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-The Project Gutenberg EBook of Schilderungen des Treibens im Leben und
-Handel in den Vereinigten Staaten und H, by Julius Ries
-
-This eBook is for the use of anyone anywhere in the United States and most
-other parts of the world at no cost and with almost no restrictions
-whatsoever. You may copy it, give it away or re-use it under the terms of
-the Project Gutenberg License included with this eBook or online at
-www.gutenberg.org. If you are not located in the United States, you'll have
-to check the laws of the country where you are located before using this ebook.
-
-
-
-Title: Schilderungen des Treibens im Leben und Handel in den Vereinigten Staaten und Havana.
- Gezeichnet auf Reisen in den Jahren 1838 und 1839
-
-Author: Julius Ries
-
-Release Date: March 19, 2017 [EBook #54391]
-
-Language: German
-
-Character set encoding: UTF-8
-
-*** START OF THIS PROJECT GUTENBERG EBOOK SCHILDERUNGEN DES TREIBENS ***
-
-
-
-
-Produced by the Online Distributed Proofreading Team at
-http://www.pgdp.net (This book was produced from scanned
-images of public domain material from the Google Books
-project.)
-
-
-
-
-
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- ####################################################################
-
- Anmerkungen zur Transkription
-
- Der vorliegende Text wurde anhand der 1840 erschienenen Buchausgabe
- so weit wie möglich originalgetreu wiedergegeben. Zeichensetzung
- und offensichtliche typographische Fehler wurden stillschweigend
- korrigiert. Ungewöhnliche Ausdrücke, Groß- und Kleinschreibung,
- usw. wurden nicht verändert, wenn die Verständlichkeit der Passage
- dadurch nicht beeinträchtigt wird. Dies gilt insbesondere auch
- für ins Deutsche übertragene fremdsprachliche Ausdrücke, die
- teilweise lediglich phonetische Übertragungen darstellen. Die
- ‚Verbesserungen‘ am Ende des Buches wurden vom Bearbeiter bereits
- in den Text eingearbeitet.
-
- Die Ergebnisse der Additionen in den Tabellen sind möglicherweise
- nicht in allen Fällen korrekt; da die Angaben aber nicht
- nachvollzogen werden können, wurden alle Zahlen aus dem Original
- ohne Korrektur übernommen.
-
- Von der Normalschrift abweichenden Schriftschnitte wurden in der
- vorliegenden Fassung mit den folgenden Sonderzeichen gekennzeichnet:
-
- kursiv: _Unterstriche_
- gesperrt: +Pluszeichen+
- Fraktur: ~Tilden~
-
- Kapitälchen werden in GROSSBUCHSTABEN wiedergegeben.
-
- Die Verwendung von Frakturschrift in den Überschriften erscheint
- rein willkürlich und dient augenscheinlich ausschließlich
- dekorativen Zwecken.
-
- ####################################################################
-
-
-
-
- SCHILDERUNGEN
-
- DES
-
- TREIBENS IM LEBEN UND HANDEL
-
- IN DEN
-
- VEREINIGTEN STAATEN UND HAVANA.
-
- [Illustration]
-
- GEZEICHNET
-
- AUF REISEN IN DEN JAHREN 1838 ~UND~ 1839
-
- VON
-
- JULIUS RIES.
-
- BERLIN, 1840.
-
- Auf Kosten und im Selbstverlage des Verfassers.
-
- Burg-Straße No. 17.
-
-
- Aufgeschnittene und beschmutzte Exemplare werden nicht zurückgenommen.
-
-
-
-
- ~Vorrede.~
-
-
-Vorreden werden gewöhnlich geschrieben, um böse Nachreden von Seiten
-der Leser zu verhüten. Indeß wird dieser Zweck hierdurch selten,
-oder auch nie erreicht; und wozu auch? Werden ja doch des allgütigen
-Schöpfers Werke auf das allerheftigste getadelt, wie soll also ein
-menschliches Werk dem Tadel entgehen. Der Verfasser unterfängt sich
-nicht, dem Publikum etwas Untadelhaftes bieten zu wollen, deshalb
-wollte er auch alles Vorreden unterlassen, da er ohnedies im Buche
-selbst hinreichend auf Zweck und Endziel desselben aufmerksam gemacht
-hat. Nicht also um Kritiker sanfter zu stimmen, sondern zur vorläufigen
-Orientirung der Leser, und um sich gegen Mißdeutungen zu schützen,
-erlaubt er sich einige Bemerkungen.
-
-Die erste ist die, daß er hier nichts mittheilt, als was er selbst
-erfahren, oder was er durch einiges Nachdenken gefunden hat; das
-Büchermachen aus andern Büchern, wie es auch bei Reisebeschreibungen
-gebräuchlich ist, will er Andern überlassen. Als Kaufmann hat er
-vorzugsweise für praktische Kaufleute geschrieben, hofft jedoch,
-daß Manches in seinem Buche auch von Andern nicht uninteressant
-dürfte gefunden werden. Systematische Ordnung hielt er in solchen
-Mittheilungen für überflüssig, er hat die Beobachtungen und
-Betrachtungen, wie sie sich ihm theils auf der Reise, theils von selbst
-darboten, dem Leser vorgelegt; wenn er daher im Verlauf der Erzählung
-auf einen Gegenstand zurückkommt, so geschieht es nur dann, wenn die
-frühere Bekanntschaft mit dem Gegenstande durch die spätere bedeutend
-vermehrt und wirklich ergänzt wird.
-
-Die zweite Bemerkung betrifft die Betrügerei der Commissionaire, mit
-deren Enthüllung ein ziemlicher Theil dieses Buches sich beschäftigt.
-Möchte es dem Verfasser gelungen sein, einen tüchtigen Stich in
-dieses Wespennest zu thun, denn eine böse Gattung von Wespen sind die
-von demselben bezeichneten, die schon manchen Bienenstock um ihren
-Honig gebracht haben. Daß der Verfasser nicht +alle+ Commissionaire
-zu jenem Wespengeschlecht zählt, wird wohl jedem Vernünftigen von
-selbst einleuchten. Auch die Johann und Cosmus von Medici, so wie die
-Fuggers in Augsburg, waren einst Commissionaire, aber zugleich was
-für treffliche, hochgesinnte Männer! Auch die Rothschild’s sind durch
-den höchsten Grad der Rechtlichkeit zu der hohen Stellung gelangt,
-die sie jetzt einnehmen. Daß der Verfasser ähnliche Commissionaire,
-wenn sie auch nicht so angesehen und reich sind, nicht in seinen Tadel
-einschließt, versteht sich von selbst. Daß er aber die Mysterien jenes
-Wespengeschlechts schonungslos zur Publicität bringt, so jedoch, daß er
-alles Gesagte mit schriftlichen Documenten belegen kann, dafür wird der
-Verfasser wohl keinerlei Entschuldigung bedürfen, er glaubt vielmehr,
-auf den Dank einsichtiger Geschäftsleute rechnen zu dürfen, und dies um
-so mehr, da er hauptsächlich, um diesen zu nützen, seine Erfahrungen
-mittheilte.
-
-Selten erscheinen praktische Kaufleute in der Reihe der Autoren, denn
-haben sie gute Geschäfte gemacht, so haben sie Gründe, dies nicht der
-Welt bekannt zu machen, im umgekehrten Falle schämen oder scheuen sie
-sich wohl gar. Der Verfasser hat sich von jenen zwei Ursachen der
-Verheimlichung nie beherrschen lassen, und da er als Kaufmann nicht
-länger zu praktiziren gesonnen ist, weil kaufmännische Geschäfte jetzt
-nichts Erfreuendes darbieten, so wünscht er, daß die zum Nutzen für
-angehende Kaufleute gestreute Saat gesegnet aufgehen möge.
-
- _Julius Ries._
-
-
-
-
- ~Inhalts-Verzeichniß.~
-
-
- Einleitung. Seite 1
-
- Ursache und Zweck der Reise. -- Die Hamburger Pavillons. --
- Das Huller Dampfschiff und der Redacteur der Huller Times. --
- Die Seekrankheit als Schönheitsmittel. -- Eine Flüchtige aus
- London und der Konstabler. -- Die Reisegesellschaft. -- Der
- Schauspiel-Director W. -- Ein derber Italiener als Nebenbuhler von
- Lablache. -- Die Reise auf Paquet- und Dampfschiffen. -- Sturz des
- Verf. von der Cajütentreppe. -- Ueble Lage desselben als Kranker in
- einem Schiff. -- Ankunft in New-York. -- Quarantaine-Revision.
-
- New-York. S. 15
-
- Beverley-House. -- Fortdauernde Krankheit des Verfassers. --
- Englands Handel und Fabrikation im Verfall. -- Wucher beim
- Pfandleihen. -- Boarding- oder Kosthäuser. -- Lebensweise in
- diesen. -- Wein und Weinpreise in Amerika. -- Gutsbesitzer und
- deren Hornvieh. -- Beschreibung von Broad-Way. -- Oeffentliche
- Anständigkeit und Sittlichkeit der Amerikaner. -- Caffé de mille
- Colonnes. -- Das Stadt-Hospital. -- Chatham. -- Waaren-Auktionen.
- -- Nothwendigkeit einer baldigen Handelskrisis. -- Musquitos. --
- Theater, und List, um volle Häuser zu gewinnen. -- Militairische
- Ordre. -- Einrichtung des Packhofs. -- Glück des New-Yorker
- Brandunglücks für die Fabrikwelt. -- Tabelle über die Fabrikation
- in den V. S. -- Industrie-Ausstellung. -- Prächtige Feuerspritzen.
- -- Deutsche Kirchen und Prediger. -- Behr, der mecklenburger
- Wollhändler.
-
-
- Zweite Abtheilung.
-
- Havana.
-
- Reise nach Havana, Oertlichkeit und Einrichtung
- daselbst. S. 45
-
- Abreise nach Havana auf dem Paquet Norma. -- Paßverlegenheit. --
- Champagner. -- Permitts, oder Erlaubnißscheine zum Anlanden. --
- Logis. -- Der Verfasser miethet eine Kammer, welche wegen der
- vielen, in derselben sich aufhaltenden Thierarten mit Noah’s Arche
- zu vergleichen wäre. -- Place des Armes. -- Oeffentliche Promenade
- der Havaneserinnen. -- Havana’s Straßen, Volanten, Gefahr auf den
- Straßen durch diese. -- Ladendiener für Damen, und deren Art beim
- Einkaufen. -- Häusliche Einrichtung und Sclaven-Einkauf hierzu.
- -- Havanesische Kochkunst. -- Mahlzeiten und Sclaven-Bedienung
- hierbei. -- Vergnügungen der Sclaven am Weihnachts-Feste.
-
- Ueber die Handels- und Geschäfts-Verhältnisse in Havana. S. 59
-
- Der deutsche Commissionair M. -- Waarenunkunde der Commissionaire;
- ihre Lebensweise. -- Die Mercadere. -- Importation auf Cuba. --
- Europäische Facturen sind für die Commissionaire überflüssig.
- -- Detailleurs, Hausirer und Lotterie in Havana. -- Geldmangel,
- hoher Zinsfuß und Waaren-Ueberfluß. -- Vorschlag, um dies
- Uebel für den europäischen Handel nach Westindien zu heben. --
- Ein Beispiel von der Verfahrungsweise der Commissionaire beim
- Abrechnen mit Europäern. -- Merkwürdig wohlfeiler Waarenverkauf.
- -- Der übermäßige Gewinn beim Sclavengeschäft. -- Import des
- Mehls auf Cuba. -- Procedur des Verfassers gegen die schlauen
- Commissionaire. -- Advokaten, Prokuratoren, Stempelpapier, lange
- und theure Prozesse. -- Der Verfasser muß Sclavenhändler werden.
- -- Unverschämtheit der Commissionaire in Anrechnung der Kosten.
- -- Der Commissionair M. will, daß der Verfasser einen um das
- doppelte erhöhten Zoll bezahle. -- Des Verfassers Prozeß. --
- Edles Betragen der Spanier und des englischen Consuls hierbei.
- -- Wuth und Schlauheit der Gegner. -- Bemühungen des Verfassers,
- die Zoll-Defraudationen von Seiten seines Commissionairs zu
- ermitteln. -- Humanität und Gefälligkeit des Gouverneurs hierbei.
- -- Hinhaltendes Verfahren der Zollbeamten gegen dieses Unternehmen.
- -- Der Betrug kömmt endlich bestimmt zu Tage. -- Revenuen der
- Insel Cuba. -- Ueber die Veruntreuung, und Straflosigkeit solches
- Betrugs. -- Der Verfasser überreicht dem Gouverneur einen Aufsatz
- über Verbesserung der Douanen. -- Specificirte Rechnungen und
- Nachweisungen über die von Moyer und Dakin erpreßten Summen. --
- Unkosten von Waarensendungen nach Vera-Cruz. -- Forellen und
- französische grüne Erbsen in Havana aufgewärmt, à 1½ Piaster
- eine Portion. -- Contrast der Franzosen und Deutschen in Havana.
- -- Ueber Meta-Geschäfte nach- und von Westindien. -- Ueber die
- niedrigen Preise der Colonial-Waaren in Europa. -- Verkehr in
- Havana mit den V. S. -- Wechselgeschäfte. -- Einfuhr von Mehl,
- Rindfleisch, Fettwaaren etc. etc.
-
- Ueber die Feste und Vergnügungen der Havaneser. S. 107
-
- Der Carneval. -- Fortuna. -- Austern und Backenbärte. --
- Rekrutirung der Weinflaschen in den Restaurationen. -- Sonderbare
- Anwendung der Suppenlöffel in Havana. -- Was verstehen die
- Havaneser unter gutes Essen? -- Chirurgische? Operation einer
- Negerköchin. -- Das Stiergefecht. -- Die Stadt Redler, das
- Wachs-, Honig- und Melasse-Geschäft daselbst. -- Prozessionen.
- -- Der Havanesische Kaiser Napoleon. -- Die italienische Oper,
- des Verfassers Wirthin im Zorn, wegen dessen Gleichgültigkeit
- dafür. -- Redouten. -- Bal-masque romantique und Redoute
- romantique. -- Der Redouten-Saal, die Masquen-Ordnung und die
- Masquerade in der Orangen-Allee. -- Der Sclaven-Carneval. -- Ueber
- die Sittlichkeit der Spanier. -- Der nach Havana verpflanzte
- Appellations-Gerichtshof und das Reichspettschaft hierzu. --
- Abendgesellschaften in Havana und die Priesterinnen der Venus. --
- Illumination nach der Form europäischer Straßenbeleuchtung. --
- Satirischer Aufzug. -- Das Osterfest. -- Sehr schöne spanische
- Sünderinnen. -- Der Charfreitag und die Prozessionen an diesem
- Tage. -- Deutsche und englische Commissionaire wetteifern im
- richtigen Abtragen der Zollgefälle. -- Etwas über die Behandlung
- der Tabacksblätter. -- Die Hökerläden in Havana. -- Des Verfassers
- Abreise nach New-Orleans. -- Dessen Betrachtungen über die
- Reisegesellschaft, und über die Entfernung vom mexikanischen Golf
- bis zum Obi in Asien.
-
-
- Dritte Abtheilung.
-
- Ueber die Vereinigten Staaten.
-
- New-Orleans. S. 138
-
- Kauf eines Bull-dogs für einen Bologneser. -- Hotels. -- Gebäude
- in New-Orleans. -- Börse. -- Abreise nach Louisville. -- Das
- Tabacks-Kauen. -- Fahrt auf dem Mississippi, Schönheit dieses
- Flusses. -- Die Feuersgefahr bei Dampfschifffahrten. -- Die
- Live-presserver-Uebersicht der Quantität Holz, die auf den Fahrten
- verbraucht wird. -- Die Urwälder in den V. S. -- Vergleiche
- der Bewohner am Mississippi und Obi in Asien. -- Tabelle über
- die Production der Baumwolle in den V. S. -- Einrichtung auf
- amerikanischen Dampfschiffen, Lebensweise, Uebelstände beim
- Schlafengehen, beim Ankleiden des Morgens, beim Waschen u. s. w. --
- Fruchtbare Kraft des Mississippi-Wassers. -- Ankunft in Louisville.
- -- Lage der Städte. -- Cincinnati, die deutschen Waarenhändler und
- das Speditions-Geschäft daselbst. -- Die deutschen Auswanderer
- und deren Commissionaire. -- Pittsburg. -- Besuch der Glasfabrik.
- -- Das Gefängniß, Schiffe, snag-boats, Baumwollspinnerei,
- Brücken, Tuchfabrikation, Canalböte, Treckschuten und Gefahr
- bei den Brücken. -- Inzwischen-Reise über sehr hohe Gebirge auf
- Eisenbahnen. -- Der Fluß Susquehannah. -- Eisenbahnfahrt von
- Harrisburg bis Philadelphia. -- Einrichtung dieser Dampfwagen. --
- Fleiß der Deutschen bei Philadelphia. -- Ankunft in dieser Stadt.
- -- Gebäude, Wasserwerk etc. -- Reise nach New-York. -- Rückblick
- auf die Neger.
-
-
- Vierte Abtheilung.
-
- Ueber das Treiben im englischen und amerikanischen Handel. S. 174
-
- Fest der Gründung der Unabhängigkeit. -- Parade und Festzug. --
- Amerikanische Bankgebäude. -- Englands Lage in der merkantilischen
- Welt. -- Ursachen, warum England für reich gehalten wird. --
- Entstehung der Banken in England. -- Englands Welthandel. -- Ein
- Tagelöhner als Theilnehmer am Welthandel durch Hülfe der Banken.
- -- Zustand des Waarengeschäfts in New-York. -- Ueber Amerika’s
- Handelsbilanz. -- Tabelle über Ein- und Ausfuhr und Revenuen.
- -- Wozu werden diese verwendet? -- Arbeit des Congresses in
- dieser Hinsicht. -- Rußland und Preußens Verfahren als Vergleiche
- hierbei. -- Rußlands Fabriken. -- Der Zollverband, und Preußens
- Cassen-Anweisungen. -- Czar Wassilrewitsch, Peter der Große, und
- der Kaiserin Catharine Verfahren beim Bankwesen. -- Was sind
- amerikanische Banken?
-
- Oertlichkeiten von New-York, Volkscharakter, Abreise und Ankunft in
- Hamburg. S. 203
-
- Besuch des Criminal-Gerichtshofs. -- Der Uhrenhändler. -- Die
- Lage der deutschen Auswanderer -- deren Commissionair Wolff. --
- Nothwendigkeit des Praktischen in Amerika. -- Das Praktische im
- Müßiggange. -- Spazierfahrt nach Staten-Island. -- Der sanfte
- Polizeibeamte. -- Die Loafer. -- Der Prediger Försch. -- Die
- Bierkneipe Shadow. -- Der Castle-Garden. -- Die Badeanstalt. --
- Theaterbesuch. -- Ueber die Fortschritte der Seiltänzerkunst.
- -- Vergnügen in New-York. -- Anzahl und Macht der Journale. --
- Charakter der Amerikaner. -- Ueber die Geldbegierde derselben. --
- Nothwendigkeit einer Unterscheidung der verschiedenen Nationen.
- -- Licht und Schatten des Reisens in Amerika. -- Besuch des
- Redakteurs. -- The Morning Herald. -- Sonderbarer Irrthum in Bezug
- auf des Verfassers Person. -- Festliche Abreise auf der Brittish
- Queen. -- Herrliche Einrichtung und Bewirthung. -- Beschwerlichkeit
- der Zoll-Revision in London. -- Reise nach Hamburg auf der
- Caledonia. -- Ankunft daselbst. -- Ueber die Dampfschifffahrt
- zwischen London und Hamburg. -- Hannover zum Zollverbande.
-
-
-
-
-Einleitung.
-
-
-Reisen ist, wie Viele sagen, eine angenehme Sache, weshalb sehr Viele
-darnach streben. Was man gern thut, dazu findet man denn auch bald
-Gründe. Demnach wird sich der Leser auch nicht wundern, wenn der
-Entschluß, eine Reise nach den Vereinigten Staaten und West-Indien
-zu unternehmen, mir eben keine große Mühe kostete. Ich hatte zwar
-keinen Spleen zu vertreiben, wie die Engländer, wenn sie auf Reisen
-gehen; auch waren es gerade nicht Geschäfts-Angelegenheiten, die meine
-Anwesenheit dort nothwendig machten; und noch weniger verdiene ich
-es, zu den unruhigen Köpfen gezählt zu werden, denen überall die Welt
-zu enge ist. Indeß das kaufmännische Geschäftsleben hat ohne Ausnahme
-etwas Einförmiges, und langweilet am Ende. Waarenhändler (wozu ich
-nun leider bestimmt war) entdecken jene Mängel weit geschwinder, als
-Banquiers, Fabrikanten etc. etc. Wie! dachte ich eines Abends, als ich
-mich in meiner wohleingerichteten Wohnung in mein sehr comfortables
-Bett niederlegte, sollst du hier sauer werden? Kannst du nicht auf
-Reisen das Leben besser genießen? Nicht auch dich besser belehren,
-und Andern nützlicher seyn, als wenn du hier den alten Schlendrian
-immer von Neuem durcharbeitest? Mußt du denn stehen bleiben auf der
-Stelle, wohin der Zufall dich geworfen hat? -- -- Diese und andere
-Gedanken, die mich oft aufgeregt hatten, gingen mir jetzt so sehr im
-Kopfe herum, daß ich noch vor dem Einschlafen den Entschluß faßte,
-baldmöglichst nach dem neuen Welttheil abzureisen.
-
-Mit demselben Gedanken erwachte ich den andern Morgen, und sogleich
-hätte ich in den Wagen springen mögen. Ich gratulirte mir selbst zu
-meinem glücklichen Entschluß, und um mir alle Bedenklichkeiten und
-Rückwege abzuschneiden, theilte ich sofort mehreren Bekannten meinen
-Entschluß als unumstößlich mit. Nachdem ich mich auf diese Weise selbst
-gebunden hatte, fühlte ich mich leichter, und heiterer, und eilte
-jetzt mit raschen Schritten zur Beendigung meiner Angelegenheiten in
-Berlin. Es währte gar nicht lange und ich saß in der Schnellpost, bot
-der Königsstraße, der Schloßfreiheit, Berlin und Charlottenburg ein
-fröhliches Lebewohl, und näherte mich meinem guten altbefreundeten
-Hamburg. Meine zahlreichen Freunde daselbst wunderten sich nicht wenig,
-als sie meinen festen Entschluß vernahmen, und meinten, sie würden mich
-wohl in einigen Monaten von London zurückkommen sehen. Ungefähr acht
-Tage blieb ich bei denselben, und fand die alten bekannten Müßiggänger
-(deren Anzahl hier nicht geringer als in Berlin ist) noch in ihrer
-alten Arbeit (die Zeit todtschlagen) begriffen, d. h. in Hamburg vom
-Frühstück bis zum Mittagsessen in den Pavillons, vom Mittagsessen bis
-zum Theater in den Pavillons, und nach dem Theater bis um Mitternacht
-in den Pavillons zubringen. Nachdem ich sie hinlänglich angestaunt, und
-mich über ihre Virtuosität im Müßiggang mehr als jemals zuvor gewundert
-hatte, befiel mich dennoch die Furcht, davon angesteckt zu werden, und
-beschloß daher, zur Vermeidung dieser Krankheit, mich dem ersten besten
-Dampfschiff zur Ueberfahrt nach England zu übergeben.
-
-Durch Güte der hamburger Bootsknechte, und unter Mitwirkung einer
-hinreichenden Anzahl holsteinischer Zweidrittelstücke (Gulden) befand
-ich mich bald in der Cajüte des Huller-Dampfschiffs +Rob-Roy+, ein
-„höchst bequemes, elegantes, auch überaus rasches Schiff,“ wie die
-Huller Times meint. Allein mir kommt es so vor, als sei der Redacteur
-dieses Blattes sehr oft verhältnißmäßig rascher in seinen Urtheilen,
-wie jenes Dampfschiff auf seinen Fahrten, denn es bewegte sich so
-langsam fort, daß ich über alle Erwartung spät, und in England viel
-zu spät ankam, um meine Reise, wie ich berechnet hatte, in der Great
-Western nach New-York fortsetzen zu können. Sollten die Maschinen
-vielleicht irrthümlicher Weise den Herrn Redacteur der Times im Schiff
-vermuthet haben, und, um demselben Zeit zum Nachdenken zu geben, in
-mäßiger Bewegung geblieben sein? In diesem Falle wäre es für die
-Passagiere höchst wünschenswerth, daß der Herr Redacteur die Maschinen
-jenes Schiffs kaufen und sie in seinem Arbeitszimmer aufstellen möchte.
--- Mir blieb jetzt nichts Anderes übrig, als mit einem noch weit
-langsameren Dampfschiff von Hull nach London zu reisen, um von dort
-meine Reise in einem Paquetboot fortzusetzen.
-
-Die Reise nach London bot wenig Bemerkenswerthes dar, die Gesellschaft
--- inclusive der vielen Schafe die von Hull nach London zur
-Schlachtbank geführt wurden, -- bot auch keinen Stoff zur Unterhaltung
-dar, und ich behielt Zeit, über die Ausführung meines Reisezweckes
-nachzudenken, welcher hauptsächlich darauf hinausging, mich der
-europäischen merkantilischen Welt durch mein Wirken in der neuen Welt
-eben so nützlich zu machen, als ich, meinen geringen Kräften nach,
-durch Anordnung beim Expediren ausländischer Waaren an ausländische
-Kaufleute auf den Meßplätzen für die deutschen Zollverband-Staaten
-geworden war. Die Zeit verstrich rasch; bald sah ich Londons Zollhaus
-vor mir, und bald darauf fand ich mich in London wegen der Fortsetzung
-meiner Reise beschäftigt.
-
-„Für 43 L. Sterl.“ sagte Jemand, „können Sie auf dem Königlichen
-Post-Paquet die Ueberfahrt nach Havanna mitmachen, wobei Sie jedoch
-für Bett und Proviant selbst sorgen müssen.“ Für die Planke erschien
-mir der Preis zu hoch; ich ging deshalb nach den West-Indischen
-Docks, woselbst ich das Paquetschiff +Quebeck+ segelfertig antraf.
-Der dienstfertige Capitain forderte 36 L. 15 Sh. inclusive der
-Lebensmittel, und gab mir nur eine Stunde Bedenkzeit, wenn ich das
-letzte vorräthige Bett haben wollte. Sofort schloß ich den Handel,
-und zahlte 16 L. Sterl. à Conto. Die Abreise erfolgte zur bestimmten
-Stunde, und ein Dampfschiff stand bereit, unser Schiff in’s Schlepptau
-zu nehmen und es nach Gravesand hinüber zu bringen. Das Wetter war
-ausgezeichnet schön, was nicht wenig dazu beitrug, mich zu erheitern,
-denn meine Gemüthsstimmung war durch Verhältnisse, die ich bald an
-einem andern Ort zu erzählen Gelegenheit haben werde, fürchterlich,
-jedoch, wie schon bemerkt, keineswegs durch den Spleen. Außer der
-Cajüten-Gesellschaft waren noch etwa 130 bis 150 Auswanderer meine
-Reisegefährten. Um den vom Capitain mir zugetheilten Schlaf-Cameraden
-kennen zu lernen, ging ich jetzt die steile Cajüten-Treppe hinunter.
-Wie erstaunte ich, als ich das bedungene Bett anderweitig vermiethet,
-und mich in ein weit kleineres Gemach, nahe der Treppe, verwiesen fand.
-Der mir zugetheilte Schlaf-Camerad war ein schmutziger Schottländer,
-der auf eine nicht sehr ergötzliche Weise ein Falset und durch die Nase
-sprach; er hatte schon acht Tage vor der Abreise am Bord logirt, und
-das bessere Bett eingenommen. Ich wollte mich beim Capitain beschweren,
-allein -- er war in London, und mir blieb daher nichts übrig, als den
-Schottländer im Diskant als meinen Schlaf-Cameraden aufzunehmen. Er war
-in jeder Hinsicht schmutzig, ja der schmutzigste aller Schmutzigen,
-welche ich auf meinen vielen Reisen kennen gelernt habe.
-
-Bis nach Gravesand begleiteten uns viele Spekulanten mit Proviant
-allerlei Art; sie fanden, wie es mir schien, ihre Rechnung, indem sie
-Vieles an die Auswanderer absetzten. Von Gravesand kamen wir nach
-einer Fahrt von drei Tagen vor Portsmouth an. Der Capitain, der sich
-einfand, lud sämmtliche Passagiere ein, mit ihm Portsmouth zu besuchen,
-da wir vor unserer Abfahrt erst bessern Wind abwarten müßten. Nur eine
-Dame verließ das Schiff, eine Dame, die aus keinem andern Grunde nach
-Portsmouth mitgereist war, als um durch eine Seekrankheit -- der Leser
-rathe -- ihre Schönheit zu restauriren. O Schönheit! Welche Macht übt
-nur der Gedanke an dich über das schöne Geschlecht aus! Wenn dieses
-seltsame Schönheitsmittel die erwartete Wirkung nicht verfehlt, so kann
-die Dame Londons Venus geworden sein, und es dürfte in Folge dessen
-vielleicht sehr bald an Schiffen für Geschäftsreisende fehlen, denn sie
-bekam in der That von der Seekrankheit eine gute Dosis, und befand sich
-während der ganzen Reise in einem beklagenswerthen Zustande.
-
-Schon warten wir bereits vier Tage auf bessern Wind; der Capitain
-versorgt sein Schiff mit Proviant jeder Art. Unter und mit den
-vielen Schafen, die derselbe an Bord schickte, erschien auch ein --
-Constabler, mit dem Auftrage, eine aus London entflohene Ehegattin,
-welche aus des Gemahls Geldkiste 40 L. Sterl. mitgenommen hatte, in
-dessen Arme zurückzuführen. Der Capitain stellte es dem Polizeidiener
-frei, jeden der Passagiere nach Belieben zu arretiren. Eine herrliche
-Finanz-Operation für den Paquetboots-Verein, indem die Passagiere sammt
-und sonders ihre Passage bezahlt hatten. Der Beamte kann die gesuchte
-Person, ungeachtet er von derselben bis zum Kutter begleitet wird,
-nicht vorfinden; sie sagt ihm ein herzliches Lebewohl und vielleicht
-noch im Stillen mit Don Juan: „Sagen Sie Ihrer Behörde, daß sie in
-Zukunft nicht solchen Esel schicke.“
-
-Noch ein kleines Abenteuer will ich erzählen, um den Lesern, die in
-einen ähnlichen Fall kommen, Vorsicht zu empfehlen. Es war bereits der
-zehnte Tag, daß wir London verlassen hatten; meine Geduld war bald
-erschöpft, ich nahm daher jetzt die Einladung des Capitains an, mit ihm
-und noch einigen anderen Passagieren nach Portsmouth zu fahren. Ich
-kaufte daselbst mehreres ein, da ich aber Portsmouth langweilig finde,
-und in keinem von allen Wirthshäusern ein Bett für mich finden kann, so
-beschließe ich, auf das Schiff, welches etwa vier Seemeilen entfernt
-lag, zurückzukehren. Es ist sehr finster, das Meer tobt, und bald bin
-ich von den Wellen durchnäßt.
-
-Wir fahren in der Dunkelheit immer fort, können jedoch das Schiff
-nicht finden; über eine Stunde müssen die braven Bootsleute suchen,
-ehe wir es finden. Und nun wieder eine neue Verlegenheit! Das kleine
-Boot wird dermaßen von den Wellen geworfen, daß mir das Erklimmen der
-Strickleiter unmöglich wird. Wir rufen, wir schreien um Beistand,
-Niemand hört uns. Erst nach einer großen gemeinschaftlichen Anstrengung
-gelang es mir, hinauf zu kommen. Die Passagiere waren nicht wenig
-überrascht, als sie mich in dieser Dunkelheit ankommen sahen. Der
-mitreisende Dr. +Morgan+ besonders machte mich auf die bei dieser Fahrt
-stattgefundene dreifache Gefahr aufmerksam, der ich mich ausgesetzt
-hatte: 1. Bei diesen tobenden Wellen in einem kleinen Boot zu fahren;
-2. hinsichtlich der Mordlust von Seiten der Bootsknechte, welche
-schon, um zehn Schilling Sterling zu erbeuten, Reisende ins Meer
-gestürzt haben; 3. die Gefahr beim Ersteigen des Schiffs. Ich dankte
-nach dieser Auseinandersetzung meinem Schöpfer im Stillen, der Gefahr
-entwischt zu sein, kleidete mich um, und ließ mir vom Steward ein Glas
-heißen Punsch zubereiten, ein bei solchen Gelegenheiten willkommener
-nützlicher Freund.
-
-Am folgenden Morgen, nachdem wir noch mehreres frisches Wasser
-eingenommen hatten, gingen wir unter Segel. Jetzt nun, da wir
-endlich mit günstigem Winde auf dem Meere sind, wird es Zeit sein,
-die Reisegesellschaft etwas näher zu betrachten. Wenn ich sage, daß
-sämmtliche Mitreisende, mit Ausnahme eines Italieners, Engländer waren,
-so werden die geehrten Leser schon den Mangel an Unterhaltungs-Stoff
-begreiflich finden.
-
-Die Krone der Gesellschaft war der Director des National-Theaters in
-New-York, der eben mit neuangeworbenen Subjekten (zu welchen auch
-der Italiener gehörte) zurückkehrte. Es war ein sehr unterrichteter
-Mann und höchst angenehmer Gesellschafter -- jedoch nur dann, wenn er
-nicht an sein Unternehmen dachte. Er klagte sehr häufig über unruhige
-Nächte, und zeigte mir sogar eines Morgens eine Masse von Contracten,
-die er mit den engagirten Mitgliedern abgeschlossen hatte, mit den
-Worten: „solcher Packen kann wohl zu unruhigen Nächten beitragen.“
-Seine beiden Söhne (die er bei sich hatte) waren so eben aus der
-Schule entlassen worden; der älteste, obgleich ohne Stimme, zeigte
-viel Neigung für Gesang, und suchte mit einem verstimmten Instrumente
-die Mängel seiner eigenen Stimme zu bemänteln; er gefiel daher sich
-selbst weit mehr, wie den mitreisenden Frauen. Beide, der ältere und
-der jüngere Sohn, waren Günstlinge eines jungen Mädchens, der Tochter
-eines Malers. In pecuniärer Beziehung wurde von den Schauspielern
-und den übrigen ein Zucker-Fabrikant verehrt, der früher in Amerika
-gewohnt hatte, jenes Land aber vor etwa 30 Jahren, um der Strafe
-wegen einer begangenen Schmuggelei zu entgehen, bei Nacht und Nebel
-verlassen mußte. Sein in Amerika wohnender Sohn hatte Gnade für ihn
-ausgewirkt, und er kehrte jetzt mit seinem Hab und Gut zurück; auch
-hatte er mehrere deutsche Arbeiter, denen er in der Fabrik Arbeit zu
-geben versprach, auf ihre eigenen Kosten zum Mitreisen bewogen. Dieser
-Mann dünkte sich ein Krösus zu sein, wofür ich ihn jedoch, auch in
-Hinsicht seines Verstandes, nicht passiren lassen konnte. Um sich bei
-der Gesellschaft in Respect zu setzen, mußte der Thee oder Caffee in
-aller Frühe für ihn in seinem silbernen Geräthe aufgetragen werden,
-und er lud auch wohl den einen oder andern aus der Gesellschaft zum
-Frühstück ein, welches die großen Kosten für ihn verursachte, daß die
-Getränke aus +seinen+ silbernen Geschirren, jedoch in die dem Schiff
-Quebeck zugehörigen Tassen, auf Unkosten des Capitains -- flossen. Er
-war angewiesen, seinen eigenen Wein zu trinken und hatte eine Sorte
-Teneriffa-Wein, dem Grüneberger an Säure gleich. Unter dem Namen
-weißer Madeira offerirte er hin und wieder ein Glas einem aus der
-Gesellschaft. Auch mir wurde diese Ehre zu Theil, und als er mein
-Urtheil über die Qualität forderte, worauf ich freimüthig erwiederte,
-daß ich diesen nicht für die beste Sorte von Teneriffa-Weinen halte,
-so soll er, wie der Director mir erzählte, mich für wahnsinnig erklärt
-haben. Einer von seinen Arbeitern mußte als Aufwärter für die besten
-Bissen aus den Schüsseln sorgen. Fiel diese Auswahl nicht aus, wie
-der Herr Zucker-Fabrikant es erwartet hatte, so war der Aufwärter
-angewiesen, die Schüssel dem Vorschneider wegzunehmen, und sie seinem
-Herrn vorzusetzen.
-
-Der bereits erwähnte Maler war zu der Zeit der Krönung der Königin
-nach London gereist, um ein treffendes Bild derselben für Amerika zu
-gewinnen, und hatte, wie er behauptete, seinen Zweck über Erwarten
-erreicht. Die Königin, versicherte er, habe die Gnade gehabt, seiner
-Tochter den Purpur zum Anlegen herzugeben. Die Königin sei stets
-zugegen gewesen, um die sitzende Tochter auf ihre (der Königin)
-eigenthümlichen Attitüden aufmerksam zu machen -- wodurch er denn
-das korrekteste Bild zu erzeugen im Stande war. Der Herr Maler leerte
-übrigens, wie alle Genies und Künstler, sein Gläschen, so oft er es
-gefüllt vor sich stehen sah; daß es unter diesen Umständen wenig volle
-Flaschen gab, ist leicht zu ermessen.
-
-Der Italiener B... war seit dem Jahre 1811 erster Buffo bei der
-italienischen Oper in London gewesen, er verläßt die alte Welt aus
-Verzweiflung, weil sein Talent durch +Lablache+ in Schatten gestellt
-war. „Meine Superiorität“ sprach er „ist anerkannt; durch Madame
-+Catalani+ anerkannt; sagte doch die große Sängerin im Jahre 1816
-zu mir: Herr B... Sie sind der erste Figaro, und werden es stets
-sein!“ Seiner Ungestalt ungeachtet, (denn seine Figur war die eines
-Schlächters, oder Brauerknechts) wollte er, dem Ausspruch jener
-gefeierten Künstlerin zufolge, ein niedlicher Figaro sein. In allem
-dünkte er sich vollkommen: wenn er Whist spielte und, seines schlechten
-Spiels wegen, verlor, so offerirte er seinen Gegnern eine Parthie
-um eine sehr hohe Summe, und triumphirte, wenn es nicht acceptirt
-wurde, mit den Worten: „Sie fürchten mich, weil sie meine Superiorität
-kennen.“ Standen mehrere des Abends in Mäntel gehüllt auf dem Verdeck,
-so warf er auch rasch den seinigen über, stellte sich jenen gegenüber,
-und sagte leise zu mir: „Nun sehen Sie meine Stellung im Mantel, im
-Vergleich zu den gegenüberstehenden Philistern!“ Die See fürchtete
-er dermaßen, daß er jede Nacht auf dem Verdeck zubrachte, um bei
-entstehender Gefahr der Erste im Rettungsboot sein zu können. Sehr
-spaßhaft war er in den Morgenstunden gekleidet. Man denke sich eine
-ungeheure Figur in einem sehr langen und weiten, vielfarbig-türkischen
-Schlafrock, durch einen sehr breiten Gürtel am Unterleibe befestiget;
-ferner drei von den grellfarbigsten seidenen Tüchern, nachlässig als
-Halsbinden mit den langen Zipfeln auf der Brust hängend, den Kopf
-mit einem schwarz-seidenen Baret bedeckt; ferner an jedem seiner
-dicken Finger zwei oder drei Ringe von Edelstein, Granaten etc.,
-deren Glanz jedoch durch den Glanz des Fetts, welches gewöhnlich an
-seinen Fingern klebte, sehr verdunkelt wurde. Er bediente sich nie des
-Messers und der Gabel, und da es keine Servietten gab, so folgte er dem
-Beispiel der Bären und säuberte seine Finger im Munde. Es war nichts
-Seltenes, daß er sich eine ovale Schüssel mit 8 bis 10 Cotelettes
-vorsetzen ließ, und zum Frühstück allein verzehrte. Nach beendigtem
-Frühstück ging er sogleich zu Bett. Im Trinken dagegen suchte mein
-Schlaf-Camerad, der schmutzige Schottländer, alles Mögliche zu leisten,
-wahrscheinlich, weil er früher in den Vereinigten Staaten, woselbst er
-ein Detail-Geschäft führte, hierin nicht viel gethan haben mochte. Da
-der Wein im Passagiergelde mit einbegriffen ist, so war er zu jeder
-Tageszeit zum Trinken bereit, und schien, wo möglich, für einige Jahre
-voraus trinken zu wollen.
-
-Ein ähnliches Subjekt, wie jener Schottländer, war ein Mützenhändler,
-der mit einem Lager seiner Waaren nach Canada eilte; weil die Bewohner
-jener Kolonie sich auf die Köpfe stellten, glaubte er, ein bedeutendes
-Geschäft dort machen zu können; wenn er indeß im Handel eben so dumm
-war, als in der Conversation, so dürfte er wohl ohne Mützen, aber auch
-ohne Schuhe nach Europa zurückkehren.
-
-Ein junger Amerikaner, Sohn eines Gutsbesitzers, kehrte von seinen
-Reisen in Europa zurück. Er hatte, wie er versicherte, in Zeit von
-drei Monaten einen großen Theil Frankreichs, die Niederlande und den
-Rhein bereist; er brachte als Documente dafür Französische Handschuhe,
-Brüsseler Kanten und ein Faß Laubenheimer mit, und schlief fast den
-ganzen Tag auf seinen Lorbeeren.
-
-Ein für das National-Theater engagirter Violinspieler reiste mit
-seiner unpäßlichen, starken brannt- und portweinsüchtigen Frau und
-einem allerliebsten muntern Knaben, der sich so an mich attachirt
-hatte, daß er fast nicht von meiner Seite kam. -- Ein Staatsbeamter
-aus Canada kehrte mit Depeschen für +Lord Durham+ zurück. Mit Ausnahme
-der recht liebenswürdigen Tochter des Malers, bestand das weibliche
-Personal aus Frauen von Schiffs-Capitainen, die, in jüngern Jahren von
-England entführt, jetzt nach 20 Jahren einmal ihre Verwandten besucht
-hatten; der Zahn der Zeit, welcher Alles erreicht, hatte auch an ihnen
-bedeutend genagt.
-
-Von dem Dr. und dessen Bruder, einem Schiffs-Capitain, ist nicht
-viel zu sagen, als daß der Letztere von seinem heftigen Wein- und
-Branntwein-Durst nur dadurch geheilt werden konnte, daß unser
-Schiffs-Capitain Geld dafür forderte. Dieser selbst war ein nicht sehr
-gebildeter, aber erträglicher Mensch, äußerst lustig, so daß es oft
-Scenen gab, und so lachlustig, daß er wohl dreißigmal lachte, ehe er
-+einmal+ sprach.
-
-Dieses waren die Häupter und Matadore unserer Gesellschaft, die ich dem
-geneigten, nicht auf der See gereisten Leser nur darum so ausführlich
-beschrieben habe, damit er wisse, was er auf einem Schiffe zu erwarten
-habe. Wer gern a son aise, und comfortable lebt, muß an keine Seereise
-denken. Hiervon sind freilich die Dampfschiffe Brittish Queen und
-Great Western ausgenommen, allein hier ist die Feuersgefahr, welche
-durch das beständige Heizen, und die dadurch verursachte Gluth in
-den Schornsteinen entstehet, für jeden Beobachter abschreckend, und
-realisirt sich weit häufiger, als das Zerspringen des Kessels oder
-andere Unglücksfälle auf der See.
-
-Die Unterhaltung war, wie man sich leicht denken kann, sehr
-mittelmäßig. Das Haupt-Thema der Unterhaltung war, wie immer,
-die Vorzüge, der Reichthum, das Vielwissen der Engländer. Nur der
-Schauspiel-Director und ich banden wohl miteinander an, und da setzte
-es von beiden Seiten Hiebe; ohne ihn und den Staatsbeamten aus Canada
-wäre mir die Reise noch viel langweiliger gewesen. Der Wind war uns
-ganz entgegen, so daß wir mehrere hundert Meilen außer den Cours
-geriethen, und näher bei New-Foundland ankamen, als bei New-York. Wir
-erreichten jetzt die Bank, etwa 1100 Seemeilen von New-York.
