte, wenn man sich in einem anti-Preußischen Bund auf 12
-Jahre länger bindet, während man zugleich mit Preußen unterhandeln
-will. Da ich ganz und gar die Stellung Preußens so erkannt habe, wie
-Sie es angeben, so hoffe ich durch die freie Darlegung dieser unserer
-Stellung hier vielleicht Gutes bewirkt zu haben. Die Groß-Fürstin
-sprach mir heute ganz in diesem Sinne, nachdem sie noch vor wenigen
-Tagen, wie ich durch Augusta weiß, eine ziemlich andere Gesinnung
-offenbart hatte. Ja, sie ging sogar so weit, daß sie sagte: Sie müßten
-mehr tun, um Deutschland zu sich und von Österreich abzuziehen. Ich
-erwiderte, daß ich nicht glaubte, daß Sie dies tun würden, da mir
-dies auch nicht nötig schien, indem es nur Jalousie geben könne, auf
-der andern Seite aber Sie die Satisfaction bereits hätten, viele
-Mächte sich Ihnen<span class="pagenum"><a name="Seite_63" id="Seite_63">[S. 63]</a></span> nähern zu sehen, und in einem Worte faßte ich es so
-zusammen: <span class="antiqua">Le Roi verra venir les autres</span>.</p>
-
-<p>Eine Klage, die ich öfters schon hörte und hier auch wieder, ist
-die, daß die Beamten nicht immer in dem geziemenden Tone zum
-Auslande sprechen und daß namentlich die Räte in den Ministerien und
-Regierungen darin fehlen und dadurch, daß sie in anmaßendem Ton reden
-und schreiben, sie mehr die Stimmung gegen Preußen als für dasselbe
-gewinnen. Eine Prüfung der Befehle in diesem Punkte dürfte gewiß
-nicht überflüssig sein, obgleich ich meine Überzeugung darüber dahin
-ausgesprochen habe, daß die Arrogance einiger Beamten doch unmöglich
-eine Mißstimmung gegen eine sonst so anerkannt erleuchtete Regierung
-erzeugen könne.</p>
-
-<div class="chapter">
-
-<p><span class="pagenum"><a name="Seite_64" id="Seite_64">[S. 64]</a></span></p>
-
-<h2 class="nobreak" id="Das_eigene_Heim">Das eigene Heim.</h2>
-
-</div>
-
-<p class="briefkopf">Berlin, den 11. März 1830.</p>
-
-<p>Nachdem Sie so gnädig gewesen sind, für Carl und Albrecht bestimmte
-Palais zu ihren immerwährenden Wohnungen anzuweisen, darf auch ich
-wohl erneut mit der Bitte herantreten, auch uns ein wirkliches
-Palais verleihen zu wollen. Da freilich nun alle vorhanden gewesenen
-prinzlichen Palais, außer der Universität, zu ihrer ursprünglichen
-Bestimmung zurückgekehrt sind, so kann erklärlich nichts anderes übrig
-bleiben, wenn Sie die Gnade haben wollen, mich mit meinen Brüdern
-gleich zu stellen, als ein Privathaus zu wählen und dasselbe nach
-Palaisdimensionen einzurichten und umzubauen oder ein ganz neues zu
-erbauen. Zu letzterem Projekte lag Ihnen bereits früher ein Plan vor.</p>
-
-<p>Wir können aber nicht leugnen, daß seitdem wir unser jetziges Haus
-bewohnen, uns die Lage desselben in jeder Beziehung so angenehm und
-so jeder anderen Lage vorzuziehen erscheint, daß wir den Plan gefaßt
-haben, dasselbe uns von Ihnen als bleibende Palais zu erbitten und
-es dieserhalb dem notwendigen Umbau zu unterwerfen. Wir haben daher
-einen Plan zu diesem Umbau selbst entworfen, ihn auch durch Geh. Rat
-Schinkel<a name="FNAnker_54_54" id="FNAnker_54_54"></a><a href="#Fussnote_54_54" class="fnanchor">[54]</a> prüfen und corrigieren lassen, und dieser Plan ist es, den
-ich Ihnen in der Anlage untertänigst vorlege<a name="FNAnker_55_55" id="FNAnker_55_55"></a><a href="#Fussnote_55_55" class="fnanchor">[55]</a>.</p>
-
-<div class="figcenter break-before">
- <a id="palais" name="palais">
- <img class="mtop2" src="images/palais.jpg"
- alt="" /></a>
- <p class="center">Das Palais Wilhelms I. vor dem Umbau<br />
- <span class="s5">Miniaturbild auf einem Prunktisch in den sogenannten Großherzoglichen
- Gemächern im Palais</span></p>
- <p class="s6 center padbot3 ebhide"><a href="images/palais_hr.jpg">&#10063;<br />
- <span class="smaller">GRÖSSERE BILDANSICHT</span></a></p>
-</div>
-
-<p class="break-before">Der große Übelstand, der unserem jetzigen Hause anklebt, ist, daß es
-weder Hofraum noch Stallungen hat und wegen seiner geringen Ausdehnung
-und Terrainbesitz keine Vergrößerung erlaubt, ohne das Grund<span class="pagenum"><a name="Seite_65" id="Seite_65">[S. 65]</a></span>stück,
-welches der Minister von Schuckmann jetzt inne hat, zu überschreiten.</p>
-
-<p>Ohne Zuziehung dieses Grundstückes zu dem unsrigen ist daher eine
-Palais-Einrichtung hier für uns unmöglich. Der anliegende Plan zeigt,
-in welcher Art allein auf eine bequeme Art die Ställe und Remisen
-angelegt werden können und wie dadurch ein Hofraum noch übrig bleibt,
-der die notwendigste Größe hat.</p>
-
-<p>Was nun unser Haus an und für sich anbetrifft, so glaubten wir
-anfänglich die Mauern der unteren Etage conservieren zu können: es
-hat sich aber gezeigt, daß sie viel zu schwach sind, um einen höheren
-Bau zu tragen; auch daß die Balkenlagen der Etagen schon so verdorben
-sind, daß sie erneuert werden müssen. Das Haus wird daher müssen ganz
-abgerissen werden; die dadurch entstehenden Kosten werden durch das
-dabei gewonnene Material wiederum gedeckt. Um dem Hause aber einige
-etwas größere und Palaisdimensionen im Innern geben zu können sowie
-eine regelmäßige Mitte, die ihm bisher fehlte, so ist eine Vertiefung
-nach dem Hofe zu, eine Erweiterung auf die Hälfte des kleinen Gartens
-und ein Überbau über die Gasse nach dem Niederländischen Palais<a name="FNAnker_56_56" id="FNAnker_56_56"></a><a href="#Fussnote_56_56" class="fnanchor">[56]</a>
-projektiert, wozu die Genehmigung der Tante<a name="FNAnker_57_57" id="FNAnker_57_57"></a><a href="#Fussnote_57_57" class="fnanchor">[57]</a> einzuziehen sein
-würde. Die so zu gewinnende Mitte ward bedingt durch das Grundstück
-der Bibliothek, von welchem dennoch einige Fuß genommen werden mußten
-und daher nicht noch mehr vom kleinen Garten zugezogen werden konnte.
-Der Rest des Gartens würde in eine Art Terrasse verwandelt werden
-können. Der kleine Hof hinter dieser Terrasse mußte wegen einiger
-Bibliotheksfenster ausgespart werden.</p>
-
-<p>Die Einteilung der Wohnungen in den verschiedenen Etagen geht aus den
-Plänen hervor. Was die Wohnung anbetrifft, so ist sie für den Fall
-der möglichen Nachkommenschaft bestimmt. Das jetzige Schuckmannsche
-Haus würde nur die drei Wohnungen der Oberhofmeisterin und der
-beiden Hofdamen aufnehmen, sowie das Hofmarschallamt, meine beiden
-Militärbureaus und die Wohnung für das auf Quartier Anspruch habende
-Domesticale. Sollte dann noch Raum übrig bleiben, so würde ich einige<span class="pagenum"><a name="Seite_66" id="Seite_66">[S. 66]</a></span>
-meiner alten Diener, welche bis zu meiner Verheiratung freie Wohnung
-hier hatten, dort unterbringen, die es wohl verdienen, da einer
-derselben jetzt 30 Jahre, ein anderer 28 Jahre, 20 Jahre bei mir ist.
-Außerdem reicht das Kellergelaß im zu erbauenden Palais nicht aus, so
-daß die des Schuckmannschen Hauses ebenfalls gebraucht würden.</p>
-
-<p>Sie werden sich hiernach gnädigst überzeugen, daß, wenn streng genommen
-nicht das ganze Schuckmannsche Haus vielleicht gebraucht würde, doch
-eine Teilung desselben unmöglich ist, es auf der anderen Seite wiederum
-gar nicht zu entbehren ist. Auch in der Zukunft dürfte es vielleicht
-noch sehr nützlich werden.</p>
-
-<p>Die Unterbringung des Ministeriums des Innern dürfte keine
-Schwierigkeiten haben, indem das Haus des Staatskanzlers in sofern
-disponibel ist, als der Geheimrat v. Stägemann<a name="FNAnker_58_58" id="FNAnker_58_58"></a><a href="#Fussnote_58_58" class="fnanchor">[58]</a> in demselben zur
-Miete wohnt. Die Bureaus des Ministers Graf Lottum<a name="FNAnker_59_59" id="FNAnker_59_59"></a><a href="#Fussnote_59_59" class="fnanchor">[59]</a>, welche sich in
-jenem Hause befinden, oder die des Ministers v. Schuckmann<a name="FNAnker_60_60" id="FNAnker_60_60"></a><a href="#Fussnote_60_60" class="fnanchor">[60]</a> würden
-die Acquisition eines kleinen Locals nötig machen. (Als Carl sein
-Palais erhielt, mußten für den Generalstab und für das Ministerium
-der auswärtigen Angelegenheiten gleichfalls Locale beschafft werden.)
-Übrigens wird die Deplacierung des Ministeriums des Innern ungefähr
-erst in zwei Jahren nötig, da der ganze Bau und die Einrichtung bis
-zum Einziehen wohl drei Jahre erfordern würde, im dritten Jahre
-aber erst mit dem Bau der Stallungen vorgeschritten zu werden
-braucht. Im Schuckmannschen Hause selbst würden nur unbedeutende
-Wohnungseinrichtungen vorkommen, wie dies in jedem lang bewohnt
-gewesenen Hause der Fall ist, die Damen sich überdies selbst möblieren
-müssen und für die Bureaux-Einrichtung alles existiert.</p>
-
-<p>Demungeachtet kommt der Kostenanschlag schon hoch genug und erreicht
-dieselbe Summe, welche alle diejenigen Projecte erreichten, die ich
-Ihnen voriges Jahr vorlegte. Der Geh. Rat Schinkel hat nämlich den
-Bau nach den höchsten Sätzen (die des Museums) angeschlagen, um eher
-dahinter in der Ausführung zu bleiben, als sie zu übersteigen,<span class="pagenum"><a name="Seite_67" id="Seite_67">[S. 67]</a></span> wonach
-derselbe mit der ganzen Einrichtung bis zum Einziehen 340000 Thlr.
-beträgt. Von den hierin begriffenen 80000 Thlr. Einrichtungskosten
-gehen die sämtlichen Möbel ab, welche bei der Einrichtung unsers
-jetzigen Hauses angeschafft wurden, wodurch die Summe noch um Etwas
-also sich ermäßigt.</p>
-
-<p>Was für eine Einrichtung hinsichtlich unsers jetzigen Hauses und des
-Schuckmannschen getroffen werden soll, wird von Ihrem Befehl abhängen,
-ob dieselben nämlich von ihren jetzigen Behörden erkauft werden
-oder ob sie wie bisher auf deren Rechnung benutzt werden sollen.
-Das unsrige gehört nämlich dem Militärfond und das Schuckmanns der
-Landeswitwenkasse. Der Kauf beider Grundstücke würde ungefähr 100000
-Thlr. betragen.</p>
-
-<p>Wenn Sie nun die Gnade hätten, diesen Bau zu genehmigen, so würde
-ich vorschlagen, denselben unter Schinkels Leitung durch einen
-Militärcommissarius, Capitän Moser, ausführen zu lassen, weil derselbe
-gewiß manche Ersparnis erzielen wird.</p>
-
-<p>Während des Baues selbst würden wir Sie gnädigst ersuchen, uns im
-Schloß eine Wohnung zu bestimmen, vielleicht einen Teil des großen
-Appartements des seligen Königs, sodaß ich meine alten Zimmer wieder
-bewohnen könnte. Auf diese Art wird keines des gewöhnlich im Gebrauch
-seienden Fremden-Appartements der Disposition entzogen.</p>
-
-<p>Wir dürfen vielleicht um so rascher einer Entscheidung von Ihnen
-entgegensehen, da für diesen Sommer unserm Hause, wenn wir es so ferner
-bewohnen müßten, eine Hauptreparatur bevorsteht, indem das Dach fast
-ganz neu gebaut werden muß, die Schornsteine so baufällig sind und so
-feuergefährlich angelegt, daß die Balken seit mehreren Wochen, vom
-Putz abgefallen, in den Schornstein frei hineinstehen, daß sie neu
-gebaut werden müssen, wobei sämmtliche Plafonds ruiniert werden und
-wahrscheinlich auch die Tapeten; die Balkenlage zwischen den Etagen
-teilweise erneuert werden muß, wodurch also die Parquets und die ganzen
-Stuben ruiniert würden. Somit würde diese Hauptreparatur sehr viel
-Geld kosten und doch nur ein sehr schlechtgebautes Haus nur teilweise
-ausflicken.</p>
-
-<p>Wie schön übrigens das neu zu schaffende Palais den Platz hier zieren
-würde, brauche ich kaum anzuführen, da es zu den übrigen schönen
-Gebäuden ein schöner Schluß sein würde, um so mehr, da,<span class="pagenum"><a name="Seite_68" id="Seite_68">[S. 68]</a></span> wie ich höre,
-die Statue Friedrichs des Großen hier vor unsern Fenstern errichtet
-werden soll.</p>
-
-<p>Der Geheimrat Schinkel hängt freilich sehr an seinem früheren Projekt
-auf dem Packhofe, was gewiß sehr schön ist, aber wegen seiner
-zurückgezogenen Lage uns mit der hiesigen Lage nicht vergleichbar
-erscheint. Ich lege dieses Projekt auch wiederum bei<a name="FNAnker_61_61" id="FNAnker_61_61"></a><a href="#Fussnote_61_61" class="fnanchor">[61]</a> und bemerke
-nur, daß der Kostenbetrag desselben, wie ich ihn voriges Jahr angab,
-viel zu gering war und er nach den jetzt für den hiesigen Bau von
-Schinkel angenommenen Sätzen sich nicht auf 300000 Thlr. beläuft,
-sondern auf 415760 Thlr., wobei der Bau von zwei Quais und der Ankauf
-des Platzes (aus dem Museumsfond) nicht mit inbegriffen ist.</p>
-
-<p>Um die Übersicht zu haben, wie die jetzigen Grundstücke, welche wir
-und Schuckmann bewohnen, zu einander liegen und gebaut sind und wie
-die projektierten Veränderungen sich dazu verhalten, habe ich den Plan
-<span class="antiqua">C</span> beigefügt. So sehr wir nun erwartungsvoll Ihrer gnädigen
-Entscheidung entgegen sehen, wohl einsehend, daß es nichts Geringes
-ist, was für uns wir von Ihrer Gnade erbitten, namentlich wenn ein
-Vergleich der nötig werdenden Summen gegen die Summe gezogen wird,
-welche Sie für Carl und Albrecht bewilligt haben, aber dies gehet
-lediglich aus dem Verhältnis hervor, daß bei uns nicht wie bei den
-Brüdern von der Einrichtung eines Palais zum Palais, sondern von der
-Umformung eines Privathauses in ein Palais die Rede ist, da keine
-Palais mehr vorhanden sind, wenn nicht das Projekt wieder aufgenommen
-würde, die Universität dadurch wieder disponibel zu machen, daß man sie
-nach dem dazu einzurichtenden Academiegebäude überträgt.</p>
-
-<p>Sollten wir von Ihrer Gnade die Bewilligung der hier gemachten
-Vorschläge erlangen, so würden wir Ihnen unendlich dankbar sein, wie
-wir es schon für so viele Beweise Ihrer Liebe und Gnade ewig sein
-werden.</p>
-
-<p class="gruss"><span class="mright2">Ihr gehorsamer Sohn</span><br />
-Wilhelm.</p>
-
-<p class="briefkopf">Berlin, den 29. April 1830.</p>
-
-<p>Soeben erhalte ich ein Schreiben des Kriegsministers, eine Antwort auf
-den Vortrag, den ich ihm in Bezug auf meine militärischen Aus<span class="pagenum"><a name="Seite_69" id="Seite_69">[S. 69]</a></span>gaben
-gemacht hatte, in welcher er mir Ihre genommene Entscheidung über
-diesen Punkt mitteilt. Wenngleich ich gehofft hatte, von Ihrer
-Gnade einen Zuschuß zu erhalten, bei den ganz klar nachgewiesenen
-Mehrausgaben jährlich von 800 Rthlr., so muß ich Ihre abschlägige
-Antwort hierauf freilich ruhig hinnehmen, nicht so aber kann ich dies
-mit der Ankündigung, die Sie mir durch den Kriegsminister machen
-lassen, daß Sie mich vom Commando der ersten Gardedivision entbinden
-wollten, wenn mich dasselbe wegen meiner pecuniären Verhältnisse
-geniere. Vor 10 Jahren berief mich Ihre Gnade zu diesem Commando,
-noch in einem sehr frühen Alter. Als Sie mich wenige Jahre darauf an
-die Spitze des III. Armeecorps stellten<a name="FNAnker_62_62" id="FNAnker_62_62"></a><a href="#Fussnote_62_62" class="fnanchor">[62]</a>, beließen Sie mir jenes
-Commando und da durfte ich wagen zu hoffen, daß Ihr Vertrauen und Ihre
-Zufriedenheit mit meinen Leistungen es war, die mich dieses Vorzuges
-eines doppelten Commandos würdigten. Die Anhänglichkeit, welche ich
-an dies mein erstes selbstständiges Verhältnis habe, sowie, ich darf
-es aussprechen, die Anhänglichkeit, welche mir jene Untergebenen
-seit 10 und 12 Jahren bewiesen haben, sind Ihnen nicht unbekannt
-geblieben; meinen ganzen Stolz setzte ich in das bewiesene Vertrauen,
-einem Commando vorzustehen, von welchem die Instruction in die ganze
-Armee übergegangen ist und jährlich übergeht. Und diesen mir so teuer
-gewordenen, ehrenvollen Posten lassen Sie mir jetzt anbieten, um 400
-Rthlr. aufzugeben, nachdem Sie durch den Kriegsminister mir sagen
-ließen, daß Sie annehmen, daß die Prinzen Ihres Hauses es als eine
-Ehrensache betrachten würden, wenn Ihre Gnade ihnen Militärcommandos
-anvertraut. Ich darf es Ihnen nicht verschweigen, daß dies Anerbieten,
-aus <em class="gesperrt">diesem</em> Grunde, mein Inneres so gewaltsam erschüttert hat,
-daß nur Tränen meinem gepreßten Herzen Luft machen konnten. Das
-Gefühl der Ehre ist in mir so rege, daß es sich nur mit dem Gefühl
-der Dankbarkeit vergleichen kann, welche mich belebt, daß Ihre Gnade
-mich berief, in ausgedehntem Wirkungskreise dieses den Militär-Stand
-allein leitende Princip immer mehr zu verbreiten und recht innig mit
-dem Geiste meiner Untergebenen zu verschmelzen. Daß Sie dies Ehrgefühl
-je bei Ihren Söhnen vermissen könnten, ist unmöglich. Unfähig werden
-Sie mich daher auch halten, aus Mangel an Ehrgefühl und um<span class="pagenum"><a name="Seite_70" id="Seite_70">[S. 70]</a></span> 400 Rthlr.
-weniger auszugeben, eine Stelle aufzugeben, die bisher mein Glück wegen
-ihrer Wichtigkeit und wegen Ihres bewiesenen Vertrauens machte. Sollte
-ich dies Vertrauen verloren haben, so bin ich jeden Augenblick bereit,
-einem Würdigeren meine Stelle zu überlassen.</p>
-
-<p>Was nun jedoch den von Ihnen verminderten Zuschuß von 800 Rthlr.
-betrifft, so muß ich mich wenigstens über den Verdacht rechtfertigen,
-als wäre jene Forderung unbillig. Denn ich kann nur annehmen, daß
-<em class="gesperrt">dies</em> der Grund ist, der mir Ihre Verweigerung zuzog. Ich
-unterstehe mich daher Ihnen hier meine ganzen pecuniären Verhältnisse
-darzustellen.</p>
-
-<p>Der mir bewilligte Etat von 88000 Thlr. ist in seine bestimmten Etats
-abgeteilt und Ersparnisse bei denselben sind sehr unsicher. Für unsere
-Person beziehen die Princeß und ich jeder 6000 Thlr. von diesem
-Haupt-Etat, von welchem, wie Sie leicht denken können, bei der Princeß,
-die gar nichts von zu Hause erhält, nichts erspart werden kann; ich
-kann nicht nur nichts zurücklegen, sondern brauche die mir von Ihnen
-so sehr gnädig verliehenen 11000 Thlr. Zulage vollkommen. Sollten Sie
-eine Durchsicht meiner Rechnungen befehlen, so scheue ich diese nicht,
-da ich, eingedenk Ihrer Worte, als Sie mir jene Zulage gaben: „daß
-wir auch eine gute Anwendung von derselben machen sollten“ versichern
-darf, daß die Hälfte auf Unterstützungen verwendet ist. Der erste
-Jahresabschluß meiner Etats-Rechnungen hat eine Ersparnis von 4000
-Thlr. ergeben. Davon sind 3000 Thlr. zur Reise nach Weimar gebraucht
-worden, so daß 1000 Thlr. erspart sind. Sollte eine solche Reise also
-auch nur ein Geringes mehr einst kosten, so ist gar kein Überschuß
-vorhanden. Dieser Fall dürfte bereits in diesem Jahre eintreten, wo
-die schlesische Reise, die zur Revue usw. vorkommen werden. An den mir
-bewilligten Inspektionsreise-Geldern wird fast nichts erspart, da sie
-nach dem Bedürfnis bewilligt wurden. Aus dieser getreuen Übersicht
-werden Sie sich gnädigst überzeugen, wie sehr mich eine, nun also
-zur Norm werdende Mehrausgabe von jährlich 800 Thlr. genieren muß,
-da die möglichen Ersparnisse nur hinreichen, extraordinäre Ausgaben
-wie Reisen ect. zu leisten. Was nun noch die Summe betrifft, welche
-ich mein Vermögen nenne, und welche aus den Ersparnissen seit meinen
-Kinderjahren besteht, die mir der General Braun im Jahre 1817 übergab
-sowie aus der Erbschaft von Mama und aus den Etatersparnissen bis zum
-vorigen Jahr, so beläuft sich diese auf 70000 Rthlr. Von denselben
-habe ich<span class="pagenum"><a name="Seite_71" id="Seite_71">[S. 71]</a></span> beinahe 30000 Thlr. teils zinsenfrei, teils verzinset
-nach und nach verliehen und dürften mehrere (Teile) dieser Summe,
-wie ich bereits mehrfach die Erfahrung gemacht habe, wohl nicht
-zurückzuerhalten sein, ohne geizig und indelicat zu erscheinen.</p>
-
-<p>Das ist also die einzige Summe, über die ich disponieren kann, die sich
-aber, wie gezeigt, nicht vermehren, sondern nur vermindern kann. Wenn
-Sie nun gnädigst bedenken, daß ich noch keine Besitzung habe, also
-weder zur Acquerierung einer solchen noch zur Unterhaltung derselben
-diese Summe bisher verwandte, ich auch noch kein Palais besitze, dessen
-Einrichtung gewöhnlich die angeschlagenen und bewilligten Kosten,
-wie bekannt fast bei allen Bauten, übersteigt, Sie diese Mehrkosten
-aber, wie bei Carls Palais-Bau, nicht zu übernehmen die Gnade haben,
-so werden Sie sich ebenso gnädigst überzeugen wollen, daß ich alle
-Ursache habe, mit meinem sogenannten Vermögen haushälterisch umzugehen,
-ungerechnet, daß man doch vernünftiger Weise eine Summe sich für
-unvorhergesehene Fälle und für jede Zukunft zu erübrigen sucht.</p>
-
-<p>Ihrer gnädigen Überzeugung und Ansicht muß ich es nun, nach dieser
-wahrhaften Darstellung, überlassen zu beurteilen, ob ich eine unbillige
-Forderung tat, wenn ich um 800 Thlr. Zuschuß antrug und bemerke ich
-nur nochmals, daß ich beim Generalcommando 6 Zulagen an Adjutanten zu
-zahlen habe, aus dem Militär-Zuschuß, während Fritz<a name="FNAnker_63_63" id="FNAnker_63_63"></a><a href="#Fussnote_63_63" class="fnanchor">[63]</a> mit demselben
-Zuschuß nur 3 Zulagen zahlt, hier also eine Vergleichung, wie Sie
-sie mir durch den Kriegsminister aufstellen lassen, nicht haltbar
-erscheinen dürfte. Daß ich diese Zulagen jedoch verringern sollte, kann
-wohl in Ihrer Intention nicht liegen, da es sich mit der Würde meiner
-Stellung nicht vereinigen läßt.</p>
-
-<p class="gruss"><span class="mright2">Ihr gehorsamer Sohn</span><br />
-Wilhelm.</p>
-
-<div class="chapter">
-
-<p><span class="pagenum"><a name="Seite_72" id="Seite_72">[S. 72]</a></span></p>
-
-<h2 class="nobreak" id="Der_Hallenser_Kirchenstreit">Der Hallenser
-Kirchenstreit.</h2>
-
-</div>
-
-<p class="briefkopf">Ems, den 19. Juli 1830.</p>
-
-<p>Die Ereignisse zu Halle<a name="FNAnker_64_64" id="FNAnker_64_64"></a><a href="#Fussnote_64_64" class="fnanchor">[64]</a> in kirchlicher Hinsicht ziehen die
-Aufmerksamkeit von ganz Deutschland ungemein auf sich. Überall hört man
-davon sprechen und ist sehr gespannt auf ihren Ausgang. Niemand kann
-sich denken, daß die zwei questionierten Professoren im Amt bleiben
-können, da eine bloße Verwarnung nicht ausreichend erscheint bei der
-allgemeinen Aufmerksamkeit, die die Sache erregt hat, und ein Exempel
-zu statuieren wohl im höchsten Grade notwendig geworden ist. Denn bei
-dem regen Leben für Religion und deren Wahrheiten, das sich jetzt
-wiederum zeigt, sollte ich meinen, könnte man der entgegengesetzten
-Richtung der verfälschten Religion nicht kräftig und bestimmt genug
-entgegentreten. Daher erscheint mir der Ausgang der Halleschen Händel
-ungemein wichtig in jeder Beziehung. Sehr schlimm ist es freilich, daß
-die gedruckte Dogmatik<a name="FNAnker_65_65" id="FNAnker_65_65"></a><a href="#Fussnote_65_65" class="fnanchor">[65]</a> dieser Herren so allgemein verbreitet ist,
-so allgemein nach ihr gelehrt wird und von allen rationalistischen
-Geistlichen, deren es nur noch zu viele gibt, den jüngeren Theologen
-empfohlen und gepriesen wird, so daß die Absetzung des Verfassers im
-Amt zwar noch<span class="pagenum"><a name="Seite_73" id="Seite_73">[S. 73]</a></span> nicht Allem abhelfen wird, aber doch Allen die Augen
-öffnen muß... Eine andere Klippe, die zu umschiffen bleibt, ist nun
-wieder die sogenannte Frömmelei, die affichierte Zungen-Religion, worin
-mir viel Eitelkeit und überhebendes Wesen zu liegen scheint, sowie
-ein böser Schritt zum Sectieren und Separieren. Ich höre, daß Herr v.
-Gerlach, der Bruder des meinigen<a name="FNAnker_66_66" id="FNAnker_66_66"></a><a href="#Fussnote_66_66" class="fnanchor">[66]</a>, der jene Hallenser Dinge ans
-Licht brachte, auch in dieser frömmelnden Richtung sein soll und da
-wäre es auch wohl weniger eitel gewesen, wenn er die Sache nicht hätte
-drucken lassen, so ihm ja der Weg offen stand, Ihnen die Anzeige jener
-Abscheulichkeiten zu machen...</p>
-
-<div class="chapter">
-
-<p><span class="pagenum"><a name="Seite_74" id="Seite_74">[S. 74]</a></span></p>
-
-<h2 class="nobreak" id="Die_Pariser_Julirevolution">Die Pariser Julirevolution.</h2>
-
-</div>
-
-<div class="blockquot">
-
-<p>Mit dem Regierungsantritt Karls X. im Jahre 1824 waren in
-Frankreich rückschrittliche Tendenzen und Elemente erneut ans
-Ruder gekommen. Gesetzgebung, Verwaltung und Presse gerieten in
-mannigfache Abhängigkeiten, Parteikämpfe erfüllten die Kammern,
-Leitungen, Gerichte und Salons, deren Debatten einen europäischen
-Widerhall fanden. 1828 kam es zu einer regierungsfeindlichen
-Mehrheit unter den Deputierten; an Stelle des Ministerpräsidenten
-Villèle amtierte Herr von Martignac, der vergeblich versuchte, eine
-gemäßigte Mittelpartei zu bilden. Karl X. glaubte daher im Juli
-1829 ein Ministerium seiner Wahl einsetzen zu können, an dessen
-Spitze der unbeliebte Herzog Jules de Polignac trat. Der König
-hoffte durch Erfolge in der auswärtigen Politik durch Eroberungen
-am Rhein oder durch Kolonialerwerb in Algier eine Regierung nach
-seinem Sinne durchführen zu können; als aber die heimgeschickte
-oppositionelle Mehrheit der Deputierten-Kammer durch die Neuwahlen
-wieder dorthin zurückkehrte, begann die Situation sich zuzuspitzen;
-der „rechtlose Willkürakt“, durch den Karl X. mit seinen
-„Ordonnanzen“ vom 25. Juli 1830 das Wahlrecht einschränkte und die
-Preßfreiheit aufhob, kostete ihm den Thron. Die Pariser Revolution
-vom 26. bis 29. Juli, deren allgemeine Bedeutung nach einem Worte
-Jakob Burckhardts in seinen „Weltgeschichtlichen Betrachtungen“
-als europäische Erschütterung viel größer als die spezielle
-politische war, der dreitägige Aufstand, in welchem die Pariser
-Liberalen durch das großstädtische Proletariat den legitimen
-König davonjagen ließen und den nationalen auf den Thron setzten,
-das Werk der studierenden Jugend und gleich ihr republikanisch
-gesinnter Arbeiter triumphierte über die militärischen Mittel des
-verblendeten Königs. Der Befehlshaber der königlichen Truppen,
-Marschall Marmont, konnte die Lage nicht halten; die „Ordonnanzen“
-wurden zurückgezogen und ein volkstümliches Ministerium mit
-dem Herzog von Mortemart in Aussicht genommen; trotzdem aber
-verhandelte der König insgeheim mit den Männern um Polignac weiter
-und verlor somit die letzte Möglichkeit eines Ausgleiches; in der
-Frühe des 30. Juli hatte der jugendliche Thiers, der Redakteur des
-„<span class="antiqua">National</span>“, der am meisten zum öffentlichen Widerstande
-gegen die „Ordonnanzen“ beigetragen hatte, durch einen glänzend
-stilisierten öffentlichen Aufruf auf den Herzog von Orléans als
-auf den kommenden Mann Frankreichs hingewiesen. Im Stadthaus
-von Paris führte der alte Lafayette wie einst im Jahre 1789 die
-Nationalgarden des Landes, und die Riesenstadt zitterte vor einer
-Wiederholung blutiger Straßenkämpfe.... da beschleunigte jener
-meisterhafte Aufruf die Bildung einer Partei Orléans.</p>
-
-<p>Louis Philippe, Herzog von Orléans, hatte sich in den
-entscheidenden Tagen aus der Öffentlichkeit zurückgezogen;
-jetzt erging an ihn die Aufforderung, den Posten eines
-Generalstatthalters zu übernehmen, der er sich nicht mehr entziehen
-konnte. Im<span class="pagenum"><a name="Seite_75" id="Seite_75">[S. 75]</a></span> Laufe des 31. Juli hatte er durch eine Proklamation
-diese Würde angenommen und zeigte sich mit Lafayette unter der
-Trikolore dem Volk: das Schicksal Karls X. war besiegelt; am 2.
-August hat er mit dem Dauphin auf die Krone verzichtet, und wenige
-Tage später bestieg der „Bürgerkönig“ Louis Philippe den Thron von
-Frankreich. Seine europäische Anerkennung ist verhältnismäßig rasch
-erfolgt.... Prinz Wilhelm weiß in den nachfolgenden Briefen dieses
-Vorgehen der Mächte nicht scharf genug zu tadeln. Im selben Monat,
-am 25. August 1830, brach in Brüssel die belgische Revolution aus;
-noch waren die europäischen Kabinette durch die französischen
-Ereignisse derartig verwirrt, daß sie diesen neuen, gefährlichen
-Unruhen zunächst verhältnismäßig gleichgültig gegenüberstanden.
-Durch einen Besuch bei dem ihm verwandten niederländischen Hofe Im
-Haag hatte Prinz Wilhelm die Ereignisse in Paris fast aus nächster
-Nähe miterleben können; wenn ihn auch Ende August desselben Jahres
-eine militärische Inspektionsreise nach dem Rheinland rief, so
-blieb er doch mit dem niederländischen Hofe in enger Verbindung
-und erlebte den Beginn der Trennung der durch die Willkür der
-Großmächte 1814/5 zusammengekuppelten Nationalitäten der Holländer
-und Belgier.</p>
-
-<p>Das kunstreiche Gebilde des europäischen Friedens mit seinen
-wohlabgemessenen und aufeinander berechneten Pfeilern, Legitimität
-der Krone, christlicher Sinn der zur heiligen Allianz vereinten
-Monarchen-Völker, die je nach ihrer geschichtlich gewordenen
-Eigentümlichkeit ihren gesetzlichen Anteil am Leben besaßen &mdash;,
-dies Gebäude, umsorgt von den einen, gehaßt von den andern, das
-selbst die gefährliche Erschütterung des Aufstandes der Griechen
-gegen ihren legitimen Sultan schließlich überdauert zu haben
-schien, stürzte zusammen. Kunst, Weisheit und Gesittung, die in
-seinem Innern Schutz gefunden hatten, schienen aufs neue gefährdet.
-Nichts Geringers als einen Rückfall in die Barbarei, einen neuen
-Dreißigjährigen Krieg weissagte Niebuhr. Die Angst, daß wie
-vor vierzig Jahren das Feuer nicht auf seinen Herd beschränkt
-bleiben und die Welt wiederum in seine Flammen getaucht werden
-würde, schien Recht zu bekommen, als die Revolution nach Belgien
-übergriff. Preußen begann vielleicht gar, nicht allein durch die
-Nachbarschaft der Rheinprovinz, sondern vor allem durch das nahe
-verwandtschaftliche Verhältnis seines Königs zu dem Beherrscher des
-niederländischen Gesamtstaates &mdash; Friedrich Wilhelms III. Schwester
-Wilhelmine war die Gattin des Königs der Niederlande &mdash; unmittelbar
-hineinverwickelt zu werden, ganz abgesehen davon, daß sich für ein
-revolutionäres Frankreich aus dem benachbarten &mdash; belgischen &mdash;
-Ereignis ungeahnte Möglichkeiten zur Wiederaufnahme der Politik
-von 1792 ergaben. Eine Wolke neuer Revolutionskriege drohte am
-Horizonte heraufzuziehen.... Doch die belgischen Verhältnisse
-klärten sich.... die Londoner Botschafterkonferenz gab der von
-den Revolutionären durchgeführten Trennung ihren nachträglichen
-Segen; im Januar 1831 wurden unter dem Vorantritte Preußens von
-dem vereinigten Europa die Grundmauern des zukünftigen belgischen
-Staates gelegt.</p>
-
-</div>
-
-<p class="briefkopf">Im Haag, den 28. Juli 1830.</p>
-
-<p>.... Der gestern hier bekannt gewordene <span class="antiqua">Coup d’état</span> des Königs
-von Frankreich erregt allgemeines Aufsehen und allgemeine Besorgnisse.
-Die Nachrichten, die man hier haben will, sollen, wenn sie gegründet<span class="pagenum"><a name="Seite_76" id="Seite_76">[S. 76]</a></span>
-sind, die Besorgnisse sehr gegründet erscheinen lassen und eine nicht
-zu berechnende Reaction befürchten lassen. Im entgegengesetzten Falle,
-d. h. wenn dieser <span class="antiqua">Coup d’état</span> glückt und ohne Reaction verläuft,
-so ist Charles X. nur Glück zu wünschen, denn die Wirtschaft würde
-doch zu toll in Frankreich, wenn nicht, so sind leider die Folgen
-unberechenbar.</p>
-
-<p class="briefkopf">Im Haag, den 2. August 1830.</p>
-
-<p>Wenngleich ich annehmen darf, daß Sie von Allem unterrichtet sind,
-was sich Schreckliches in Paris in den Tagen vom 27. bis 30. ereignet
-hat, so nehme ich keinen Anstand, dasjenige Ihnen hiermit schleunigst
-zukommen zu lassen, was man hier teils direkt, teils indirekt erfahren
-hat. Die Abdication des Königs und des Dauphins zu Gunsten des Herzogs
-von Bordeaux, unter Vormundschaft des Herzogs von Orléans, scheint
-sich nicht zu bestätigen. Herr d’Agoult, von dem erst heute die ersten
-Meldungen eingegangen sind, schreibt, daß Marschall Marmont noch einen
-Teil von Paris besetzt hält; eine Deputation der sich constituiert
-habenden Regentschaft hat ihm folgende Vorschläge gemacht: Der König
-soll sogleich das Ministerium wechseln, sogleich die Ordres vom 25.
-Juli zurücknehmen und die Kammern zum 3. berufen, dann wolle man
-weiter mit ihm unterhandeln. Marmont habe erklärt, er habe keine
-Instruktionen, werde aber Polignac aufsuchen, der in der Nähe sei. Nach
-einer halben Stunde sei er mit der Antwort gekommen, daß auf solche
-Conditionen nicht unterhandelt werden könnte, worauf ihm die Deputation
-erwidert: <span class="antiqua">Voulez-vous donc la guerre civile?</span> was Marmont mit
-einer stillschweigenden Verbeugung und weggehend beantwortet habe.
-Der König soll, nach Einigen, mit 8&ndash;10000 Mann nach der Vendée, nach
-Anderen nach Lille sich gewendet haben. In Lille waren auch Unruhen
-ausgebrochen, die aber durch die Garnison ohne Blutvergießen gestillt
-worden sind. Nach eben eingehenden Nachrichten hat die Stadt aus ihrer
-Mitte eine Municipalität gewählt. Die ganze Picardie soll im Aufstand
-sein. In Rouen sind die Unruhen den Parisern gleich gewesen. Da alle
-Nachrichten übereinstimmen, daß die Garde und die übrigen Truppen in
-Paris trotz des enormen Verlustes treu geblieben sind und von der
-übrigen Armee also wohl dasselbe zu erwarten steht, so behalte ich die
-Hoffnung, daß, wenn der König nur fest bleibt, er noch im Stande sein
-wird, die Sache herzustellen, wenn die erste Wut in<span class="pagenum"><a name="Seite_77" id="Seite_77">[S. 77]</a></span> Paris sich gelegt
-haben wird und zugleich die Politik des übrigen Europas sich als recht
-einig und imposant darstellt. Der König der Niederlande, bei dem ich
-gestern und vorgestern in Loo<a name="FNAnker_67_67" id="FNAnker_67_67"></a><a href="#Fussnote_67_67" class="fnanchor">[67]</a> war, wo gerade diese Nachrichten
-ankamen, war noch unentschieden, was er tun sollte; bevor er irgend ein
-Message an Karl X. sendet, falls er sich der Grenze nähert, will er
-erst abwarten, was derselbe für Maßregeln ergreift, doch scheint es,
-werden hier die Grenz-Festungen stärker besetzt und armiert und Alles
-zu einer schleunigen Complettierung und Mobilmachung vorbereitet. Der
-König hier ist der Ansicht, daß, den Fall ausgenommen, daß Charles
-X. mit seiner treu bleibenden Armee die Ruhe und seine Autorität
-wiederherstellt, jeder andere Fall nur die mittelbare oder unmittelbare
-Einwirkung der bewaffneten Macht der anderen Staaten nach sich ziehen
-kann, d. h. entweder einen Grenz-Cordon oder geradezu einen Einmarsch
-in Frankreich auf Wunsch seines Königs, um ihn zu restituieren. Aber
-dann nur Einheit und Übereinstimmung, um nicht etwa einzeln sich Extras
-auszusetzen. Mir scheint dies Raisonnement des Königs sehr richtig.