-
-Da die Vorräthe unsres Proviants sich ihrem Ende näherten, und die
-Portionen kleiner wurden, so war es uns sehr erwünscht, daß wir
-auf eine von den vielen hier stationirten Fischer-Briggs trafen,
-von welcher unser Capitain sechzig sehr große Fische für 2½ Dollar
-erhandelte. Nach der Erzählung der Schiffer, die sie abholten,
-hatte jene Brigg in einer Zeit von 6 Wochen, von New-York hierher
-segelnd, gegen 10,000 von den großen Fischen gefangen. Uebrigens
-hatte ich wenig Genuß von diesem Einkauf, da ich durch folgendes
-unglückliche Ereigniß auf das Krankenlager geworfen wurde. Der kleine,
-liebe Knabe des Musikers, den ich auf seinen dringenden Wunsch auf
-das Bett im Rauchzimmer gebracht hatte, war dort eingeschlafen;
-denn die portweinkranke Mutter desselben bat mich, ihr Söhnchen
-herabzutragen, da sie selbst nicht dazu im Stande sei. Nun sind
-aber diese Cajüten-Treppen äußerst steil, und schon im trockenen
-Zustande zum Herabsteigen gefährlich; jetzt war sie durch den Nebel
-noch schlüpfriger geworden; mit Einem Worte, ich stürzte trotz aller
-Vorsicht die Treppe hinunter, wendete mich aber im Fallen so, daß der
-Knabe keinen Schaden litt, ich selbst hatte eine Rippe gebrochen. --
-
-Der Dr. +Morgan+ wollte mich mit einem Glas heißen Brandy und Water
-kuriren, welches ich nicht annahm; ich ersuchte ihn öfters und
-dringend, mir zur Ader zu lassen, welches er seinerseits abschlug. Man
-denke sich meinen Zustand! Der Steward hatte, um einem Anderen gefällig
-zu sein, mein Kopfkissen, und eine meiner Matratzen jenem überliefert
-und ich mußte nun, einem Sträfling gleich, auf Latten liegen, was der
-gebrochenen Rippe nicht besonders behagte. Die Schmerzen wurden immer
-heftiger; -- der schmutzige Schottländer schlief ruhig unter mir auf
-seinem guten Bette. Erst beim Frühstück kam meine Lage zur Sprache;
-der Arzt überzeugte sich jetzt von meinem bedenklichen Zustande, er
-berathschlagte mit den Andern, und es wurde beschlossen, daß der Diener
-des Zucker-Fabrikanten sein Zimmer, das er für sich allein hatte, für
-mich räumen, und dafür mein Bett nehmen sollte -- welcher Beschluß dann
-am Abend endlich durchgesetzt wurde.
-
-Liegen konnte und durfte ich nicht, es wurden daher alle Reisebeutel
-zu einer -- freilich harten -- Rückenlehne angewendet, an welche ich,
-da das Schiff auf längere Zeit auf eine ungestüme Weise von den Wellen
-geworfen wurde, fortdauernd sehr aufrecht anstieß. Mein Zustand wurde
-immer schlimmer; Fieber, Kopfweh, und Husten, mit dem stärksten Auswurf
-begleitet, nahmen stündlich zu. Die sonderbarste Theilnahme hierbei
-zeigte der Mützenhändler, um Abbitte zu thun, wegen einer ungerechten
-Behauptung, er wolle das Wissen und Vermögen aller Deutschen in den
-zwei Taschen seiner Pantalons forttragen; er verlangte, daß ich ihm
-die Hand reiche und zugleich verspreche, ich wolle keinen Haß gegen
-ihn mit ins Grab nehmen -- was ich denn auch that und ihn beruhigte.
--- Der kleine Knabe saß fast immer bei mir, und erkundigte sich stets
-nach meinem Befinden. -- Das Krankenlager ist freilich unter allen
-Umständen eine -- unangenehme Gegend, wie der Berliner Trinkkünstler,
-Herr +Drucker+, sagt; doppelt und zehnfach wird es dies, wenn der
-Schlaf, der doch sonst von Zeit zu Zeit die Schmerzen etwas weniger
-fühlbar macht, durch Sing- und Musik-Proben ganz verscheucht wird, wie
-es hier der Fall war, so daß ich mich keine Viertelstunde der Ruhe
-erfreuen durfte.
-
-Am neunten Tage trat für meine Krankheit eine glückliche Krisis durch
-einen heftigen Schweiß ein. Am folgenden Tage kamen wir bei New-York
-an; ein Dampfschiff hörte ich, soll von der Stadt kommen, um die
-Passagiere abzuholen. Welch einen erfreulichen Eindruck dies auf mich
-machte, vermag ich nicht zu beschreiben. Ich hörte das Hinauf- und auch
-Hinabsteigen der Passagiere (indem die Treppe über meinem Lager sich
-befand) sehr deutlich, und jetzt auf einmal einen Fall und allgemeines
-Wehklagen. Mit großer Mühe erhob ich mich von meinem Lager, und siehe
-da! der jüngste Sohn des Schauspiel-Directors war es, dem ein ähnliches
-Schicksal, wie mich, getroffen zu haben schien. Der Vater raufte sich
-die Haare, die Frauen wurden ohnmächtig; der Gefallene indessen trank
-aufs zierlichste ein Glas Brandy mit Wasser aus. Unterdessen war das
-Dampfschiff herangekommen und bald -- waren die Meisten fort. Der Knabe
-befand sich noch an demselben Abend wieder gesund.
-
-Das Schiff Quebeck wurde nach der Abfahrt des Capitains wie gewöhnlich
-von Lootsen geführt und zwar glücklicher Weise mit großer Vorsicht;
-fast alle anderen Schiffe wurden in jener Nacht entmastet, und gegen
-30 große Schiffe fanden wir am folgenden Morgen auf den Strand
-getrieben. Der Capitain, der um Mittag mit einem Steuer-Beamten zur
-Revision unserer Effecten auf einem Dampfschiffe ankam, erzählte, daß
-er die letzte Nacht in den größten Sorgen, fast schlaflos zugebracht
-habe. Ehe wir nach New-York abfahren, muß ich noch die Revision durch
-den Quarantaine-Arzt erwähnen, die auf folgende Weise geschieht.
-Sämmtliche Personen auf einem Haufen versammelt, werden mit einer
-Barriere von Tauen umgeben; einzeln werden sie jetzt von dem Doctor und
-seinem Gehülfen aus dem Haufen gelassen, der Arzt sieht jeden genau an,
-und im Fall, daß Jemand den Kopf hängen läßt, wird kommandirt: Kopf
-in die Höhe! Und eben so muß Jeder die Stirn beim Gehülfen passiren.
-Die Quarantaine-Anstalt ist in den V. S. ganz vortrefflich, aber
-freilich für das Land von großer Bedeutung. Der Steuerbeamte revidirte
-alle Gegenstände mit großer Loyalität und fand nichts Verdächtiges,
-als einige blecherne Kochgeschirre bei dem schmutzigen Schottländer,
-worüber man sich jedoch verständigte.
-
-
-New-York.
-
-Das Wetter war herrlich, so schön, wie es in Deutschland nur im Monat
-Juni sein mag. Nach Verlauf von etwa einer Stunde langten wir in
-New-York an. Hier findet man nicht wie in England, oder Hamburg am
-Ufer eine Menge dienstbarer Geister zum Fortschaffen der Sachen. Zwar
-standen mehrere einspännige Karren am Ufer des Stroms, aber Niemand
-meldete sich; keiner von diesen freien Menschen will sich gern zum
-Diener hergeben, sie wollen besonders aufgefordert sein zu einer
-Dienstleistung.
-
-Auf Anrathen einer der Frauen der Schiffs-Capitaine kehrte ich in
-Beverley-House (broadway) ein; ein Zimmer konnte mir vorläufig nicht
-angewiesen werden, weil alle besetzt waren. Das Erste, was mir
-auffiel, war das Signal zum Mittagsessen, welches auf einer rauhen
-Metall-Platte mit einem solchen Getöse gegeben wurde, daß alle meine
-Nerven erzitterten. Bald war auch denn auf dem Hausflur ein Publicum
-versammelt, welches man für eine Börsenversammlung hätte ansehen
-können. Die Speise-Charte war brillant, obgleich nicht für mich, denn
-etwas Suppe war Alles, was ich genießen konnte, wofür jedoch der
-Wirth 1½ Piaster einstrich. (Ein Piaster beträgt in unserm Gelde 43
-Silbergroschen.) Sogleich nach Tische suchte ich meinen Correspondenten
-Herrn P... auf, der bereits ein Zimmer für mich gemiethet hatte, und
-der auch so gefällig war, mir bald einen Arzt zuzuschicken. Dieser
-Arzt, ein Deutscher, ein theilnehmender junger Mann, fand mich, was ich
-freilich selbst am besten fühlte, ernsthaft krank. Ein Aderlaß gleich
-nach dem Fall, behauptete er, würde von den meisten Leiden mich befreit
-haben. Jetzt aber nahm Husten und Auswurf mit jedem Tage zu, so daß ich
-die Gestalt einer Mumie bekam, und mit jedem Tage meinem Grabe näher
-zu rücken schien. Ich gebrauchte Medicamente auf Medicamente, ohne
-sonderliche Besserung. Ein sehr warmes Bad, welches ich eines Tages auf
-mein eigenes Risico nahm, that mir wesentliche Dienste, ich wurde durch
-fortgesetztes Baden mit jedem Tage besser, konnte jedoch den Husten
-nicht los werden. „Sie müssen das Klima verändern“ sagte zuletzt der
-Arzt zu mir, „sonst fürchte ich das Schlimmste für Sie; in Havana, das
-glauben Sie mir, werden Sie bald von Ihrem Uebel befreit sein.“ Gern
-hätte ich seinen Rath sogleich befolgt, allein das Wetter und andere
-zufällige Umstände verzögerten die Abreise. Mit regem Geist sah ich
-meine gewohnte Thätigkeit gefesselt, indessen war mir mein einsames
-Zimmer doch tausend Mal lieber, als die Schiffs-Cajüte auf dem Quebeck,
-wo ich zudem beständig die Lobpreisungen der Engländer von Engländern
-anhören mußte. Ich hatte jetzt Zeit, meine Betrachtungen über diesen
-Gegenstand zusammenzufassen, und das Resultat war folgendes:
-
-Die Engländer sind das reichste Volk -- an Eigendünkel sowohl, wie an
-Geld; sie halten sich wegen des letztern für das klügste, vornehmste,
-erste Volk auf dem Erdball. Es ist wahr, sie sind im Technischen am
-weitesten, aber warum? weil Frankreich und Deutschland, mit andern
-Dingen beschäftigt, sich wenig um die praktische Technik bekümmert
-haben. Lasset diese, wie es jetzt geschieht, auch allmählig hieran
-Theil nehmen, und wir wollen sehen, wie lange sie die ersten bleiben.
-Die von Napoleon den Engländern beigebrachte Wunde ist nach meiner
-Ueberzeugung unheilbar. Wie sehr sie auch prahlen, so büßen sie doch
-jeden Tag mehr von ihrem Handel ein; ihr Gewicht in der politischen,
-so wie in der Fabrikwelt, wird immer geringer, und wird, wenn wir
-30 - 40 Jahre Frieden behalten, immer mehr sinken, indem Preußen,
-vermöge Dinte, Feder und Papier zerstörender für das englische Volk
-gewirkt hat, als Napoleon mit allem Geschütz zu wirken vermochte.
-Großbrittanien, und alle englischen Colonieen zusammengenommen erfreuen
-sich einer nicht viel geringern Bevölkerung als die des großen
-russischen Reichs; dieses bestehet aber durch sich selbst, in Hinsicht
-auf Ackerbau, Fabrikation, und Handel; England aber will für sämmtliche
-Bewohner der Welt (wovon dessen eigene Bevölkerung noch nicht den 1/50
-Theil ausmacht) fabriciren und Handel treiben, obgleich die andern
-Völker dazu doch meistens eben so fähig sind, welches die Engländer
-nicht begreifen können. Ist das nicht absurd? Wird das nicht immer mehr
-aufhören? England kann eben so wohl wie Rußland durch Ackerbau und
-Fabrikation für sich bestehen. Man versetze Leute von den Spinn- und
-Webestühlen an den Pflug und die Egge, damit für die enorme Anzahl des
-englischen Volkes das allernöthigste Product, Korn -- in hinreichender
-Menge erzeugt wird; und die Wunde, welche (wie jetzt Handel und Gewerbe
-sich gestellt haben) unheilbar scheint, weniger fühlbar werde für die
-Armen und Hungrigen in den vereinigten drei Königreichen. So gut wie
-die vielen Joint Stock-Banks, und Banking Compagnieen zur Ausdehnung
-des Fabrikgeschäfts in England dienten, in demselben Grad müssen sie
-jetzt den Untergang vieler Fabriken (nachdem in allen Ländern fabricirt
-wird) herbeiführen, wenn die Bank von England fortfahren sollte, jeden
-von jenen Banken gerirten Wechsel für 3½ Procent Zinsen zu discontiren.
-Denn die Fabrikanten fertigen, ohne die Consumtion zu berechnen,
-ungeheure Massen von Waaren an, und die Amerikanischen Waarenhändler
-kaufen sie mit demselben Leichtsinn, ohne zuvor über die Möglichkeit
-des Absatzes nachzudenken. Die Bank von England mußte daher unbedingt
-zu denselben Maßregeln schreiten, welche der Präsident der V. S., um
-das Land gegen eine Ueberschwemmung von englischen Manufactur-Waaren
-zu schützen, adoptirte, d. h. den Credit für Fabrikanten einschränken.
-Für welches von beiden Ländern diese Maßregeln schädlicher sich zeigen
-werden, davon wird später die Rede sein, wenn wir mehrere Thatsachen
-genau kennen gelernt haben.
-
-Von England nur will ich noch bemerken, daß seine Reßourcen, die
-hauptsächlich in Fabriken und Maschinen liegen, immer mehr versiegen.
-In den frühern Zeiten lieferte für England eine Tonne Kohlen, wenn sie
-zur Fabrikation verbraucht wurde, einen Klumpen Goldes; es war daher
-nicht fühlbar, wenn damals (wie jetzt) Bedürfnisse an Holz, Flachs,
-Hanf, Wolle, Talg, Pottasche, Häute, Taback, Korn, Weine, Borsten,
-Wachs, Oele, Lumpen etc. mit baarem Gelde bezahlt wurden, indem die
-ausgegangenen Summen unbedingt wieder eingehen mußten. Allein jetzt, da
-jedes Land mehr und mehr für seine Manufactur- und Fabrik-Bedürfnisse
-selbst sorgt, England dagegen alle oben angeführten Artikel einführen
-und baar bezahlen muß, jetzt muß wohl die Regierung, welche die ganze
-Baarschaft der vereinigten Königreiche auf nicht mehr als höchstens
-drei und zwanzig Millionen Pfund berechnen kann, dem Abfluß des baaren
-Geldes aus dem Lande entgegenarbeiten, wenn die Nation nicht das
-Schicksal aller früheren Handelsnationen -- d. h. baldigen Untergang
-theilen soll. Daher ist die von der englischen Bank (Bank of England)
-ergriffene Maßregel zu loben, der übermäßigen Fabrikation wird
-hierdurch Einhalt gethan, und alle Fabrikanten in allen Ländern werden
-sich bei dieser Maßregel besser befinden, weil der Waarenüberfluß
-dadurch aufhören wird, und Verkäufe zu bessern Preisen gemacht werden
-können.
-
-Diese und andere Bemerkungen schrieb ich während der kalten und
-nassen Tage nieder, da ich das Zimmer hüten mußte. Meine Abreise nach
-Westindien wurde verzögert, indem das Schiff +Norma+, womit ich fahren
-wollte, noch nicht geladen hatte. Während dieser Zeit hatte ich eine
-Angelegenheit mit Amerikanischen Advokaten, die der Leser bei dieser
-Gelegenheit genau kennen lernen wird. Ich suchte auf Empfehlung meines
-Freundes P... einen Advokaten, Herrn J...... auf, damit er mir in den
-Besitz von 180 L. St. verhelfen möchte, welche mir ein New-Yorker
-Handlungshaus M.... und H..... bei einer Abrechnung gekürzt hatte.
-Der Advokat findet nach Durchsicht meiner Papiere meine Forderung
-rechtmäßig, lehnt es jedoch ab, etwas gegen diese Leute, deren Anwalt
-er sei, zu unternehmen, verspricht dagegen, die Zahlung in Güte für
-mich auszuwirken, und mir binnen zwei Tagen darüber zu berichten.
-Indessen der Bericht erfolgt nicht, und ich muß mich nach einem andern
-Advokaten umsehen. In den Zeitungen finde ich, daß ein gewisser
-L.... bei einer Prozeßsache gegen eine Versicherungs-Gesellschaft
-sich tüchtig und trefflich gezeigt hat; ich begebe mich sogleich
-zu ihm. Der Doctor, dessen Aeusseres einen gewandten und denkenden
-Rechtsgelehrten verrieth, gab mir sogleich nach meiner Eröffnung die
-Papiere zurück, da er der Anwalt meiner Opponenten sei. Nachdem ich
-meine Verwunderung bezeigt hatte, daß mich das Schicksal treffe, nur zu
-Anwalten meiner Gegner zu kommen, und ihm das Ergebniß der Conferenz
-mit dem Advokaten J...... mitgetheilt hatte, fand er sich bereit,
-sich meiner Sache anzunehmen, nur mußte ich zuvor die Correspondenz,
-und alle Documente, welche in deutscher Sprache geschrieben waren,
-ins Englische übersetzen. Da meine physischen Kräfte zu dieser Arbeit
-nicht hinreichten, so ersuchte ich meinen Arzt, mir einen jungen
-Menschen zu recommandiren. Dieser war denn auch so gütig, mir einen
-solchen zuzuschicken, der die Arbeit in kurzer Zeit beendete. Bei
-dieser Gelegenheit erfuhr ich, daß man in New-York mit Regenschirmen
-sehr vorsichtig sein müsse, denn der junge Mann, dem ich den meinigen
-ganz neuen von 1 L. St. -- Werth geborgt hatte, brachte mir denselben
-nicht wieder, und als ich hierüber dem Arzt mein Befremden äußerte,
-entgegnete derselbe: „Regenschirme haben in diesem Lande keine
-Eigenthümer, jeder hilft sich mit diesem Artikel so gut wie er kann,
-aus der Verlegenheit, Sie werden ihn ohne Zweifel nie wieder bekommen.“
-
-Die Deutschen stehen hier in keiner Achtung, und so weit meine
-Erfahrung reicht, glaube ich auch nicht, daß der größere Theil dieselbe
-besonders verdiene; ich wenigstens bin von dreien, mit denen ich in
-Berührung kam, betrogen worden. --
-
-Noch muß ich der Artigkeit des Theater-Directors erwähnen, der
-mich zum Mittags-Essen einlud und mir einen bequemen Sitz in der
-Directions-Loge, auch bei außerordentlichen Vorstellungen, anbot --
-was ich jedoch ablehnte.
-
-Meine Gesundheit stellt sich allmählig wieder ein, ich kann an der
-Gesellschaft im Hause Theil nehmen, fand mich aber bewogen, aus meinem
-bisherigen Logis auszuziehen, da ich für vieles Geld erbärmlich und
-ohne Bequemlichkeit logirte. Bald finde ich auch eine weit wohlfeilere
-und comfortable Wohnung bei der Frau eines französischen Buchhändlers.
-Hier finde ich eine Gesellschaft von 15 Personen, bestehend aus
-Deutschen, Franzosen und Schweizern.
-
-Beim Abziehen aus dem frühern Logis wurde ich noch recht tüchtig
-geprellt, und konnte nicht einmal alle Stücke meiner Wäsche
-zurückerhalten, diese Schuld war nur der Dienerschaft beizumessen,
-welche in diesem Lande miserable ist. Die weiße Dienerschaft besteht
-größtentheils aus Vagabonden die aus Europa herüber gekommen sind,
-weshalb die meisten hier Ansässigen sich der schwarzen bedienen. Die
-Deutschen der untern Stände, welche herüber kommen, werden entweder
-Ackerbauer oder Lumpen- und Knochen-Einsammler; zum Dienen will sich
-kein Einziger verstehen, weshalb sie verachtet sind und zur Ehre
-Deutschlands nicht Deutsche, sondern Holländer genannt werden.
-
-So viele Gebrechen es in diesem Lande in Hinsicht der Dienerschaft
-giebt, eben so groß sind die des Logirens. Die Miethen sind enorm
-theuer, nach dem Zinsfuße reguliren sich natürlich dieselben. Es
-ist gar nichts Seltenes, daß die Pfandleiher hier 12-15 Procent pro
-Monat nehmen. In einem der hiesigen Blätter las ich eine Verhandlung
-vor einem Gerichtshofe, die neulich hier statt gefunden hatte. Ein
-Ausländer hatte einen Diamant-Ring und eine Uhr mit Perlen zu 15
-Procent monatlich versetzt und reklamirte solche, weil sie ein theures
-Erbgut von einem Verwandten seien, von dem Pfandleiher, welcher
-die Rückgabe verweigerte, weil der stipulirte Termin der Auslösung
-verstrichen war. Der Kläger wurde abgewiesen. Nach unsern Gesetzen
-würde ein solcher unerhörter Wucher bestraft, allein in diesem Lande
-heißt es: Jeder kann den Werth seines Geldes selbst feststellen, und
-wenn sich ein Narr findet, der für einen Solitair ein Stück Silber im
-Werth eines Piasters kaufen will, so kann er es immerhin thun, die
-Gesetze können nichts dagegen einwenden.
-
-Jeder Hauseigenthümer ist daher Wucherer, und schlägt nach dem
-Maaßstabe des Zinsfußes die Miethe an; so bezahlt jeder enorme Miethen,
-und aus diesem Grunde giebt es hier sehr wenige Haushaltungen. Die
-meisten Familien leben in Boarding Houses (Pensions), die eigentlich
-nichts mehr und nichts weniger sind als Gasthöfe; es giebt deren
-ungemein viele. Die Deutschen nennen sie Kosthäuser, auch findet man
-in den Straßen, an vielen Häusern Aushängeschilder mit der Aufschrift:
-+deutsche Kosthäuser+; vorzüglich findet man diese in den Straßen, wo
-sich die ärmere Klasse der Deutschen aufhält. Mit Ausnahme sehr weniger
-Kaufleute und Banquiers ersten Ranges wohnt jeder Geschäftsmann hier
-in einem solchen Boarding-Haus. Der Preis wird pro Woche bestimmt,
-die Mahlzeiten sind folgende: ein Frühstück, bestehend aus Thee,
-Caffee, Fisch-, Fleisch-, Eier- und Mehlspeisen; ein Mittags-Essen
-nach englischer, französischer, oder deutscher Weise, am Abend kalte
-Küche (Ueberreste von Mittag) und Desert, Thee; der Preis regulirt sich
-nach dem Zimmer, fängt von sieben Piaster pro Woche an, und steigt bis
-20 pro Kopf. Um 7 Uhr des Morgens giebt eine Glocke das Signal zum
-Aufstehen, um 8 Uhr verkündet dieselbe, daß das Frühstück aufgetragen
-ist; um 4 Uhr hört man sie das Mittags-Essen, um 7 Uhr Abends die
-Theezeit verkünden. Von dieser Zeit an bleiben die Herren und Damen
-in dem gut decorirten und beleuchteten Saal zusammen. Unter den
-Damen findet man hier sehr gute Schachspielerinnen, die mit ihren in
-französischen Glacé-Handschuhen verschleierten Fingern so geschickt zu
-manövriren verstehen, daß ihre männlichen Gegner bald matt sind.
-
-Zwei oder dreimal wöchentlich wird nach der Musik eines Piano getanzt.
-Man findet verschiedene Klassen von Boarding-Häusern, sehr lustige, und
-auch sehr solide.
-
-Die jährliche Miethe für solche Häuser ist von 6 bis 10,000 Piaster;
-bringt man nun noch Silberzeug, Mobilien, Domestiken, und die höchst
-brillante Beleuchtung in Anschlag, so muß man sich wundern, daß sie
-bestehen können. Hinsichtlich der Weinpreise sind diese Häuser (ersten
-Ranges) alle übereinstimmend; weniger als 1 Piaster verdient Niemand an
-einer Flasche, wohl aber mehr, weshalb Jeder, der sich hier einmiethet,
-in Kenntniß gesetzt wird, daß er sich gegen Bezahlung von funfzig Cens
-(etwa 18 Ggr.) pro Flasche seinen eigenen Wein halten könne (hierbei
-ist indeß Gefahr).
-
-Der Amerikaner ist kein Weinkenner, Madeira ist sein Lieblingswein
-und von dieser Sorte giebt es denn hin und wieder einen Kenner. Der
-theuerste Wein ist der beliebteste, und es würde kein Gastwirth eine
-Flasche unter 1½ Piaster anbringen können. Aster-House, das erste
-Hotel in New-York, verkauft den besten Madeira für 12 Piaster. Der
-Eigenthümer dieses Hauses ist als armer Kürschner-Geselle eingewandert,
-und soll jetzt über ein Vermögen von 10 Millionen Piaster commandiren
-(?)
-
-New-York ist in den Monaten August, September und October am
-besuchtesten, denn die Reichen aus dem südlichen Amerika kommen um
-diese Zeit hierher, um sich gegen die Fieber zu schützen, und kehren
-erst im November nach Hause; es ist daher in diesen Monaten sehr
-schwierig, ein Unterkommen zu finden. Hinsichtlich des Bodens ist
-Amerika ein Land von ungeheuern Ressourcen (wovon später mehr), die
-Gutsbesitzer sind diejenigen, welche so zu sagen, das Geld zum Fenster
-hinaus werfen. Der Boden ist ergiebig, die Erzeugnisse finden stets
-Abnehmer; wer etwas Vermögen hat, kauft sich Land, und befindet sich
-alsdann wohl. Das Arbeitslohn wird hier stets hoch sein, weil jeder
-Arbeitsmann, sobald er sich ein kleines Vermögen erspart hat, sofort
-Gutsbesitzer wird. Ich fand in einem öffentlichen Blatte folgenden
-Artikel:
-
-„Als Beweis, wie hoch man den Werth des Hornviehs von Durham in diesem
-Bezirk schätzt, sei nur dieses angeführt. Samuel Smith verkaufte in
-dieser Woche mehrere seiner Kühe: eine säugende Kuh nebst dem Kalbe
-würde mit 2000 Piaster (etwa 3000 Rthlr) eine zweite mit 1350, andere
-für 1200 und 1000 Piaster verkauft; er verkaufte von seinen Kühen
-für den Werth von 20 bis 30,000 Piaster.“ Welcher Preis für einen
-Gutsbesitzer, selbst wenn man auch den geringen Werth des Geldes in
-den V. S. in Anschlag bringt! In demselben Grade, als die Umstände
-der Gutsbesitzer brillant sind, eben so morsch scheinen mir die des
-Handelsstandes zu sein. Als es noch wenige Commissionaire hier gab, und
-die Europäer es beinahe für unmöglich hielten, jene zu kontrolliren,
-da erwarben sie viel Geld, denn sie ließen ihren Freunden etwa die
-Hälfte des Ertrags von den an sie consignirten Waaren zukommen, und
-jene mußten mit dem, was ihnen zuerkannt wurde, zufrieden sein. Wie
-haben aber die Verhältnisse sich jetzt gestaltet! Man denke sich einen
-Bezirk von der Größe der Stadt Leipzig, welcher nichts als 4-5 Etagen
-hohe Speicher enthält, die mit englischen, französischen und deutschen
-Fabrikwaaren jeder Art überfüllt sind. Viele Tausende stehen hier stets
-zum Ein- und Verkaufe bereit; zu dem ersteren findet sich jede Minute
-Gelegenheit, denn jeden Tag langen doch mit Manufacturen beladene
-Schiffe an, welche theils von europäischen Kaufleuten auf Speculation,
-zum Theil aber auch von New-Yorker Kaufleuten bestellt worden sind,
-und daher so rasch wie möglich verborgt werden müssen, um von den
-Borgern schriftliche Versprechungen dafür zu erhalten, welche die
-Banken gegen gedruckte Bank-Versprechungen discontiren.
-
-Obgleich ich hinsichtlich des Betriebs solcher Art bereits viele
-Erfahrungen gesammelt habe, so will ich doch noch näher in das
-Specielle eindringen, um später für unsere europäischen Kaufleute desto
-belehrender sein und erweislich machen zu können, daß jedes Geschäft
-von Europa in der neuen Welt durch Commissionaire besorgt, nur allein
-für Letztere von Nutzen sein muß.
-
-Vier Wochen hatte ich jetzt (den 30sten September) größtentheils auf
-dem Krankenlager zugebracht. Ein freundlicher Sommerabend, wie wir ihn
-wohl in Deutschland im Juni haben, zog mich aus meiner Wohnung; kein
-Wölkchen trübte den Horizont, der Mond verbreitete ein herrliches Licht
-über Broad-Way, die Hauptstraße New-Yorks; ich war so entzückt, als
-ich auf die Straße heraustrat und dies alles empfand, daß ich hätte
-weinen mögen. Ich muß zuvor bemerken, daß diese Straße, vielleicht nur
-um ⅓ länger und ¼ breiter als die Leipziger Straße in Berlin, etwas
-sehr Eigenthümliches und Anziehendes hat. In dieser Straße befinden
-sich alle Hotels, Boarding- und Caffee-Häuser, alle Kaufmanns- und
-Conditor-Läden von ungeheurer Tiefe, welche sämmtlich sehr brillante
-Gasbeleuchtung haben. Wer ein Geschäft von Bedeutung machen will, muß
-einen Laden in Broad-Way haben. Die Miethen sind daher in dieser Straße
-enorm hoch, ein Chemist (Droguist) unter der Firma Rushton et Aspiewald
-soll, wie mir versichert worden ist, 7000 Piaster jährlich bezahlen;
-allein in Soda-Wasser (welches ein Lieblings-Getränk der Amerikaner und
-Amerikanerinnen ist) 20,000 verdienen. (?)
-
-Bemerkenswerth ist es, daß, obgleich es in den Wochentagen 500 Omnibus
-und einige 100 andere Miethswagen giebt, am Sonntag doch kein einziger
-in den Straßen anzutreffen ist; Alles, die beau monde und die ganze
-Stadt ist in Bewegung -- aber zu Fuße; ich möchte behaupten, daß die
-Anzahl der an jenem Abend sich in Broad-Way bewegenden Personen sehr
-wenig der beim Einzug der Kaiserin von Rußland in Berlin versammelten
-Menge nachgab. Weder Polizei noch Constabler wurden bemerkt, und doch
-war die Sittlichkeit, wie ich sie in keiner Stadt angetroffen habe.
-Frauenzimmer ohne männliche Begleitung, gehen, ohne die Aufmerksamkeit
-des Mannes rege zu machen, mit der größten Sicherheit -- ein großer
-Contrast gegen die Ungeschliffenheit der Europäer, besonders der
-Engländer, welche sans façons die Frauen, den Hunden gleich, in den
-Straßen herumzausen (hierbei ist jedoch nur von den untern Ständen
-die Rede, denen der Sonntag allein zu einer ungestümen Erholung
-angewiesen ist). Auch der Amerikaner der untern Klasse unterfängt
-sich nicht, den Anstand gegen Frauenzimmer zu verletzen; selbst das
-verworfenste behandelt er mit Schonung, weshalb denn auch dieser Theil
-der weiblichen Bevölkerung sehr zurückgezogen und unbemerkbar ist. Man
-sieht hier in den Straßen eben so wenig öffentliche Dirnen als einen
-Betrunkenen. Wohlgekleidet in sehr reiner Wäsche ziehet Jung und Alt
-mit brennender Cigarr ruhig durch die Straße und man glaubt sich eher
-in einer Kirche als auf der Straße zu befinden. Während ich durch
-Broad-Way schlendere, lese ich auf einem Schilde: Rochés Café de mille
-colonnes, mit großer Schrift; das ist eine französische Windbeutelei
-dachte ich, und so fand ich es auch. Ich trete ein und befinde mich
-in einem Zimmer von 20 Fuß Länge, und 15 Fuß Breite; die beiden
-Wände haben an jeder Seite 15 Säulen, und zwischen jedem Paar von
-Säulen finden sich Spiegelgläser, welche denn freilich in brillanter
-Gasbeleuchtung die Säulen vervielfachen. Weiterhin finde ich in
-New-York-Garden ein ziemlich enges, von Oel-Lampen und altmodischen
-Laternen erleuchtetes, nicht besonders comfortables Local.
-
-Die Franzosen deren es in New-York 12-15000 giebt, beschäftigen sich
-mit Allem, und verdienen viel Geld. Die Wirthe der Restaurationen,
-Conditoreien und Caffee-Häuser sind größtentheils aus Frankreich, und
-werden vorzugsweise besucht. Die Preise, welche sie festgesetzt haben,
-übersteigen die bei uns um das Dreifache. Eine kleine Tasse Caffee, der
-in der Regel sauer schmeckt, kostet ⅛ Piaster, und eben so viel kostet
-die geringste Kleinigkeit. Eine meiner nächsten Wanderungen führte mich
-nach Chatham-Street, das Judenviertel, ungefähr so wie die Elb-Straße
-in Hamburg und die Reetzen-Gasse in Berlin, jedoch im großartigsten
-Stil, etwa ¼ deutsche Meile lang, von beiden Seiten mit Kleiderläden,
-Kram-, Galanterie- und aller Arten Waaren-Läden angefüllt. Juden
-von allen Nationen sind in dieser Straße anzutreffen. Alle Waaren,
-welche im Lande gestohlen oder aufgeschwindelt sind, werden in
-Chatham abgesetzt, und wer wohlfeil kaufen will, gehet hieher. Die
-Ladenherren, obgleich sie von Posen oder Schermeisel abstammen, haben
-Namen angenommen, wodurch ihre Geburts-Länder nicht verrathen werden,
-z. B. King, Christalli, etc. etc. etc. Hierbei muß ich ein Verhör
-im Polizei-Amte, welches heute statt fand, anführen. Seit mehreren
-Wochen war die Polizei bemüht gewesen, Diebstählen, die seit einiger
-Zeit durch Einbrüche in Waarenläger verübt worden waren, auf die
-Spur zu kommen. Dies gelang endlich und der Dieb wurde eingezogen.
-Als er gefragt wurde, für wie viel Werth er die Zeit hindurch aus
-jenem Laden entwendet habe, erwiederte er: für circa 15,000 Piaster,
-von welchen jedoch noch für etwa 1500 Piaster unverkauft da lägen,
-weil der gewöhnliche Abnehmer, Mr. King in Chatham, sie zu kaufen
-verweigert und ihm eröffnet habe, er besitze von dergleichen Waaren
-jetzt zu viel Vorrath, er werde jetzt nur wollene oder seidene Waaren
-für baares Geld kaufen, worauf denn, wie natürlich, Mr. Kings Locale
-unter polizeiliche Aufsicht gestellt und er selbst eingezogen worden
-ist. Diebereien werden hier sehr hart bestraft, Mordthaten hingegen
-mit weniger Strenge als in Europa instruirt, weshalb sehr viele Mörder
-der verdienten Strafe entgehen. Das Treiben in Chatham ist großartig;
-jüdische Actionaire halten ihre Verkäufe auf einem Karren, worauf sich
-die zu verkaufenden Gegenstände befinden (über diese Straße später ein
-Mehreres).
-
-Als ich von Chatham zurückkehrte, fand ich in meinem Logis ein
-Schreiben von einem jungen Berliner vor, für welchen ich von seinen
-dortigen Verwandten einen Brief mitgebracht hatte. In jenem Schreiben
-wurde ich ersucht, ihn doch im Stadt-Hospitale, wohin er wegen eines
-Armbruchs gebracht worden sei, zu besuchen. Ich war um so begieriger,
-diese Anstalt kennen zu lernen, da sie mir früher, bei meinem
-Kranksein, von unserm Schiffs-Capitain empfohlen worden war. Nach
-dessen Schilderung erwartete ich etwas dem Hamburger Krankenhause
-oder der Berliner Charité Aehnliches; die Fonds, erzählte er, müßten
-beträchtlich sein, da jeder Capitain der in New-York ankommenden
-Schiffe für jeden Reisenden 1½ Piaster und für jeden Matrosen 1 Piaster
-zu diesem Fonds einliefern müsse, und die Einkünfte dieser Art werden
-nur zur Bequemlichkeit der Kranken verwendet; es sei in ganz New-York
-kein Haus, was in Betreff der Pflege, Reinlichkeit und Aufwartung etwas
-Aehnliches zu leisten im Stande sei. Ob ich Recht oder Unrecht gehabt,
-den Rath des Capitains unbefolgt zu lassen, war mir sehr interessant zu
-erfahren.
-
-Die Apotheke dieser Anstalt, welche ich passirte, fand ich geregelter
-als die sogenannten Droguist-Shops, da sich in derselben nicht, wie
-in den letztern, Spielkarten, Wachslichte, Zahnbürsten, Cigarren
-etc. sondern nichts als Medicamente befanden. Das Zimmer Nro. 10, in
-welchem der Kranke lag, wurde mir geöffnet. Es war von ziemlicher
-Breite; an jeder Seite befanden sich 5-6 Lager, aber keins derselben
-war eine Bettstelle, es waren Bretter, auf welchen sich ein mit wenigem
-Stroh gefüllter Sack, ein sehr dünnes Kopfkissen, und eine sehr dünne
-wollene Decke befand. Da indessen der Brodherr dieses jungen Mannes
-für die meisten Chirurgen New-Yorks die Instrumente verfertigt, so
-hatte man dem Patienten vorzugsweise ein kleines Kissen, auf welchem
-der gebrochene Arm ruhte, hergegeben. In den klinischen Anstalten zu
-Berlin, und Deutschland überhaupt, liegen doch die Patienten auf Betten
-und nicht auf Stroh. Am meisten wunderte ich mich, diese Jämmerlichkeit
-in einem Lande anzutreffen, in welchem man das Geld sonst wegwirft für
-lumpige Kleinigkeiten. Wie pries ich mich glücklich, daß ich nicht
-hierher gerathen war! Unterdessen wurde während meiner Anwesenheit
-das Essen aufgetragen, und zwar auf einen in der Mitte des Zimmers
-befindlichen langen Tisch, an dessen beiden Seiten sich Bänke ohne
-Rückenlehne befanden; jeder der Patienten erhielt eine Schale voll
-Suppe, und eine Portion gekochtes Rindfleisch mit einem Stück Brod.
-Dem kranken Landsmanne wurde seine Portion auf den Fensterkopf neben
-seinem Lager mit einer ungewöhnlichen Gefühllosigkeit hingesetzt.
-Mittlerweile kam der Oberarzt, gefolgt von 8-9 sehr jungen Unterärzten,
-oder vielleicht Studenten, welche ihm die Krankheit der Patienten
-vortrugen; zuletzt sagte er: „nun will ich das deutsche Gesicht sehen!“
-Die jungen Chirurgen zeigten ihm flüchtig die Stellen des doppelten
-Armbruchs, „schon gut!“ sagte er, und hiermit zogen sie ab. „Ach Gott!“
-rief der Kranke aus, „wie gleichgültig wird ein Ausländer in diesem
-Lande behandelt: so ist es vom ersten Augenblick an gewesen, als ich
-hierher gebracht wurde, und drei volle Stunden ohne Hülfe blieb, und
-so bleibt es immer.“ Welcher Deutsche im Auslande auch sonst wenig
-an sein theures Vaterland denkt, der vermißt es sicherlich, wenn er
-krank wird; diese Erfahrung habe ich auch oft an mir selbst gemacht;
-nirgends, in keinem Lande, in keiner Stadt habe ich die deutsche
-Herzlichkeit gefunden. Wir wollen sehen, junger Mann, dachte ich, als
-ich den Kranken verließ, ob du sechs Jahre, wie du dir vorgenommen,
-hier aushalten wirst!
-
-Ich ging jetzt nach dem Platze Wall (nach der Straße dieses Namens),
-um mehreren Wein-, Colonial- und andern Waaren-Auctionen beizuwohnen.
-Da stehen die Auctions-Commissarien auf den Fässern, Säcken u. s. w.
-und jeder derselben hat seine Anzahl von Kauflustigen um sich; sie
-rufen die gebotenen Preise wohl funfzig Mal mit einer erstaunlichen
-Schnelligkeit und Unverständlichkeit aus, so daß ihre Mäuler in einer
-wirbelnden Bewegung bleiben; nur dann weiß man, daß der Zuschlag nicht
-mehr fern ist, wenn sie +going+ rufen; beim zweiten +going+ ist der
-gebotene Preis vernehmbar, jedoch nur für die in der englischen Sprache
-sehr geübten. Täglich giebt es in New-York hunderte von Auctionen;
-rothe Flaggen, an welchen Cataloge baumeln, sind die Zeichen, daß im
-Hause, oder auf dem Platze, wo sie wehen, Auctionen statt finden. Es
-soll, so ist mir versichert worden, hier Auctions-Commissarien geben,
-die ein jährliches Einkommen von 200,000 Piaster haben.
-
-Es giebt in New-York Importeurs, welche ihre Waaren nur per Auction
-absetzen, indem die Commissarien gegen Abzug von sieben Procent Zinsen
-pro Anno und 2½ Procent Provision, sofort den Belauf auszahlen.
-Da das Creditgeben in diesem Lande sehr riskant ist, so ist diese
-Verkaufsweise die sicherste. Der Gewinn ist natürlich sehr gering, ja
-häufig ist sogar Verlust damit verbunden. Jedoch gegen den letztern
-kann man sich einigermaßen dadurch sichern, daß man die Auctionen
-nur in der Frühjahrs- oder Herbst-Season, wenn sich alle Käufer aus
-dem Innern in New-York eingefunden haben, statt finden läßt. Der
-solide Handel wird freilich dadurch zu Grabe gebracht; denn in der
-Voraussetzung, daß die Land-Krämer, von den Zwischenhändlern kaufen
-werden, haben diese ihre Waaren-Läger gepfropft voll, und sind den
-Importeurs dafür alles schuldig; ist nun auch der eine oder der andere
-von den Land-Krämern wirklich gesonnen, seinen Bedarf von einem
-Zwischenhändler zu erstehen, so wird er durch die rothen Fahnen, die in
-den Gewölben der Commissarien, zwischen denen der Kaufleute aushängen,
-abgezogen. Er geräth in ein den Commissarien zugehöriges Lokal, und
-wird gesättigt. Die Folge ist, daß die Zwischenhändler ihre Vorräthe
-per Auction zu verkaufen gezwungen sind.
-
-Siehet man die Waarenmassen, die in den Stadttheilen liegen, in welchen
-das Waarengeschäft betrieben wird (welche Massen unstreitig bedeutender
-sind, als die auf allen Meßplätzen Deutschlands zusammengenommen)
-sieht man die hohen Häuser von den Böden bis zu den Kellern hinab
-vollgepfropft von Waaren jeder Art, so muß man erstaunen und kann die
-Frage nicht unterdrücken: Wie, wann und wo soll dieses Alles verbraucht
-werden? Man kann sich keine Idee von der Größe des Fabrications-Wesens
-in Europa machen, wenn man nicht in New-York gewesen ist, und die
-Waaren-Vorräthe daselbst gesehen hat; ich gestehe, daß ich von Furcht
-und Schrecken ergriffen wurde, als ich mich orientirt hatte. Der
-Gedanke, mich von meinen Waaren sobald und so gut wie möglich los zu
-machen, gelangte nach jenem Augenblick bei mir zur völligen Reife.
-Meines Erachtens geht man im Waarenfache einer fürchterlichen Zeit
-entgegen; es dürfte in einigen Jahren eine weit gefährlichere Krisis
-eintreten, als diejenige war, die wir vor zwei Jahren erlebten.
-Amerika hat zu viel Ressourcen, um nicht fortwährend groß zu bleiben;
-wenn selbst die große Hälfte der Waaren-Händler untergehen müßte,
-wird Amerika nichts von seiner Größe eingebüßt haben. Die Regierung
-ist sehr vernünftig, sie hält den Waaren-Händlern die Zügel kurz;
-durch die hohen Preise, welche der europäische Fabrikant für die
-prima Materie hergiebt, verliert er oft das ganze Arbeitslohn, und
-vielleicht noch mehr. Dieses war vor zwei Jahren der Fall, und dieser
-Fall wird wiederum, noch ehe zwei Jahre vergangen sind, eintreten. Daß
-es der americanischen Regierung nur darum zu thun ist, den Ackerbau,
-und nicht die Fabriken zu begünstigen, beweist sie dadurch klar und
-deutlich, daß sie jedem Kaufmann den Zoll für seine eingehenden Waaren
-auf sechs Monate creditirt; thäte sie dieses nicht, so würden weit
-weniger Waaren eingeführt werden, indem die Summen für Zollgefälle von
-vielen Importeurs nicht ohne Mühe würden angeschafft werden können,
-und ein großer Theil derselben vom Importiren würde abstehen müssen,
-wodurch die in Amerika fabricirten Waaren bessern Absatz finden würden.
-Allein die Regierung denkt, Ackerbau ist einträglicher als Fabriken,
-und denkt, so lange europäische Fabrikanten das Arbeitslohn verlieren
-wollen, sehr richtig (hierüber weiterhin ein Mehreres).