-Er ist für seine südlichen Provinzen ganz ruhig bis jetzt, und mit
-Recht, da alle geheimen Nachrichten von dort den Geist als sehr gut
-beim Empfang der schrecklichen Pariser Begebenheit schildern. Die
-Festigkeit des Königs diesen Winter hier gegen die Generalstaaten ist
-von unberechenbarem Nutzen also gewesen, wie man sieht. Gott gebe, daß
-alles so bleibt.</p>
-
-<p>Das Extra-Blatt des Courier français, welches die heillose Proclamation
-Lafayettes an die National-Garde enthält, wie die 1000 anderen kleinen
-Charakter-Züge der <span class="antiqua">citoyens</span>, werden Sie wohl erhalten haben, da
-es hier angekommen ist wie sonst die gewöhnlichen Zeitungen.</p>
-
-<p>Ihnen den Eindruck, den dies Alles auf mich gemacht hat, zu schildern
-bin ich nicht im Stande. Bei Lesung dieser Sachen glaubt man Zeitungen
-von vor 40 Jahren zu lesen. Es ist wirklich gräßlich. Ich hatte den
-festen Glauben, bei Allem, was man in Frankreich sich trainieren sah,
-daß dennoch nichts zum Ausbruch kommen würde, weil eben die Nation die
-Greuel einer Revolution <em class="gesperrt">gesehen</em> hat und <em class="gesperrt">kennt</em>, und also
-eher wie jede andere davor zurückbeben müßte. Aber nein. Eine 40jährige
-bittere Erfahrung hat sie nicht klüger, nicht ruhiger gemacht.</p>
-
-<p><span class="pagenum"><a name="Seite_78" id="Seite_78">[S. 78]</a></span></p>
-
-<p>Sollte es wirklich zu Truppenbewegungen in dieser großen Catastrophe
-kommen, so darf ich wohl mit Bestimmtheit darauf rechnen, daß Sie mich
-nicht vergessen werden, wenn selbst mein Corps nicht mobil gemacht
-würde.</p>
-
-<p>Soeben erfahre ich, daß der englische Ambassadeur hier sich bereits
-über die französischen Angelegenheiten abgesprochen hat und zwar
-Englands Verhalten als völlig passiv geschildert, selbst in dem
-Fall, daß Charles X. die Unterstützung der Alliance in Anspruch
-nimmt. Daß man hier diese Ansicht nicht teilt und wohl nicht von
-vielen Gouvernements geteilt werden dürfte, begreift sich leicht, und
-namentlich ist wohl Niemand mehr interessiert an der Sache als Preußen
-und Niederland durch die langen Grenzen. Die Unbegreiflichkeit der
-englischen Politik verleugnet sich also wiederum nicht. Mögen nur die
-anderen Mächte recht einig sein und einen gemeinschaftlichen raschen
-Entschluß fassen, denn mir scheint, daß der moralische Eindruck, den
-dies in Frankreich machen muß, so groß sein wird, daß ein Krieg dadurch
-évitiert wird. Trennung und Zeitverlust scheint mir in diesem Moment
-das Unglücklichste zu sein. Graf Douavaroff geht als Courir nach
-Petersburg auf Wilhelms<a name="FNAnker_68_68" id="FNAnker_68_68"></a><a href="#Fussnote_68_68" class="fnanchor">[68]</a> Wunsch und bringt diesen Brief nach Berlin;
-vielleicht dürfte von Ihrer Seite diese Gelegenheit nach Petersburg
-gleich benutzt werden, um Ihre Ansicht dahin zu überbringen.</p>
-
-<p>Soeben erhielt Fritz einen Brief eines niederländischen Generales,
-der gerade auf Urlaub sich in Paris befunden hat und am 29. Mittags
-es verließ während der tollsten Massacres. Seine Schilderungen sind
-schrecklich. Die umgekommenen Menschen werden zwischen 15 und 20000
-angegeben. Alle Bäume auf den Boulevards sind umgehauen, um Verhaue zu
-bilden, damit die Cavalerie nicht agieren konnte.</p>
-
-<p class="briefkopf">Im Haag, den 4. August 1830.</p>
-
-<p>Die heutigen Nachrichten aus Frankreich sagen, daß der König auf dem
-Marsch nach Nantes ist, daß aber die ihn begleitenden Truppen nach und
-nach (ihn) verlassen und daß die Nachrichten, die man in Paris über
-die Stimmung der Vendee hat, sehr ungünstig lauten. Wohin wird sich
-also der König wenden? Der heute angekommene Constitutionel<span class="pagenum"><a name="Seite_79" id="Seite_79">[S. 79]</a></span> indigniert
-aufs Äußerste durch seine revolutionäre Sprache und durch die
-Erzählungen über des Herzogs von Orleans Benehmen. Es scheint danach
-aber nicht, daß der Herzog <em class="gesperrt">für</em> den König und seine nächsten
-Agnaten zu arbeiten scheint. Die Sache des Königs scheint demnach
-verloren zu sein, sowie die des Dauphins; werden sie resignieren zu
-Gunsten des Herzogs von Bordeaux? Wird der Herzog von Orleans die
-bloße Vormundschaft über den Bordeaux übernehmen wollen? Wird Charles
-X. nicht die Unterstützung der Alliance in Anspruch nehmen, um die
-Legitimität wiederherzustellen und einzusetzen? Dies sind wohl Fragen,
-die ganz Europa jetzt in Bewegung setzen werden und deren Antwort die
-größten Folgen haben muß.</p>
-
-<p>Wäre doch eine Zusammenkunft der großen Souveraine<a name="FNAnker_69_69" id="FNAnker_69_69"></a><a href="#Fussnote_69_69" class="fnanchor">[69]</a> jetzt schnell
-möglich, um einen großen schnellen Entschluß zu fassen. Denn bevor man
-zusammenkommt, muß Alles so klar schon sein, daß man einen Entschluß
-fassen kann.</p>
-
-<p>Der König ist heute vom Loo hier eingetroffen; es werden die
-Grenz-Festungen, welche nicht hinreichende Garnisonen haben, stärker
-besetzt werden, dieselben gegen einen gewaltsamen Angriff vorbereitend
-armiert werden und zum 1. September, wo die Beurlaubten stets
-einkommen, aber nicht vollzählig, sollen dieselben complett eingezogen
-werden, mit Ausnahme der Reserve-Bataillone. Man ist hier natürlich
-sehr gespannt, was Sie wegen Luxemburg und Saarlouis befehlen werden,
-so wie überhaupt auf die vorbereitenden Maaßregeln am Rhein,<span class="pagenum"><a name="Seite_80" id="Seite_80">[S. 80]</a></span> da die
-Niederlande von Niemand eher und kräftiger Unterstützung erwarten
-können, als von Preußen, wenn es zum Extreme kommen sollte. Von
-Thionville aus sind Vorposten gegen unsere Grenze ausgesetzt worden.</p>
-
-<p class="briefkopf">Im Haag, den 6. August 1830.</p>
-
-<p>Die Hoffnung, daß der König von Frankreich das Äußerste wagen würde, um
-seine Macht und sein Ansehen, d. h. seinen Thron wieder herzustellen,
-ist verschwunden. Die heute hier erhaltene Eröffnungsrede des Herzogs
-von Orleans in den Kammern zeigt uns offiziell die Resignation des
-Königs und des Dauphins an. Glücklicherweise nicht die des Herzogs
-von Bordeaux, welche aber von der sublimen Nation auch verlangt wird.
-Sollte Charles X. auch zur Resignation für den minorennen Kleinen noch
-gezwungen werden, so scheint es mir, kann Europa diesen Akt nicht
-anerkennen; es würde ja die Revolution bis zur letzten Neige anerkennen
-und legalisieren.</p>
-
-<p>Daß hier nur dieser Gegenstand die stete Conversation macht, können
-Sie leicht denken. Die Meinungen, die sich hier ausbilden, zerfallen
-in zwei Hauptabteilungen; 1.) darf man die stattgehabte Revolution
-ungestraft von Europa gehen lassen, also sie legalisieren, oder muß
-man ihr auf das Bestimmteste und Entschiedenste entgegen treten und
-Frankreich züchtigen? 2.) Darf man eine solche Züchtigung vornehmen,
-ohne befürchten zu müssen, die revolutionären Prinzipien fast in
-allen Staaten zum Ausbruch zu reizen und wird man nicht vielmehr aus
-dieser Befürchtung die Revolution anerkennen müssen, was mit anderen
-Worten heißt, die Revolutions-Partei in ganz Europa cajolieren und zur
-nächsten Nachahmung des 27. bis 29. Juli anspornen?</p>
-
-<p>Daß ich natürlich zur ersten Abteilung dieses Raisonnements halte,
-brauche ich wohl kaum erst zu versichern.</p>
-
-<p>Die Revolution ward nach 20jähriger Dauer im Jahre 1814 bekämpft,
-besiegt und der legale Stand der Dinge durch die Wiedereinsetzung
-der Bourbons auf den Thron ihrer Väter durch ganz Europa wieder
-hergestellt. Die Revolutionen von Spanien, Neapel und Piemont
-wurden durch gewaffnete Hand gedämpft, die abgesetzten Souveräne
-wieder eingesetzt und ihre Staaten durch vieljährige Occupation der
-Befreiungsarmee beruhigt. Jetzt bricht in dem Lande, wovon aus aller
-revolutionäre Stoß ausging, wovon aus er seit 15 Friedensjahren
-nach<span class="pagenum"><a name="Seite_81" id="Seite_81">[S. 81]</a></span> allen Seiten hin verbreitet und unterhalten ward, eine neue
-Revolution aus und der König und seine Dynastie (werden) entthront.
-Kann Europa in diesem Falle anders handeln, weniger tun, als es in
-Spanien, Neapel und Piemont tat? Ist der jetzige Fall nicht viel
-graver, erhebt die Revolution in diesem Moment den Kopf nicht viel
-mächtiger und gefährlicher als seit 15 Jahren? Mir scheint die Crisis
-gekommen zu sein, wo es sich entscheiden muß, ob die Legitimität oder
-die Revolution triumphieren soll. Die Legitimität wird triumphieren,
-wenn Europa einen einmütigen, allgemeinen Beschluß zur Züchtigung
-Frankreichs faßt. Die Revolution wird triumphieren, wenn Europa dem
-jetzigen Treiben in Frankreich ruhig gewähren läßt, sie wird dadurch
-legalisiert und kein Thron dürfte mehr sicher stehen.</p>
-
-<p>Durch eine Züchtigung Frankreichs wird meiner festen Überzeugung nach
-der revolutionäre Stoff in Europa unterdrückt und durch strenges
-Gericht in Frankreich dieser Stoff vielleicht allenthalben &mdash;
-wenigstens auf lange, wenn auch nicht auf immer &mdash; ausgerottet.</p>
-
-<p>Die entgegenstehende Ansicht sagt: dieser revolutionäre Stoff ist in
-Europa viel zu sehr verbreitet (in den Niederlanden, vielleicht linkem
-Rhein-Ufer, Polen, Italien, Spanien), als daß man es wagen dürfte,
-gegen die Revolution anzukämpfen; man würde in dem Falle es erleben,
-daß in allen genannten Ländern jener Stoff zum Ausbruch käme und es
-wäre sehr die Frage, ob es gelingen würde, ihn mit den eigenen Truppen
-und Kräften, ein Jeder bei sich, zu überwältigen. Auch habe die jetzige
-französische Revolution einen Schein von Recht, indem man den König
-Charles X. beschuldigen könne, seinen Eid einigermaßen gebrochen zu
-haben (was ich nicht zugeben kann, da ihm der Artikel 14 der Charte das
-Recht zu extraordinären Maaßregeln beilegt und den Gebrauch desselben
-freilich seinem Gewissen allein überlassen muß) und wenn, wie ich gern
-zugebe, Charles X. meiner Ansicht nach jetzt und so nicht hätte diesen
-<span class="antiqua">Coup d’état</span> ausführen sollen, so hat darüber doch Niemand als
-die Nation mit ihm zu richten oder gar das Recht, ihn zu entthronen.</p>
-
-<p>Was den ersten Teil dieser entgegenstehenden Ansichten betrifft, so
-habe ich schon meine Nichtbefürchtungen dieser Art ausgesprochen;
-sollte eine solche revolutionäre Reaction aber wirklich durch ganz
-Europa sich erzeugen, nun so ist es immer besser, daß man seine Feinde
-kennen<span class="pagenum"><a name="Seite_82" id="Seite_82">[S. 82]</a></span> lernt und sie zu bezwingen sucht; da hoffe ich denn doch,
-daß ein Jeder bei sich zu Stande zu kommen wissen wird. Denn es ist
-allenthalben der Kampf aus demselben Prinzip gegen dasselbe Prinzip.
-Der Sieg steht bei Gott.</p>
-
-<p>Was nun die Züchtigung Frankreichs betrifft, so muß ich freilich
-gestehen, daß ich sehr glücklich mich preise, die Art derselben
-nicht vorzuschlagen zu brauchen. Am schwierigsten ist der Fall, wenn
-der Herzog von Bordeaux unter Vormundschaft des Herzogs von Orleans
-erhalten wird, weil in diesem Fall einige Legalität sich einmischt;
-doch nie kann man übersehen, daß die Nation durch Revolution gegen
-ihren König dahin gelangte. Da aber alle Proklamationen sagen, daß
-gegen den Bordeaux der Umstand spreche, daß er zu einer Dynastie
-gehöre, die sich <span class="antiqua">par la grace de dieu</span> genannt habe, jetzt aber
-ein König nur <span class="antiqua">par la volonté du peuple</span> bestehen könne und
-solle, so wird an die Erhaltung der Rechte des Bordeaux wohl nicht zu
-denken sein. Dann scheint mir der Fall klar zu sein: Europa muß mit
-gewaffneter Hand die Rechte des Herzogs von Bordeaux herstellen und
-Frankreich mit seiner Revolution und seinem Orléans zu Paaren treiben.</p>
-
-<p>Krieg scheint mir leider unausbleiblich. Handelt Europa nicht so, wie
-ich hier es andeute, so greift uns Orleans in Zeit von einem Jahre an;
-das linke Rhein-Ufer ist sein Ziel, um zum Tyrann dann zu werden.</p>
-
-<p>Ob die Züchtigung Frankreichs dann noch in einer langen Occupation oder
-in Verringerung seines Gebietes bestehen soll, das sind Fragen, die
-heute wohl schwer zu entscheiden sind.</p>
-
-<p>Aber wenn Europa handelt, so muß es gemeinsam, kräftig, mit aller Macht
-auftreten und recht vorbereitet in den Kampf treten; denn er wird nicht
-leicht sein.</p>
-
-<p>Wäre es doch möglich, daß eine Zusammenkunft zwischen Ihnen, den beiden
-Kaisern und dem hiesigen König möglich wäre; wie rasch und wie viel
-besser verhandelt sich alles mündlich. Die Heilige Alliance muß jetzt
-oder niemals zeigen, daß sie noch existiert und ganz im Geiste des
-seligen Kaisers<a name="FNAnker_70_70" id="FNAnker_70_70"></a><a href="#Fussnote_70_70" class="fnanchor">[70]</a> handeln.</p>
-
-<p>Noch ist in den Niederlanden Alles ruhig; aber in Brüssel spricht
-man doch schon sehr laut <span class="antiqua">du grand exemple donné de la France; van
-Maassen c’est notre Polignac, c’est une bonne leçon pour Monsieur<span class="pagenum"><a name="Seite_83" id="Seite_83">[S. 83]</a></span>
-van Maassen etc.</span> In Köln aber auch hat der Darmstädter Graf
-Wittgenstein in einem Zeitungssalon zugesehen, wie die Pariser
-Nachrichten vom Stuhle herab laut vorgelesen wurden und bei den
-tollsten Stellen Bravos und Applaudissements erschallt sind.</p>
-
-<p>Das sind ein paar Züge, die beweisen, was zu erwarten wäre, wenn die
-Pariser Revolution ungestraft hingeht und somit legal wird oder was zu
-erwarten ist, wenn Orleans das linke Rheinufer erobern will und die
-Niederlande... Der König hat hier nur die Verstärkung der Artillerie
-in den Gränz-Plätzen angeordnet, aber nicht die durch Truppen anderer
-Waffen...</p>
-
-<p class="gruss"><span class="mright2">Ihr gehorsamer Sohn</span><br />
-Wilhelm.</p>
-
-<p class="briefkopf">Im Haag, den 8. August 1830.</p>
-
-<p>Die Nachricht, daß Charles X. der Gefahr des nach Rambouillet
-gestürmten bewaffneten Haufens in die Hände zu fallen entronnen
-ist, hat uns freilich sehr erleichtert hier, aber die Gefahr bleibt
-immer noch sehr dringend für ihn bis zu dem Moment, wo er sich wird
-embarquieren können...</p>
-
-<p>Den Fürsten Wittgenstein, der die Kölner Mitteilungen gemacht hat, habe
-ich gestern gesprochen... er meint, daß sie vielleicht nur eine Scene
-gewesen, wie man sie wohl an vielen Orten erlebt haben würde, ohne
-deshalb auf einen allgemeinen schlechten Geist rechnen zu können, worin
-ich ihm ganz beistimme...</p>
-
-<p>Der König hat gestern den General Constant au secret nach London
-gesandt, um mit dem Herzoge von Wellington zu conferieren, namentlich
-in militärischer Hinsicht über die hiesigen Lande und wiederum speciale
-über den Festungsgürtel, der in seiner jetzigen Verfassung ganz offen,
-unarmiert dasteht. Denn, wenn etwas unternommen werden sollte, so
-wünscht der König vor Allem, daß dem Beschlusse des Congresses von
-Aachen<a name="FNAnker_71_71" id="FNAnker_71_71"></a><a href="#Fussnote_71_71" class="fnanchor">[71]</a> zu Folge Preußen und England die zu besetzen übernommenen
-Festungen auch sofort besetzen würden, was uns wohl 24&ndash;30000 Mann
-kosten würde.</p>
-
-<p class="gruss"><span class="mright2">Ihr gehorsamer Sohn</span><br />
-Wilhelm.</p>
-
-<p><span class="pagenum"><a name="Seite_84" id="Seite_84">[S. 84]</a></span></p>
-
-<p class="briefkopf">Im Haag, den 12. August 1830.</p>
-
-<p>Gestern früh erhielten wir hier die Nachricht von der nunmehr wirklich
-erfolgten Erhebung auf den Thron des Herzogs von Orléans und daß
-Lafayette diese Art König <span class="antiqua">par la volonté de la sublime nation et par
-la constitution la plus belle république</span> getauft hat, eine Taufe,
-die Ironie und Wahrheit zugleich enthält. Was ich und die mit mir
-Gleichgesinnten hier sagen, werden Sie aus meinem langen Brief folgern,
-nämlich daß der nun also wirklich bei Seite geschobene und übergangene
-Herzog von Bordeaux der Anknüpfungspunkt für Europa wird, indem es
-dessen Rechte auf die Krone behauptet, verteidigt und für ihn Alles
-wagen müßte. Man hat in den merkwürdigen Sitzungen der Kammern gesehen,
-wie offen und frei sich Viele für die Legitimität und für den Herzog
-von Bordeaux ausgesprochen haben. Außerdem stimmen die Nachrichten aus
-Frankreich darin überein, daß freilich die Revolution sich überall
-(breit) gemacht hat, weil Paris das unglückliche Beispiel gab, daß
-aber nur in wenig Orten sich Enthusiasmus gezeigt und vielmehr eine
-allgemeine Bangigkeit, ein allgemeiner Schrecken über das Geschehene
-sich ausspricht, fürchtend, daß der blühende Zustand des Landes, die
-glücklichen Verhältnisse mit dem Auslande usw. sich nur zu leicht
-ändern werden. Mir scheint es daher, daß man für die Sache des Herzogs
-von Bordeaux eine große Partei finden würde, obgleich man sich nicht
-verhehlen darf, daß eine Agression durch Europas Mächte eine große
-Einheit zur Abwehrung des Feindes erzeugen würde. Aber man hat sie
-1815 überwunden und wenngleich nach 15 Friedensjahren sich Vieles
-consolidiert hat und kräftiger geworden ist, so würde 1830 oder 1831
-der gerechten Sache auch der Sieg nicht fehlen.</p>
-
-<p>Lord Bagot, der englische Ambassadeur hier hat... gesagt, daß er gewiß
-überzeugt sei, daß, wenn der Herzog von Orléans seine Thronbesteigung
-nur den Mächten anzeige, England gewiß die Antwort geben würde, daß
-seine Anerkennung von der übereinstimmenden Ansicht aller großen Mächte
-abhängen müsse, die sich dazu auf einem Congreß gewiß schleunigst
-versammeln würden.</p>
-
-<p>Geheime Nachrichten, namentlich von der belgischen Grenze her
-sagen, daß die hiesige liberale Partei von der französischen auf’s
-inständigste gebeten wird, sich noch ganz ruhig zu verhalten, weil im
-entgegengesetzten Falle dies die Aufmerksamkeit der Regierung auf sich
-ziehen müßte und<span class="pagenum"><a name="Seite_85" id="Seite_85">[S. 85]</a></span> zu Gegenmaßregeln veranlassen würde. Dies sei es, was
-sie in Frankreich am meisten fürchten müßten, weil ein Entgegentreten
-der Regierung gegen das liberale Prinzip jetzt der jungen Revolution
-nur höchst nachteilig werden könnte und die Angst für das Ausland
-noch mehr vermehren würde. Darum erscheinen auch mit einem Male in
-den hiesigen liberalen Blättern ruhigere Artikel. Diese Nachrichten
-scheinen mir nicht unwichtig der Berücksichtigung in diesen wichtigen
-Momenten und bei Beurteilung der Meinung Frankreichs und der liberalen
-Parteien.</p>
-
-<p class="briefkopf">Im Haag, den 13. August 1830.</p>
-
-<p>.... als Wilhelm zu mir kam, um mich in Kenntnis von Wellingtons
-Ansichten zu setzen, die er ihm in einem Briefe... ausspricht. Das
-kurze Resumee dieses Schreibens ist folgendes: Die Hoffnung, welche
-seit 1815 bestand, den Frieden in Europa erhalten zu sehen, sei
-jetzt nicht mehr so groß nach den Ereignissen von Paris. Es sei ihm
-viel weniger bang für etwaige kriegerische Schritte des Orleans als
-für dergleichen von Seiten der enthusiasmierten Nationalgarden,
-die so ziemlich die Anarchie zu ihrem Ziele sich gesetzt zu haben
-scheinen. Die neue Regierung würde nicht im Stande sein, irgend
-einem unüberlegten Schritt dieser Banden vorzubeugen noch die Kraft
-haben, eine Reparation zu machen, falls fremdes Gebiet dabei betreten
-worden wäre. Kurzum, der Herzog deutet an, daß das Volk stärker als
-die Regierung ist (das ist es ja gerade, was die Revolution auch
-wollte) und daß man daher an den Grenzen sehr auf seiner Hut sein
-müßte. Er rät demnach das zu tun, was Sie für Saarlouis und Luxemburg
-angeordnet haben, nämlich die Grenzplätze gegen einen gewaltsamen
-Angriff zu sichern, jedoch alle Anstalten dazu mit dem wenigstmöglichen
-Aufsehen zu machen, damit keine Jalousie erregt wird. Außerdem rät er,
-gleichfalls wie Sie bereits befohlen haben, alle Anstalten zu treffen,
-daß Alles vorbereitet sei zu späteren größeren möglichen Ereignissen
-und sich immer so zu halten, daß man vorbereiteter als die Franzosen
-sei. Er schlägt vor, Feldgeschütze nach den Grenzfestungen zu senden,
-um, falls <span class="antiqua">une colonne mobile Garde nationale</span> sich eine Incursion
-erlauben sollte, ihr auch mit Geschütz entgegen gehen zu können.</p>
-
-<p>Außerdem läßt der Herzog wissen, daß die Revolution in Paris
-keineswegs, wie es den Anschein habe, eine Sache des Momentes gewesen<span class="pagenum"><a name="Seite_86" id="Seite_86">[S. 86]</a></span>
-sei, sondern ein <span class="antiqua">de longue main</span> vorbereiteter Schlag, indem
-unter dem vermeintlichen Pöbel allenthalben verkleidete Offiziere,
-<span class="antiqua">à demi soldé, vieux soldats de Napoléon</span> und andere verkleidete
-<span class="antiqua">messieurs</span> sich befunden hätten, woher man denn auch die
-auffallende Ordnung im Gefecht so wie die völlig regelmäßigen
-Detachierungen zum Verhauen der Wege, zum Errichten der Barrikaden
-und so Mehreres sich erklären könne. Es war Alles vorbereitet, damit
-vom 3. bei Eröffnung der Kammern durch Charles X. die Revolution
-losbrechen sollte, wo man in der Thron-Rede oder sonst auf irgend eine
-Art Veranlassung dazu zu finden hoffte; die Ordonnanzen vom 25. Juli
-sollten der Sache zuvorkommen... den Erfolg aber sehen wir. Man sieht
-also immer deutlicher, daß die armen Bourbons hätten tun können, was
-sie wollten, ihnen das jetzige harte Los jedenfalls zugedacht war<a name="FNAnker_72_72" id="FNAnker_72_72"></a><a href="#Fussnote_72_72" class="fnanchor">[72]</a>.</p>
-
-<p class="briefkopf">Im Haag, den 19. August 1830.</p>
-
-<p>Sie werden auch die sehr widersprechenden Nachrichten über die Reise
-des Königs Charles X. erhalten haben. Vorgestern kam aus Paris die
-Nachricht, daß der König in Ostende landen würde, um sich dann zu
-Lande weiter nach Deutschland zu begeben. Gestern kam per Estafette
-die Nachricht, daß Marschall Moison den Befehl vom Herzog von Orleans
-erhalten habe, den König in keinem niederländischen Hafen landen zu
-lassen und wahrscheinlich nach Portsmouth gehen würde. Heute sind keine
-weiteren Nachrichten gekommen. Ich fürchte, daß der Empfang,<span class="pagenum"><a name="Seite_87" id="Seite_87">[S. 87]</a></span> den
-Charles X. in England erhalten wird, sehr niederdrückend für ihn sein
-dürfte, da, wenn auch niemand wohl seine Partei nehmen kann, doch wohl
-kein Volk so geneigt ist, seine Gesinnungen laut ausbrechen zu lassen,
-wie das englische. Übrigens muß man doch in den Befehlen Orleans’, der
-dem armen König, dem er Krone und Land nahm, nicht einmal erlaubt, frei
-seine Fluchtreise zu bestimmen, eine Härte und Impertinenz erblicken,
-die weit geht. Übrigens scheint mir sehr große Gährung in Paris
-fortwährend zu existieren, die uns alle Zeitungen seit mehreren Tagen
-wohl zeigten, aber noch mehr die Proclamation des Orleans vom 16. Die
-Contre-Revolution wird wohl nicht ausbleiben, denn die Ultra-Liberalen,
-sieht man wohl, sind noch lange nicht zufrieden. Gewiß erleben wir noch
-blutige Auftritte in Paris und <span class="antiqua">le roi citoyen</span> wird wohl auch müssen
-unter <span class="antiqua">les concitoyens</span> schießen lassen. Dies wird Europa wohl
-abwarten wollen; wenn nur dadurch nicht das Legitimitätsprinzip zu kurz
-kommt!</p>
-
-<p class="gruss"><span class="mright2">Ihr gehorsamer Sohn</span><br />
-Wilhelm.</p>
-
-<p class="briefkopf">Im Haag, den 20. August 1830.</p>
-
-<p>Gestern langte hier aus London die Nachricht ein, daß Charles X.
-am 17. auf der Reede vor Portsmouth angelangt sei und so lange an
-Bord des Schiffes bleiben wollte, bis er Antwort aus London auf die
-Meldung seiner Ankunft erhalten haben würde. Diese Meldung war durch
-telegraphische Depesche nach London gekommen und die Antwort des
-Gouvernements noch nicht bekannt.</p>
-
-<p>Eine andere sehr wenig erfreuliche Antwort gab noch gestern Abend
-der niederländische Ambassadeur, Falk, aus London, daß nämlich das
-englische Ministerium sehr geneigt sei, den Herzog von Orleans als
-König anzuerkennen... demnächst wäre jetzt das englische Gouvernement
-auch geneigt, Don Miguel<a name="FNAnker_73_73" id="FNAnker_73_73"></a><a href="#Fussnote_73_73" class="fnanchor">[73]</a> anzuerkennen, ob aus Legitimität oder
-revolutionären Prinzipien, weiß ich nicht.</p>
-
-<p>Die Schlußfolge aus Beiden ist aber, daß also vorgeschlagen wird, zwei
-Revolutionen anzuerkennen oder aber die größte aller Inkonsequenzen zu
-begehen, in Portugal die Legitimität und zugleich in Frankreich die
-Revolution anzuerkennen.</p>
-
-<p><span class="pagenum"><a name="Seite_88" id="Seite_88">[S. 88]</a></span></p>
-
-<p>Wenn bloß das confuse englische Ministerium so spräche, so würde ich
-mich eher von dem Donnerschlage erholen, den mir diese Nachricht
-gegeben hat; da aber russische und andere Diplomaten diese Ansichten
-teilen, so gestehe ich, daß mich eine Trauer erfüllt, die ich nicht
-bergen kann. Also die Revolte des Pariser Pöbels soll von ganz Europa
-anerkannt werden und ihr Resultat gekrönt. Das, was alle rechtdenkenden
-Menschen mit Schauder erfüllt hat, soll legalisiert werden? Welch’
-eine Aufforderung für alle Übelwollenden zur Nachahmung würde in einer
-solchen Anerkennung liegen. Wie kann man einer Nation noch Treu und
-Glauben schenken, wie kann man ihre Eitelkeit durch solche Anerkennung
-noch mehren und stärken wollen, eine Nation, die zu allen solchen
-Freveln bereit ist, wie wir sie wieder seit drei Wochen sehen, wie wir
-sie seit 40 Jahren erlebt haben? Und wenn es noch die Nation wirklich
-wäre; aber es ist immer nur eine Partei, die den Anstoß gibt, der die
-betörte und leichtfertige Nation willenlos folgt. Also dieser Partei
-unterwürfe sich Europa durch jene Anerkennung; welch’ ein Triumph für
-diese Partei und für alle Revolutionen. Welche Throne würden da noch
-sicher stehen?</p>
-
-<p>Die Gründe, die England zu diesen Anerkennungs-Ansichten bewegen,
-sollen die sein, daß es dadurch hofft, einer Republik oder einer
-Anarchie in Frankreich zuvor zu kommen. Allerdings wird man den sehr
-schwankenden Thron des Orleans durch Anerkennung consolidieren, aber
-auf Unkosten des Princips, das alle Throne nur erhalten kann. Aber bei
-der sehr großen Unsicherheit des Throns des Orleans, die sich täglich
-officiell und in privaten Unterhaltungen ausspricht, beim Austritt
-aller Wohldenkenden aus der Kammer, bei der Unzufriedenheit, die bei
-allen <span class="antiqua">gens de bien</span> existieren soll, bei allen solchen Erscheinungen
-bedarf es nur des Anstoßes von Außen, um das unsicher fundamentierte
-Gebäude umzuwerfen und die Legitimität durch den Bordeaux triumphieren
-zu lassen, dem man freilich eine Constitution zur Seite setzen und zu
-erhalten wissen muß, die Hand und Fuß hat.</p>
-
-<p>Verzeihen Sie gnädigst diese freimütigen Äußerungen, aber ich war zu
-ergriffen, um sie Ihnen nicht mitzuteilen.</p>
-
-<p class="gruss"><span class="mright2">Ihr gehorsamer Sohn</span><br />
-Wilhelm.</p>
-
-<p><span class="pagenum"><a name="Seite_89" id="Seite_89">[S. 89]</a></span></p>
-
-<p class="briefkopf">Im Haag, den 22. August 1830.</p>
-
-<p>Was mir an Ihrem gnädigen Briefe natürlich das Interessanteste war,
-war Ihre Ansicht über das, was wegen der Ereignisse in Frankreich zu
-tun sei. Da ich daraus ersah, daß Sie mit der hier bereits bekannten
-englischen Ansicht sich einverstanden erklären, und wie man indirect
-nun auch weiß, daß Österreich so denkt und Rußland so denken wird,
-so sehe ich freilich, daß ich mit meiner Ansicht das Feld räumen
-muß, wobei es vielleicht vergönnt sein wird, daß ich meinem Innern
-die ausgesprochene Überzeugung bewahre und daß Gott gebe, daß meine
-Besorgnisse nicht kurz über lang eintreffen, namentlich wenn nun noch
-der Orleans anerkannt wird; dann dürften in 10 bis 15 Jahren viele
-dergleichen Könige auf Europas Thronen sitzen, wenn auch die mit mir
-Gleichgesinnten für die gute Sache zu sterben werden gewußt haben.</p>
-
-<p>Da Sie selbst mit Gewißheit annehmen, daß über kurz oder lang wir von
-der Revolution werden ergriffen werden, weil Frankreich die Eroberung
-Belgiens und des linken Rheinufers verlangen wird, eine Ansicht, die
-ich in einem meiner ersten Briefe von hier auch schon auszusprechen
-wagte, so werden Sie es mir nicht übel nehmen, wenn ich mich auch
-noch über diesen Gegenstand ausspreche und namentlich, ob nicht ein
-Angriffskrieg Europas gegen Frankreich jetzt vorzuziehen sei.</p>
-
-<p>Frankreich ist in diesem Augenblick in einem Zustand von Unsicherheit
-über das, was es getan hat, über die Möglichkeit der Erhaltung des
-Erlangten, über die Maßregeln, welche Europa ergreifen wird, von dem
-Alle gewiß Mißbilligung und Strafe fürchten; demnächst daraus folgend
-sehen wir die Parteiungen täglich in Paris ausbrechen, die der Roi
-citoyen und die Seinigen mit Proklamationen dämpfen müssen; man sieht
-in den Journalen bereits die alte Unzufriedenheit mit dem Souverain und
-den Ministern ausgesprochen (trägt die Zügellosigkeit der Presse unter
-der vorigen Regierung nicht einen großen Teil der Schuld der jetzigen
-Revolution?); wir sehen die Armee in einer völligen Reorganisation,
-mit detachierten Armeen in Algier und Griechenland; wir sehen die
-freimütigen Äußerungen vieler Pairs und Deputierten, die sich aus den
-Ämtern zurückziehen, es mit ihrem Gewissen nicht vereinigen könnend,
-der neuen Regierung zu schwören und zu dienen (und wie stark mag
-die Partei derer nicht sein, die eben so denken, aber sich<span class="pagenum"><a name="Seite_90" id="Seite_90">[S. 90]</a></span> nicht
-ausspricht, die aber auf Europa hofft und wartet als Erlöserin?).
-Alle diese Verhältnisse werden noch Monate lang so bestehen, aber die
-Consolidierung des Reichs und der Verhältnisse wird mit Riesenschritten
-fortschreiten, wenn es erst erfährt, daß Europa nicht intervenieren
-wird oder gar Orleans anerkennt. Die Unsicherheit und Bangigkeit
-im Lande verschwindet dann, die Gutgesinnten unterwerfen sich dem
-Anerkannt-Bestehenden, die Armee ist reorganisiert, die detachierten
-Corps werden herangezogen.</p>
-
-<p>Wenn so also in Jahr und Tag das neue Frankreich sich consolidiert
-haben wird und sich kräftig und gerüstet fühlt, einen Schlag nach außen
-tun zu können, dann wird es uns angreifen. Wenn der Himmel uns dann
-den Sieg gibt, so wird der Kampf, wie Sie selbst sagen, auch nicht
-leicht sein, nein, er wird ungleich schwerer als diesen Augenblick
-sein, da man dann nicht mehr darauf rechnen kann, einen unsicheren und
-schwankenden Thron, der nur von Parteiungen erzeugt und gehalten wird,
-mit einem Schlag wie 1815 zu zertrümmern, sondern weil man es alsdann
-mit einer, das neue Verhältnis teils lieb gewonnenen, teils ruhig
-ertragenden Nation zu tun haben wird. Und das Ende des Ganzen ist, daß
-man mit dem Geschöpf der Revolution einen Frieden schließt, wenn die
-Pariser nicht ihren Orleans wie ihren Napoleon und ihren Charles nach
-Belieben absetzen wollen und Europa dies abwarten muß, bis es mit dem
-Herzog von Bordeaux und der Legitimität hervortritt.</p>
-
-<p>Wenn dagegen Europa jetzt mit diesem Princip auftritt und
-gemeinschaftlich wohl gerüstet in 2&ndash;3 Monaten den Krieg erklärte, bis
-wohin alle Armeen am Rhein concentriert sein könnten, so würde man
-Frankreich weder durch eine stillschweigende noch durch eine officielle
-Anerkennung des Geschehenen consolidiert haben, noch es consolidiert
-finden, sondern man findet es in dem geschilderten Zustande von
-Unsicherheit über die Möglichkeit der Erhaltung des Geschehenen, in der
-gerechten Besorgnis, einem Stoß von ganz Europa nicht widerstehen zu
-können; die gute Partei würde mit Ungeduld den Moment erwarten, wo die
-Legitimität triumphieren wird und wo der nicht anerkannte Souverain von
-Europa destituiert wird; man findet die Armee noch nicht organisiert
-und nicht einmal einen Feldherrn, wie Napoleon, der 1815 Alles
-electrisierte und der dennoch in einer Schlacht nur von zwei großen
-und einer kleinen Armee geschlagen unterlag. Wieviel Chancen<span class="pagenum"><a name="Seite_91" id="Seite_91">[S. 91]</a></span> also
-für das Gelingen eines Angriffskrieges <em class="gesperrt">jetzt</em> gegen Frankreich.