-
-Nach dem, was ich hier im Geschäft wahrgenommen habe, muß jede zwei,
-spätestens drei Jahre eine allgemeine Stockung im Zahlen eintreten,
-und die nächste dürfte die furchtbarste von allen bisherigen
-werden, da England jetzt nicht im Stande ist, wie vor zwei Jahren,
-eine Baarsendung von 2 Millionen L. Sterl. zum Stützen der für die
-englischen Fabrikanten unentbehrlichen americanischen Banken zu
-machen. Am deutlichsten kann der Schwindel bemerkt werden, wenn man
-sich während der Börsenzeit unter den Stock-Jobbers und Broakers
-umsieht. Unter den letztern findet man Subjecte, welche 60,000 Piaster
-Courtage jährlich verdienen; sie arbeiten darauf hin, einen Wirrwarr
-zu Stande zu bringen. Der Handelsstand hier ist das größte Kunstwerk
-der menschlichen Gesellschaft. Jeder handelt, und wie handelt er? Im
-Großen. Man sieht Kram-Läden von der Länge, oder besser Tiefe eines
-kleinen Exerzier-Platzes; in solchen Läden liegen vielleicht für 60,000
-Piaster Waaren, von denen nicht ein einziger Cens (der hundertste
-Theil eines Dollars) bezahlt ist. Ist der Mann durch gute Lösung in
-Stand gesetzt, einem Theil seiner Verpflichtungen nachzukommen, nun,
-so geschieht es; ist dies aber nicht der Fall, so stellt er für sich
-den größten Theil in Sicherheit, läßt seine Creditoren zu sich kommen,
-und ersucht diese, das Nachgebliebene für ihre Schuld zu empfangen. Die
-Handlungsbücher sind vielleicht schon einige Tage vorher den Flammen
-überliefert worden, und kömmt einer von den Creditoren auf den Einfall,
-nach den Büchern zu fragen, so kann der sich auf die Antwort gefaßt
-machen: „das ist mein Geheimniß, deshalb werde ich sie Ihnen nicht
-zeigen.“
-
-Das Wetter fand ich hier im Anfang October noch den Sommertagen in
-Deutschland gleich; es war sehr heiß und man wird von den Musquitos,
-welche unsere Mücken auch hier an Bosheit weit übertreffen, ungemein
-geplagt. Dieses Ungeziefer findet sich hier erst im September mit aller
-Kraft ein, und man darf sich vor Eintritt eines Frostes, im November,
-keine Ruhe versprechen. Es ist jedoch ein Leichtes, sich von ihnen im
-Schlafzimmer zu befreien: man schließt nämlich vor dem Anzünden der
-Lichter die Fenster, und macht mit dem brennenden Lichte Jagd auf sie.
-Bevor ich dies that, hatte ich in der Nacht wenig Ruhe, und mehrere
-meiner Tischgenossen adoptirten meine Kriegsweise.
-
-Noch muß ich einiges von den Straßen New-Yorks bemerken; ich fand, daß
-die Straße Broad-Way viele Aehnlichkeit mit dem Newski Perspective in
-St. Petersburg hat; jedoch hat die erstere, außer dem ihr zugehörigen
-freien Platze (Park-place) viel Eigenthümliches; der freie Platz
-gewährt des Abends bei der Gasbeleuchtung einen herrlichen Anblick, da
-sich auf demselben mehrere öffentliche Gebäude, nämlich das Rathhaus,
-Theater, Museum etc. befinden. Die Nebenstraßen von Broad-Way laufen
-parallel und in grader Linie, wie die der großen Friedrichsstraße
-in Berlin, jedoch sind die Häuser in derselben nicht so schön. Das
-Eigenthümliche besteht besonders darin, daß man, da New-York eine
-Insel ist, an jedem Ende der Straße die Masten von großen Schiffen
-wahrnimmt, was einen höchst angenehmen Eindruck macht -- besonders
-nach Untergang der Sonne, wenn so viele Masten der großen Schiffe mit
-den vielen Tauen, durch welche man die herrliche Abendröthe erblickt,
-einem Walde gleich, sich dem Auge darbieten. An Vergnügungen kann es
-in einer so reichen Stadt nicht fehlen. Der Yankee (Amerikaner der
-V. S.) ist, was den Lebensgenuß betrifft, mit dem Wiener zu
-vergleichen; er ist für das Materielle; kein Preis ist ihm zu hoch,
-wenn der Gegenstand reellen Genuß verspricht. Ein Hauptvergnügen
-ist ihm das Kegelspiel, wobei die Damen mit den Herrn wetteifern;
-man findet viele Keller (den Hamburgischen ähnlich), woselbst
-Restaurationen und Kegelbahnen eingerichtet sind, und Erfrischungen
-aller Art gereicht werden. Die Austern sind hier, obgleich um
-sehr vieles größer als die holsteinischen, die allerfeinsten und
-schmackhaftesten, die ich genossen habe; sie werden in allen
-Kegelbahn-Kellern zubereitet, und für einen nicht übertriebenen
-Preis gereicht: ½ Dutzend kostet etwa 4 Ggr., wozu man noch eine
-ziemliche Quantität Kohl-Sallat, Butter, Brod, und Zwiebacke bekommt.
-Schäferstunden sind nach der Versicherung eines meiner Freunde, die
-theuersten Genüsse in dieser Stadt, die Schäferinnen, entweder aus
-England, oder Töchter der aus Irland als Arbeitsleute Eingewanderten,
-sind die einzigen von allen englischen Erzeugnissen, wie mein Freund
-meint, die sich im Preise halten; 10-15 Piaster ist der fixe Preis für
-eine Schäferstunde. Für wenig bemittelte aber kräftige Männer sollen
-die couleurten Frauen ein vortreffliches Surrogat sein, man sieht
-diese in heller Kleidung mit seidenen Schnupftüchern in der Hand,
-sehr anständig umherziehen. Damen von Stande bedienen sich der weißen
-Tücher, die sie stets in den Händen tragen.
-
-Die Theater werden hier sehr besucht, und mein Reisegefährte,
-der Director W....., machte gute Geschäfte. Das Personal ist von
-London (woselbst jeder amerikanische Schauspiel-Director eine
-Anwerbungs-Anstalt erhält), und die angeworbenen Mitglieder finden
-gute Rechnung, so lange die Direction Rechnung dabei findet. Das
-Entrée ist 1 Piaster, fürs Parterre ½ Piaster. Von Ausländern, die in
-New-York sonst den dritten Theil der Bevölkerung ausmachen, werden die
-Theater im Allgemeinen wenig besucht. Der Yankee ist nicht Kunstkenner
-genug, um über die Poesie und mimische Darstellung des Dramas richtig
-zu urtheilen, daher denn die Directoren, um ein großes Publikum von
-Yankees für sich zu gewinnen, ein leichtes Spiel haben. Die für
-Gastrollen engagirten Subjecte langen von England successive an, denn
-jeder derselben ist für 8, 10 bis 12 Rollen, d. h. Vorstellungen, und
-zwar, je nachdem er unter den Künstlern einen Rang einnimmt, für die
-Hälfte oder ⅔ der Einnahme engagirt, und tritt daher nur in zwei,
-höchstens drei seiner vorzüglichsten Rollen auf. Jetzt liest man auf
-den Theaterzetteln von 2 Yard (2 Ellen) Länge, die am Eingange in den
-Straßen an den Häusern und großen Hotels auf Bretter geklebt sind, die
-Londoner Theater-Kritiken der Times, des Examiner, Courier etc. etc.
-wörtlich abgedruckt, in Beziehung auf die Rolle des Gastes; das Haus
-wird demnach am ersten Abend gefüllt und nun liest man am folgenden
-Morgen in allen Morgenblättern, wie gedrückt voll das Haus gewesen,
-mit welchem Applaus der berühmte Gast empfangen und begleitet worden
-sei. Die natürlichste Folge ist, daß Alles sich beeilt, das Wunderkind
-in der Kunst zu sehen, und somit sind denn auch die Schauspielhäuser
-in den übrigen Städten der V. S., wohin die Wunderkinder reisen, jeden
-Abend gefüllt.
-
-Es herrscht über die Geringfügigkeit der Militairmacht der V. S.
-ein bedeutender Irrthum, den ich vorläufig bloß durch die Copie,
-oder vielmehr Uebersetzung einer Ordre, die mir irrthümlicherweise
-zugestellt wurde, widerlegen will. Sie ist folgende:
-
- 125stes Regiment, 45ste Brigade, 28ste Division N. G. S. Infanterie.
-
- Unter dem Adler liest man in einem Bande:
- Ex pluribus unum.
-
- Zweite Compagnie.
-
- +Ordre.+
-
- Hauptstadt New-York den 1. Octbr. 1838.
-
- Hiermit wird Ihnen angezeigt, daß Sie in Person auf dem
- Compagnie-Paradeplatz Broad-Way- und Biberstraße, equipirt und
- armirt, wie es die Gesetze vorschreiben, um 2 Uhr am Montag den 8.
- d. M. zur Compagnie-Parade, und zur Regiments-Parade am Freitag den
- 12. um 9 Uhr Vormittags, so wie auch zur Inspection der Revue am
- Montag den 15. Vormittags um 8 Uhr erscheinen sollen.
-
- In Ordre. +Wellstood+, Capitain.
- +Welsh+, Sergeant.
-
- NB. Es ist erforderlich, daß Sie in weißen Pantalons erscheinen.
- Kein Stellvertreter wird gestattet.
-
-Es sei mir erlaubt, wieder zu merkantilischen Dingen überzugehen, womit
-ich mich am liebsten beschäftige. Die Einrichtung des hiesigen Packhofs
-fand ich in jeder Beziehung tadelhaft, und gar nicht zu vergleichen
-mit den europäischen Einrichtungen, besonders denen des deutschen
-Zollverbandes. Die Importation ist in New-York enorm. Es giebt Tage,
-an welchen 15 und mehr mit Stückgütern beladene Schiffe ankommen, und
-zwar Kasten von 6-800, oder wohl gar tausend Tonnen Größe. Die Procedur
-hierbei ist nun folgende.
-
-Einen Packhof, auf welchem die vom Schiffe gebrachten Güter aufbewahrt
-werden, giebt es nicht; im Mittelpunkt der Geschäftswelt ist ein
-interimistisches Packhofs-Gebäude, denn das durch den Brand zerstörte
-ist noch nicht wieder aufgebaut, und dasjenige, was jetzt gebaut und
-bald fertig sein wird, wird zwar, da das Material aus Italienischem
-Marmor besteht, ein Prachtgebäude geben, ist jedoch nur für das bei
-diesem Institut angestellte Personal bestimmt. Für die Güter, welche
-zur Revision gestellt, oder auch zur Niederlage declarirt werden,
-sind in verschiedenen Straßen Separat-Gebäude, von keinem besondern
-Umfange, durch Schilder mit der Aufschrift: Public-Store bezeichnet.
-Sobald die mit Güter beladenen Schiffe einen günstigen Platz zum
-Ausladen gefunden haben, was oft sehr schwer hält, so melden sich die
-Interessenten beim Ober-Inspector (hier zu Lande Collecter genannt),
-und produziren deren Connecemente und eine Factura, auf welcher der
-Inhalt und Werth jedes Ballens genau aufgeführt sein muß. Von diesem
-werden nun diejenigen Colly’s, welche zur Revision gestellt werden
-sollen, bestimmt. Der Eigentümer erhält jetzt vom Collecter ein Permitt
-(Erlaubnißschein), die zur Revision bestimmten Colly’s nach dem
-Public-Store zu bringen, damit sie revidirt werden können. Mit diesem
-Permitt begiebt er sich nach dem Schiff mit der Hoffnung, die Colly’s
-jetzt zu erhalten. Allein der Schiffer versichert ihm, daß dieselben
-in der Mitte, oder wohl gar auf dem Boden liegen, und da sich noch
-Niemand mit einem Permitt über die obersten Güter gemeldet habe, wohl
-noch 8-10 Tage verstreichen dürften, ehe er die geforderten Colly’s
-werde haben können. Unter diesen Umständen muß man so lange warten;
-ich selbst hatte dieses Schicksal und erlitt hierdurch einen Verlust
-von 3-400 Piaster, denn die Waaren gingen im Preise um 20 Procent
-herunter, wie es häufig der Fall ist, wenn viele Schiffe zugleich
-ankommen. Die Zollerhebung ist von derselben Art wie in England; die
-Revisoren verfahren jedoch sehr oft eigenmächtig, indem sie nicht
-Waarenkenner genug sind. Früher ist viel geschmuggelt worden, bei
-dem jetzigen Collecter aber ist dies, wie man sagt, ganz unmöglich,
-weshalb man jetzt (im Jahre 1838) der Meinung ist, daß an den mehrsten
-englischen Waaren, besonders an den Tüchern (welche unter dem Namen
-+Flanell+ eingeführt wurden), das halbe Capital verloren geht.
-Man hört allgemein Klagen über die Strenge des Collecters, und die
-Engländer klagen am meisten, da es ihnen früher ein Leichtes war, 50
-oder wohl hundert Ballen feiner Tuche für Flanelle hereinzuschmuggeln.
-Im Einverständniß mit dem alten Inspector wurden früher nur die Ballen,
-welche Flanelle in sich begriffen, aber keinesweges diejenigen, welche
-Tuche enthielten, revidirt, und hiermit soll sich, wie man sagt, der
-alte Inspector, welcher von seinem Dienst in Gnaden entlassen worden
-ist, ein Vermögen von 100,000 Piastern gesammelt haben.
-
-Bei den gegenwärtig (in der letzten Hälfte des Octobers 1838) statt
-findenden Wahlen für den im December zusammenkommenden Congreß in
-Washington ergiebt es sich deutlich, wie sehr der größere Theil
-der Handelswelt darauf hinarbeitet, den frühern Schwindel wieder
-einzuführen, der durch die Vorsicht des Präsidenten so ziemlich
-beseitigt wurde. Das Manufactur-Waarengeschäft, welches, wie schon
-früher bemerkt, die Hauptbranche ist, und mit welchem sich mehrere
-Millionen beschäftigen, weiter auszudehnen, ist der Wunsch Vieler.
-Obgleich die Handels-Bilanz Manchem brillant scheint, so könnte diese
-in der Wirklichkeit brillant sein, wenn es genug Fabrikanten gäbe, um
-den Bedarf für die Bewohner des Landes zu erzeugen; indessen es fehlt
-noch immer an Arbeitern jeder Art, und da die Regierung vernünftiger
-Weise dem Ackerbau mehr Aufmerksamkeit schenkt, als dem Fabrikwesen,
-so ist es natürlich, daß der größere Theil der Einwanderer zum ersten
-Zweck verwendet wird. Die Regierung sieht wohl ein, daß der Werth nicht
-in der Prima-Materie, sondern zum großen Theil im Arbeitslohn steckt,
-und überläßt es lediglich den Waarenhändlern, die Handels-Bilanz
-zurecht zu setzen. -- „Wir müssen eine National-Bank haben!“ ist das
-Geschrei der Waarenhändler, „denn nur diese kann uns in Stand setzen,
-unser Geschäft auszudehnen; haben wir eine solche Bank, so sind wir
-im Stande, die doppelte, drei- oder vierfache Quantität Waaren von
-Europa einzuführen.“ Die Regierung muß vernünftiger Weise einem solchen
-Etablissement entgegen sein, weil die Actionaire sammt und sonders
-nicht im Stande sind, eine Bank auf solchen soliden Fuß, wie die
-Hamburger oder Bank of England, zu errichten. Wer Grundstücke besitzt,
-will Actionair werden, ohne daran zu denken, daß die Grundstücke um
-das Zehnfache über den Werth bezahlt worden sind, und demzufolge dem
-etwanigen Inhaber der Noten (von der zu errichtenden National-Bank)
-nicht die mindeste Sicherheit gewähren würden. So lange mithin nicht
-so viel nobles Metall vorhanden ist, den Inhabern von Banknoten
-damit zu begegnen, so ist jedes Etablissement gefährlich, und aus
-diesem Grunde widersetzt sich die Regierung dem Etablissement einer
-National-Bank, welche zu nichts Anderem führen würde, als das Land mit
-den Fabrik-Erzeugnissen Europa’s dermaßen zu überschwemmen, daß schon
-in Zeit von +Einem+ Jahre das ganze Gebäude zusammenfallen würde,
-welches ohne National-Bank vielleicht noch zwei Jahre stehen kann.
-
-Daß der im Jahre 1835 hier stattgefundene Brand zum großen Glück der
-Fabrikwelt war, bin ich jetzt überzeugt. Ohne diesen würden jetzt alle
-Waaren, statt daß sie seitdem nur etwa um 25 bis 30 Procent im Preise
-gesunken sind, um das Doppelte herunter gegangen sein. Feuersbrünste,
-wie der hiesige war, sind bei dem jetzigen Fabrikations-System, ähnlich
-wie der Krieg in andern Verhältnissen, ein nothwendiges Uebel, und alle
-zwei Jahre erforderlich. Die Assekuranz-Compagnieen würden hierbei
-freilich die Leidenden sein; sie würden indessen nur immer einen
-geringen Theil von dem viele Jahre hindurch Gewonnenen zurückgeben.
-Viele der hiesigen Compagnieen haben, trotz des ungeheuern Brandes,
-von welchem nur derjenige einen Begriff haben kann, der den Platz
-kennt, das Volle des versicherten Quantums, und einige unbedeutende
-Compagnieen 75 Procent desselben bezahlt.
-
-Sieht man die Waaren-Massen in allen Städten der V. S., so gelangt man
-zur Ueberzeugung, daß die Art und Weise, wie jetzt fabricirt wird,
-den Wohlstand sehr Weniger befördern, aber den Untergang sehr Vieler
-herbeiführen muß, indem 31/32 aller Geschäfte Creditgeschäfte sind, und
-dennoch mit einem sehr unbedeutenden Gewinn abgeschlossen werden. Jeder
-drängt sich zum Verkauf, und Jedem werden ohne Bedenken Waaren verkauft
-und abgeliefert. Sieht man des Commissionairs Verkaufrechnungen
-über die an diesen zum Verkauf überschickte Waaren, so findet man,
-daß er sie auf 8 Monate Zeit verkauft hat, wobei er 2½ Procent für
-die Garantie aufführt, und mehrere, oder wohl gar die meisten der
-Commissionaire befinden sich in der Lage, die garantirte Summe nicht
-bezahlen zu können, wenn sie dieselbe nicht bezahlt erhalten, wie
-dies im Jahre 1837 der Fall war. Die übermäßige Production, die
-immerwährenden Modenveränderungen, dazu der immerwährende Geldmangel
-in den V. S., dies alles muß nachtheilig auf die Waaren-Vorräthe
-einwirken, Bankerotte herbeiführen, und zerstörende Resultate für
-Commissionaire erzeugen.
-
-Kein Land ist in dieser Hinsicht gefährlicher als Amerika, weil die
-handelnde Welt kein reelles Vermögen besitzt, und Jeder sich nur so
-lange halten kann, als sich Alle halten; stockt ein kleiner Theil in
-der Gesellschaft, so stockt nicht lange darauf ein größerer, und bald
-das Ganze.
-
-Besucht man die Ausstellung der Industrie-Erzeugnisse, so wird man
-bemerken, daß, wenn die Regierung es wollte, die V. S. vielleicht
-in einem Zeitraum von etwa 15-20 Jahren Manufactur-Waaren jeder
-Art exportiren, und mit jeder Nation zu koncurriren im Stande sein
-würden. Folgende Tabelle enthält über die Fabrikation der V. S. die
-interessantesten Data.
-
- ------------------------+---------------+-------------------
- Manufactur-Fabriken. | Capitalien. | Arbeiter-Anzahl.
- ------------------------+---------------+-------------------
- Baumwollen-Waaren | 60,000,000 | 80,000
- Wollene Waaren | 30,000,000 | 104,000
- Seidene Waaren | 4,000,000 | 12,000
- Pelz-Waaren | 6,000,000 | 15,000
- Kämme | 1,000,000 | 2,000
- Säge-Mühlen | 12,000,000 | 20,000
- Sägen | 230,000 | 300
- Taschenbücher | 1,000,000 | 250
- Oefen von Gußeisen | 1,500,000 | 600
- Parfümerieen | 500,000 | 500
- Bürsten | 1,000,000 | 900
- Neu-Silber | 20,000 | 15
- Geschwind-Wagschale | 1,090,000 | 600
- Reise-Mützen aller Art | 1,500,000 | 1,200
- Lampen | 300,000 | 220
- Eiserne Geldkasten | 170,000 | 89
- Dampfmaschinen | 2,000,000 | 3,000
- Leinwand | 2,490,000 | 2,500
- Porzellan | 30,000 | 60
- Bronze | 10,000 | 8
- Bijouterieen | 1,000,000 | 500
- Glaswaaren | 2,360,000 | 2,400
- Tapeten | 50,000 | 140
- Holzschneiden | 11,000 | 20
- Compositionen zum Bau | 20,000 | 60
- Halsbinden | 4,000,000 | 2,500
- Feuerspritzen | 160,000 | 200
- Wagenbauer | 2,000,000 | 1,200
- Baumwoll-Pressen | 1,000,000 | 550
- Kunstblumen | 500,000 | 600
- Sattler und Zäumer | 1,000,000 | 400
- Siegellack | 20,000 | 30
- Piano’s | 200,000 | 300
- Orgel | 150,000 | 60
- Buchbinder | 1,850,000 | 2,000
- Schrauben | 400,000 | 208
- Kofferfabriken | 600,000 | 850
-
-Wenn mithin bis jetzt nur etwa 200,000 Menschen in den Fabriken
-beschäftigt sind, und etwa 140 Millionen Piaster Capital dazu verwendet
-wird, so kann es doch nicht fehlen, daß im Verlauf von 10 Jahren die
-Fabriken um das Doppelte und vielleicht Dreifache anwachsen würden,
-wenn die Regierung hülfreiche Hand leisten wollte. (Hierüber später ein
-Mehreres.)
-
-Die Ausstellung (Mechanical Fair) kann für den Deutschen nicht
-viel Interesse haben, denn es zeigt sich offenbar, daß das ganze
-Fabrik-System sich noch in der Entwickelung befindet, wie dies auch
-aus der mitgetheilten Tabelle zu ersehen ist. Das Auffallendste unter
-allen aufgestellten Gegenständen, waren mehrere Feuerspritzen, mit
-einer Eleganz gearbeitet wie man sie selten an Staatswagen findet.
-Die Lackirung, die Malerei, die Broncen an jeder derselben müssen,
-meines Erachtens, wenigstens 1000 Rthlr. gekostet haben. Als ich einen
-anwesenden Freund fragte, ob diese Spritzen wirklich zum Löschen
-dienen sollten, oder nur als Kunstwerke zur Schau aufgestellt waren,
-erwiederte er mir, man habe hier noch elegantere als diese und erklärte
-mir die Ursache hiervon auf folgende Weise: „Wir Bürger,“ fing er
-an, „sind sammt und sonders dienstpflichtig: wer nicht Militair sein
-will, muß Feuermann sein. Bei Feuersbrünsten hat er den Dienst bei
-der Spritze zu versehen. Diese Feuerleute sind, wie das Militair,
-in Compagnieen eingetheilt, und so wie sich die Soldaten armiren
-und montiren müssen, so haben die Feuermänner für die Anschaffung
-ihrer Spritze Sorge zu tragen, und diese wetteifern nun, eben so die
-elegantesten Spritzen zu besitzen, wie Jene, die schönste Uniform zu
-haben.“ Auffallend ist es, daß die Deutschen, deren es hier 45,000
-giebt, zu den vorzüglichsten bei den Feuerlöschungs-Anstalten gezählt
-werden.
-
-Am Sonntage, vor meiner Abreise nach Havana, besuchte ich die deutsche
-Kirche, deren Prediger von allen anwesenden Deutschen vergöttert wurde;
-ich ging mit der gespanntesten Erwartung ungefähr eine halbe deutsche
-Meile weit und finde in demselben -- einen Demagogen, der an der
-Gottheit zweifelt; die Predigt war durchaus verworren, so daß mir der
-Prediger selbst nicht bei gesunder Vernunft zu sein schien. Nichts
-destoweniger hatten sich zwei Partheien, eine für, die andere gegen ihn
-gebildet, die beim Ausgang der Kirche über den Werth und Unwerth des
-Predigers in Streit geriethen. Sehr oft tritt hierbei der Fall ein,
-daß, wenn gewöhnliche Beweise nicht fruchten wollen, mit den Fäusten
-gegeneinander argumentirt wird. Dieser Fall soll erst kürzlich bei
-der Predigt eines Predigers E.., angeblich der Sohn eines deutschen
-Bischofs, vorgekommen sein, welcher allen Hader damit geendet hat, daß
-er sich bald nachher auf- und davon gemacht und zugleich zum Ueberfluß
-einiges Silbergeschirr aus der Kirche auf die Reise nach Ostindien
-mitgenommen hat.
-
-Heute vor meiner Abreise hatte ich auch noch Gelegenheit, in dem
-Kaffeehause eines Italieners den vormaligen Wüthrich des deutschen
-Wollgeschäfts, den famösen Behr aus Mecklenburg zu sprechen. Obgleich
-seine Kleidung reinlich war, so verrieth sie doch, daß er nicht mehr
-so recht in der Wolle saß. Er kannte mich nicht, erinnerte sich jedoch
-bald meiner, als ich ihm meine Karte gab.
-
-
-
-
- ~Zweite Abtheilung.~
-
-
- Havana.
-
- ~Reise nach Havana, Oertlichkeit und Einrichtung daselbst.~
-
-Am 8ten November trat ich meine Reise nach Havana an; es war jetzt hier
-so kalt, daß das Eis in den Straßen wohl 1 Zoll stark gefroren war,
-und wir auf der Norma, einem beliebten Paquetboot zwischen New-York
-und Havana, worauf keine Oefen sind, tüchtig froren. Die Gesellschaft
-bestand aus etwa 25 Personen, worunter einige sehr häßliche Nichten
-des frühern Präsidenten der V. S., die Frau eines Generals, der
-Secretair des französischen Consuls, ein deutscher Arzt, ein in
-Matanzas etablirter, aus Hamburg stammender Kaufmann, Trunkenbold
-erster Klasse, der Sohn eines der ersten Geld-Aristokraten in Hamburg;
-ein in kaufmännischen Geschäften ohne die geringsten Kenntnisse in
-Havana etablirtes junges Bürschchen u. A. waren. Ich rathe jedem
-geehrten Leser, der diese Reise macht, sich mit einem besondern Passe
-zu versehen, welches ich unglücklicher Weise vergessen hatte; auch
-hatte ich meinen preußischen Gouvernements-Paß nicht von dem spanischen
-Consul in New-York visiren lassen. Als der Capitain und die andern
-Reisegefährten dies erfuhren, meinte man, dies sei sehr schlimm, um so
-mehr, da das preußische Cabinet mit der Königin von Spanien nicht in
-freundschaftlichen Verhältnissen stehe. Der Secretair des französischen
-Consuls erzählte, daß 21 Franzosen, welche ohne Pässe angekommen wären,
-nach Frankreich zurückgewiesen worden seien, und auch wirklich hätten
-zurückreisen müssen, wenn der Consul nicht sich für die Herbeischaffung
-der Pässe verbürgt hätte; -- ich indeß -- behielt guten Muth, im
-Vertrauen, daß ich mich durch meinen Paß sowohl als durch angesehene
-Häuser in Havana würde legitimiren können; Einige glaubten sogar, ich
-würde als Arrestant behandelt werden. Nur ein junger Mensch, der Bruder
-eines Advokaten in Havana, sagte mir heimlich, daß er den Beamten
-kenne und für Alles sorgen wolle, was ich zunächst mit Dank annahm.
-Einmal, in einer Nacht, war die Gesellschaft sehr allarmirt, wir fuhren
-nämlich zwischen Felsen, an einer Stelle, welche von den Schiffern
-The hole in the Wall (das Loch in der Wand) genannt wird und waren in
-großer Gefahr, auf einen Felsen zu gerathen; allein der Capitain fand
-in der tiefsten Dunkelheit die Passage und am nächsten Morgen hatten
-wir das Fort von Havana vor Augen. Noch muß ich eines Zuges des jungen
-deutschen Arztes erwähnen; er war der Sohn eines Leipziger Professors,
-hatte aber wegen zu großer Gedankenfreiheit sein Vaterland verlassen
-müssen, und kam jetzt von New-Orleans, wo er gewesen war, um sich mit
-der Heilung des gelben Fiebers vertraut zu machen. Nur das muß ich
-an dem jungen Manne tadeln, daß er sich keines Patienten anders, als
-nachdem er nachdrücklich von demselben ersucht worden war, annahm.
-Er konnte, wie er selbst sagte, keinen Betrug leiden; dies zeigte
-sich hier bei unserer Fahrt ebenfalls bei einer eigenen Gelegenheit.
-Es ist auf allen für Reisende eingerichteten Paquetschiffen die
-Anordnung getroffen, daß an den Sonn- und Donnerstagen Champagner
-gratis zum Mittagsessen gereicht wird. Der Schiffs-Eigenthümer denkt
-auf wohlfeilen Proviant, und rechnet auf unkundige Trinker, und zwar
-auf solche, welche, wie es größtentheils der Fall ist, den Werth des
-Champagners nach dem Mußiren beurtheilen, und kein Wunder, daß unser
-Schiff mit dergleichen mußirendem Stoff versehen war. Meister in der
-Zubereitung solcher Getränke sind die Amerikaner; besonders verstehen
-sie, aus den Aepfeln einen mußirenden Cyder zu bereiten, der von
-Nichtkennern für Champagner getrunken werden muß -- er wird jedoch
-vom Fabrikanten unter dem Namen Champagner-Cyder verkauft. Solcher
-Champagner-Cyder wurde an den erwähnten Tagen reichlich aufgetischt,
-und wurde denn auch allgemein mit Wohlgefallen für Champagner genossen;
-ich meinerseits schmeckte denselben beim ersten Glase heraus, und ließ
-es bei demselben bewenden. An einem der letzten Tage machte ich meinen
-Landsmann darauf aufmerksam, und ersuchte ihn, das Geheimniß bis zum
-Landungstage zu bewahren. „Stören wir die Illusion nicht,“ sagte ich
-zu ihm, „bis wir landen; dann wollen wir mit den Hamburgern, welche
-sich die ersten Champagnerkenner zu sein dünken, und die letzten
-Flaschen den ersteren stets vorzogen, unsern rechten Spaß haben, und
-dieselbe necken.“ Er versprach, meiner Bitte Gehör zu geben; allein
-als am andern Mittage sämmtliche Tischgenossen wieder den Champagner
-priesen, versicherte der Doctor, das, was sie tränken, sei nichts als
-Aepfel-Cyder; Keiner wollte weiter trinken, man ging unzufrieden von
-Tisch und meine so wie des Capitains Freude war verdorben. Als ich ihm
-darüber Vorwürfe machte, erwiederte er: ich hasse jeden Betrug, und es
-ist ein wahrer Betrug, Cyder für Champagner aufgesetzt zu bekommen.
-
-Das Schiff lag vor Anker. Der Platz-Major, unter Begleitung eines
-Militair-Commando’s, langte auf einer Galeere zum Empfang der Pässe
-an. Mir ging es hierbei ganz glücklich; als der Dolmetscher den
-Inhalt meines Passes vortragen wollte, legte der Capitain denselben
-zusammen und sagte „schon gut!“ Es durfte indeß noch keiner von den
-Passagieren das Schiff verlassen; selbst der hohe Staatsbeamte mußte
-die schriftliche Erlaubniß von Seiten des Gouverneurs abwarten. Nur
-erst, nachdem sich ein in Havana Etablirter für den Ankommenden
-verbürgt hat, wird demselben die schriftliche Erlaubniß zum Landen
-gegeben. Der Gouverneur hat die Stunde von 12-1 Uhr zum Unterzeichnen
-dieser sogenannten Permitts festgestellt, weshalb Schiffe, welche des
-Nachmittags ankommen, bis zum folgenden Tage warten müssen.
-
-Diese Maßregel soll dazu dienen, das Land von Vagabonden frei zu
-halten. Die Meisten und Unterrichteten zeigen ihre Ankunft in früher
-absegelnden Schiffen an, und finden das Permitt beim Einlaufen vor.
-Auch ich hatte zwei Briefe nach der Stadt befördert, hatte aber durch
-die Schuld meines Correspondenten M... noch einige Weitläuftigkeiten,
-indem ich nämlich kein Permitt fand, und auch der Capitain, der
-sogleich nach Havana hinübergefahren war, mir keins mitbrachte, weil,
-wie er sagte, mein Paß in Unordnung sei. Ich faßte jetzt den Entschluß,
-selbst an’s Land zu fahren, und die Kraft des goldenen Spruches von
-Wieland: „Ein goldener Schlüssel öffnet jedes Schloß“ zu versuchen.
-Rasch griff ich in die Tasche und zeigte dem spanischen Don-Soldat,
-der auf Posten stand, einige Silberlinge, ohne etwas zu sagen; der
-Don verstand meine Silbertöne, und sagte in spanischer Sprache, wie
-mir gedolmetscht wurde: fahren Sie in Gottes Namen, kommen Sie jedoch
-nicht später als 8 Uhr morgen früh zurück, denn um 8 Uhr ist die
-Ablösung und meinem Nachfolger muß ich Sie überliefern. Mit andern
-Personen fuhr ich jetzt nach Havana über, und wir langten vor einem
-Boarding-Hause ohne Namen an. Eine eben so bejahrte, als beredsame
-Wirthin kam sofort herbei und gab mir sowohl auf Englisch, wie auf
-Französisch zu verstehen, daß ich dasjenige Zimmer, welches mir
-angewiesen wurde, in welchem sich eine Feldbettstelle, in der Form
-eines deutschen Stickrahmens mit einer dünnen Kattundecke, ferner
-ein ganz ordinairer Waschtisch und zwei hölzerne Schemel befanden --
-für nicht mehr, aber auch nicht weniger als 17 Piaster inclusive des
-Mittagessens und des Frühstücks pro Woche haben könnte. Nachdem ich
-diese erfreulichen Bedingungen mit philosophischer Ruhe vernommen und
-meine Sachen abgelegt hatte, eilte ich, meinen Correspondenten, den
-Consulvertreter M..., an den ich mich bereits früher wegen des Permitts
-gewendet hatte, aufzusuchen. Ihn und seine sämmtlichen Commis fand ich,
-wie es hier bei der Hitze üblich ist, im tiefsten Negligé bei Tische.
-Entrée und Speisesaal bilden ein mit Zugwind versehenes Ganze. Beim
-Caffee sagte M... zu mir, ich würde wohl daran gethan haben, meine
-Ankunft einige Wochen vorher anzuzeigen, damit ich alles Nöthige, Logis
-u. s. w. in Ordnung angetroffen hätte. Da ich dieses gethan zu haben
-mir bewußt war, so wußte ich, woran ich mit diesem Helden war. Wegen
-des Permitts versprach er, das Nöthige zu besorgen, und am andern Tage
-um die Mittagszeit, nachdem ich vorher meinem Versprechen gemäß, zu
-dem Don-Soldat zurückgekehrt war, erhielt ich denn auch endlich die
-schriftliche Erlaubnis Sr. Exzellenz, versehen mit 7 Unterschriften.
-Meine Sachen ließ ich am andern Tage Vormittags abholen, weil das
-Steueramt nur bis 12 Uhr expedirt; die Revision war nach preußischer
-Weise, d. h. sehr liberal; mein geringes Gepäck passirte ohne viele
-Umstände. Zum Fortschaffen desselben muß man hier drei Neger bezahlen,
-wo man in Europa nur eine Person gebraucht. Als ich nach meinem Logis
-zurückkam, trat mir ein Don-Soldat entgegen mit der Aufforderung,
-ihm sofort zum Capitain de Place zu folgen. Nachdem ich rasch meine
-Toilette gemacht, wobei der Soldat sich vor der Thür meines Zimmers
-befand, führte mich dieser zum Capitain, einem überaus artigen Manne,
-welcher, nachdem er mein Permitt gesehen hatte, mich um Verzeihung
-bat, und meinte, es müsse hier ein Irrthum in der Person stattgefunden
-haben; allein ich habe Ursache zu glauben, daß einer von meinen
-Reisegefährten eine Anzeige gegen mich gemacht hat.
-
-Vor allem Uebrigen, dachte ich, als die Paß-Verlegenheit beseitigt
-war, ein Logis für mich zu miethen, weil die Ausgabe von 100 Piaster
-pro Monat für ein schlechtes Zimmer und eben so schlechte Kost mir zu
-theuer schien, und 100 Piaster kann man vollkommen die Ausgaben in
-einem solchen Boarding-Hause anschlagen. Es wurden mir von mehreren
-Bekannten Logis in Vorschlag gebracht, die ich sofort besah, und
-mit Pferdeställen zu vergleichen nicht umhin konnte; für Möbel und
-Bedienung sollte ich überall noch besonders sorgen. Zuletzt miethete
-ich eins was mir besonders empfohlen wurde, bei einer sehr braven Frau,
-die von Geburt eine Französin war, worin sich, wie in jedem Hause in
-Havana, Ratten, Mäuse, Scorpione, Cucerachas (große Würmer) aufhalten,
-und war dies Gemach in Hinsicht der vielen Thierarten mit Noah’s Arche
-zu vergleichen. In meiner Wirthin sowohl, als in ihren beiden Söhnen
-fand ich treffliche Leute, bei denen ich mich ungemein wohl befand,
-und mich von meinen körperlichen Leiden und den Widerwärtigkeiten der
-Handelskrisis merklich erholte.
-
-Es ist so manches über Havana, seine Sitten und Verhältnisse
-geschrieben worden, auch der Herr von Humboldt berührt dieses Capitel
-in seinen berühmten Werken; allein was den Handel betrifft, so hätte
-in keinem Falle dieser ausgezeichnete Mann, dem übrigens auch wohl
-die praktische Erfahrung in Handelssachen abging, hierüber etwas sagen
-können, was jetzt noch genügte, da jetzt die Handelsverhältnisse sich
-ganz anders gestaltet haben, und wenn es noch um das Jahr 1802 etwa
-drei Häuser gab, die sich mit dem Handel nach Europa beschäftigten, so
-giebt es deren jetzt vielleicht 300. Es wird nicht ohne allgemeines
-Interesse sein, nachzuweisen, in wie fern die jetzt stattfindende
-überaus große Concurrenz vortheilhaft oder nachtheilig für diese Insel
-und die europäischen Kaufleute ist. Meine gesammelten Erfahrungen
-werde ich ohne Scheu niederschreiben, meine Behauptungen klar und
-bestimmt aufstellen und beweisen, und endlich auch solche Vorschläge
-zur Verbesserung des Handels zu machen mich bemühen, welche mir, als
-praktischem Kaufmann, ausführbar scheinen. Zuvor werde ich jedoch
-Einiges über den Ort, über die Lebensweise der Bewohner etc. bemerken.
-
-Havana ist an und für sich klein, obgleich es gegen 120,000 Einwohner
-zählt. Für die Passagiere ist der Place des Armes, welchen Platz er
-gleich nach der Landung am Werft betritt, höchst überraschend und
-anziehend; ein Viereck, auf welchem sich drei prächtige Gebäude,
-das Haus der Gouverneurs, der Intendantur, das Palais eines Großen
-und eine Kaserne im großartigsten Stil gebaut, präsentiren. In der
-Mitte ist ein Platz von der Größe des Lustgartens zu Berlin, und
-ähnlich wie dieser arrangirt. Vier kleine Fontainen und das Monnument
-Ferdinand’s befinden sich in den kleinern mit Gußeisen eingefaßten
-Quarrées, in welchen blühende oder fruchttragende Orangen-, Cedern- und
-Palmbäume majestätisch prangen. Zur Bequemlichkeit der Spaziergänger
-sind die Wege mit Quadratsteinen von Granit belegt. Die Promenade
-auf diesem Platz ist jeden Abend von 8-9 Uhr, wenn das Musik-Corps
-der Garnison, welches ausgezeichnet brav ist, die Retraite bläst,
-und zugleich die gewähltesten Stücke spielt. Die Damen erscheinen
-alsdann in Ballkleidern, jedoch ohne Kopfbekleidung und Handschuhe,
-die hier nicht Gang und gebe sind; Blumen, Perlen und dergl. dient den
-hiesigen Damen zum Kopfputz; die ältesten Frauen tragen nichts auf dem
-Kopfe, nur bei großer Kälte wird ein chinesischer Shawl über den Kopf
-genommen. Damen ersten Ranges verbleiben in den Volanten. Von diesem
-schönen Platz, durch welchen jeder Ankommende eine sehr vortheilhafte
-Meinung von Havana bekommt, gehe ich zu den vier Hauptstraßen über,
-sie heißen: Orili, Obispo, Lamperillia und Obra Pia, haben 16-18 Fuß
-Breite und sind mit schmalen, etwa 20 Zoll breiten, sehr fehlerhaften,
-zum Beinbrechen eingerichteten Trottoirs versehen. Man muß sich
-daher sehr vorsehen, auf diesen Trottoirs nicht auszugleiten, oder
-von einer vorübergehenden Volante gerädert zu werden. Die Volante
-ist ein zweirädriges Cabriolet mit einem Pferde, oder auch Maulthier
-bespannt, die gewöhnlich von einem Neger geleitet werden. Man muß
-daher mit sehr großer Vorsicht in den Straßen gehen, indem die Achsen
-dieser Cabriolets 6 Fuß in der Breite messen, und die Räder eine Höhe
-desselben Maßes erreichen, welche des Umwerfens wegen in der Art
-angebracht sind, daß der Raum an den obern Theilen auf 7 Fuß anzunehmen
-ist. Begegnen sich daher zwei solcher Volanten in den 16 Fuß breiten
-Straßen, so bleibt für den Fußgänger äußerst wenig Raum übrig; ein
-Rad muß nothwendig über das Trottoir gehen, wobei es nicht selten an
-den Röcken der Vorübergehenden gereinigt wird. Dazu kommt, daß die
-Neger darauf los fahren, ohne die Fußgänger anzurufen und Vorsicht zu
-empfehlen.
-
-Die Straßen sind ungepflastert und daher oft, besonders nach starkem
-Regen, nicht zu passiren, indem das Wasser 6-8 Zoll hoch steht:
-welcher Umstand den Wäscherinnen nicht minder als den Volanten eine
-gute Erndte verschafft, denn es ist in Havana allgemein Sitte, in
-weißen Pantalons, feinen weißen Strümpfen, und Schuhen mit umgewendeten
-Sohlen umherzugehen. Bei großem Schmutz müssen diese 3-4 Mal täglich
-gewechselt werden. Es ist nichts Seltenes, daß Commis von Comptoiren
-15 Piaster Waschgeld pro Monat bezahlen; ein junger Mann versicherte
-mir, daß er im Sommer täglich dreimal die Wäsche wechsele, und wohl
-7 Dutzend Pantalons besitze. Die Kutscher der Volanten sind oft so
-mechant, daß sie im Vorbeifahren vorsätzlich den Vorübergehenden die
-weißen Pantalons beschmutzen, damit diese einsteigen und nach Hause
-fahren müssen, um auf’s neue Toilette zu machen. Man bezahlt für eine
-Tour etwa acht Groschen Courant, bei schlechtem Wetter oft das Doppelte.
-
-Für die ankommenden Schiffer ist hier die Art und Weise des Abladens
-weit angenehmer als in New-York; es wird ihnen hier sogleich nach ihrer
-Ankunft ein bestimmter Platz dazu angewiesen, wogegen sie in New-York
-vielleicht 10 Tage warten müssen. Da indessen die Räume für die Waaren,
-die zur Niederlage gebracht werden, zu klein für die Importation sind,
-die Zollbeamten aber auch nur bis 12 Uhr Vormittags arbeiten, so ist es
-gar nichts Seltenes, daß die Empfänger von Gütern vier Wochen und noch
-länger warten müssen.
-
-Das Weihnachtsfest begann hier ohne besondere Zurüstungen und
-Festlichkeiten; am sogenannten heiligen Abend sah ich nichts
-Ungewöhnliches in der Stadt vorgehen. Nur die Schiffer kündigten das
-Fest dadurch an, daß sie alle vom Werft in den Strom hinauslegten.