-Und selbst für den ungünstigst anzunehmenden Fall, den ich der Erste
-bin, als gewiß aufzustellen, daß im Moment, wo Europa Frankreich den
-Krieg erklärt, <em class="gesperrt">alle</em> Parteien zusammenstimmen und zusammenhalten
-werden, um den einfallenden Feind abzuwehren, so würde dadurch diese
-Harmonie im <em class="gesperrt">jetzigen</em> Moment von nicht größerer Dauer sein als
-1815. So wie damals würde vielleicht mit einem Schlage die Sache
-beendigt, denn Orleans’ Thron scheint mir nicht einmal so fest zu
-stehen als der von Napoleon in 100 <span class="antiqua">jours</span>.</p>
-
-<p>Demnach hat es mich also bedünken wollen, daß ein Aggressiv-Krieg
-Europas jetzt gegen Frankreich nicht nur zum Besten und zum Triumph der
-guten Sache gereichen würde und die Revolution dadurch allenthalben
-auf lange Jahre unterdrückt werden würde, sondern auch der Kampf viel
-leichter und der Erfolg sicherer sein würde. Auch wer weiß, ob, wenn
-Frankreich einst Belgien und uns angreift, wir auf die Armeen der
-Verbündeten rechnen können, die sie jetzt des Princips halber stellen
-müßten oder dann nur auf die tractatmäßigen Corps.</p>
-
-<p>Wie ungeduldig ich bin, zu erfahren, was Europa auch ohne
-Kriegserklärung beschließen wird, um sein Mißfallen mit der Revolution
-auszusprechen, begreifen Sie gewiß. Die Nicht-Anerkennung Orleans und
-die officielle Mißbilligung alles Geschehenen und damit Frankreich
-seinem Schicksal sich überlassend, dürfte jetzt doch noch nötig sein,
-um wenigstens einen moralischen Eindruck der Einigkeit Europas zu geben
-und dadurch Frankreich zittern zu machen.</p>
-
-<p>Verzeihen Sie gnädigst meine freimütigen Äußerungen, aber der Moment
-ist zu groß, als daß ich es nicht wagen dürfte, mich auszusprechen,
-wenn es auch nur verhallende Worte sind.</p>
-
-<p class="gruss"><span class="mright2">Ihr gehorsamer Sohn</span><br />
-Wilhelm.</p>
-
-<p class="briefkopf">Düsseldorf, den 28. August 1830.</p>
-
-<p>In diesem Augenblick geht durch einen Privat-Brief aus Brüssel die
-Nachricht hier ein, daß daselbst am 25. Abends bei Aufführung der
-<span class="antiqua">Muette de Portici</span> ein Aufruhr ausgebrochen ist, der mit Pfeifen
-im 5. Akt begonnen hat. Darauf hat man die Presse des royalistischen
-Journales zerstört, die Wohnung des Justizministers und zweier anderer<span class="pagenum"><a name="Seite_92" id="Seite_92">[S. 92]</a></span>
-Beamten zerstört; die Rufe <span class="antiqua">Vive la liberté, à bas les ministres,
-vive Napoléon II</span> wurden ausgestoßen, die Wachen verhielten sich
-ruhig. Um 2 Uhr Nachts hat, da sich der Aufruhr nicht legte, das Feuer
-der Truppen begonnen; einige haben zu feuern refusiert, das Volk hatte
-eine Kanone erobert; das Schloß war in Gefahr und mit Cavallerie
-umgeben. Um 6 Uhr früh dauerte das Feuer fort; es sollten nach
-Augenzeugen-Nachrichten viele Menschen tot und blessiert sein.</p>
-
-<p>So wäre denn die Revolution in Spanien und den Niederlanden über
-die Grenzen gebrochen<a name="FNAnker_74_74" id="FNAnker_74_74"></a><a href="#Fussnote_74_74" class="fnanchor">[74]</a>... Hier soll der Geist gut sein, einige
-Schreier ausgenommen. Ich bin sehr herzlich hier empfangen worden, mit
-Illumination und Hurrah und Fackelzug... Ich darf nicht unterlassen,
-untertänigst zu bemerken, wie schwach unsere Festungen besetzt sind,
-bei der Concentration des 2. Armee-Corps. Lüttich ist eine schlecht
-gesinnte Stadt. Jülich hat 100 Mann Garnison, Köln nicht mehr.</p>
-
-<p class="briefkopf">Köln, den 29. August 1830.</p>
-
-<p>Die Brüsseler Unruhen scheinen sich gänzlich gelegt zu haben... die
-ganze Sache scheint nur den Charakter eines Excesses, allerdings der
-gröbsten und gefährlichsten Natur zu tragen, dem aber unleugbar ein
-politischer Grund zur Basis diente, der aber glücklicher Weise weder
-von den Behörden noch dem angesehenen Teile der Bürger geteilt wird...</p>
-
-<p>Da ich nicht das Glück gehabt habe, in der Beurteilung der
-französischen Revolution und der gegen dieselbe zu unternehmenden
-Reppressalien<span class="pagenum"><a name="Seite_93" id="Seite_93">[S. 93]</a></span> und deren Bekämpfung Ihre Intentionen zu treffen,
-so scheue ich fast, über diese belgischen Ereignisse ein Urteil zu
-fällen. Aber dennoch drängt es mich, auszusprechen, was daraus werden
-soll, wenn die Untertanen <span class="antiqua">ad libitum</span> die Souveraine bedrohen
-und durch Wort und Tat zwingen wollen, die Minister und überhaupt die
-Regierungsprinzipien nach ihrem Urteil, nach ihrem Willen zu wechseln
-und zu ändern. Die Ereignisse in Paris seit 3 Jahren sollten doch
-recht aufmerksam machen, was daraus wird, wenn ewig den Schreiern
-Concessionen gemacht werden.</p>
-
-<p>So sehen wir aber, wohin man kommt, wenn stets Concessionen gemacht
-werden, die so lange verlangt und gesteigert werden, bis die
-Souveränität der der Orleans gleich kommt, das heißt, ein Mannequin!</p>
-
-<p>Ich kann daher meine Ansicht nicht ändern; so lange man nicht mit
-aller Kraft und Gewalt der Revolution da, wo sie am abscheulichsten
-ausgebrochen ist und zu Resultaten geführt hat, also in Paris,
-entgegen tritt, so lange wird man auch das revolutionäre Princip nicht
-unterdrücken, sondern es nur nähren und bald allenthalben zum Ausbruch
-bringen!</p>
-
-<p>Alles hier ist Ihrer Person ganz ungemein und unumwunden ergeben. Die
-Behörden können freilich nicht leugnen, daß es allenthalben Vereine
-gibt, die bei großen Fabrikstädten wie hier und in Aachen namentlich
-Unruhen oder unruhige Auftritte herbeizuführen trachten könnten; aber
-an eine Folge übler Art von dergleichen wäre nicht zu denken.</p>
-
-<p class="briefkopf">Lippstadt, den 31. August 1830.</p>
-
-<p>Die Ruhe, welche in den Niederlanden hergestellt zu sein schien,
-hat sich leider nicht bestätigt und ist im Gegenteil die Sache viel
-schlimmer geworden... Der König hat Ihre Unterstützung für seinen
-wankenden Thron in Anspruch genommen...</p>
-
-<p>Leider sehe ich immer mehr meine Ansicht bestätigt, daß die
-Revolutionäre mit jedem Moment dreister und um sich greifender werden,
-als deren Principien nicht allgemein bekämpft und auf den Kopf getreten
-werden. Ich hoffe und rechne sehr darauf, daß die energischen Maßregeln
-in den Niederlanden die Brüsseler usw. zu Paaren treiben werden...</p>
-
-<p><span class="pagenum"><a name="Seite_94" id="Seite_94">[S. 94]</a></span></p>
-
-<p class="briefkopf">Lippstadt, den 1. September 1830.</p>
-
-<p>Heute früh 7 Uhr erhielt ich die erste Meldung von dem Aufstande in
-Aachen... So niederschlagend auch der Auftritt in Aachen ist, so kann
-ich doch nicht leugnen, hat er mich nicht überrascht. Die Stimmung
-jenseits des Rheines ist nicht günstig gewesen: „sie dächten gar
-nicht daran, preußisch zu bleiben, auch wäre das Ihre Ansicht, denn
-nur darum, weil sie bald wieder französisch werden würden, hätten
-Sie ihnen die französische Gesetzgebung gelassen“... Von neuem zeigt
-sich also, daß die unglückselige französische Gesetzgebung Schuld an
-der Entfremdung der Gemüter von Preußen ist. Von allen Seiten bin ich
-wieder angelegen worden, Sie inständig zu bitten, die preußischen
-Gesetze lieber heute wie morgen einzuführen. Und ich kann nicht anders
-als aus voller Überzeugung Sie fußfällig zu ersuchen, die jetzige
-Crisis zu brauchen, um Ihre Gesetze so schnell wie möglich am Rhein
-einzuführen. Die Revision der Gesetzgebung, bis zu deren Beendigung die
-Einführung der preußischen Gesetze ausgesetzt bleiben soll, ist noch
-so weit im Felde, daß unter vielen Jahren an deren Beendigung nicht zu
-denken ist, um so mehr, als die damit beauftragte Commission auch sehr
-eigentümlich combiniert sein soll. Dieses beständige Hinausschieben der
-Einführung der Gesetze am Rhein hat auch schon die Ansicht verbreitet,
-man fürchte sich eigentlich jetzt, unsere Gesetze einzuführen. Diesem
-Allem könnten Sie jetzt so rasch ein Ende machen...</p>
-
-<p class="briefkopf">Lippstadt, den 3. September 1830.</p>
-
-<p>Die soeben aus Elberfeld eingegangene Meldung des dort statt gehabten
-Auflaufes eile ich Ihnen zu übersenden. Der Bürgersinn hat sich, wie
-es scheint, dort und in Köln und in Aachen bei den verschiedenen
-Aufständen sehr gut gezeigt. Eine aufrührerische Affiliation
-zwischen allen Fabrikorten ist aber unverkennbar, die unstreitig von
-revolutionären Emmissairs herrührt; die Revolution sucht allenthalben
-die Gründe der Unzufriedenheit zu erkunden, um darauf Unruhe zu
-basieren; bei uns scheint sie aber bis jetzt noch glücklicher Weise
-keinen nahrhaften Boden zu finden.</p>
-
-<p class="briefkopf">Coblenz, den 6. September 1830.</p>
-
-<p>Soeben erhalte ich aus dem Haag die Nachricht, daß Wilhelm von Oranien
-dort am 3. ganz unerwartet angelangt ist, um die Proposition<span class="pagenum"><a name="Seite_95" id="Seite_95">[S. 95]</a></span> der
-Belgier zu überbringen, Belgien als ein eigenes Königreich ganz vom
-Königreich Holland zu trennen. Unter dieser Bedingung wollten sie
-ferner die Herrschaft des Königs anerkennen. Wenn ich meine Meinung
-aussprechen darf, so glaube ich, hätte der König von Hause aus diese
-Trennung bei Übernahme der Krone verfügen sollen, weil diese beiden
-Nationen nie zusammenzubringen wären; dies hat mir wenigstens vom
-ersten Augenblick an eingeleuchtet. Es scheint, daß der König auf diese
-Trennung eingehen wird als einziges Mittel, Belgien sich zu erhalten
-ohne Blutvergießen. Was ihm diese Concession kosten wird im Laufe der
-Zeit, ist unberechenbar, denn wer den Finger gibt, muß bald die ganze
-Hand nachgeben.</p>
-
-<p>So hätte denn die Revolution in Zeit von 4 Wochen den zweiten Sieg
-davon getragen...</p>
-
-<p>Wir fangen an, etwas Luft zu schöpfen<a name="FNAnker_75_75" id="FNAnker_75_75"></a><a href="#Fussnote_75_75" class="fnanchor">[75]</a>, seit der heutigen Nachricht
-aus Brüssel. Wilhelm von Oranien hat sich wirklich aufgeopfert, aber
-auch viel aushalten müssen. In Loewen und Lüttich ist die Gährung noch
-sehr groß...</p>
-
-<p class="briefkopf">Im Haag, den 13. September 1830.</p>
-
-<p>.... daß der König aus Paris aus sicherer Quelle wisse, daß sich
-daselbst mit einemmale eine Menge deutscher Studenten von vielen
-Universitäten eingefunden hätten, die plötzlich alle abgereist seien,
-<span class="antiqua">après avoir reçu le mot d’ordre</span>, wie der König sich ausdrückte,
-um <span class="antiqua">ce mot d’ordre</span> ihren Corporationen zu überbringen. Es sei
-dies von großer Wichtigkeit und von den deutschen Fürsten durchaus
-nicht außer Acht zu lassen, weil etwas sehr Unangenehmes sonst zu
-erwarten stände.</p>
-
-<p>Der König trug mir auf, Ihnen dies doch gleich wissen zu lassen und
-habe er es allen Gesandten hier schleunigst mitteilen lassen.</p>
-
-<p><span class="pagenum"><a name="Seite_96" id="Seite_96">[S. 96]</a></span></p>
-
-<p>Was daran wahr sein mag, ist schwer zu entscheiden; indessen in der
-jetzigen Zeit, wo die Pariser Revolution schon so viele Imitateurs
-findet, wovon die Ereignisse in Braunschweig<a name="FNAnker_76_76" id="FNAnker_76_76"></a><a href="#Fussnote_76_76" class="fnanchor">[76]</a> neuerdings wieder
-zeugen &mdash; auch von Cassel fängt man an zu sprechen &mdash; darf man wohl
-jede Andeutungen, die auf Conspiration hinweisen, nicht außer Acht
-lassen. Und wenn diese Studentengeschichte auch nur einen momentanen
-Aufstand erregen sollte, so kann der doch so manches Menschenleben
-kosten und daher ist jede Vorsicht wohl heute zu Tage um so mehr sehr
-zu empfehlen. General Borstell ist benachrichtigt, um für Bonn ein
-wachsames Auge zu haben und namentlich um zu erfahren zu suchen, ob
-wirklich Emmissaire in Paris gewesen sind und zurückkehrten und wie ihr
-Betragen ist. Bekannt ist, daß in den Hundstags-Ferien unglaublich viel
-deutsche Studenten nach Paris geeilt sind, um die große Nation in der
-Nähe zu bewundern.</p>
-
-<p class="briefkopf">Im Haag, den 14. September 1830.</p>
-
-<p>Sie können sich gar nicht denken, mit welchem Vertrauen Alles auf Sie
-und Ihre Armee hier sieht. Der Eindruck, den die bei uns sogleich
-gestillte Emeute hier gemacht hat, ist nicht zu schildern; das
-Vertrauen zu Preußen ist dadurch um ein Unglaubliches gestiegen. In
-Alost mußte der Herzog Bernhard von Weimar<a name="FNAnker_77_77" id="FNAnker_77_77"></a><a href="#Fussnote_77_77" class="fnanchor">[77]</a> eine Emeute stillen; er
-konnte die Impertinenz der Behörden nicht bezwingen, so daß er endlich
-sagte: wenn sie so fortfahren zu handeln, so sind in 14 Tagen die
-preußischen Armeen hier, da wird kurzer Proceß gemacht; in 24 Stunden
-ist das Urteil dann gefällt und ausgeführt. Das hat einen solchen
-Eindruck gemacht, daß die Gesichter sich verzogen und sogleich klein
-beigegeben ward.</p>
-
-<p class="briefkopf">Im Haag, den 16. September 1830.</p>
-
-<p>Gestern Mittag erfuhren wir hier die traurigen Nachrichten aus
-Dresden<a name="FNAnker_78_78" id="FNAnker_78_78"></a><a href="#Fussnote_78_78" class="fnanchor">[78]</a>. Die ungestrafte Pariser Revolution findet also, wie ich es
-leider nur zu wahr ahndete, immer mehr Nachfolger.</p>
-
-<p><span class="pagenum"><a name="Seite_97" id="Seite_97">[S. 97]</a></span></p>
-
-<p>Was nun meine Besuche in den Städten am Rhein betrifft, die ich nach
-den stattgehabten Emeuten dort machte, so fand ich zuvörderst in
-Elberfeld eine Niedergeschlagenheit, die nicht zu schildern ist; der
-Empfang und die Versicherungen von Anhänglichkeit, welche ich 5 Tage
-dort vorher erlebt hatte, mochten den Anwesenden wohl eine Art Scham
-erzeugen, die ich mich veranlaßt fand selbst als falsch und unnötig
-ihnen vorzuhalten. Denn der Aufstand war ja durch die niedrigste
-Volksklasse erzeugt worden und durch diejenigen, welche jetzt als
-Repräsentanten der Bürgerschaft vor mir standen, sogleich ohne Militär
-gedämpft worden, sodaß ihnen ja nichts zur Last fiel, sondern ich im
-Gegenteil ihnen nur danken konnte für ihr schönes, entschlossenes und
-festes Benehmen. Diese Worte richteten sie wieder auf, und gewiß ist
-die Stimmung dort vorzüglich und die Anhänglichkeit an Ihre Person
-außerordentlich groß. In Köln war ich bei meiner ersten Anwesenheit
-ohne alle äußeren Zeichen von Enthusiasmus behandelt worden, ja ich
-möchte eher sagen, daß man in der Stadt fast keine Notiz von mir
-nahm, obgleich abends die Stadt erleuchtet war, aber schwerlich ganz
-freiwillig. Um so auffallender war es mir, daß, als ich nun nach dem
-Auflauf wieder herkam, der auch durch die Bürger allein gedämpft worden
-war, ich sogleich beim Aussteigen mit Hurrah von den Bürgern und von
-den Angeseheneren begrüßt ward, was sich auch wiederholte, wo ich mich
-sehen ließ, woraus ich sehr deutlich entnehmen konnte, daß sich die
-Bürger etwas darauf zu Gute taten, daß sie ihre Anhänglichkeit an Ruhe
-und Ordnung, an Ihre Person und an den bestehenden Zustand der Dinge
-auf eine so eclatante Art durch ihr Benehmen gegen die Aufrührer hatten
-kund tun können.</p>
-
-<p>Die einzelnen Wünsche, die ich im allgemeinsten gehört habe, gehen
-hauptsächlich darauf hin, daß man es sehr gern sehen würde, wenn mehr
-Eingeborene in Westphalen und im Rheinland angestellt würden. Ein
-anderer Wunsch ist, daß die Geschäfte rascher betrieben werden möchten,
-indem die Sachen in den Ministerien entsetzlich verschleppt werden.
-Und dann noch, daß das Unterrichtsministerium praktischer eingreifen
-möchte, was freilich von Altenstein<a name="FNAnker_79_79" id="FNAnker_79_79"></a><a href="#Fussnote_79_79" class="fnanchor">[79]</a> nicht mehr zu erwarten ist...</p>
-
-<p><span class="pagenum"><a name="Seite_98" id="Seite_98">[S. 98]</a></span></p>
-
-<p>Es sind heute schlechte Nachrichten aus Brüssel gekommen. Man hat dort
-die Thron-Rede öffentlich verbrannt und ein Auflauf von 5&ndash;600 Menschen
-hat stattgefunden; um 11 Uhr Abends war jedoch die Ruhe hergestellt.
-Es scheint, daß diese Nachricht zu ernsten Mitteln endlich den Anstoß
-gibt, aber die Generalstaaten sollen erst diese Mittel vorschlagen und
-verlangen; damit gehen immer mehrere Tage verloren; die jungen Truppen,
-die <span class="antiqua">au qui vive</span> stehen, schon einmal zurück mußten und von den
-Rebellen bearbeitet werden durch Emissairs und Proclamationen, werden
-mißmutiger; kurzum die Lage ist sehr bedenklich, wenn nicht bald und
-rasch etwas geschieht. Der König ist sehr niedergeschlagen. Er sagte
-mir heute: Wie haben sich die Dinge geändert, seitdem Sie bei uns
-sind; nirgends ist ja mehr Treu und Glauben zu finden; die heiligsten
-Rechte werden ja nicht mehr respectiert. Dann setzte er hinzu: Meine
-Lage ist verzweifelt; wenn ein europäischer Krieg ausbricht, so bin
-ich paralysiert; mein halbes Reich ist in Aufruhr, die Hälfte der
-Armee jenseits Brüssel in den Festungen isoliert und diese schwach
-besetzt; bleiben die Truppen nicht treu, so sind diese Festungen alle
-für Frankreich erbaut, die Finanzen, die blühten, sind schon jetzt
-gedrückt, die Papiere so gefallen, daß man mit ihnen keinen Handel
-machen kann; ich habe also gar keine Mittel tätig zu sein, wenn ein
-Krieg ausbricht...</p>
-
-<p class="briefkopf">Nimwegen, den 19. September 1830.</p>
-
-<p>Gleich vorgestern, als nach dem Diner die ersten alarmierenden
-Nachrichten eintrafen, sandte der König seinen Adjutanten an Fritz, um
-ihm den Befehl zum Vorrücken gegen Brüssel zu geben, da nun kein Moment
-zu versäumen sei, die Residenz zum Gehorsam zu zwingen, bevor das
-platte Land im Aufstand sei. Fritz erhielt zugleich den Befehl, wenn
-er mit seinem Corps vor Brüssel concentriert stehe, eine Proclamation
-zu erlassen, in welcher die Stadt im Guten noch einmal zum Gehorsam
-aufgefordert wird und in welcher der König eine Art Pardon annonciert
-und nur die Rädelsführer zu strafen verspricht (eine Art limitierte
-Amnestie, von der Wilhelm sagt, daß sie doch die Hände nicht zu sehr
-bände; über das Geschehene ist nichts zu sagen, sonst glaube ich, sind
-die Amnestien nicht zum Heile der Throne ausgeschlagen). Wenn diese
-Aufforderung nach einigen Stunden Bedenkzeit nicht angenommen, und<span class="pagenum"><a name="Seite_99" id="Seite_99">[S. 99]</a></span>
-ausgeführt ist, so soll Fritz den Gehorsam mit Gewalt erzwingen und da
-habe ich ihn inständigst gebeten, jedes Straßen-Gefecht zu evitieren
-und Alles durch ein Bombardement zu zwingen suchen. Wahrscheinlich
-steht Fritz heute Abend schon vor Brüssel, spätestens morgen, sodaß am
-21. bestimmt der entscheidende Schlag sein wird. Gott gebe seinen Segen.</p>
-
-<p>Sollte die Sache manquieren, ja dann sagte mir der König gestern
-ausdrücklich, daß er alsdann Belgien aufgeben müßte für den Moment;
-er würde eine Defensiv-Stellung von Antwerpen nach Maastricht nehmen
-und in dieser die Unterstützung der Alliierten abwarten, die er dann
-sogleich in Anspruch nehmen würde. Er fügte hinzu, daß dann freilich
-ein allgemeiner Krieg unvermeidlich sei, da ihm Frankreich habe
-officiell anzeigen lassen, daß, wenn er von Europa unterstützt würde,
-der sogenannte König Orleans die Revolution Belgiens seinerseits
-unterstützen würde. Dahin wären wir nun also in Europa gekommen, daß,
-während fast alle Mächte die Revolution bekämpften, nun schon das
-Zerwürfnis eingetreten ist, daß eine bedeutende Macht erklärt, die
-Revolution unterstützen zu wollen, wenn die andern Mächte sie angreifen
-wollen. Wohin soll das noch führen<a name="FNAnker_80_80" id="FNAnker_80_80"></a><a href="#Fussnote_80_80" class="fnanchor">[80]</a>!</p>
-
-<p>Ich hoffe, daß Fritz von Oranien in Brüssel den Frieden Europas auf
-einige Jahre wenigstens noch erhalten wird<a name="FNAnker_81_81" id="FNAnker_81_81"></a><a href="#Fussnote_81_81" class="fnanchor">[81]</a>.</p>
-
-<p><span class="pagenum"><a name="Seite_100" id="Seite_100">[S. 100]</a></span></p>
-
-<p class="briefkopf">Weimar, den 28. September 1830.</p>
-
-<p>Auf der Durchfahrt durch Gotha kommen soeben Reisende an, welche von
-Hanau bis Fulda, Fulda selbst ausgenommen, alle Städte im Aufruhr
-gefunden haben. Allenthalben würden, wie vor einigen Nächten in
-Hanau, die öffentlichen Bureaus und Beamten-Wohnungen geplündert und
-verbrannt und alles schreie nach Freiheit, der Kurfürst verweigere eine
-Verfassung, die Wappen wurden abgerissen, die Durchreisenden mußten
-mit: es lebe die Freiheit rufen, wobei man ihnen eine Axt vors Gesicht
-hielt; nicht nur die Städte, sondern auch die Bewohner des platten
-Landes sind im Aufstande; sie jagen die Schulzen und Amtsleute fort,
-ziehen bewaffnet von einem Ort zum andern, setzen sogleich Wachen und
-Signale aus, kurzum die Sachen werden natürlich durch immer noch nicht
-habhaft zu werdende Emmissaire nach ein und demselben Plane geleitet,
-überall wird gesengt und gebrannt, aber nirgends gestohlen. Auf Zuruf
-einer Stimme: es ist genug für heute geht alles ruhig auseinander
-gerade wie in Brüssel bei dem Rufe: <span class="antiqua">c’est assez</span>. Der soeben
-eintreffende Großherzog von Oldenburg bestätigt nicht nur all’ die eben
-erzählten Greuel, sondern ist Augenzeuge derselben gewesen, indem auch
-ihm unter anderm jene Axt vorgehalten worden ist. In Fulda war gestern
-Mittag bei seiner Abreise die Unruhe auch schon ausgebrochen und die
-schwachen Behörden hatten sogleich die Licent-Erhebung, welches die
-Haupt-Forderung der Meuterer ist, aufgehoben. Das Militär sieht überall
-ruhig zu dem Unwesen zu. Der Großherzog von Oldenburg und der Herzog
-von Coburg, der mir gestern Rendez-Vous in Gotha gab, sprachen Beide
-äußerst determiniert, besonders ersterer hatte echte Ansichten über
-das Militär und seine Leistungen bei solchen Excessen ausgesprochen.
-Wenn nur endlich irgendwo einmal Ernst und Strenge gegen die Meuterer
-gezeigt würde und nicht überall die unzeitige Nachgiebigkeit erblickt
-würde<a name="FNAnker_82_82" id="FNAnker_82_82"></a><a href="#Fussnote_82_82" class="fnanchor">[82]</a>... Der Großherzog von Oldenburg machte den glaube ich ganz
-zweckmäßigen Vorschlag, man sollte<span class="pagenum"><a name="Seite_101" id="Seite_101">[S. 101]</a></span> mobile Colonnen formieren in
-hiesiger Gegend, in Böhmen und Bayern vielleicht, die sich gleich nach
-den aufgestandenen Gegenden zu begeben hätten, um sie zur Raison zu
-bringen. Der Herzog von Coburg drängt, wohl sehr mit Recht, auf eine
-Art Manifest des Bundes, in dem diese unerhörten Frevel öffentlich
-verpönt und als mit Gewalt zu bekämpfend dargestellt würden.</p>
-
-<p class="briefkopf">Weimar, den 14. Oktober 1830.</p>
-
-<p>Sie haben mich durch den Grafen Lottum<a name="FNAnker_83_83" id="FNAnker_83_83"></a><a href="#Fussnote_83_83" class="fnanchor">[83]</a> befragen lassen, was es für
-eine Bewandtnis mit einer Rede habe, die ich in Coblenz gehalten hätte,
-die jetzt in mehreren Zeitungen gedruckt stehe. Wenngleich mir der
-Graf Lottum nicht sagen konnte, auf Befragen, ob Sie den Inhalt dieser
-sogenannten Rede tadelten, so mußte ich durch seine Sendung durch Sie
-an mich doch etwas Tadelndes vermuten. Es kann mir daher nichts übrig
-bleiben, als den wahren Zusammenhang der Sache vorzutragen, um mich
-dann Ihrem Schicksale zu überlassen. Daß ich keine Reden zu halten
-pflege, wissen Sie wohl und am allerwenigsten war meine Stellung in den
-Rhein-Provinzen diesen Sommer dazu geeignet; denn große Reden verfehlen
-oft ihren Zweck, wenn es auch nur darum wäre, weil die Menschen sich
-sagen: der will uns durch Redensarten gewinnen. Alles, was ich gesagt
-habe, war im Conversationstone gesprochen bei der Präsentation der
-Behörden, wo dann bald diese, bald jene Äußerung zu Einem oder dem
-Anderen oder auch zu Mehreren zugleich gesagt wird; und beim Interesse
-des Gegenstandes kam es natürlich oft, daß ein Jeder zu horchen
-versuchte, was ich sprach, dann also auch alle still waren und man so
-meinen Worten die Ehre angetan hat, sie in eine Rede zusammenzufassen.</p>
-
-<p>Übrigens sprach ich mich nicht allein in Coblenz so aus, sondern in
-Cöln, Düsseldorf, Aachen, Lippstadt, Wesel usw.; überall sagte ich dem
-Sinne nach dasselbe und dies Alles habe ich mir aus den Inhalten Ihres
-eigenen Briefes... construiert. Demnach ging der Sinn meiner Worte
-dahin: „daß Sie es bedauerten, zum zweiten Male von der Bereisung der
-westlichen Provinzen und der dortigen Armee-Corps verhindert zu<span class="pagenum"><a name="Seite_102" id="Seite_102">[S. 102]</a></span> werden
-und daß Sie mir aufgetragen hätten, dies den Truppen und den Einwohnern
-bekannt zu machen“. Wenn im vergangenen Jahre ein so schöner Grund Sie
-von dieser Reise abgehalten hätte, so wäre es nur im höchsten Grade
-zu beklagen, daß in diesem Jahre der Grund ein so höchst trauriger,
-unglücklicher sei; denn bei den jetzigen gestörten Verhältnissen in
-Frankreich, die ganz Europa in Unruhe und Bewegung zu setzen drohen,
-hätten Sie natürlich die Residenz nicht verlassen können, um sich mit
-Ihren Alliierten desto rascher beraten zu können. Was die französische
-Revolution beträfe, so würden Sie sich nicht in diese inneren
-Angelegenheiten mischen; man würde die Revolution wie einen Krater
-beobachten, der in sich selbst ausbrennen müßte und man würde nur auf
-seiner Hut sein, daß dieser Krater keine Crevasse bekäme, aus der sich
-der Gährungsstoff auf andere Länder ergießen könne. Sollte Preußen
-jedoch nicht angegriffen werden, so wären Sie fest entschlossen, alle
-Ihre Kräfte aufzubieten, um den jetzigen Besitzstand zu erhalten, und
-Sie würden keinen Mann Ihrer bewaffneten Macht zurücklassen, um auch
-den letzten Ihrer Untertanen zu beschützen und sich zu erhalten. Was
-die verschiedenen Aufstände im Preußischen beträfe, so hätten Sie dem
-wohlgesinnten Teil der Untertanen Gelegenheit gegeben zu zeigen, wie
-sehr sie Ihrem Szepter anhingen, indem sie den Emeuten allenthalben
-rasch ein Ziel gesetzt hätten. Ich müßte aber einem Jeden zu bedenken
-geben, daß man nicht nur durch Aufstände gegen Sie sich auflehnen,
-sondern daß auch durch Gesinnungen und Handeln eines Jeden in seinem
-Wirkungskreise Auflehnung entstehen könne, und daher müßte ich
-namentlich die Behörden aufmerksam machen, genau den geregelten und
-vorgezeichneten Gang Ihrer Regierungsform ins Auge zu fassen, damit
-ein Jeder in Ihrem Sinne Recht und Billigkeit ausübe. Jede Abweichung
-hiervon wäre gegen Ihre Absicht und gegen den Sinn Ihrer Regierung und
-könne daher eine Ahndung nach sich ziehen.</p>
-
-<p>Wenn Sie gegen diese Worte und deren Sinn etwas zu erinnern finden,
-so muß ich Belehrung darüber erwarten; ich glaube aber versichern zu
-können, daß sie nicht nachteilig gewirkt haben und das Interesse,
-welches Sie an den getrennten Provinzen nehmen, den Einwohnern von
-Neuem gezeigt und sie sehr erfreut hat.</p>
-
-<p class="gruss"><span class="mright2">Ihr gehorsamer Sohn</span><br />
-Wilhelm.</p>
-
-<div class="chapter">
-
-<p><span class="pagenum"><a name="Seite_103" id="Seite_103">[S. 103]</a></span></p>
-
-<h2 class="nobreak" id="Im_Dienste_des_Staates">Im Dienste des Staates.</h2>
-
-</div>
-
-<p class="briefkopf">Berlin, den 14. November 1830.</p>
-
-<p>Auf meinen dienstlichen Antrag, den Kavallerie-Regimentern
-die Kriegsreserven-Mannschaften so lange zu belassen, bis die
-Augmentations-Mannschaft im Februar oder März eintrifft, habe ich
-heute die abschlägige Bescheidung des Kriegsministers auf Ihren Befehl
-erhalten. Verzeihen Sie gnädigst, wenn ich noch ein Mal in dieser
-Angelegenheit mich direkt an Sie wende. Mein Zweck kann ja kein anderer
-sein, als Ihre Kavallerie vor einem möglichen Erscheinen im Felde zu
-sichern, der ihr und ihrem Namen nur Nachteil bringen kann.</p>
-
-<p>Die jetzige Stärke eines Kavallerie-Regimentes ist 462 Gemeine;
-davon sollen nun ein Drittel entlassen werden, also pp. 150 Gemeine;
-es verbleiben also ausrückender Stand 378 Gemeine. Davon Kranke,
-Kommandierte ect. vielleicht 18 Mann. Schlagfertiger Stand also 300
-Mann.</p>
-
-<p>Mit 300 Pferden also würde ein Kavallerie-Regiment marschieren, wenn
-im Laufe der nächsten Monate ein Marsch befohlen würde. Wenngleich
-ich die politischen Ereignisse nicht kenne, so scheint doch aus allem
-hervorzugehen, daß die Krisis gekommen ist, wo es sich entscheiden muß,
-ob in wenigen Wochen Belgien sich friedlich gibt oder ob es gezwungen
-werden muß, dem Willen Europas sich zu beugen. Tritt letzterer Fall
-ein, so scheint ein Einrücken unserer Truppen so schnell als möglich
-doch unumgänglich nötig, um noch so viel zu retten als möglich. Dann
-tritt aber auch der Fall ein, daß die Kavallerie-Regimenter am Rhein
-schnell aufbrechen müssen und nicht 14 Tage bis 3 und 4 Wochen auf die
-Einziehung ihrer Kriegsreserven warten können; folglich marschieren
-sie dann mit 300 Gemeinen. Noch schlimmer gestaltet sich das Ganze für
-mein Armeekorps. Dasselbe wird doch allerwenigstens nach dem<span class="pagenum"><a name="Seite_104" id="Seite_104">[S. 104]</a></span> Rhein
-marschieren müssen, wenn die dortigen Corps vorrücken (freilich wäre es
-mir lieber, wenn mein Corps gleich mit vor den Feind rücken könnte),
-dann habe ich also auch aber nur Kavallerie-Regimenter zu 300 Gemeinen;
-meine Kriegsreserve-Mannschaft kann ich aber unter 6 Wochen nicht in
-den jetzigen Garnisonen haben und nicht unter 2 Monaten am Rhein.
-Die jetzt einkommenden Rekruten pp. 150 müssen zurückbleiben oder
-unausexerciert folgen; dasselbe gilt von den Rekruten, die jetzt oder
-im Februar kommen sollen.</p>
-
-<p>Ein Regiment hat jetzt etatmäßige Pferde 468; angenommen, es haben nur
-18 Pferde ausrangiert, bleiben 450. Folglich, um den neuen Etat von
-584 Pferden zu erreichen, bedarf es 134 Pferde; davon erhält es jetzt
-60 und im Februar 74 Stück. Wenn also in den nächsten 4 Wochen ein
-Marsch eintritt, so muß ein Regiment 450 Pferde und 60 Pferde, Summa
-510 Pferde mitnehmen; darauf hat es aber nur 300 gedienter Leute und
-150 Rekruten, also genau 210 Pferde mehr zu warten, als es Leute zu
-deren Wartung hat und wenn die Rekruten mit die Pferde warten können,
-so bleiben immer noch 60 Pferde mehr als wartende Soldaten. In der
-Garnison in Ruhe läßt sich das allenfalls ertragen, aber auf einem
-Marsch wäre es ein entsetzlicher Übelstand<a name="FNAnker_84_84" id="FNAnker_84_84"></a><a href="#Fussnote_84_84" class="fnanchor">[84]</a>.</p>
-
-<p>Aus allem diesem fühlte ich mich daher bewogen, Ihnen nochmals den
-Antrag vorzulegen, die Kriegsreserven der Kavallerie-Regimenter des
-3., 4., 7. und 8. Armeecorps so lange vor der Hand bei den Regimentern
-zu belassen, bis die zweite Remonte zur Augmentation eingetroffen
-ist, ungefähr so im Februar, bis wohin sich so Vieles am politischen
-Horizonte aufgeklärt haben muß und namentlich, ob man sich noch mehr
-oder weniger rüsten muß. Tritt bis dahin aber jenes Corps in Marsch,
-so sind die Kavallerie-Regimenter doch einigermaßen schlagfertig, was
-ohne Einbehaltung der Kriegsreserven fast nicht möglich ist. Am 23.
-d. M. sollen die Kriegsreserven meiner Kavallerie abgehen; die der 5.
-Kavallerie-Brigade sind schon zweimal fort gewesen und zweimal wieder
-eingezogen worden. Ich habe jedem Mann aus meiner Tasche einen halben
-Taler geschenkt, um sie einigermaßen für die gehabten<span class="pagenum"><a name="Seite_105" id="Seite_105">[S. 105]</a></span> Kosten an
-Kleidung und Putzzeug zu entschädigen. Dies zum dritten Mal zu erleben,
-was leicht möglich wäre bei der zu erwartenden Entscheidung der Krisis,
-wäre wohl sehr unangenehm in jeder Beziehung.</p>
-
-<p class="gruss"><span class="mright2">Ihr gehorsamer Sohn</span><br />
-Wilhelm.</p>
-
-<p class="briefkopf">(Ohne Datum.)</p>
-
-<p>Wilhelm Solms hat mich in seiner Heiratsangelegenheit zum Mitvertrauten
-erwählt. Dieselbe ist Ihnen durch seine Mutter und deren Brüder
-bekannt gemacht worden, um Ihren Consens zu erbitten. Sie haben
-dabei ausgesprochen, daß Sie den Wunsch hätten, man möchte doch noch
-Versuche machen, ob man die Gräfin Kinsky-Mutter nicht vermögen könnte
-nachzugeben, daß auch die einstigen Töchter aus der zu schließenden Ehe
-den evangelischen Glauben annähmen. Sie sind darin Wilhelms Wünschen
-nur unterstützend beigetreten, doch hatte er gleich von Anfang an nicht
-die Hoffnung, daß seine künftige Schwiegermutter nachgeben würde, da
-es ihm Mühe gemacht hatte, die evangelische Religion für die Söhne zu
-erlangen.</p>
-
-<p>Der Herzog Carl, welcher diese Religionsfrage der Töchter nun betrieb,
-verpflanzte dieselbe auf ein fremdes Terrain, indem er mit dem Gesetze
-einschreiten wollte, indem er seinem Neffen versicherte, Sie würden
-Ihren Consens nicht geben, wenn nicht das Gesetz erfüllet würde, d.
-h. nach des Herzogs Auslegung, die Töchter <em class="gesperrt">müßten</em> katholisch
-werden. Wilhelm Solms, der sich mit der Sache natürlich sehr vertraut
-gemacht hatte, auch bereits die Einwilligung seiner Mutter und seines
-Familien-Chefs, von Letzterem sogar durch offizielle Urkunde, hatte,
-daß die einstigen Töchter katholisch werden sollten, fand in den
-Gesetzen nirgends die vom Herzog Carl gemachte Auslegung derselben.
-Denn im Gesetz heißt es ausdrücklich so: die Regel ist, daß alle
-Kinder der Religion des Vaters folgen; wenn jedoch ein anderes bei den
-Ehepakten beschlossen wird, so mischt sich das Gesetz nicht darein; nur
-in dem Falle, daß eine Verschiedenheit der Wünsche obwaltet und eine
-Einigung nicht möglich ist, so tritt das Gesetz mit der aufgestellten
-Regel ein. Ja selbst wenn die Brautleute gleicher Meinung waren, bei
-der Geburt eines Kindes eines der nunmehrigen Eltern desselben aber
-die Meinung gewechselt<span class="pagenum"><a name="Seite_106" id="Seite_106">[S. 106]</a></span> haben sollte und eine Einigung gutwillig nicht
-möglich ist, so schreitet auf Verlangen wiederum das Gesetz mit seiner
-Regel ein. Diese hier aufgestellte Auslegung des Gesetzes beruht auf
-den Aussprüchen der Geheimräte v. Raumer, Savigny und Kamptz und ist
-auch die ganz allgemein in Anwendung kommende Praxis. Wilhelm Solms
-muß also vermuten, daß sein Onkel in der Auslegung des Gesetzes
-geirrt habe, was ihm dadurch noch mehr bestätigt ward, daß vor wenig
-Tagen sich der Herzog völlig lossagt, ferner in der Angelegenheit
-zu tun haben zu wollen und den Großherzog an seine Stelle setzt.
-Außerdem hatte aber der Herzog Carl auch noch obengenannte Urkunde
-des Fürsten Solms als unstatthaft angreifen wollen, obgleich sie
-schon in Wien mitgeteilt ist, behauptend, die mediatisierten Fürsten
-dürften dergleichen Dokumente in ihren Familien nicht ausstellen, wenn
-sie gegen Landesgesetze verstießen. Da aber, wie gezeigt, gegen die
-Landesgesetze gar nicht verstoßen ist, indem mit Übereinstimmung von
-allen Parteien die katholische Religion für die Töchter stipuliert
-ward, so fällt auch dieser Einwurf des Herzogs zusammen, abgesehen
-davon, daß den mediatisierten Häusern selbst solche Anordnungen zu
-treffen vorbehalten ist.</p>
-
-<p>Wilhelm Solms ist nun natürlich sehr <span class="antiqua">en peur</span> zu vermuten, daß
-Ihnen die Sache als eine Ungesetzmäßigkeit vorgestellt sein möchte, was
-zu berichtigen ich sehr gern für ihn übernommen habe. Der hofft also,
-wenn der Großherzog Ihnen das Nichtnachgeben der Gräfin Kinsky wird
-angezeigt haben, Sie Ihren Consens erteilen werden, wenn Sie gesehen
-haben, daß Alles geschehen war, die Gräfin zu bewegen, Ihrem Wunsche
-nachzugeben; der Entscheidung Ihres Consenses wird das Gesetz nirgend
-im Wege stehen. Sie werden Zwei sehr glücklich machen, denn die Briefe
-der Braut schildern sie als sehr verliebt und sehr ausgezeichnet von
-Herz und Geist, und Wilhelm ist sehr entzückt und gefällt mir ganz
-ungemein in der ganzen Angelegenheit<a name="FNAnker_85_85" id="FNAnker_85_85"></a><a href="#Fussnote_85_85" class="fnanchor">[85]</a>...</p>
-
-<p><span class="pagenum"><a name="Seite_107" id="Seite_107">[S. 107]</a></span></p>
-
-<p class="briefkopf">Berlin, den 29. März 1831.</p>
-
-<p>Wenngleich ich nicht weiß, ob Ihr Vertrauen dem Prinzen Radziwill<a name="FNAnker_86_86" id="FNAnker_86_86"></a><a href="#Fussnote_86_86" class="fnanchor">[86]</a>
-beim nächsten Avancement in der Armee eine Regiments-Commando-Stelle
-verleihen wird, so wäre dies bei seinem Anciennitäts-Verhältnis doch
-möglich. Ich glaube es daher der Freundschaft für ihn schuldig zu sein,
-über seine Persönlichkeit und über die daraus etwa entspringende Wahl
-des ihm anzuvertrauenden Regimentes Folgendes zu sagen.</p>
-
-<p>Sein sehnlichster Wunsch und der seiner Familie ist es, einst das 19.
-Infanterie-Regiment zu befehligen, indem er demselben nun schon so
-lange angehört. Der jetzige Commandeur, Oberstleutnant v. Valentini,
-hat diesen Wunsch sehr begreiflich gefunden, sich ganz erbötig erklärt,
-ein Regiment zu tauschen, wenn es Ihr Befehl sei. Später hat er jedoch
-seine Ansicht in dieser Hinsicht plötzlich geändert. Dem General
-Witzleben teilte ich schon vor längerer Zeit den Wunsch des Prinzen
-mit. Er erwiderte mir, daß der Prinz zu sehr Pole sei, als daß man
-ihm dies Regiment anvertrauen könne und daß mehrere Dinge über ihn in
-dieser Beziehung berichtet seien, die Sie nicht veranlassen würden,
-ihm das 19. Regiment zu geben. Ich teilte dem Prinzen diese ganze
-Unterredung und Mitteilung des Generals Witzleben mit. Er war darüber
-nicht verwundert, weil er sehr wohl wußte, daß man von Posen aus so
-über ihn berichte. Als Mann von Ehre begnügte er sich zu erwidern,
-daß er sich nicht rechtfertigen würde, sondern die Zeit entscheiden
-lassen wollte. Wie wenig er übrigens blind über die Polen ist, wird
-seine Mitteilung &mdash; schon vor einigen Jahren &mdash; beweisen, wo er
-mich benachrichtigte, daß der Geist in Posen usw. anfinge sich zu
-verschlechtern usw. und daß er dieserhalb beständig zu predigen habe.</p>
-
-<p>Jetzt seit der polnischen Revolution wird, glaube ich, ein Jeder, der
-ihn unparteiisch hat sprechen hören, ihm das Zeugnis erteilen, daß man
-nicht richtiger das Verhältnis beurteilen kann als er; aber freilich
-kann ich ihn dabei nicht lossprechen, manches Ding, was unter dem
-Großfürsten Konstantin geschehen ist, bei seinem Namen genannt zu haben
-und vielleicht nicht immer vorsichtig genug. Aber Rebellion bleibe für
-ihn Rebellion, wenngleich das Interesse von seines Vaters Landsleuten
-ihm am Herzen liegt. Wenn er sich also in dieser Beziehung mancher
-Unachtsamkeit wirklich anzuklagen haben mag, so ist das doch sehr weit<span class="pagenum"><a name="Seite_108" id="Seite_108">[S. 108]</a></span>
-entfernt von einer Gesinnung, die Mißtrauen gegen ihn aufkommen lassen
-könnte. Ich darf es Ihnen versichern, Sie können keinen ergebeneren und
-treueren Offizier in Ihrer Armee haben als ihn, denn Wenige kennen ihn
-so genau wie ich...</p>
-
-<p>Der Prinz wird natürlich jedes andere Regiment, das Sie ihm übergeben,
-als ein unschätzbares Vertrauen übernehmen, aber ein sehr schmerzhaftes
-Gefühl wird es ihm sein und bleiben, glauben zu müssen, daß man
-aus politischen Gründen ihm mißtraut und daher von seinem jetzigen
-Regimente entfernt. Verzeihen Sie gnädigst, wenn Freundschaft und
-Überzeugung diese Zeilen mir eingeben.</p>
-
-<p class="gruss"><span class="mright2">Ihr gehorsamer Sohn</span><br />
-Wilhelm.</p>
-
-<p class="briefkopf">Belvedère bei Weimar, den 26. Juni 1831.</p>
-
-<p>Die russische Remonte schlägt außerordentlich gut ein und ist wirklich
-jetzt <span class="antiqua">magnifique</span>; auch die Augmentations-Pferde sind sehr gut,
-so auch beim 3. Ulanen-Regiment. Leider kann ich nicht dasselbe von
-den sogenannten russischen Pferden sagen, welche das 2. Dragoner-
-und das 3. Husaren-Regiment als Augmentation erhalten haben für
-die außerordentlich guten, welche sie an die Regimenter des 4., 7.
-und 8. Corps haben vor 6 Wochen abgeben müssen. Diese sogenannten
-russischen Pferde sind nicht nur unter der Kritik schlecht, wenigstens
-zu Dreiviertel der ganzen Masse, sondern sind sie nicht einmal
-einstellungsfähig, was das Haupterfordernis dieser Augmentationspferde
-war... Der Kriegsminister ist freilich selbst sehr ungehalten auf
-diesen Ankauf und wenn er auch Ersatz stellen will, so kann er es
-doch nicht hindern, daß diese Regimenter statt in vier Wochen erst in
-mehreren Monaten schlagfertig auf die Kriegsstärke werden. Ich hatte es
-ihm vorher gesagt und bin wirklich sehr niedergeschlagen, weil meine
-Cavallerie die einzige in der ganzen Armee ist, der es so ergeht...</p>
-
-<p class="briefkopf">Im Neuen Palais, 30. Juli 1831.</p>
-
-<p>In militärisch-cholerischer<a name="FNAnker_87_87" id="FNAnker_87_87"></a><a href="#Fussnote_87_87" class="fnanchor">[87]</a> Beziehung melde ich nur noch, daß
-auf Aufforderung des Generals v. Thile von gestern der Oberst v.
-Neumann<span class="pagenum"><a name="Seite_109" id="Seite_109">[S. 109]</a></span> angewiesen worden ist, eine Compagnie des Kaiser Franz
-Füselier-Bataillons und eine Escadron jenseits Stettin zu detachieren,
-indem die dortige Garnison nur 100 Mann disponibel zum Cordon bis zum
-Haff machen kann, daher die verlangte Aushülfe notwendig wurde. Das
-Füselier-Bataillon des ersten Garde-Regiments wird, wenn jene Lücke
-links geschlossen werden muß, auf dem rechten Flügel des Cordons
-diese Links-Schiebung ersetzen. Die Bataillone sind guten Muts
-ausmarschiert, um so mehr, weil die Soldaten nicht glauben, daß sie
-blos gegen die Krankheit, sondern gegen die Polen marschieren, wovon
-die nur mitgenommenen 15 scharfen Patronen sie nicht zu detrompieren
-vermochten. Die Bemerkung hörte man allgemein, daß man nach 16
-Friedensjahren nicht erwartet hätte, zum ersten Male nach Osten und
-gegen eine Seuche wieder auszumarschieren und daß die westliche
-Richtung lieber eingeschlagen worden wäre, einen andern Feind findend.
-Wer weiß, was über kurz oder lang uns bevorsteht, dann ist die jetzige
-Zeit ein gutes Aguerriren...</p>
-
-<p class="briefkopf">Berlin, den 10. Februar 1832.</p>
-
-<p>Durch den Kriegsminister ist mir Ihr Befehl zugegangen, nach welchem
-eine sehr bedeutende Beurlaubung bei der Infanterie eintreten soll.
-Die Staatskassen müssen freilich sehr erschöpft sein, da Sie sich zu
-dieser Maaßregel entschlossen haben, denn Niemand ist ja fürsorglicher
-für das Wohl der Armee als Sie und Niemand weiß daher besser als Sie,
-wie schmerzlich dieser Befehl der Armee sein muß, wie desorganisierend
-er momentan und vielleicht auf länger auf dieselbe wirken muß. Ich kann
-daher auch nicht, wenn ich es mir auch gern unterstehen möchte, auf
-Zurücknahme dieser Anordnung für die ganze Infanterie antragen; aber
-ich wage es, Ihnen die Lage der Infanterie des dritten Armee-Corps
-untertänigst vorzutragen. Durch die Dislocation derselben außer ihrem
-Cordon trifft diese Maßregel dieselbe ungleich härter und führt weniger
-zum Ziel der Ersparnisse.</p>
-
-<p>1.) Die Beurlaubung wird nicht viel vor Ende des Monats eintreten,
-sodaß also ungefähr dieselbe nur auf 3 Monate eintritt.</p>
-
-<p>2.) Nach meinem ungefähren Überschlag wird die Entlassung beim dritten
-Armee-Corps circa 2200 Mann betragen. Der Mann zu 3 Taler monatlich
-berechnet, gibt die Summe von 10000 Talern, in 3 Monaten also 30000
-Taler, welche erspart werden.</p>
-
-<p><span class="pagenum"><a name="Seite_110" id="Seite_110">[S. 110]</a></span></p>
-
-<p>3.) Davon sind jedoch wiederum abzurechnen wenigstens 14 Tage Hin- und
-14 Tage Her-Marsch, also wieder ein Monat, sodaß wieder 10000 Taler
-abzurechnen sind, und es bliebe also nur ca. 20000 Taler Ersparnis.</p>
-
-<p>4.) Wie Wenige werden sich finden, die auf eine so kurze Zeit nach
-Hause gehen, wie sie kein Unterkommen, kein Verdienst auf 2 Monate
-finden?</p>
-
-<p>5.) Bei der Aussicht einer großen Revue für das dritte Armee-Corps
-wird die Maaßregel für dasselbe im höchsten Grade drückend.
-Die Desorganisation der Truppen tritt in dem Moment ein, wo
-die Compagnie-Exercier-Zeit beginnt, wo die Rekruten durch die
-Zusammenstellung mit den alten Mannschaften erst anfangen sich
-zu orientieren und als Soldaten zu fühlen. Das Fortschreiten
-der Ausbildung von Stufe zu Stufe, Compagnie-, Bataillon-,
-Regiments-Exercieren wird unmöglich, teils aus Mangel an
-Formations-Möglichkeit, teils weil mit vier wachtfreien Nächten die
-Mannschaft so fatiguirt wird, daß an ein systematisches Exercieren
-kaum zu denken ist. Jede Vermehrung von Kranken im Frühjahr, die
-leider jetzt immer zu erwarten ist, jedes kleine Kommando und andere
-Zufälligkeiten vermindern den wachtgebenden Stand, sodaß bald mit 3,
-bald mit 2 Nächten wird aufgezogen werden müssen. Bei einer solchen
-Fatigue hat die Erfahrung, namentlich in Coblenz bis zum Jahre 1830,
-gelehrt, daß die jungen Leute nicht auf dem Posten sich wach zu
-erhalten vermögen, sie schlafen ein, werden so betroffen, arretiert,
-sodaß ihre Existenz höchst gefährdet ist, da sie zwischen Ermattung
-auf Posten durch Mangel an Schlaf, was die Gesundheit untergräbt,
-und Arretierung wegen Erliegung der Fatigue zu wählen haben. Dies
-Bild erscheint grell, ist aber leider aus der Erfahrung von Coblenz
-gegriffen und findet sich in einem Brief von mir an den General
-Witzleben aus Ems von 1830. Ich fürchte mit Recht, daß ähnliche
-traurige Verhältnisse nun in Magdeburg, Erfurt, Cüstrin und Wittenberg
-eintreten werden. Wie soll bei solchen Fatiguen viel exerciert werden
-können? Die Ausbildung der Truppe ist also während der drei Monate fast
-unmöglich.</p>
-
-<p>6.) Am 1. Juni soll die beurlaubte Mannschaft wieder eintreffen
-bei den Regimentern. Um Ihre Zufriedenheit zu erlangen im Herbst,
-ist es unumgänglich nötig, daß wie 1827 die Vorübungen der Truppe
-systematisch<span class="pagenum"><a name="Seite_111" id="Seite_111">[S. 111]</a></span> in ihrer größeren Zusammensetzung fortschreiten; sonst
-kann ich nicht verantwortlich sein für Ordnung der Ausführung des
-Verlangten. Eine desfalsige Berechnung ergibt, daß die Erfurter
-Garnison in der Hälfte Juli aufbrechen muß; sie hat also kaum 5 Wochen,
-um mit der Mannschaft im Detail alles nachzuholen, was erforderlich
-ist. Welch’ ein kurzer Zeitraum für die feine Ausbildung im Detail;
-welche Anstrengungen, welche Überbietung der Kräfte aller Teile gehört
-dazu, um zu Stande zu kommen? Eine so übermäßige Anspannung erkältet
-leicht den höchsten Eifer und die größte Lust. Und wenn es mir auch
-glückte, das Corps wie vor 6 Jahren Ihnen vorzuführen, so bangt mir
-wahrlich vor der Frage, was für Kräfte aufgeboten wurden, um in so
-kurzer Zeit so viel zu erreichen.</p>
-
-<p>Aus dieser, ich fühle es, sehr kühnen und gewagten Darstellung der
-Folgen, welche die Beurlaubungsmaßregel bei meiner Infanterie haben
-wird, unterstehe ich mich darauf anzutragen, die Maßregel bei dieser
-Infanterie zurückzunehmen, teils, weil die Ersparnis-Erzielung bei
-derselben gering ist, durch ihre Dislocation, teils weil die Kräfte der
-Mannschaften beim Wachtdienst und bei den übereilten späteren Übungen
-gefährdet werden... Ich muß bemerken, daß meine Befehle zur Beurlaubung
-bereits abgegangen sind, eine gnädige baldige Entscheidung also sehr
-erwünscht ist.</p>
-
-<p class="gruss"><span class="mright2">Ihr gehorsamer Sohn</span><br />
-Wilhelm.</p>
-
-<p class="briefkopf">Berlin, den 8. Oktober 1832.</p>
-
-<p>Der gestrige Morgen in Bellevue, wo wir Charles X. und den
-Dauphin begrüßten, gehört gewiß zu den ergreifendsten Momenten des
-Lebens. Ich vermag den Eindruck nicht zu schildern, den der Anblick des
-Mannes, auf einer solchen Reise begriffen, auf mich machte, den man vor
-17 Jahren in Folge so mühseliger Anstrengungen und Opfer auf den Thron
-seiner Väter zurückführen sah. Der Wechsel der entsetzlichen Schicksale
-trat zu grell hervor, als daß man nicht tief erschüttert sein mußte.</p>
-
-<p>Der König war in seiner bekannten Art heiter und außerordentlich
-gerührt und dankbar über Alles, was ihm seit seinem Eintritt ins
-Preußische begegnet ist, denn allgemein soll man ihm die größte
-Teilnahme<span class="pagenum"><a name="Seite_112" id="Seite_112">[S. 112]</a></span> verbunden mit dem schuldigen Respect erwiesen haben... Er
-sprach über die Revolution und sagte, daß er immer nur das Wohl seines
-Landes im Auge gehabt habe und auch glaube, immer nur die richtigsten
-Mittel gewählt zu haben; aber freilich einen Fehler habe er gemacht,
-nämlich den, im Juli 1830 nicht 50000 Mann mehr nach Paris gezogen zu
-haben, aber er hätte eine solche Maßregel nicht für nötig gehalten,
-zu sehr auf die Gesinnung des Volkes rechnend. Er fürchtet sehr für
-Frankreichs Ruhe in den nächsten Monaten bei Eröffnung und während der
-Sitzung der Kammern, hinzufügend, er wünsche es nicht, denn er wünsche
-zur die Zufriedenheit des Landes, aber er fürchte nur Unruhen. <span class="antiqua">Le
-gouvernement a bien de la peine de remettre les affaires en ordre et de
-se consolider</span> sagte er auch unter anderm. Auch freute er sich über
-die Bundestagsbeschlüsse und sagte: <span class="antiqua">la liberté de la presse, c’est
-le reste</span>...</p>
-
-<p class="briefkopf">Berlin, den 24. Februar 1833<a name="FNAnker_88_88" id="FNAnker_88_88"></a><a href="#Fussnote_88_88" class="fnanchor">[88]</a>.</p>
-
-<p>Es ist ein schwer zu beschreibendes Gefühl, mit welchem ich (in) diesem
-Augenblick die Feder ergreife, da ich weiß, daß ich mich über die ganze
-Zukunft der preußischen Armee aussprechen muß.</p>
-
-<p>Vom Generalleutnant von Witzleben bin ich heute früh aufgefordert
-worden, mich über die künftige Dienstzeit des Infanteristen nach den
-mitgeteilten Plänen auszusprechen.</p>
-
-<p>Früh schon hat mich Ihre Gnade und Ihr Vertrauen an die Spitze höherer
-Truppencommandos berufen, sodaß ich bereits aus den gesammelten
-Erfahrungen mir ein Urteil zutrauen darf. Wahrscheinlich berufen,
-dereinst noch die mir anvertrauten Truppen zur Erhaltung Ihres
-Thrones und Ihres Vaterlandes gegen den Feind zu führen, muß ich auch
-wissen, wie die Truppen beschaffen sind, mit denen ich so hohe Güter
-verteidigen soll. Eine Vernachlässigung meiner heiligsten Pflicht würde
-es sein, wenn ich in einem Augenblicke schweigen wollte, wo es darauf
-ankommt, die Beschaffenheit dieser Truppe so zu untergraben,<span class="pagenum"><a name="Seite_113" id="Seite_113">[S. 113]</a></span> daß deren
-Führer dereinst nicht mehr wissen können, ob sie für deren Gehorsam und
-Disciplin sich verbürgen können. Eine schwere Verantwortlichkeit würde
-ich auf mich nehmen, wenn ich in diesem entscheidenden Moment nicht auf
-das aufmerksam machte, was die Armee bedroht und wenn ich in ein System
-willigte, von dem ich nur Übles erwarte und vielleicht in einer fernen
-Zukunft &mdash; wenn es zu spät ist &mdash; hören müßte: warum hat man damals
-darein gewilligt, warum hat man nicht gesprochen, als es Zeit war.</p>
-
-<p>Im Monat October habe ich es gewagt, über den fraglichen Gegenstand
-meine Ansichten ganz <span class="antiqua">in exstenso</span> vorzulegen. Wenn jenes Memoire
-es nicht vermochte, die Beschließungen abzuwenden, von deren Anwendung
-ich heute unterrichtet werde, so wird es freilich dieses Schreiben
-noch viel weniger vermögen, wo ich mich nur auf jenes Memoire beziehen
-kann. Aber verwahren muß ich mich gegen alle Folgen, die aus dem
-beabsichtigten Schritt entspringen müssen, und dies hiermit zu tun ist
-meine Pflicht.</p>
-
-<p>Wohl weiß ich, daß gewichtige Stimmen keinen Übelstand in der
-verkürzten Dienstzeit des Infanteristen sehen wollen; noch heute
-sprach ich mit Generalleutnant Grollmann davon, aber wie künftig
-Unteroffiziere zu beschaffen sein werden, daran hatte er nicht
-gedacht, gleichfalls nicht, wie nach 16 monatlicher Dienstzeit sich
-noch Kapitulanten finden werden, die Pflanzschulen der Unteroffiziere.
-Er sagt, in 16 Monaten könne man einen Unteroffizier vollkommen
-ausexercieren und felddienstfähig machen; ich versichere dies in 8&ndash;10
-Monaten tun zu wollen, aber weder in 8, 10 noch 16 Monaten erzieht man
-einen Soldaten, der es dem Geist nach ist, d. h. einen, der nicht aus
-Furcht vor Strafe, sondern aus einer gewordenen Überzeugung handelt,
-wie es ihm gelehrt ist. Wie will man Vertrauen auf einen Soldaten
-auf Vorposten setzen, der kaum unter den Augen des Vorgesetzten das
-Befohlene tut, weil er das Befohlene noch nicht inne hat und haben
-kann. Wie wird im Kriege die Disciplin in einer Truppe zu erhalten
-sein, die sie in 16 Monaten kaum der Idee nach kennen gelernt hat, dem
-Geiste nach aber gar nicht; wie wird diese Disciplin in der Landwehr,
-bei der Composition ihrer Offiziere aussehen, da sie in 16 Monaten
-nicht erlernt ist, geschweige denn nach 10 Jahren der Beurlaubung.
-Es gibt deutsche Armeen, die bei ihrer kurzen Dienstzeit weder das
-Vertrauen<span class="pagenum"><a name="Seite_114" id="Seite_114">[S. 114]</a></span> des In- noch Auslandes haben; die aber wohl <em class="gesperrt">ein</em>
-Renomee sich gemacht haben, das der Indisciplin. Die Preußische Armee
-zeichnete sich von jeher durch das Gegenteil aus; sie besitzt, und mit
-Recht, das Vertrauen des In- und Auslandes, weil ein Jeder fühlt, daß
-sie allein noch in Deutschland auf richtige Prinzipien gegründet ist,
-daß ihre Glieder zu wirklichen, kräftigen Kriegern erzogen werden,
-weil ihnen die Zeit dazu vergönnt ist. &mdash; Wie wird sich das Alles
-ändern, wenn nun die Dienstzeit des Soldaten denen der andern Heere
-gleichkommt, auf die gerade dieserhalb man kein Vertrauen setzt.</p>
-
-<p>Wenn wirklich die Reducierung der Dienstzeit von 36 auf 16 Monate
-stattfinden soll, so wird man sich vor einer Haupttäuschung zu wahren
-haben, nämlich der, daß man nicht mehr die Ansprüche an die Armee und
-Landwehr einst beim Beginn eines Krieges mache, die man an sie zu
-machen berechtigt war, als das Edikt vom Jahr 1814 erschien. Durch
-die Reducierung der Dienstzeit tritt die Infanterie auf die Linie der
-anderen kleinen deutschen Armeen und man ist nicht berechtigt, mehr
-von der unsrigen als von jenen zu verlangen. Das Edikt vom Jahre 1814
-zeigte eine Armee von Linientruppen beim Beginn eines Krieges, in
-welcher eine feste soldatische Ausbildung möglich war, und daneben
-die Landwehr, welche durch jene feste soldatische Ausbildung gegangen
-war und daher ein Stamm sein konnte, trotz der langen Beurlaubung
-jener Ausbildung in allen Teilen Ehre zu machen. Jetzt nun soll der
-Vordersatz schwinden, was soll aus dem Nachsatz werden?</p>
-
-<p>Die schöne Haltung der Armee gibt am meisten Stoff für die Laien,
-um die Behauptung der verkürzten Dienstzeit aufzustellen. Man kehre
-den Satz um: gesetzt, es wäre nicht gelungen, die Armee so schön
-zu erhalten, sondern das Gegenteil, würden die Laien nicht selbst
-behaupten, die Dienstzeit müsse verlängert werden? Denn es sehe die
-Truppe zum Erbarmen aus? Ganz einfach und schlagend ist der Satz, da
-ein Soldat 3 Jahre dienen <em class="gesperrt">muß</em>, um dem <em class="gesperrt">Geist</em> nach Soldat
-zu sein, so kann er auch so gut aussehen, wie der preußische Soldat
-aussieht, aber nicht <em class="gesperrt">um</em> so gut auszusehen, soll er drei Jahre
-dienen.</p>
-
-<p>Schließlich kann ich nicht unberührt lassen, daß ich aus sicherer
-und sehr wohl unterrichteter Quelle weiß, daß auch das Jahr 1832
-wieder Überschüsse im Jahres-Abschluß liefert, die den früheren nicht
-nachstehen: ich muß daher noch einmal auf die im Memoire vom Oktober<span class="pagenum"><a name="Seite_115" id="Seite_115">[S. 115]</a></span>
-abgesprochene Ansicht zurückkommen; man zweige anderthalb Millionen
-von diesen nun seit 3 Jahren constant sich bleibenden Überschüssen
-zum Militär-Etat ab, lege das andere in den Schatz und Erlassung
-von Steuern möge eintreten, wenn jener gefüllt ist, aber ehe jene
-Millionen nicht zum Militär-Etat gebracht sind, darf kein Steuer-Erlaß
-eintreten. Ist dieser erst eingetreten, und die Dienstzeit verkürzt,
-wer kann <em class="gesperrt">dann</em> jemals daran denken, eine Steuer-Erhöhung und
-eine verlängerte Dienstzeit wieder vorzuschlagen? So stehen wir am
-Wendepunkt dieser ins tiefste Innerste mich erschütternden Frage, deren
-Lösung das Schicksal des Vaterlandes und des Thrones in sich schließt.
-Tief ergriffen und schmerzlich bewegt verbleibe ich</p>
-
-<p class="gruss"><span class="mright2">Ihr gehorsamer Sohn</span><br />
-Wilhelm.</p>
-
-<p class="briefkopf">Im neuen Palais, 30. Juli 1833.</p>
-
-<p>Eine zweite Bitte, die ich vorzutragen wage, verdient eine sehr zarte
-Behandlung, da Sie mir dieselbe bereits vor 7 Jahren zwar nicht
-definitiv abgeschlagen, jedoch durch Ihre Nicht-Entscheidung auch
-nicht genehmigten. Es ist dies das Projekt eines kleinen Besitztums
-auf dem Babelsberg<a name="FNAnker_89_89" id="FNAnker_89_89"></a><a href="#Fussnote_89_89" class="fnanchor">[89]</a>. Sie fanden das damalige Projekt zu groß und
-zu kostspielig. Das, was ich jetzt vorzutragen wage, wird diesen
-Vorwurf nicht verdienen, da es nur eine Cottage von 50 Fuß Quadrat
-und eine kleine Garten-Anlage rund herum in sich begreift. Der ganze
-übrige Berg würde bleiben, wie er ist und nur gangbarer gemacht
-werden. Die projektierte Anlage würde am unteren Abhange zunächst dem
-Fischerhäuschen zu liegen kommen, mit einem kleinen Teil des offenen
-Feldes;<span class="pagenum"><a name="Seite_116" id="Seite_116">[S. 116]</a></span> das Ganze würde ungefähr 6000 Tlr. abzuführen kosten. Die
-neu angelegten Promenaden auf dem Berge, die jedoch weder von mir
-angelegt noch bezahlt sind, haben durch die schönen Aussichten, die
-sie gewähren, den Wunsch von neuem in mir rege gemacht, jenes frühere
-Projekt wieder aufzunehmen, da ich mich in der Wahl der schönen Lage
-wohl nicht geirrt habe. Augusta teilt sehr meinen Wunsch und den
-Gefallen an einem kleinen Besitztum. Im Gewährungsfall würde ich den
-Berg in Erbpacht nehmen, jährlich 90 Tlr., weil ich keinen andern
-Besitz-Titel anzugeben habe. Da die Zeiten jetzt friedlich sind, so
-darf ich hoffen, Ihre gnädige Einwilligung zu erhalten...</p>
-
-<p class="briefkopf">Weimar, den 23. Oktober 1833.</p>
-
-<p>.... Ich war gestern in Erfurt... nach der Parade führte die Infanterie
-ein kurzes Exercieren aus. Die Truppen sahen sehr gut aus, wenngleich
-die schönen gedienten Leute vom Herbstmanöver zu vermissen waren...
-Auch das hiesige Bataillon habe ich in Parade gesehen. Es war sehr
-schwach... die Haltung ist mit einem gewöhnlichen Landwehrbataillon
-früherer Art zu vergleichen, da die Mannschaften erst vier Wochen
-bei der Fahne sind... exerciert ward nicht, so daß ich von dem neu
-eingeführten preußischen Reglement nicht urteilen konnte. Die Griffe
-haben sie nicht eingeführt, da sie noch französische Gewehre besitzen,
-also die preußische Chargierung nicht annehmen können. Es wäre
-vielleicht nicht unzweckmäßig, zu versuchen, das preußische Gewehr
-hierher zu verpflanzen, damit ein Anfang zur Egalisierung des Kalibers
-gemacht würde...</p>
-
-<p class="briefkopf">Weimar, den 31. Oktober 1833.</p>
-
-<p>.... Vor einigen Tagen habe ich den nun von Ihnen bestimmten
-Infanterie-Etat und die auf 2 Jahre bestimmte Dienstzeit zugeschickt
-erhalten. Ich sehe, daß auf die Gegenrechnung, welche ich in meiner
-Eingabe im Juli machte, nicht berücksichtigt worden ist. Ich kann
-nur wünschen, daß meine Rechnung unrichtig war; indessen nach
-den bisherigen Erfahrungen muß ich fürchten, daß ich mich nicht
-verrechnete. Da nun zur großen Revue vor Ihnen, also höchstens alle
-vier Jahre, die Kriegsreserven-Rekruten eingezogen werden sollen, so
-sind die Bataillone<span class="pagenum"><a name="Seite_117" id="Seite_117">[S. 117]</a></span> vier Jahre lang incomplet, so daß beim Ausmarsch
-so viele rohe Rekruten eingezogen wenden müssen, als das Manquement
-beträgt und dies wirkt ebenso auf die Landwehr; ich bin daher nicht
-ohne Besorgnis.</p>
-
-<p class="briefkopf">Berlin, den 1. März 1834.</p>
-
-<p>Die Vorbereitungen zum Umbau unsers Palais sind nunmehr so weit
-vorgeschritten, daß derselbe auf dem bisher innegehabten Grundstück
-unter den Linden in der Mitte dieses Monats beginnen kann, so daß
-bereits im Herbst das erneuerte Gebäude unter Dach sein kann. Mit
-Ihrer gnädigen Erlaubnis würden wir daher um die angegebene Zeit
-unsern Umzug nach dem Schlosse bewerkstelligen. Den Vorstellungen des
-Hofmarschalls v. Malzahn habe ich gern nachgegeben, wenn ich Ihre
-Genehmigung nachsuche, nicht die früher gewählten Räume bewohnen zu
-dürfen, sondern das kleine Appartement des seligen Königs, da dasselbe
-alle Bequemlichkeiten darbietet, die dem zuerst gewählten durch das
-Erscheinen des Kleinen<a name="FNAnker_90_90" id="FNAnker_90_90"></a><a href="#Fussnote_90_90" class="fnanchor">[90]</a> nun abgehen.</p>
-
-<p>In der Anlage überreiche ich untertänigst die Pläne des Baurats
-Langhans<a name="FNAnker_91_91" id="FNAnker_91_91"></a><a href="#Fussnote_91_91" class="fnanchor">[91]</a>, die die Genehmigung des Geheimrats Schinkel erhalten
-haben. Von den mitkommenden Façaden erscheint die im Florentinischen
-Stil mit den Bogenfenstern wegen ihrer Seltenheit in Berlin vielleicht
-den Vorzug zu verdienen. Sollten Sie jedoch den anderen den Beifall
-zollen, so sehe ich Ihren Befehlen entgegen, die ich aber vielleicht
-bald erbitten darf, damit der Baumeister sich auf das eine oder andere
-präpariere...</p>
-
-<p class="briefkopf">Dobberan, den 13. August 1834.</p>
-
-<p>.... Durch den Hofmarschall von Malzahn bin ich benachrichtigt worden,
-daß Sie die Kosten der Instandsetzung der Fenster, Küchen usw. in dem
-mir im Schloß angewiesenen Räumen, nicht übernehmen zu wollen befohlen
-haben. Ich darf mich wenigstens über jenen Antrag rechtfertigen, denn
-ich habe ihn beim Hofmarschall gemacht, in der<span class="pagenum"><a name="Seite_118" id="Seite_118">[S. 118]</a></span> Voraussetzung, daß
-es seine Pflicht sei, die angewiesenen Räume in solchem Zustand zu
-überweisen oder herzustellen, daß sie brauchbar sind. In Küche und
-Keller war dies in einem so hohen Grade nicht der Fall, daß Sie die
-Details kaum glauben würden. Wie wenig aber die Wohnung selbst gegen
-die Winterwitterung geschützt ist, beweist die gemachte Aufnahme
-zu den Reparaturen, die der Kastellan besorgt hat und auch, daß
-Alexandrine<a name="FNAnker_92_92" id="FNAnker_92_92"></a><a href="#Fussnote_92_92" class="fnanchor">[92]</a> vorigen Winter ein Zimmer ganz hat verlassen müssen,
-weil es nicht mehr wegen Zug und Kälte bewohnbar war.</p>
-
-<p>Ich glaubte diese Ausführungen machen zu dürfen, um wenigstens den
-Glauben von mir abzuwenden, als habe ich etwas Unbilliges verlangt. Die
-verlangte Summe war allerdings nicht bedeutend, aber ich glaubte das
-Recht auf meiner Seite zu haben, als ich dem Hofmarschall den Antrag
-machte, während ich mir ein Palais baue, die einstweilen überwiesenen
-Schloß-Zimmer nicht auch noch im baulichen Zustande halten zu müssen.</p>
-
-<p class="briefkopf">Wien, den 14. März 1835.</p>
-
-<p>.... Immer mehr muß man die Weisheit bewundern, mit welcher der
-verstorbene Kaiser seine letzten Anordnungen traf, die, wenn sie auch
-länger schon mit dem Fürsten Metternich vorbesprochen waren, doch nur
-in den letzten Lebensaugenblicken zu Papier gebracht wurden. Das so zu
-nennende politische Vermächtnis für seinen Nachfolger, wovon mir Fürst
-Metternich eine Abschrift im engsten Vertrauen für Sie mitgeben wird,
-ist ein Muster von Weisheit, Einfachheit und Kürze und muß einen tiefen
-und heilsamen Eindruck auf Jeden machen. Die Einigkeit der kaiserlichen
-Familie fährt fort, sich bei jeder Gelegenheit abzusprechen; dieselbe
-Einigkeit in den Grundsätzen, zu den Handlungen, und in den allgemeinen
-politischen Ansichten ist bei allen höchsten Beamten und bei Allen,
-die ich sonst noch gesprochen habe, ungemein erhebend und erfreulich
-zu sehen. Die Armee soll in einer musterhaften Verfassung sein und
-durch ein enormes Avencement, was lauter junge Männer an die Spitze der
-Truppen brachte, auch in ihrem geistigen Elemente im höchsten Grade
-belebt. Durch alle diese Verhältnisse erscheint Österreich in diesem
-Moment trotz des entsetzlichen Stoßes, den es soeben erlitten hat,
-dennoch auf einem Standpunkt<span class="pagenum"><a name="Seite_119" id="Seite_119">[S. 119]</a></span> zu stehen, der volle Anerkennung verdient
-und der, wenn Menschen und Umstände so verbleiben, eine ungetrübte
-Zukunft versprechen; und daß die am Ruder stehenden Männer keine
-veränderten Umstände herbeiführen wollen, dafür bürgt das Gefühl des
-notwendigen Zusammenhaltens Aller; hier liegt die ganze Garantie für
-die Zukunft.</p>
-
-<p class="briefkopf">Berlin, den 24. April 1835.</p>
-
-<p>Der Kriegsminister benachrichtigt mich heute in einem Privatschreiben,
-was Sie infolge seines erneuten Vortrages über die Dienstreisen zu
-erklären geruht haben. Ich muß zwar vermuten, daß der Minister bei
-dieser Gelegenheit auch meine Vorstellungen erwähnt hat, die ich
-ihm auf die Cabinetsordre vom 18. März gemacht habe. Da jedoch Ihre
-anderweitigen Erklärungen, die ich heute in Erfahrung bringe, die
-Besorgnisse für das fernere Wohl der Armee, welche mir meine Eingaben
-an den Kriegsminister diktierten, leider nicht benehmen, so halte
-ich es für meine Pflicht, als eines der Organe der Armee und vermöge
-meiner Kindesstellung zu Ihnen, hier in der Kürze die Gründe nochmals
-auszuführen, welche mir jene Besorgnisse einflößen.</p>
-
-<p>Bei einer Armee von langer Dienstzeit läßt es sich einigermaßen
-denken, daß eine mehrmalige Inspicierung im Jahre durch die höchsten
-Vorgesetzten überflüssig sein mag, wenngleich ihr Unterbleiben auch
-hier niemals vorteilhaft auf den Geist der Truppen wirken wird; denn
-diese wollen ihren Vorgesetzten doch sehen und kennen lernen und werden
-es ihnen immer als Faulheit auslegen, wenn sie dieselben niemals in
-ihre Dislocierungen sich begeben sehen, wo man sich nach dem Ergehen
-der Truppe erkundigen kann, Mängeln abhelfen, kurzum Interesse für
-ihr Wohlergehen an den Tag legen siehet. Bei einer Armee jedoch wie
-die preußische, wo in der Linieninfanterie namentlich jährlich jetzt
-die Hälfte sich erneut und in der Kavallerie ein Drittel, da ist eine
-unausgesetzte Kontrolle der höheren Vorgesetzten durchaus von Nöten,
-teils um im Allgemeinen Spannung zu erzeugen, und auf der anderen Seite
-Aufmunterung, teils um Egalité in den Regimentern einer Brigade und
-eines Armee-Corps herbeizuführen. Selbst nach den heute erhaltenen
-Erklärungen ist es den Brigadekommandeuren völlig untersagt, ihre
-Regimenter anders als im Herbst bei den Regimentsconcentrationen zu
-be<span class="pagenum"><a name="Seite_120" id="Seite_120">[S. 120]</a></span>sichtigen. Wenn sie nun hierbei in den Details Mängel entdecken,
-so ist nun keine Zeit mehr, um dieselben zu redressieren; dieselben
-werden sich also auf die fernere Brigade- und Divisionsübung ausdehnen
-und erst im Laufe des nächsten Jahres zur Abstellung kommen; ob
-sie aber abgestellt sind, davon soll sich der Brigadecommandeur
-nicht überzeugen dürfen, bis ein volles Jahr verlaufen ist und die
-nächste Regimentsconcentration eintritt, denn die Cabinettsordre sagt
-ausdrücklich, daß ein Truppenteil nur inspiciert werden soll, wenn er
-in seiner Ausbildung zurückgekommen ist; ein solches Zurückkommen ist
-aber sehr relativ und jedenfalls wird künftig des Brigadecommandeurs
-Erscheinen nur als eine Strafe zu betrachten sein, während es jetzt
-Ermunterung war. Da, wie ich heute erfahre, es den commandierenden
-Generalen ferner zwar gestattet sein soll, bei Gelegenheit der
-Landwehr-Inspicierung auch die Linientruppen zu sehen... wenn sie
-diese nun aber nicht zur Zufriedenheit ausgebildet finden, so trifft
-den Brigade- oder Divisionscommandeur unmöglich ein Vorwurf, denn sie
-durften sie ja nicht selbst zuvor inspicieren und sie sind also aller
-Verantwortlichkeit frei. Darf ich hiernach wohl noch auf die Stellung
-aufmerksam machen, in welche somit die höheren Vorgesetzten zu ihren
-Untergebenen gestellt werden? Erscheinen sie hiernach nicht während
-11 Monate im Jahr völlig überflüssig und bloß für das Bureaugeschäft
-da zu sein? Der commandierende General und der Regimentscommandeur
-sind demnach die einzigen controllierenden und also verantwortlichen
-Behörden. Und wenn selbst, wie mir der Kriegsminister bemerkte, auch
-die Inspicierungen durch den commandierenden General nicht nötig
-erscheinen, so wäre also alle Verantwortlichkeit über die Ausbildung
-der Truppen einzig und allein dem Gutdünken der Regimentscommandeure
-überlassen. Ob dann die so oft lobend anerkannte Gleichmäßigkeit ferner
-noch erhalten werden kann und ob nicht vielmehr jedes Regiment nach
-der einseitigen Ansicht seines Kommandeurs ausgebildet sein wird, muß
-ich untertänigst zu beurteilen anheimstellen. Wenigstens würde es sehr
-hart sein, wenn irgend ein höherer Vorgesetzter künftighin für den
-Zustand seiner Truppen noch verantwortlich gemacht würde; jedenfalls
-müßte er sich immer ausbitten, nicht bevor ein Jahr abgelaufen ist, ein
-tadelndes Urteil aussprechen zu hören und im Laufe dieses Jahres muß er
-es wieder dem guten Willen des Regimentscommandeurs überlassen, ob er
-das Getadelte bessern will, da der Bri<span class="pagenum"><a name="Seite_121" id="Seite_121">[S. 121]</a></span>gade- oder Divisionscommandeur
-erst nach einem Jahre nachsehen darf, ob er gebessert hat.</p>
-
-<p>Außer den Übelständen, daß alle Kontrolle aufhört über die Truppen,
-wenn der neue Befehl durchgeführt wird, tritt auch noch der ein, daß
-die nähere Kenntnis der Führer der isoliert stehenden Truppenteile
-völlig aufhört. Je mehr Truppen zusammen sind zum Herbstmanöver, je
-weniger ist Kennenlernung der Einzelnen möglich; auch erlauben die
-Fatiguen dieser Zeit gar keine geselligen Vereinigungen, die einzige
-Art, wie man Individuen kennen lernt. Hierzu dienten nun gerade die
-Inspektionsreisen der verschiedenen Vorgesetzten hauptsächlich; wie
-soll aber künftig ein Brigadecommandeur in der Conduitenliste über die
-einzelnen Offiziere ein Urteil fällen können, die er nur im Gewühl
-des Herbstmanövers ein Mal im Jahre sieht? Wie steigert sich die
-Unmöglichkeit eines gediegenen Urteiles über die Untergebenen für die
-höheren Generale?</p>
-
-<p>Alle Kenntnis der Garnisonen und Garnison-Einrichtungen hört
-künftig für die höheren Befehlshaber auf, gewiß zum größten
-Nachteile der Truppen, da man sich künftig ganz auf das Urteil eines
-Intendanturbeamten verlassen muß.</p>
-
-<p>Wenn ich somit im Allgemeinen mich ausgesprochen habe über das Princip,
-was durch die neue Verordnung aufgestellt werden soll, so muß ich nun
-auch noch untertänigst von der Veranlagung sprechen, aus welchem das
-alte Prinzip aufgehoben wird. Es ist dies der Kostenpunkt, denn die
-Reisen sollen enorm kosten. Aus folgender Berechnung hoffe ich ziemlich
-klar zu zeigen, daß es wenigstens nicht die Generale sein können,
-welche die enormen Kosten veranlassen.</p>
-
-<p>Im dritten Armee-Corps haben sämtliche Generale im Jahre 1834 2800
-Taler verreist; in runder Summe 3000 Taler. Wenn man dies auf neun
-Generalcommandos anwendet, so ergibt sich eine Summe von 27000 Talern.
-Wenn man nun annimmt, daß kein Armee-Corps so übel hinsichtlich
-der Reisen dislociert ist als das dritte, indem nirgends so viele
-Bataillone isoliert garnisonieren (in Königsberg, Danzig, Stettin,
-Magdeburg, Erfurt, Posen, Breslau, Neiße, Münster, Wesel, Köln, Coblenz
-und Trier liegen Bataillone), so dürfte hieraus folgern, daß in anderen
-Armee-Corps auch viel weniger Reisen vorkommen und also noch gegen jene
-3000 Taler erspart werden müßte. Dagegen sind einige Bezirke größer
-als der dritte und ich will daher sogar annehmen, daß<span class="pagenum"><a name="Seite_122" id="Seite_122">[S. 122]</a></span> nicht allein
-27000, sondern 30000 Taler jährlich verreist werden, d. h. auf die
-Art, wie meine Generale im Jahre 1834: der Divisionsgeneral zweimal,
-der Brigadegeneral dreimal. Da nun der Reiseetat, wie er ausgeworfen
-ist, 190000 Taler beträgt, so bleiben 160000 Taler übrig für die
-Generalinspekteure und für die Inspekteure, Regimentscommandeure,
-wenn sie über vier Meilen haben, und für das Civil-Personal des
-Kriegsministeriums. Nun hat mir aber der Kriegsminister versichert,
-der Etat sei um 200000 Taler überschritten worden, also seien
-390000 verreist worden. Wie das möglich gewesen ist, bleibt mir ein
-unauflösliches Rätsel. Ich weiß allerdings, daß ein General 11000 Taler
-allein verreist hat, ein anderer dagegen nur 600; aber selbst wenn
-man 11000 mit 2 Armee-Corps multipliciert, so kommen 22000 Taler auf
-die commandierenden Generale und es bleiben immer noch 222000 Taler
-übrig. Eines klareren Beweises bedarf es wohl schwerlich, daß es die
-Inspektionsreisen der <em class="gesperrt">Generale</em> nicht sind, welche, wenn sie
-auf das Notwendigste beschränkt werden wie im dritten Armee-Corps,
-jene ungeheuere Mehrausgabe verursachen. Wenn diese Beschränkungen
-allenthalben einträten, d. h. der commandierende General ein Mal, der
-Divisionscommandeur zwei Mal und der Brigadecommandeur drei Mal im
-Jahre reist oder das den verschiedenen Generälen sagte, daß sie, je
-nach ihrer Categorie, nicht mehr als eine gewisse Summe liquidieren
-dürften, die aber nach obiger Reisezahl berechnet werden kann und wie
-ich dies dem Kriegsminister speciell berechnet habe, so würde der
-Reiseetat nicht überschritten werden und dadurch alle Vorgesetzten in
-der Möglichkeit sein, ihre Truppen von Zeit zu Zeit zu inspicieren.</p>
-
-<p>Wenngleich ich kaum erwarten darf, daß diese Auseinandersetzungen Sie
-zu einer nochmaligen Recherche der ganzen Angelegenheit bewegen werden,
-namentlich, auf welche unverantwortliche Art jene enorme Summe hat
-können verreist werden, so glaube ich doch nicht schweigen zu dürfen,
-um so mehr, da mir noch nach meiner Eingabe an den Kriegsminister
-die Äußerungen vieler Generale zukamen, die ganz wie ich diese
-Angelegenheit betrauern.</p>
-
-<p>Uns allen erscheint es sehr leicht, den existierenden Mißbräuchen
-entgegen zu arbeiten, ohne deshalb ein neues Princip der Ökonomie
-wegen in der Armee einzuführen, die sich beim alten Princip sehr wohl<span class="pagenum"><a name="Seite_123" id="Seite_123">[S. 123]</a></span>
-befand, während das neue nur Schmerz erregt hat. Denn allen Generalen
-kann es doch nur schmerzlich sein, ihnen eine Stellung gegeben zu
-sehen, von welcher aus sie auf die richtige Bearbeitung des ihnen
-anvertrauten Materiales keine Einwirkung haben sollen und sich daher
-auch aller Verantwortlichkeit überhoben zu sehen. Das unausbleibliche
-Gefühl, überflüssig zu sein, muß sich einem Jeden aufdrängen und kann
-unmöglich auf den Geist der Armee günstig wirken. Sehr wohl weiß ich,
-daß ich viel wage, mich so unumwunden über eine bereits von Ihnen
-erlassene Ordre auszusprechen. Aber täglich mehr mich überzeugend,
-welchen Eindruck diese Bestimmung auf die Befehlshaber gemacht hat,
-halte ich mich um so mehr verpflichtet, nicht zu schweigen, und Ihnen
-im Namen der Beteiligten zu zeigen, zu welchen Consequenzen jene
-Anordnungen führen.</p>
-
-<p class="gruss"><span class="mright2">Ihr gehorsamer Sohn</span><br />
-Wilhelm.</p>
-
-<p class="briefkopf">Ludwigslust, den 12. Juni 1835.</p>
-
-<p>Während meiner diesjährigen Inspectionsreise werde ich fast von allen
-Landesbehörden mit der Bitte angegangen, ob es nicht möglich sei,
-die Rekrutengestellung statt am 1. April im Herbst, also etwa am 1.