-Die bedeutenden spanischen Handlungshäuser schließen ihr Geschäft bis
-zum zweiten Januar und besuchen ihre Freunde auf dem Lande. (Es giebt
-hier nichts als Sommertage.) Man fährt von einer Plantage zur andern,
-und findet überall Schmausereien und Bälle. Die Commis machen es eben
-so; sie fahren auf der Eisenbahn, oder auch auf Dampfschiffen zu ihren
-Bekannten. Die Gastfreundschaft ist hier größer, als ich sie irgendwo
-gefunden habe, indeß sind auch solche Parthieen in der Regel sehr
-kostspielig, indem man an dem National Hazardspiele Theil nehmen muß,
-welches, wie alle dergleichen Spiele, für Pointeurs nachtheilig ist,
-man jedoch Theil daran zu nehmen nicht gut verweigern kann, weil jeder
-Spanier gern spielt, und als Wirth es einigermaßen erwartet, daß die
-Geladenen sich nicht davon ausschließen werden. Ein junger Deutscher
-versicherte mir, bei einem sehr gemäßigten Spiele 8 Unzen (à 17 Piaster
-die Unze) verloren zu haben. Mit dem 24. December hören alle Geschäfte
-auf, selbst der Packhof bleibt von diesem Tage an bis zum 2. Februar
-geschlossen -- sehr hart für Geschäftsleute.
-
-Das Weihnachtsfest wurde von Mitternacht an aus allen Kräften mit
-allen Glocken verkündet. Es regnete in Strömen, und dennoch zogen die
-Menschen zu jener Zeit in Massen nach der Kirche. Junge Leute von allen
-Religionen verfehlten nicht, den Messen und -- noch etwas Anderem
--- beizuwohnen. Da ich indeß in meinem Leben von den Leipziger und
-Frankfurter Messen zu viel Genuß gehabt habe, so blieb ich von diesen
-Messen zurück, und legte mich in meiner Arche zu Bette.
-
-Am Nachmittage des Weihnachtstages begab ich mich nach dem sogenannten
-Passeo de Tacon, einer von dem vorigen Gouverneur in großem Stil
-angelegten Promenade, welche, wenn die darauf gepflanzten Orangen-,
-Ceder-, Cocus-, Palm- und Brodbäume in Zeit von 50 Jahren etwa einmal
-Schatten für die Spaziergänger darbieten werden, zu den ersten
-Promenaden auf der Erde gerechnet werden dürfte. In derselben fand
-ich mehrere 100 Volanten, die, wie in St. Petersburg bei großen
-Schlittenfahrten in der Butterwoche, in der größten Ordnung fahren.
-Lanciers bilden eine Barriere zwischen den Hin- und Zurückfahrenden.
-Die Damen sitzen en deux oder auch en trois in Ball-Anzügen in den
-Volanten, wo sie ihre sehr schönen Füße, welche in den allerschönsten
-seidenen Strümpfen und Atlas-Schuhen ihr Obdach haben, so vortheilhaft
-präsentiren, daß die Vorübergehenden über diesen reizenden Theil des
-weiblichen Körpers ein vortheilhaftes Urtheil auszudrücken sich nicht
-enthalten können. Ich muß gestehen, daß ich die schönsten Füße, und die
-geschmackvollste Chaussirung hier antraf, denn was man in Paris und
-London nur hin und wieder sieht, das findet man hier im Allgemeinen.
-Dies ist wohl dem Umstand zuzuschreiben, daß die hiesigen Damen wenig
-oder gar nicht stehen oder gehen; in ihren Wohnungen sitzen sie stets
-und wenn sie durch Geschäfte aus dem Hause gerufen werden, so fahren
-sie in ihren eigenen Volanten, die jede Frau zu ihrer Disposition hat.
-Alle Einkäufe werden in den Volanten gemacht; die Laden-Diener müssen
-die Artikel, nach welchen die Käuferinnen fragen, an den Wagen bringen,
-man beordert, das Nöthige zu schicken, und fährt dann nach einem
-Conditor-Laden, um Gefrornes zu genießen (ebenfalls im Wagen). Aus
-diesem Grunde hat Jeder, der einen offenen Laden besitzt, eine Masse
-von Dienern nöthig, welche, wenn das Wetter die Damen vom Ausfahren
-abhält, den Orgelpfeifen gleich, hinter den Ladentischen stehen. Da die
-Damen hier zu Lande das Abdingen nicht so verstehen, wie die Berliner
-Damen, so weiß der Verkäufer es so einzurichten, daß dieselben den Lohn
-für jene Masse von Dienern mit bezahlen müssen. -- Als ich gegen 8
-Uhr von meinem Spaziergang durch die herrliche Allee von Orangen etc.
-zurückkehrte, dachte ich an meine guten Berliner, und wünschte, daß
-sie meinen Genuß auf diesem Spaziergange mit mir theilen könnten, ohne
-daß sie nöthig hätten, sich, wie ich, diesen Winter hier aufzuhalten,
-denn ein immerwährender Sommer muß dem Menschen, welcher den Wechsel in
-allen Dingen fordert, am Ende lästig werden, und dieses war mit mir der
-Fall.
-
-Obgleich ich schon einiges von den häuslichen Einrichtungen in Havana
-berührt habe, so erscheint mir doch dieser Gegenstand wichtig und
-interessant genug, um etwas ausführlicher darüber zu sein. Das Erste,
-woran Jemand denkt, der sich hier etablirt, ist der Ankauf von Sclaven.
-Viele Leser werden hierin etwas Widriges, und Ungerechtes erblicken,
-daß man einen Menschen als Sache behandelt und ihm die Freiheit nimmt,
-zu der er geboren ist. Allein, da hier keine Dienstboten zu miethen
-sind, und man dienende Leute nicht gut entbehren kann, so muß man schon
-zum Ankauf von Sclaven, d. h. der Neger schreiten, die hier wie ein
-Bündel Schwefelhölzer d. h. mit derselben Gleichgültigkeit gekauft und
-verkauft werden. Sie sind zu jeder Zeit zu haben, da es sehr viele
-Kaufleute giebt, die auf diesen Artikel spekuliren und immerwährend ein
-wohlassortirtes Lager von 6-800 besitzen. Der Preis eines Sclaven ist
-400 bis 450 Piaster en detail und etwa 360, wenn man en gros kauft.
-Ueber den Handel en gros werde ich weiter unten ausführlicher sprechen.
-
-Hat man Sclaven, so sieht man sich nach einem Hause um, welches
-monatsweise vermiethet wird und zwar zu 100 bis 500 Piaster; ein Haus
-von dem erstern Preise ist sehr unbedeutend, und eins von dem letztern
-nicht das ausgezeichnetste. Das Ameublement ist im Durchschnitt höchst
-mittelmäßig und mit dem in Europa in gar keinen Vergleich zu stellen.
-
-Die Hauptrolle in demselben spielen die Armstühle, statt der vier
-Füße mit zwei Untergestellen, wie in Europa die Wiegen, versehen,
-wovon sechs bis acht vor den großen nur mit eisernen Gittern, ohne
-Glas, umgebenen Fenstern zum Empfang der Gäste bereit stehen. Die
-Damen sitzen Abends auf denselben und schaukeln sich, um von den
-Vorübergehenden bewundert werden zu können. Die Zimmer sind entweder
-durch hängende Lampen erleuchtet, oder dieselben stehen auf einem
-Tische in der Mitte des Zimmers. Ein oder zwei Volanten müssen in den
-Vorhäusern zum Zeichen der Wohlhabenheit des Eigenthümers, und zur
-Unbequemlichkeit der Eintretenden dastehen; hin und wieder bemerkt
-man auch eine Volante im Gesellschaftszimmer in der Nähe des Piano.
-An der Thür muß ein Portier im weißen recht feinen Hemde sitzen, und
-seinen Cigarr rauchen, wenn das Haus einen vollkommenen Anstrich
-von Anständigkeit haben soll; die Portiers sind gewöhnlich Spanier.
-Oft sieht man im Vorbeigehen die ganze Damengesellschaft auf ihren
-Schaukelstühlen oder am Fortepiano mit brennenden Cigarren. Die Köche
-sind in der Regel freie Menschen und werden für ihr Metier sehr gut
-besoldet. Hier ist, wie es sich von selbst versteht, nur von Häusern
-erster Klasse die Rede. In der Mittelklasse sucht man gewöhnlich einen
-Sclaven zum Koch abzurichten, was sehr leicht ist, denn die Hauptkunst
-besteht hier darin, die Fricassées in Oel schwimmend auf den Tisch zu
-schicken, die Fleischspeisen zu Brei zu kochen oder zu braten, und
-mit tüchtig viel Knoblauch und Zwiebeln zu würzen. Die Bedienung bei
-Tische geschieht durch Sclaven, welche wie die Hunde dressirt sind,
-und beständig auf die Gäste aufmerken. Da steht Einer mit der vollen
-Flasche in der Hand, um das leere Glas sofort zu füllen; dort steht
-ein Zweiter, die Hände über die Brust gefaltet, er sieht den Gast
-scharf an, um seine Befehle entgegen zu nehmen; ein Dritter paßt mit
-reinen Tellern, Gabeln und Messern auf den Dienst. Bei Leuten untern
-Ranges ist es eben so, nur unterscheiden sich die Sclaven im Anzuge
-und es gilt von diesen, was der große Kant in seiner Anthropologie von
-den Polen bemerkt, daß nämlich bei den Großen in Polen man von Silber
-speise, und die Bedienung ohne Schuhe und Strümpfe aufwarte, wozu in
-Havana oft noch zerrissene Kleider kommen. Dem Eingebornen ist solche
-Schwäche nachzusehen, aber die Ausländer, die Deutschen sollten hier
-dasselbe thun, was sie in den V. S. thun müssen, d. h. sich ihre Diener
-von Europa mitbringen. Doch was giebt es in Westindien für Deutsche?
-daß sich Gott erbarmen möge! Größtentheils solche, welche sich in
-Bremen mit Tabacks-Krämerei beschäftigt haben.
-
-Haushaltungen kosten hier sehr viel; die Frauen in denselben bekümmern
-sich um nichts, jeder einzelne Sclave um das, was ihm übergeben ist;
-der Einkäufer von Proviant sorgt hauptsächlich für Knoblauch, das
-Lieblings-Gewürz der Spanier. Die Anzahl der Gerichte ist hier sehr
-bedeutend, aber die Schüsseln von geringem Umfange, und der Inhalt
-derselben ist wegen der ungeheuern Oeldecke schwer zu ermitteln. Es
-wird sehr rasch gegessen, Caffee getrunken, ein Cigarr geraucht, wenig
-gesprochen und man entfernt sich. Hinsichtlich des Essens befinden sich
-die Sclaven hier außerordentlich wohl, da sie Alles in Ueberfluß haben
-und daher mit ihrem Schicksal in Havana nicht selten zufriedener sind,
-als mit dem vorigen in Afrika. Die Neger, welche in gallonirten Jacken
-und Schuhen ohne Strümpfe, an deren Stelle sie große Cürassier-Schäfte
-von gebranntem Leder, auf deren Stülpen sich Silberstifte in
-Unzahl befinden, mit Schnüren über den Beinen befestigen, dünken
-sich Groß-Moguls zu sein, wenn sie mit großen silbernen Sporen und
-Schnallen, durch welche letztere jene Schäfte unter den Knieen
-befestigt sind, ihren Gebieter vom Pferde herab kutschiren. Alles,
-was man in Europa an den Wagen und Geschirren in Gürtlerarbeit von
-Bronce bemerkt, wird hier meistens vom besten Silber verfertigt, und
-alles dies ist für Leute ersten Ranges, an welche sich die deutschen
-Commissionaire auf Unkosten der europäischen Geschäfts-Freunde
-anreihen, unbedingt nothwendig.
-
-Den zweiten Festtag wendete ich dazu an, mich mit den Vergnügungen der
-Sclaven bekannt zu machen; ich durchstrich die entlegensten Theile
-der Stadt, um die Belustigungs-Oerter dieser unsern Gefühlen nach
-unglücklichen Menschen aufzufinden. Indeß giebt es freilich nur wenige
-Herren, die nicht ihre Sclaven, einige Stunden der Ruhe abgerechnet,
-ununterbrochen im Joche halten. Ich folgte dem Zuge einer Masse
-von jungen Negern und langte in ihrer Mitte unter den Wällen der
-Festungswerke an. Mehrere Trommeln und verworrenes Geschrei, welches
-die Unglücklichen Gesang nennen, zogen mich zu den Häusern, wo die
-Belustigung stattfand, und ich sah eine junge Negerin die Königin
-des Balles machen und tanzen, nach der Trommel und dem Geschrei der
-zuschauenden Neger; Arme und Körper bewegten sich nach dem Takte,
-und sie gefiel ungemein; diesen Ball hatte, wie ich hörte, ein
-Cigarren-Fabrikant veranstaltet, der seine Arbeit wegen Mangel an
-Taback auf 14 Tage einstellte.
-
-Die Erfahrung, welche ich in Hinsicht des Handels hier machte, war für
-mich höchst traurig; ich werde Alles ziemlich ausführlich erzählen,
-damit der kaufmännische Leser auf seiner Hut sei und nicht ein
-ähnliches Schicksal erleide.
-
-
- ~Ueber die
- Handels- und Geschäfts-Verhältnisse
- in~
- Havana.
-
-Mein Correspondent, der Herr M... aus Bremen, war gleich bei meiner
-Ankunft sehr gesprächig und zuvorkommend. Da es hier üblich ist,
-den ankommenden Geschäftsfreunden seinen Tisch zu offeriren, so
-verfehlte auch Hr. M... nicht, mir zu eröffnen, daß ich an seinem Tisch
-ein Couvert für mich bereit finden würde. Ich habe indessen nie da
-gefrühstückt, und ging höchstens ein paar mal die Woche zum Mittagessen
-hin und zwar lediglich, weil mir das Essen in der ersten Restauration
-la belle Europe zuwider war. Die Bedienung der Restauration nämlich
-erscheint mit brennenden Cigarren im Munde und Pantoffeln über den
-nackten Füßen. Wenn etwas von der Asche des Cigarrs auf den Teller
-fällt, so wissen die Aufwärter dieselbe sehr gewandt fortzunehmen,
-und dies möchte noch hingehen; aber nichts Seltenes ist es auch, daß
-sie, wenn sie Bratfische oder Pudding bringen, vor dem Ueberreichen
-sich von der Wärme dieser Speisen überzeugen, und mit dem Tabackssaft
-an den Fingern dieselben betasten. Daher nahm ich zuweilen, obgleich
-mit einem innerlichen Widerwillen, den Platz ein, den M... an seinem
-Tische für mich bestimmt hatte. Die ganze Gesellschaft war gewöhnlich
-im Negligé, was auf mich einen höchst unangenehmen Eindruck machte. Die
-Unterhaltung war eben so trocken und kraftlos wie die Braten, beides
-nicht für einen deutschen Geist und Magen. Ich merkte bald, daß M...
-sich für mich intressirte, in der Hoffnung, große Geschäfte mit mir
-zu machen; daß dies von keiner großen Dauer sein würde, war leicht
-vorauszusehen, und zeigte sich bald aufs Deutlichste.
-
-Als er eines Nachmittages über Zucker-Spekulationen zu sprechen
-anfing, und mir zuredete, daß ich eine im Belauf von 40,000 Piaster
-zu unternehmen nicht säumen möchte, und gute Rechnung finden würde,
-erwiederte ich ihm: In meinen Jahren ist der Kaufmann, der etwas
-Vernunft besitzt, nie so ambitiöse, sich über seine eigene Kräfte
-erheben zu wollen; wenigstens denke ich so, und werde mich daher nie
-in unabsehbare und unberechenbare Spekulationen einlassen. Meine
-Antwort mißfiel ihm sichtlich, und er entgegnete: „freilich wird man
-bedenklich, wenn man alt wird.“ Er brach jetzt ab, indessen bemerkte
-ich von nun an eine Gleichgültigkeit und Kälte, die sich in der Folge
-noch vermehrte, als er sah, daß ich mich selbst um den Verkauf meiner
-Waaren zu bekümmern anfing. Ich zeigte nämlich die Proben von einigen
-meiner Artikel in einem Handlungshause, und der Chef desselben, ein
-gewandter Geschäftsmann (Pole), sagte zu mir: „diese Waaren verkaufe
-ich Ihnen, sobald wir etwas von Mexico erfahren; ich habe einen Mann,
-der für 150,000 Piaster kaufen wird, er will jedoch zuvor das Paquet
-von Vera-Cruz abwarten.“ Auf sein Anrathen ließ ich die Proben bei ihm
-liegen. Mit Proben von einem andern Artikel begab ich mich nach dem
-Comptoir eines Amerikanischen Hauses, und erfuhr, daß diese Waare knapp
-(rar) und folglich gesucht sei; ich acceptirte den vorgeschlagenen
-Preis und verkaufte diese Waare sogleich. Als ich nun dem M... sagte,
-daß ich die Waare, von welcher er mir gesagt hätte, daß sie gar nichts
-werth sei, weil es keine Käufer dafür gebe, verkauft hätte, und ihm
-auftrug, sie dorthin zu expediren, so ergrimmte er gänzlich; auf alle
-meine Fragen wurde mir wenig oder gar keine Antwort ertheilt, kurz
-er wollte mir jetzt über Nichts Rede stehen. Aufgebracht über dies
-Verfahren, stellte ich ihn endlich förmlich über sein Betragen gegen
-mich zur Rede und erhielt zur Antwort, daß ihm meine Geschäfte nicht
-conveniren könnten, indem er nicht gewohnt sei, daß Leute, welche
-Waaren bei ihm in Commission hätten, sich selbst um den Verkauf
-bemühten, und Proben herumzeigten. „Wir wollen das jetzige Geschäft
-abwickeln,“ setzte er hinzu, „und an kein neues denken; überdies
-sind Sie mir fremd, da Sie kein Empfehlungsschreiben aus Europa an
-mein Haus mitgebracht haben.“ Ich entgegnete: „fremd kann ich Ihnen
-unmöglich sein, da ich eine bedeutende Parthie Waare bei Ihnen liegen
-und schon mehrere Jahre mit Ihrem Hause in Verbindung gestanden habe.
-Daß ich dieses Geschäft mit Ihnen abwickele, ist freilich nothwendig.“
--- Hier muß ich eine Bemerkung einschalten. Es scheint nämlich in
-dieser Stadt eine Convention unter den Commissionairen zu sein, daß
-sie keine Geschäfte, welche bereits einem andern Hause übertragen
-gewesen sind, übernehmen. Es verhält sich also mit diesen, wie mit den
-Karrenschiebern in Holland. Diesen durfte man nichts zum Fortschaffen
-übergeben, ohne vorher aufs bestimmteste mit ihnen accordirt zu haben,
-denn hatte derselbe die Sachen eine kurze Strecke gekarrt, so forderte
-er +seinen+ Preis, und verweigerte man ihm diesen, so warf er das
-sämmtliche Gepäck von der Karre herunter, und man mußte sich dann der
-Willkühr eines andern Karrenschiebers unterwerfen. „Da ich also das
-Geschäft mit Ihnen abwickeln muß,“ fuhr ich fort: „so bin ich Ihnen
-für Ihr gefälliges Anerbieten sehr verbunden; daß ich übrigens die
-Proben selbst vorgezeigt, können Sie mir um so weniger übel nehmen, da
-Sie mir den Artikel als unverkäuflich schilderten, welchen ich selbst
-sofort verkaufte; da mir ferner Ihr Verkäufer, wenn ich ihm Käufer für
-einen oder den andern Artikel nenne, erwiedert: Sie wollen doch wohl
-nicht, daß ich zum Käufer hingehen soll, um die Waaren anzubieten? Wird
-er hieher kommen, um die Waaren zu kaufen, so werde ich mich bemühen,
-etc.“ -- Hierauf erwiederte M... „Nun gut! Wir wollen es abwickeln,“
-und ich verließ ihn. Ich mußte ihm alle Proben zustellen, die jetzt
-ruhig liegen blieben. Wären meine Waaren in den Händen eines andern
-Commissionairs gewesen, so würden sie sicherlich nach der Einnahme des
-Forts von Vera-Cruz verkauft worden sein, aber so blieben sie leider
-unverkauft; nachdem die Nachricht von der Niederlage der Republikaner
-von Vera-Cruz eintraf, war an das Verkaufen derselben nicht mehr zu
-denken.
-
-Das Waarengeschäft ist in ganz Westindien das schlechteste von allen
-Geschäften, besonders für die Europäer, welche es durch Commissionaire
-betreiben zu lassen für gut erachten, die entweder Tabacks- und
-Käse-Verkäufer in Hamburg und Bremen, oder auch Händler fertiger Wäsche
-gewesen sind, denen es daher an Waarenkenntniß gänzlich mangelt. Junge
-Leute, die zum Schreiben in Comptoirs, oder bei Lotterie-Collecten
-in Hamburg 5 Jahre als Lehrbursche gearbeitet haben, werden als
-Verkäufer engagirt, bekommen, da sie sich der Gefahr des gelben Fiebers
-aussetzen, große, ja enorme Salaire, und die Vollmacht, über das im
-Schweiße des Angesichts erworbene Eigenthum der in Europa wohnenden
-Kaufleute oder Fabrikanten frei zu schalten und zu walten. Der
-Commissionair will verkaufen, um seine großen Ausgaben für den Lohn der
-Leute, Miethen und luxuriöse Lebensweise zu decken. Zehn Procent wird
-für die Verkäufe, Garantie und das Remittiren in Rechnung gestellt;
-rechnet man aber das Angehängte hinzu (worüber ich später ausführlicher
-abhandeln werde), so sind es wohl 15 Procent, die in Rechnung
-gebracht werden. In den Comptoirs und demzufolge in den Caffeehäusern
-wimmelt es stets von jungen Comptoir-Bedienten, diesen Blutegeln für
-die europäischen Kaufleute, die nach Westindien Handel treiben. Es
-wird mit dem Gelde geworfen, die feinsten Weine werden getrunken,
-Landparthieen, die 50-80 Piaster kosten, werden unternommen, und wer
-bezahlt Alles dies? Antwort: wir armen Europäer. Wir erhalten nicht nur
-die Equipagen, die Sclaven, die Maitressen der Principale, sondern wir
-müssen auch Sorge dafür tragen, daß die Handlungsdiener sich Reitpferde
-halten, jeden Abend die italienische Oper oder das Theater de Tacon à
-1½ Piaster Entrée etc. und nach Beendigung derselben ihre Mädchen
-mit fünf Piastern in der Hand besuchen können. Wer dies Alles gesehen
-und die Art und Weise der Verkäufe beobachtet hat, dem vergeht ohne
-Zweifel die Lust, Geschäfte hieher zu machen. Man hat nur nöthig,
-mit den Käufern, Mercader genannt, in Berührung zu kommen und deren
-Schlauheit in Benutzung der schwachen Seiten der braven Commissionaire
-zu bemerken; wer dieses vermag, in dem wird der letzte Funken zu
-Geschäften aufs Gerathewohl erlöschen. Ich halte es für Pflicht und
-Schuldigkeit, die Handelswelt auf das Risico beim westindischen Handel
-aufmerksam zu machen, und werde deshalb (wie schon früher bemerkt) frei
-und ohne Furcht niederschreiben, was ich erlebt habe; kann Jemand meine
-Urtheile widerlegen, so werde ich es mit Dank annehmen, jedoch hierzu
-dürfte schwerlich Einer gefunden werden.
-
-Die Insel Cuba, mit einer Bevölkerung von 800,000 Menschen,[A]
-unter denen 620,000 Neger und 180,000 Weiße, importirt jährlich
-für 20,000,000 Piaster, mithin im Durchschnitt für 25 Piaster auf
-jeden Kopf. Da indessen mit Gewißheit anzunehmen ist, daß die
-Durchschnitts-Consumtion sich nicht höher als auf 12 Piaster beläuft,
-so ist der Import auf Cuba noch einmal so hoch, als er sein sollte und
-wirkt nachtheilig auf die Preise. (Die V. S., mit einer Bevölkerung
-von 13 Millionen Weißen und 3,000,000 Schwarzen, importiren nur für
-140 Millionen Piaster, von welchen noch etwa für 10 Millionen nach
-andern Staaten, Texas u. s. w. ausgeführt wird). Sämmtliche Waaren
-werden hingegen in Havana eingeführt und auch daselbst gelöscht, den
-Waaren-Einkäufern ist mithin hierdurch eine genaue Uebersicht von den
-Beständen gereicht, und können demnach beurtheilen, ob sie theuer, oder
-zu wohlfeilen Preisen einzukaufen haben, welches in den V. S. nicht der
-Fall ist, da es außer dem New-Yorker Hafen viele andere Städte giebt,
-in welchen Waaren direct importirt und nach dem Innern weiter versendet
-werden.
-
-Die hiesigen eigentlichen Kaufleute und Waarenhändler en gros,
-Mercadere genannt, werden es, wie mir scheint, noch einmal dahin
-bringen, daß Commissionaire für Rechnung ihrer auswärtigen Freunde,
-deren Waaren sie kaufen, und gewöhnlich erst nach 6-8 Monaten, wenn
-sie zahlungsfähig sind, bezahlen, daß die Commissionaire, sage
-ich, für jedes Colly beim Empfang eine gewisse Summe baar ihnen
-einhändigen müssen, damit sie ihre Miethen und ihren Lohn bezahlen
-können. Es hat wirklich etwas Komisches, wenn man die Verkäufe in den
-hiesigen Commissionshäusern mit ansieht, wie diese Mercadere von den
-Verkäufern schmeichelnd und tändelnd tractirt werden; obgleich Jeder
-der Hereintretenden gesonnen ist, nicht mehr als höchstens die Hälfte
-des Fabrikpreises zu offeriren und die Zahlung innerhalb 8 Monaten
-zu versprechen, so wird er dennoch von den Verkäufern behandelt,
-als wisse dieser, der Mercader sei gesonnen, für die vorgezeigten
-Waaren einen ansehnlichen Gewinn und baare Zahlung zu gestatten;
-und nun die Procedur beim Verkauf! sie ist folgende. In kleinen
-Handschreiben berichtet der Commissionair den Mercaderen, daß er an
-diesen bestimmten Tagen im Auftrag eines auswärtigen Hauses eine
-Parthie Manufactur-Waaren verkaufen müsse, und ersucht diese, sich am
-Vormittag einzufinden, um die Waaren anzusehen und ein Gebot darauf zu
-machen. Die Eingeladenen erscheinen, und nehmen eins der geschriebenen
-Verzeichnisse, worauf diese deutlich specificirt sind, zur Hand,
-bemerken, nachdem sie die Waaren durchgesehen, auf denselben den Preis,
-den sie in Bausch und Bogen für seidene-, wollene-, baumwollene-, kurz
-alle Waarensorten durcheinander geben wollen, fügen ihre Unterschrift
-bei, legen dies auf den Tisch nieder und gehen weg. Daß die Käufer
-meistens unter sich einverstanden sind, versteht sich von selbst.
-Dem, der das größte Gebot gethan hat, schickt nun der Commissionair
-die Waaren zu; die Hälfte des Factura-Preises muß wenigstens geboten
-worden sein, wenn der Commissionair sich zum Verkauf geneigt fühlen
-soll; ist nur 45 Procent geboten, so wird weiter nicht Rücksicht
-auf ihn genommen. Bei Leinwand findet die Ausnahme statt, daß der
-Commissionair nur auf 15, höchstens 20 Procent unter den Fabrikpreisen
-eingeht. Die Käufer sind in der Regel nicht dringend mit ihrem Einkauf,
-da sie in derselben Woche vielleicht zehn dergleichen Einladungen von
-andern Commissionairs zu erwarten haben. Sie kennen die Bestände, den
-Bedarf, und wissen, daß für die ankommenden Waaren, durch Fortschaffung
-der alten, Platz werden muß, eben so gut, als daß der Commissionair
-rasch verkaufen muß und möchte, um die Waaren, worauf er 10 Procent
-für Provision verdient, selbst zu verkaufen und nicht durch Andere
-verkauft zu wissen, denn wie leicht könnte die Ordre zur Auslieferung
-von Europa eintreffen! Alles dies trägt dazu bei, daß die Käufer nie
-auf den selbstbestimmten Preis etwas zulegen und sich des Zuschlags für
-gewärtig halten. Die letztere Furcht aber wirkt am meisten. Es kommt
-daher nicht selten vor, daß hiesige Commissionaire, wenn sie sich im
-Auftrage eines Europäers zum Empfang der Waaren melden, die Antwort
-erhalten: die Waare ist schon verkauft, und die Abrechnung, welche
-bereits ausgefertigt ist, geht mit erster Gelegenheit ab.
-
-Wie die Verkäufe hier betrieben werden, ist mithin eine Factura
-überflüssig, und man kann sich in Europa der Mühe überheben,
-dergleichen, anzufertigen, da sich kein Commissionair daran hält, es
-vielmehr den Käufern überläßt, die Preise festzustellen.
-
-Detailleurs giebt es hier in Unzahl, d. h. unbedeutende Krämer-Läden,
-welche hier Magazin genannt werden, nicht aber bedeutende, wie in den
-V. S. und in Europa. So klein indeß wie sie sind, so vielfältig sind
-die Artikel, die man in denselben antrifft; von Allen liegen einige
-Stücke da, aber Leinwand spielt die Hauptrolle. Deshalb müssen auch
-viele Diener gehalten werden; vier ist die geringste Anzahl. Die
-Detailleurs kaufen nichts von den importirenden Kaufleuten, aus dem
-Grunde, weil sie ganz von den Mercaders abhängig sind, und alle Waaren
-von ihnen entnehmen müssen -- bei Gefahr, ihres Credits verlustig zu
-gehen. Sie stehen unter starker Controlle, und die Preise sind in allen
-Läden so ziemlich gleich.
-
-Hausirer giebt es in Masse; man sieht sie hier beim größten Schmutz
-in den entlegensten Straßen der Stadt, Männer und Weiber von allen
-Nationen, vorzüglich aber Neger; sie sind eben so zudringlich wie die
-Collecteurs der hiesigen Lotterie, welche jede drei Wochen gezogen wird
-und 144 Gewinne und 23,856 Nieten enthält. In Lumpen gehüllt, ohne
-Strümpfe und Schuhe, sieht man diese Collecteurs umherlaufen, wobei
-sie ihre Viertel-Loose à 1 Piaster ausschreien, wie Gemüseweiber bei
-uns. Sie sichern der Regierung eine Revenue von 25,000 Piaster pro
-Monat; sie kaufen eine Anzahl Loose auf Speculation, und bestimmen die
-Preise, je nachdem sie Liebhaber dafür finden. Viele Abnehmer finden
-sie unter den Sclaven, welche nach ihrer Freiheit streben, die sie nur
-gegen Erlegung der für sie bezahlten Summe erlangen können. Jedoch
-auch der Spanier, so wie jeder Ausländer spielt mit Leidenschaft; oft
-wird der doppelte Werth für ein Loos bezahlt, wenn die Ziehung ihren
-Anfang nimmt. Hat der Collecteur sein Loos verkauft, so bekümmert
-er sich nicht mehr um dasselbe. Sobald die Ziehung, welche nur ¼
-Stunde dauert, vorüber ist, werden gleich wieder Loose zur folgenden
-ausgeboten, und wirklich verkauft. Einmal im Jahre, am Geburtstage der
-Regentin, kostet das Loos acht Piaster, und dann ist der größte Gewinn
-40,000, der zweite 8000 Piaster; alle übrigen sind unbedeutend; der
-Monarch erhält zum Geburtstag aus der Lotterie-Casse 50,000 Piaster.
-
-Zu allen bemerkten Uebelständen im Handel der Commissionaire
-kömmt nun noch, daß sowohl der größte Theil der Mercadere als die
-Commissionaire keine Kenntnisse im Waarenfach haben. Um sich gegen
-Verlust zu schützen, bieten daher die ersteren ungeheuer wenig; oft
-bietet Jemand 100 Piaster für eine Parthie Waaren; die ein Anderer
-für 700 Piaster kauft, dennoch haben die Mercadere mehr Kenntnisse
-als die Commissionaire, und diese glauben den Versicherungen der
-Käufer Alles. Sind diese daher einig, so wird ihnen ein Artikel, der
-jenem neu ist, für so viel wie nichts nachgeworfen. Ein Beispiel aus
-eigener Erfahrung. Ich hatte einen Stoff, für Mäntel passend, an einen
-Commissionair geschickt und ausdrücklich bemerkt, daß ich wenigstens
-den Factura-Preis haben müsse. Als ich die Verkaufs-Nota über diese
-Waaren erhielt, sah ich sie für den halben Factura-Werth verkauft. Um
-mich zu überzeugen, ob ich selbst die Waare nicht besser verkaufen
-könnte, schickte ich an ein anderes Haus eine ähnliche Parthie, mit
-der Ordre, bis zu meiner Ankunft mit dem Verkauf zu warten. Als ich
-angekommen war, erzählte mir dieser Commissionair, daß derselbe Käufer,
-der im vorigen Jahre von einem andern Hause dieselbe Waare gekauft
-habe, auch diese Parthie, jedoch nur zu demselben Preise kaufen wolle,
-weil er diesen Artikel nur zu Kartuschen an das Gouvernement verkaufen
-könne. Um diesen unkundigen Commissionair einigermassen vom Holzwege
-abzuführen, entschloß ich mich die Läden von fertigen Kleidern zu
-durchstreichen, und überzeugte mich bald, daß derselbe Stoff auch hier
-zu Mänteln verbraucht werde. Als ich dies dem Commissionair erzählte,
-wollte er es nicht glauben, behauptete vielmehr, daß dieser Stoff nur
-zu Kartuschen zu gebrauchen sei. Auf solche Weise verlieren wir armen
-Europäer durch Unkunde der Commissionaire unser Vermögen, während die
-Mercadere mit diesem (indem dieselbe den langen Credit genießen) 300
-Procent verdienen.
-
-„Macht keine Geschäfte nach andern Welttheilen, besonders nach
-Westindien!“ so möchte ich meinen handelnden Landsleuten zurufen. Aber
-die Königliche Seehandlung, höre ich Viele sagen, macht überseeische
-Geschäfte, warum sollten wir, als gelernte Kaufleute, dieselben nicht
-mit eben so viel Nutzen, wie jenes Institut treiben können? Hierauf
-entgegne ich: ist es denn so gewiß, daß jenes Institut bei diesen
-Geschäften Gewinn hat? Antwort: Nein! Hierbei fällt mir ein, was einst
-der denkwürdige Minister +Maaßen+ bei einer Unterredung mir sagte:
-Der Staat muß zuweilen, ohne eine Miene zu verzucken, eine Million
-Thaler verlieren; obgleich dies sehr viel für unsern Staat ist, so
-ist es dennoch nicht viel, wenn eine hohe Nothwendigkeit es gebietet.
-Wir wollen ein Beispiel anführen. Die Seehandlung hat Schiffe, Eins
-derselben liegt in Havana, S.... et Comp. sind die Agenten; sie
-können dieses Schiff nicht mit Ballast zurückschicken, um so mehr,
-da die Zucker-Erndte vor der Thür ist. Beladen Sie es mit Zucker!
-Schreibt die Deputation der Königl. Seehandlung an ihren Agenten
-in Havana; sie denkt, unsere Raffinerieen brauchen rohes Material
-und werden sicher vorzugsweise von dem Institut kaufen. Man kauft,
-man trassirt, der Zucker wird verschifft. Die Havanesischen Häuser
-bemerken es und sprechen: die S... et Comp. kaufen 4000 Kisten; es
-muß in Deutschland etwas Bedeutendes vorgehen; wir müssen für unsere
-Freunde in Europa sorgen! Und warum sollten sie nicht für diese sorgen,
-da sie sich doch zugleich selbst dabei versorgen? Somit kaufen auch
-alle diese für Rechnung der Europäer Zucker, welcher nun in Havana im
-Preise steigt, schicken diesen so rasch als möglich ab, damit ihre
-Ladungen vor denen der Seehandlung in Hamburg eintreffen mögen; sie
-trassiren 2 Monat Sicht für den Belauf und melden den Verkauf der in
-Commission gehabten Leinwand etc., wodurch zwar Verlust entstanden sei,
-welcher jedoch durch den höchst vortheilhaften Einkauf des Zuckers
-bald um das Doppelte ersetzt werden müsse. Ihre Zucker-Sendungen
-langen nun wirklich vor denen der Königl. Seehandlung an; um jene
-Entnehmungen zu decken, werden sie jetzt per Auction verkauft, +weil
-sie verkauft werden müssen+, und siehe da! das Provenue ist 3
-Piaster pro Kiste unter dem Einkaufspreis. Hat die Deputation der
-Seehandlung dieses voraussehen können? Oder wird diese den Nachtheil
-der Spekulation fühlen? Nein! Wohl aber fühlen den Nachtheil und
-Schaden die europäischen Kaufleute, und zwar doppelt, weil sie auf zwei
-Seiten verlieren, wogegen die Havaneser Commissionaire die zweifach
-Gewinnenden sind.
-
-Aehnlich wie die Havaneser in Zucker-Spekulationen mit der Seehandlung
-wetteifern, ähnlich machen es die Bremer und Hamburger, wenn sie jenes
-Institut auf Fabrik-Erzeugnisse eingehen sehen. Allein dieses hat sehr
-viele und gute Mittel, und außerdem, wie mir der Herr Minister Rother
-schriftlich versicherte, +lauter erprobte+ Commissionaire; den
-spekulirenden Kaufleuten fehlt es aber an beiden. -- Daher, sollte
-jedes Geschäft nach und von Westindien von Niemanden, als von ganz
-Reichen unternommen werden.
-
-In Westindien können die kaufmännischen Geschäfte schon deswegen nicht
-gedeihen, weil, das Geld zu viel Werth hat, d. h. weil es im Verhältniß
-der Erzeugnisse und der Importation in zu geringer Quantität vorhanden
-ist. Wo der Zinsfuß auf 21-24 Procent steht, wie es in dem allergrößten
-Theil Westindiens der Fall ist, da muß der Spekulationsgeist dem
-Wucher unterliegen. Der beste, stets begehrte Artikel ist baares
-Geld, Fabrikwaaren der Allerschlechteste. Es klingt sehr lächerlich,
-wenn man die hiesigen Commissionaire von dem überaus großen Bedarf
-der Waaren in Havana erzählen hört; daß dies nur Kunstgriffe zur
-Aufmunterung europäischer Kaufleute sind, liegt am Tage, denn für
-800,000 Menschen, unter welchen ⅔ stets im Hemde und leinenen Patalons
-umherlaufen, langen jährlich über 100 Schiffe, vielleicht gar 150 mit
-Manufactur-Waaren an. Man sehe die im Königl. Packhofe zur Niederlage
-gebrachten Waaren-Vorräthe an, und man wird die Hände über’m Kopf
-zusammenschlagen und fragen: „was sollen diese Vorräthe in einem Lande,
-was kaum die Hälfte der Bevölkerung Londons hat?“ Anderwärts ausgeführt
-wird hiervon nichts, denn das Wenige, was zuweilen nach Mexico verkauft
-wird, ist so gering, daß es nicht in Betracht kommt. Die Commissionaire
-aber antworten: Unsere Vorräthe, die der Mercadere, und die im Königl.
-Packhofe (Depot) werden bald verbraucht sein, wenn die Havaneser und
-Havaneserinnen nur Ernst gebrauchen, jeden Tag ein neues Kleid anziehen
-und am Abend diese neue Robe fortwerfen zu wollen, wie es oft der Fall
-ist. Dieses ist das Lied, welches die Herren mit ihren Commis täglich
-im Chor singen, wenn ein Europäer angelangt ist. Indeß es sind der im
-Jahre 1838 übrig und unverbraucht gebliebenen Waaren so viele, daß
-sicherlich für jeden Bewohner der Insel Cuba täglich zwei Kleider
-gemacht werden müßten, wenn sie in zwei Jahren verkauft werden sollten.
-
-Um eine Krankheit zu heilen, die zwar schon tief Wurzel geschlagen
-hat, jedoch keinesweges unheilbar ist, wäre Folgendes zu thun
-nöthig. Für Krankheiten, die aus Ueppigkeit entstehen, werden
-nicht selten Hunger-Kuren angewendet; so auch müßten die Havaneser
-Mercadere ausgehungert werden, damit sie nicht ganz das Vermögen
-der europäischen Kaufleute verschlingen. Mein Vorschlag wäre daher
-dieser. Kaufleute und Fabrikanten, welche nach Westindien Geschäfte
-treiben, errichten auf Actien eine Westindische Compagnie, d. h.
-sie etabliren Depots in Hamburg und Bremen, in welchen sie für den
-Actien-Belauf Waaren niederlegen und nur zu den festgestellten
-Preisen, durch die dabei angestellten Verkäufer verkaufen lassen;
-diese Compagnie muß zugleich mit einem baaren Fonds versehen sein,
-um Fabrikanten nöthigenfalls gegen das übliche Disconto die Hälfte
-des Werths ihrer Waaren vorzuschießen. So wie es jetzt in Westindien
-einige Commissionaire giebt, welche für ihre eigene Rechnung Leinwand
-aus Europa committiren, so würden sie durch diese Maßregel, wenn sie
-keine Consignationen erhielten, um nicht stille zu sitzen, für eigene
-Rechnung Waaren committiren müssen. Der Verkauf für eigene Rechnung
-würde ihnen besonders dadurch erleichtert werden, daß sie 12½
-Procent für Provision, Del credere, Miethen etc. allein verdienen,
-die der Europäer bezahlen muß, und welche im Durchschnitt den Verlust
-auf Consignationen ausmachen und welcher im Ganzen genommen nicht
-übermäßig ist. Waarenbegehr in Westindien würde den Absatz in den
-Depots befördern, und es würden nicht nur bessere Preise behauptet
-werden, der Eigenthümer würde durch diese Maßregel auch zu jeder Zeit
-über sein Eigenthum disponiren können, wogegen er jetzt sehr oft zwei
-Jahre hindurch, wegen des Schicksals seines Eigenthums in Zweifel ist,
-und nach Ablauf dieser Frist wohl gar noch Abrechnungen empfängt, nach
-welchen ihm für 2000 Rthlr. 25,000 Cigarren zukommen.
-
-Indem ich mir vorbehalte, auf die Art und Weise des Verfahrens der
-hiesigen deutschen Commissionaire zurückzukommen, will ich, ehe ich zu
-andern Gegenständen übergehe, Einiges über die Grundsätze vieler unter
-denselben bei Anfertigung von Abrechnungen mit Europäern berichten, was
-mir von einem nach Europa zurückkehrenden glaubwürdigen jungen Manne
-mitgetheilt worden ist.
-
-
-+Eine Unterredung des Herrn G. mit dessen Diener+.
-
-+Herr G+. Machen Sie die Verkaufsrechnungen für die Herren B. und
-L.
-
-+Diener+. Es ist bereits geschehen, Abrechnungen für Beide sind
-fertig.
-
-+Herr G+. Wie ist die für B?
-
-+Diener+. Es bleiben 25 Procent reiner Gewinn.
-
-+Herr G+. (Mit Erstaunen) 25 Procent? Aendern Sie dieselbe; 25
-Procent ist zu viel, der Mann kann sich mit 8 Procent begnügen; -- und
-des Ls. Rechnung?
-
-+Diener+. Der arme Teufel verliert 11 Procent.
-
-+Herr G+. Aendern Sie auch diese; lassen Sie ihn 18 Procent
-verlieren, denn 7 Procent mehr oder weniger kann für den Mann keinen
-wesentlichen Unterschied machen.
-
- * * * * *
-
-Mein Commissionair M... macht es indessen keinesweges wie Herr G.;
-er steht im Ruf eines reichen, daher großen Mannes, der dergleichen
-Abrechnungen nicht +selbst+ macht, es vielmehr seinen Commis
-überläßt; sein Hauptgeschäft ist das mit -- Fleisch! Die Leser würden
-ihn jedoch unrichtig beurtheilen, wenn sie ihn für einen Shylok
-halten wollten. Keinesweges! Mit Kleinigkeiten giebt sich derselbe
-nicht ab; er erhält von Montevideo Ladungen des benannten Artikels,
-den er centnerweise abzusetzen versteht. Genug! Er ist Einer von den
-Commissionairen, von denen man sagen könnte: Man kann sein Fleisch
-durch ihn los werden! er ist ein vortrefflicher Mann, der nicht,
-wie Shylok selbst tranchirt, sondern tranchiren läßt. Er ist von
-seinen Abnehmern geschätzt, weil er nicht wie die meisten, die das
-animalische Geschäft treiben, es mit den Käufern verdirbt. Waaren,
-welche verkauft sind, werden, wenn sogar der Verkauf schriftlich
-abgeschlossen wäre, als unverkauft angesehen, wenn es dem Käufer
-einfällt, einen Abzug zu fordern. Besteht der Europäer auf Erfüllung
-des schriftlichen Contracts, so erwiedert der Herr Fleisch-Inhaber:
-Hier ist der Contract, prozessiren Sie mit dem Käufer, ich tranchire,
-wie Sie wissen, nie selbst etc. Ergo! ich wiederhole, für Europäer
-können überseeische Geschäfte nie vortheilhaft ausfallen, weil die
-Commissionaire im glücklichsten Fall 12½ Procent haben müssen, und
-bei der starken Concurrenz nicht zu erwarten ist, daß zwei Procent
-verdient werden können. In früheren Zeiten, als es nur wenige Häuser
-hier gab, welche hin und wieder eine Consignation erhielten, traf
-es sich zuweilen, daß an einem Artikel 25 Procent verdient wurden,
-wovon der Commissionair großmüthigerweise seinem europäischen Freund
-den ⅛ Theil zufließen ließ. Aber solche Fälle können jetzt nicht
-wieder vorkommen. Die Waarensendungen müssen wenigstens um die Hälfte
-vermindert werden. Die europäischen Kaufleute würden sehr wohl daran
-thun, ihre Waaren, wenn sie auf diese zu sehen überdrüssig sind, in
-einen abgelegenen Raum eine Zeitlang zu verschließen. Besser diese in
-Europa unter eigenem Schloß und Riegel, als in Havana, oder sonst wo in
-den Räumen der Bremer zu haben, wodurch der ganze Belauf aufgerieben
-wird. Der Denkwürdigkeit wegen will ich aufzählen, was ich selbst von
-europäischen Waaren für den Betrag von 98 Piaster einem Mercader habe
-verkaufen und überliefern sehen; es waren folgende: 6½ Dutzend
-Toiletten und Arbeitskästchen für Damen; 300 Dutzend Mund-Harmonika’s
-mit Elfenbein-Fourniren; 200 Dutzend Blumen-Guirlanden, für Negerinnen
-berechnet; viele Dutzend Rosen, Windsor-Seife und Seifenpuder, nebst
-mehreren Dutzend von wohlriechenden Oelen und Wassern in geschliffenen
-Gläsern.