-Oktober eintreten zu lassen. Da natürlich dies der einstimmige Wunsch
-aller Militärs ist, so werde ich binnen kurzem mich unterstehen, einen
-officiellen Antrag untertänigst dieserhalb einzureichen, um wenigstens
-für das 3. Armee-Corps diesen Einstellungstermin zu erlangen.</p>
-
-<p>Ich bin beständig für denselben gewesen und gab nur in der Kommission
-und in meinem Berichte deshalb nach, weil man eine Gleichmäßigkeit
-des Einstellungstermines beliebte und die nördlichen Armee-Corps die
-Winterkälte ohne Exercierhäuser gegen jenen Termin einwendeten. Im 3.
-Armee-Corps fällt dieser Grund fort, da fast überall Exercierhäuser
-oder Gelasse sind, auch die Garde sich ja bis vor 5 Jahren ohne
-dergleichen behalf. Für die Einwohner wäre dieser Termin deswegen
-unendlich vorteilhafter, weil alle Unsicherheit über die Einstellung
-des Einzelnen fortfällt, wenn er nicht 6 Monate zu Haus gehen muß, denn
-während der Zeit stellen die Regimenter Freiwillige ein und brauchen
-daher um so weniger Cantonisten; die also, welche nicht gebraucht
-werden,<span class="pagenum"><a name="Seite_124" id="Seite_124">[S. 124]</a></span> es aber erst im März erfahren, sind nun ohne Brot, da ihre
-Dienste gekündigt waren, die Einstellung der sogenannten Brotlosen
-fällt auch fort, d. h. derjenigen, welche im Herbst gleich erklären,
-ohne sofortige Einstellung nicht leben zu können; für Jeden solcher
-Rekruten muß nun also ein anderer entlassen werden, der noch nicht
-2 Jahre dient. Durch alles dies entsteht eine Unsicherheit bei den
-Einzustellenden und eine Not für den Einzelnen, die mit einem Male
-gehoben wäre, wenn im Herbst ausgehoben und gleich eingestellt würde...</p>
-
-<p class="briefkopf">Berlin, den 14. Januar 1836.</p>
-
-<p>In den Anlagen unterstehe ich mich, Ihnen untertänigst vorzulegen:</p>
-
-<p>1.) einige Bemerkungen über zweckmäßig scheinende Einrichtungen bei der
-russischen Truppe;</p>
-
-<p>2.) meine Ansicht über die jetzt im Werk stehende Veränderung der
-Kadettenanstalten;</p>
-
-<p>3.) Vorschläge über Besetzung einiger Vakanzen im 3. Armee-Corps.
-Die Ansichten <span class="antiqua">ad</span> zwei habe ich weder den früheren noch den jetzigen
-Cadetten-Commandos mitgeteilt, obgleich sie denen des früheren
-entsprossen sind. Ich habe sie natürlich nur in allgemeinen Umrissen
-hingestellt, glaube aber, sie doch nicht unterdrücken zu dürfen in
-einem Moment, wo von Umformung dieser Anstalten die Rede ist.</p>
-
-<p class="gruss"><span class="mright2">Ihr gehorsamer Sohn</span><br />
-Wilhelm.</p>
-
-<p class="mtop1">Bei dem mir erst vor kurzem bekannt gewordenen Plan der Vermehrung
-der Kadettenanstalten durch Gründung zweier, in Schlesien und
-in Westphalen, welche zur Berliner so gestellt werden sollen
-in Gemeinschaft mit der Culmer und Potsdamer, daß aus den
-Provinzial-Anstalten die Zöglinge nur als Port d’Epee-Fähnriche in die
-Armee treten sollen, während die ausgezeichneten Zöglinge derselben
-nach dem Berliner Corps kommen sollen, um daselbst bis zum Austritt
-als Offiziere gebildet zu werden, liegt eine gewiß sehr heilsame
-Ansicht und Absicht zu Grunde. Doch scheint dabei ein früherer Plan
-des Generals v. Braase, den er vor Jahren schon dem Kriegsminister
-einreichte, ganz übersehen worden zu sein. Die Grundidee ist allerdings
-dieselbe, doch unterscheidet sich dieser Plan von dem im Werk stehenden
-dadurch, daß</p>
-
-<p><span class="pagenum"><a name="Seite_125" id="Seite_125">[S. 125]</a></span></p>
-
-<p>1.) das Berliner Kadettencorps einen verringerten Etat von Zöglingen
-als jetzt erhalten sollte und daß dadurch</p>
-
-<p>2.) bei einer solchen Verringerung die Kosten der neu zu errichtenden
-Anstalten ganz gedeckt werden können.</p>
-
-<p>Die Ansichten, die für 1 sprechen, sind das gewiß vielfach gefühlte
-Bedürfnis, sich in der Armee einzelne Offiziere zu erziehen und zu
-bilden, die durch Vielseitigkeit der geistigen Bildung und durch eine
-höhere und feinere Erziehung zu mehrseitigen Verhältnissen vorbereitet
-sind und gebraucht werden können. Je höher man die Ansprüche steigert,
-je geringer wird die Anzahl der zu dirigierenden Zöglinge sein müssen
-und desto sorgfältiger wird alsdann Auswahl in den Vor-Anstalten zu
-treffen sein. Wenn der Etat dieser Anstalt auf 100 Zöglinge festgesetzt
-würde, so wäre dies wohl das Maximum, bei welchem man noch eine so
-sorgfältige Erziehung und Ausbildung erwarten kann als hier gewünscht
-wird. Unzertrennlich von einer solchen Anstalt ist jedoch ein längeres
-Verweilen in derselben. Es würde zu erwägen sein, ob dieses längere
-Verbleiben für alle Zöglinge durchgängig stattfinden sollte oder ob,
-wenn etwa das 19. Jahr als Austritt aus der Anstalt festgesetzt würde,
-mit welchem sie als Offizier zur Armee übertreten, die Fähigsten
-unter den Abscheidenden zwar auch zu Offizieren avancierten, aber nun
-noch vielleicht zwei Jahre eine fernere Ausbildung erhielten, nach
-welcher Zeit sie erst patentiert zur Armee versetzt würden, entweder
-mit dem Datum ihres Avancements zum Offizier oder bei ausgezeichneten
-Fähigkeiten und großer Application mit selbst vordatierten
-Patenten. Es würde dies eine Begünstigung sein, wie sie jetzt den
-Portepee-Fähnrichen zu Teil wird, welche nach vorzüglichem Examen ohne
-Vorschlag Allerhöchst avanciert worden. Wenn dies längere Verbleiben
-der Fähigsten beliebt würde, so könnten diese Zöglinge vielleicht
-danach in den Sommer- oder Herbst-Monaten Teil an den praktischen
-Übungen der Truppen nehmen. Eine Hauptbedingung würde für diese
-fähigsten Zöglinge bei ihrem Übertritt zur Armee die sein, daß sie,
-wenn sie auch noch so fähig für den Generalstab oder die Adjutantur
-qualificiert schon befunden würden, sie jedenfalls erst auf mehrere
-Jahre zum praktischen Dienst eintreten müßten bei der Truppe.</p>
-
-<p><span class="antiqua">ad</span> 2.) durch die Verringerung des Etats des Berliner
-Cadettenhauses werden Räume und Gebäude disponible, die
-verkauft werden<span class="pagenum"><a name="Seite_126" id="Seite_126">[S. 126]</a></span> können. Der ganze Hausetat wird verringert
-und daher wohlfeiler, so daß aus diesen Ersparnissen ect. die
-Neueinrichtungskosten der zwei zu errichtenden Anstalten gedeckt werden
-können, sowie deren Neuetats keine Mehrkosten erzeugen würden.</p>
-
-<p>Der bereits gehörte Einwand, daß die Officiere, welche die Kriegsschule
-besuchen, solche Individuen wären, als die sind, welche man hier im
-Auge hat und schaffen will, ist nicht haltbar, denn 1. werden die
-die Kriegsschule besuchenden Officiere der Natur der Sache nach nur
-in derselben unterrichtet, aber nicht ferner erzogen, und 2. findet
-zum Besuche dieser Schule keine Auswahl beim Anmelden durch höhere
-Vorgesetzte statt, sondern, wer die Fähigkeiten, das Examen machen
-zu können, in sich fühlt, meldet sich und nur das Bestehen im Examen
-entscheidet über ihre Annahme. Der große Nutzen, den die Kriegsschule
-übrigens stiftet, ist unverkennbar und muß dieselbe unverändert
-fortbestehen.</p>
-
-<p>Der ganze hier gemachte Vorschlag ähnelt in Einigem der ehemaligen
-<span class="antiqua">Ecole militaire</span>; nur daß die Zahl der Schüler größer ist und
-die Kosten nicht so disproportioniert wie in jener Anstalt wären.
-Folgendes würden ungefähr die zur Ausführung kommenden Änderungen in
-den verschiedenen Cadettenanstalten sein:</p>
-
-<p>Die vier Provinzial-Cadettenanstalten werden etatmäßig auf 204 Köpfe
-gebracht; gibt 816 Zöglinge; das Berliner Cadettencorps wird etatmäßig
-stark 100 Zöglinge; Summa 916 Zöglinge.</p>
-
-<p>Die Annahme in den Provinzial-Cadettenanstalten findet wie bisher statt
-mit dem 11. Jahre. Die Zöglinge verbleiben in denselben bis zum 17.
-Jahre, also 6 Jahre. Nach bestandenem Port d’Epee-Fähnrichs-Examen
-scheiden jährlich 34 aus, in Summa 136 Zöglinge und zwar 24 treten
-zur Armee über und 10 treten in das Berliner Cadettencorps, also 96
-und 40 Zöglinge. Die auf solche Art erfolgende Complettierung des
-Berliner Cadettencorps ergibt ein Manquement von 20 Köpfen, welches
-absichtlich geschieht, um einer oder der anderen Anstalt Spielraum
-zu lassen, einige Zöglinge mehr hierher abzugeben, wenn sich mehr
-qualificierte vorfinden als 10. Das Verbleiben in dem Corps ist auf 2
-Jahre festgesetzt, so daß jährlich die Hälfte, also 40 Zöglinge als
-Officiere in die Armee übertreten. Diese Anzahl verringert sich, je
-nach dem einige Zöglinge nach erfolgtem Officiers-Examen und nach<span class="pagenum"><a name="Seite_127" id="Seite_127">[S. 127]</a></span>
-Ernennung zu Officieren noch zu der höheren Bildungsklasse in der
-Anstalt zurückgehalten werden.</p>
-
-<p>Die obigen jährlich übertretenden 96 Port d’Epee-Fähnriche und diese
-jährlich übertretenden 40 Officiere geben vorstehende 136 Individuen,
-die jährlich der Armee aus den Anstalten zuwachsen und welche Anzahl
-daher jährlich in den Anstalten neu aufgenommen werden kann. Für die
-zur höhern Bildungsstufe ausgewählten Zöglinge würde gleichfalls eine
-zweijährige Dauer angenommen als längeres Verbleiben in der Anstalt.
-Die Zahl dieser Eleven bleibt unbestimmt, dürfte aber 20 nicht
-überschreiten.</p>
-
-<p>Da es vorkommt, daß fähige junge Leute in einem Jahre das Port
-d’Epee und Officiers-Examen machen, und dies vielleicht bei allen
-den Zöglingen zu erwarten stünde, welche zum Übertritt ins Berliner
-Cadettencorps ausersehen sind, so könnte angeordnet werden, damit sie
-ihren Mitzöglingen, die bald nach ihrem Übertritt zu Regimentern das
-Officier-Examen machen, nicht in der Anciennität einst unverschuldet
-nachstehen, daß diese Zöglinge bereits die ersten Jahre ihres Eintritts
-ins Berliner Corps zum Officier-Examen zugelassen werden. Bestehen sie
-im Examen, so könnte man ihnen gestatten, den Officierdegen zu tragen
-und würde ihnen Patente beim Austritt im nächsten Jahre von jenem
-Examentermine verleihen.</p>
-
-<p class="gruss">Wilhelm.</p>
-
-<p class="briefkopf">Marienbad, den 17. Juli 1836.</p>
-
-<p>Eine interessante Mitteilung hat mir der König von Württemberg
-gemacht, die über die Schlauheit Louis Philipps einiges Licht gibt.
-Schon vor 3 Jahren ließ Letzterer durch eine Dame aus Paris, die in
-Stuttgart verschwägert ist, unter der Hand den König von Württemberg
-sondieren, ob der Herzog von Orleans wohl rechnen könnte, die Hand
-einer der Töchter des Königs zu erhalten; der König lehnte die Sache in
-ausreichender Antwort gänzlich ab. Demungeachtet erschien im vorigen
-Jahre, 1835, der französische Gesandte in Karlsruhe, Mr. de Mornais,
-in Stuttgart mit der officiellen Mission, um die Hand der ältesten
-Princeß für den Herzog von Orleans anzuhalten, wobei er den Auftrag
-hatte zu sagen, daß diese Verbindung in jeder Beziehung günstig für
-Württemberg sei, daß sie es aber dadurch noch mehr werden<span class="pagenum"><a name="Seite_128" id="Seite_128">[S. 128]</a></span> solle,
-indem Louis Philipp verspreche, den württembergischen Ländern jeden
-möglichen Vorteil zu verschaffen; denn, da es doch natürlich sei, daß
-über kurz oder lang ein Bruch mit Frankreich erfolge oder daß Unruhen
-in Deutschland ausbrächen, so würde er dann natürlich die Propaganda
-loslassen, wobei er aber verspreche, daß Württemberg von derselben so
-wie überhaupt bei jeder Gelegenheit verschont bleiben solle; bei einem
-Friedensschluß jedoch oder bei sonstiger Veranlassung werde Louis
-Philipp Alles anwenden, um das Königreich Württemberg bedeutend zu
-vergrößern.</p>
-
-<p>Der König von Württemberg refusierte aber ganz bestimmt die Hand seiner
-Tochter, weil er dieselbe in Deutschland etabliert sehen wollte;
-übrigens sei er mit seiner jetzigen Lage völlig zufrieden, so daß also
-alle Verheißungen ihn nicht umstimmen würden und sei er entschieden,
-mit Deutschland Freud’ und Leid zu teilen...</p>
-
-<p class="briefkopf">Marienbad, den 3. August 1836.</p>
-
-<p>Soeben erhalte ich aus Berlin die amtliche Mitteilung, daß Sie nicht
-die Gnade gehabt haben, auf meinen Vorschlag wegen der Verlegung
-des Einstellungstermines des Infanterie-Ersatzes vom Frühjahr auf
-den Herbst einzugehen. Ich kann nicht leugnen, daß mich diese Ihre
-Entscheidung recht bekümmert, da ich aus den entwickelten Gründen,
-militärischen sowohl wie administrativen, hoffen durfte, daß wenigstens
-ausnahmsweise, behufs der nächsten großen Revue des dritten Armeecorps
-das Verfahren genehmigt werden würde, um so mehr... als ich aus dem
-Kriegsministerium erfuhr, daß in demselben sowohl die Stimmen dafür
-sind als auch von den höchsten Zivilbehörden schon mehreremals dringend
-diese Angelegenheit in Anregung gebracht worden ist. Es kann also wohl
-nur die Privatansicht des Generals Schöler im kriegsministeriellen
-Bericht an Sie sich gegen die Maßregel ausgesprochen haben; der General
-v. Witzleben hätte es gewiß nicht getan. Die Ansicht, daß es eine
-Abweichung von dem Bestehenden sei, welche erst triftig untersucht
-werden müßte, darf ich vielleicht insofern bekämpfen, als im Bereich
-des dritten und vierten Armeecorps alle Militär- und Civilbeamten
-für die Verlegung sind, so daß also einer ausnahmsweisen oder
-versuchsweisen Ausführung gar nichts im Wege stehen würde und<span class="pagenum"><a name="Seite_129" id="Seite_129">[S. 129]</a></span> dieselbe
-vom gemeinen Mann selbst als eine große Erleichterung angesehen wird.
-Ich würde auf eine allgemeine Veränderung auf meinen Bericht allein
-niemals gerechnet haben, da die Zeit zu kurz war, vom Juli bis zum
-September die Sache in allen Provinzen untersuchen zu lassen. Aber da
-so viele gewichtige Stimmen sich dafür ausgesprochen haben, so rechnete
-ich wirklich mit Bestimmtheit auf die versuchsweise Einführung bei
-meinem Corps, welche Bitte ich nochmals auszusprechen mich unterfange.</p>
-
-<p>Wollten Sie vielleicht noch ein anderes Urteil hören, so würde ich
-vorschlagen, den General v. Röder zu einem Bericht aufzufordern.
-General v. Natzmer<a name="FNAnker_93_93" id="FNAnker_93_93"></a><a href="#Fussnote_93_93" class="fnanchor">[93]</a> spricht mir fast täglich hier von dieser
-Angelegenheit und von seinem sehnlichen Wunsch, sie in Anwendung kommen
-zu sehen...</p>
-
-<p class="briefkopf">Babelsberg, den 17. Oktober 1837.</p>
-
-<p>Wenn mit dem morgigen Tage mein Sohn sein 6. Jahr zurücklegt und dies
-öfters der Termin gewesen ist, an welchem die Prinzen Ihres Hauses
-aus den Händen der Bonnen in die der Gouverneure überzugehen pflegen,
-bisher dieses Überganges meines Sohnes jedoch noch nicht Erwähnung
-geschehen ist, so halte ich es für meine Pflicht, mich darüber heute
-noch gegen Sie auszusprechen. Die Madame Godet, dessen Sorge der Kleine
-bisher anvertraut war, ist in jeder Beziehung so ausgezeichnet und von
-so eminent-günstigem Einfluß auf die Entwicklung desselben gewesen,
-daß wir nicht dankbar genug sein können, daß sie uns vom Schicksal
-zugeführt worden ist. Dies ist aber auch der Grund, warum wir es sehr
-wünschen, daß der Kleine noch eine Zeit lang ihrer Pflege und Erziehung
-anvertraut bleibe, so daß nur erst im Laufe des Sommers wir den
-Übergang zu einem Gouverneur wünschen können. Was nun die Wahl selbst
-eines Gouverneurs betrifft, so ist sie unendlich schwer, wenn ich
-bedenke, welcher Zukunft mein Sohn vielleicht entgegen geht. Ich fühle
-die ganze Verantwortung nur zu schwer auf mir lasten, welche diese Wahl
-mit sich führt und ich muß<span class="pagenum"><a name="Seite_130" id="Seite_130">[S. 130]</a></span> gestehen, daß dieselbe eigentlich noch
-nicht fest bei mir ist. Mein Plan ist, einen älteren Offizier zu wählen
-als eigentlichen Gouverneur, unter ihm aber einen jüngeren Offizier
-angestellt zu sehen, der zugleich von jenem älteren die Richtung
-erhält, den Kleinen aber hauptsächlich dann leiten soll, wenn jener
-ältere Offizier durch Familienverhältnisse oder sonstige Abhaltungen
-behindert ist, um ihn zu sein. Vorläufig habe ich zum Gouverneur den
-Oberstleutnant von Unruh, meinen Adjutanten, ausersehen, ihm jedoch
-noch niemals davon sprechen wollen, bevor ich Ihre Ansicht kenne.
-Für den jüngeren Offizier ist meine Wahl noch nicht so festgestellt
-und werde ich mir vorbehalten, hierüber, wenn Sie den ganzen Plan
-genehmigen, später Vortrag zu machen.</p>
-
-<p class="gruss"><span class="mright2">Ihr gehorsamer Sohn</span><br />
-Wilhelm.</p>
-
-<p class="briefkopf">Berlin, den 31. Mai 1838.</p>
-
-<p>Ihren Wunsch, bei meinem Sohne außer dem Obersten v. Unruh als
-Gouverneur keinen zweiten jüngeren Offizier, sondern einen
-Zivil-Gouverneur anzustellen, habe ich natürlich nur als einen Befehl
-ansehen können und habe ich sofort Erkundigungen über dergleichen
-junge Männer angestellt. Es hat sich als ein ganz vorzügliches Subjekt
-der Sohn der jetzigen Bonne des Kleinen, Herr Godet<a name="FNAnker_94_94" id="FNAnker_94_94"></a><a href="#Fussnote_94_94" class="fnanchor">[94]</a> in Neuchatel
-herausstellt, den wir bereits seit längerer Zeit kennen, als er seine
-Studien hier machte. Da er sich der Theologie widmet, so adressierten
-sich unsere Erkundigungen an den Hofprediger Stracht und den Professor
-Neander<a name="FNAnker_95_95" id="FNAnker_95_95"></a><a href="#Fussnote_95_95" class="fnanchor">[95]</a>, welche Beide dem jungen Godet das ungeteilteste Lob,
-namentlich Letzterer, erteilte.</p>
-
-<p>Ich habe daher dem jungen Manne das Anerbieten, die Stellung bei meinem
-Sohne anzunehmen, gemacht und sehe seiner Antwort entgegen.</p>
-
-<p><span class="pagenum"><a name="Seite_131" id="Seite_131">[S. 131]</a></span></p>
-
-<p>Der beste Termin zum Wechsel des Erziehungspersonales dürfte nun
-wohl erst der Herbst sein, indem mit den neuen Hoffnungen in meiner
-Familie dann gleich Alles auf ein Mal verändert werden könnte, um
-so mehr, da wir hoffen, Madame Godet bei dem zu erwartenden Kinde,
-wenn der Himmel Alles gnädig wendet, ihre Stelle anzuweisen. Auch ist
-durch die Feuersbrunst auf dem Babelsberge kein Gelaß mehr vorhanden,
-wo Gouverneur und Instructeur untergebracht werden könnten für
-diesen Sommer. Dagegen soll Oberst Unruh, wenn er mit mir vom Rhein
-zurückgekehrt sein wird, so viel als möglich sich in der Gesellschaft
-des Kleinen befinden.</p>
-
-<p class="gruss"><span class="mright2">Ihr gehorsamer Sohn</span><br />
-Wilhelm.</p>
-
-<p class="briefkopf">Saarlouis, den 21. Juni 1838.</p>
-
-<p>.... Aachen habe ich seit 8 Jahren noch unglaublich verschönert
-gefunden... Es herrscht viel Elegance und Luxus in Toiletten und
-Equipagen, sodaß ich ganz frappiert war. Die Zweige der Industrie in
-und um Aachen nehmen unglaublich zu, sowie auch auf der Straße von
-Trier hierher. Ich habe vielerlei Fabriken besichtigt... in Malmedy
-(ein so echt französisches Völkchen, daß man sich inmitten nach
-Frankreich versetzt glaubt, der enormen Patrioten ihren Reden nach
-zu urteilen) ..., die alle in Flor sind und außerordentlich in ihren
-grandiosen Anlagen, Einrichtungen und Resultaten sind. Es ist eine
-wahre Freude zu sehen...</p>
-
-<p class="briefkopf">Berlin, den 6. Oktober 1838.</p>
-
-<p>Sie haben gnädigst vorläufig die Wahl des Obersten v. Unruh als
-Gouverneur meines Sohnes zu genehmigen geruht. Da dies Verhältnis
-nunmehr vollständig eintreten muß, so wollte ich nun die desfalsige
-Ernennung hiermit antragen. Die große Gewissenhaftigkeit des
-Obersten v. Unruh hat ihn aber den Wunsch aussprechen lassen, die
-Gouverneurstellung ihm vorläufig nur als ein Commando zu übertragen,
-während er noch mein persönlicher Adjutant bleibt, damit, wenn er oder
-ich die gewünschte Qualification zu seinem Amt nicht entsprechend
-fände, sein Rücktritt zu mir für beide Teile weniger empfindlich wäre.
-Da ich diese Ansicht nur teilen kann, so will ich also untertänigst
-hiermit darauf<span class="pagenum"><a name="Seite_132" id="Seite_132">[S. 132]</a></span> antragen, den Oberst v. Unruh nur zur Führung
-meines Sohnes mit Beibehalt seines Verhältnisses als mein Adjutant
-commandieren zu lassen.</p>
-
-<p>Zum Untererzieher haben Sie gleichfalls vorläufig den Herrn Friedrich
-Godet zu wählen genehmigt; seine Ernennung würde daher nunmehr auch
-erfolgen müssen.</p>
-
-<p>Beide Herren haben bereits seit diesem Sommer meinen Sohn des Öfteren
-besucht und sich mit ihm bekannt gemacht, um den Übergang mit einem
-Male nicht zu plötzlich für das Kind zu machen.</p>
-
-<p class="gruss"><span class="mright2">Ihr gehorsamer Sohn</span><br />
-Wilhelm.</p>
-
-<p class="briefkopf">Berlin, den 30. November 1838.</p>
-
-<p>Schon nach meiner Rückkehr von der ersten Inspektionsreise am Rhein
-im Sommer dieses Jahres hatte ich es für meine Pflicht gehalten,
-Ihnen Meldung von dem Eindruck zu machen, welchen mir die Stimmung
-der Bewohner in jenen Provinzen gemacht hatte. Was ich Ihnen gleich
-anfangs mündlich meldete, wollte ich schriftlich vervollständigen. Die
-Zeit in Teplitz ließ nur jedoch kaum so viel Muße, die militärischen
-Arbeiten zu vollenden; die zweite Inspektionsreise, die Herbstmanöver
-und vor allem die schon zum 4. Oktober damals anberaumte Ankunft der
-Oberpräsidenten jener Provinzen ließen jene Arbeiten unvollendet.
-Ich sehe mich jedoch jetzt veranlaßt, einen Teil jener Bemerkungen
-aufzunehmen und zur Sprache zu bringen, indem ich erfahren habe,
-daß dieser Gegenstand bereits Ihre ganze Aufmerksamkeit auf sich
-gezogen hat. Es ist dies die Stellung des Minister von Kamptz<a name="FNAnker_96_96" id="FNAnker_96_96"></a><a href="#Fussnote_96_96" class="fnanchor">[96]</a>
-als Justizminister für die Rhein-Provinz oder für die französische
-Gesetzgebung.</p>
-
-<p>Meine pflichtmäßige Überzeugung muß ich nach Allem, was ich darüber
-fast täglich auf meiner Reise hörte, dahin aussprechen, daß der
-Minister v. Kamptz alles und jedes Vertrauen in der Provinz verloren
-hat, jeglicher Achtung ermangelt und somit seine fernere Belassung in
-der Stellung unhaltbar geworden ist.</p>
-
-<p>Die Gründe zu dieser Stimmung sind sehr kurz gefaßt folgende: Herr
-v. Kamptz hat bei Übernahme des Ministerium teils öffentlich,<span class="pagenum"><a name="Seite_133" id="Seite_133">[S. 133]</a></span> teils
-privatim erklärt, daß er Alles, was in seiner Macht stände, anwenden
-würde, um die französische Gesetzgebung abzuschaffen; er wolle sie, was
-er auch völlig erfüllt hat, so durchführen, daß sie in ihrer Konsequenz
-gestört werde und somit von selbst fallen müsse. Darauf hat er in zwei
-Jahren eine Rundreise in der Provinz gemacht und nun mit einem Male
-die entgegengesetzte Sprache geführt, sich auf das Lebendigste für
-die Erhaltung der französischen Gesetzgebung ausgesprochen und seine
-<span class="antiqua">bonnes offices</span> zu diesem Zwecke versichert. Kaum von dieser
-Rundreise zurückgekehrt, hat er sich wieder ganz in der früheren Art
-ausgesprochen und in Privatbriefen vernehmen lassen und wieder in der
-früheren Richtung verfahren. Es bedarf wohl gar keines Kommentars, um
-die Mißstimmung aller Klassen der Bevölkerung, aber namentlich des
-Beamtenstandes und der gebildeten Mittelklasse zu erklären, wenn man
-einen so hochgestellten Staatsmann so veränderlich in seinen Ansichten
-erblickt, von dem das Wohl und Wehe der Bevölkerung abhängen soll.
-Hierzu gesellt sich nun aber noch eine Schwäche in der Behandlung
-der Personal-Verhältnisse, welche noch weniger dem Ministerium
-Kamptz Achtung erwerben kann. Er steht mit vielen Justizbeamten in
-Correspondenz, die ihm so zu sagen den Hof machen; die Personen
-begünstigt er bei Anstellungen und Beförderungen, wobei die ärgsten
-Mißgriffe vorgekommen sein sollen. Außerdem hat er das ihm in einzelnen
-Fällen von Ihnen delegierte Begnadigungsrecht in einem Maaße mißbraucht
-und ausgedehnt, daß es fast sprichwörtlich am Rhein geworden ist, wenn
-ein Verbrecher nach der Strenge der Gesetze verurteilt wird, derselbe
-gar bald zum Nachteil der Mitmenschen von Herrn v. Kamptz begnadigt
-werden würde.</p>
-
-<p>Wenn derselbe somit also alle Achtung, alles Vertrauen und Ansehen
-verloren hat, so ist es nur zu erklärlich, wie sich gegen denselben nur
-<em class="gesperrt">eine</em> Stimme in dieser Beziehung erhoben hat, ja wie leider sich
-in den Reihen der Justizbeamten eine Opposition gegen ihren Minister
-erhebt, die an und für sich gewiß sehr sträflich, aber wahrlich nicht
-zu verwundern ist.</p>
-
-<p>Wenn alle diese Ansichten und Mitteilungen einzeln nur mir zu Ohren
-gekommen wären, so würde ich noch kein großes Gewicht darauf gelegt
-haben; aber ich kann versichern, daß meine Umgebung auf der Reise
-mir fast täglich aus jedem Nachtquartier dieselben Mitteilungen zu<span class="pagenum"><a name="Seite_134" id="Seite_134">[S. 134]</a></span>
-machen hatte, sodaß es unter uns fast schon zur täglichen Begrüßung
-gehörte, was man Neues über Herrn v. Kamptz vernommen habe. Somit ist
-die Stimmung gegen denselben also als eine ganz allgemein mauvaise nur
-anzusehen. Sie ist aber um so übler, als die Justiz doch diejenige
-Partei ist, welche Jedermann einleuchtend ist und die am allermeisten
-besprochen wird. Eine so begründete Mißstimmung aber über diese Branche
-bestehen zu lassen, während noch so viele andere Gründe zur Aufregung
-in jener Provinz vorhanden sind in diesem Augenblick, scheint einer
-großen Aufmerksamkeit wert. Und da die Abhülfe für den gegebenen Fall
-rasch gefunden ist, und mit Schonung für die Person eintreten kann,
-die Ruhe, das Vertrauen der Provinz aber vor Allem jetzt erhalten
-werden muß, so habe ich keinen Anstand nehmen dürfen, mich hier offen
-auszusprechen.</p>
-
-<p>Ich hoffe von Ihnen nicht mißverstanden zu werden bei diesem Schritt;
-es ist der erste der Art, den ich tue, wohl wissend, daß mir für
-gewöhnlich die Einmischung in solche Verhältnisse nicht zusteht.
-Aber meine Stellung im Laufe dieses Jahres zur Rhein-Provinz, die
-Dringlichkeit des questionierten Verhältnisses, das mir nur zu klar
-geworden ist, ließen mich zum Besten Ihres Dienstes und des Landes
-diese Zeilen aufsetzen.</p>
-
-<p>Was nun noch die französische Gesetzgebung an und für sich anbetrifft,
-so gehöre ich zwar zu denen, die sie so früh wie möglich abgeschafft
-zu sehen wünschen. Indessen, da man dieselbe nun 25 Jahre in Kraft
-gelassen hat, so scheint es mir nicht möglich, sie anders als bei
-Erscheinen der umgearbeiteten allgemeinen Gesetzgebung aufheben zu
-können, ohne die Stimmung am Rhein jetzt zu irritieren. Die Provinz
-hierüber zu beruhigen, dürfte sehr wichtig sein; bis zum Erscheinen
-jener revidierten Gesetzgebung aber ist gewiß es von Wichtigkeit,
-daß die französischen Gesetze in’s Deutsche übersetzt werden und
-als rheinisches Recht in Kraft bleiben. Diese Arbeit in Jahresfrist
-vollenden zu können, wird allgemein versichert.</p>
-
-<p>Wenn der Minister v. Kamptz die Revision der Gesetzgebung vorläufig
-noch behält, so wird ihm die Entbindung vom Rheinischen Ministerium
-weniger empfindlich sein. Dasselbe soll, allen gehörten Ansichten nach,
-am besten wieder mit dem Justizministerium zu verbinden sein, wo es
-ein Departement bilden würde, an dessen Spitze zu stellen all<span class="pagenum"><a name="Seite_135" id="Seite_135">[S. 135]</a></span>gemein
-der Regierungspräsident Reppenthal zu Köln als der Fähigste zu diesem
-Posten bezeichnet wird. Ihre Entschuldigung über den gewagten Schritt
-mir untertänigst erbittend, verbleibe ich</p>
-
-<p class="gruss"><span class="mright2">Ihr gehorsamer Sohn</span><br />
-Wilhelm.</p>
-
-<p class="briefkopf">Berlin, den 3. December 1838, ½12 Nachts.</p>
-
-<p>Gott hat unsere Wünsche und Hoffnungen auf das gnädigste in Erfüllung
-gehen lassen. Zehn Minuten vor 11 Uhr ist Augusta sehr rasch und
-glücklich von einer Tochter<a name="FNAnker_97_97" id="FNAnker_97_97"></a><a href="#Fussnote_97_97" class="fnanchor">[97]</a> entbunden worden. Nicht genug können
-wir Gott danken für die so leichte und rasche Entbindung. Welch’ ein
-Kontrast mit vor 7 Jahren. Gestern Mittag empfand Augusta einige
-Anzeichen, daß es recht bald zur Entbindung kommen würde. Da es heute
-ganz so wie gestern blieb, so fuhr sie um 2 Uhr spazieren. Um 5 empfand
-sie etwas mehr Schmerzen; die Hebamme erklärte aber, daß bis Morgen
-Mittag an nichts zu denken sei. Um ½8 wurden die Schmerzen heftiger
-und häufiger und um 9 erklärte die Hebamme, daß die Geburt in ganz
-Kurzem bevorstände. Trotz der langen Erwartung waren wir auf diese
-Schnelle nicht gefaßt, sodaß Alles über Hals und Kopf arrangiert ward.
-Augusta ging ins Bett um ½10 und um 11 Uhr weniger 10 Minuten war
-sie entbunden ohne alle künstlichen Mittel, bloß durch die Hebamme im
-Beisein von <span class="antiqua">Dr.</span> Hack.</p>
-
-<p>Augusta hat im Ganzen eigentlich wenig gelitten, was schon in der
-kurzen Dauer der Wehen begründet ist. Dennoch war sie sehr erschöpft
-und mehreren Ohnmachten nahe. Nach ¼stündigem Schlaf kam sie ganz zu
-sich und fühlt sich wohl.</p>
-
-<p>Mademoiselle ist sehr blühend und stark zur Welt gekommen und hat
-gewaltig geschrien, bis der unersättliche Durst gestillt ward.</p>
-
-<p>Gott gebe, daß Mutter und Tochter ferner sich Seines Segens zu erfreuen
-haben.</p>
-
-<p class="gruss"><span class="mright2">Ihr sehr glücklicher Sohn</span><br />
-Wilhelm.</p>
-
-<p><span class="pagenum"><a name="Seite_136" id="Seite_136">[S. 136]</a></span></p>
-
-<p class="briefkopf">Berlin, den 18. Juni 1839.</p>
-
-<p>Soeben war der Fürst Wittgenstein bei mir, um mir Ihre gnädigen
-Bestimmungen wegen der Geldangelegenheiten bei meiner bevorstehenden
-Badereise anzuzeigen sowie das Geschenk eines Landaulet-Reise-Wagens,
-welchen die Ärzte für wünschenswert halten.</p>
-
-<p>Kaum weiß ich Worte zu finden, um Ihnen meinen tiefgefühlten Dank
-für diese Beweise Ihrer unendlichen Gnade, Liebe und Fürsorge
-auszusprechen. Es sind Beweise, die mir so tief ins Herz gehen, daß ich
-kaum Herr meiner Thränen bin, wenn ich die Bedeutung dieser Gnaden mir
-klar mache.</p>
-
-<p>Möge der Himmel mir die verlorene Gesundheit wiederschenken und es mir
-dann vergönnt sein, mit neuer Kraft mich Ihrem Dienst zu weihen und
-damit die kindliche Dankbarkeit abzutragen, zu der ich immer, aber
-heute mehr wie je, verpflichtet bin.</p>
-
-<p class="gruss"><span class="mright2">Ihr gehorsamer Sohn</span><br />
-Wilhelm.</p>
-
-<p class="briefkopf">Berlin, den 15. Juni 1839.</p>
-
-<p>Bei der unendlich gnädigen Art, mit welcher Sie für meine diesmalige
-Badereise gesorgt haben, wird es mir schwer, mit folgendem Vortrage Sie
-anzugehen und ich muß es, weil der <span class="antiqua">Dr.</span> Kuntzmann mir wiederholt
-es zur Pflicht gemacht hat. Es ist auch nicht für mich, sondern für
-Augusta, daß ich sprechen muß. Sie leidet seit ihrem letzten Wochenbett
-wieder so bedeutend an Dérangement des Unterleibes, daß ihr der
-Gebrauch Marienbads unerläßlich geworden ist und zwar an der Quelle,
-indem der Gebrauch dieses Brunnens hier schon fast gar keine Wirkung
-mehr tut. Der Grund, warum ich so spät mit diesem Vortrag komme, liegt
-in dem Kampf, den ich mit Augusta und ihrem Arzt gehabt habe, indem
-Letzterer auf die Badereise bestand, Erstere jedoch aus Discretion
-gegen Sie wegen der zu erbittenden Reisemittel durchaus sich sträubte
-auf den Plan einzugehen. Wenn ich nun diese Discretion doppelt in
-diesem Jahre teilen müßte, so gebietet es mir doch auf der anderen
-Seite die Pflicht für Augustas Gesundheit, Ihre Erlaubnis zu dieser
-Badereise nachzusuchen und um die nötigen Reisemittel zu bitten.</p>
-
-<p><span class="pagenum"><a name="Seite_137" id="Seite_137">[S. 137]</a></span></p>
-
-<p>Der Schein einer Vergnügungsreise dürfte doch wohl auf diese Reise
-nicht zu werfen sein, weil, als solche betrachtet, wohl nichts
-natürlicher gewesen wäre, als daß Augusta mich nach meiner schweren
-Krankheit nach Ems begleitet hätte, was für sie und mich eine
-Beruhigung gewesen wäre. Aber aus obiger Diskretion haben wir diesem
-Wunsch nicht nachgegeben und als Ihre gnädige Bestimmung über die
-pecuniären Verhältnisse meiner Reise mir bekannt wurden, war nun schon
-des <span class="antiqua">Dr.</span> Kuntzmann dringende Bitte wegen Marienbad geschehen,
-sodaß nun eine nachträgliche Bitte um Augustas Mitreise nach Ems auch
-nicht mehr zulässig war.</p>
-
-<p>Im Falle Ihrer Genehmigung wird Augusta jedenfalls ihre Reise nicht
-vor Mitte Juli antreten, um zu Ihrer Disposition bis zu Ihrer Abreise
-nach Teplitz zu bleiben und würde ich sie dann auf meiner Rückreise in
-Marienbad abholen können.</p>
-
-<p>Durch Fürst Wittgenstein darf Augusta Ihrer gnädigen Entschließung wohl
-entgegen sehen.</p>
-
-<p class="gruss"><span class="mright2">Ihr gehorsamer Sohn</span><br />
-Wilhelm.</p>
-
-<div class="chapter">
-
-<p><span class="pagenum"><a name="Seite_138" id="Seite_138">[S. 138]</a></span></p>
-
-<h2 class="nobreak" id="Die_Schweizer_Reise">Die Schweizer Reise.</h2>
-
-</div>
-
-<p class="briefkopf">Frankfurt a. M., den 3. August 1839.</p>
-
-<p>Wieder zur Feder muß ich greifen, und dieses Jahr aus großer
-Entfernung, um Ihnen am heutigen teueren Tage<a name="FNAnker_98_98" id="FNAnker_98_98"></a><a href="#Fussnote_98_98" class="fnanchor">[98]</a> meine ebenso
-untertänigen wie herzlichsten und kindlichsten Wünsche für Ihr Heil und
-Wohl darzubringen. Möge Gottes Segen ferner wie bisher auf Ihnen ruhen
-und die Genugtuung für Ihren erhabenen und schweren Beruf auch ferner
-wie bisher Ihnen werden, im Hinblick auf die Segnungen, welche Sie
-verbreiten. Möge es mir gelingen, mir Ihre Gnade zu erhalten und Ihre
-väterliche Liebe, die sich in der neuesten Zeit so unendlich gnädig
-gegen mich aussprach und mich zu tief gerührtem Dank verpflichtet, zu
-verdienen. Meine Leistungen dereinst sollen Zeugnis von diesem meinem
-Danke und von meinem Willen geben.</p>
-
-<p>Am 28. Nachmittags habe ich Ems<a name="FNAnker_99_99" id="FNAnker_99_99"></a><a href="#Fussnote_99_99" class="fnanchor">[99]</a> verlassen mit den Gefühlen der
-Dankbarkeit gegen die Vorsehung, die mir dort die Grundlage zur
-völligen Wiederherstellung gewährt zu haben scheint...</p>
-
-<p>Bei meiner Ankunft hier empfing ich den Brief von Oberst v. Lindheim
-vom 23. Juli, den er mir in Ihrem Auftrage schrieb und also 8 Tage
-brauchte, um mich zu erreichen. Von Ihrer gnädigen Fürsorge für
-meine Gesundheit und der dieserhalb aufgestellten Bedenken gegen
-einen Aufenthalt in Baden-Baden bin ich tief durchdrungen... Die
-lebendigere Lebensweise in Baden-Baden mitzumachen oder nicht, hängt<span class="pagenum"><a name="Seite_139" id="Seite_139">[S. 139]</a></span>
-von meinem Befinden ab und dürfte ich wohl kein großes Behagen
-an der französischen Welt haben, welche dort <em class="gesperrt">leider</em> die
-Hauptgesellschaft bilden soll und der ich mich wohl nicht anschließen
-werde und mit dem Vorschützen meiner Gesundheit genug Veranlassung
-habe, mich zurückzuhalten, ohne anzustoßen...</p>
-
-<p>Das Resumé dürfte also sein, daß die gehegten Bedenken gegen einen
-Aufenthalt in Baden-Baden verschwinden dürften, teils weil meine
-Gesundheit so fortgeschritten ist, daß ich Manches schon zu ertragen
-vermag, woran freilich bei meiner Abreise von Berlin nicht zu glauben
-war, teils aber die Lebensweise ganz in meiner Hand liegt. Wenn ich
-demnach also den 6. in Baden-Baden einzutreffen gedenke, so kann ich
-es nicht unterlassen, Ihnen nochmals für Ihre gnädigen Bedenken für
-meine Gesundheit meinen tiefgefühltesten Dank abzustatten. Diese Ihre
-väterliche Fürsorge geht noch deutlicher aus dem Opfer hervor, welches
-Sie mir im Briefe des Obersten Lindheim zu bringen befehlen. Das
-Aufgeben der Beiwohnung der Herbstmanöver ist ein schwerer, schwerer
-Entschluß. Alles hatte ich getan, um dieses Opfer nicht nötig zu haben
-zu bringen. Freilich muß ich es selbst eingestehen, daß Vorfälle
-eintreten könnten, die mir nachteilig werden dürften bei den Manövern
-und daß es vorsichtiger ist, wenn ich Ihrer gnädigen Anweisung Gehör
-gebe... Somit werde ich also verzichten müssen auf das, worauf ich
-mich so sehr gefreut hatte und namentlich auf ein Lager bei Potsdam,
-was ich selbst in diesem Jahre vorschlagen wollte. Dazu kommt noch,
-daß ich alle Läger bei Potsdam bisher versäumte; 1828 war ich in Wien,
-1830 nach der Juli-Empörung befahlen Sie mir, die Revue über die vierte
-Armee-Abteilung abzunehmen. Auch die 6. Division wieder zu sehen, würde
-mir so große Freude gemacht haben. Doch der Vernunft werde ich wohl
-Gehör geben müssen. Wenn ich also dies große Opfer bringe, so darf
-ich dagegen mir eine Gnade ausbitten, die darin besteht, daß Sie mir
-gestatten, Augusta nach ihrer beendigten Kur nach Karlsruhe kommen zu
-lassen, um die fünf Wochen, welche ich nach Schluß meiner Kur bis zur
-Rückkehr nach Berlin (22. August bis Ende September) übrig habe, mit
-ihr zuzubringen und eine kleine Reise nach der Schweiz, vielleicht bis
-an die italienischen Seen, zu unternehmen. Diese Zerstreuung würde,
-mit der Freude, Augusta die herrlichen Gegenden sehen zu lassen,
-mich einigermaßen über das, was ich in der Heimat<span class="pagenum"><a name="Seite_140" id="Seite_140">[S. 140]</a></span> aufgeben muß,
-hinwegführen, ohne in eine Art Hypochondrie zu verfallen, was sonst
-möglich wäre, wenn ich tagtäglich, wenn auch entfernt, aber doch
-unbeschäftigt, nach Potsdam denken müßte...</p>
-
-<p class="briefkopf">Baden-Baden, den 20. August 1839.</p>
-
-<p>.... Gestern Abend 7 Uhr ist Augusta glücklich hier angekommen. Sie
-können sich leicht unsere Freude denken. Denn unser Abschied war sehr,
-sehr schwer; ich ging selbst sehr besorgt um meine Gesundheit ab und
-Augusta war es wohl noch mehr als ich. Nun fand sie mich so ganz
-hergestellt und gesund aussehend, wie sie es selbst versichert es nicht
-erwartet zu haben. Dieser ihr Ausspruch wird hoffentlich auch Ihnen
-beweisen, daß meine früheren Darstellungen über meinen Zustand nur
-die Wahrheit enthielten und ich gewiß somit am besten alle Gerüchte
-widerlege, die man über Unvorsichtigkeit usw. meinerseits verbreitet
-hatte...</p>
-
-<p class="briefkopf">Baden-Baden, den 23. August 1839.</p>
-
-<p>Nach Augustens Ankunft am 21. haben wir täglich Excursionen in der
-schönen Umgegend gemacht und wurden stets vom Wetter begünstigt.
-Gestern hatten wir einen Regentag und auch gestern noch kühles Wetter.
-Morgen werden wir der Großherzogin Sophie unsern Besuch in Karlsruhe
-machen; es ist gerade der Geburtstag des abwesenden Großherzogs. Am 30.
-gehen wir nach Freiburg,</p>
-
-<table class="exkursionen" summary="Exkursionen">
-
- <tr>
- <td class="vat" colspan="3">
- den 1. nach Zürich,
- </td>
- </tr>
- <tr>
- <td class="vat" colspan="3">
- den 2. nach Luzern,
- </td>
- </tr>
- <tr>
- <td class="vat" colspan="3">
- den 3. auf den Righi,
- </td>
- </tr>
- <tr>
- <td class="vat">
- den 4. nach Wasen im Reußtal,
- </td>
- <td class="vam" rowspan="5">
- <div class="figcenter">
- <a id="klammer" name="klammer">
- <img class="klammer" src="images/163_klammer.jpg"
- alt="" /></a>
- </div>
- </td>
- <td class="vam" rowspan="5">
- d. h. bei schönem Wetter, sonst zurück nach Luzern und so nach
- Thun usw. bis zum 8.
- </td>
- </tr>
- <tr>
- <td class="vat">
- den 5. über die Furka nach der Grimsel,
- </td>
- </tr>
- <tr>
- <td class="vat">
- den 6. nach Meyringen,
- </td>
- </tr>
- <tr>
- <td class="vat">
- den 7. nach Grindelwald,
- </td>
- </tr>
- <tr>
- <td class="vat">
- den 8. nach Lauterbrunn und Interlaken,
- </td>
- </tr>
- <tr>
- <td class="vat" colspan="3">
- den 9. nach Bern,
- </td>
- </tr>
- <tr>
- <td class="vat" colspan="3">
- den 10. nach Neuchatel,
- </td>
- </tr>
- <tr>
- <td class="vat" colspan="3">
- den 11. daselbst,
- </td>
- </tr>
- <tr>
- <td class="vat" colspan="3">
- den 12. nach Lausanne,
- </td>
- </tr>
- <tr>
- <td class="vat" colspan="3">
- den 13. nach Chamouny,
- </td>
- </tr>
- <tr>
- <td class="vat" colspan="3">
-<span class="pagenum"><a name="Seite_141" id="Seite_141">[S. 141]</a></span>
- den 14. nach Martigny,
- </td>
- </tr>
- <tr>
- <td class="vat" colspan="3">
- den 15. nach Brieg,
- </td>
- </tr>
- <tr>
- <td class="vat" colspan="3">
- den 16. über den Simplon,
- </td>
- </tr>
- <tr>
- <td class="vat" colspan="3">
- den 17. auf den Lago maggiore und nach Mailand,
- </td>
- </tr>
- <tr>
- <td class="vat" colspan="3">
- den 18. nach Como,
- </td>
- </tr>
- <tr>
- <td class="vat" colspan="3">
- den 19. am Comer See,
- </td>
- </tr>
- <tr>
- <td class="vat" colspan="3">
- den 20. über den Splügen,
- </td>
- </tr>
- <tr>
- <td class="vat" colspan="3">
- den 21. den halben Weg nach Insbruck,
- </td>
- </tr>
- <tr>
- <td class="vat" colspan="3">
- den 22. nach Insbruck,
- </td>
- </tr>
- <tr>
- <td class="vat" colspan="3">
- den 23. nach St. Johann,
- </td>
- </tr>
- <tr>
- <td class="vat" colspan="3">
- den 24. nach Salzburg,
- </td>
- </tr>
- <tr>
- <td class="vat" colspan="3">
- den 25. nach Vels,
- </td>
- </tr>
- <tr>
- <td class="vat" colspan="3">
- den 26. nach Budweis,
- </td>
- </tr>
- <tr>
- <td class="vat" colspan="3">
- den 27. nach Prag,
- </td>
- </tr>
- <tr>
- <td class="vat" colspan="3">
- den 28. nach Dresden,
- </td>
- </tr>
- <tr>
- <td class="vat" colspan="3">
- den 29. nach Berlin.
- </td>
- </tr>
-</table>
-
-<p>Sollten die Witterungs- oder die Gesundheitsverhältnisse eine Änderung
-herbeiführen, so würden wir namentlich die kleineren Excursionen in
-den kleinen Cantons unterlassen und dann um so viel früher den Simplon
-überschreiten. Da ich Mailand zu besuchen nicht in meinem Briefe aus
-Frankfurt a. M. vom 3. August erwähnte, so werde ich, da Sie auf diesen
-Brief Augustas Weiterreise gestatteten, die zwei Reisetage nach Mailand
-mehr nicht zur Liquidation bringen, um Ihre Gnade nicht zu mißbrauchen.</p>
-
-<p>Nach diesem Plan hoffen wir also zu Augustas Geburtstag zurück zu sein;
-aber freilich mit Gewißheit läßt es sich nicht vorhersagen, ob nicht
-ein paar Tage manquieren könnten.</p>
-
-<p>Es wird mir heute aus Berlin geschrieben, daß Sie noch nicht bestimmt
-hätten, wer die Manöver bei Potsdam commandieren wird, was mich
-ordentlich tourmentiert. Auch soll ja im Lehrbataillon und der
-Spandauer Garnison eine ungewöhnliche Krankenzahl einreißen; wenn nur
-nicht wieder die Cholera kommt, die schon in Schlesien sich zeigen
-soll. Dies Alles geht mir so im Kopfe herum, daß mir meine Abwesenheit
-immer schwerer wird, da gerade unter solchen Verhältnissen so Vieles
-anzuordnen sein würde, was Fürsorge erheischt.</p>
-
-<p>Ich fühle jetzt fast zum ersten Male in meinem Leben, wie ohne<span class="pagenum"><a name="Seite_142" id="Seite_142">[S. 142]</a></span>
-Gesundheit Alles zerstört ist und man zu nichts taugt. Gott sei Dank,
-daß ich sagen kann, daß ich völlig hergestellt bin, was ich seit
-kurzem auch daran bemerke, daß ich unwillkürlich einen raschen Schritt
-wieder angenommen habe, den ich lange vermißt. Nächst Gottes gnädigem
-Beistande verdanke ich Ihrer Gnade zu meiner Wiederherstellung so viel,
-da Sie mir so Alles bewilligten, was zu meiner Beruhigung gereichte.
-Aber meinen Arzt, den <span class="antiqua">Dr.</span> Großheim, muß ich speciell Ihrer Gnade
-empfehlen, dem ich unendlich viel verdanke und der stets Ansprüche auf
-meine vollkommenste Anerkennung haben wird.</p>
-
-<p class="gruss"><span class="mright2">Ihr gehorsamer Sohn</span><br />
-Wilhelm.</p>
-
-<p class="briefkopf">Karlsruhe, den 30. August 1839.</p>
-
-<p>.... Gleich nach meiner Ankunft hier besichtigte ich mit dem General
-Lassolaye die von ihm vervollkommneten Geschütz-Lafetten, deren
-Konstruktion Ihnen eingeschickt worden ist. Die Sache erscheint
-ungemein praktisch für die Leichtigkeit und Gelenkigkeit, ohne
-Verminderung der Haltbarkeit. Ich bin aber nicht Techniker genug,
-um etwaige Übelstände zu ergründen; doch erscheint die Erfindung,
-die sich in den schlechtesten Gebirgswegen bewährt hat, jedenfalls
-beachtenswert...</p>
-
-<p class="briefkopf">Bern, den 12. September 1839.</p>
-
-<p>Gestern bei meiner Ankunft hierselbst erhielt ich ein Schreiben des
-Fürsten Wittgenstein vom 29. v. M., in dem er mir in Ihrem Auftrage
-schreibt, daß Sie mir meine weitere Reise oder Rückkunft lediglich
-anheimstellen, indem Sie mich zwar vom Kommando der Manöver entbunden
-hätten, aber dies meine Rückkunft nicht ausgeschlossen habe. Welch’
-einen Eindruck diese Ihre Ansicht auf mich gemacht hat, vermag ich
-nicht zu beschreiben. Keine Ahnung hatte ich von derselben. Ich bin
-drei Wochen ohne Antwort geblieben auf meine Anfrage, ob ich, da ich
-das schwere, schwere Opfer brächte, nicht zum Manöver zurückzukehren,
-mit Augusta diese Zeit in der Schweiz verreisen dürfte. Erst am 19.
-August erfuhr ich durch Luisens Brief an Augusta, daß Sie deren Reise
-zu mir und ihre fernere Reise mit mir genehmigt hätten. In Karlsruhe
-erhielt ich Ihren gnädigen Brief vom 20. August, worin Sie sogar eine
-Andeutung wegen einer Traubencur in Meran, also zum<span class="pagenum"><a name="Seite_143" id="Seite_143">[S. 143]</a></span> Oktober, machen;
-wie konnte ich nach diesem Allen annehmen, daß Sie meine Rückkehr zur
-Manöverzeit erwarten? Auch darf ich es frei gestehen, daß ich nicht
-es mir klar zu machen weiß, in welcher Art sich meine Anwesenheit in
-Berlin und Potsdam nach Ihren Intentionen gestalten sollte, ob, wenn
-ich hergestellt, als Zuschauer bei einem Truppenkommando erscheinen
-sollte oder hätte kommandieren sollen, so lange es schön Wetter und
-nicht fatiguant war, oder ob ich als Reconvalescent hätte, wie im
-Frühjahr, zu Hause bleiben sollen?</p>
-
-<p>Wäre mir Fürst Wittgensteins Brief 48 Stunden früher zugekommen, so
-wäre ich Tag und Nacht nach Berlin geeilt und hätte am 15. September
-mir Ihre Befehle selbst in dieser Beziehung erbeten; das ist nun
-unmöglich. Ja, wenn mir Ihre Intention nur in Baden bekannt geworden
-wäre, so hätte ich den ersten Plan meines Arztes, nach der Molkencur
-eine kleine Schweizertour bis zum Beginn der Manöver, selbst mit
-Augusta ausführen können. So aber ist Fürst Wittgensteins Brief an
-dem Tage, den 29. v. M., geschrieben, an welchem wir unsere Reise
-begannen und mir hier zugekommen, nachdem wir 14 Tage verreiset sind
-und zwar heute, wo das Lager bezogen wird. Den Brief des Oberst v.
-Lindheim vom 23. Juli aus Teplitz konnte ich aber auf keinerlei Art
-so auslegen, daß ich nach Berlin kommen sollte, ohne mein Kommando zu
-übernehmen. Und wenn ich dies hätte übersehen zu verstehen, so hätte
-ich wohl erwarten dürfen, daß mir mein Mißverstehen sogleich angedeutet
-worden wäre, als ich am 3. August Augustas Reise zu mir und mit mir
-während der Manöverzeit bei Ihnen beantragte. Dies Alles aber geschah
-nicht, sondern Ihre Genehmigung zur Schweizer Reise erfolgte ohne alle
-Restriction. Somit ich also in jeder Beziehung recht unglücklich bin.
-Denn ich sehe nun, daß ich gegen Ihren Willen abwesend vom Manöver
-bin und gegen Ihren Willen reise. Mir wollen Sie gnädigst dieses
-unglückliche Mißverständnis nicht aufbürden, und schicke ich dieserhalb
-dem Fürsten Wittgenstein heute die nötigen Briefe und Korrespondenzen
-zu. Unsere Reise ist über alle Begriffe vom Wetter begünstigt; die
-himmlischsten Sommertage begleiten uns fortwährend, so daß wir Alles im
-vollsten Maaße genießen und ich war bis heute vollkommen wohl.</p>
-
-<p class="gruss"><span class="mright2">Ihr gehorsamer Sohn</span><br />
-Wilhelm.</p>
-
-<div class="chapter">
-
-<p><span class="pagenum"><a name="Seite_144" id="Seite_144"></a></span></p>
-
-<h2 class="nobreak" id="Personenregister">Personenregister</h2>
-
-</div>
-
-<ul class="index"><li class="ifrst"> Albrecht, Prinz von Preußen S. <a href="#Seite_64">64</a>, <a href="#Seite_68">68</a>.</li>
-
-<li class="indx"> Alexander I., russischer Kaiser S. <a href="#Seite_82">82</a>.</li>
-
-<li class="indx"> Alexandrine, Prinzessin von Preußen, jüngere Schwester des Prinzen
-Wilhelm, Großherzogin von Mecklenburg S. <a href="#Seite_118">118</a>.</li>
-
-<li class="indx"> Altenstein, K. v., preußischer Unterrichtsminister S. <a href="#Seite_97">97</a>.</li>
-
-<li class="indx"> Auber, französischer Komponist, S. <a href="#Seite_xix">XIX</a>.</li>
-
-<li class="indx"> Augusta, Prinzessin von Weimar S. <a href="#Seite_27">27</a>f.</li>
-
-<li class="ifrst"> Bazaine, P.-D., französischer General in russischen Diensten S. <a href="#Seite_5">5</a>.</li>
-
-<li class="indx"> Bernhard, Prinz von Weimar, niederländischer General S. <a href="#Seite_96">96</a>.</li>
-
-<li class="indx"> Bernstorff, Chr. G. Graf v., preußischer Minister S. <a href="#Seite_10">10</a>, <a href="#Seite_24">24</a>/<a href="#Seite_25">5</a>.</li>
-
-<li class="ifrst"> Cecile, Prinzessin von Schweden S. <a href="#Seite_28">28</a>f.</li>
-
-<li class="indx"> Charlotte, Prinzessin von Preußen, Schwester des Prinzen Wilhelm,
-Kaiserin von Rußland S. <a href="#Seite_3">3</a>.</li>
-
-<li class="indx"> Constantin, älterer Bruder des russischen Kaisers Nikolaus I. S. <a href="#Seite_8">8</a>,
-<a href="#Seite_51">51</a>.</li>
-
-<li class="indx"> Curtius, Ernst, Erzieher des Prinzen Friedrich Wilhelm S. <a href="#Seite_130">130</a>.</li>
-
-<li class="ifrst"> Elise, Prinzessin v. Radziwill S. <a href="#Seite_26">26</a>.</li>
-
-<li class="ifrst"> Ferdinand, österreichischer Erzherzog, dann Kaiser S. <a href="#Seite_21">21</a>.</li>
-
-<li class="indx"> Friedrich, Prinz der Niederlande, Vetter des Prinzen Wilhelm S. <a href="#Seite_78">78</a>f.</li>
-
-<li class="ifrst"> Gesenius, Theologieprofessor in Halle S. <a href="#Seite_72">72</a>.</li>
-
-<li class="indx"> Gerlach, L. v., Adjutant des Prinzen Wilhelm S. <a href="#Seite_73">73</a>.</li>
-
-<li class="indx"> Gerlach, O. v., Geistlicher in Berlin S. <a href="#Seite_72">72</a>.</li>
-
-<li class="indx"> Godet, Fr., Erzieher des Prinzen Friedrich Wilhelm von Preußen S.
-<a href="#Seite_130">130</a>f.</li>
-
-<li class="indx"> Goethe, W. v. S. <a href="#Seite_45">45</a>.</li>
-
-<li class="indx"> Grollmann, Generalleutnant S. <a href="#Seite_113">113</a>.</li>
-
-<li class="indx"> Gustav IV. Adolf von Schweden S. <a href="#Seite_21">21</a>.</li>
-
-<li class="ifrst"> Hengstenberg, E. W., Theologieprofessor in Berlin S. <a href="#Seite_72">72</a>.</li>
-
-<li class="indx"> Hufeland, Chr. W., Arzt S. <a href="#Seite_27">27</a>, <a href="#Seite_29">29</a>, <a href="#Seite_43">43</a>.</li>
-
-<li class="indx"> Humboldt, Wilh. v. S. <a href="#Seite_45">45</a>.</li>
-
-<li class="ifrst"> Kamptz, K. Chr. A. H. v., preußischer Justizminister S. <a href="#Seite_132">132</a>f.</li>
-
-<li class="indx"> Karl II., Herzog von Braunschweig S. <a href="#Seite_96">96</a>.</li>
-
-<li class="indx"> Karl X., König von Frankreich S. <a href="#Seite_74">74</a>f., <a href="#Seite_111">111</a>.</li>
-
-<li class="indx"> Karl, Prinz von Preußen S. <a href="#Seite_47">47</a>/<a href="#Seite_48">8</a>, <a href="#Seite_50">50</a>, <a href="#Seite_64">64</a>, <a href="#Seite_66">66</a>, <a href="#Seite_68">68</a>.</li>
-
-<li class="indx"> Karl, Herzog von Mecklenburg, Stiefbruder der Königin Luise S. <a href="#Seite_99">99</a>.</li>
-
-<li class="ifrst"> Lafayette S. <a href="#Seite_74">74</a>, <a href="#Seite_77">77</a>.</li>
-
-<li class="indx"> Langhans, K. F., Architekt S. <a href="#Seite_117">117</a>.</li>
-
-<li class="indx"> Lieven, Chr., russischer Botschafter in London S. <a href="#Seite_8">8</a>, <a href="#Seite_24">24</a>.</li>
-
-<li class="indx"> Lottum, K. Fr. H. v., preußischer Staatsmann S. <a href="#Seite_66">66</a>, <a href="#Seite_101">101</a>.</li>
-
-<li class="indx"> Louis Philippe, Herzog von Orleans, später der „Bürgerkönig“ S. <a href="#Seite_74">74</a>f.</li>
-
-<li class="indx"> Luise, Königin von Preußen S. <a href="#Seite_50">50</a>, <a href="#Seite_58">58</a>.</li>
-
-<li class="indx"> Luise, Prinzessin von Preußen, später Großherzogin von Baden S. <a href="#Seite_135">135</a>.</li>
-
-<li class="indx"> Luise, Großherzogin von Weimar S. <a href="#Seite_47">47</a>.</li>
-
-<li class="ifrst"> Maria Feodorowna, Kaiserin-Mutter von Rußland S. <a href="#Seite_3">3</a>, <a href="#Seite_27">27</a>, <a href="#Seite_37">37</a>, <a href="#Seite_49">49</a>, <a href="#Seite_50">50</a>,
-<a href="#Seite_51">51</a>, <a href="#Seite_54">54</a>.</li>
-
-<li class="indx"> Maria Feodorowna, Großherzogin von Weimar S. <a href="#Seite_37">37</a>, <a href="#Seite_46">46</a>f.</li>
-
-<li class="indx"> Maria, Prinzessin von Weimar S. <a href="#Seite_47">47</a>, <a href="#Seite_48">48</a>, <a href="#Seite_50">50</a>.</li>
-
-<li class="indx"> Marmont, französischer Marschall S. <a href="#Seite_74">74&ndash;76</a>.</li>
-
-<li class="indx"> Metternich, Fürst, Leiter der österreichischen Politik S. <a href="#Seite_56">56</a>, <a href="#Seite_118">118</a>.</li>
-
-<li class="indx"> Don Miguel, König von Portugal S. <a href="#Seite_36">36</a>, <a href="#Seite_87">87</a>.</li>
-
-<li class="indx"> Miltiz, v., preußischer Gesandter in Konstantinopel S. <a href="#Seite_10">10</a>.</li>
-
-<li class="indx"> Motz, Fr. Chr. Ad. v., preußischer Finanzminister S. <a href="#Seite_16">16</a>.</li>
-
-<li class="ifrst"> Natzmer, O. v., preußischer General S. <a href="#Seite_129">129</a>.</li>
-
-<li class="indx"> Neander, Aug., Theologieprofessor in Berlin S. <a href="#Seite_130">130</a>.</li>
-
-<li class="indx"> Nicolaus I., Kaiser von Rußland S. <a href="#Seite_3">3</a>f.</li>
-
-<li class="ifrst"> Ottenfels, v., österreichischer Gesandter in Konstantinopel S. <a href="#Seite_3">3</a>,
-<a href="#Seite_18">18</a>, <a href="#Seite_21">21</a>.</li>
-
-<li class="ifrst"> Paskewitsch, russischer General S. <a href="#Seite_2">2</a>, <a href="#Seite_17">17&ndash;18</a>.</li>
-
-<li class="indx"> Polignac, J. de, französischer Minister S. <a href="#Seite_74">74</a>, <a href="#Seite_76">76</a>.</li>
-
-<li class="ifrst"> Schinkel, K. Fr., Architekt S. <a href="#Seite_64">64</a>, <a href="#Seite_66">66</a>/<a href="#Seite_67">7</a>, <a href="#Seite_115">115</a>, <a href="#Seite_117">117</a>.</li>
-
-<li class="indx"> Schöler, F. v., preußischer Diplomat in Petersburg S. <a href="#Seite_3">3</a>f.</li>
-
-<li class="indx"> Schuckmann, K. Fr. v., preußischer Minister S. <a href="#Seite_66">66</a>, <a href="#Seite_68">68</a>.</li>
-
-<li class="indx"> Schweizer, Chr. W., weimarischer Staatsmann S. <a href="#Seite_62">62</a>.</li>
-
-<li class="indx"> Stägemann, Fr. Aug., preußischer Staatsmann S. <a href="#Seite_76">76</a>.</li>
-
-<li class="ifrst"> Tatischtschew, russischer Botschafter in Wien S. <a href="#Seite_5">5</a>f., <a href="#Seite_41">41</a>.</li>
-
-<li class="ifrst"> Wegscheider, Professor in Halle S. <a href="#Seite_72">72</a>.</li>
-
-<li class="indx"> Wellington, Herzog v., britischer Feldherr und Staatsmann S. <a href="#Seite_9">9</a>, <a href="#Seite_15">15</a>,
-<a href="#Seite_83">83</a>, <a href="#Seite_85">85</a>.</li>
-
-<li class="indx"> Wilhelm, Prinz Radziwill S. <a href="#Seite_107">107</a>/<a href="#Seite_108">8</a>.</li>
-
-<li class="indx"> Wilhelm, Prinz zu Solms S. <a href="#Seite_105">105</a>/<a href="#Seite_106">6</a>.</li>
-
-<li class="indx"> Wilhelm I., König der Niederlande S. <a href="#Seite_77">77</a>.</li>
-
-<li class="indx"> Wilhelmine, Prinzessin von Preußen, Königin der Niederlande S. <a href="#Seite_65">65</a>,
-<a href="#Seite_75">75</a>.</li>
-
-<li class="indx"> Wittgenstein, Fürst, preußischer Hausminister S. <a href="#Seite_136">136</a>, <a href="#Seite_143">143</a>/<a href="#Seite_144">44</a>.</li>
-
-<li class="indx"> Witzleben, J. v., Generaladjutant Friedrich Wilhelms III. S. <a href="#Seite_8">8</a>.</li></ul>
-
-<hr class="chap" />
-
-<div class="chapter">
-
-<p class="s2 center" id="faks">Faksimile des Briefes auf den Seiten <a href="#Seite_50">50&ndash;52</a></p>
-
-</div>
-
-<div class="figcenter">
- <a id="faksimile1" name="faksimile1">
- <img class="mtop2" src="images/faksimile1.jpg"
- alt="Faksimile 1, Brief S. 50-52" /></a>
- <p class="s6 center padbot3 ebhide"><a href="images/faksimile1_hr.jpg">&#10063;<br />
- <span class="smaller">GRÖSSERE BILDANSICHT</span></a></p>
-</div>
-
-<div class="figcenter break-before">
- <a id="faksimile2" name="faksimile2">
- <img src="images/faksimile2.jpg"
- alt="Faksimile 2, Brief S. 50-52" /></a>
- <p class="s6 center padbot3 ebhide"><a href="images/faksimile2_hr.jpg">&#10063;<br />
- <span class="smaller">GRÖSSERE BILDANSICHT</span></a></p>
-</div>
-
-<div class="figcenter break-before">
- <a id="faksimile3" name="faksimile3">
- <img src="images/faksimile3.jpg"
- alt="Faksimile 3, Brief S. 50-52" /></a>
- <p class="s6 center padbot3 ebhide"><a href="images/faksimile3_hr.jpg">&#10063;<br />
- <span class="smaller">GRÖSSERE BILDANSICHT</span></a></p>
-</div>
-
-<div class="figcenter break-before">
- <a id="faksimile4" name="faksimile4">
- <img src="images/faksimile4.jpg"
- alt="Faksimile 4, Brief S. 50-52" /></a>
- <p class="s6 center padbot3 ebhide"><a href="images/faksimile4_hr.jpg">&#10063;<br />
- <span class="smaller">GRÖSSERE BILDANSICHT</span></a></p>
-</div>
-
-<hr class="full" />
-
-<div class="chapter">
-
-<div class="footnotes">
-
-<p class="s3 center padtop1" id="FOOTNOTES"><b>Fußnoten:</b></p>
-
-<div class="footnote">
-
-<p><a name="Fussnote_1_1" id="Fussnote_1_1"></a><a href="#FNAnker_1_1"><span class="label">[1]</span></a> Ein einziges Mal fällt in diesen Briefen ein Wort über
-ein Ereignis des Theaters... aus dem Neuen Palais schreibt der Prinz
-am 19. Juli 1835 an seinen Vater: Vor einigen Tagen haben wir die
-erste Aufführung des <span class="antiqua">Cheval de bronze</span> gesehen. Das Ganze ist
-sehr schön ausstaffiert; das Sujet etwas matt mitunter und die Musik
-bei weitem nicht so in die Ohren fallend, wie Aubers frühere Opern,
-obgleich mehrere sehr hübsche Stellen vorkommen; der erste Akt läßt
-einen vorzüglich sehr ruhig.</p></div>
-
-<div class="footnote">
-
-<p><a name="Fussnote_2_2" id="Fussnote_2_2"></a><a href="#FNAnker_2_2"><span class="label">[2]</span></a> Festschrift der Kaiser Wilhelm-Gesellschaft, 1921, S. 261.</p></div>
-
-<div class="footnote">
-
-<p><a name="Fussnote_3_3" id="Fussnote_3_3"></a><a href="#FNAnker_3_3"><span class="label">[3]</span></a>
-Vgl. <a href="#Seite_34">S. 34</a>.</p></div>
-
-<div class="footnote">
-
-<p><a name="Fussnote_4_4" id="Fussnote_4_4"></a><a href="#FNAnker_4_4"><span class="label">[4]</span></a> Friedrich v. Schöler (1772/1840), der von 1807 bis 1834
-als ausgezeichneter und in schwierigen Situationen bewährter Diplomat
-bei der preußischen Gesandtschaft in Petersburg tätig war, ehe er in
-gleicher Eigenschaft an den Frankfurter Bundestag übersiedelte, hat in
-seinen regelmäßigen Berichten an Friedrich Wilhelm III., die für einen
-Teil dieser Veröffentlichung trotz ihrer Verwertung in Th. Schiemanns
-Geschichte Rußlands noch manch’ wertvollen Beitrag liefern, sofort
-von der Anwesenheit des Prinzen Wilhelm in der russischen Hauptstadt
-Notiz genommen: „Seine Kgl. Hoheit ist im Winterpalais abgestiegen, in
-einem neuen Appartement, den Zimmern Ihrer Majestät der regierenden
-Kaiserin so nahe als möglich; die Wohnung Sr. Majestät des Kaisers
-liegt ebenfalls in diesem Teil des Schlosses; Seine Kgl. Hoheit waren
-daher so zu sagen im Augenblick des Eintretens von den Armen der ganzen
-kaiserlichen Familie auf das liebevollste und herzlichste umfangen.“
-(Schöler an den König, 21. 12./2. 1. 1827/8) &mdash; Prinz Wilhelm selbst
-berichtet über Schwester und Schwager: „Nicolas ist unbegreiflich stark
-geworden, so, daß er von hinten dem seligen Kaiser erinnert; dabei ist
-er auch im Gesicht viel wohler und stärker als vorig(es) Jahr, sodaß
-dieses Kaiser-Paar seines Gleichen suchen kann.“</p></div>
-
-<div class="footnote">
-
-<p><a name="Fussnote_5_5" id="Fussnote_5_5"></a><a href="#FNAnker_5_5"><span class="label">[5]</span></a> „Am 8. December verließen die Botschafter von England,
-Sir Stratfort Canning, und Frankreich, General Graf Guilleminot,
-und am 16. December auch der russische Gesandte, v. Ribeaupierre,
-Konstantinopel, um sich über Smyrna nach dem Occident zu begeben.
-Fast gleichzeitig traf von Wien die Nachricht ein, daß Metternich,
-offenbar im Gefühl der Unmöglichkeit, unter den obwaltenden Umständen
-der Stimme der Billigkeit und Mäßigung Gehör zu verschaffen, die ihm
-übertragene Vermittlung ablehne. Der österreichische Internuntius Baron
-v. Ottenfels &mdash; von den Vertretern der Großmächte der einzige, der bis
-dahin in einiger Verbindung mit den türkischen Ministern geblieben war
-&mdash; verlor damit ebenfalls alles Vertrauen, und die Pforte stand ohne
-jeglichen diplomatischen Rat da.“ (G. Rosen, Geschichte der Türkei,
-1826 bis 1856, Erster Teil, 1866, S. 55.) Dazu die Bemerkung des
-Prinzen Wilhelm, St. Petersburg, 23. Dec./4. Jan. 1827/8: .... Vor drei
-Tagen erhielt der Kaiser die Nachricht, daß Ribeaupierre nicht nach
-Odessa, sondern widriger Winde halber nach Triest hat gehen müssen,
-ein Zufall, der dem Kaiser sehr lieb ist, indem er sagte: der Himmel
-habe die Instruktion ihm zukommen lassen, die er vergessen habe, ihm
-nach Konstantinopel zu senden. Ribeaupierre erhält Befehl, in Triest
-zu bleiben und sich womöglich mit seinen zwei Kollegen fortwährend in
-Kommunikation zu erhalten.</p></div>
-
-<div class="footnote">
-
-<p><a name="Fussnote_6_6" id="Fussnote_6_6"></a><a href="#FNAnker_6_6"><span class="label">[6]</span></a> Auf einen nicht erhaltenen Brief vom 4./16. Januar 1828
-bezieht sich folgender Satz aus einem Schreiben Friedrich Wilhelms
-III. an seinen Sohn aus Berlin, den 18./30. des genannten Monats:....
-Der Bericht hatte für mich das bedeutendste Interesse, da ich aus ihm
-besser als auf irgend eine Weise die Art ersah, wie man oder besser
-gesagt, wie der Kaiser seine Lage und die Lage der Dinge im Orient
-überhaupt in Beziehung auf die griechische Angelegenheit beurteilt.
-Du hast in diesem Berichte auf’s Neue zu beweisen, mit welcher
-Aufmerksamkeit und Auffassungsgabe Du einem so wichtigen Gegenstand
-zu folgen weißt und freut es mich, Dir darüber meine Zufriedenheit
-ausdrücken zu können....</p></div>
-
-<div class="footnote">
-
-<p><a name="Fussnote_7_7" id="Fussnote_7_7"></a><a href="#FNAnker_7_7"><span class="label">[7]</span></a> „Der erste Grund an der Verzögerung, welche die Ausführung
-des Friedensbeschlusses erleidet, bleibt immer die Liebe des Schahs zu
-seinen Schätzen. Er soll sich nicht entschließen können mehr als 100000
-Kruß, die ungefähr zweimal so viel Silberrubel wert sein mögen, in
-einem Tage auszugeben. Da nun Sr. Majestät genötigt ist, sich von dem
-Werte von 5 Millionen Kruß oder 40 Millionen Rubel Banco-Assignationen
-zu trennen, so würde die Auszahlung jedenfalls etwas lange dauern, wenn
-General Paskewitsch nicht die Mittel hätte, einige Beschleunigung in
-dieselbe zu bringen. Indeß soll die Fortschaffung dieses baren Geldes
-von Teheran bis Tawris nicht unbedeutende Schwierigkeiten haben, unter
-welchen die Neigung des früheren Besitzers desselben, bei dieser
-Gelegenheit wieder zu dem ihrigen zu gelangen, vielleicht nicht die
-kleinste sein dürfte.“ (Schöler, 25. Jan./6. Febr. 1823.)</p></div>
-
-<div class="footnote">
-
-<p><a name="Fussnote_8_8" id="Fussnote_8_8"></a><a href="#FNAnker_8_8"><span class="label">[8]</span></a> Der russische Gesandte in Paris.</p></div>
-
-<div class="footnote">
-
-<p><a name="Fussnote_9_9" id="Fussnote_9_9"></a><a href="#FNAnker_9_9"><span class="label">[9]</span></a> Das ausgesprochen reaktionäre Ministerium Villèle war
-Anfang Januar 1823 durch den gemäßigten Royalisten Martignac ersetzt
-worden, der eine freiheitlichere innere Entwicklung anstrebte.</p></div>
-
-<div class="footnote">
-
-<p><a name="Fussnote_10_10" id="Fussnote_10_10"></a><a href="#FNAnker_10_10"><span class="label">[10]</span></a> „Prinz Wilhelm hat aus Petersburg an den Major v. Wilisen
-geschrieben, der Kaiser Nikolaus werde in keinem Falle von seinem
-bisherigen Gange hinsichtlich der Türken nachlassen; der Krieg sei
-unvermeidlich, wenn die Türken nicht nachgeben. Er ist sehr gegen
-Österreich, dessen Schuld es sei, daß man nicht längst aufs Reine
-gekommen sei und dem allein alles bevorstehende Blutvergießen zur Last
-falle. Mit dem jetzigen französischen Ministerium ist man in Petersburg
-sehr zufrieden, nennt es das <span class="antiqua">ministère des braves gens</span> und
-lacht über den Grafen Pozzo di Borgo, der da meint, es könne und dürfe
-keinen Bestand haben.“ (Varnhagen v. Ense in seinen „Blättern aus der
-Preußischen Geschichte“, am 5. Januar 1828.)</p></div>
-
-<div class="footnote">
-
-<p><a name="Fussnote_11_11" id="Fussnote_11_11"></a><a href="#FNAnker_11_11"><span class="label">[11]</span></a> Der „Kaiserliche IngenieurGeneral“ Pierre-Dominique
-Bazaine (1783/1838) war durch Napoleons Vermittlung seinerzeit in
-russische Dienste getreten und galt als ein ausgezeichneter Fachmann.</p></div>
-
-<div class="footnote">
-
-<p><a name="Fussnote_12_12" id="Fussnote_12_12"></a><a href="#FNAnker_12_12"><span class="label">[12]</span></a> Russischer Botschafter in Wien.</p></div>
-
-<div class="footnote">
-
-<p><a name="Fussnote_13_13" id="Fussnote_13_13"></a><a href="#FNAnker_13_13"><span class="label">[13]</span></a> Die allgemeine politische Situation war in diesen Tagen
-völlig ungeklärt: „Österreich hat gegen die drei Mächte, welche den
-Londoner Vertrag unterzeichnet haben, eine ziemlich dreiste Sprache
-angenommen; das Verhältnis beider Kaiserhöfe zu einander ist sehr
-gereizt und gerade das beunruhigt den König“, notierte Varnhagen von
-Ense in seinen Blättern aus der preußischen Geschichte am 5. Januar
-1828. Auch Schölers Berichte wissen davon zu melden: „Die Meinung, daß
-Rußland den Krieg mit der Pforte wünsche, oder die Meinung, daß es
-diesen Krieg scheue, sind beide gleich große, aber häufig, bald hier,
-bald dort genährte Irrtümer, die wesentlich dazu beigetragen haben, die
-gegenwärtige Verwicklung der griechischen Pacificationsangelegenheiten
-herbeizuführen.“ (Schöler am 24. 12./5. 1. 1827/8); „Österreich
-verfolgt ganz unbegreiflicher Weise den höchst bedenklichen Zweck,
-die Übereinstimmung der verbündeten Mächte so viel als möglich zu
-hindern“ (Schöler am 28. 12./9. 1. 1827/8), und Friedrich Wilhelm
-III. schreibt aus Berlin seinem Sohn am 5./17. Februar 1828:....