-
-Auf die letztern Artikel setzte der Käufer gar keinen Werth, und
-schenkte Mehrern der Anwesenden 1 Dutzend Seifen, und mehrere
-Flaschen von den wohlriechenden Oelen und Wassern, auch ich wurde auf
-diese Weise beschenkt, und dürfte vielleicht ein größeres Capital
-erlangt haben, als der Eigenthümer obiger Waaren, nach Abzug der
-Steuer-Provision, Del credere etc. erhalten wird.
-
-So lange der Sclavenhandel in Westindien mit so gutem Erfolg, wie
-bisher wird betrieben werden, darf sich Niemand von allen Spekulanten
-ein besseres Schicksal versprechen, als derjenige hatte, dessen
-Waaren, wie vorhergehend gezeigt, für 98 Piaster verkauft worden
-sind. Wer denkt wohl daran, sein baares Geld auszuthun, um Waaren,
-welche der Mode und Conjunctur unterworfen sind, anzukaufen, wenn
-er sein Capital, im Handel mit Menschen ausgethan, in einem Jahr
-doubliren kann? In diesem Artikel giebt es zu viele Spekulanten. Ich
-sah 720 Sclaven im Total-Werth von 275,400 Piaster in einem Zeitraum
-von 2 Stunden verkaufen, und einen großen Theil davon wiederum en
-Detail mit einem Gewinne von 8-10 Unzen absetzen. Dem Rindvieh
-gleich, werden diese Unglücklichen alsdann vom Marktplatz nach der
-Käufer-Wohnung gebracht. So lange also der Handel mit Menschen solchen
-bedeutenden Gewinn abwirft, wird der hohe Zinsfuß stattfinden, und
-das Fabrikwaaren-Geschäft kein Gedeihen finden, weil stündlich zum
-Discontiren solcher Wechsel, welche aus den Geschäften mit Menschen
-entsprungen sind, bedeutende Summen gesucht werden. wofür sehr
-hohe Zinsen gestattet werden können, da 8-10 Unzen Gold pro Kopf
-gewonnen werden. Die meisten Sclaven werden jetzt zur Anlegung von
-Zucker-Plantagen benutzt, indem diese gegen jede Executions-Gewalt
-geschützt und unantastbar sind. Man hat Beispiele, daß Caffee-Plantagen
-in dem Augenblick, als sie subhastirt werden sollten, in
-Zucker-Plantagen umgeschaffen wurden und ihrem Umsturz entgingen.
-Epidemische Krankheiten machen, wie es damals bei der Cholera war, die
-reichsten Sclavenbesitzer zu Bettlern.
-
-Der Getraidebau ist von der Regierung untersagt. Alles für Cuba
-erforderliche Mehl wird von den V. S. in Fässern von 165 Pfund Gewicht
-jedes Faß eingeführt. Der Einfuhrzoll war stets 9½ Piaster pro
-Fäßchen, seit dem Kriege in Spanien ist er 10½, der aber erst 6-8
-Monate nach Empfang des Mehls erlegt wird. Für den Belauf des Zolles
-sind die Empfänger verbunden, Pagarées (Wechsel) auszustellen. Man kann
-mit Gewißheit sagen, daß im Durchschnitt an jedem Faß Mehl zwei Piaster
-verloren werden. Indeß verstehen es die Verkäufer, sich, da das Mehl
-pro Cassa verkauft wird, beim Placiren dieser Gelder durch hohe Zinsen
-und durch Schmuggelei für jenen erlittenen Verlust zu erholen! indem
-sie 2-3 Procent Zinsen pro Monat nehmen, welches, wenn die Hälfte des
-Mehls geschmuggelt ist, und dies ist gewöhnlich der Fall, einen guten
-Gewinn erzeugt.
-
-Nach dem bisher Erzählten und Dargestellten, wird sich der geneigte
-Leser nicht wundern, wenn ich mein Vorhaben, mehrere westindische
-Inseln zu besuchen, um Geschäfte und Gewerbe daselbst zu prüfen, wieder
-aufgab. Mit großen Erwartungen war ich hierher gereist und wiederholt
-war ich zum Reisen aufgefordert worden, „um den Geschmack des Landes
-kennen zu lernen.“ Doch worin besteht hier der Geschmack? In nichts
-Anderem, als die Waaren für die Hälfte des Fabrikpreises zu bekommen:
-wird doch von den Negerinnen nur buntes Zeug verbraucht; die Damen
-aber sitzen stets in weißen und knieen in schwarzen Kleidern. Die
-Mercaders sind, wie schon angeführt, ganz einig und bieten für die
-allerneuesten Gegenstände nie mehr, als die Hälfte des Fabrikpreises,
-in der Ueberzeugung, daß sie, wenn nicht jetzt, doch später den Artikel
-erhalten. Ob derselbe alt oder neu ist, darum kümmern sie sich nicht
-sehr, denn dem Publikum erscheint jeder Artikel in ihren Läden neu;
-wenn er auch wirklich ganz veraltet ist. Europäische Spekulanten irren
-daher bedeutend, wenn sie ihre in Commission geschickten Waaren als
-veraltet betrachten und für die Hälfte des Werthes verkaufen lassen;
-sie würden besser daran thun, dieselbe nach Europa zurückgehen zu
-lassen, wie es in der letzten Zeit auch Mehrere wirklich gethan haben;
-sie würden hierdurch den kenntnißlosen Commissionair des Urtheils
-überheben; „diese Waaren sind über den doppelten Werth facturirt
-gewesen!“ denn dies glaubt derselbe, wenn der Europäer, aus Furcht, daß
-seine Waare veraltet und werthlos sei, die Ordre giebt, sie mit Verlust
-des halben Werthes zu verkaufen.
-
-Meine Verhältnisse hierselbst waren von der Art, daß ich mir
-wenig Erfreuliches versprechen durfte; ich beabsichtigte ja, mein
-Eigenthum zu vertheidigen, d. h., die Commissionaire, mit denen ich
-nun einmal in Verbindung war und bleiben mußte, zu kontrolliren.
-Daß diese meine Absicht nicht lange verborgen bleiben konnte, ist
-leicht zu erachten und daß sie die Laune derselben verderben und sie
-gegen mich aufbringen mußte, ist eben so einleuchtend. Herren und
-Diener, Neger und Trabanten, Alle, ausgenommen die Spanier, welche
-meistens brav sind, wurden meine Feinde und begegneten mir mit einer
-Gleichgültigkeit, die mir freilich auch sehr gleichgültig war. Einer
-meiner Commissionaire, der Sohn eines sehr reichen Mannes, welchen sein
-Vater in der Absicht in Havana etablirt hatte, um aus anderer Leute
-Leder Riemen zu schneiden, ohne Zweifel aber besser gethan hätte, ihn
-zu Hause zu behalten, um ihn zum Riemenschneider für sich und seine
-ledernen Geldsäcke auszubilden, war mein größter Feind, weil ich ihm
-in einem Schreiben erklärte, daß ich nicht mit 25,000 Cigarren für
-eine mir schuldige Summe von 2000 Rthlr. zufrieden sei und daß ich,
-trotz seiner schriftlichen Anzeige, über diesen Gegenstand nicht mehr
-correspondiren zu wollen, -- „weil sonst seine Geduld ausrisse“ -- mich
-der Correspondenz durch die Behörde nicht enthalten würde.
-
-Ein sehr achtungswerther Spanier, dem ich meine Lage im Verhältniß
-zu den hiesigen Deutschen mittheilte, schlug mir vor, mich einem
-einflußreichen Advokaten, Namens A.s zu empfehlen, was ich mit Freuden
-annahm. Der Advokat bezeigte viel Theilnahme, erklärte sich bereit, mir
-zu dienen und fand das Benehmen des Commissionairs „abscheulich.“
-
-Hierbei ist zu bemerken, daß die Advokaten hierselbst nichts
-thun als instruiren; die Geschäfte in den Gerichtshöfen besorgen
-die Prokuratoren, die sich deshalb in den Morgenstunden bei den
-einflußreichen Advokaten einfinden und um Beschäftigung nachsuchen.
-Dieser Umstand trägt sehr dazu bei, die Prozesse in die Länge zu
-ziehen, denn die Prokuratoren verständigen sich oft sehr bald mit den
-Beklagten, wovon der beste gerechteste Advokat nichts wissen kann. Aus
-demselben Grunde und weil jedes Blatt Papier in Prozeß-Angelegenheiten
-gestempelt sein muß, werden die Prozeßkosten sehr hoch; es giebt
-Prozesse, zu welchen für 10,000 Piaster Papier verbraucht wird.
-
-Die Vollmacht, welche ich mir zunächst von einem Notar mußte anfertigen
-lassen, kostete mir 17 Piaster, das Uebersetzen der Briefe u. s. w. ins
-Spanische 1 Unze; Herr A.s übernahm sie mit Freuden und meinte, in
-Zeit von 4 Wochen sollte ich meinem Ziel recht nahe sein.
-
-Meine Prozedur wurde bald stadtkundig und der Haß der Deutschen nahm
-so zu, daß Wenige nur noch mit mir zu sprechen wagten. Obgleich ich
-mir hieraus wenig machte, so konnte ich doch nicht umhin, meine Lage
-unangenehm zu finden. Da stand ich ganz allein in einem fremden Lande,
-der Sprache unkundig, mit einer Parthie Waaren, die ich verkaufen
-wollte und keiner von allen Commissionairen wollte etwas mit denselben
-zu thun haben. Ich suchte Käufer und fand solche, jedoch wiederholt
-zerschlugen sich die Verkäufe, wenn die Waaren abgeliefert werden
-sollten. Welcher böse Dämon hierbei sein Wesen trieb, war mir zu
-ermitteln stets unmöglich. Einst hatte ich einen Handel mit einem
-Mexikaner und zwar mit einem sehr fühlbaren Verlust abgeschlossen. Als
-er mit mir nach dem Depot zum Empfang gekommen war und die Kattune
-in den Kisten, die geöffnet werden mußten, von gewöhnlicher Breite
-erblickte, trat er vom Handel zurück, weil er (vorgeblich) dieselbe
-Waare von doppelter Breite für 14 Sgr. pro Staab gekauft hätte.
-
-Jetzt suchte ich einen Sclavenhändler auf, welche gewöhnlich viel
-Waare kaufen und offerirte ihm Artikel, indem ich ihm die Proben
-vorwies, aber er bot so wenig darauf, daß ich die Hoffnung aufgab,
-mit ihm einen Handel abschließen zu können; Ein spanischer Don-Mäkler
-M...m, der, wie Viele, dies Metier unerlaubter Weise treibt, weil
-er die Summe von 2000 Piastern, die hierfür zu bezahlen sind, nicht
-anschaffen kann, hatte mir auf den Dienst gepaßt. Er meldet sich bei
-mir, fordert Proben -- und versichert mir, daß ein großer Theil meines
-Vorraths bald durch ihn abgesetzt sein solle. Proben aus den im Depot
-befindlichen Kisten zu nehmen, ist eine schwere Aufgabe, indessen es
-war mir daran gelegen, die Kosten dieser Prozedur kennen zu lernen
-und siehe da! ich mache dasselbe für etwa 15 Sgr., wofür die braven
-Commissionaire 6 Piaster in Rechnung zu stellen sich nicht schämten.
-Dieser Vorfall bringt mich zum Entschluß, eine Parthie Cigarren selbst
-zu verschiffen und was ergiebt sich? Daß ich diese Verschiffung
-mit einem Kosten-Aufwand von 2 Piastern besorge, während daß der
-Fleisch-Inhaber M... dafür 24 Piaster und 4 Realen berechnet hatte.
-Zwei große Geister wurden hierbei durch meinen Heroismus in Erstaunen
-gesetzt: 1stens der Don-Mäkler, weil ich mich nach dem Depot auf meinen
-eigenen und nicht auf Esels- oder Maulthier-Füßen hinschaffte und die
-Proben unterm Arm tragend mitbrachte -- was in Havana, wie der Mäkler
-meint, noch nicht vorgekommen ist. Der Fleisch-Inhaber war wegen der
-in Rechnung gestellten 24 Piaster mit sich selbst in Uneinigkeit und
-meinte, da er nicht selbst tranchire, daß ich mich mit diesem kleinen
-Anliegen an seinen Commis wenden müsse. Dies geschah und ein vom
-Fleisch-Inhaber wohlgenährter korpulenter Commis ertheilte mir die
-Antwort, daß jener, in Berücksichtigung meiner Gegenwart, die mit
-vielen Strapazen verbunden sei, die Hälfte der 24 Piaster erlassen
-wolle -- als besondere Gnadenbezeugung, wobei keine Umänderung der
-Rechnung stattfinden könne.
-
-Unterdessen hatte der Don-Mäkler, ungeachtet meines Verbots, die Proben
-dem Sclavenhändler gezeigt und mit ihm einen Handel abgeschlossen, ohne
-mir den Namen des Käufers zu nennen. Ich erfuhr ihn erst, als ich von
-ihm in einem Schreiben die Baarzahlung ausdrücklich bemerkt zu wissen
-wünschte. Da erfuhr ich denn, daß ich für den Werth von 2000 Piastern
-auf verschiedenen Sclaven-Schiffen Actien an Zahlungsstatt annehmen
-müsse; ich sollte also Sclavenhändler werden. Ich hatte ungemein vielen
-Verdruß, sowohl mit dem Käufer als dem Mäkler, willigte indeß zuletzt
-ein, nachdem ich jene Actien mit einem Verlust von 10 Procent verkauft
-hatte; -- unmittelbar nachdem ich das Geld empfangen hatte, nahm ein
-englisches Kriegsschiff Besitz von einem der Schiffe, woran ich eine
-Actie hatte.
-
-Kaum war dies Ungewitter vorübergezogen, als sich ein zweites über mir
-zusammenzog. Ich erhalte nämlich von M... die Anzeige, daß der Käufer,
-der auf die früher erwähnten Mantel-Stoffe reflektirte, jetzt gänzlich
-renoncire und daß überdies der Handel sehr nachtheilig für mich
-ausfallen würde, indem die Douane jetzt nicht wie sonst, einen Realen,
-sondern zwei Realen Zoll pro Vara dafür fordere. Diese Nachricht
-erzeugte in mir den Gedanken, daß der Fleisch-Inhaber mich tranchiren
-wolle; ich schnitt sofort eine Probe von einem der Stücke jenes Stoffs,
-ließ für den Collecter der Douane durch den Advokaten A.. eine Supplik
-anfertigen, in welcher vorgestellt war, wie durch ein Versehen meines
-vorigen Commissionairs für wollene Waaren ein Zoll von seidenen bezahlt
-worden sei -- welcher Zoll von den letztern beinahe noch einmal so hoch
-ist, als der von den ersteren; -- ich hoffe, der Herr Intendant werde
-den Befehl ertheilen, für diese Waaren, welche im Tarif aufzuführen man
-vergessen habe, den Zoll von Filleilas und nicht den für seidene Waaren
-zu erheben.
-
-Der Collecter zeigte sich zur Abänderung geneigt und forderte, daß ich
-an die Intendantur, unter Beifügung dieser Probe, eine schriftliche
-Auseinandersetzung einreichen solle, bemerkte jedoch sofort, daß ich
-den Zoll für die erste Parthie, die durch den Commissionair als seidene
-Waaren versteuert worden seien, nicht zurück erhalten könne.
-
-Wie aus den Wolken gefallen, stand ich beim Eintritt in das nächste
-Zimmer, als ich des M.. Expedienten dort fand und zwar, als sei er der
-Ober-Inspector, meinem Gesuche entgegentretend. „Diese Waare ist für
-dasjenige eingegangen, wofür Sie den Zoll bezahlen müssen und bezahlen
-werden; abgeändert kann hierbei nichts werden.“ Entrüstet über diese
-Bosheit, begab ich mich sogleich nach dem Comptoir des Herrn M.., um
-durch den Waaren-Aufseher, der mir versichert hatte, diese Parthie
-sei für Filleilas eingegangen und koste nur einen Realen Zoll, die
-Wahrheit zu erhärten. Aber welche Antwort erhielt ich? „Nun! wenn sie
-als etwas anderes als Filleilas eingegangen ist, so werden Sie sich dem
-unterwerfen müssen!“ -- Ich ließ die Supplik dem Intendanten übergeben
-und nach einigen Tagen erhielt ich durch einen der Estimateurs den
-Bescheid: „Sie haben zwei Realen als Zoll für diese Waaren zu erlegen,
-indessen soll es Ihnen freistehen, dieselbe zollfrei auszuführen.“
-
-Aufgebracht hierüber und über vieles Andere, beschloß ich, unverzüglich
-meine Rechnung mit Herrn M... zu schließen und sah mich zu diesem
-Zwecke nach einem Vermittler um. Ein Schottländer, Namens Dakin,
-schien mir die geeignetste Person hierzu, da er, wie ich erfahren
-hatte, früher mit jenem in ähnlichen Verhältnissen, wie ich, gewesen
-war. Allein hier kam ich aus dem Regen in die Traufe; er versprach
-mir -- ein Zug von Redlichkeit! -- das Beste für mich bei dieser
-Auseinandersetzung zu thun. Er that auch wirklich so viel, daß ich in
-Folge +seines+ Vielthuns über meine Kräfte viel für M... thun und
-viel Geld einbüßen mußte. Ich mußte ihm nämlich eine Bescheinigung
-ausstellen, mit seiner Abrechnung vollkommen zufrieden zu sein,
-ungeachtet daß ich in einer Abrechnung etwa 50 Procent für mein
-Capital und in den andern mehr oder weniger zurückerhielt, um meine
-Waaren und Gelder, welche er (M...) nicht unter andern Bedingungen
-ausliefern wollte, zur freien Disposition zu haben. Außerdem fand ich
-in seiner Rechnung Summen für Provision von 5 Procent, für Waaren, die
-ich selbst verkauft und wobei er gar nichts zu thun gehabt hatte, so
-wie auch Summen für Negerlohn, die mir eine volle Ladung Neger hätten
-zugesichert. Allein -- ich mußte mich fügen. Einen Prozeß in Havana,
-dachte ich, magst du der Erfahrung wegen haben, Einer ist aber auch
-genug.
-
-Die Bescheinigung wurde also, wie M... verlangte, ausgefertigt und ich
-hatte einen funkelnagelneuen Commissionair, der, wie ich mich bald
-überzeugte, in den Mysterien des Commissions-Geschäfts aufs genaueste
-eingeweiht war. Wie ist dies möglich in so kurzer Zeit? werden die
-geehrten Leser fragen. Ein gewisser, für Westindien unentbehrlicher
-Herr K.. verfertigte in der Art des sogenannten faulen Rechenknechts
-ein Hülfsbüchlein für Commissionaire, so wie auch Preis-Courante für
-Europäer; dieser höchst brauch- und unbrauchbare Mann sorgt also dafür,
-daß selbst die jüngsten und in Geschäften unerfahrensten nicht dermaßen
-zu Grunde gehen, wie er wiederholt zu Grunde gegangen ist.
-
-Mit meinem Dakin hatte ich es mithin jetzt zu thun. Zunächst erhielt
-er von M... die schriftliche Ordre, die Waaren, welche für meine
-Rechnung im Packhofe lagerten, in Empfang zu nehmen. Bald bemerkte
-ich jetzt, daß die Mantelstoffe zum Theil als Filleilas zum Theil als
-Ginghams einpassirt waren, benachrichtigte Dakin hiervon und sagte:
-„nun dürfen Sie nur einen Realen als Zoll bezahlen;“ er indeß hatte
-die Sache anders geleitet. Am folgenden Morgen begegnete er mir und
-sprach: ich muß Ihnen eine gute Nachricht mittheilen, der Douanier hat
-Ihre Mantelstoffe für das passiren lassen, was sie sind, nämlich für
-Filleilas à einen Realen Zoll; ich habe demselben jedoch 102 Piaster (6
-Unzen) versprochen, weil er sie der falschen Declaration des M... wegen
-hätte confisciren können. -- Geben Sie, erwiederte ich, dem Douanier
-für Ihre Rechnung so viele Unzen, wie Sie wollen, aber nichts für die
-meinige, denn die Waaren sind für Filleilas eingegangen und müssen
-auch dafür passiren. -- Ich werde ihm geben, so viel ich versprach,
-sagte er im Fortgehen, weil ich den Mann in meinem Geschäfte brauchen
-muß, und somit fand ich auch wirklich in der Rechnung: Allowance to
-guard for reduction of duty and excuse of fines 102 Piaster (d. h.
-Geschenk dem Zollbeamten für Nachlaß auf Steuer und Niederschlagung der
-Strafe.) In Europa würde sich wohl schwerlich Jemand diese Frechheit
-erlauben.
-
-Glücklicherweise sah ich mich bald in Stand gesetzt, mich des Dakins
-zu debarrassiren. Zufällig traf ich nämlich den Mercader, der auf die
-Mantelzeuge reflektirte. Wie erstaunte ich, als er mir erzählte, daß
-er stets darauf reflektirt hätte, von M... aber nie etwas bestimmtes
-habe erfahren können. Ich verkaufte die Parthie und befreite mich
-von Dakins. Die Rechnung, die ich jetzt von diesem Dilettanten in
-der commissionärischen Kunst erhielt, wich um kein Haar breit von
-denjenigen der frühern Commissionaire ab; sogar drei Piaster für
-Volanten-Lohn seiner Diener fanden sich darin. Als ich denselben wegen
-aller Prellereien zur Rede stellte, da ergriff er ein Federmesser und
-drohte, mich damit zu durchbohren.
-
-Nachdem ich mehrere von meinen unverkauft gebliebenen Waaren nach
-New-York expedirt hatte, -- worauf ich später zurückkommen werde, hätte
-ich unterdessen von Havana abreisen können, wäre nicht -- mein Prozeß
-gewesen. Schon waren drei volle Monate verstrichen und noch immer kam
-es mir so vor, als sei gar nichts geschehen, obgleich der Herr Advokat
-mich immer so vertröstete, als ob ich innerhalb acht Tagen am Ziele
-sein würde. Endlich entschloß ich mich, einen andern Weg einzuschlagen,
-auf welchem der geübte Forscher nicht ganz unbefriedigt abzieht und
-siehe da! es gelang mir; ich erfuhr, daß in der Sache noch gar nichts
-geschehen, daß noch nicht einmal mein und meines Gegners Name genannt
-worden sei. Im Zorn lief ich sogleich, als ich dies gewiß wußte,
-zu Herrn A.., überhäufte ihn mit Vorwürfen und er überzeugte sich
-sehr bald, daß sein Herr Procurator mit dem meines Gegners in gutem
-Einverständnisse sein müsse.
-
-Hierbei kann ich zu bemerken nicht unterlassen, daß ich unterdessen
-mehrere edle Spanier zu meinen Freunden gewonnen hatte, die sich meiner
-annahmen. Auch des englischen Consul muß ich rühmlichst erwähnen;
-von meiner ersten Ankunft an behandelte er mich mit der größten
-Aufmerksamkeit und Auszeichnung und lud mich sogar zu sich ein,
-obgleich ich keine weitere Empfehlung hatte, als seinen Namen von einem
-seiner Jugendfreunde in Hamburg auf einem Zettelchen geschrieben, zu
-präsentiren. Von Spaniern also wurde ich jetzt in Allem unterstützt.
-Ueberhaupt ist mein Rath, daß Jeder, der Geschäfte auf Havana treiben
-will oder muß, sich nur an Spanier wendet, man gewahrt in ihren
-Comptoirs zwar nicht Legionen von Commis in Pantoffeln und Negligée,
-allein man bemerkt bald, daß die wenigen Arbeiter viel und gut arbeiten.
-
-Nach der Weisung eines Kaufmannes und Beisitzers im Gerichte verfuhr
-ich jetzt. Ich ließ mir sofort von meinem Advokaten eine Klage
-niederschreiben, trug sie auf die Gerichtsstube des Friedensrichters
-und erlegte die Sporteln. Einige Tage darauf erhielt ich die Vorladung,
-vor dem Friedensrichter zu erscheinen. Am bestimmten Tage fand ich
-mich ein; allein, da ich nicht hinreichend Spanisch verstand, so
-wurde mir bedeutet, daß ich meinen Anwalt zur Seite haben müsse. Ich
-ging zu demselben, aber er wollte sich bei der großen Hitze nicht
-dazu verstehen, mich zu begleiten und expedirte einige Zeilen an den
-Friedensrichter. Dieser indeß wollte nichts von diesen schriftlichen
-Vorschlägen wissen und bestand auf dessen persönlicher Erscheinung.
-Durch viele Vorstellungen und Bitten, mir von der süßen Insel durch
-seinen Beistand los zu helfen, gelang es mir endlich, ihn zum Mitgehen
-zu bewegen -- ein hierselbst nie in der Advokatenwelt vorgekommener
-Fall, da diese, wie schon bemerkt, nie selbst in den Gerichtshöfen
-auftreten. Beim Hingehen eröffnete mir der brave Advokat, daß er
-sich auf die Entscheidung von guten oder Schiedsmännern nur unter
-+einer+ Bedingung einlassen würde und zwar der folgenden: daß
-die Schiedsmänner aus den Assessoren des Gerichts erwählt würden. Er
-änderte jedoch nach einer langen Unterredung mit dem Friedensrichter
-seine Ansicht, wendete sich zu mir und sagte: „ich habe genehmigt, daß
-hiesige Kaufleute, Einer für jede der Partheien den Streit schlichten
-sollen; Sie haben mithin ohne Weiteres zu bestimmen, wem Sie die
-Sache übertragen wollen.“ Ich wählte den englischen Consul und mein
-Gegner auch. Es ward sogleich ein Protokoll von dieser Verhandlung
-ausgefertigt und beigefügt, daß die Partheien sich gutwillig dem
-Ausspruche, wie er auch ausfallen möge, unterwerfen müßten und nur
-alsdann die Hülfe des Gerichtshofs, gegen Bezahlung von 500 Piaster an
-die andere Parthei, in Anspruch nehmen dürften. Mein Gegner und ich
-unterzeichneten dies Protokoll, welches einige Piaster kostete und
-es wurde zugleich festgestellt, daß die Entscheidung von Seiten des
-Richters in spätestens 14 Tagen erfolgen müsse.
-
-Nach Ablauf dieser Frist wurde mir das vom Consul abgefaßte Urtheil
-zugeschickt. Es verrieth einen feinen kaufmännischen Takt und bewies,
-daß der Consul über die Sache nachgedacht hatte, was in diesem Lande,
-der großen Hitze wegen, etwas Seltenes ist. Das Urtheil fiel so aus,
-wie sie in der Regel ausfallen, d. h. die Forderung wird compensirt,
-da jeder Schiedsrichter in ähnliche Verhältnisse gerathen kann und
-gern das Vergeltungs-Recht auf keine schlimme Art für sich ausgeübt
-wissen mag. Mir also wurde die Hälfte meiner Forderung aus den darin
-angeführten Gründen zuerkannt und ich wurde verurtheilt, eine Parthie
-Cigarren, woran mein Gegner ohne Zweifel tüchtig verdiente, zu nehmen,
-wobei mir freigestellt wurde, daß ich dieselben, wenn ich sie des
-hohen Preises wegen nicht sollte verkaufen können, für meinen eigenen
-Gebrauch verwenden dürfte -- und der Consul war der Meinung, daß diese
-mir munden würden, weil das Theure in der Regel gut schmeckt.
-
-Meine Gegner fragten mich zu wiederholten Malen, ob ich mit dem Urtheil
-zufrieden sei, wahrscheinlich auf ein verfängliches Wort lauernd.
-Vorsichtiger Weise aber bezeigte ich nicht allein meine Zufriedenheit
-mit demselben, sondern pries auch die Gerechtigkeitsliebe des Consuls.
-Ich wurde auf den folgenden Morgen zu meinen Gegnern beschieden, um
-die Sache zu ordnen. Dort versprachen sie mir denn auch, sofort die
-mir zuerkannte Summe zu zahlen. Als sie mir die englisch abgefaßten
-Quittungen zur Unterschrift vorlegten, verstand ich mich hierzu, wenn
-ich die auf meine Waaren für Zölle bezahlte Summen durch Quittung
-würde bewiesen sehen haben, -- was zu fordern mir zufolge des
-schiedsrichterlichen Urtheils frei stand. Gleich einem Leoparden sprang
-der eine Chef, der übrigens eher einem Burschen als einem Kaufmann
-ähnlich sieht, auf mich zu und schrie: „Sie sind mit dem Urtheil nicht
-zufrieden?“ Im Gegentheil, erwiederte ich mit der größten Ruhe, ich
-bin ganz zufrieden. „Nein!“ erwiederte jener, „machen Sie, daß Sie von
-hier fortkommen,“ und ruft Portier, Neger und eine Menge dienstbarer
-Geister herbei. Allein, wie ich war, mußte ich mich schon zur Retraite
-entschließen. Nach einigen Tagen erfuhr ich, daß meine Gegner beim
-Gericht auf die Auszahlung der 500 Piaster von meiner Seite angetragen
-hätten, weil ich, wie es ihr Commis bezeugen wolle, mit dem Urtheil
-nicht zufrieden sei. -- Indeß Herr A.. fertigte mir ein Schreiben aus,
-welches ich auf der Gerichtsstube abgab und der Erfolg war, daß ich
-nach einigen Tagen die mir zuerkannte Summe durch einen braven Spanier
-Franzisco Guyri et Comp. ausbezahlt erhielt und daß meine Gegner die
-durch ihren Starrsinn entstandenen Kosten allein tragen mußten.
-
-Bei dieser Gelegenheit zeigte es sich, daß es noch honette, brave
-Advokaten in den Welt giebt. Als ich nach Beendigung der Angelegenheit
-bei dem Advokaten Herrn A.. für seine Arbeit und Mühe liquidiren
-wollte, weigerte er sich, etwas anzunehmen. „Sie,“ sagte er, „haben
-genug verloren, ich darf nach meinem Gefühle Nichts nehmen. Schicken
-Sie mir, nachdem Sie wieder in Berlin angekommen sind, das allgemeine
-Landrecht und ich werde mich für die geringe Mühe belohnt wissen.“
--- Auch einige Silbergeschirre, die ich ihm überreichen wollte,
-verweigerte er anzunehmen.
-
-Die verweigerte Vorlegung der Quittung von Seiten der verurtheilten
-Gegner und der Vorfall mit den Mantelstoffen, mit dem Fleisch-Inhaber
-und dem Schottländer Dakins brachten einen Gedanken in mir zur Reife,
-mit welchem ich lange schwanger gegangen war, nämlich diese Herren
-durch eine genaue Nachsuchung in den Douanen-Büchern zu kontrolliren.
-Ich theilte meinen Vorsatz einem jungen Spanier mit und dieser meinte,
-daß ich dasselbe jetzt, da der Intendant zufolge eines Befehls von
-Madrid verabschiedet sei und der Gouverneur selbst dessen Geschäft
-vorstehe, vielleicht werde auszuführen im Stande sein, obgleich ich
-viele Schwierigkeiten dabei finden dürfte. „Mein Rath,“ setzte der
-junge Mann hinzu, „wäre dieser: daß Sie, im Falle Sie ihren Endzweck
-bei diesem Unternehmen erreichten und, woran ich nach dem, was sich
-zugetragen hat, nicht zweifle, Sie die Diebereien gegen die Krone
-und Sie selbst entdeckten, daß Sie alsdann für sich selbst Nutzen
-davon zögen, ohne das Gouvernement darauf aufmerksam zu machen. Denn
-sehen Sie, die Krone wird bestohlen, sie weiß dieses, weiß aber auch
-zugleich, daß das nicht zu ändern ist. Der Regierung ist es sehr wohl
-bekannt, daß diese Insel eine jährliche Revenue von 100 Millionen
-Francs abwirft, wovon ein guter Theil für die Armee und Salaire an die
-Beamten verbraucht, und vielleicht 11-12 Millionen veruntreut werden.
-Nimmt man indeß an, daß etwa 5 Millionen Piaster in Golde von diesen
-jährlichen Einkünften nach dem Mutterlande ausgeschifft werden, so
-bleibt es für uns Alle nicht wünschenswerth, daß jene 11-12 Millionen
-ebenfalls dahin geschickt werden, weil wir unter diesen Umständen bald
-ohne Geld wären. -- Wenden Sie daher den Erfolg Ihrer Nachsuchung für
-sich an, da ohnedies jede etwanige Publicität Sie verhaßt machen würde.“
-
-Noch an demselben Tage nach dieser Unterredung begab ich mich des
-Abends um 7 Uhr zum Gouverneur, der Jedem ohne Ausnahme, mit oder
-ohne Fußbekleidung, Gehör giebt, um ihm eine, jene Sache betreffendes
-schriftliches Gesuch zu überreichen. Der Gouverneur erschien sehr
-bald in Civilkleidern und so anspruchslos, daß ich beim Vorbeigehen
-nicht den hohen Staatsbeamten in ihm erkannte, bis mir der Adjutant
-sagte: „c’est le Gouverneur.“ Ich näherte mich jetzt der Thür des
-Gemachs, in welchem er die Supplikanten sprach und mußte die Ruhe und
-Gelassenheit bewundern, mit welcher er wohl eine halbe Stunde einem
-alten geschwätzigen Weibe, die für ihren Sohn ein Gesuch anbrachte,
-sein Ohr lieh. Mit vieler Artigkeit bat er sie endlich, zu enden, indem
-er, auf uns übrige zeigend, noch mehrere hören müsse. Nachdem sie
-und noch eine zweite Dame abgezogen war, kam ich heran, überreichte
-mein bescheidenes schriftliches Gesuch mit der ergebenen Bitte, wegen
-dieser Behelligung mich zu entschuldigen. Der Gouverneur las das
-Schreiben durch, versicherte mir, daß er sich nicht im Geringsten
-dadurch behelligt fühle; es sei seine Schuldigkeit, einen Jeden und
-insbesondere Ausländer zu hören und zugleich erlaubte er mir, wann und
-zu welcher Zeit ich wolle, wiederzukommen. „Gehen Sie in etwa 3-4 Tagen
-zum General-Secretair der Intendantur; ich werde die angemessenen
-Befehle ertheilen, daß Sie Alles, was Sie wünschen, in der kürzesten
-Zeitfrist erhalten sollen.“ Hierauf verabschiedete ich mich. Welcher
-Contrast im Betragen dieses Cubaschen Königs und jenes von Bremen
-stammenden Commissionairs!
-
-Nach vier Tagen ging ich zum Secretair R...; des Gouverneurs Befehl an
-den Collecter der hiesigen Douane wurde mir vorgelegt und angedeutet,
-daß ich in zwei Tagen in diesem Bureau um nähern Bescheid nachfragen
-könne. Ich ging hin, aber vergebens, und so 10 Tage lang. Ich
-beschwerte mich stark, lehnte aber ab, selbst zum Collecter zu gehen,
-weil ich es nur mit dem Gouverneur zu thun haben wollte. Endlich wurde
-von der Intendantur aus hingeschickt und ich erhielt den Bescheid, des
-Gouverneurs Befehlen in Betreff meines Gesuchs könne nicht so bald
-nachgekommen werden, da der zu dieser Arbeit unbedingt erforderliche
-Beamte sich auf dem Krankenlager befinde. Jetzt blieb mir nichts
-anderes übrig, als den Gouverneur wiederum anzugehen. Es geschah; der
-Gouverneur empfing mich höchst artig. „Wie weit sind Sie mit Ihren
-Nachforschungen gekommen?“ -- Ich befinde mich noch am Anfange; -- man
-giebt vor, daß der Beamte, welcher Ihrem Willen gemäß die Papiere für
-mich ausfertigen soll, krank sei. -- „Sonderbar! kommen Sie morgen
-Vormittag um 11 Uhr hierher.“ Als ich am andern Morgen wiederkam, sagte
-er zu mir: „der Secretair R. hat die bestimmteste Ordre von mir, was
-er thun soll; melden Sie sich bei ihm, damit er das Weitere für Sie
-besorgt.“ Dies that ich sofort. Sämmtliche Expedienten standen bald als
-sie mich kommen sahen, am Tische des ersten Secretairs R. und dieser
-sagte zu den übrigen: „Ich kann mir das Benehmen des Collecters gar
-nicht erklären und weiß fürwahr nicht, was ich thun soll. Geben Sie
-dem Herrn Ries,“ meinte einer der Secretaire, „einen offenen Befehl im
-Namen des Gouverneurs, daß ihm das nachgesuchte Papier unverzüglich
-ausgefertigt werde.“ Ohne Zögern folgte der Secretair diesem Rathe.
-Ich empfing den Befehl und lief, wie eine Katze vom Taubenschlag, zum
-Collecter, den ich an seinem Arbeitstische sehr beschäftigt fand.
-Eingedenk des Gebotes: Du sollst das Alter ehren, wartete ich, bis Alle
-sich entfernt hatten, weil ich voraussetzte, daß ein solcher offener
-ernsthafter Befehl, aus der Feder eines jungen Secretairs geflossen,
-dem ergrauten Staatsdiener nicht erfreulich sein würde.
-
-Ich überreichte demselben jetzt meine unversiegelte Depesche; er las
-sie und las sie wieder wohl zehnmal, beguckte sie von allen Seiten,
-obgleich auf dem winzigen Blättchen nur wenige Worte geschrieben
-standen. „Ich weiß nichts von Ihrer Eingabe,“ fing er endlich an. Sie
-ist hier, entgegnete ich, denn ich weiß, daß sie von der Intendantur
-schon vor 14 Tagen hierher geschickt worden ist. Der Collecter rief
-jetzt einem seiner, am nächsten Tische stehenden Secretaire zu: „wissen
-Sie etwas von des Herrn J. Ri--es (so wird mein Name im Spanischen
-ausgesprochen) Eingabe?“ Der Secretair mußte unsere kurze Unterredung,
-da er so ganz in der Nähe stand, mit angehört haben, fragte aber ganz
-fremd: „Ri--es? -- Kommen Sie, ich will mich erkundigen.“ Er führte
-mich in das Nebenzimmer und nach eingezogener Erkundigung wurde mir
-gesagt, daß der Expedient, dem die Anfertigung übertragen worden,
-krank sei, indessen das Papier solle bis zum andern Vormittage um 11
-Uhr in dem Bureau der Intendantur ausgeliefert sein. Ich ging jetzt
-nach der Intendantur zurück, um dem Secretair R. Bericht abzustatten,
-der mich dann auch auf den folgenden Morgen beschied und hoffte, daß
-der Bescheid eingehen werde. Am andern Morgen erfuhr ich nun, daß der
-Bescheid da sei, aber nicht der erwartete. Der Herr Collecter berichtet
-nämlich, daß, da die Bücher nach dem Archive geschafft wären, nur
-der Archivist über das Geforderte Bericht erstatten könne. Meinem
-Verlangen gemäß, wurde mir dies auf einem Billet niedergeschrieben, mit
-welchem ich mich sofort zum Gouverneur begab.
-
-„So muß ich also dem Archivisten den Befehl ertheilen, Ihnen den Auszug
-anzufertigen,“ sagte der gutmüthige Gouverneur; „gehen Sie morgen
-früh, aber nicht vor 12 Uhr zum Secretair R., Sie werden dort meinen
-Befehl für den Archivisten finden.“ -- Ich fand denselben in der That
-zur festgesetzten Zeit und der Secretair R. war so gefällig, denselben
-durch einen Beamten aus seinem Bureau nach dem Archiv zu befördern und
-ich folgte nach. Der Chef des Archivs sprach sehr geläufig französisch
-und englisch und bemerkte lächelnd, er könne mir im Voraus sagen,
-daß ich mehr bezahlt haben werde, als die Commissionaire nach den im
-Archiv befindlichen Büchern bezahlt hätten; er, der früher einmal auch
-Kaufmann gewesen, wisse, wie es zugehe. Er versprach, das Papier am
-folgenden Morgen in Ordnung zu haben. Er forderte zugleich von mir,
-daß ich ihm einen genauen Auszug von den Monaten und Tagen, an welchen
-die Schiffe, die ich in meinem Verzeichnisse namhaft gemacht hatte,
-in Havana eingelaufen seien, welches er aus den Büchern nicht ersehen
-zu können vorgab. Obgleich ich dieses nach der Art und Weise, wie
-die Bücher in Havana auf der Douane geführt werden, für eine leere
-Entschuldigung anzusehen berechtigt war, so versprach ich ihm doch,
-mich der Besorgung unterziehen zu wollen. Anfänglich schien mir die
-Aufgabe sehr schwer, indeß fand ich bald einen sichern und leichten
-Weg hierzu. Ich ging nämlich nach der Lonja (Börse) und machte aus
-den daselbst liegenden Büchern, welche über die Ankunft aller Schiffe
-sprechen, einen genauen Auszug, den ich schon nach Verlauf von einer
-halben Stunde nach dem Archiv bringen konnte, worauf der Archivist
-wiederholt mir den Auszug am folgenden Morgen für ganz gewiß versprach.
-
-Es vergingen indeß wohl 14 Tage und jeden Tag erzählte mir der
-Archivist etwas Anderes, warum er es nicht möglich machen könne.
-Als ich zuletzt sehr dringend ward und mit Beschwerdeführung beim
-Gouverneur drohte, sagte er mir: „Ich kann wenige von den durch M...
-für Sie eingeführten Waaren weder in den Büchern noch in den Manifesten
-finden.“ So wurde ich noch länger als acht Tage hingezogen, bis endlich
-der Archivist, da er meine Geduld erschöpft glaubte, mir eröffnete:
-„Sie finden die geforderten Papiere beim Gouverneur, ich habe sie
-heute dorthin befördert.“ Ich wendete mich jetzt an diesen, aber er
-wußte von nichts. Nach einigen Tagen nun endlich wurden sie mir in der
-Intendantur überreicht. Das Resultat war komisch, für mich freilich
-traurig, weil Herr M... beinahe Alles, was er mir für Zölle angesetzt
-hat, worüber dessen mir übergebene Rechnungen sprechen, nicht bezahlt
-hat, und ist das Original dieses Instruments beim Verfasser einzusehen.
-
-Jedes Forschen, welches nicht aus Neugierde, sondern aus Wißbegierde
-entspringt, ist ein eben so mühseliges als undankbares Geschäft; es
-erfordert immer einige Selbst-Aufopferung, wird jedoch selten, obgleich
-es das Beste der menschlichen Gesellschaft zum Gegenstand hat, nach
-seiner löblichen Absicht gewürdigt. -- Was die Leser auch von meinen
-Nachforschungen denken mögen, so habe ich selbst doch das ruhige
-Bewußtsein, daß ich die kaufmännische Gesellschaft gegen Diebereien in
-Westindien zu schützen beabsichtigte.
-
-Aus dem Bericht des Ober-Tribunals, der eigenhändig vom Gouverneur
-unterzeichnet wurde, ergab sich also aufs bestimmteste, daß der mit
-dem Buchstaben M... bis jetzt von mir bezeichnete Commissionair Moyer
-in Havana sehr viele von meinen Waaren eingeschmuggelt hat, „indem die
-Collys,“ wie der Bericht lautet, „weder in den Schiffer-Manifesten,
-noch in den Büchern zu finden seien.“ Erwäge nur der Leser, was den
-höchsten Staatsbeamten Cuba’s bewog, diesen offenbaren Betrug ganz zu
-übersehen! Ist er vielleicht in Hinsicht der Zollbeamten mit Friedrich
-dem Großen einverstanden, der bei einem ähnlichen Gesuch äußerte:
-„ein schlechtes Pferd ist dasjenige, welches an einer mit Hafer
-gefüllten Krippe steht und nicht frißt!“ Wir wollen dem Leser die oben
-angeführten Bemerkungen des jungen Spaniers ins Gedächtniß zurückrufen,
-denn von den veruntreuten 11-12 Millionen Francs bleibt doch ohne
-Zweifel ein großer Theil an den Händen der Douaniers kleben.