-besonders haben mir die politischen Neuigkeiten, die Angelegenheiten
-Rußlands in Beziehung auf Österreich betreffend, angenehm sein müssen,
-da sich ziemlich bestimmt daraus ergiebt, daß letzteres Kabinett
-sich in einem wünschenswerteren Sinn als seither ausspricht. Im
-übrigen befinden wir uns noch immerfort in einer gewissen Krisis in
-Betreff der orientalischen Angelegenheit, da sich England seit dem
-Ministeriumwechsel noch immer nicht recht über seine eigentlichen
-Absichten darüber erklärt hat....</p></div>
-
-<div class="footnote">
-
-<p><a name="Fussnote_14_14" id="Fussnote_14_14"></a><a href="#FNAnker_14_14"><span class="label">[14]</span></a> Der ältere Bruder des Kaisers Nicolaus lebte in Warschau,
-nachdem er im Dezember 1825 im „Großmutsstreit“ auf die Krone
-verzichtet hatte.</p></div>
-
-<div class="footnote">
-
-<p><a name="Fussnote_15_15" id="Fussnote_15_15"></a><a href="#FNAnker_15_15"><span class="label">[15]</span></a> „Das alberne Gerücht, daß im Falle eines Türkenkrieges
-preußische Truppen das Königreich Polen besetzen und verwahren werden,
-ist überall verbreitet und wird gar sehr geglaubt.“ (Varnhagen von
-Ense, Blätter aus der Preußischen Geschichte, Eintragung vom 5. Januar
-1828.)</p></div>
-
-<div class="footnote">
-
-<p><a name="Fussnote_16_16" id="Fussnote_16_16"></a><a href="#FNAnker_16_16"><span class="label">[16]</span></a> Job v. Witzleben (1783/1837, seit 1834 preußischer
-Kriegsminister) war Generaladjutant des Königs, „zwanzig Jahre lang der
-mächtigste Untertan im Staate“ und, wie Friedrich Wilhelm III. sagte,
-„mein Freund und Mitarbeiter an den großen Plänen zur Beglückung des
-Volkes“.</p></div>
-
-<div class="footnote">
-
-<p><a name="Fussnote_17_17" id="Fussnote_17_17"></a><a href="#FNAnker_17_17"><span class="label">[17]</span></a> Christoph Lieven (1774/1839), der russische Botschafter
-in London.</p></div>
-
-<div class="footnote">
-
-<p><a name="Fussnote_18_18" id="Fussnote_18_18"></a><a href="#FNAnker_18_18"><span class="label">[18]</span></a> „Erwägt man, daß der Kaiser vor einiger Zeit noch gegen
-den Prinzen Wilhelm des Umstandes gedachte, daß die vielen inneren
-Geschäfte die neuen englischen Minister hindern würden, sogleich die
-auswärtigen in Erwägung zu ziehen, dagegen aber jetzt, und seit kurzem
-erst mit besonderer Bestimmtheit von dem Termine des Einrückens in die
-Fürstentümer spricht, so hat man die Erklärung dieser Verschiedenheit
-in den Äußerungen des Monarchen“ &mdash; eine widersinnige, zwecklose Phrase
-in der Eröffnungsrede des englischen Parlamentes, die man der Eitelkeit
-des Herzogs Wellington und dem Einflusse des Fürsten Esterhazy, des
-österreichischen Gesandten, zuschreibt, hat die Empfindlichkeit des
-Kaisers sehr erregt &mdash;; „es bleibt nur zu wünschen, das die Vorliebe
-des &mdash; englischen &mdash; Königs für den österreichischen Botschafter
-und die eigne Verfeindung mit dem russischen den nunmehrigen
-Premierminister von England zu keiner falschen Maßregel verleite.“
-(Schöler, 9./21. Februar 1828.)</p></div>
-
-<div class="footnote">
-
-<p><a name="Fussnote_19_19" id="Fussnote_19_19"></a><a href="#FNAnker_19_19"><span class="label">[19]</span></a> Der Sieger von Waterloo, Wellington, (1769/1852) übernahm
-Mitte Januar 1828 die Leitung des englischen Ministeriums.</p></div>
-
-<div class="footnote">
-
-<p><a name="Fussnote_20_20" id="Fussnote_20_20"></a><a href="#FNAnker_20_20"><span class="label">[20]</span></a> „Alles, was von dem Ministerio unter Herzog Wellington
-zu erwarten ist, wird demnach wirklich auch nicht weiter gehen, als
-bisher, nämlich den Ereignissen sich nach wie vor hingebend wird das
-Ministerium ebenso als die beiden letzteren nur den Vorwurf, daß man
-den Bedingungen des Tractates nicht nachgekommen sei, möglichst zu
-vermeiden und dadurch den Kaiser Nicolaus abzuhalten suchen, seinen
-eignen Weg zu gehen. Seinerseits hat dieser Monarch unterdeß einen
-Schritt getan, der keinen Zweifel übrig läßt, daß er selbst dem
-Erfinder des Protokolls vom 4. April wenigstens kein Übermaß von
-Neigung zur Erfüllung desselben in seiner erweiterten Gestalt zutraue,
-indem er sich bewogen gefühlt hat, persönlich an den Herzog von
-Wellington zu schreiben und demselben die besondere Berücksichtigung
-zu Gemüte zu führen, die Herzog Wellington &mdash; mehr als jeder Andere
-&mdash; der Erfüllung des Zweckes jenes Protokolls zu widmen verpflichtet
-sei. Die Antwort des Herzogs ist noch nicht erfolgt, indeß weiß man
-aus den neusten Berichten des Fürsten Lieven, daß das kaiserliche
-Schreiben seine Wirkung nicht verfehlt und die bestimmteste Zusage von
-Seiten des neuen Premierminister veranlaßt hat, die Stipulationen des
-Vertrages gewissenhaft zu erfüllen und Alles aufzubieten, die Zwecke
-desselben vollständig zu erreichen. Hiernach scheint denn wirklich
-jenes Schreiben zur glücklichen Stunde angekommen zu sein, da Fürst
-Lieven früher gemeldet hatte, daß ihm über die guten Dispositionen des
-Herzogs nur indirect Versicherungen gemacht worden wären.“ (Schöler,
-28. Januar/9. Februar 1828.)</p></div>
-
-<div class="footnote">
-
-<p><a name="Fussnote_21_21" id="Fussnote_21_21"></a><a href="#FNAnker_21_21"><span class="label">[21]</span></a> Christian Günther Graf v. Bernstorff (1769/1835) war
-im April 1818 auf Hardenbergs Veranlassung aus dem dänischen in
-den preußischen Staatsdienst übergetreten und leitete damals die
-auswärtige Politik. „Wenn Bernstorff in den deutschen Angelegenheiten
-dem österreichischen Staatslenker einen allzu gefälligen Vortritt
-ließ, so lehnte er sich beim Eintritt der großen Ereignisse von
-weltgeschichtlicher Bedeutung bis zur Gefahr an Rußland; denn mit
-seiner Bezeichnung der Zumutungen Rußlands an die Pforte im Jahre 1828
-als ‚gerechte Anforderungen‘, wobei er freilich wohl nur an die von der
-öffentlichen Meinung ersehnte Befreiung Griechenlands gedacht haben
-mochte, hätte er leicht einen Krieg wider Preußen hervorrufen können,
-in welchem die Westmächte sich mit Österreich zu seiner Vernichtung
-zusammen gefunden haben würden“ (Allg. Deutsche Biogr. Bd. 2, S. 498).</p></div>
-
-<div class="footnote">
-
-<p><a name="Fussnote_22_22" id="Fussnote_22_22"></a><a href="#FNAnker_22_22"><span class="label">[22]</span></a> Der preußische Gesandte in Konstantinopel.</p></div>
-
-<div class="footnote">
-
-<p><a name="Fussnote_23_23" id="Fussnote_23_23"></a><a href="#FNAnker_23_23"><span class="label">[23]</span></a> Dazu die ausführliche Äußerung Friedrich Wilhelms
-III. an seinen Sohn, Berlin, den 28. Februar/8. März 1828:.... mit
-einigem Befremden ersehe ich durch sie (d. i. Deine Briefe), daß
-man die politischen Verhältnisse Preußens aus einem Gesichtspunkte
-anzusehen fortfährt, den ich durchaus als unrichtig annehmen muß,
-ja, daß man Dich selbst fast dahin gebracht hat, diese Ansichten
-einigermaßen zu teilen. Allerdings haben sich seit Deiner Abreise
-von hier die orientalischen Angelegenheiten in einer für mich aber
-keineswegs unerwarteten Weise gestaltet. Die unsrigen sind jedoch
-dieselben geblieben und mußten auch ganz natürlich dieselben bleiben,
-wenn man nicht durchaus die Stellung Preußens verkennen will. <span class="antiqua">Pour
-refraichir nos idées</span>, wie man zu sagen pflegt, habe ich den Grafen
-Bernstorff beauftragt, ein Mémoire für Dich anzufertigen, das ich
-Dir.... überschicken werde. Es enthält eine deutliche Übersicht über
-die jetzige Lage der Dinge, und die darin abgesprochenen Grundsätze
-sind vollkommen die meinigen. Ich überlasse Dir, davon beliebigen, aber
-vorsichtigen Gebrauch zu machen. Im allgemeinen ist die Lage Europas
-sehr bedenklich, zumal wenn Rußland mit den Ansichten Englands nicht
-einverstanden sein sollte und isoliert zu handeln entschlossen wäre,
-woraus unabsehbare Verwicklungen entstehen müßten, die höchst traurige
-Folgen haben müßten. Daß also unter solchen Umständen an eine tätige
-militärische Teilnahme unsererseits nicht gedacht werden kann, liegt
-klar zu Tage. Truppen zu haben, ist allerdings eine wesentliche Sache,
-allein blos um dies zu erlangen, macht man noch keinen Krieg nicht....</p></div>
-
-<div class="footnote">
-
-<p><a name="Fussnote_24_24" id="Fussnote_24_24"></a><a href="#FNAnker_24_24"><span class="label">[24]</span></a> Friedr. Christ. Ad. v. Motz (1775/1830) war von 1825 an
-preußischer Finanzminister, der für das Zustandekommen des deutschen
-Zollvereines von größtem Einfluß war.</p></div>
-
-<div class="footnote">
-
-<p><a name="Fussnote_25_25" id="Fussnote_25_25"></a><a href="#FNAnker_25_25"><span class="label">[25]</span></a> Wie verworren die politische Lage in dieser Zeit war,
-zeigt ein Satz aus einem gleichzeitigen, umfangreichen Berichte
-Schölers an den König vom 9./21. Februar 1828; die preußischen
-Gesandten „an den verbündeten Höfen“ hatten berichtet, „als ob man in
-Paris die Besetzung der Fürstentümer von Rußland nicht anders als unter
-Zustimmung der beiden anderen Mächte befahre, in London aber zu dieser
-Besetzung weder als isolierte russische Maßregel noch im Auftrage
-der Alliance seine Zustimmung zu geben gedenke. Rußland seinerseits
-hingegen erklärt, daß es fortwährend nur mit seinen Verbündeten in
-Übereinstimmung handeln werde.“</p></div>
-
-<div class="footnote">
-
-<p><a name="Fussnote_26_26" id="Fussnote_26_26"></a><a href="#FNAnker_26_26"><span class="label">[26]</span></a> „In der Tat, es dürfte schwer sein etwas zu erdenken,
-was mehr im Stande wäre, die Mäßigung des Kaisers Nicolaus zu Ende zu
-treiben und den Entschluß, allein gegen die Pforte loszubrechen, bei
-ihm zur Reife zu bringen als diese wiederholten Versuche Österreichs,
-die Alliierten von Rußland in einen Mittelweg zu ziehen, zu dem
-sie ohnehin mehr oder weniger geneigt sind, auf welchem aber die
-Herstellung des russischen Einflusses in Konstantinopel voraussichtlich
-in dem Maße nicht erreicht werden kann, in welchem er früher
-bestanden, Kaiser Nicolaus ihn durch die Konvention von Ackerman ihn
-wiederzugewinnen und nie mehr aufzugeben feierlich erklärt hat. Das
-berührt gerade die Stelle, die Österreichs Politik in der griechischen
-Angelegenheit wund gerieben und so empfindlich gemacht hat, daß jede
-Berührung höchst bedenklich wird; aber es ist zugleich der Punkt, über
-den die Täuschungen des Fürsten Metternich so lange angehalten haben,
-daß deren Übung unmöglich geworden scheint.“ (Schöler, 16./28. Februar
-1828.)</p></div>
-
-<div class="footnote">
-
-<p><a name="Fussnote_27_27" id="Fussnote_27_27"></a><a href="#FNAnker_27_27"><span class="label">[27]</span></a> Türkische Bezeichnung für einen Erlaß des Sultans,
-der einen hochpolitischen Inhalt hat. Schöler bezeichnet den hier
-in Frage kommenden Hatischeriff (am 22. 2./5. 3. 1828) als „ein
-Denkmal muselmännischen Unsinns und tief eingewurzelten Hasses gegen
-Rußland und die ganze Christenheit, in welchem der Sultan unverhohlen
-ausspricht, daß die in Ackerman eingegangenen Bedingungen sämtlich zu
-erfüllen keineswegs seine Absicht sei und er, im Voraus überzeugt,
-daß der Säbel entscheiden müsse, nur gezögert habe, um Zeit zur
-hinreichenden Rüstung zu gewinnen.“</p></div>
-
-<div class="footnote">
-
-<p><a name="Fussnote_28_28" id="Fussnote_28_28"></a><a href="#FNAnker_28_28"><span class="label">[28]</span></a> Der König an seinen Sohn, Berlin, den 20. März 1828:....
-Sehr wichtige Nachrichten gabst Du mir durch Deine Briefe. Der
-Persische Frieden ist unter ihnen die erfreulichste. Die orientalischen
-Angelegenheiten verwirren sich immer mehr, ein klares Bild sich jetzt
-von ihnen zu machen, ist unmöglich, die von mir von jeher vermutete
-Verschiedenheit der Ansichten und Interessen der größeren Mächte
-Europas fangen an, sich sehr deutlich zu zeigen, da England einen ganz
-neuen und ganz anderen Weg einzuschlagen auf dem Punkte steht, doch
-weiß ich darüber noch nichts ganz offizielles. Spränge es gänzlich ab,
-so wäre die Verwirrung unberechenbar....</p></div>
-
-<div class="footnote">
-
-<p><a name="Fussnote_29_29" id="Fussnote_29_29"></a><a href="#FNAnker_29_29"><span class="label">[29]</span></a> „Der am 3./15. März aus London in Petersburg
-eingetroffene Kurir überbrachte die Nachricht“, daß in der dortigen
-Ministerkonferenz die Abrede getroffen sei: noch einmal &mdash; also trotz
-des Hattischerifs &mdash; und zwar mit Zuziehung von Preußen und Österreich,
-Anträge in Konstantinopel zu machen. Dem gegenüber präzisierte
-Rußland seinen Standpunkt folgendermaßen: es fordert Genugtuung für
-die Verletzung seiner Traktate mit der Pforte und erklärt, selbige
-unverzüglich annehmen zu wollen, zugleich aber in Hinsicht der
-griechischen Angelegenheit den Vertrag vom 6. Juli zu befolgen. „Das
-gibt also eine Beratung, den Krieg zu vermeiden und den wirklichen
-Krieg daneben; wie lange wird hierbei das freundschaftliche Vernehmen
-unter den drei verbündeten Mächten bestehen können?“ (Schöler an den
-preußischen Minister des Auswärtigen, Graf Bernstorff, 3./15. März
-1828.)</p></div>
-
-<div class="footnote">
-
-<p><a name="Fussnote_30_30" id="Fussnote_30_30"></a><a href="#FNAnker_30_30"><span class="label">[30]</span></a> Das Mémoire, in französischer Sprache &mdash; also wohl auch
-für den Zaren bestimmt &mdash;, stellte in 28 Punkten die Lage dar. Vgl.
-dazu <a href="#Fussnote_23_23">Anm. S. 11</a>.</p></div>
-
-<div class="footnote">
-
-<p><a name="Fussnote_31_31" id="Fussnote_31_31"></a><a href="#FNAnker_31_31"><span class="label">[31]</span></a> Kaiser Nikolaus sagte auf der Parade zu Schöler am 3./20.
-März: „daß Preußen sich gegen die andern Mächte nach wie vor für
-Rußlands Recht erklärt, von einer tätigen Unterstützung ist nie die
-Rede gewesen“. Fast zur selben Zeit faßte der König in einem Brief an
-seinen Sohn (16./28. März 1828) die Lage dahin zusammen:.... Alles, was
-jetzt in der politischen Welt vorgeht, sind die Folgen des Protokolls
-und des trilateralen Vertrages; wollte man durch diese dahin kommen,
-wo wir gekommen sind, so ist der Zweck erreicht, denn daß das Resultat
-derselben das ergeben würde, was es ergeben hat, daran habe ich keinen
-Augenblick gezweifelt, daher ich auch die jetzige Lage der Dinge als
-etwas keineswegs unerwartetes betrachte. Wohin sie aber führen kann,
-ist nicht leicht vorauszusehen, denn daß der Trilateralvertrag ohne
-Krieg ein Unding war, war klar vorauszusehen. <span class="antiqua">Et j’en reviens
-toujours à nos moutons</span>, das heißt auf die Grundsätze, die ich
-über diese Angelegenheit von Anfang an ausgesprochen habe, niemand
-aber wollte darauf hören. Nun ist die Verwirrung der Meinungen da;
-meine Schuld ist es nicht, denn ich habe zu Gunsten Rußlands bei
-Österreich und England zu wirken versucht, so viel ich vermochte ohne
-Unterlaß, allein umsonst. Österreich blieb wenigstens seiner Politik
-treu, aber was soll man von England denken? Wellington ist freilich
-nicht Canning und was dieser gebraut hat, will jener nicht ausbaden,
-weil, wie es klar genug war, Englands Interesse keinen verderblichen
-Krieg mit der Pforte haben will.... Schöler präzisierte Preußens
-Notwendigkeiten und Möglichkeiten sehr scharf: „Nun scheint aber
-Preußen mir die Macht zu sein, die diese Aufgabe, Europa vor einem
-allgemeinen Kriege zu bewahren, und damit zugleich die Frage lösen
-könne, welche Stellung sie in dem europäischen Staatenvereine einnähme
-und alle Verhältnisse scheinen mir dazu anzumahnen, gleichsam zu dem
-Entschlusse hinzudrängen, dieser Lösung uns zu unterziehen. Wenn
-Preußen, mit allen seinen bisherigen Erklärungen übereinstimmend, ernst
-und milde ausspricht, öffentlich ausspricht, daß es Rußlands volle
-Befugnis, ja selbst Verpflichtung, die Pforte zu Paaren zu treiben,
-anerkenne, und im eintretenden Falle nach dieser Überzeugung verfahren
-werde, dann werden England und Österreich sich gewiß nicht zu Schritten
-entschließen, zu denen sie ohnehin keine wahrhafte Verletzung eines
-wesentlichen Interesse auffordert. Eine solche Erklärung berechtigt
-aber vollkommen andererseits auch hinzuzufügen, daß selbige nur auf
-das Vertrauen in des Kaisers Mäßigung und festen Entschluß, sich keine
-anderweitigen Vorteile anzueignen, begründet sei, folglich auch nur mit
-diesem Vertrauen bestehen und gültig bleiben kann.“ (Schöler an Graf
-Bernstorff, 1/13. April 1828, dem Sinne nach identisch mit einem zwei
-Tage vorher an den König abgeschickten Bericht.)</p></div>
-
-<div class="footnote">
-
-<p><a name="Fussnote_32_32" id="Fussnote_32_32"></a><a href="#FNAnker_32_32"><span class="label">[32]</span></a> „<span class="antiqua">Supplément extraordinaire au Journal de St.
-Pétersburg. Nr. 36</span>“; es enthält in französischer Sprache die 16
-Artikel des Friedensvertrages zwischen Rußland und Persien.</p></div>
-
-<div class="footnote">
-
-<p><a name="Fussnote_33_33" id="Fussnote_33_33"></a><a href="#FNAnker_33_33"><span class="label">[33]</span></a> Dom Pedro von Portugal hatte Anfang Mai 1826 auf die
-Krone verzichtet, übertrug sie auf seine siebenjährige Tochter Maria
-II. da Gloria und verlobte diese mit ihrem Oheim Miguel, den er im
-Juli des nächsten Jahres zum Regenten ernannte. Kaum war dieser jedoch
-im Februar 1828 in Lissabon angelangt, so hob er die Verfassung auf
-und ließ diesen Gewaltstreich durch die wieder einberufenen alten
-Landstände, die Cortes, gutheißen und sich am 30. Juni zum absoluten
-König ausrufen. Die hieraus entstehenden Wirren sind erst 1834 zu Ende
-gegangen.</p></div>
-
-<div class="footnote">
-
-<p><a name="Fussnote_34_34" id="Fussnote_34_34"></a><a href="#FNAnker_34_34"><span class="label">[34]</span></a> Am 14. April 1828 erließ Kaiser Nikolaus I. das Manifest,
-das die Kriegserklärung Rußlands an die Türkei enthielt.</p></div>
-
-<div class="footnote">
-
-<p><a name="Fussnote_35_35" id="Fussnote_35_35"></a><a href="#FNAnker_35_35"><span class="label">[35]</span></a> Die geplante Begegnung kam nicht zustande; am 21.
-April/3. Mai 1828 schrieb der Prinz seinem Vater aus Petersburg: Ein
-vor vier Tagen wieder eingetroffener Kurir aus Weimar brachte die
-Nachricht, daß die Großfürstin Marie dennoch kommt.... durch die so
-verspätete Reise der Großfürstin ist also auch mir jede Möglichkeit
-genommen, sie zu sehen. Ihre Entscheidung meinetwegen mag nun ausfallen
-wie sie wolle.... die Gelegenheit mir zu nehmen, einen Krieg mit zu
-machen, den man wünschen darf im Vergleich zu allen anderen möglichen
-Kriegen, kann ich mir nicht möglich denken.</p></div>
-
-<div class="footnote">
-
-<p><a name="Fussnote_36_36" id="Fussnote_36_36"></a><a href="#FNAnker_36_36"><span class="label">[36]</span></a> Der König an Prinz Wilhelm, Potsdam, den 9. April
-1828:.... Mit dem von hier abzusendenden Feldjäger geht ein
-Antwortschreiben von mir an den Kaiser ab. Es ist die Antwort auf
-das, was mir durch Alopeus zugekommen ist, benebst einer Kopie der
-Instruktionen, die unsere Gesandten in London, Paris und Wien erhalten,
-um, nach des Kaisers Wunsch das Recht (bei den besagten Höfen) geltend
-zu machen, seine Angelegenheiten mit der Pforte allein zu betreiben,
-d. h. dieser den Krieg zu erklären wegen der Verletzungen des Traktats
-von Akkerman und der in dem Hattischerif ausgesprochenen Beleidigungen
-Rußlands. So sehr ich nun auch dies Recht anerkennen muß, das als eine
-immidiäre Folge des deplorablen Trilateral-Traktats anzusehen ist,
-so unumwunden habe ich mich dennoch darüber aussprechen müssen, wie
-wünschenswert es gewesen wäre, dies in anderer Weise geltend zu machen,
-um auch den letzten Schein von sich zu entfernen, als sähe Rußland
-sich wegen dieser Angelegenheit für gänzlich entbunden an, sie mit dem
-Trilateral-Traktat in Verbindung zu bringen.... Nach meiner Ansicht
-wäre es noch jetzt nicht zu spät, die von mir angeschlagene Sprache
-gegen die übrigen Mächte zu führen, denn wenn keine Zeit verloren wird,
-so werden die Operationen bis zur Donau auf keine Weise gehemmt, aber
-die Meinung für Rußlands gerechte Sache würde in den Augen der Welt
-noch unendlich dadurch gewinnen müssen.....</p></div>
-
-<div class="footnote">
-
-<p><a name="Fussnote_37_37" id="Fussnote_37_37"></a><a href="#FNAnker_37_37"><span class="label">[37]</span></a> Am 22. September 1828 hatte der Prinz an seinen Vater
-aus Wien geschrieben: Alles (wegen meiner Abreise) würde sich freilich
-ändern, wenn ich entscheidende Antworten aus Weimar erhielte und zwar
-günstige; der 30. September wird alsdann dort ein wichtiger Tag und ich
-gerate aufs Neue zwischen zwei Feuer. Meine Ungeduld über diesen Punkt
-wächst mit jedem Tage.</p></div>
-
-<div class="footnote">
-
-<p><a name="Fussnote_38_38" id="Fussnote_38_38"></a><a href="#FNAnker_38_38"><span class="label">[38]</span></a> Von dort schreibt der Prinz am 10. Oktober 1828 an seinen
-Vater: Ich unternehme diesen entscheidenden, wohl für mein ganzes
-Dasein entscheidenden Weg mit allem Vertrauen zu Gott, daß er mich nach
-Seinem Willen leiten, führen und ans Ziel bringen wird. Ist dieser Weg
-Sein Wille nicht, so wird Er mir Kraft und Standhaftigkeit geben, um
-Prüfungen zu bestehen.</p></div>
-
-<div class="footnote">
-
-<p><a name="Fussnote_39_39" id="Fussnote_39_39"></a><a href="#FNAnker_39_39"><span class="label">[39]</span></a> Prinz Karl v. Preußen, der dritte Sohn Friedrich Wilhelms
-III. (1801/83), vermählt seit 1827 mit Maria v. Weimar (1808/77), der
-älteren Schwester der Prinzessin Augusta.</p></div>
-
-<div class="footnote">
-
-<p><a name="Fussnote_40_40" id="Fussnote_40_40"></a><a href="#FNAnker_40_40"><span class="label">[40]</span></a> Kleines Städtchen in der Nähe von Großheringen bei
-Weimar.</p></div>
-
-<div class="footnote">
-
-<p><a name="Fussnote_41_41" id="Fussnote_41_41"></a><a href="#FNAnker_41_41"><span class="label">[41]</span></a> Luise Augusta v. Hessen, die von 1775 bis 1828 mit Karl
-August von Weimar vermählt war.</p></div>
-
-<div class="footnote">
-
-<p><a name="Fussnote_42_42" id="Fussnote_42_42"></a><a href="#FNAnker_42_42"><span class="label">[42]</span></a> Fächer.</p></div>
-
-<div class="footnote">
-
-<p><a name="Fussnote_43_43" id="Fussnote_43_43"></a><a href="#FNAnker_43_43"><span class="label">[43]</span></a> Die Kaiserin-Mutter Maria Feodorowna (Sophie Dorothea von
-Württemberg), die Enkelin einer Schwester Friedrichs des Großen und
-zweite Gattin Pauls I. von Rußland, war am 25. Oktober 1759 geboren und
-starb am 5. November 1828 (vgl. S. 54).</p></div>
-
-<div class="footnote">
-
-<p><a name="Fussnote_44_44" id="Fussnote_44_44"></a><a href="#FNAnker_44_44"><span class="label">[44]</span></a> Der König teilte der Kaiserin-Mutter aus Charlottenburg
-am 26./28. Oktober 1828 die Verlobung seines Sohnes mit; der Brief hat
-die Adressatin, die am 5. November 1828 starb, nicht mehr erreicht.
-An ihrer Stelle antwortete Kaiser Nikolaus Mitte November desselben
-Jahres (Publikationen aus den Preußischen Staatsarchiven, Bd. 75, 1900,
-Nr. 410, 455). &mdash; Dem Brautpaar gratulierte Friedrich Wilhelm III. mit
-folgenden Zeilen: Charlottenburg, den 27. Oktober 1828. .... Ein unter
-so günstigen Umständen geschlossener Bund gewährt sich die heitersten
-Aussichten für die Zukunft und wird auch sicher von Gott gesegnet
-werden. Daß der Segen einer liebevollen Mutter nicht ausgeblieben wäre,
-hätte sie dies frohe Ereignis erleben können, dafür glaube ich Bürge
-sein zu dürfen. Daß der meinige dabei nicht ausbleiben kann, versteht
-sich von selbst und recht übermäßig habe ich zu Gott gebetet, daß er
-Alles zum Besten lenken wolle.
-</p>
-<p>
-Deiner Auserwählten bitte ich in meinem Namen zu sagen, daß sie sowohl
-von mir als unserer ganzen Familie mit eben der Herzlichkeit und
-Zuvorkommenheit aufgenommen werden würde, wie ihre Schwester Marie
-und daß wir uns glücklich schätzen, sie von nun an als die unsrige
-betrachten zu dürfen....</p></div>
-
-<div class="footnote">
-
-<p><a name="Fussnote_45_45" id="Fussnote_45_45"></a><a href="#FNAnker_45_45"><span class="label">[45]</span></a> Die Belagerung des türkischen Warna am Schwarzen Meer,
-bei der seit Anfang September Kaiser Nikolaus zugegen war, bildete ein
-Hauptereignis des russisch-türkischen Krieges; sie ging am 9. Oktober
-nach einer Dauer von 89 Tagen zu Ende.</p></div>
-
-<div class="footnote">
-
-<p><a name="Fussnote_46_46" id="Fussnote_46_46"></a><a href="#FNAnker_46_46"><span class="label">[46]</span></a>
-Vgl. <a href="#Fussnote_44_44">S. 51, Anmerkung</a>.</p></div>
-
-<div class="footnote">
-
-<p><a name="Fussnote_47_47" id="Fussnote_47_47"></a><a href="#FNAnker_47_47"><span class="label">[47]</span></a>
-Vgl. <a href="#Seite_49">S. 49</a>.</p></div>
-
-<div class="footnote">
-
-<p><a name="Fussnote_48_48" id="Fussnote_48_48"></a><a href="#FNAnker_48_48"><span class="label">[48]</span></a> Am 28. Dezember 1828 heißt es aus Weimar:.... Von den
-sehr zufriedenen Gesichtern, die mich hier empfangen haben, brauche ich
-wohl kaum eine Schilderung zu machen. Augusta war ganz content, wie
-es schien, mich wiederzusehen, und ich war es nicht minder. Sie war
-<span class="antiqua">per attention</span> bei meiner Ankunft nur in halber Trauer, das heißt
-in Grau, was mir gar lieb war, denn außer am Versprechungstag und dem
-Geburtstag der lieben, seligen Kaiserin sah ich sie nur schwarz....</p></div>
-
-<div class="footnote">
-
-<p><a name="Fussnote_49_49" id="Fussnote_49_49"></a><a href="#FNAnker_49_49"><span class="label">[49]</span></a> Am 17. Oktober 1828 hatte der König seinem Sohn aus
-Potsdam geschrieben: „.... Deine letzten Briefe aus Teplitz waren
-in der Tat mit so richtiger Fassungsgabe ausgesetzt, daß sie nicht
-leicht etwas zu wünschen übrig ließen und ich kann nicht unterlassen,
-Dir darüber meine ganze Zufriedenheit und mein ganzes Wohlgefallen
-auszudrücken. Wenn man so reist und beobachtet, wie Du, geschieht es
-mit Nutzen und trägt Früchte. Die politischen Unterredungen, die Du
-mit dem Kaiser und mit Metternich gehabt, haben ganz besonders meine
-Aufmerksamkeit in Anspruch genommen. Ich hoffe, sie sollen nicht ohne
-Nutzen geblieben sein für das, was jetzt fast ausschließlich die
-größeren Mächte Europas beschäftigt. Mehr ins Detail einzugehen ist
-jetzt nicht der Augenblick.“ Vgl. dazu: „Der Kaiser von Österreich
-und Metternich haben mit dem Prinzen Wilhelm in Wien sehr ernstlich
-über die griechisch-türkischen Sachen gesprochen und ihn für die
-österreichische Ansicht zu gewinnen gesucht. Der Prinz sagte dem
-Kaiser dagegen, Österreich habe sich die öffentliche Meinung und
-mit ihr manchen Vorteil entfremdet, weil es die Griechen gleich von
-Anfang so sehr herabgesetzt, wenigstens ihre Sache und ihren Mut hätte
-man anerkennen müssen; ‚Schauens, Sie mögen Recht haben‘, sagte der
-Kaiser.“ (Varnhagen v. Ense, Blätter aus der preußischen Geschichte,
-Eintragung vom 2. Dezember 1828.)</p></div>
-
-<div class="footnote">
-
-<p><a name="Fussnote_50_50" id="Fussnote_50_50"></a><a href="#FNAnker_50_50"><span class="label">[50]</span></a> In dem Briefe von Prinz Wilhelm an seinen Vater aus
-Weimar vom 5. März 1829 taucht zum ersten Male der Vorschlag des
-Prinzen an die Großfürstin auf, das mit ihrem Bruder, dem Zaren,
-geplante Wiedersehen nicht in Warschau, sondern in Berlin gelegentlich
-seiner, d. h. des Prinzen Wilhelm Vermählung mit Augusta zu
-ermöglichen; Prinz Wilhelm bittet seinen Vater, daß er seiner Tochter
-und seinem Schwiegersohne diesen Vorschlag machen soll.... „es wäre
-das Glückseligste, was mir geschehen könnte und ein Wunsch ginge in
-Erfüllung, an dessen Erreichbarkeit ich nie gedacht hätte.“ Am 15.
-März schreibt Prinz Wilhelm an seinen Vater: „Daß Sie an Charlotte
-schrieben, um sie nach Berlin einzuladen, noch ehe ich darum bat, ist
-gar zu prächtig.“</p></div>
-
-<div class="footnote">
-
-<p><a name="Fussnote_51_51" id="Fussnote_51_51"></a><a href="#FNAnker_51_51"><span class="label">[51]</span></a> Todestag der Königin Luise. &mdash; Am 18. Juli, ihrem
-Geburtstag, schreibt der Prinz an seinen Vater:.... Wir werden morgen
-zum Monument nach Charlottenburg gehen.... meine Gebete an der heiligen
-Stätte sind jetzt neuer Art, da ich ja für ein Glück dort zu danken
-habe, das gewiß von oben gehalten und gesegnet wird....</p></div>
-
-<div class="footnote">
-
-<p><a name="Fussnote_52_52" id="Fussnote_52_52"></a><a href="#FNAnker_52_52"><span class="label">[52]</span></a> In der bei Cotta in Stuttgart &mdash; nicht in Dresden! &mdash;
-erscheinenden „encyclopädischen Zeitschrift für gebildete Leser“
-Hesperus (1829) war in den Nummern 206 bis 219 ein anonymer &mdash; „der
-Verfasser ist Katholik und Süddeutscher, war nie preußischer Untertan
-und ist auch jetzt in keinerlei Verband mit Regierung oder Untertanen
-dieses Landes“ &mdash; Aufsatz aus dem November 1828: Ein neues Manuskript
-aus Süddeutschland, veröffentlicht worden, worin sich folgende Sätze
-finden: „Da erscheint die Morgenröte Deutschlands; man erstaunt über
-die Taten der Preußen.... eine unbekannte Kraft überwältigt Alles und
-siegt, die Riesenkraft der Einheit.... der Wiener Congreß täuscht
-Alles, noch hoffen Alle Alles von Preußen, auch diese Hoffnung
-schwindet. In jetziger Zeit, wo die moralische Kraft so viel zählt,
-mag man Preußen mit Recht den ersten Staaten beizählen, besonders
-wenn man seine vortrefflich eingerichtete Militärmacht, das Aufblühen
-seiner Finanzen, seiner Nahrungsquellen und seiner Bevölkerung sowie
-die Tätigkeit der Regierung, was Erhaltung und Bildung betrifft, mit
-in Anschlag bringt.“ Dann wird die Frage aufgeworfen, „ob Preußen
-die Eigenschaften hat, Deutschlands Schicksal zu leiten“; bei der
-Beantwortung wird zunächst festgestellt, daß „Preußen von allen
-deutschen Ländern am meisten in physischer und geistiger Kultur
-fortschreitet“, und das Für und Wider einer Alliance der übrigen
-deutschen Staaten mit Preußen erwogen: „die Alliance mit Preußen gäbe
-der Politik der deutschen Fürsten ihren wahren nationalen Haltepunkt,
-ohne daß ihre Selbständigkeit und Freiheit darunter leiden könnte; das
-Gewicht dieser echt deutschen Alliance gäbe erst Europa ein festes
-Centrum...., hier wäre der Embryo eines ewigen Friedens gefunden.“ Als
-Ergänzung zu diesen Gedankengängen diene eine Stelle aus einer in der
-gleichen Zeitschrift Nr. 247 vom 15. Oktober gedruckten Korrespondenz
-aus Rheinbayern: „der mit Preußen abgeschlossene Handelsvertrag ist
-bekannt gemacht worden und gewiß muß ganz Deutschland dem hochherzigen
-Monarchen, der es sich so mit Wärme angelegen sein läßt, Deutschland
-von den lästigen Binnenzöllen zu befreien und es zu vereinen, den
-wärmsten Dank zollen.“ Vgl. dazu folgende Briefstelle Friedrich
-Wilhelms III. an seinen Sohn: Berlin, den 31. Oktober 1829. ....
-Die sonderbare politische Stimmung oder Mißstimmung, die in Weimar
-zum Nachteile Preußens herrscht, ist ebenso absurd wie lächerlich
-und mir längst bekannt. Es ist dies die Folge des abgeschmackten
-Finassierens, dessen sich die mehresten deutschen Staaten angesteckt
-finden lassen. Das Warum ist schwer zu ergründen, da Hirngespinste
-die Stelle der Gründe vertreten müssen. Gottlob, daß sich’s an vielen
-Orten jetzt schon anders gestaltet, wie Du selbst es bemerkt hast.
-Mir macht alles dies weder kalt noch warm. Sollen die Herren sich mit
-Preußen verständigen, gut; wollen sie nicht, auch gut. Preußen bleibt
-nichtsdestoweniger, was es ist.</p></div>
-
-<div class="footnote">
-
-<p><a name="Fussnote_53_53" id="Fussnote_53_53"></a><a href="#FNAnker_53_53"><span class="label">[53]</span></a> Christian Wilhelm Schweitzer (1781/1856) war nach
-etlichen Jahren der Lehrtätigkeit in Jena 1818 als Geheimer Staatsrat
-in das Weimarsche Ministerium eingetreten, wo er sehr bald auf allen
-Gebieten der Verwaltung usw. die ausschlaggebende Stimme hatte, bis er
-im März 1848 zurücktreten mußte.</p></div>
-
-<div class="footnote">
-
-<p><a name="Fussnote_54_54" id="Fussnote_54_54"></a><a href="#FNAnker_54_54"><span class="label">[54]</span></a> Karl Friedrich Schinkel (1781/1841), einer der
-bedeutendsten Architekten des 19. Jahrhunderts, hatte bereits das alte
-Johanniterordenpalais in Berlin zum Palais des Prinzen Karl umgebaut;
-in Schinkels Sammlung architektonischer Entwürfe, Berlin, 1819/40,
-Tafel 134/5, finden sich zwei Entwürfe für das Palais Wilhelms I.</p></div>
-
-<div class="footnote">
-
-<p><a name="Fussnote_55_55" id="Fussnote_55_55"></a><a href="#FNAnker_55_55"><span class="label">[55]</span></a> Der erwähnte Plan liegt dem Originale des Briefes nicht
-bei.</p></div>
-
-<div class="footnote">
-
-<p><a name="Fussnote_56_56" id="Fussnote_56_56"></a><a href="#FNAnker_56_56"><span class="label">[56]</span></a> Das heute noch neben dem Palais stehende Gebäude, in dem
-jahrzehntelang das königliche Hausministerium untergebracht war.</p></div>
-
-<div class="footnote">
-
-<p><a name="Fussnote_57_57" id="Fussnote_57_57"></a><a href="#FNAnker_57_57"><span class="label">[57]</span></a> Die Schwester Friedrich Wilhelms III., Wilhelmine, war
-mit Wilhelm I., König der Niederlande, vermählt; ihr hatte das Palais
-ursprünglich gehört.</p></div>
-
-<div class="footnote">
-
-<p><a name="Fussnote_58_58" id="Fussnote_58_58"></a><a href="#FNAnker_58_58"><span class="label">[58]</span></a> Friedr. Aug. Stägemann (1763/1840), der Mitarbeiter
-Steins und Hardenbergs am preußischen Reformwerk, als Mitglied des
-Staatsrates in ausschlaggebender innerpolitischen Stellung.</p></div>
-
-<div class="footnote">
-
-<p><a name="Fussnote_59_59" id="Fussnote_59_59"></a><a href="#FNAnker_59_59"><span class="label">[59]</span></a> Vgl. Anm. S. 101.</p></div>
-
-<div class="footnote">
-
-<p><a name="Fussnote_60_60" id="Fussnote_60_60"></a><a href="#FNAnker_60_60"><span class="label">[60]</span></a> Kaspar Friedrich v. Schuckmann (1755/1834),
-ausgezeichneter preußischer Staatsmann, seit 1814 Minister.</p></div>
-
-<div class="footnote">
-
-<p><a name="Fussnote_61_61" id="Fussnote_61_61"></a><a href="#FNAnker_61_61"><span class="label">[61]</span></a> Auch dieser Plan liegt dem Originale nicht bei.</p></div>
-
-<div class="footnote">
-
-<p><a name="Fussnote_62_62" id="Fussnote_62_62"></a><a href="#FNAnker_62_62"><span class="label">[62]</span></a> Im Jahre 1824.</p></div>
-
-<div class="footnote">
-
-<p><a name="Fussnote_63_63" id="Fussnote_63_63"></a><a href="#FNAnker_63_63"><span class="label">[63]</span></a> Der Kronprinz.</p></div>
-
-<div class="footnote">
-
-<p><a name="Fussnote_64_64" id="Fussnote_64_64"></a><a href="#FNAnker_64_64"><span class="label">[64]</span></a> Die beiden Hallenser Theologie-Professoren Wegscheider
-und Gesenius waren die gefeierten Wortführer des protestantischen
-Rationalismus; der Berliner Theologieprofessor E. W. Hengstenberg
-ließ in seiner Evangelischen Kirchenzeitung im Januar 1830 (Nr. 5/6)
-einen anonymen, in Wahrheit aber von dem Berliner Geistlichen Otto v.