-
-Wie sollte der Gouverneur und wie durfte er handeln, wenn er nicht die
-ganze Maschine ins Stocken bringen wollte? Den Moyer zur Verantwortung
-ziehen, hieß nichts anderes als das ganze Personal des Packhofs in
-Anklage-Zustand versetzen, und was dann? Wo Leute hernehmen zum Betrieb
-des Packhofs-Geschäfts. Ich zweifle nicht, daß der Gouverneur, dem die
-ganze Regierung in Cuba obliegt, dem von Madrid aus die strengsten
-Instructionen zur Abschaffung von Mißbräuchen ertheilt worden sind,
-nach Lesung jenes Berichts den Nutzen für die Regierung daraus gezogen
-hat und gewiß sehr bald etwas thun wird. Dies darf ich wohl aus seinem
-Benehmen folgern. Nachdem er nämlich einen schriftlichen Aufsatz über
-Vereinfachung und Verbesserung der Douanen von mir verlangt und ich
-seinen Wunsch erfüllt hatte, fand dieser Aufsatz in seinem Hute Platz,
-wohin, wie mir gesagt wurde, alle schriftlichen Eingaben kommen, welche
-seine besondere Aufmerksamkeit rege machen.
-
-Eilf bis zwölf Millionen, sagte der junge Spanier, werden jährlich
-veruntreut. Sehr viel! Unglaublich! dürfte mancher Leser denken.
-Wogegen ich behaupte: nicht viel! wenn man hiermit die Diebereien
-vergleicht, welche sich die dortigen Commissionaire gegen ihre
-europäischen Handelsverbündeten erlauben. Zur nähern Beleuchtung
-dieser Behauptung will ich die Mantelstoffe zum Thema nehmen und klar
-beweisen, wie viel die beiden Commissionaire Moyer und Dakin dabei
-geschluckt haben.
-
- Piaster Realen
-
- Moyer nimmt von mir eine Summe von 50 2
- wofür er angeblich 2 Procent vom Werth
- Strafzoll erlegen mußte, weil die darüber
- sprechende Factura zu spät eintraf.[B]
-
- Dakin nimmt für dieselbe Waare an
- Kriegssteuer 34 -
-
- Für Geschenk an den Douanier wegen
- Erlassung der Strafe, wie früher erwähnt 102 -
-
- Für Steuer à 1 Real pro Vara 138 1
-
- Für die Provision 42 1
-
- Für andere Packhofsgebühren (wie billig!) 19 3½
- ----------------
- Ich zahlte mithin für eine Parthie Waaren,
- wofür ich 1241 Piaster ausgezahlt erhielt,
- wie nebenstehend 485 7½
-
-obgleich die Commissionaire gemäß der Bescheinigung des Ober-Tribunals
-gar nichts bezahlt hatten, und somit floß diese ganze Summe in
-die Tasche der Commissionaire. Dies beweist mithin meine frühere
-Behauptung, daß man mit Zurechnung der Spesen von Europa bei Sendungen
-nach Westindien stets auf 50 Procent Unkosten gefaßt sein muß.
-
-Jetzt bleibt mir noch zu beweisen übrig, wie hoch sich die von Moyer
-in Rechnung gestellten Zölle belaufen und wie viel er nach der
-Bescheinigung des Tribunals davon für sich erbeutet hat.
-
- Piaster Realen
- Was er mir berechnete, beläuft sich
- auf nicht mehr und nicht weniger, gemäß
- dessen eigenhändig unterzeichneten Rechnungen 291 3½
-
- Und wie viel hat er nach der Bescheinigung
- des Tribunals für jene benannte
- Summe bezahlt? Auch nicht mehr und
- nicht weniger als 58 4½
- --------------
- Er kürzte mithin die Revenuen der Regierung
- um 232 8
-
-Es ist jetzt noch meine Schuldigkeit, zu beweisen, daß es nicht allein
-in Havana, nein! daß es, wie ich behauptet habe, in ganz Westindien
-in dieser Hinsicht nicht besser ist. Zu diesem Endzweck und zur
-Einsicht für jeden nach der neuen Welt Handelslustigen will ich eine
-Verkaufs-Rechnung über 450 Stück Kattun nach Mexico über Vera-Cruz im
-Belauf von 4500 Piaster des wirklichen Verkauf-Preises liefern. Sie ist
-wie folgt:
-
- +¾ Vara breite Kattune.+
-
- 10 Ballen à 45 Stück in jedem Ballen, à 10 Piaster jedes
- Stück 4500
-
- +Unkosten in Vera-Cruz.+
-
- Seefracht 28 -
- Seezoll 12,600 Yd. oder 13,608 Vara
- mit 8 Proc. 1701
- Internation à 10¾ - 283 4
- Vermehrung à 3½ - 56 5
- Introduction etc. 35 -
- H. M. Gebühren 2 4
- ----------
- 2106 5
- Prämie 4 Procent 84 2
- ----------
- 2190 7
-
- Transport 4500 -
- Transport 2140 7
- Landfracht 110 -
- Alkials 16⅔ Procent 283 4
- Kleine Kosten und Porto’s 6 4
- Courtage ½ - }
- Del credere 2½ - } 180 -
- Lagermiethe 1½ - }
- Provision 7½ - 337 4
- 3108 3
- -----------
- Verbliebe mithin für den Versender ein
- reines Provenue wie zeigt von Piaster 1391 5
-
-Nach diesen klaren Aufstellungen werden es die geehrten Leser natürlich
-finden, daß mein Haß gegen die hiesigen Commissionaire einen guten
-Grund hatte und nach dieser Erfahrung noch stärker wurde, so daß ich
-ihnen ohne Rückhalt sagte: „ihr seid Diebe!“ Hierüber wurde ich von
-Mehreren zur Rede gestellt, besonders aber von einem in Bordeaux
-geborenen Deutschen, dem Compagnon eines angesehenen Spaniers und einem
-Schottländer N.. Der Erstere meinte, der Europäische Kaufmann könne
-nichts dagegen haben, wenn sich die hiesigen beim Zollamte Vortheile
-zu verschaffen wissen und Jener sei nicht berechtigt, Ansprüche auf
-einen Theil der ersparten Summe zu machen, weil das hiesige Haus das
-Risico des Verlustes habe und den Werth der Waaren nöthigenfalls dem
-Europäer ersetzen müßte. Meine Erwiederung war, daß der Europäer unter
-den jetzigen Umständen, d. h. wenn Alles glücklich geht, nie mehr als
-die Hälfte vom Werth seiner Güter zurückerhält, daß er aber, wenn die
-Waaren fortgenommen würden, ganz gewiß gar nichts erhalten würde.
-
-Der Schottländer N.. meinte, daß ich diese Behauptung in Hinsicht
-der Deutschen, aber nicht der Engländer hätte aufstellen sollen,
-weil die Deutschen ohne Ausnahme mehr Neigung für das Metier der
-Schmuggelei hätten, als irgend eine andere Nation. Er drohte, auf
-meinen Reisepaß Beschlag zu legen, versicherte mir, daß ich in den
-ersten 12 Jahren nicht von der Insel fortkommen würde, er habe bereits
-die Unterschriften mehrerer Kaufleute gesammelt, um ein Gesuch zu
-diesem Endzweck einzureichen. Ich nannte ihm Mehrere, an die er sich
-hauptsächlich mit gutem Erfolge wenden könnte und blieb ganz ruhig
-dabei, da der Gouverneur meine Meinung theilte und auf meiner Seite
-war. Sehr bald erhielt ich denn auch meinen preußischen Cabinets-Paß
-aus den Händen des Gouverneurs, von ihm selbst visirt und gratis (er
-kostet sonst 6-8 Piaster). -- Meine Bekanntschaft mit dem Gouverneur
-war bald stadtkundig geworden; die Deutschen zogen jetzt andere Saiten
-auf und fingen an, mich mit mehr Artigkeit zu behandeln, woran mir
-eigentlich wenig gelegen war.
-
-Früher aber hatten sich die Commis in der Restauration belle Europe
-zurückgezogen, wobei der Wirth natürlich sehr viel verlor, denn alle
-seine theuren Sächelchen, als da war: saurer Moselwein, welcher von
-den deutschen Commis als Schloß-Johannisberger getrunken und bezahlt
-wurde, seine von Frankreich eingegangenen Forellen und grünen Erbsen,
-welche letztere in Havana nur aufgewärmt wurden und wovon die kleinste
-Portion, so wie auch von den Forellen 1½ bis 2 Piaster kostete: alle
-diese schönen Dinge sahen jetzt nach dem Ausbleiben der Deutschen
-ihrem Untergang entgegen. Mit diesen Erbsen wird nicht selten Jemand
-angeführt, was auch mir passirte, -- ein Vorfall, den ich des Scherzes
-halber erzählen will.
-
-Als ich nämlich eines Tages in der genannten Restauration zum
-Mittagsessen kam, fand ich keinen Platz und war schon im Begriff,
-fortzugehen, als mich ein Commis einer meiner Commissionaire zum
-Bleiben aufforderte; sie rückten zusammen und ich setzte mich. Er
-beorderte eben grüne Erbsen als Gemüse für sich und fragte mich, ob
-er auch für mich dieses vortreffliche Gericht bestellen solle. Ich
-ersuchte ihn darum, in der Meinung, daß es eingeborene Havaneser wären,
-da die gewöhnlichen Gemüse hier stets auf den Märkten angetroffen
-werden. Wie erstaunte ich, als mir die Rechnung gereicht wurde und ich
-diese in Frankreich vor vielleicht vier Jahren zubereiteten Erbsen
-mit 1½ Piaster aufgeführt fand. Anfänglich glaubte ich, daß die
-jungen Leute, die sich, wie alle Deutsche, wegen meiner eingezogenen
-ökonomischen Lebensweise moquirten, den Aufwärter zu einem Scherz
-bewogen hätten. „Nein, nein!“ fiel einer der Leckermäuler ein, als
-ich dies äußerte, „kein Scherz! diese in Frankreich zubereitete
-Délices kostet so viel, und wir finden es so billig, daß wir sie jeden
-Abend als Souper genießen“ -- wobei er einen langen Sermon über die
-chemische Processe beim Einkochen u. s. w. anknüpfte. Ich erwiederte
-ihm kurz, daß Commis, deren Herren 25,000 Cigarren für 2000 Thlr. an
-Zahlungsstatt geben, freilich 1½ Piaster für drei Löffel voll grüner
-Erbsen auszugeben im Stande seien, ein ehrlichdenkender Deutscher aber
-könne dies nicht. Er erwiederte, diese Behauptung sollte ich auf der
-Gerichtsstube verantworten; ich aber bezahlte 1½ Piaster für ein
-aufgewärmtes Gemüse, welches ich frisch für ein Real hätte genießen
-können und ging weg.
-
-Auf solche Weise werfen die Deutschen mit dem Gelde um sich, was wir
-europäische Deutsche verlieren, weshalb man mit Recht sagen kann: hier
-ist des Deutschen Feind der Deutsche. Sie sind in keiner Hinsicht
-mit andern Nationen, am wenigsten aber mit den dortigen Franzosen zu
-vergleichen, welche ihre Landsleute ohne Ausnahme mit Herzlichkeit
-empfangen, bei jeder Gelegenheit ihnen thätig zur Hand gehen und die
-bedrängten unterstützen. Man hat Beispiele, daß Franzosen, welche sich
-auf Waarenspekulationen nach Westindien eingelassen hatten und dadurch
-fast ruinirt wurden, sich durch Hülfe ihrer dort etablirten Landsleute
-wieder erholten, indem diese Artikel von ihnen kauften, wobei sie
-bedeutend verloren, um jene aus der Noth zu befreien, oder um ihnen
-zur Rückkehr nach dem Vaterlande behülflich zu sein. In Legionen sieht
-man die Franzosen in Westindien herumziehen, die Alle in der Absicht
-hinkommen, ihr Glück zu machen. Niemand will dort weniger als 40,000
-Piaster ärndten.
-
-Welch ein Contrast bildet dies Benehmen mit dem der Deutschen daselbst;
-da ist nichts von Herzlichkeit und Patriotismus zu finden; Geld! ist
-das Losungswort und die Parole bei ihren Manövern und bei allem ihrem
-Thun und Treiben. Deshalb werden denn auch alle Artikel, in welchen
-die deutschen Fabrikanten Meister sind, den dort umherschwärmenden
-englischen Reisenden zum Copiren gegeben. „Mischen Sie die Waare
-mit Baumwolle,“ sprechen sie, „machen Sie dieselbe schmäler, auch
-allenfalls von kürzerem Maaße, nur copiren Sie treu die Appretur und
-das Zeichen; für das Uebrige werden wir sorgen.“ Der Reisende kennt
-seine Pappenheimer; er weiß, daß die Commissionaire in Havana weniger
-Kenntnisse im Waarenfache besitzen, als die Leipziger oder Berliner
-Dienstmädchen, und versichert ihnen daher, wenn sein Prinzipal die
-bestellte Quantität doppelt schickt, diese Parthie sei das Non plus
-Ultra! „Sehen Sie,“ sagt er, „Alles dieses hier, was Sie in dem Zeuge
-sehen, ist von leinenem Garn gemacht“ und der Commissionair -- was kann
-er auch bei seiner Unwissenheit anders thun? -- schenkt ihm Glauben.
-Das Höchste, was er noch thut, ist, daß er seine Legion bepantoffelter
-Commis und cigarrenrauchender Portiers, Neger und Trabanten herbeiruft,
-damit sie sich von der Vortrefflichkeit der englischen Copieen
-überzeugen und den herrlichen Einfall ihres Herrn und Meisters
-bewundern. Indeß, was ist der Erfolg? Die Havaneser kaufen diese
-Creasse, Platillien etc., die aus einem durch Maschinen zerstampften
-Flachse, mit Baumwolle vermischt, verfertigt sind, natürlicher Weise
-zu einem viel geringern Preise, als die deutschen Waaren derselben
-Art verkauft werden können, und die letztern bleiben liegen. Erst im
-Gebrauch bemerkt der Käufer, daß er hintergangen worden ist, indem die
-gepriesenen wohlfeilen englischen Stoffe über alles Erwarten rasch
-zerrissen sind. Unterdeß haben die Commissionaire ihren Endzweck
-erreicht: sie haben eine doppelte Quantität Waaren in Commission
-erhalten, sie verdienen die doppelte Summe von Provision und können
-demzufolge doppelte Portionen von den in Frankreich präparirten grünen
-Erbsen und von den theuern Forellen u. s. w. essen.
-
-Einst hatte ich Gelegenheit, einem Commissionair, und zwar einem sehr
-erprobten, zu widerlegen, da er sich wegen der Nachlässigkeit der
-deutschen Fabrikanten beschwerte, welche, wie er meinte, nicht mit der
-Zeit fortgingen und von Engländern sich vordrängen ließen; ich bewies
-ihm, daß alle deutschen Leinen den englischen vorzuziehen seien, weil
-der von der Natur im Flachs erzeugte Faden nicht zerstampft, sondern
-unversehrt in den Stoff eingewebt wird u. s. w.
-
-Wenn ich den geneigten Leser mit der weitläuftigen Erzählung meiner
-eigenen Angelegenheiten so lange hingehalten und vielleicht ermüdet
-habe, so bitte ich um Verzeihung und glaube, einige Ansprüche auf
-dieselbe zu haben. Da Behauptungen Beweise erfordern und diese nur dann
-als triftig gelten können, wenn sie sich auf bestimmte Erfahrungen
-stützen, so mußte ich diese ausführlich mittheilen. Es wird mich nicht
-gereuen, dieselben auf meine Unkosten theuer erworben und bezahlt zu
-haben, wenn die Saat, die ich hier zum Nutzen des europäischen Handels
-ausstreue, auch wirklich aufgeht und Früchte trägt. Zum Beschluß
-will ich, ehe ich zu Gegenständen anderer Art übergehe, Einiges über
-Meta-Geschäfte von dort auf Europa anführen, ein Gegenstand, der
-besondere Berücksichtigung verdient.
-
-Meta-Geschäfte nenne ich solche, bei welchen gewöhnlich drei
-Unternehmer interessirt sind, nämlich: ein Schiffseigenthümer, ein
-hamburger, bremer etc. Kaufmann, und endlich ein havanesischer
-Commissionair. Diese contrahirenden Personen verbinden sich mit der
-Ueberzeugung, daß Einer über den Andern so viel Vortheile als möglich
-erringen wird. Der Schiffseigenthümer liegt in Havana und kann für sein
-Schiff nur Fracht à 2 L. Sterl. pro Tonne finden, und doch möchte er 3
-L. Sterl. 10 Sh. bis 3 L. Sterl. 15 Sh. bedingen. Wie wäre es, spricht
-er jetzt, wenn ich mein Schiff mit Caffee oder Zucker für den letztern
-Frachtpreis belüde? Ein Commissionair findet sich hierzu bereit, wenn
-der Rheder den dritten Theil der Ladung für seine Rechnung auf Gewinn
-oder Verlust übernehmen will, was dieser annimmt. -- Der Commissionair
-schafft die Quantität zum Beladen an und findet vielleicht unterdessen
-Einige, die zu dieser enorm hohen Fracht beiladen, wodurch denn
-natürlich schon ein Gewinn für die drei Interessenten entsteht. Für
-den Commissionair, der unter der Firma Spanische Regierung Europäer
-et Comp. dieses Geschäft entrirt, muß unbedingt ein gewisser Gewinn
-bei solchen Geschäften erzeugt werden, denn er hat Provision für den
-Einkauf, den Rabatt, welchen die mit Maulthieren zum Anfahren der Güter
-beschäftigten Fuhrleute ihm erlauben (indem er nämlich das Fuhrlohn
-ganz in Rechnung stellt); er hat ferner die Sporteln, welche er sich
-beim Ausgangs-Zoll zu verschaffen weiß, so wie auch die Provision und
-anderen Sporteln auf die Waaren, die er für die europäischen verkauften
-Waaren, welche durch den Antheil dieser Ladung bezahlt werden, sich
-zu machen verstand, und endlich die Provision auf die Waaren, welche
-nach dem Verkauf des Zuckers an Zahlungsstatt nach Havana befördert
-werden. Der Europäer hingegen entschädigt sich durch Provisionen für
-die eingegangenen Colonial- und ausgehenden Manufactur-Waaren. Somit
-muß sich Einer auf Unkosten des Andern zufriedenstellen. Gern möchte
-ich einmal die Abrechnung von einem solchen Geschäft sehen, um die
-Erfahrung zu machen, wie viel den deutschen Fabrikanten von ihrem
-Capital, welches sie den Bremern oder Hamburgern in Waaren gegen
-Vorschuß zum Versenden nach Havana übergeben haben, übrig bleibt!
-
-Manche sind der irrigen Meinung, Waaren von Westindien seien Retouren,
-und deshalb müsse man daran verlieren. Wenn es jeder Europäer dem
-westindischen Commissionair zur Pflicht machte, keine anderen Retouren
-als Wechsel auf London oder Paris zu überschicken, so würden keine
-Colonial-Waaren zu einem so niedrigen Preise herabsinken, als man
-täglich erfährt. Tauschhandel findet in ganz Westindien nicht statt;
-es können demzufolge keine anderen Retouren als baares Geld existiren.
-Colonial-Waaren müssen stets für baares Geld eingekauft werden und
-selbst, wenn sie Jemand mit Salomonischer Weisheit einkaufte, so
-müßte er, glaube ich, daran verlieren: ich habe in diesem Punkte eine
-Erfahrung an einer Parthie Caffee gemacht, auf welche ich in Havana
-verdienen konnte, in Europa hingegen verlieren soll.
-
-Die Nordamerikaner sind, meiner Ueberzeugung nach, die einzigen, welche
-Geschäfte von Westindien nach ihren Staaten mit Nutzen betreiben
-können, weil beide so nahe Nachbarn sind und jene häufig ihre Einkäufe
-mit einem hübschen Gewinn realisirt haben, während ähnliche, zu
-derselben Zeit auf Europa unternommene Spekulationen noch erst am
-Anfange stehen und die Schiffs-Capitaine dorthin noch kaum zur Hälfte
-mit dem Einladen fertig sind.
-
-Sieht man hierselbst die Anzahl von Geschäftsleuten, insbesondere von
-Einkäufern aus den V. S., die tagtäglich in Massen ankommen, so muß es
-jedem Unbefangenen bald klar werden, daß die Preise von allen hiesigen
-Erzeugnissen sehr hoch sein müssen, und auf Europa nicht Rechnung geben
-können. Der amerikanische Einkäufer bedient sich wohlweislich der
-amerikanischen oder spanischen Commissionaire, mit denen er jedoch vor
-dem Abschluß hinsichtlich der Provision eine Uebereinkunft trifft und
-sehr selten mehr als 1¼ Procent accordirt. Fragt man den Deutschen,
-warum er nicht auch so billig arbeite, so erhält man zur Antwort: „weil
-wir nicht, den Creolen gleich, Hülsenfrüchte essen und Catalonische
-Weine trinken wollen.“ Der Verkehr mit den V. S. ist in Havana so
-bedeutend, daß jede Woche aus jedem Hafen derselben ein bis zwei, ein-
-und eben so viele von Havana auslaufen.
-
-Für Havana allein brachten diese Schiffe im abgewichenen Jahre
-125-130,000 Fässer Mehl, d. h. so viele erlegten den Zoll; man kann
-eine bedeutende Anzahl geschmuggelter hinzunehmen; die Einfuhr auf
-Matanzes und St. Jago ist mir unbekannt. Dessenungeachtet fehlte es
-einmal während meiner Anwesenheit in Havana wegen der widrigen Winde,
-welche die Schiffe am Einlaufen verhinderten, dermaßen an Mehl, daß
-keiner von den Bäckern mehrere Tage hindurch Brod zum Verkauf hatte
-und man zu den Schiffs-Zwiebacken seine Zuflucht nehmen mußte. Ein
-Schiff, welches in dieser bedrängten Zeit einlief, machte einen Preis
-von 32 Piaster pro Faß, der sich jedoch nur einige Tage behauptete,
-denn unmittelbar darauf kam so vieles Mehl an, daß die Preise in
-wenigen Tagen von 32 Piaster auf 18 herabsanken. Rindfleisch wird auf
-Cuba nur von Montevideo, in Friedenszeiten aber auch von Buenos-Ayres
-eingeführt; es langen etwa 100 Ladungen an. Es wird dort gesalzen und
-in der Sonne getrocknet, riecht nicht angenehm und ist nicht allein für
-den Neger bestimmt, sondern auch für den Ausländer; ist mir selbst doch
-sehr oft in den Restaurationen ein daraus zubereitetes Steak gereicht
-worden, allein mir kam es stets ungenießbar vor.
-
-Bei dieser Gelegenheit will ich dem geneigten Leser zur Uebersicht
-eine kleine Tabelle von den wichtigsten, aus den V. S. in Havana
-eingeführten Lebensmitteln vorlegen; merkwürdig ist hierbei die
-Quantität flüssiger Fettwaaren.
-
- 389796 Arrobas Reis, die Arroba à 25 Pfund 9,744900
- 12498 - Butter - 25 - 312450
- 261097 - Schweineschmalz oder 6,527425
- 101842 Pfund Oel in Fässern 101842
- 248392 Flaschen dito à 2 Pfund 496784
-
-Diese Quantitäten sind es, die den gesetzlichen Zoll erlegt haben;
-außerdem kommt noch in Betracht die Quantität Butter, welche
-Capitaine für ihre eigene Rechnung mitbringen, womit sie den Zoll zu
-umgehen wissen, so wie auch die Quantität Rindsfett von den auf Cuba
-geschlachteten Thieren, welche den Fettwaaren angereiht zu werden
-verdienen.
-
-Geht schon aus diesem kleinen Verzeichniß die Wichtigkeit Cubas für
-die V. S. hervor, so stellt sich dieselbe doch noch mehr heraus, wenn
-man auch folgende Artikel hinzurechnet, die auf Cuba, wegen Mangel an
-Menschen nicht verfertigt werden, nämlich: das Holz, aus welchem die
-750,000 Kisten zum Verpacken des auf Cuba erzeugten Zuckers gemacht
-werden, wofür der Producent dieses Artikels 3½ Piaster für jede vom
-Käufer wieder erhält; ferner die Masse Schweinefleisch, Lichter,
-Aepfel-Champagner, Knoblauch und Zwiebeln, von welchen ganze Ladungen
-anlangen; Stühle, Bänke, Tische, kurz Alles, was in den Häusern nöthig
-ist. Für alles dieses fließen den Amerikanern von Cuba ungeheure
-Summen zu, welche jedoch sehr oft nicht zureichen, den Belauf der von
-den Amerikanern aus Cuba bezogenen Artikel, als: Tabacke, Cigarren,
-Caffee, Melasse, Branntweine, Zucker, Früchte etc. zu decken. Es giebt
-sehr oft in Havana so viele Wechsel auf alle Handelsplätze in den
-V. S., daß den Käufern oder Abnehmern freiwillig eine Prämie von 3,
-zuweilen gar 4½ Procent angeboten wird. Bei diesen Umständen und bei
-solchen Gelegenheiten könnten die deutschen Commissionaire freilich
-sehr zum Nutzen ihrer Freunde in Europa agiren, wenn sie nämlich statt
-Colonial-Waaren Wechsel auf New-York für dieselben kaufen wollten und
-von dort auf London Wechsel anschaffen ließen. Allein dies geschieht
-nie; jeder deutsche Commissionair, welchem Credit in London zu Gebote
-steht, schickt seinem europäischen Freunde seine von ihm selbst auf
-London gezogenen Wechsel als Rimessen und berechnet die in Havana
-statt findende Prämie, welche gewöhnlich mehrere Procente höher, wie
-die in New-York ist. Es ist demnach mit Gewißheit anzunehmen, daß der
-deutsche Commissionair in Havana neben den 2½ Procent, welche er für
-die Anschaffung von Rimessen dem Europäer in Rechnung stellt, durch
-jene Operation noch 3-4 Procent verdient.
-
-
- ~Ueber die
- Feste und Vergnügungen~
- der
- Havaneser.
-
-„Heute nimmt der Carneval seinen Anfang!“ sagte meine Wirthin, als
-ich eines Morgens aus meiner Arche in ihr Zimmer trat, um mich zu
-einem Spaziergange an der Seeküste wegzubegeben; „heute,“ fuhr sie
-fort, indem sie eben Caffee schlürfte,[C] „müssen Sie sich einmal
-ganz dem Vergnügen hingeben, denn bis jetzt haben Sie wenig oder
-gar nicht gelebt.“ Während dessen vernimmt sie das Ausschreien von
-Lotterie-Loosen durch einen hausirenden Collecteur. Wie der Blitz war
-sie zur Hausthür hin, welche zugleich die Thüre ihres Visiten-Zimmers
-ausmachte, mit der einen Hand dieselbe öffnend, mit der andern
-die Tasse Caffee haltend, „vielleicht -- ja“ aussprechend, um ihr
-Schärflein zu diesen Regierungs-Revenuen beizusteuern. Die Nummern
-der Loose wurden sorgfältig durchgesehen und gemustert und ein
-Viertel-Loos in Gemeinschaft mit einem zufällig anwesenden jungen
-Franzosen gekauft. Von derselben Nummer hatte der Collecteur noch ein
-anderes Viertel, welches zu nehmen sie mich persuadiren wollte; da
-ich indessen diese Lotterie, wegen der unverhältnißmäßigen Anzahl der
-Nieten zu den Gewinnen haßte, so schlug ich es ab. Zufällig kaufte es
-der zum Frühstück nach Hause gehende Sohn meiner Wirthin und sonderbar
-genug, daß dieselbe Nummer in wenigen Tagen die höchste Prämie von
-25,000 Piaster erhielt. Es wäre freilich ein erfreuender Carneval für
-meine Finanzen gewesen, sagte ich, als mir die Liste und das Loos beim
-Frühstück gezeigt wurde, allein sein Sie überzeugt, daß, wäre ich
-Inhaber dieses Looses gewesen, Sie nichts gewonnen hätten, weil Fortuna
-die einzige im Frauengeschlecht ist, welche mir, da mein eiserner Fleiß
-ihren Gnadenbezeugungen stets getrotzt hat, stets entgegen trat und
-mich zum Hasser des schönen Geschlechts hätte machen können, wenn ich
-es nicht wegen der so vielen guten Eigenschaften so tief verehrte. Und
-dennoch ein Hagestolz? fragt vielleicht eine geehrte Leserin. Ja, meine
-Schöne, würde ich antworten, Hagestolz und zwar aus dem Grunde, weil
-ich täglich neue Bekanntschaften unter Ihrem Geschlecht und täglich
-bessere Eigenschaften zu entdecken Glück und Gelegenheit hatte, so daß
-ich die vollkommenste Frau aufzufinden mich entschloß und bei diesem
-Suchen ergraut bin, wodurch mir denn nur Ansprüche auf Ihren Geist,
-aber keine auf Ihre Herzen übrig geblieben sind.
-
-Als ich beim Fortgehen vom Hause über die Worte der Wirthin
-reflektirte, daß ich mich dem Vergnügen hingeben müsse, dachte ich bei
-mir selbst: worin kann und soll denn ein Mann in deinem Alter Vergnügen
-finden? Sollst du noch mehr thun, als anständig leben und dich kleiden?
-was allein schon in Havana Einem schwer wird. -- Aber es ist ja
-Carneval, dachte ich; du mußt also versuchen, auf die in diesem Lande
-übliche Weise das Geld todtzuschlagen.
-
-Zuerst also beschloß ich, von meiner Gewohnheit abzuweichen und ein
-großes Frühstück einzunehmen. Du mußt deinem Gaumen den Carneval
-durch Austern kund thun, dachte ich und ging demzufolge nach einem
-mit Zugwinde versehenen Lokale. Durch die Dienstfertigkeit der
-cigarrenrauchenden Marqueurs stand bald eine Portion Austern auf meinem
-Tisch, an welchem sich mehrere junge Herren in derselben Absicht
-befanden. Ich beguckte diese so wie die mir vorgesetzten Austern und,
-sonderbar genug! es erging mir mit den Austern nicht besser, wie mit
-den Herren; eben so wenig als ich wegen der großen Backenbärte die
-Gesichter der letztern zu beurtheilen im Stande war, eben so wenig
-wollte es mir gelingen, die wirklichen Austern aus dem Bart und aus den
-Schalen herauszufinden. -- Ich bezahlte ¾ Piaster für dieses frugale
-große en miniature aufgetragene Frühstück und dies war gut -- für? --
-den Wirth.
-
-Durch den vermeinten Austernschmaus war mein Appetit rege geworden,
-allein er verging mir bald wieder, als ich mich gegen Mittag der
-belle Europe näherte, als ich im Entree die verschiedenen Gerüche von
-Lampenöl, Knoblauch u. s. w., womit die Speisen zubereitet worden,
-einathmete, als ich das Reinigen der Messer und Gabeln von Seiten eines
-Negers sah. Der Oberkellner war damit beschäftigt, aus den Neigen der
-in verschiedenen Flaschen vom Abend zuvor übrig gebliebenen Weine,
-durch Zusammenschütten volle Flaschen zu erzeugen. In Havana nämlich
-ist es gebräuchlich, daß vor jedem der Couverte eine volle Flasche,
-d. h. ¾ Flasche steht; es wird jedoch nur so viel dafür bezahlt als
-daraus getrunken ist und mit den Neigen wird dann der erwähnte Prozeß
-vorgenommen, denn von ihnen gilt das, was in Wallensteins Lager der
-Rekrut mit zerrissenen Kleidern spricht:
-
- Stellt mich morgen in Reih’ und Glied dar,
- Wer sieht mir’s an, was ich gestern war!
-
-Ich nun bekam auch ein solches Mixtum-Compositum von Catalonischen und
-Französischen Weinen, ein Steak aus dem Fleisch von Montevideo und
-gesäuertes,[D] mit Schweineschmalz gebackenes Brod und eine Flasche des
-allerbesten, vor vielleicht vier Wochen eingesammelten Regenwassers,
-unfiltrirt: wofür ich etwa 1 Thlr. bezahlte; wieder gut für die belle
-Europe, von deren Schönheit ich kein Anbeter war.
-
-Nach dem Mittagsessen entschloß ich mich, einen Spanier, der mich
-zum Caffee eingeladen hatte, aufzusuchen, welches hier, da es keine
-Wohnungs-Anzeiger giebt, die Namen der Hausbesitzer auch nicht an
-den Thüren gefunden werden, eine sehr schwierige Aufgabe ist; die
-Kaufleute haben sogar keine Firma; die Läden haben wie in den deutschen
-Badeörtern ihre eigene Benennung als: der Hirsch, die blaue Kuh,
-Columbus etc. Erst nach langem Suchen fand ich meinen Spanier, der
-mich mit seinen beiden funfzehn- und eilfjährigen Töchtern, die mit
-ihren brennenden Cigaro’s da saßen, erwarteten. -- Als der Caffee
-servirt wurde, fand ich in den kleinen Unterschalen zu meinem Erstaunen
-statt der Theelöffel sehr große und schwere Suppenlöffel die mich
-einigermaßen genirten. Indeß sah ich denn doch, daß die Suppenlöffel,
-die hier in großen Vorräthen bei den Silberschmieden aufgehäuft liegen,
-eine Bestimmung haben, denn die Suppen sind in Havana so kompakt,
-daß sie mit dem Messer verzehrt werden können. -- Es wurde viel
-Caffee getrunken und eben so viel von allen Seiten Cigarren geraucht,
-wobei ich mich an der Virtuosität der jungen höchst liebenswürdigen
-Spanierinnen ergötzte, während ich mich, wie jene, in einem von den
-Schaukelstühlen wiegte. -- So wurde der erste Carnevalstag auf eine
-comfortable Weise todtgeschlagen, bis ich um neun Uhr in meine Arche
-zurückkehrte.
-
-Um dem Willen meiner Wirthin nach Vermögen nachzukommen, wandte ich am
-andern Morgen zunächst meine Aufmerksamkeit einem bessern Essen zu, was
-doch auch mit zu einer vergnüglichen Existenz gehört. Was wir Europäer
-unter: Gut essen verstehen, das konnte, wie ich aus meinen bisherigen
-Erfahrungen wußte, nicht gut in Havana möglich gemacht werden. Durften
-doch selbst bei meinem Commissionair, dem Fleisch-Inhaber, unter den
-vielen Schüsseln die besten nicht angetastet werden, weil sie für
-seine außer dem Hause wohnende Maitresse bestimmt waren; den Gästen
-wurden sie nur gezeigt und dann fortgetragen, wobei es sich glücklich
-ereignete, daß keine neugierigen Eva’s-Töchter zugegen waren. Ich indeß
-wünschte nur einen Tisch zu finden, auf welchen genießbare Speisen
-aufgetragen würden und berieth mich deshalb mit einem Franzosen. Dieser
-wies mir das Haus einer Französin an, woselbst ich für 30 Piaster pro
-Monat recht gut und zugleich in angenehmer Gesellschaft diniren und
-frühstücken könnte.
-
-Ich begab mich nach diesem Hause. Eine der Hauptzierden des
-Tisches war ein Bocksbraten, incognito, unter dem Namen Mouton in
-Knoblauchs-Uniform, um nicht verrathen zu werden. Das Dessert bestand
-aus vielen Kuchenarten und eingemachten Früchten; aus den erstern blies
-Jeder, bevor er sie genoß, die Ameisen und andere artige Insekten;[E]
-die Gesellschaft war angenehm, die Dienerschaft zeigte viel Gehorsam
-und besondere Aufmerksamkeit für die Gäste; man hatte sogar für
-einige Knaben und Mädchen gesorgt, die, da es gerade sehr heiß war,
-durch Eventails die Hitze der Mitspeisenden weniger fühlbar zu machen
-suchten; nur hätte man auch auf reinliche Wäsche und Kleider derselben
-sehen sollen. Am folgenden Morgen sollte ich erklären, ob ich, wie mein
-Freund, für die Dauer Abonnent sein wollte. Ich wollte jedoch zuvor zu
-einer ähnlichen Maßregel schreiten, als wenn ich mit Hauderern reisen
-wollte; wie ich dann zuerst die Pferde und Wagen mir besah, so wollte
-ich jetzt die Küche etwas ansehen.
-
-Ueber dieselbe etwas Näheres zu berichten, würde überflüssig sein,
-wenn die Leser mit der chirurgischen Operation bekannt geworden
-sind, die ich hier wahrnahm. Ich fand nämlich eine Negerköchin in
-einer solchen begriffen, indem sie einen etwa dreijährigen Knaben
-von einer hartnäckigen Obstruction befreien wollte. Da sie jedoch
-während dieses wichtigen Geschäftes durch das Ueberkochen eines
-Fricassés zur Kastrolle abgerufen wurde, so legte sie rasch das
-chirurgische Instrument nieder und lief ohne Weiteres zur Kastrolle,
-um dort die nöthigen Operationen vorzunehmen. Nachdem ich diese
-saubere Carnevals-Scene gesehen, beschloß ich sofort, eine für mich
-befriedigendere Carnevals-Speise aufzusuchen und dies gelang mir denn
-auch bald in einem Gasthof ohne Zeichen, dessen Wirthin, Madame Henry,
-eine gefällige Amerikanerin ist. Sie giebt für einen Piaster ein gutes
-Mittagessen und ausnahmsweise auch von dem für sich ohne Sauerteig und
-Schweinefett gebackenen Brode. Der Wein nur hatte hier, wie überall in
-der neuen Welt, chemische Processe zu ertragen gehabt. Hinsichtlich
-der Küchen-Revisionen dachte ich aber jetzt, wie Gellert in seinen
-Briefen von den Landkutschen: „Einmal in der Landkutsche gefahren und
-nie wieder.“
-
-Nachdem ich meinen Magen so ziemlich versorgt wußte, fing ich an,
-Nahrungsstoffe für den Geist aufzusuchen. Das Erste für die Havaneser
-in dieser Beziehung ist das Stiergefecht. Das Lokal zum Martern dieser
-Thiere befindet sich auf der andern Seite des Flusses in einem kleinen
-Orte, Redler genannt, dessen wohlhabende Bewohner viele Geschäfte
-mit Wachs und Honig treiben. Um dieses schauderhafte Vergnügen zu
-genießen, bezahlt man 6 Realen (etwas mehr als 1 Rthlr). Es befanden
-sich an jenem Tage gegen 2-3000 Zuschauer im Circus, der in Betreff
-der Baukunst nichts Angenehmes darbietet. Die Stiere befinden sich in
-den Händen des Gouverneurs, weshalb das Schauspiel erst nach dessen
-oder seines Deputirten Ankunft seinen Anfang nimmt. Sobald diese hohe
-Person erschienen ist, tritt der Direktor in alt-spanischem Costüme
-unter die Loge, aus welcher ihm die Schlüssel des Ankleide-Zimmers der
-stierkämpfenden Schauspieler herabgeworfen werden; er nimmt dieselben
-mit einer tiefen Verneigung in Empfang und öffnet sogleich die Thür,
-um eine der Bestien herauszutreiben. Muthig zeigt sich nun der erste
-dem in Leinen gekleideten Publikum, (denn unter allen Anwesenden
-waren nicht 100 in Tuchröcken); dort stehen die Marterer mit den
-Spießen, die sie den Thieren in die Ohren werfen müssen, damit sie
-wüthend werden. Im Uebrigen ist die dabei statthabende Musik, welche
-durch eine ungeheure Trommel, mehrere Posaunen, Trompeten und Becken
-hervorgebracht und durch Neger geleitet wird, ganz geeignet, die Ochsen
-zur Wuth zu reizen.
-
-Wird der agirende Ochs nicht in den ersten fünf Minuten rasend,
-so zischt ein großer Theil des Publikums und drückt sogar sein
-Mißfallen durch Worte aus, um die hetzenden Diener, welche zu Pferde
-oder auch zu Fuße mit Spießen, couleurten Fahnen, Tüchern etc. umher
-rennen, anzutreiben. Diese aber haben ihre Schlupfwinkel und werden
-oft, wenn sie in dieselben nicht rasch genug zu retiriren wissen,
-getödtet. Das Pferd eines dieser reitenden Diener wurde an diesem
-Tage so zugerichtet, daß die Eingeweide desselben wohl ¼ Elle
-lang heraustraten und es sogleich niederfiel. Die Thiere werden bis
-zum Niederstürzen gemartert; fallen sie, so tritt ein privilegirter
-Henkersknecht mit einem langen Spieß heran und beendet das große Werk.
-Als dies geschehen war, erschien ein Postzug von drei Pferden (in die
-Länge gespannt) und der getödtete Stier wurde in vollem Trabe, unter
-Jubelgeschrei und Beifallsklatschen der Anwesenden hinausgezogen. Und
-sofort wird ein anderes Thier hinausgetrieben, um das Schicksal des
-erstern zu haben. -- Die allermuthigsten werden gewöhnlich erst am
-Ende auf den Kampfplatz gebracht. Der letzte war auch der glücklichste
-von allen; trotz aller Mühe, welche man sich gab, ihn zum Stürzen zu
-bringen, bestand er jede Probe, ja selbst die Feuerprobe; er wurde
-nämlich in eine mit Feuerwerk gefüllte weibliche Figur hineingetrieben
-und entkam der Gefahr, und unter Klatschen und Beifallrufen kehrte er
-in seinen Stall zurück.
-
-Nicht weit von Redler liegt ein kleiner Flecken, wo ein bedeutendes
-Geschäft mit Melassen, einem Syrup, den man nicht wie in Europa beim
-Raffiniren, sondern aus dem rohen Zucker gewinnt, getrieben wird.
-Ueber die Art und Weise, wie das Produkt erzeugt wird, will ich
-nichts anführen, indem ich voraussetze, daß Herr von Humboldt und
-andere Gelehrte in ihren Abhandlungen über den Zuckerbau hierüber das
-Wissenswertheste gesagt haben. Ich langte gerade in jenem Flecken an,
-als der Inhalt eines Fasses, nach Freiheit strebend, den Boden des
-Fasses zum Nachgeben gezwungen hatte und frei herauslief. Zwei Neger
-waren sogleich bei der Hand, die Melasse zu sclavischem Gehorsam
-zurückzuführen und beschäftigten sich damit, diesen flüssigen Stoff mit
-ihren schwarzen Händen (weshalb es für das Urtheil des Profanen ungewiß
-blieb, ob sie schmutzig waren oder nicht) vom Boden aufzuschöpfen und
-einzugießen. Welch ein erfreuender Anblick, dachte ich, müßte diese
-Operation für einen Nord-Amerikaner sein, welche beim Caffee oder Thee
-zum Frühstück einen Pfannkuchen, in solchem Syrup getränkt, zu genießen
-pflegen.
-
-Von den Prozessionen, die ich hier gesehen, verdient zunächst die am
-Carneval übliche angeführt zu werden, weil schon die Tendenz derselben
-sehr lobenswerth ist, nämlich den Kranken und Schwachen, welche an
-den Carnevals-Freuden Theil zu nehmen verhindert sind, Kunde davon zu
-geben. Jeder Conditor und Bäcker nämlich hat Brod- und Kuchen-Arten
-für den Zustand des Kranken, aber auch der Gesunden zubereitet,
-welche aus ihren Wohnungen der vorüberziehenden Prozession auf großen
-Präsentir-Tellern gereicht werden und Träger finden sich bald bereit,
-um sich ihren Magen und den Hospitälern nützlich zu erzeigen. Auch wird
-von den Spanierinnen Charpie in großen Quantitäten auf eben solchen
-großen Präsentir-Tellern den bereitwilligen Trägern übergeben.
-
-An demselben Tage bemerkte ich auch das Leichenbegängniß eines
-Staatsdieners; ganz in prozessionsartigem Zuschnitte lag die Leiche
-im offenen Sarge in vollem Ornate, mit den dieser Person gewordenen
-Ehrenzeichen. Eine schlechte Anordnung in solchem heißen Lande! Gern
-hätte ich auch den Leichenzug eines Havanesischen Kaiser Napoleon
-mit beigewohnt, ein Kirchendiener nämlich, der wegen der täuschenden
-Aehnlichkeit mit diesem großen Manne, sich eben so zu kleiden pflegte,
-wie dieser. In jüngern Jahren soll er auch nach Europa gereist sein,
-um die feinen Nuancen im Benehmen des Kaisers beobachten und copiren
-zu können. Ich wurde aber durch Geschäfte abgehalten, der Beerdigung
-desselben beizuwohnen und kann deshalb darüber nichts Näheres berichten.
-
-Mit großen Lettern prangte heute auf den Theater-Zetteln, die im
-allergrößten Formate an allen Straßenecken angeklebt waren, Rossini’s
-beliebte Oper: der Barbier von Sevilla, im Opernhause, nur von
-italienischen Künstlern ersten Ranges dargestellt, und präcise um
-sechs Uhr befand ich mich zum ersten Male auf dem Wege nach dem
-Opernhause. Da aber der liebe Gott die Tabacks-Produzenten unterdessen
-mit einem lang erflehten Regen erfreut hatte, so war diese Reise
-nicht ohne bedeutende Schwierigkeiten auszuführen, indem selbst die
-Volanten nur mit Mühe durch den Lehm sich durcharbeiteten. Als ich
-endlich unversehrt anlangte, zeigte mir das Gedränge an der Kasse
-bald die Unmöglichkeit, eine Einlaßkarte lösen zu können, und schon
-war ich im Begriff fortzugehen, als mir Jemand eine anbot zu sechs
-Realen (1 Thlr.). Mein Erstaunen war nicht gering, als ich erfuhr, daß
-diese sechs Realen bloß für die Erlaubniß ins Haus zu treten bezahlt
-seien, daß ich, wenn ich einen Sitz haben wolle, noch 1½ Piaster
-hinzuzulegen hätte, weil jeder einzelne Platz für 51 Piaster auf 24
-Vorstellungen abonnirt sei. Da die Logenthüren stets offen bleiben,
-fiel ein in kurzer Entfernung stehender Deutscher ein, würden Sie wohl
-daran thun, sich an einer von den Logenthüren aufzuhalten, wenn Ihnen
-das Stehen nicht zu lästig ist. Diesen Rath befolgte ich und er fand
-sich auch als der erste vernünftige, der mir während meines Hierseins
-von einem Deutschen ertheilt wurde.
-
-Die Logen-Abonnenten langten successive an; an jeder Loge befand sich
-ein gallonirter Neger als Begleiter und Beschützer der Frauen. Dieses
-letztern Ausdruckes darf ich mich eigentlich nicht bedienen, weil
-alle Damen ohne Kopfbedeckung erschienen und ich mithin nicht wissen
-konnte, welche von ihnen unter die Haube gekommen war. Die Sänger waren
-größtentheils +Invaliden+, wenn ich sie mit denen der großen
-Londoner und Berliner Oper vergleiche. Es war kein +Rosinchen+
-von französischem oder italienischem Weinstock, nein! es war eine
-derbe von Malagaschen Trauben erzeugte Rosine, welche dessenungeachtet
-derb gefiel; ein Nasen-Tenorist; ein mit hölzernem Spiel und ditto
-Stimme begabter Figaro und alle übrigen Mitwirkenden ließen ihre Arme
-und Beine für die Hauptsache sorgen. Die Chöre bemühten sich, einen
-Galamathias zu schreien; der Musik-Direktor, ein Holtér von Geburt,
-klopfte derb auf und machte es „holter“ recht. Das Orchester war brav,
-indem es aus Musikern der dortigen Regimenter zusammengesetzt war.
-
-Der Vorstellung und besonders des Stehens überdrüssig, sehnte ich
-mich jetzt nach einem Sitz, wobei ich gestehen muß, daß, wäre ich
-vielleicht 20 Jahre jünger gewesen, ich mich wegen der beiden höchst
-liebenswürdigen Spanierinnen, hinter deren Sitz ich stand, zum ewigen
-Stehen (NB. diesen Theater-Abend) würde bereit gefunden haben. Ich
-bemerkte bald, daß der Inhaber des Erfrischungs-Saales vor dem in
-demselben angebrachten Fenster mit Gittern stand und seinen Cigarr
-schmauchte; von dort aus aber konnte man durch eine offen stehende
-Logenthür die Bühne übersehen und jeden Ton deutlich vernehmen. Rasch
-ließ ich meine schönen Spanierinnen im Stich, eilte nach diesem Saal
-und bestellte ein Glas Aqua de Panaly[F] und schaute und hörte bis zu
-Ende des ersten Aktes. Jetzt aber füllte der Saal sich so übermäßig
-mit Cigarrenrauchern, daß ich mich zum Abzuge entschloß. Ich machte
-jetzt die Ronde hinter den Logen und stieß jede zwei Schritte auf einen
-mit blankem Seitengewehr in der Hand postirten Militair. Ich hörte,
-daß die Mannschaft, die hier den Dienst verrichtet, sich auf eine
-complette Compagnie belaufe und alle Gewehre scharf geladen seien. Es
-geschieht dies wegen der Masse von Negern, die hier beisammen sind.
-Im Parquet bemerkte ich jetzt Niemand, denn Damen gehen nicht hinein
-und die Herren rauchten alle einen Cigarr im Caffeehause; ich machte
-während der Pausen eine Promenade auf das italienische Dach. Die
-mondhelle Nacht bot mir etwas dar, was jeden mit Gefühl für Natur und
-Kunst begabten Europäer überraschen mußte. Ich war tief ergriffen, als
-ich auf die im Strome vor Anker liegenden Schiffe (in allen Größen, ja
-sogar Kriegsschiffe) herabsah und auf der ans Opernhaus angränzenden
-Promenade die spazierlustige Welt, um sich von der Tageshitze zu
-erholen, mit brennenden Cigarren umherwandernd, erblickte. -- Als ich
-aus den höhern Regionen dieses schönen Musentempels in die untern Räume
-zurückkehrte, wo die Diener des Mars walteten, rollte eben der Vorhang
-zum zweiten Akt herauf. Eingedenk der Gefahr, die ich bei meiner
-Hieherkunft in Beziehung auf die Volanten zu bekämpfen hatte, welche
-nach Beendigung der Vorstellung noch größer zu werden versprach, trat
-ich die Wanderschaft nach meiner Arche an.
-
-Meine Wirthin war, als sie sich durch die mitgebrachte Contre-Marque
-von meiner Gleichgültigkeit gegen die gepriesene italienische Oper
-überzeugt hatte, sehr aufgebracht und meinte es sei nun bald Zeit für
-mich, in mein deutsches Sibirien, Berlin genannt, zurückzukehren. --
-Auch die Ratten feierten in meiner Arche ihren Carneval, sie ließen
-mir wenig Ruhe und mußten während der Nacht sehr ausgelassen (trotz
-unseren deutschen Rheinländern, den Cölnern) gewesen sein, denn als ich
-mich am andern Morgen von meinem Stickrahmen erhob, waren zwei Fuß aus
-der Wand zunächst meinem Lager zusammengearbeitet. Dies erzeugte in
-mir den Gedanken, die Redoute im Theater de Tacon an diesem Abend zu
-besuchen, um mich ermüdet und des Schlafens gewiß niederzulegen.
-
-Es werden hier stets zwei aufeinander folgende Redouten gegeben;
-da der Spanier sich in Masken-Anzügen am besten gefällt, so ist es
-nichts Seltenes, daß an demselben Abend 3-4 statt haben. Also nach
-der Redoute! dachte ich. Aber ist es nicht eine Sünde gegen das achte
-Gebot für einen Mann, wie ich, auf die Redoute zu gehen? -- Wird
-doch, tröstete ich mich, die edle Zeit ohne Furcht und fortdauernd
-von so Vielen getödtet; so tödte denn auch du einmal dieselbe aufs
-+beste+. Schon um acht Uhr des Morgens verkündigten die sehr
-langen und breiten Anschlagezettel, daß an diesem Abend die größte
-aller Redouten statt finden solle, indem 10,000 Personen sich einfinden
-würden. Mit Sehnsucht wartete ich auf den Abend, dies Wunder zu sehen,
-aber meine Freude wurde zu Wasser, denn es fing plötzlich an zu regnen,
-als sollte eine Sündfluth statt finden. Die Straßen werden unpassirbar
-und ich entschließe mich, zu Hause zu bleiben. Indeß zur Freude des
-Unternehmers dachten nur wenige so wie ich; es wimmelte trotz des
-Morastes in den Straßen von Masken in weißen und farbigen Anzügen; die
-Wirthe beeilten sich, den zu Fuß wandernden Masken hülfreiche Hand zu
-leisten; in den unpassirbaren Straßen werden Nothbrücken und Trottoirs
-von Brettern gelegt und siehe da! der Saal ist noch, wie mir versichert
-wurde, gepfropft voll gewesen.
-
-Meine Wirthin nahm selbst zwar an keinem Vergnügen mehr Theil,
-bekümmerte sich aber nichts destoweniger um alle; sie wußte jede
-Neuigkeit, wußte, wo es Schmausereien und Bälle gegeben hatte und geben
-würde. Sehr glücklich für Sie, fing sie eines Morgens an, daß der Regen
-vor einigen Tagen Sie von der Redoute zurückgehalten hat; Sie bekommen
-übermorgen für Ihr Geld eine weit hübschere zu sehen, eine Redoute
-romantique nach der Form eines bal masqué romantique, der vor einigen
-Tagen von einem reichen Spanier zum ersten Male gegeben wurde. Ich
-wußte in der That nicht, was es mit dieser Romantik des Balles für eine
-Bedeutung haben solle, und die gute Wirthin fuhr erklärend fort: Sehen
-Sie! ein reicher Spanier hatte die Absicht, sich zu verheirathen. Nun
-hatte er die Bekanntschaft sehr vieler Damen; unter diesen aber waren
-10-12 gleich schön und liebenswürdig, so daß er unter diesen zu wählen
-sich nicht entschließen konnte, da er keinen Grund hatte, der einen
-oder der andern den Vorzug zu geben. Um nun aber nicht, wie jener Esel,
-der sich nicht zu einer Wahl zwischen mehreren Heuhaufen entschließen
-konnte, ewig auf derselben Stelle stehen zu bleiben und zu hungern,
-gerieth er auf folgendes Manöver. Er gesteht frank und frei jeder der
-Damen sein Unvermögen zur Wahl und eröffnet ihnen dabei seinen Plan:
-er werde die Damen alle gemeinschaftlich zu einem Balle einladen und
-die Einladungskarte mit einer Nummer versehen; alle 12 Nummern sollten
-in ein Glücksrad geworfen und unter Cupido’s und Hymens Schutz tüchtig
-durchgemischt werden, und Fortuna solle dann beim Herausziehen einer
-der 12 Nummern für ihn entscheiden, welche von den 10-12 Auserkornen
-die auserkorenste sein soll. -- Da die Spanierinnen hinsichtlich des
-Verheirathens wie alle Europäerinnen denken, d. h. mit dem Wunsch,
-sich zu verheirathen, zu Bette gehen und wieder aufstehen, so fand
-ein solches Unternehmen keine Schwierigkeit und -- der junge Mann hat
-eine recht niedliche und zugleich gute Frau bekommen. Und sehen Sie,
-fuhr sie fort: auf ähnliche Weise wird die nächste Redoute romantique
-statt finden, nur mit dem Unterschiede, daß hier eine Frau von Ihnen
-erhascht werden kann und zwar eine sehr ruhige, friedliebende, nämlich
-eine leblose mit einer goldenen Kette, (im Werth von vier Dublonen)
-geschmückte, -- Figur. Sehr gut! erwiederte ich, bei einer solchen
-Heirath riskirt man doch nicht seine häusliche Ruhe; ich werde mich
-um sie bewerben. -- Mit dem Glockenschlage 10 stand ich an der
-Kasse, legte bescheidener Weise einen Piaster nieder und erhielt mit
-einem Billet Hoffnung zum Besitz einer der anspruchlosesten Frauen
--- indessen Fortuna gestattete mir auch hier nicht, Hymens Fessel
-anzulegen.
-
-Der Saal entsprach übrigens nicht meiner Erwartung, indem man mir oft
-gesagt hatte, das Carlo-Theater in Neapel sei ein Miniatur-Gebäude
-gegen dieses de Tacon; ich fand diesen Saal nicht größer als den
-des neuen Hamburger Schauspielhauses bei Redouten. Das Haus ist
-durch und durch von Holz, die Beleuchtung sehr schwach, welches
-wohl dem bedeutenden Verbrauch des Oels bei Zubereitung der Speisen
-zuzuschreiben ist; man konnte, obgleich die Logen des ersten Ranges
-in keiner zu großen Entfernung sind, nichts von den in denselben
-herumschweifenden Masken unterscheiden.
-
-Die Masken-Ordnung ist eine sogenannte zwanglose, d. h. Unordnung.
-Die Neger ausgenommen, ist Jedem der Zutritt gestattet, mag er in
-schmutzigen oder reinlichen Hauskleidern erscheinen. Im Saale ist das
-Cigarrenrauchen erlaubt, weshalb beinahe Alle rauchen. Da der Spanier
-für Hazard-Spiele und das schöne Geschlecht mehr Neigung hat, als
-irgend eine andere Nation, so konnte der Unternehmer wohl die Anzahl
-seiner Besucher vorausbestimmen und auf 12,000 angeben, und so groß
-war auch wirklich die Anzahl der vertheilten Entréekarten, obgleich
-höchstens für 3000-3500 Personen Platz im Saale ist. Die, welche keinen
-Platz im Saale fanden, spazirten in den blühenden Orangen-Alleen und
-athmeten bessere Düfte als die im Saale.
-
-Die Alleen glichen einem Lustlager; man fand hier Reihen erleuchteter
-Buden mit Erfrischungen aller Art: da standen in Oel gesottene
-Ziegenfüße, dort eben so zubereitete kleine Fischchen, die wegen ihrer
-kleinen niedlichen Gestalt ihren Namen Petit-nets verdienen. Dort
-bemerkt man Buden mit eingemachten Früchten und Confituren, auf welchen
-sich Blumenstücke von den vorzüglichsten Ameisen und andern dort
-einheimischen Insekten, nicht nach dem Leben, sondern nach dem Ableben
-derselben gebildet hatten. In manchen Buden wurden Milch- und andere
-Punsch-Sorten geschenkt. Zwischen den Buden lagen die respektiven Köche
-auf dem durch die Hitze seit einigen Tagen ausgetrockneten Lehmboden
-hinter dem Feuer von Holzkohlen, und die reich gekleideten Masken sah
-man lüstern auf die in Oel siedenden Gerichte hinblicken. Ich glaube
-nicht zu übertreiben, wenn ich die Anzahl der Menschen, die sich
-herumtrieben, auf 10 bis 12,000 angebe. Es war ein herrlicher Anblick,
-in der mondhellen Nacht eine solche Masse lebenslustiger Menschen unter
-Gesang und Spiel umherschwärmen zu sehen und nicht einen einzigen
-Betrunkenen zu bemerken. Aecht Spanisch! Jeder und beinahe Jede mit
-einem brennenden Cigarr im Munde, aber alle nüchtern.
-
-Auch die Negersclaven begehen acht aufeinander folgende Stunden den
-Carneval. Am heiligen Drei-Königs-Tage, des Vormittags um 10 Uhr, hört
-man überall Trommelschläge, die Signale, daß der Carneval seinen Anfang
-nehmen wird. Es gruppiren sich jetzt in allen den Straßen, in welchen
-jene Signale gegeben worden sind, diejenigen, welche an der aus jener
-Straße abziehenden Gesellschaft Theil zu nehmen versprochen haben.
-In jeder dieser Gruppen befindet sich nur ein wohlgestalteter Neger
-en masque; da sieht man dieselben in Häuten wilder Thiere Ungeheuer
-vorstellend in der einen Gruppe, oder auf Stelzen; in der andern
-sieht man Neger, deren Körper bis zum Unterleibe förmlich lackirt
-sind, auf dem Leibe Tigerflecken und Zebrastreifen nach dem Leben
-gezeichnet, die Wangen weiß oder roth lackirt, welches einen höchst
-komischen Effect macht; Andere wiederum erscheinen mit dem Kopfputz
-eines indianischen Fürsten, indem sie statt der Bekleidung ihren Körper
-mit den verschiedenartigsten Lumpen englischer Baumwollen-Waaren
-behängt haben. Jeder solche maskirte Neger wird von einem großen Trupp
-begleitet, dessen Geschrei und Lärmen mit der Trommel wetteifert; sie
-ziehen durch alle Straßen und werden von allen Vorübergehenden oder
-Fahrenden beschenkt. Bei den Spaniern finden an diesem Tage Feten
-statt: es werden Freunde geladen, welche, sobald sich eine Trommel
-vernehmen läßt, den Gitterfenstern zueilen, um die vorbeiziehende
-Gruppe zu sehen. Um sechs Uhr Abends darf sich keiner derselben mehr
-in den Straßen zeigen, jetzt kehren sie in die Schenken ein, um die
-empfangenen milden Gaben ihren Gurgeln mildthätig zukommen zu lassen.
-Vor jeder solcher Schenke befindet sich eine militärische Patrouille
-mit scharf geladenen Gewehren.
-
-Der Spanier ist in der That ein ganz vortrefflicher, liebenswürdiger
-Mensch; er besitzt alle geselligen Tugenden, um in dieser Rücksicht
-als Vorbild für die menschliche Gesellschaft zu dienen. Dies gilt
-hauptsächlich von dem Gebildeten: er ist artig, zuvorkommend,
-gastfreundschaftlich und im höchsten Grade genügsam. Man beleidige
-und reize ihn nicht und man wird in ihm einen Freund und Rathgeber
-finden. Seine Feinheit im Umgang steht weit über der des Franzosen und
-dabei ist er inniger und flößt mehr Vertrauen ein; was der Franzose
-oft aus Politik und Politesse thut, das kommt bei dem Spanier aus
-dem wirklichen Antriebe seines guten Herzens. -- Unter diesen und
-ähnlichen Reflexionen trat ich die Rückkehr nach meiner Arche an. Ohne
-Zweifel, dachte ich, als ich durch diese tapfer essenden munteren Leute
-durchpassirte, werden diese ihre Speisen besser verdauen, als ich meine
-hiesigen Geschäfte, und im schlimmsten Falle ist für diese Glücklichen
-eine Hungerkur anwendbarer als für verdorbene Finanzen.
-
-Mit dem Carneval und den Redouten ist’s jetzt vorüber, sagte ich zu
-meiner Wirthin am folgenden Morgen, als ich die Redoute verdaut hatte.
-Keineswegs, entgegnete sie, ist dies die letzte Redoute gewesen; in
-einigen Wochen haben wir zwei ungewöhnliche Festtage und demzufolge
-noch zwei Redouten zu erwarten. Diese Festtage waren, wie sie mir
-erklärte, folgende: Bis jetzt befand sich der Appellations-Gerichtshof
-für alle auf der Insel Cuba vorkommenden Prozeßsachen in Principi,
-was für Havana, wo es die meisten Prozesse giebt, eben so lästig
-als kostspielig war und dies um so mehr, da die dortigen Advokaten
-die Sachen, so lange wie sie nur immer wollten, in die Länge
-ziehen konnten. In Madrid war jetzt beschlossen worden, daß dieser
-Appellations-Gerichtshof von jenem Orte hierher verpflanzt werden
-solle. Zu diesem Endzweck wurde aus jener Residenz ein für dieses neue
-Gericht bestimmtes, dort angefertigtes neues Reichs-Petschaft hieher
-geschickt? Dieses sollte nun mit großer Ceremonie nach der Kirche
-zur Einweihung geschafft, alsdann aber in großer Prozession durch
-alle Straßen der Stadt getragen werden. Dazu sagte meine Wirthin,
-sollen Illuminationen, Redouten und vielerlei Vergnügungen zwei Tage
-ununterbrochen statt finden, und es wird während dieser Zeit keine
-Arbeit verrichtet, indem diese Anordnung zum Glück der Einwohner
-Havana’s, von welchen Viele durch jenen Gerichtshof an den Bettelstab
-gebracht worden sind, gereicht. --
-
-Das Thema der Unterhaltung wurde jetzt das neue, noch nie statt gehabte
-Fest. Endlich erschien der ersehnte Tag. Um fünf Uhr eines Nachmittags
-wurde das von Madrid angelangte Reichs-Petschaft in einem mit
-Edelsteinen verzierten Kasten durch vier hohe Staatsbeamte in Volanten
-und eine starke militairische Bedeckung nach der Cathedral-Kirche
-gebracht, und hierauf durch den Donner der Kanonen vom Fort die Ankunft
-desselben den Einwohnern Havanas kund gethan. -- Auch ich besah das
-lang erwartete und vielbesprochene Kleinod. Der Kasten, in welchem
-sich das Petschaft befand, stand auf dem Altare und neben demselben
-lag eine Medaille mit dem Bildniß der kleinen Königin, welches
-Jedem, der dem Altare sich näherte, durch einen in langer schwarzer
-Robe als Wache dabeistehenden Staatsbeamten gezeigt wurde. Andere
-desgleichen saßen und standen in der Nähe, so wie auch Militair zur
-Bedeckung, und dies ganze Personale mußte die ganze Nacht auf dem
-Posten bleiben. Die Kirche war höchst brillant erleuchtet, dagegen
-fand ich die Illumination in der Stadt keinesweges so erheblich, als
-ich nach dem vielen Gerede davon erwartet hatte. Sie bestand nämlich
-in nichts anderem, als daß an der Außenseite der Häuser bemittelter
-Leute eine Glas-Laterne mit einem brennenden Lichte, bei den Vornehmern
-und Reichern zwei oder vier hingen. Um der Sache einen Anstrich zu
-geben, hing in der Nähe der Laternen ein Flick von ponceau oder einem
-gelben seidenen Zeuge, welches gewöhnlich als Zeichen der kirchlichen
-Procession bei Reichen über den Armlehnen des Balcons baumelte; diesmal
-aber baumelten dergleichen Flicke, jedoch im verjüngten Maßstabe, neben
-jeder Laterne.
-
-Die Damen hatten sich an jenem Abend sehr geschmackvoll gekleidet, und
-saßen wohl eine Stunde früher als gewöhnlich in ihren Schaukelstühlen.
-In der Regel sind die sechs Fuß hohen Gitterfenster bis 6 Uhr Abends
-mit einer etwa zwei Ellen langen wollenen Decke bedeckt; diesen
-Abend wurden sie zur Freude aller Vorübergehenden schon um fünf
-Uhr weggenommen, damit die schönste der Damen des Hauses sich in
-Lebensgröße präsentiren und, wo möglich, den Einen und den Andern
-zur Unterhaltung hineinziehen könne. Dieses ist die Art, wie die
-Havaneser in der Regel ihre Abendgesellschaften bilden, denn die Herren
-machen gleich den Damen, um fünf Uhr Toilette, kleiden sich von Kopf
-bis zu den Füßen ganz um, als ginge es zum Ball und suchen von den
-Fenstern her ihre Abend-Parthieen auf. Bei diesen ist das Rauchen die
-Hauptsache; man conversirt über die gleichgültigsten Gegenstände; mit
-dem Glockenschlag der neunten Stunde zieht man ab, ohne etwas Anderes,
-als Cigarren genossen zu haben.
-
-Der Priesterinnen der Venus giebt es in Havana eine Unzahl; es ist
-ihnen unbenommen, in jeder beliebigen Straße zu wohnen, weshalb
-sie sich denn auch meistens in den Hauptstrassen, und zwar vis à
-vis oder neben den ersten Männern der Stadt paarweise oder auch
-en trois einmiethen. Sie sind aufs brillanteste eingerichtet und
-beobachten dieselben Gebräuche bei den Abendparthieen, wie alle
-übrigen Damen. Auch sie präsentiren sich, da sie niemals ausgehen, bei
-eintretender Nacht mit einem brennenden Cigarr im Munde vor ihren hohen
-Gitterfenstern, wobei jedoch die Ausnahme statt findet, daß sie hier
-niemals verdeckt sind; auch sie sitzen auf ihren Schaukelstühlen, um
-schaukellustige Herren anzulocken. Der Spanier genirt sich nicht und
-die Deutschen ahmen ihm hierin nach; man conversirt erst eine Weile an
-den Gitter-Fenstern -- und dies fällt Niemandem auf. Sehr oft habe ich
-mich darüber gewundert, noch während der Tageszeit die anständigsten
-Herren vor den Fenstern solcher Dirnen oder wohl in den Zimmern in
-Conversation begriffen zu bemerken.
-
-Gegen die zehnte Stunde fing man an, die Laternen einzuziehen und
-Alles kehrte nach Hause zurück, weil am Morgen früh um sechs Uhr die
-Procession beginnen sollte. -- Am folgenden Morgen schon sehr früh
-waren alle Straßen dermaßen mit Menschen und Volanten überfüllt,
-daß ich beinahe nicht durchkommen und zu dem Hause eines Bekannten
-gelangen konnte. Als ich dort mit vieler Mühe angelangt war, fand ich
-den sehr geräumigen Balcon, auf welchem mir ein Platz zugesichert war,
-bereits überfüllt, jedoch erhielt ich noch ein Plätzchen. Erst um etwa
-neun Uhr wurde durch einige Lanciers in der gedrängten Menschenmasse
-auf die bescheidenste Weise Platz für die heranziehende Procession
-gebeten. Den Zug eröffnete der Gouverneur mit einer starken Suite
-aller Staatsbeamten Cuba’s, sowohl der Militairs als der Civilisten;
-diesen schlossen sich die Consuln aller Mächte in ihren verschiedenen
-Uniformen an; dann kam ein höchst brillanter Triumph-Wagen in
-alt-römischem Stile, bespannt mit sechs arabischen Schimmeln, deren
-Führer in Ponceau-Sammt und Gold-Stickereien gekleidet waren und ihre
-Hüte mit Federbüschen geziert hatten und eben so Wagen und Geschirre.
-Auf diesem Wagen stand der Kasten mit dem Petschafte und daneben
-lagen die Symbole der Gerechtigkeit, die Waage und das Schwerdt von
-nobelm Metall. Jetzt folgte die Geistlichkeit sämmtlicher Kirchen
-auf Cuba in ihren prächtigsten Kirchenkleidern. Sie gewährten einen
-höchst imponirenden Anblick, der noch dadurch vermehrt wurde, daß die
-Baldachine, unter welchen sich die aus massivem Silber verfertigten,
-mit Edelsteinen verzierten Bilder der Mutter Gottes und des Heilandes
-befanden, von höchst brillant gekleideten Männern getragen und von
-einer Anzahl reich gekleideter Sänger aus den vielen Kirchen begleitet
-wurde. Die vielen Infanterie-Regimenter in Havana, ein ausgezeichnetes
-Militair, bildeten Spaliere in den schmalen Straßen, durch welche
-der Zug ging, und die Musik-Chöre derselben waren stets in voller
-Beschäftigung; nur die Cavallerie schloß sich der Procession an.
-Diese währte beinahe bis zum Mittage, weil keine der Hauptstraßen
-unberücksichtigt blieb.
-
-Am Abend war es in den Straßen lebhafter als am Abend zuvor, da der
-Gouverneur an der Außenseite seines Pallastes, der auf einem freien
-Platze steht, von allen Seiten mit vielfarbigen Glas-Lampen hatte
-illuminiren lassen, welche letztere an den vielen kleinen Balcons der
-Fenster angebracht waren; auch war das Bild der jungen Königin in
-einem roth sammtnen Rahmen, zwischen einem der Fenster angebracht.
-Alles drängte sich nach dieser Gegend hin, um das Bild der jungen,
-unschuldigen Königin zu sehen. Das Gedränge war um so größer, da auch
-für den Gehörsinn durch die treffliche Militair-Musik gesorgt war.
-
-Indeß wurde die Aufmerksamkeit sehr bald von diesem Bilde auf einen
-andern Gegenstand hingeleitet. An der entgegengesetzten Seite des
-Pallastes nämlich hatte sich ein Aufzug hingestellt, wie es mir vorkam,
-eine Satire auf den von diesem Morgen. Auf demselben Wagen befand sich
-jetzt eine maskirte Dame, die Gerechtigkeit vorstellend und Gedichte
-ausstreuend. Die Gerechtigkeit wurde diesmal nicht von vier Pferden,
-vielmehr nur durch zwei kraftlos scheinende Klepper transportirt. Das
-Gefolge dieses Zuges bestand in etwa hundert Personen, welche ihre
-ordinair schwarze Roben über die Schultern geworfen und dreieckige, mit
-Nummern versehene Hüte trugen; die Herolde waren beritten u. trugen
-spanische National-Kleidung. Die Gerechtigkeit sprach, und versprach,
-wie mir gesagt wurde, sehr viel; es war, sagte man, die Schülerin eines
-gewandten dortigen Advokaten. Als der Spaß beendet war, zog dieser Zug
-nach dem Redouten-Saal; auf der Promenade fanden sich unterdeß viele
-andere Masken ein. Der Abend war ausgezeichnet schön, dessenungeachtet
-war um zehn Uhr, als die Musik-Chöre abgingen, Alles vorüber und
-in einer Viertel-Stunde die ungeheure Menschenmasse verschwunden;
-jedoch fand ich auf dem Rückwege die Maskenverleiher-Buden in voller
-Thätigkeit; sie machten, was selten vorkommen mag, eine gute Aerndte --
-unter Beistand eines Gerichtshofes.
-
-Die Zeit meiner Abreise von hier nähert sich jetzt; indeß will ich
-doch, ehe ich von Havana mich trenne, noch Einiges bemerken über die
-Art und Weise, wie das Osterfest hier begangen wird, was für den
-Charakter eines Volkes etwas Bemerkenswerthes hat.
-
-Am grünen Donnerstage wird durch das Geläute sämmtlicher Glocken die
-Gefangenschaft des Heilandes angekündigt. Sobald dieses geschehen
-ist, darf sich kein Pferd oder Maulthier mehr in den Straßen blicken
-lassen. In Betreff der Esel scheint indeß nichts bestimmt zu sein, da
-ich während des Festes sehr viele sah, aber keine Pferde, Maulthiere,
-Volanten, Karren. Man konnte jetzt ruhig und ohne Furcht in den Straßen
-umherwandern; Ruhe und Stille herrschten in der ganzen Stadt; man
-athmete Luft und keinen Kalkstaub ein.
-
-Mit Eintritt der Dunkelheit an diesem Donnerstage öffnen sich die
-Thüren sämmtlicher Kirchen (etwa 17), fast möchte ich behaupten in
-derselben Minute. Noch nie habe ich eine so brillante Beleuchtung
-wahrgenommen, als die der Havaneser Kirchen an diesem Abend.
-
-Die Wachslichter brannten in solcher unendlichen Anzahl, daß wohl,
-wie ich glaube, über 1000 in jeder Kirche verbrannt worden sind; man
-konnte hier von einer neuen Seite den Fleiß der Bienen bewundern,
-deren Zucht auf Cuba so sehr im Flore ist. Indeß sah ich mich bald
-genöthigt, meine Aufmerksamkeit von der schönen Beleuchtung nach einer
-andern Seite hinzulenken; eine mächtige Anzahl schöner, sehr schöner
-spanischer Sünderinnen lagen auf den Knieen und baten um Abnehmung
-der alten Sünden wegen Mangel an Raum zu neuen; hinter ihnen rutschten
-ihre gallonirten Neger sehr andächtig auf den Knieen. Nachdem jene wohl
-eine gute Stunde in dieser peinlichen Lage zugebracht hatten, erhoben
-sie sich insgesammt und gingen nach dem Place des Armes; hier und in
-den benachbarten Straßen waren eine Menge von Bänken aufgestellt, damit
-sich die Sünderinnen von ihren Strapazen erholen könnten und bald
-waren auch alle besetzt. Zur Aussöhnung mit dem Allmächtigen wegen des
-Vergehens gegen die Neger, welche nach der Meinung jedes Spaniers frei
-sein müßten, es aber wegen Willkühr derselben nicht sind und auch so
-bald noch nicht sein werden, wenn es von der Willkühr der Einzelnen
-abhängt -- also zur Ausgleichung dieser Schuld halten die Spanier es
-für Pflicht, ihre Sclaven während des Osterfestes in den allerfeinsten
-Kleidungsstücken, mit Diamanten und Perlen geschmückt, auftreten zu
-lassen, so wie auch mit Confituren und den allerbesten Speisen zu
-füttern. Besonders sah man viele Negerinnen besser gekleidet und
-schöner geschmückt, als ihre Gebieterinnen selbst. Bis um 10 Uhr blieb
-man zusammen und ergötzte sich bei trefflicher Musik.
-
-Am Charfreitage strömte Jung und Alt in schwarzen Anzügen nach
-den Kirchen, die alle gefüllt waren. Ziegenfüße sowohl als andere
-Fleischspeisen blieben an diesem Tage unangetastet; nichts als
-Fastenspeisen! Am Nachmittage war eine sehr große Prozession; die
-Mutter Gottes und der Heiland wurden mit Trauermusik und einer starken
-militärischen Escorte durch alle Straßen getragen, jedoch war diesen
-Abend in keiner von allen Kirchen, die ich besuchte, Gottesdienst. Die
-Billards waren mit weißen Decken versehen, auf welcher Maschine und
-Queues ein Kreuz bildeten; sie waren beleuchtet, es durfte aber nicht
-gespielt werden. Auf dem Place des Armes ging es wie am vorigen Abend
-zu.
-
-Am Sonnabend sollten die Kirchenglocken und das Abfeuern der Kanonen um
-10 Uhr die Auferstehung Christi ankündigen, aber diesmal geschah es zur
-Bequemlichkeit der Christenheit ½ Stunde früher. Bald wurden auch die
-zur Hälfte von den Wunden geheilte Maulthiere aus den Ställen gezogen
-und ihrem alten Joche überliefert; das Getöse der Karren und Volanten
-begann und die Neger waren wieder um nicht viel besser als in puris
-naturalibus zu sehen, nur die mit Fleisch hausirenden erschienen in
-sehr hübsch gestickten schottischen Roben.
-
-Die Thätigkeit beim Steueramte war wieder eingetreten und die
-segelfertigen Schiffe wurden noch bis zum Mittag expedirt und die
-deutschen Commissionaire wetteiferten schon wieder mit den Engländern
-in richtiger Abtragung der Zollgefälle.
-
-Schon lange war es meine Absicht, hierselbst etwas Näheres über die
-Behandlung der Tabacksblätter zu erfahren, um, wo möglich, manchen
-meiner Landsleute, die sich mit diesem Artikel beschäftigen, nützlich
-zu sein. Der Zufall war mir hierbei günstiger, als ich vermuthete; ich
-lernte einen Tabacksbauer kennen, der, da er mich offen und freimüthig
-fand, auch seinerseits mir mehrere schätzbare Mittheilungen machte, von
-welchen ich hier nur diejenige anführen will, welche sich am meisten
-auf ein abweichendes Verfahren bei der Bereitung bezieht.
-
-„In Betreff des auf allen Tabacksblättern befindlichen Syrups, welcher
-den eigentlich aromatischen Geruch erzeugt, aber durch viele und
-anhaltende Regengüsse oft von den Blättern abgeschwemmt wird, bedienen
-wir uns, wenn dieser Fall eintritt, zur Wiederherstellung desselben
-folgenden Mittels. Wir nehmen, eine Quantität Tabacks-Stengel von einem
-vorzüglichen Jahrgange, legen diese in ein wasserdichtes Gefäß und
-füllen dasselbe alsdann mit Regenwasser, welches so lange darin stehen
-bleibt, bis sich Würmer darin zeigen. Sobald wir diese sehen, nehmen
-wir die sehr trockenen, dem Pulver an Trockenheit ähnlichen Blätter,
-legen sie behutsam auf die Diele, tränken einen großen Schwamm in jenem
-mit Würmern versehenen Regenwasser und besprengen damit die Blätter;
-diese nassen Blätter legen wir behutsam über einander, verpacken
-dieselben, gleich einem Ballen, in Palmblättern.“
-
-Die Zeit meiner Abreise war jetzt herangerückt; ich wollte von hier
-zunächst nach New-Orleans übersetzen; da ich indeß auf die Abfahrt des
-Paquet Douglas, mit welchem ich fahren wollte, noch etwas warten mußte,
-so behielt ich noch Zeit zu manchen Erkundigungen, wovon ich Einiges
-anführen will. Nichts ist häufiger in Havana als die Hökerläden.
-Einmal habe ich deren 463 gezählt und hatte nur einen geringen Theil
-der Stadt durchstrichen; ich schätze die Anzahl derselben auf 3000.
-Die Höker beschäftigen sich aber auch mit Allem, was zum gewöhnlichen
-und luxuriösen Leben erforderlich ist: es sind Italiener in optima
-forma; sie haben Marasquino, aber auch Kartoffeln, Champagner und alle
-anderen Weine, Schweinefett, Rüben, eingemachte Früchte, Talglichter,
-Nägel, Bürsten, seidene Tücher, bedeutende Vorräthe von Holzkohlen[G]
-und französische Delicatessen jeder Art. Als ich mich bei einem
-derselben genauer nach dem Geschäft erkundigte, sagte er: „wir kaufen
-Alles, was uns vorkommt, weil wir Alles wieder verkaufen können. Jede
-Wirthschaft läßt, was sie im Hause braucht, den täglichen Bedarf und
-nichts weiter, von uns holen: wird ein Licht gebraucht am Abend, so
-wird es kurz vor Abend geholt. Besonders auch wird dies Verfahren
-bei Kohlen und fließenden Fettwaaren angewendet, weil die Köche und
-Köchinnen zu lüstern auf Schweinefett und Oel sind und anderseits zu
-verschwenderisch mit Kohlen umgehen.“
-
-Also doch auch eine Oekonomie! dachte ich.
-
-Als ich meine Abschieds-Visite beim Gouverneur machte und er sich wie
-immer sehr gütig gegen mich bewies, erlaubte ich mir, seine Meinung
-über die spanische Schuld zu erbitten. Der Gouverneur versicherte, er
-sei überzeugt, daß, sobald der Bürgerkrieg in Spanien beendigt sei,
-Alles bei Heller und Pfennig bezahlt werden würde. -- Beim Abschiede
-versicherte er mir wohlwollend, daß ihm mein Wohlergehen Freude machen
-werde.
-
-Endlich befand ich mich auf dem Douglas, um meine langersehnte
-Rückreise nach Europa über New-Orleans etc. anzutreten. -- Mit einem
-wohlfeilen Reisepaß in der Hand, wartete ich jetzt muthig den Beamten
-ab, der darauf Acht haben soll, daß nur Wohlhabende hineinkommen und
-von den dortigen Commissionairen Gebrandschatzte abreisen. Allein
-Niemand kam und als ich wahrnahm, daß unser Capitain einer in einer
-Galeere in kurzer Entfernung vorbeipassirenden Person ein Paquet
-Scripturen zeigte, erkundigte ich mich, was diese Formel zu bedeuten
-habe, worauf er erwiederte, daß die Pässe der Passagiere sich in diesem
-Paquet befänden; -- nicht immer jedoch gehe die Revision so ab, wie
-diesesmal und schon mehreremal seien Reisende ohne Pässe von ihm aus
-dem Schiffe in seiner Galeere mitgenommen worden.
-
-Unterdessen waren wir bei dem Fort von Havana vorbeigefahren und
-ich freute mich, wie ein Kind, dem Marcipan gereicht wird, diese
-so zuckerreiche, aber in anderer Hinsicht höchst gepfefferte Stadt
-im Rücken zu haben -- eine Stadt, deren Bewohner hauptsächlich aus
-Commissionairen, Sclavenhändlern, Wucherern, Spielern, Advokaten und
-Scribenten besteht. Voller Freude richtete ich meine Blicke nach
-dem Mexikanischen Golf, der sich bald in unermeßlicher Weite vor uns
-ausbreitete. Bei diesem Umherschweifen in weiter Entfernung von der
-Heimath gedachte ich einer früheren Reise nach der entgegengesetzten
-Richtung hin, wie ich in den verhängnißvollen Jahren 1812-16 den Oby
-in Sibirien durchschiffte. In welcher enormen Entfernung liegt dies
-von hier! Wie viele Meilen sind dies wohl? Es fehlte mir an Papier und
-Feder, um dies zu berechnen, mag’s der Leser selbst in einer müßigen
-Stunde thun.
-
-Es fahren wohl noch beliebtere Pakete zwischen Havana und New-Orleans,
-als der Douglas; ich wählte dieses, eingedenk der Unbequemlichkeiten,
-die ich früher auf der Norma erduldet hatte. Hier konnte man weder
-ächten noch copirten Champagner erwarten, da das Passagiergeld 10
-Piaster weniger kostete; allein in Betreff des Schlafens und Ankleidens
-versprach ich mir, viel besser daran zu sein, und war es auch in der
-That, denn ich hatte ein kleines Gemach für mich, und mit der Speisung
-konnte ebenfalls ein nicht Verwöhnter zufrieden sein.
-
-Die Gesellschaft war nicht sehr geeignet zu einer angenehmen
-Unterhaltung, denn sie bestand, außer einem Amerikanischen Kaufmann
-mit seiner Frau, aus lauter nach New-Orleans auf Spekulation reisenden
-Creolen, französischen und englischen Maschinenbauern und einigen nach
-der letzten Revolution verwiesenen herumirrenden Polen. Das Paquetboot
-glich meinem Zimmer in Havana, einer Arche, weil fast jeder Passagier
-ein Männchen und ein Weibchen von den merkwürdigsten Thierarten
-Westindiens auf Spekulation nach New-Orleans führte; auch an Ratten
-fehlte es nicht, die jedoch an dem Bull-dog eines englischen Mechanikus
-einen erbitterten Verfolger fanden. Ueberdies war das Paquet mit allen
-Arten Westindischer überreifer oder auch unreifer Früchte beladen,
-welche, da wir nicht die geschwindeste Ueberfahrt machten, ihrem
-Verderben immer näher kamen.
-
-Alle diese Spekulanten schienen mehr auf den Einkauf als Verkauf in
-den V. S. bedacht zu sein und mit Spekulanten solcher Art sind jene
-Staaten reichlich versehen, indem dieselben dort stündlich Gelegenheit
-haben, ihre mitgebrachten Comptanten gut anzulegen, weil es daselbst
-sehr viele Gegenstände giebt, welche rasch geräumt und eben so rasch
-aus dem Lande fortgeschafft werden müssen und bei Verkäufen nach
-Westindien die Ermittelung in den V. S. unmöglich bleibt. Spekulanten
-dieser Art sieht man in Havana häufig, man weiß, daß sie reich sind,
-aber wodurch sie ihr Vermögen erworben haben, weiß man meistens nicht.
-Bedenkt man indeß, daß öftere Reisen an einen und denselben Ort zu
-Bekanntschaften führen, daß es auf der ganzen Welt nicht sehr schwer
-hält, mit Zollbeamten in freundschaftliche Verhältnisse zu kommen;
-wirft man ferner einen Blick auf die europäischen Auswanderer nach den
-V. S., erinnert man sich ihrer frühern Geldgier, die in den V. S.,
-wo es zur Befriedigung der Leidenschaften so viel Gelegenheit giebt,
-eher sich vermehrt als vermindert: so ist jenes Räthsel auf der Stelle
-gelöst. Daß aber solche Spekulanten als Ungeziefer und Gift für das
-solide Geschäft zu betrachten sind, ist keinem Zweifel unterworfen,
-indem sie auf der einen Seite mit wenigem Gelde Märkte räumen, auf der
-andern Seite die Verdauungswerkzeuge gesunder Märkte zerstören und für
-die soliden Kaufleute Verluste herbeiführen.
-
-Ich glaube, behaupten zu dürfen, daß ich viele Erfahrungen in der
-merkantilischen Welt durchgemacht und dieselben sorgfältig beachtet
-habe. Das Resultat derselben ist kein anderes als dieses: der größere
-Theil der in derselben groß titulirten Kaufleute hat sich nur auf
-Unkosten anderer Kaufleute auf diese Höhe geschwungen. Komisch klingt
-es für mich, wenn ich so häufig behaupten höre, in Amerika könne man
-als Kaufmann sehr bald reich werden; die Leute, die dies sagen, wissen
-nicht, was sie sprechen. Nur der direkte oder indirekte Fußkünstler,
-d. h. die Ballettänzer und die Schuster können hier viel Geld verdienen,
-die letztern noch mehr als die erstern, denn die Yankees wissen das
-Schuhwerk noch besser, als das Fuß- und Bein-Werk zu beurtheilen,
-weshalb sie auch, mit Ausnahme der Banquiers, sehr gut gestiefelt sind.
--- Der rechtlich- und ehrlichdenkende Kaufmann kommt nie so rasch zu
-Vermögen, als der entgegengesetzt denkende. Es verhält sich hiermit,
-wie mit dem Hazard-Spiele: man bemerkt an den Banken nur entweder sehr
-Reiche oder arme Teufel, die gern „viel gewinnen“ wollen. Auf diesen
-Gegenstand werde ich später zurückkommen und sage nur noch dieses:
-wer als Aventurier nach der neuen Welt gegangen ist und, wie man oft
-hört, als ein sehr reicher Mann nach Europa zurückkehrt, der hat sich
-bei seinem Erwerb nicht sehr mit dem Gewissen berathen. Gäbe es in
-der neuen Welt weniger Advokaten und bessere wohlfeilere Justiz, so
-würde mancher von diesen zurückgekehrten Reichen noch in der Reihe der
-Bettler stehen.