-Gerlach auf Grund „gut nachgeschriebener Kolleghefte und mündlicher
-Erzählungen der Zuhörer“ verfaßten Artikel: Der Rationalismus auf der
-Universität Halle erscheinen, in dem in beweglichen Worten auf die
-„Wunden hingewiesen ward, die der Unglaube diesen durch die Reformation
-so reichlich gesegneten Ländern geschlagen hat und zu schlagen
-fortfährt“. Friedrich Wilhelm III. ließ eine Untersuchung gegen die
-beiden Hallenser Professoren einleiten, die aber schließlich im Sande
-verlief.</p></div>
-
-<div class="footnote">
-
-<p><a name="Fussnote_65_65" id="Fussnote_65_65"></a><a href="#FNAnker_65_65"><span class="label">[65]</span></a> Wegscheiders <span class="antiqua">Institutiones theologiae christianae
-dogmaticae</span> erschienen erstmalig bereits 1815.</p></div>
-
-<div class="footnote">
-
-<p><a name="Fussnote_66_66" id="Fussnote_66_66"></a><a href="#FNAnker_66_66"><span class="label">[66]</span></a> Leopold v. Gerlach (1790/1861) war seit 1826 der
-persönliche Adjutant des Prinzen Wilhelm und seitdem auf das engste mit
-ihm verbunden.</p></div>
-
-<div class="footnote">
-
-<p><a name="Fussnote_67_67" id="Fussnote_67_67"></a><a href="#FNAnker_67_67"><span class="label">[67]</span></a> Loo ist das Sommerschloß des niederländischen
-Königspaares.</p></div>
-
-<div class="footnote">
-
-<p><a name="Fussnote_68_68" id="Fussnote_68_68"></a><a href="#FNAnker_68_68"><span class="label">[68]</span></a> Der König der Niederlande.</p></div>
-
-<div class="footnote">
-
-<p><a name="Fussnote_69_69" id="Fussnote_69_69"></a><a href="#FNAnker_69_69"><span class="label">[69]</span></a> Als im Sommer 1832 der Plan einer Zusammenkunft der
-Herrscher von Preußen, Rußland und Österreich daran scheiterte, daß
-in dem dafür in Aussicht genommenen Teplitz die Cholera ausgebrochen
-war, schrieb Prinz Wilhelm aus Alexandria am 12./24. Juli 1832 an
-seinen Vater: Darf ich mein Gefühl aussprechen, so stimmt es ganz
-mit dem des Kaisers (d. h. mit dem Bedauern über das Scheitern des
-Planes) zusammen. Denn diese Zusammenkunft war es, welche mein erster
-Gedanke nach der Revolution war. Jetzt, wo ohne solche Zusammenkunft
-man freilich eins geworden ist, die Verhältnisse in Frankreich aber
-täglich besorglicher werden, die bisherige Ruhe doch auch mit Opfern
-erkauft ist, die eine inhaltschwere Consequenz in sich schließen, da
-erscheint mir gerade der jetzige Moment so sehr geeignet und wichtig
-zur Zusammenkunft, um sich über die Dauer dieses precairen Zustandes
-Europas zu beraten. Denn wenn Fürst Taillerand auf die Frage, wie
-dieser Zustand sich lösen werde, geantwortet haben soll: <span class="antiqua">ça finira
-par un hazard</span>, so frage ich immer: <span class="antiqua">mais à quand ce hazard?</span>,
-und in diesem <span class="antiqua">quand</span> liegt der Ruin fast aller großen Staaten.</p></div>
-
-<div class="footnote">
-
-<p><a name="Fussnote_70_70" id="Fussnote_70_70"></a><a href="#FNAnker_70_70"><span class="label">[70]</span></a> D. h. russischen.</p></div>
-
-<div class="footnote">
-
-<p><a name="Fussnote_71_71" id="Fussnote_71_71"></a><a href="#FNAnker_71_71"><span class="label">[71]</span></a> Im Herbst 1818, wo die Mächte der Heiligen Allianz
-gegenseitige Übereinkommen für den Fall neuer Revolutionen getroffen
-hatten.</p></div>
-
-<div class="footnote">
-
-<p><a name="Fussnote_72_72" id="Fussnote_72_72"></a><a href="#FNAnker_72_72"><span class="label">[72]</span></a> Aus den Antworten des Königs an Prinz Wilhelm sei nur die
-folgende Briefstelle zitiert: Pfaueninsel, den 16. August 1830. Einige
-Wochen sind es erst her, daß ich Dir geschrieben, lieber Wilhelm, und
-was hat sich alles in dieser kurzen Zeit zugetragen. Unerhörtes, so
-viel Unerhörtes, daß das Schicksal Europas und insbesondere Preußens
-und Belgiens wieder ganz so auf der Spitze steht als in dem unseligen
-Zeitraume von 1789 zu 1814. Wahrlich, ein beugender und erdrückender
-Gedanke, und doch ist dem so und nicht anders.... Frankreich
-provozieren, hieße ein gefährliches Spiel wagen, obgleich mit Gewißheit
-über kurz oder lang mit Krieg zu rechnen ist, da es gewißlich die
-Gelegenheit vom Zaun brechen wird, um sich je eher, je lieber Belgiens
-und des linken Rheinufers zu bemächtigen. Daß dies nun und nimmermehr
-von uns zugegeben werden kann, unterliegt wohl keinem Zweifel, dann
-aber ist auch mit Gewißheit auf die öffentliche Meinung und auf den
-Schutz und Beistand unserer früheren Alliierten zu rechnen, obgleich
-wir auch dann kein leichtes Spiel haben werden.... (Dieser Brief stimmt
-fast wörtlich mit einem Schreiben Friedrich Wilhelms III. an seine
-Tochter Charlotte, Kaiserin von Rußland, vom gleichen Tage überein:
-vgl. Hohenzollernjahrbuch 1916, S. 152.)</p></div>
-
-<div class="footnote">
-
-<p><a name="Fussnote_73_73" id="Fussnote_73_73"></a><a href="#FNAnker_73_73"><span class="label">[73]</span></a>
-Vgl. <a href="#Fussnote_33_33">Anm. 2 S. 36</a>.</p></div>
-
-<div class="footnote">
-
-<p><a name="Fussnote_74_74" id="Fussnote_74_74"></a><a href="#FNAnker_74_74"><span class="label">[74]</span></a> Als Ergänzung möge hier das briefliche Bekenntnis des
-Königs an seine Tochter Charlotte vom 9./21. Dezember 1830 dienen
-(vgl. Hohenzollern-Jahrbuch 1916, S. 154): „Einen schlimmeren und
-verwickelteren politischen Zustand der Dinge in Europa habe ich noch
-nicht erlebt, und wie viel Schlimmes erlebte ich nicht schon! Daß
-hierbei die Lage Preußens die allerschlimmste zu nennen ist, ist wohl
-einleuchtend. An dessen südwestlicher Grenze das kecke, übermütige,
-kriegslustige Frankreich, alles Bestehende bedrohend, und neben diesem
-das noch im offenbaren Aufruhr befindliche, keinem vermittelnden
-Vorschlage Gehör gebende, rein tolle Belgien; den Geist der Unruhe,
-der im deutschen Vaterlande spukt, will ich ganz übergehen, obgleich
-auch er die größte Aufmerksamkeit erfordert; und nach Osten.... das
-verräterische und fanatische Polen.... wahrlich, es möchte schwer sein,
-sich eine schlimmere Lage zu denken. Mäßigung, kaltes Blut und sich
-nach Möglichkeit auf das Schlimmste gefaßt zu machen und vorzubereiten,
-ist alles, was dabei zu tun ist. Das Übrige ist von der Vorsehung zu
-erwarten, die sich doch des armen Europas über kurz oder lang wieder
-erbarmen wird.“</p></div>
-
-<div class="footnote">
-
-<p><a name="Fussnote_75_75" id="Fussnote_75_75"></a><a href="#FNAnker_75_75"><span class="label">[75]</span></a> Am 7. September 1830 heißt es ebenfalls aus Koblenz: Wie
-richtig es ist, gerade hier Truppen aus den alten Provinzen zu haben,
-in dieser bewegten Zeit, darf ich wohl aussprechen, ohne Mißtrauen
-gerade gegen die hiesigen Truppen zu zeigen, deren Geist sich excellent
-ausspricht. Aber Vorsicht ist ja nie überflüssig. Und wer weiß, was
-eine Proklamation von Frankreich beim Einfall in unser Land bewirken
-könnte. Jetzt haben die Bürger ihr Hab und Gut gegen den Pöbel-Aufstand
-verteidigt, ob sie es aber auch gegen einen Feind tun würden, dem sie
-so lange anhingen und zu dem sie noch immer hinsehen, ist die Frage;
-die Behörden sagen ja, ganz sicher bin ich nicht darüber.</p></div>
-
-<div class="footnote">
-
-<p><a name="Fussnote_76_76" id="Fussnote_76_76"></a><a href="#FNAnker_76_76"><span class="label">[76]</span></a> Herzog Karl II., der den Revolutionen in Paris und
-Brüssel zufällig beigewohnt hatte, mußte am Abend des 6. September 1830
-der plötzlich und endlich ausbrechenden Wut des Volkes weichen und sein
-Land für immer verlassen.</p></div>
-
-<div class="footnote">
-
-<p><a name="Fussnote_77_77" id="Fussnote_77_77"></a><a href="#FNAnker_77_77"><span class="label">[77]</span></a> Bernhard v. Weimar, der zweite Sohn Karl Augusts
-(1792/1862), trat 1815 in die Dienste des neugebildeten Königreiches
-der Niederlande; er hat an der Niederwerfung der belgischen Revolution
-den wesentlichsten Anteil gehabt.</p></div>
-
-<div class="footnote">
-
-<p><a name="Fussnote_78_78" id="Fussnote_78_78"></a><a href="#FNAnker_78_78"><span class="label">[78]</span></a> Kurzer Aufstand am 9. September 1830.</p></div>
-
-<div class="footnote">
-
-<p><a name="Fussnote_79_79" id="Fussnote_79_79"></a><a href="#FNAnker_79_79"><span class="label">[79]</span></a> Karl v. Stein zum Altenstein (1770/1840) beeinflußte als
-preußischer Unterrichtsminister das geistige Leben des hier in Frage
-kommenden Zeitabschnitts wesentlich.</p></div>
-
-<div class="footnote">
-
-<p><a name="Fussnote_80_80" id="Fussnote_80_80"></a><a href="#FNAnker_80_80"><span class="label">[80]</span></a> Aus Charlottenburg meldet am 19. September 1830 der König
-seinem Sohn: „.... Auch hier haben wir, um in der jetzigen allgemeinen
-Mode nicht zurückzubleiben, einige tumultuarische Pöbel-Bewegungen
-gehabt, welche zwar sogleich im Entstehen unterdrückt wurden, dennoch
-aber es nötig gemacht haben, einen Teil der Garnison während der
-Nacht auf den Beinen zu halten....“ Nach einer brieflichen Notiz des
-Königs an seine Tochter Charlotte vom 13./25. September 1830 (vgl.
-Hohenzollernjahrbuch 1916, S. 152) war „Onkel Karl“, d. i. Herzog
-Karl von Mecklenburg, der bekannte Stiefbruder der Königin Luise, der
-Wiederhersteller der äußeren Ordnung in Berlin gewesen: „er hat sich
-mit großer Umsicht, Vorsicht und Festigkeit benommen und ist als der
-Hauptleiter des Ganzen anzusehen; ihm also verdankt man hauptsächlich,
-daß der Unordnung auf rechte Weise gesteuert ist und seitdem,
-wenigstens für jetzt, völlige Ruhe herrscht.“</p></div>
-
-<div class="footnote">
-
-<p><a name="Fussnote_81_81" id="Fussnote_81_81"></a><a href="#FNAnker_81_81"><span class="label">[81]</span></a> An seine Tochter Charlotte schreibt Friedrich Wilhelm
-III. nach Petersburg am 13./25. September 1830 (vgl.
-Hohenzollernjahrbuch 1916, S. 153): „Aus Belgien erwartet man mit
-Ungeduld und, ich möchte sagen, mit Bangigkeit Nachricht, indem Fritz
-Oranien (Pr. Fr. d. Niederlande, des Königs Schwiegersohn) am 17. Ordre
-empfangen hat, auf Brüssel zu marschieren, um die Revolution durch die
-Gewalt zu besiegen. Möchte es ihm gelungen sein.“</p></div>
-
-<div class="footnote">
-
-<p><a name="Fussnote_82_82" id="Fussnote_82_82"></a><a href="#FNAnker_82_82"><span class="label">[82]</span></a> Am 1. Oktober 1830 heißt es aus Weimar an den Vater:....
-Die Umgegend hier ist noch immer in Gährung. Es sind 400 Mann nach Jena
-geschickt worden, um Arrestationen vorzunehmen und die Bürgerschaft
-zum Ablegen der Waffen zu nötigen, was auch sogleich erfolgt ist. Aus
-Ilmenau war auch eine Deputation hier; man hat sie aber ernsthaft
-auf den ungesetzlichen Schritt aufmerksam gemacht und sie sind ganz
-beschämt abgegangen....</p></div>
-
-<div class="footnote">
-
-<p><a name="Fussnote_83_83" id="Fussnote_83_83"></a><a href="#FNAnker_83_83"><span class="label">[83]</span></a> Karl Friedrich Heinrich Graf v. Wylich und Lottum
-(1767/1841) war ursprünglich als Offizier im militärischen
-Verwaltungsdienste tätig; seit 1818 hat er als Mitglied des preußischen
-Staatsrates die Finanzgeschäfte geführt, ohne irgendwie schöpferisch
-hervorzutreten.</p></div>
-
-<div class="footnote">
-
-<p><a name="Fussnote_84_84" id="Fussnote_84_84"></a><a href="#FNAnker_84_84"><span class="label">[84]</span></a> Am nächsten Tage korrigiert Prinz Wilhelm die Zahlen
-seines Schreibens in einer ergänzenden Tabelle, „da ich den
-Pferdebestand eines Kavallerieregiments bald exclusive, bald inclusive
-Unteroffiziere berechnet habe“.</p></div>
-
-<div class="footnote">
-
-<p><a name="Fussnote_85_85" id="Fussnote_85_85"></a><a href="#FNAnker_85_85"><span class="label">[85]</span></a> Prinz Wilhelm blieb auch weiterhin um Wilhelm Solms
-besorgt; aus Belvedere bei Weimar heißt es am 26. Juni 1831: Soeben
-erhalte ich einen Brief von Wilhelm Solms, der mir in seiner
-Herzens-Angst schreibt, indem ihm die Nachricht zugekommen sei, Sie
-wollten ihn nicht, seinem und seines Bruders und seiner Mutter Wunsch
-gemäß, nach Düsseldorf versetzen, sondern zu einem andern Regimente
-am Rhein. Ich glaube zwar nicht, daß dies Gerücht wahr ist, doch
-wollte ich nochmals Ihre Gnade für ihn in Anspruch nehmen, daß es bei
-seiner Versetzung nach Düsseldorf verbleibe, die ja so ganz für sein
-Verhältnis paßt.</p></div>
-
-<div class="footnote">
-
-<p><a name="Fussnote_86_86" id="Fussnote_86_86"></a><a href="#FNAnker_86_86"><span class="label">[86]</span></a> Wilhelm Radziwill, der Bruder der Prinzessin Elisa
-(1797/1870).</p></div>
-
-<div class="footnote">
-
-<p><a name="Fussnote_87_87" id="Fussnote_87_87"></a><a href="#FNAnker_87_87"><span class="label">[87]</span></a> Die Cholera drang im Sommer 1831 zum ersten Male als
-Seuche in Deutschland ein.</p></div>
-
-<div class="footnote">
-
-<p><a name="Fussnote_88_88" id="Fussnote_88_88"></a><a href="#FNAnker_88_88"><span class="label">[88]</span></a> Dieser Brief ist der einzige der Sammlung, der schon
-gedruckt ist (bei E. Berner, Kaiser Wilhelms des Großen Briefe, Reden
-und Schriften, Bd. 1, 1906, S. 108/12); das ist wohl nur dadurch zu
-erklären, daß Friedrich Wilhelm III. das Schreiben seines Sohnes
-wegen des darin behandelten Gegenstandes an die oberste Militärbehörde
-weitergab, wo zu den betreffenden Akten eine Abschrift davon genommen
-ward, ehe das Original wieder an den König zurückgelangte.</p></div>
-
-<div class="footnote">
-
-<p><a name="Fussnote_89_89" id="Fussnote_89_89"></a><a href="#FNAnker_89_89"><span class="label">[89]</span></a> Als Knabe hatte Prinz Wilhelm auf dem „Babertsberge“ eine
-Feldschanze angelegt; jetzt plante er dort ein einfaches Schlößchen.
-Auf der ersten Seite des dort benutzten Fremdenbuches machte der
-Prinz folgende Eintragung: Am 3. August 1833 erteilte mir der König
-die Erlaubnis, meinen Lieblingsplan, auf dem Babelsberg ein Landhaus
-und Garten gründen zu dürfen, in Ausführung zu bringen. Unter Leitung
-des Gartendirektors Lenné begannen sogleich die ersten Gartenanlagen.
-Im Oktober entwarf der Oberlandesbaudirektor Schinkel das Projekt
-zum Schlößchen und in den ersten Tagen des März 1834 begann der Bau
-desselben unter Leitung des Hofbauinspektors Gebhardt. Am ersten des
-Monats Juny ward der Grundstein gelegt und im September 1835 ward der
-Ausbau vollendet und das Schlößchen am 15. Oktober, als am Geburtstag
-meines Sohnes, eingeweiht.</p></div>
-
-<div class="footnote">
-
-<p><a name="Fussnote_90_90" id="Fussnote_90_90"></a><a href="#FNAnker_90_90"><span class="label">[90]</span></a> Der am 18. Oktober 1831 im Neuen Palais zu Potsdam
-geborene spätere Kaiser Friedrich III.</p></div>
-
-<div class="footnote">
-
-<p><a name="Fussnote_91_91" id="Fussnote_91_91"></a><a href="#FNAnker_91_91"><span class="label">[91]</span></a> Karl F. Langhans (1781/1869), der Sohn des Erbauers des
-Brandenburger Tores: „.... das einfache, durch edle und stattliche
-Verhältnisse ausgezeichnete Palais, eine Schöpfung, in der sich
-Langhans, ohne Schinkels Schüler gewesen zu sein, diesem ebenbürtig
-erwies“ (Allgemeine Deutsche Biographie, Bd. 17, S. 686).</p></div>
-
-<div class="footnote">
-
-<p><a name="Fussnote_92_92" id="Fussnote_92_92"></a><a href="#FNAnker_92_92"><span class="label">[92]</span></a> Die jüngere Schwester des Prinzen Wilhelm, seit 1822 mit
-dem Erbgroßherzog Paul Friedrich v. Mecklenburg vermählt.</p></div>
-
-<div class="footnote">
-
-<p><a name="Fussnote_93_93" id="Fussnote_93_93"></a><a href="#FNAnker_93_93"><span class="label">[93]</span></a> Oldwig v. Natzmer (1782/1861), des Prinzen „Lehrer in
-militärischen Dingen“ und darüber hinaus sein menschlicher Vertrauter;
-die beiden Veröffentlichungen von G. v. Natzmer: Aus dem Leben O.
-v. N., 1870, und Unter den Hohenzollern, 1887/9, sind wesentliche
-Ergänzungen zu den hier veröffentlichten Briefen.</p></div>
-
-<div class="footnote">
-
-<p><a name="Fussnote_94_94" id="Fussnote_94_94"></a><a href="#FNAnker_94_94"><span class="label">[94]</span></a> Fr. Godet (1812/1900) hatte in Neuchâtel, Bonn und Berlin
-studiert und war von 1838 bis 1846 Erzieher des kleinen Prinzen; er
-ging als Geistlicher dann wieder in seine schweizerische Heimat zurück.
-Ihm folgte als Erzieher des Prinzen Ernst Curtius; vgl. darüber: Ernst
-Curtius, Ein Lebensbild in Briefen, 1913, Bd. 1, S. 237 ff.</p></div>
-
-<div class="footnote">
-
-<p><a name="Fussnote_95_95" id="Fussnote_95_95"></a><a href="#FNAnker_95_95"><span class="label">[95]</span></a> August Neander (1789/1850) war ursprünglich Jude gewesen
-und trat dann zum Protestantismus über. In Heidelberg und Berlin &mdash;
-hier seit 1813 &mdash; hat er als der bedeutendste Kirchenhistoriker seiner
-Zeit gewirkt.</p></div>
-
-<div class="footnote">
-
-<p><a name="Fussnote_96_96" id="Fussnote_96_96"></a><a href="#FNAnker_96_96"><span class="label">[96]</span></a> Karl Chr. Alb. Heinr. v. Kamptz (1769/1849), ein stark
-reaktionärer Beamter, war Vorsitzender der Justizabteilung des
-preußischen Staatsrates.</p></div>
-
-<div class="footnote">
-
-<p><a name="Fussnote_97_97" id="Fussnote_97_97"></a><a href="#FNAnker_97_97"><span class="label">[97]</span></a> Die spätere Großherzogin Luise von Baden.</p></div>
-
-<div class="footnote">
-
-<p><a name="Fussnote_98_98" id="Fussnote_98_98"></a><a href="#FNAnker_98_98"><span class="label">[98]</span></a> Geburtstag des Königs.</p></div>
-
-<div class="footnote">
-
-<p><a name="Fussnote_99_99" id="Fussnote_99_99"></a><a href="#FNAnker_99_99"><span class="label">[99]</span></a> Die Kur war erfolgreich: am 18. August 1839 schreibt
-Prinz Wilhelm aus Baden-Baden an seinen Vater: Ob es die Nachfolge von
-Ems ist oder die Molkenkur oder die hiesige Luft, vermag ich nicht
-anzugeben, wenn ich versichern kann, daß seit einigen Tagen jede Spur
-meines Brustleidens verschwunden ist, was eine große Beruhigung und
-Freude mir gewährt. Wahrscheinlich werden wohl alle drei Ursachen zu
-dem günstigen Zustande meiner Gesundheit beigetragen haben....</p></div>
-
-</div>
-
-</div>
-
-
-
-
-
-
-
-
-<pre>
-
-
-
-
-
-End of the Project Gutenberg EBook of Wilhelms I. Briefe an seinen Vater
-König Friedrich Wilhelm III., by Wilhelm I.
-
-*** END OF THIS PROJECT GUTENBERG EBOOK WILHELMS I. BRIEFE ***
-
-***** This file should be named 55193-h.htm or 55193-h.zip *****
-This and all associated files of various formats will be found in:
- http://www.gutenberg.org/5/5/1/9/55193/
-
-Produced by the Online Distributed Proofreading Team at
-http://www.pgdp.net
-
-
-Updated editions will replace the previous one--the old editions
-will be renamed.
-
-Creating the works from public domain print editions means that no
-one owns a United States copyright in these works, so the Foundation
-(and you!) can copy and distribute it in the United States without
-permission and without paying copyright royalties. Special rules,
-set forth in the General Terms of Use part of this license, apply to
-copying and distributing Project Gutenberg-tm electronic works to
-protect the PROJECT GUTENBERG-tm concept and trademark. Project
-Gutenberg is a registered trademark, and may not be used if you
-charge for the eBooks, unless you receive specific permission. If you
-do not charge anything for copies of this eBook, complying with the
-rules is very easy. You may use this eBook for nearly any purpose
-such as creation of derivative works, reports, performances and
-research. They may be modified and printed and given away--you may do
-practically ANYTHING with public domain eBooks. Redistribution is
-subject to the trademark license, especially commercial
-redistribution.
-
-
-
-*** START: FULL LICENSE ***
-
-THE FULL PROJECT GUTENBERG LICENSE
-PLEASE READ THIS BEFORE YOU DISTRIBUTE OR USE THIS WORK
-
-To protect the Project Gutenberg-tm mission of promoting the free
-distribution of electronic works, by using or distributing this work
-(or any other work associated in any way with the phrase "Project
-Gutenberg"), you agree to comply with all the terms of the Full Project
-Gutenberg-tm License (available with this file or online at
-http://gutenberg.org/license).
-
-
-Section 1. General Terms of Use and Redistributing Project Gutenberg-tm
-electronic works
-
-1.A. By reading or using any part of this Project Gutenberg-tm
-electronic work, you indicate that you have read, understand, agree to
-and accept all the terms of this license and intellectual property
-(trademark/copyright) agreement. If you do not agree to abide by all
-the terms of this agreement, you must cease using and return or destroy
-all copies of Project Gutenberg-tm electronic works in your possession.
-If you paid a fee for obtaining a copy of or access to a Project
-Gutenberg-tm electronic work and you do not agree to be bound by the
-terms of this agreement, you may obtain a refund from the person or
-entity to whom you paid the fee as set forth in paragraph 1.E.8.
-
-1.B. "Project Gutenberg" is a registered trademark. It may only be
-used on or associated in any way with an electronic work by people who
-agree to be bound by the terms of this agreement. There are a few
-things that you can do with most Project Gutenberg-tm electronic works
-even without complying with the full terms of this agreement. See
-paragraph 1.C below. There are a lot of things you can do with Project
-Gutenberg-tm electronic works if you follow the terms of this agreement
-and help preserve free future access to Project Gutenberg-tm electronic
-works. See paragraph 1.E below.
-
-1.C. The Project Gutenberg Literary Archive Foundation ("the Foundation"
-or PGLAF), owns a compilation copyright in the collection of Project
-Gutenberg-tm electronic works. Nearly all the individual works in the
-collection are in the public domain in the United States. If an
-individual work is in the public domain in the United States and you are
-located in the United States, we do not claim a right to prevent you from
-copying, distributing, performing, displaying or creating derivative
-works based on the work as long as all references to Project Gutenberg
-are removed. Of course, we hope that you will support the Project
-Gutenberg-tm mission of promoting free access to electronic works by
-freely sharing Project Gutenberg-tm works in compliance with the terms of
-this agreement for keeping the Project Gutenberg-tm name associated with
-the work. You can easily comply with the terms of this agreement by
-keeping this work in the same format with its attached full Project
-Gutenberg-tm License when you share it without charge with others.
-
-1.D. The copyright laws of the place where you are located also govern
-what you can do with this work. Copyright laws in most countries are in
-a constant state of change. If you are outside the United States, check
-the laws of your country in addition to the terms of this agreement
-before downloading, copying, displaying, performing, distributing or
-creating derivative works based on this work or any other Project
-Gutenberg-tm work. The Foundation makes no representations concerning
-the copyright status of any work in any country outside the United
-States.
-
-1.E. Unless you have removed all references to Project Gutenberg:
-
-1.E.1. The following sentence, with active links to, or other immediate
-access to, the full Project Gutenberg-tm License must appear prominently
-whenever any copy of a Project Gutenberg-tm work (any work on which the
-phrase "Project Gutenberg" appears, or with which the phrase "Project
-Gutenberg" is associated) is accessed, displayed, performed, viewed,
-copied or distributed:
-
-This eBook is for the use of anyone anywhere at no cost and with
-almost no restrictions whatsoever. You may copy it, give it away or
-re-use it under the terms of the Project Gutenberg License included
-with this eBook or online at www.gutenberg.org/license
-
-1.E.2. If an individual Project Gutenberg-tm electronic work is derived
-from the public domain (does not contain a notice indicating that it is
-posted with permission of the copyright holder), the work can be copied
-and distributed to anyone in the United States without paying any fees
-or charges. If you are redistributing or providing access to a work
-with the phrase "Project Gutenberg" associated with or appearing on the
-work, you must comply either with the requirements of paragraphs 1.E.1
-through 1.E.7 or obtain permission for the use of the work and the
-Project Gutenberg-tm trademark as set forth in paragraphs 1.E.8 or
-1.E.9.
-
-1.E.3. If an individual Project Gutenberg-tm electronic work is posted
-with the permission of the copyright holder, your use and distribution
-must comply with both paragraphs 1.E.1 through 1.E.7 and any additional
-terms imposed by the copyright holder. Additional terms will be linked
-to the Project Gutenberg-tm License for all works posted with the
-permission of the copyright holder found at the beginning of this work.
-
-1.E.4. Do not unlink or detach or remove the full Project Gutenberg-tm
-License terms from this work, or any files containing a part of this
-work or any other work associated with Project Gutenberg-tm.
-
-1.E.5. Do not copy, display, perform, distribute or redistribute this
-electronic work, or any part of this electronic work, without
-prominently displaying the sentence set forth in paragraph 1.E.1 with
-active links or immediate access to the full terms of the Project
-Gutenberg-tm License.
-
-1.E.6. You may convert to and distribute this work in any binary,
-compressed, marked up, nonproprietary or proprietary form, including any
-word processing or hypertext form. However, if you provide access to or
-distribute copies of a Project Gutenberg-tm work in a format other than
-"Plain Vanilla ASCII" or other format used in the official version
-posted on the official Project Gutenberg-tm web site (www.gutenberg.org),
-you must, at no additional cost, fee or expense to the user, provide a
-copy, a means of exporting a copy, or a means of obtaining a copy upon
-request, of the work in its original "Plain Vanilla ASCII" or other
-form. Any alternate format must include the full Project Gutenberg-tm
-License as specified in paragraph 1.E.1.
-
-1.E.7. Do not charge a fee for access to, viewing, displaying,
-performing, copying or distributing any Project Gutenberg-tm works
-unless you comply with paragraph 1.E.8 or 1.E.9.
-
-1.E.8. You may charge a reasonable fee for copies of or providing
-access to or distributing Project Gutenberg-tm electronic works provided
-that
-
-- You pay a royalty fee of 20% of the gross profits you derive from
- the use of Project Gutenberg-tm works calculated using the method
- you already use to calculate your applicable taxes. The fee is
- owed to the owner of the Project Gutenberg-tm trademark, but he
- has agreed to donate royalties under this paragraph to the
- Project Gutenberg Literary Archive Foundation. Royalty payments
- must be paid within 60 days following each date on which you
- prepare (or are legally required to prepare) your periodic tax
- returns. Royalty payments should be clearly marked as such and
- sent to the Project Gutenberg Literary Archive Foundation at the
- address specified in Section 4, "Information about donations to
- the Project Gutenberg Literary Archive Foundation."
-
-- You provide a full refund of any money paid by a user who notifies
- you in writing (or by e-mail) within 30 days of receipt that s/he
- does not agree to the terms of the full Project Gutenberg-tm
- License. You must require such a user to return or
- destroy all copies of the works possessed in a physical medium
- and discontinue all use of and all access to other copies of
- Project Gutenberg-tm works.
-
-- You provide, in accordance with paragraph 1.F.3, a full refund of any
- money paid for a work or a replacement copy, if a defect in the
- electronic work is discovered and reported to you within 90 days
- of receipt of the work.
-
-- You comply with all other terms of this agreement for free
- distribution of Project Gutenberg-tm works.
-
-1.E.9. If you wish to charge a fee or distribute a Project Gutenberg-tm
-electronic work or group of works on different terms than are set
-forth in this agreement, you must obtain permission in writing from
-both the Project Gutenberg Literary Archive Foundation and Michael
-Hart, the owner of the Project Gutenberg-tm trademark. Contact the
-Foundation as set forth in Section 3 below.
-
-1.F.
-
-1.F.1. Project Gutenberg volunteers and employees expend considerable
-effort to identify, do copyright research on, transcribe and proofread
-public domain works in creating the Project Gutenberg-tm
-collection. Despite these efforts, Project Gutenberg-tm electronic
-works, and the medium on which they may be stored, may contain
-"Defects," such as, but not limited to, incomplete, inaccurate or
-corrupt data, transcription errors, a copyright or other intellectual
-property infringement, a defective or damaged disk or other medium, a
-computer virus, or computer codes that damage or cannot be read by
-your equipment.
-
-1.F.2. LIMITED WARRANTY, DISCLAIMER OF DAMAGES - Except for the "Right
-of Replacement or Refund" described in paragraph 1.F.3, the Project
-Gutenberg Literary Archive Foundation, the owner of the Project
-Gutenberg-tm trademark, and any other party distributing a Project
-Gutenberg-tm electronic work under this agreement, disclaim all
-liability to you for damages, costs and expenses, including legal
-fees. YOU AGREE THAT YOU HAVE NO REMEDIES FOR NEGLIGENCE, STRICT
-LIABILITY, BREACH OF WARRANTY OR BREACH OF CONTRACT EXCEPT THOSE
-PROVIDED IN PARAGRAPH 1.F.3. YOU AGREE THAT THE FOUNDATION, THE
-TRADEMARK OWNER, AND ANY DISTRIBUTOR UNDER THIS AGREEMENT WILL NOT BE
-LIABLE TO YOU FOR ACTUAL, DIRECT, INDIRECT, CONSEQUENTIAL, PUNITIVE OR
-INCIDENTAL DAMAGES EVEN IF YOU GIVE NOTICE OF THE POSSIBILITY OF SUCH
-DAMAGE.
-
-1.F.3. LIMITED RIGHT OF REPLACEMENT OR REFUND - If you discover a
-defect in this electronic work within 90 days of receiving it, you can
-receive a refund of the money (if any) you paid for it by sending a
-written explanation to the person you received the work from. If you
-received the work on a physical medium, you must return the medium with
-your written explanation. The person or entity that provided you with
-the defective work may elect to provide a replacement copy in lieu of a
-refund. If you received the work electronically, the person or entity
-providing it to you may choose to give you a second opportunity to
-receive the work electronically in lieu of a refund. If the second copy
-is also defective, you may demand a refund in writing without further
-opportunities to fix the problem.
-
-1.F.4. Except for the limited right of replacement or refund set forth
-in paragraph 1.F.3, this work is provided to you 'AS-IS' WITH NO OTHER
-WARRANTIES OF ANY KIND, EXPRESS OR IMPLIED, INCLUDING BUT NOT LIMITED TO
-WARRANTIES OF MERCHANTABILITY OR FITNESS FOR ANY PURPOSE.
-
-1.F.5. Some states do not allow disclaimers of certain implied
-warranties or the exclusion or limitation of certain types of damages.
-If any disclaimer or limitation set forth in this agreement violates the
-law of the state applicable to this agreement, the agreement shall be
-interpreted to make the maximum disclaimer or limitation permitted by
-the applicable state law. The invalidity or unenforceability of any
-provision of this agreement shall not void the remaining provisions.
-
-1.F.6. INDEMNITY - You agree to indemnify and hold the Foundation, the
-trademark owner, any agent or employee of the Foundation, anyone
-providing copies of Project Gutenberg-tm electronic works in accordance
-with this agreement, and any volunteers associated with the production,
-promotion and distribution of Project Gutenberg-tm electronic works,
-harmless from all liability, costs and expenses, including legal fees,
-that arise directly or indirectly from any of the following which you do
-or cause to occur: (a) distribution of this or any Project Gutenberg-tm
-work, (b) alteration, modification, or additions or deletions to any
-Project Gutenberg-tm work, and (c) any Defect you cause.
-
-
-Section 2. Information about the Mission of Project Gutenberg-tm
-
-Project Gutenberg-tm is synonymous with the free distribution of
-electronic works in formats readable by the widest variety of computers
-including obsolete, old, middle-aged and new computers. It exists
-because of the efforts of hundreds of volunteers and donations from
-people in all walks of life.
-
-Volunteers and financial support to provide volunteers with the
-assistance they need, are critical to reaching Project Gutenberg-tm's
-goals and ensuring that the Project Gutenberg-tm collection will
-remain freely available for generations to come. In 2001, the Project
-Gutenberg Literary Archive Foundation was created to provide a secure
-and permanent future for Project Gutenberg-tm and future generations.
-To learn more about the Project Gutenberg Literary Archive Foundation
-and how your efforts and donations can help, see Sections 3 and 4
-and the Foundation web page at http://www.pglaf.org.
-
-
-Section 3. Information about the Project Gutenberg Literary Archive
-Foundation
-
-The Project Gutenberg Literary Archive Foundation is a non profit
-501(c)(3) educational corporation organized under the laws of the
-state of Mississippi and granted tax exempt status by the Internal
-Revenue Service. The Foundation's EIN or federal tax identification
-number is 64-6221541. Its 501(c)(3) letter is posted at
-http://pglaf.org/fundraising. Contributions to the Project Gutenberg
-Literary Archive Foundation are tax deductible to the full extent
-permitted by U.S. federal laws and your state's laws.
-
-The Foundation's principal office is located at 4557 Melan Dr. S.
-Fairbanks, AK, 99712., but its volunteers and employees are scattered
-throughout numerous locations. Its business office is located at
-809 North 1500 West, Salt Lake City, UT 84116, (801) 596-1887, email
-business@pglaf.org. Email contact links and up to date contact
-information can be found at the Foundation's web site and official
-page at http://pglaf.org
-
-For additional contact information:
- Dr. Gregory B. Newby
- Chief Executive and Director
- gbnewby@pglaf.org
-
-
-Section 4. Information about Donations to the Project Gutenberg
-Literary Archive Foundation
-
-Project Gutenberg-tm depends upon and cannot survive without wide
-spread public support and donations to carry out its mission of
-increasing the number of public domain and licensed works that can be
-freely distributed in machine readable form accessible by the widest
-array of equipment including outdated equipment. Many small donations
-($1 to $5,000) are particularly important to maintaining tax exempt
-status with the IRS.
-
-The Foundation is committed to complying with the laws regulating
-charities and charitable donations in all 50 states of the United
-States. Compliance requirements are not uniform and it takes a
-considerable effort, much paperwork and many fees to meet and keep up
-with these requirements. We do not solicit donations in locations
-where we have not received written confirmation of compliance. To
-SEND DONATIONS or determine the status of compliance for any
-particular state visit http://pglaf.org
-
-While we cannot and do not solicit contributions from states where we
-have not met the solicitation requirements, we know of no prohibition
-against accepting unsolicited donations from donors in such states who
-approach us with offers to donate.
-
-International donations are gratefully accepted, but we cannot make
-any statements concerning tax treatment of donations received from
-outside the United States. U.S. laws alone swamp our small staff.
-
-Please check the Project Gutenberg Web pages for current donation
-methods and addresses. Donations are accepted in a number of other
-ways including checks, online payments and credit card donations.
-To donate, please visit: http://pglaf.org/donate
-
-
-Section 5. General Information About Project Gutenberg-tm electronic
-works.
-
-Professor Michael S. Hart is the originator of the Project Gutenberg-tm
-concept of a library of electronic works that could be freely shared
-with anyone. For thirty years, he produced and distributed Project
-Gutenberg-tm eBooks with only a loose network of volunteer support.
-
-
-Project Gutenberg-tm eBooks are often created from several printed
-editions, all of which are confirmed as Public Domain in the U.S.
-unless a copyright notice is included. Thus, we do not necessarily
-keep eBooks in compliance with any particular paper edition.
-
-
-Most people start at our Web site which has the main PG search facility:
-
- http://www.gutenberg.org
-
-This Web site includes information about Project Gutenberg-tm,
-including how to make donations to the Project Gutenberg Literary
-Archive Foundation, how to help produce our new eBooks, and how to
-subscribe to our email newsletter to hear about new eBooks.
-
-
-</pre>
-
-</body>
-</html>
diff --git a/old/55193-h/images/163_klammer.jpg b/old/55193-h/images/163_klammer.jpg
deleted file mode 100644
index f066b42..0000000
--- a/old/55193-h/images/163_klammer.jpg
+++ /dev/null
Binary files differ
diff --git a/old/55193-h/images/augusta.jpg b/old/55193-h/images/augusta.jpg
deleted file mode 100644
index 85db421..0000000
--- a/old/55193-h/images/augusta.jpg
+++ /dev/null
Binary files differ
diff --git a/old/55193-h/images/augusta_hr.jpg b/old/55193-h/images/augusta_hr.jpg
deleted file mode 100644
index b792eea..0000000
--- a/old/55193-h/images/augusta_hr.jpg
+++ /dev/null
Binary files differ
diff --git a/old/55193-h/images/cover.jpg b/old/55193-h/images/cover.jpg
deleted file mode 100644
index 1f89dc1..0000000
--- a/old/55193-h/images/cover.jpg
+++ /dev/null
Binary files differ
diff --git a/old/55193-h/images/deko.jpg b/old/55193-h/images/deko.jpg
deleted file mode 100644
index e94f837..0000000
--- a/old/55193-h/images/deko.jpg
+++ /dev/null
Binary files differ
diff --git a/old/55193-h/images/faksimile1.jpg b/old/55193-h/images/faksimile1.jpg
deleted file mode 100644
index 998cb61..0000000
--- a/old/55193-h/images/faksimile1.jpg
+++ /dev/null
Binary files differ
diff --git a/old/55193-h/images/faksimile1_hr.jpg b/old/55193-h/images/faksimile1_hr.jpg
deleted file mode 100644
index 55e5ec0..0000000
--- a/old/55193-h/images/faksimile1_hr.jpg
+++ /dev/null
Binary files differ
diff --git a/old/55193-h/images/faksimile2.jpg b/old/55193-h/images/faksimile2.jpg
deleted file mode 100644
index 60b1158..0000000
--- a/old/55193-h/images/faksimile2.jpg
+++ /dev/null
Binary files differ
diff --git a/old/55193-h/images/faksimile2_hr.jpg b/old/55193-h/images/faksimile2_hr.jpg
deleted file mode 100644
index 0646c21..0000000
--- a/old/55193-h/images/faksimile2_hr.jpg
+++ /dev/null
Binary files differ
diff --git a/old/55193-h/images/faksimile3.jpg b/old/55193-h/images/faksimile3.jpg
deleted file mode 100644
index 7e86abd..0000000
--- a/old/55193-h/images/faksimile3.jpg
+++ /dev/null
Binary files differ
diff --git a/old/55193-h/images/faksimile3_hr.jpg b/old/55193-h/images/faksimile3_hr.jpg
deleted file mode 100644
index a9b2d55..0000000
--- a/old/55193-h/images/faksimile3_hr.jpg
+++ /dev/null
Binary files differ
diff --git a/old/55193-h/images/faksimile4.jpg b/old/55193-h/images/faksimile4.jpg
deleted file mode 100644
index 55bcceb..0000000
--- a/old/55193-h/images/faksimile4.jpg
+++ /dev/null
Binary files differ
diff --git a/old/55193-h/images/faksimile4_hr.jpg b/old/55193-h/images/faksimile4_hr.jpg
deleted file mode 100644
index c7e4fe1..0000000
--- a/old/55193-h/images/faksimile4_hr.jpg
+++ /dev/null
Binary files differ
diff --git a/old/55193-h/images/palais.jpg b/old/55193-h/images/palais.jpg
deleted file mode 100644
index 742cd17..0000000
--- a/old/55193-h/images/palais.jpg
+++ /dev/null
Binary files differ
diff --git a/old/55193-h/images/palais_hr.jpg b/old/55193-h/images/palais_hr.jpg
deleted file mode 100644
index 15b05f3..0000000
--- a/old/55193-h/images/palais_hr.jpg
+++ /dev/null
Binary files differ
diff --git a/old/55193-h/images/signet.jpg b/old/55193-h/images/signet.jpg
deleted file mode 100644
index 0b6ad7d..0000000
--- a/old/55193-h/images/signet.jpg
+++ /dev/null
Binary files differ
diff --git a/old/55193-h/images/wilhelm.jpg b/old/55193-h/images/wilhelm.jpg
deleted file mode 100644
index 5862ef9..0000000
--- a/old/55193-h/images/wilhelm.jpg
+++ /dev/null
Binary files differ
diff --git a/old/55193-h/images/wilhelm_hr.jpg b/old/55193-h/images/wilhelm_hr.jpg
deleted file mode 100644
index 6a3df1d..0000000
--- a/old/55193-h/images/wilhelm_hr.jpg
+++ /dev/null
Binary files differ