-
-Nach einer Fahrt von sieben Tagen erreichten wir gegen 12 Uhr
-Mitternachts die Barr, d. h. den Hafen von New-Orleans; es war daher
-kein Dampfschiff bereit, um uns im Schlepptau nach New-Orleans hinauf
-zu führen. Der Capitain ließ eine Lampe am Vordertheil des Schiffs
-aufstecken, um dadurch den Dampfschiffen seine Ankunft anzuzeigen und
-nach Verlauf einer guten Stunde kam auch eins heran. Wir wurden ins
-Schlepptau genommen und etwa fünf Meilen weiter gebracht, wo wir ankern
-mußten, weil das Dampfschiff noch Arbeit an drei andern angekommenen
-Schiffen hatte. -- Als es uns am andern Morgen um neun Uhr mit jenen
-zusammen weiter schleppte, war es auf halbem Wege so unglücklich, beide
-Schäfte zu zerbrechen, wodurch es außer Thätigkeit gesetzt wurde. Was
-nun machen? Die sämmtlichen Passagiere wollten, wegen ihrer Früchte,
-so rasch als möglich, in New-Orleans ankommen und so erboten sie sich
-denn selbst, den schweren Dienst des Dampfschiffes zu übernehmen.
-Eine lange und starke Leine wurde jetzt dieser nicht unbedeutenden
-Passagiers-Masse gegeben; sie begannen mit gutem Muth und Singen
-diese harte Arbeit. Die Hitze war drückend, allein die Angst vor dem
-gänzlichen Faulen der Früchte besiegte die Hitze und machte sie nicht
-fühlbar. Sie arbeiteten wacker darauf los und nach einer sechsstündigen
-ununterbrochenen Arbeit erreichten wir ein Dampfschiff derselben
-Compagnie, welcher dasjenige gehörte, was uns früher gezogen hatte, und
-dies brachte uns noch an demselben Abend glücklich nach New-Orleans.
-
-
-
-
- ~Dritte Abtheilung.~
-
- Ueber
- die Vereinigten Staaten.
-
-
- ~New-Orleans und die Reise bis New-York.~
-
-Ehe ich die Stadt betrat, amüsirte ich mich noch erst an dem Treiben
-der Käufer und Verkäufer auf unserm Schiffe, denn viele Einwohner aus
-New-Orleans waren an Bord gekommen, aber unsere Spekulanten waren
-so überrascht, daß Anfangs keiner von ihnen verkaufen wollte: weder
-Früchte noch Vögel oder Hunde waren feil. Nur der englische Mechanikus
-machte hiervon eine Ausnahme: es hatte sich ein Hunde-Liebhaber aus
-New-Orleans eingefunden, um einen Bologneser zu kaufen, diesen suchte
-er zum Kaufen seines Rattenfängers zu überreden und hierzu schien ihm
-jetzt der Augenblick günstig zu sein, da keiner von den Creolen einen
-Preis fordern wollte. Er bot das schwerste Geschütz seiner Beredsamkeit
-dazu auf, den Käufer von der Vortrefflichkeit seines großen Bull-dogs
-zu überzeugen, und siehe da! es gelang ihm in der That und der Käufer,
-der ein kleines Schoßhündchen für seine Gemahlin hatte erstehen wollen,
-überbrachte derselben jetzt einen 12jährigen großen Bull-dog.
-
-In der Stadt quartierte ich mich sofort in einem an der Wasserseite
-gelegenen Hotel, -- es gehörte nicht zu denen der ersten Klasse, welche
-mehr in die Stadt hinein liegen; ich aber zog dieses vor, weil auf dem
-Schilde: „öffentliche Bäder“ bemerkt war. Die Rechnung, die mir bei
-meiner Abreise überreicht wurde, war eben so schwer als der Schmutz,
-den ich in den Zimmern dieses Hotels antraf.
-
-Eins meiner ersten Geschäfte hierselbst war, zwei Briefe nach Havana
-zu schreiben, einen an Moyer, den andern an Dakin, in welchen ich die
-mir abgenommenen Summen reklamirte, und am Schluß erklärte: „Ich habe
-den Königlich preußischen Consul beordert, die mir von Ihnen zukommende
-Summe von 1014 Piaster in Empfang zu nehmen. Sollten Sie sich weigern,
-meinem gerechten Verlangen Genüge zu leisten, so werden Ihnen die
-Folgen von meinen Demarchen mehr Furcht einflößen, als des Herrn Dakins
-Drohung mit dem Federmesser und das Herbeirufen der Neger von Ihrer
-Seite in mir erregt haben u. s. w.“ Auf diesen und noch zwei andere
-Briefe erhielt ich natürlich keine Antwort.
-
-Auf dem grünen Markt, den ich sogleich am andern Morgen besuchte,
-fand ich trotz der noch so frühen Jahreszeit (im Mai) Kartoffeln,
-Artischocken etc. in solchem Ueberfluß und von solcher Größe, wie man
-sie in Europa oft noch nicht im Monat August antrifft. Sodann begab ich
-mich nach dem Packhofe, um einen Erlaubnißschein zum Empfang meiner
-Sachen vom Schiffe zu erlangen. Ich mußte, nachdem ich die rechte
-Bude im Zollhause erreicht hatte, zuerst die Anzahl der Stücke meines
-Gepäcks angeben -- was auf einen halben Bogen niedergeschrieben wurde;
-sodann wurde ich zum Collecter geschickt und mußte endlich für die
-Erlaubniß, als Reisender mein Gepäck nach Hause nehmen zu dürfen, in
-Summa Summarum 75 Cents (1 Thlr. Courant) bezahlen, wovon der Advokat
-als Anfertiger der Supplik ⅔; und der Collecter ⅓ erhält. Die Revision
-durch die auf dem Schiffe stationirten Zollbeamten war nicht nach
-französischer oder englischer, sondern nach preußischer Weise, d. h.
-liberal.
-
-Eine schwere Aufgabe war es jetzt, die Sachen vom Schiffe nach dem
-etwa 60 Schritte entfernten Hotel zu bekommen; ich verweilte wohl eine
-volle Stunde am Bollwerke, aber von den vorübergehenden Arbeitsleuten
-hatte keiner zu einer solchen Bagatelle Zeit. Auf dem Bollwerke sah
-ich Knaben und Mädchen aus der ärmern Klasse beschäftigt, um die beim
-Ausladen umhergestreuten einzelnen Caffeekörner und Zuckerstückchen
-aufzulesen, wovon, wie mir ein ebenfalls zusehender Herr bemerkte,
-morgen ein tüchtiger, gesüßter Caffee mit Wohlgefallen werde verzehrt
-werden. Sehr viele Familien hierselbst existiren hierdurch und durch
-das Einsammeln der Baumwolle, welche im Zupfen der Proben niederfällt
-und liegen bleibt. Glücklicherweise gelang es mir, während dieser
-Unterredung, einen vorübergehenden Mulatten für den Transport meiner
-Sachen für etwa 12 Gr. Courant zu dingen.
-
-Unterdessen war die Börsenzeit herangekommen. Ich passirte sehr viele
-reinliche Straßen, welche den Namen der Hauptstraßen von Paris führen
--- da New-Orleans ja eine französische Colonie war. Alles sprach hier
-französisch, auch die Leute aus der niedern Klasse, wie denn z. B.
-Jemand, den ich um den Weg fragte, mir sagte, daß er das Englische
-nicht verstehe. Auf meinem Wege nach der sogenannten französischen
-Börse, welche indeß von der ganzen Kaufmannschaft errichtet worden ist,
-zog am meisten meine Aufmerksamkeit auf sich ein freier, mit Bäumen
-besetzter Platz, auf welchem sich das Rathhaus und die katholische
-Kirche befinden, zwei Gebäude, die, obgleich unbedeutend, von Außen
-keinen unangenehmen Anblick gewähren. Außerdem berührte ich auf meiner
-Tour nach der Börse den Baumwoll-Markt und die sehr bemerkenswerthen
-Canäle, ferner die Bank-Gebäude, welche eben so leer an Metall sind,
-als die Taschen vieler Amerikaner überfüllt mit ihren unbezahlt
-gebliebenen Noten. Die Börse ist ein wahres Pracht-Gebäude, mit einer
-Kuppel gleich der St. Pauls-Kirche in London. Im Eingang, der von
-großem Umfang ist, befindet sich ein Buffet, in welchem durch einen
-französischen Restaurateur alle Erfrischungen von der allerbesten
-Qualität für einen mäßigen Preis verkauft werden. Tritt man aus diesem
-Entrée in den zirkelförmigen Saal hinein, so wird man durch die
-schöne Bauart und die höchst geschmackvolle Einrichtung überrascht.
-Man bemerkt eine Tribüne für jeden Wechselplatz der alten und neuen
-Welt, in jeder derselben befindet sich ein Wechsel-Mäkler, um die für
-diesen Tag durch sie bestimmten Course zu proklamiren, und die ganze
-Börsenversammlung harrt auf diese Aussprüche, um sie ehrfurchtsvoll
-entgegenzunehmen. Der ganze obere Theil des Börsen-Gebäudes ist zum
-Empfang der Reisenden höchst brillant eingerichtet.
-
-Als ich die Börse verlassen hatte, schlenderte ich ohne weitem Plan am
-Ufer hinunter, um die Schiffe zu mustern und bemerkte, daß sehr Viele
-mit dem Hinausholen beschäftigt waren. Auf meine Frage, ob alle diese
-Schiffe in See gingen, wurde erwiedert, daß sie alle diese Schiffe
-außerhalb der Stadt hinauslegen, woselbst sie beinahe vier volle Monate
-verbleiben würden. „Die Comptoire“, fuhr der Berichterstatter fort, „so
-wie überhaupt alle kaufmännischen Geschäfte, werden von dem 16ten Juni
-ab geschlossen und Jeder, der Geld aufbringen kann, reiset während der
-Fieber- und Cholera-Zeit nach den nördlichen Staaten und Badeörtern.“
--- Auch ich hielt es, nachdem ich alle meine Angelegenheiten und
-alle Rücksichten erwogen hatte, für gerathener, aufs baldigste von
-hier abzureisen; sogleich nach Tische erkundigte ich mich nach einem
-Dampfschiff.
-
-Ich fand, als ich an das Ufer trat, sogleich eins; „Albany nach
-Louisville“; 35 Piaster ist der Preis, für welchen der Capitain
-mich mitzunehmen verspricht. In nicht geringer Entfernung lag ein
-anderes Schiff, Namens Diana, welches ebenfalls an demselben Tage
-nach Louisville abgehen sollte, jedoch für 40 P. Passagier-Geld. Mein
-Correspondent empfahl mir das letztere, weil es das rascheste sei.
-Noch unentschlossen, mit welchem von beiden ich reisen solle, ließ
-ich meine Sachen auf einem Karren durch einen Mulatten nach dem Ufer
-bringen; es war ein überaus heißer Morgen; der Mulatte, obwohl ohne
-Hemd, schwitzte, als wäre er aus dem Wasser gezogen und wird beinahe
-ohnmächtig, als er eben mit seinem Karren dicht am Schiffe Diana steht.
--- „So bringe die Sachen nach diesem Schiffe, ich will fünf Piaster
-mehr bezahlen, um Dich nicht länger zu quälen.“ Er thut es und will
-mir aus Dankbarkeit die Hand küssen, allein nach dem, was später sich
-ereignete, habe ich beinahe Ursache, dankbar zu sein, denn dieser
-Ohnmacht verdanke ich vielleicht mein Leben. Bei meiner Ankunft in
-Pittsburg las ich in der Zeitung, daß der Kessel der Albany auf dieser
-Tour zersprungen sei und viele Passagiere hierdurch ihr Leben eingebüßt
-hätten.
-
-Unsere Reisegesellschaft bestand nur aus etwa vierzig Personen.
-Anfänglich hielt ich sie für deutsche Wandersmänner; indeß mein
-Wahn schwand sehr bald, denn ich bemerkte, daß sie sich dem sehr
-unschuldigen Vergnügen des Tabackkauens hingaben. Nach einigen Stunden
-war ich mit ihnen so bekannt, dass ich es wagen konnte, meine Glossen
-darüber zu machen. Niemand von allen war darüber aufgebracht; von
-Einigen wurde ich sogar wegen dieser Freimüthigkeit gepriesen. Einer
-von ihnen meinte: „Sie müssen Nachsicht mit uns Amerikanern haben, wir
-haben Fehler und diese hat die Jugend stets. Wir sehen es gerne, wenn
-Deutsche zu uns kommen, weil die Deutschen die bravsten und zugleich
-ehrlichsten Lehrer für uns sind.“ -- „Sie sind sicher und gewiß aus
-keinem englischen, und wenn dieses wäre, aus keinem Yorkshire-Blut
-entsprungen?“ entgegnete ich. „Ich freue mich“, war die Antwort, „daß
-mein Urgroßvater ein Deutscher gewesen ist.“
-
-Die Fahrt auf dem Mississippi gewährte mir viel Vergnügen, seine Ufer
-sind die schönsten, die ich je gesehen habe, sie nehmen die einzelnen
-Schönheiten der Main-, Elbe-, Themse- und selbst der Rhein-Ufer --
-abgerechnet die Weinberge und die steilen Anhöhen mit den Ruinen der
-Ritterburgen -- in sich auf. Erwägt man jedoch die Gefahr, der man sich
-bei einer solchen Reise auf dem Dampfschiff Preis giebt, so muß man
-halb wahnsinnig sein, um sie bloß des Vergnügens halber zu unternehmen.
-Kann nicht jede Stunde, jede Minute das Dampfschiff ein Raub der
-Flammen werden? Wer über die fortdauernde ungeheure Gluth, welche
-zur Fortschaffung des Schiffs erforderlich ist, nachdenkt und diese
-selbst beobachtet und controllirt, wird die Gefahr bald auffinden.
-Erwiesen ist es, daß von der Zeit an, da es in jeder großen Stadt
-Schauspielhäuser giebt, in jedem Jahre eins durch Feuer zerstört worden
-ist. Die Anzahl aller Schauspielhäuser aber verhält sich zu der aller
-Schiffe etwa wie 1 zu 1000. Nichts destoweniger fürchtet man gewöhnlich
-beim Antritt einer Seereise mehr die Wellen als die Feuersgefahr.
-Allein die letztere steht zu der ersteren in keinem Verhältniß, da ein
-Schiff mit nichts als brennbarem Material ausgerüstet, und folglich
-durch Feuer weit leichter zerstört werden kann, als alle anderen
-massiven Häuser, die man doch stündlich in Schutthaufen verwandelt
-sieht oder hört. Ich verweise den geneigten Leser zur Begründung
-meiner Behauptung auf Lloyds Liste, in welcher jede Woche durch
-Feuer zerstörte Segel-Schiffe angezeigt sind. Die Zahl der durch
-Feuer verunglückten oder durch raschen Beistand noch vom Untergange
-geretteten Dampfschiffe ist freilich nicht bedeutend, aber wie viele
-Dampfschiffe existiren auch! und doch kann ich mehrere anführen: ein
-nahe an der Stadt Lübeck verbranntes russisches; der ganz neuerlich in
-den V. St., im Werthe von 100,000 Piaster verbrannte Great-Western und
-zwei durch rasche Hülfe gerettete englische Dampfschiffe, die London,
-das von Hull nach London fahrende und die Great-Western vor der ersten
-Abfahrt nach den V. S.
-
-Von der Feuersgefahr überzeugte ich mich auf dieser Reise nach
-Louisville mehr als je zuvor, indem hier noch einige Umstände dazu
-kamen. Bei der Nacht ist sie noch größer als am Tage, weil die in dem
-breiartigen Flußwasser schwimmenden Bäume (snags genannt) während
-der Nachtzeit von den auf der obersten Decke des Schiffs stehenden
-Steuermännern nicht gesehen werden können; wenn diese aber durch den
-starken Strom gegen die Schiffe geworfen werden, so besitzen sie
-die Kraft, die Maschinerie in Unordnung zu bringen und dadurch das
-Auffliegen des Schiffs zu verursachen. Es werden nicht nur täglich
-60 Klafter von sechs Fuß langem Brennholze verbraucht und dadurch
-eine ungeheure Gluth in den Oefen fortdauernd erhalten, sondern
-nebenbei wird durch das Verbrennen von zwei großen Fässern Pech die
-erforderliche Quantität von Dämpfen zum Durchbringen des Schiffs in
-dem breiartigen Wasser verbraucht. Wenn nun Jemand die feurigen Funken
-und Kohlen, gleich einem Feuerregen aus dem Schornstein hervorfliegen
-sieht, so muß er, und wäre er auch der Muthigste, besonders bei den
-dunkeln Nächten, in Grübeleien gerathen, und wird sich der Furcht nicht
-ganz erwehren können.
-
-Jeder der Reisenden hatte daher auch einen Live-preserver bei sich;
-es sind dies wasserdichte Gürtel, von demselben Stoffe, der zu
-den Mänteln dieser Art verwendet wird. Auf mehreren der dortigen
-Dampfschiffe findet sich in jedem der Betten ein solcher. Jeder meiner
-Reisegefährten hatte seinen Gürtel zur Tages- und Nachtzeit in der Hand
-und war beschäftigt, Luft hineinzublasen und ihn zu füllen. Nur ich
-hatte keinen solchen Lebens-Retter mit und ward deshalb von Allen wegen
-großer Nachlässigkeit getadelt.
-
-Um mir eine Uebersicht von der Quantität Holz zu verschaffen, die
-jährlich in den Dampfschiffen auf dem Mississippi und Ohio verbraucht
-wird, erkundigte ich mich genau beim Capitain und den Steuermännern,
-wie groß die Anzahl der zwischen New-Orleans und den andern Städten
-fahrender Dampfschiffe sei. Von beiden Theilen wurde dieselbe auf
-640-650, und die Anzahl der Reisen auf 15-16 hin und eben so viel
-zurück bestimmt. Ich beschloß, die Rechnung auf die mäßigste Weise
-anzulegen und auszuführen. Ich ließ demnach die gesammte Anzahl Schiffe
-nicht mehr als zehn mal hin und zurück fahren, und gab den Schiffern
-die unmögliche Hinfahrt von 6½ Tagen Dauer und zur Rückfahrt (mit dem
-Strome) 3½ Tage. Nach dieser Berechnung wäre für ein jedes der Schiffe
-6000 Klafter und für die gesammten auf jenen Strömen fahrenden Schiffe
-ein Quantum von nicht weniger als 3,900,000 Klafter Brennholz nöthig.
-Es läßt sich mithin folgern, daß inclusive der übrigen Dampfschifffahrt
-und Wagen wenigstens 4½-5 Millionen Klafter Holz in den V. S.
-verbraucht werden. Diesen Verbrauch des Brennmaterials kann nur
-derjenige, der das Land kennt, wie enorm und gefährlich derselbe auch
-scheint, als wohlthätig erkennen. Ohne Dampfschiffe wären die V. S.
-unglücklich, sie sind zur Cultivirung des Landes unbedingt nothwendig,
-indem die Urwälder vielleicht noch nach einem Jahrhundert in solcher
-Fülle da stehen werden, als wäre noch kein einziger Stamm aus denselben
-genommen werden; ich habe die Urwälder im russischen Asien und sonst
-gesehen, aber sie sind gar nicht mit diesen zu vergleichen.
-
-Der Ertrag des Holzes, welches von den Schiffern für 2½-3 Piaster
-gekauft wird, sichert den Grundeigenthümern sehr häufig den fürs Land
-bezahlten Preis, welcher 1¼ höchstens 1½ P. pro Acker beträgt, und
-oft auch die Unkosten für Urbarmachung desselben. Die Uferbewohner
-harren stets auf das Signal eines vorbeifahrenden Schiffs und stellen
-sogar eine Wache ans Ufer, um, sobald mit der großen Schiffs-Glocke
-das Signal gegeben wird, bereit zu sein; das Holz steht bereits
-abgemessen da, der Holz-Inspector steigt vom Schiffe, mit dem
-Maaß-Stocke in seiner Hand und empfängt die 30 Klafter, welche für
-die ersten 12 Stunden erforderlich sind. Das Herbeibringen dauert
-nicht lange, aber doch wohl eine volle Stunde. Zu dieser Arbeit
-werden die Deck-Passagiere gebraucht, denen diese Arbeit bei der
-Entrichtung des Passagiergeldes zur Bedingung gemacht worden ist.
-Arbeitslustige bezahlen 5 P. für die Fahrt, Andere 8-10. An Arbeitern
-kann es daher den Dampfschiffen nie fehlen. Die Arbeiter, welche auf
-Ruder-Fahrzeugen (mit dem Strom) Baumwolle und Getraide von Natches,
-St. Denis, New-Madrid, Rom, Louisville und mehreren andern Städten nach
-New-Orleans geschifft haben, können auf ihren Fahrzeugen nicht gegen
-den Strom zurückreisen; sie müssen dieselben in New-Orleans verkaufen
-und begeben sich dann auf die Dampfschiffe.
-
-Die Städte auf der ganzen Tour von New-Orleans bis Pittsburg sind, mit
-Ausnahme von Cincinnati, höchst unbedeutend; außer den oben bereits
-angeführten sind noch zu nennen: Point-pleasant, Portsmouth, Warsaw
-(Warschau), Hannibal und Hamburg, die aber alle nichts besonderes
-zeigen.
-
-Auf dem Ohio wird es für jene Arbeiter noch leichter, weil die
-Holz-Eigenthümer die erforderliche Quantität Holz bereits in Barken
-eingepackt haben, welche, sobald das Signal gegeben worden ist,
-aufpassen, um das Tau, welches vom Dampfschiff herabgeworfen wird, zu
-befestigen, worauf sie während der Fahrt das Holz hineinwerfen; die
-Arbeiter haben also dasselbe nur zu ordnen.
-
-Diese meine Reise auf dem bedeutendsten Flusse Nord-Amerika’s rief mir
-diejenige Gedächtniß zurück, welche ich vor vielen Jahren auf einem
-der größten Ströme Asiens, auf dem Obi machte. Der Vergleich, wozu ich
-unwillkührlich getrieben wurde, fiel, was die Landschaft betrifft,
-nicht zum Vortheil Asiens aus, was aber die Menschen betrifft, die an
-den Ufern beider Flüsse leben, so erinnerte ich mich mit Vergnügen der
-an letzterm Flusse wohnenden Nomaden, der vom Fisch- und Zobelfang
-lebenden Ostiacken und Tungusen, bei welchen ich einkehrte. Sie wohnen
-nur in Jurrten, allein dieselbe haben eine bessere Form, ein besseres
-Aeußere und ein reinlicheres Innere als ich an den Hütten entdeckte,
-welche von Republikanern, von Besitzern von Baumwoll-Plantagen,
-Kornfeldern, Heerden und vieler Neger-Sclaven bewohnt werden. Erstaunt
-war ich, als ich die häusliche Einrichtung und die Lebensweise
-vieler am Mississippi wohnenden Republikaner sah. In einer kleinen
-erbärmlichen Hütte residirt eine Familie bedeutenden Umfangs. An der
-Außenseite derselben befinden sich Hängematten, in welchen man nicht
-selten 3-4 Kinder in puris naturalibus zusammengepackt liegen sieht,
-wahrscheinlich damit die hierselbst in den Wäldern einheimischen
-Insekten an den kleinen Schlafenden ohne große Mühe Durst löschen
-können. Schon hier überzeugte ich mich, nachdem ich die Cultur dieser
-Waldbewohner am Mississippi genauer kennen gelernt, daß das gepriesene
-Glück der Bewohner der V. S. einen großen Theil derselben wenigstens
-nicht erreicht, da sie sich noch im rohen Natur-Zustande befinden.
-
-Nach diesem überzeugte mich von dem übermäßigen Wachsthum der
-Baumwolle. Ich hielt immer auch früher die Production der Baumwolle
-für übermäßig, und die Aeußerungen, die ich mir in dieser Beziehung
-als kaltblütiger Kaufmann, besonders in Manchester erlaubte, fanden
-nichts als Widerspruch, es wurde mir der Vorwurf gemacht, daß ich weiße
-Baumwolle mit zu schwarzen Augen ansehe. Ich suchte jetzt Facta zu
-sammeln, wonach man diese Sache bestimmt beurtheilen könnte und der
-Leser mag sich selbst aus denselben überzeugen, ob ich Recht hatte.
-Wie außerordentlich hat sich die Production der Baumwolle seit den
-letzten 50 Jahren, als ich in meiner väterlichen Handlung zuerst als
-Lehrbursche eintrat, vermehrt!
-
- Im Jahre 1791 erzeugten die V. S. an Pfund.
- Baumwolle 188,316
- Im Jahre 1798 um 7 Jahre später schon 19,000,000
- -- 1802 um 4 Jahre später 27,500,075
- -- 1819 nach 17 Jahren 87,997,045
- -- 1820 nur um 1 Jahr später 127,860,152
- -- 1830 10 Jahre hierauf 298,459,102
- -- 1838 nach 8 Jahren 639,001,000
-
-+Von dieser letztern Quantität wurden in demselben Jahre in den
-Fabriken der V. S. circa 98,000,000 Pfund verarbeitet und das Uebrige
-nach Europa verführt.+ Es ist unbedingt zu erwarten, daß die
-Produktion in dem nächsten halben Jahrhundert noch einem weit größern
-Maßstabe zunehmen wird; wenigstens giebt die Menge von deutschen
-Auswanderern, welche alle zur Cultivirung der Ländereien in den V. S.
-gebraucht werden, Raum zu dieser Vermuthung; rechnet man nun noch die
-in Egypten, Ostindien und Texas produzirte Baumwolle hinzu, was soll
-dann am Ende mit dieser ungeheuren Quantität von Baumwolle angefangen,
-wozu soll sie verwendet werden? und wird der daraus erzeugte Stoff
-wohl so viel Ertrag geben, daß die Produzenten auch nur zur Hälfte
-für ihre Mühe und Arbeit belohnt werden? Gewiß nicht! Laboriren doch
-beide Theile schon jetzt an der Schwindsucht! Zwar ist England mit
-seinen vielen Spinnereien im Stande, für die ganze Welt den Garn-Bedarf
-anzufertigen und verdient deshalb wohl das große Welt-Spinnhaus genannt
-zu werden, aber wird und kann das Volk und Land dabei blühen? Da ich
-später auf diesen Gegenstand zurückkomme, so bemerke ich vorläufig nur:
-England muß zu Grunde gehen, wenn es nicht von dem Vorsatz, alle auf
-der ganzen Welt erzeugte Baumwolle aufzuspinnen, zurücktritt.
-
-Für den etwa reiselustigen Leser wird es nicht unangenehm sein, etwas
-über die Einrichtung auf den Dampfschiffen zu erfahren. Die Diana
-gehört, da sie den Brief-Beutel führt, zu denen der ersten Klasse.
-Untersucht man sein Bett, so erschrickt man und legt man sich hinein,
-so wird man von Ekel ergriffen; man empfindet einen Schweißgeruch,
-welcher andeutet, daß seit vielleicht 12 Monaten keine Wäscherin etwas
-mit den Bett-Ueberzügen zu schaffen hatte. Passagiere werden, so viele
-sich nur melden mögen, aufgenommen. Bei der Ankunft in Louisville ist
-die Anzahl derselben um das dreifache gewachsen, weil in jedem Ort,
-den das Schiff passirt, mehrere hinzukommen. Hat der Capitain seine
-Summe vom Passagier erhalten, so beauftragt er seinen Mulatten, dafür
-zu sorgen, daß der Reisende um 10 Uhr Abends ein Lager zum Ausstrecken
-bekommt. Da aber in der Regel die Anzahl der Passagiere die der Betten
-um das dreifache übersteigt, so errichtet der Mulatte eine Art von
-Hängematte, die vier Etagen hoch und einem Gerüste ähnlicher als
-einer Schlafstelle ist, so daß es für den oben auf Nr. 4. liegenden
-fast lebensgefährlich ist, hinaufzuklettern. -- Gehen wir zum Essen.
-Der Tisch für 50 Personen (für mehrere ist nicht Raum) ist gedeckt.
-Das Brod ist schon am frühen Morgen in Portionen geschnitten worden
-und wird daher, bei der übermäßigen Hitze den Zwiebacken ähnlich.
-Die Mulatten und Neger, die keineswegs ihre Lehrjahre als Kellner in
-Frankfurt a. M. durchgemacht haben, sind emsig mit dem Tranchiren der
-Braten beschäftigt. Sobald sie dies Geschäft im Schweiß des verdächtig
-couleurten Angesichts beendet haben, setzen sie die Stühle hinter jedes
-der Couverte und der Capitain wird jetzt benachrichtigt, daß ihre
-Meisterwerke beendigt seien. Dieser verfügt sich jetzt zu den Damen,
-um sie zum Mittagsessen einzuladen. Während der ganzen Procedur vom
-Beginn des Tranchirens an stehen diejenigen Herren, welche so glücklich
-waren, einen Stuhl zu erhaschen und durch Festhalten zu behaupten
-verstanden, unbeweglich hinter demselben und kauen zum Zeitvertreib
-dabei ihren Kentucky-Taback. Diejenigen, welche bei der Besitznahme
-der Stühle nicht rasch genug waren, befinden sich schon wieder draußen
-auf dem Deck. -- Jetzt tritt der Bellman (Glockenläuter) mit einer
-sehr großen Metall-Handglocke in die Saal-Thüre und giebt das Signal
-zum Sitzen. Die Spucknäpfe, deren einige Dutzend hinter den Stühlen
-der Herren in gerader Linie aufgestellt sind, sind so gefällig ihre
-Reste von dem edlen Tabackskraute entgegen zu nehmen. Kaum sitzen die
-Herren fünf Minuten, so sieht man sie schon aufstehen und im Fortgehen
-ihren letzten Bissen verzehren, um ihren Kentucky-Freund aufs Neue im
-Munde zu empfangen. Mulatten und Neger eilen jetzt herbei, säubern den
-Tisch so rasch und gut wie möglich, indem von Außen die ungesättigten
-100 sich mit Eifer nach dem Saale hin drängen. Es wird wieder viel und
-geschwind von den Ueberbleibseln geschmaust und zwar wegen Mangel an
-Tellern mehrere Gerichte von einem und demselben; worauf die zweite
-Abtheilung der dritten Platz macht. Diese muß sich dann mit den kalten
-Ueberresten begnügen. Die beiden letzten Abtheilungen sind nicht nur
-die weniger Verzehrenden, sie werden auch überhaupt etwas vernachläßigt
-und sind dem Verzehrtwerden ausgesetzt, denn die beiden Mulatten, die
-zum Verscheuchen des Ungeziefers angestellt sind, legen ihre von Federn
-angefertigten Scheuchen nieder und setzen also die Essenden diesen
-Bestien aus.
-
-Bis um sieben Uhr Abends promenirt Jeder auf dem Verdeck des
-Schiffes, ergötzt sich an den schönen Ufer-Gegenden oder steigt, wenn
-Brenn-Material eingenommen wird, ans Land um sich in den herrlichen
-Wäldern unter den merkwürdigen Pflanzen und Thieren umzusehen. Wir
-hatten einen trefflichen Schützen bei uns, der die Tour stets mit der
-Pistole in der Hand mitmachte und besonders manche Schlange (jedoch
-kleine und unschuldige) schoß. Um sieben Uhr wird das Signal zum
-Thee d. h. Abendessen gegeben, wobei es eben so tumultuarisch wie am
-Mittage zugeht. Eine Stunde nach dem Souper, etwa um neun Uhr finden
-sich die resp. Bett-Architecten, die Mulatten, zum Aufbauen der
-vier Etagen hohen Bettgerüste ein. Während diese mit großem Fleiße
-bauen, schwärmen ihre Collegen umher, um für die unerwarteten vielen
-Passagiere einzelne Bettstücke als Kopfkissen u. s. w. aus den Betten
-der von New-Orleans Mitgekommenen zu kapern; so fand ich auch einmal
-einen bei meinem Bette in voller Arbeit. Da die Betten jedoch nicht
-für die Hälfte der Reisenden zureichen, so ist es kein Wunder, daß
-man dieselben sehr eifrig und pfiffig spekuliren sieht, um eins zu
-erhaschen. Es geht hierbei nicht minder bunt zu, wie beim Mittagsessen.
-Die Kleider werden abgeworfen und liegen in einem so beklagenswerthen
-Zustande auf dem Boden, wie ihre Eigenthümer auf den Lagern. Jetzt
-ist der Saal mit Schlaf-Pavillons und mit Schlafkünstlern gefüllt,
-allein da stehen noch 20-25 bettlose stattliche Yankees, mit kläglicher
-Stimme den Capitain um Beistand anflehend. Dieser kann nichts anderes
-thun als ihnen freundschaftlich rathen, die herrliche Nacht auf dem
-Deck zuzubringen und den folgenden Tag sich auszuschlafen. -- Hierbei
-ist zu bemerken, daß hier überhaupt nicht das in Europa übliche Recht
-gilt, nach welchem man von der Abfahrt an bis zum Bestimmungs-Orte der
-Reise, als Eigenthümer eines Platzes angesehen und behandelt wird. Hier
-nimmt Jeder den ihm besser scheinenden Platz ein, wie lange auch sein
-Vorgänger schon den Platz behauptet haben mag. Deshalb hat das Reisen
-in den Kutschen schon in dieser Hinsicht viel Unangenehmes, allein
-es ist auch wegen der bösen Wege, wegen des hierdurch entstehenden
-langsamen Fahrens, wegen der schlechten und theuern Gasthöfe an den
-Fahr-Straßen -- nicht zu empfehlen.
-
-Den Rath des Capitains, die Tageszeit zum Ausschlafen zu wählen,
-befolgen diejenigen am liebsten, welche, wie die meisten Amerikaner,
-Hang zum Hazard-Spiele haben; für diese Leute ist dann der Bettmangel
-eine Goldangel, allein Mancher opfert außer der nächtlichen Ruhe
-auch sein Geld. Mit dem Glockenschlage: fünf! wird die Zeit zum
-Aufstehen signalisirt, damit der Saal zum Frühstücken, welches von
-6-8 Uhr dauert, geräumt werden könne. Jetzt nun beim Ankleiden erhebt
-sich die größte Confusion: Alle und ein Jeder sucht einen Theil
-seiner Garderobe, die schon durch Nachlässigkeit beim Auskleiden
-ein wenig sich vermischte, jetzt aber durch den Diensteifer der
-Mulatten, welche um den Saal rasch zu räumen, alle Kleidungsstücke
-auf einander werfen, in der größten Unordnung durcheinander liegt.
-Ist diese Verlegenheit beseitigt, so eilt man dem Wasch-Loch auf dem
-Verdeck zu. Hier findet man einen Raum, in welchem für drei Personen
-Platz ist: auf einem an der Wand befestigten, sehr schmalen Brette
-befinden sich drei Waschbecken von weißem Blech in Fesseln, worin
-man das schmutzige Wasser der Vorgänger findet; auf dem Tische liegt
-zum allgemeinen Gebrauch ein butterweiches Stück Seife. Auf einer an
-der andern Wand angebrachten Rolle hängt ein etwa fünf Ellen langes
-Handtuch von der Art wie man sie in unsern Fuhrmanns-Herbergen findet,
-an welchem sich schon am frühen Morgen die sämmtlichen Mulatten und
-zarten Neger Gesicht und Hände getrocknet hatten und welches für 150
-Personen bestimmt war. Am Eingange des Waschlochs endlich befindet
-sich ein Eimer, mit dem lehmigten Mississippi-Wasser gefüllt, zur
-beliebigen Selbstbedienung. Da ich glücklicher Weise Handtücher und
-Seife mitführte, so sagte eines Morgens ein Yankee zu mir: „Die
-Amerikaner sind durchgängig gesunde Menschen; Ihre Vorsicht ist
-daher überflüssig.“ -- Solche Reisen, wie die gegenwärtige auf dem
-Mississippi und die frühern auf dem Obi sind also im Ganzen betrachtet,
-interessant, aber sie sind auch, was die Lebensweise betrifft, mit so
-viel Unannehmlichkeiten verknüpft, daß man an Einemmale genug hat.
-
-Schon am sechsten Tage hatten wir uns zum Aerger der mit unserer Göttin
-Diana rivalisirenden Dampfschiffe: Sultan und Monarch, welche ihrer
-Kühnheit wegen auf der Liste der Todeskandidaten zu stehen verdienen,
-so weit durchgearbeitet, daß der Capitain uns die Ankunft auf den
-folgenden Abend mit Gewißheit verkündigte. Der Mississippi soll, wie
-unser Capitain meinte, und wie man auch im Allgemeinen glaubt, die
-Kraft haben, die Zahl der darauf Umkommenden reichlich zu ersetzen,
-durch die Eigenschaft nämlich, welche der Emser Brunnen besitzt,
-wodurch die Neger-Bevölkerung mit jedem Jahre zunimmt. Es sei etwas
-sehr gewöhnliches, setzte er hinzu, daß die Negerinnen Zwillinge und
-Drillinge gebähren, ja man höre oft von 4-5 Exemplaren.
-
-Während der letzten Nacht war die Fahrt von der Art, daß alle
-Passagiere in Unruhe geriethen, weil sie glaubten, daß in Verhältniß
-zu dem sehr schmalen Raum im Kessel, welcher ohnedies durch den vielen
-Sand aus dem Mississippi-Wasser noch um Vieles kleiner geworden war,
-viele Dämpfe angewendet würden. Es war freilich ein ungewöhnliches
-Getöse, ein Klappern der Gläser, Tische etc. vernehmbar, aber um
-stromaufwärts in einem so reißenden Fluß, wie dem Mississippi zu
-fahren, ist viele, sehr viele Dampfkraft erforderlich.
-
-Am folgenden Abend um neun Uhr langten wir am Kanale von Louisville
-an, woselbst der Capitain zur Ersparniß von 50 Piastern, die das
-Hinauffahren kostet, zu bleiben beschloß. Unsere göttliche Diana wurde
-neben den Ruinen eines Dampfschiffes befestigt, worüber ich nach
-näherer Erkundigung erfuhr, daß es Bugann geheißen und vor ungefähr
-10 Tagen durch Zersprengen des Kessels gegen 40 seiner Passagiere den
-Kirchhöfen überwiesen habe. Mit mehrern Reisegefährten beschloß ich,
-das Wrak näher zu besichtigen und wir bestiegen dasselbe mit brennenden
-Lichtern in den Händen; hierbei fand ich, daß derjenige Theil des
-Schiffes, worin sich mein Bett befand, im Bugann ganz und gar zerstört
-und aufgelöst war. Wir plauderten noch lange über unsere ausgestandene
-Gefahr, von welcher wir uns jetzt um so lebhafter überzeugt hatten und
-legten uns nachher ruhiger als die vorige Nacht zu Bette.
-
-Am folgenden Morgen hatten sich viele spekulirende Fiaker von
-Louisville eingefunden. Es wurden jetzt Parthieen zu vier Personen
-arrangirt, die von jenen Fiakern nach der Stadt gebracht wurden. Unser
-Führer, war ein wahrhafter Riese, ein junger Mann von 22 Jahren und wie
-er sagte, 7¾ Fuß Höhe. Als er uns nach Louisville gebracht hatte,
-forderte er auch einen riesenmäßigen Lohn, nämlich einen Piaster von
-einem Jeden, der den gewöhnlichen um mehr als das Doppelte überstieg.
-Da er indeß versicherte, daß er gewöhnlich mehr als andere Fuhrleute
-bekomme, weil die Meisten Gefallen an seiner Figur fänden, so sträubten
-auch wir uns nicht dagegen.
-
-In Louisville bemerkte ich bald, daß es nicht der Mühe werth sein
-würde, hier längere Zeit zu verweilen. Alle am Mississippi und Ohio
-gelegenen Städte haben denselben Anstrich von Unvollendung; sie liegen
-alle auf Bergen und erscheinen daher vom Ufer aus sehr hoch. An der
-Wasserseite wohnen die meisten Geschäftsleute, welche Läden haben, um
-sogleich bei der Hand zu sein, wenn geldbedürftige Handelsleute mit
-geldwerthen Gegenständen von New-Orleans oder New-York ankommen. Diese
-Ladenherren sind meistens alle Deutsche oder französische Ausreißer,
-die, wenn die Umstände darnach sind, auch von dort wieder ausreißen und
-anderswo wieder unter anderer Firma auftreten.
-
-Meine Wißbegierde in Betreff von Louisville’s Neuigkeiten war bald
-gesättigt, weshalb ich meine Reise ohne Zögern fortzusetzen beschloß
-und den steilen Berg hinunter, dem Ufer zu schlenderte. Da traten
-mehrere Deutsche an mich heran, mit denen ich nichts zu schaffen
-haben wollte und um solchen Leuten zu entgehe, beschleunigte ich um
-so mehr meine Abreise. Da lagen drei Dampfschiffe, welche um ein Uhr
-nach Cincinnati absegeln wollten: das Postschiff Pick (Hecht) mit den
-Briefen, ein überaus geschwindes Schiff. Auf diesem Raubfische wollte
-ich meine Reise fortsetzen, allein ich gab bald dies Vorhaben auf, als
-ich kaum so viel Platz fand, um bis zum Bureau gelangen zu können. Fort
-also zu dem zweiten Dampfschiffe, zum Robert Fulton, dachte ich, dem du
-doch wegen Erfindung der Dampfschifffahrt Dankbarkeit schuldig bist,
-allein wider Erwarten und zu meinem großen Erstaunen fand ich hier so
-viele Dankbare, -- er war noch mehr überladen als der Pick, so daß ich
-auch von hier mich zurückzuziehen veranlaßt sah.
-
-In einer sehr kurzen Entfernung vom Fulton lag die loyal Anna. Kaum
-hatte ich sie erblickt, als ich auch mit guter Hoffnung mich ihr
-näherte, da Hagestolze, zu denen ich doch nun einmal gezählt werden
-muß, gern mit loyalen Frauen Umgang haben. Noch nie habe ich eine
-solche Propretät auf einem Schiffe wahrgenommen, wie auf diesem, man
-bemerkte hier außer der Reinlichkeit noch ein gewisses Etwas, was nur
-von den Frauen herrühren kann. Erst später erfuhr ich, daß dieses
-Schiff ein Spielzeug, eine Puppe des sehr reichen Capitains sei,
-welcher auf dessen Verschönerung mehr als auf die seines Wohnhauses
-verwendet. -- Sieben Männer hatten sich bei der loyal Anna gemeldet
-und keine einzige Dame -- eine geringe Anzahl Bewerber für eine so
-schöne Miß, indeß trat ich sofort zu diesen über. Wir fuhren zwar um
-Vieles langsamer, als der Pick und Fulton, aber dafür auch bequemer und
-sicherer. Unsere Reise sollte nach Cincinnati und von da nach Pittsburg
-gehen.
-
-In Cincinnati sagte mir der Capitain, daß Frau Anna sich erklärt
-hätte, sie könne, als eine Frau von so vortrefflichem Baue, nicht mit
-sieben Männern zufrieden sein; alle Frauen würden von Launen regiert,
-in welche man sich fügen müsse; sie werde wohl ein bis zwei Tage hier
-verweilen, um noch einige Männer mehr zu acquiriren, und siehe da! als
-die Glocke zur Abfahrt ertönte, da schwärmten um diese Liebenswürdige
-so viele neue Verehrer, daß es den alten, wie vielen Männern nach der
-Verheirathung ging -- es waren keine Plätze mehr, weder zum Stehen noch
-zum Niedersetzen, zu finden.
-
-Der Aufenthalt in Cincinnati kam mir nicht so sehr unangenehm; dieser
-Ort wird in den V. S. City (große Stadt) genannt, allein sie ist nichts
-weniger als das; jedoch verdient sie ihrer Anlage nach, nach dem, was
-sie einmal werden kann, allerdings diesen Namen. Cincinnati ist, wie
-die anderen Städte an diesem Flusse, in einer Höhe von etwa 200 Fuß vom
-Ufer gebaut. Alle Buden befinden sich an der Wasserseite und sind nicht
-zum dritten Theil für die Schacherwelt hinreichend. Die Miethen sind
-daher so enorm, daß sie im Allgemeinen wohl das doppelte von denen in
-New-York und Philadelphia betragen. Die Baulust ist aus diesem Grunde
-sehr groß und nimmt mit jedem Tage zu. Jedoch fehlt es an Grund für
-solche Gebäude, in welchen die einträglichsten Geschäfte betrieben
-werden könnten, nämlich am Ufer.
-
-Cincinnati’s Bevölkerung beläuft sich auf etwa 40,000 Einw., unter
-denen Deutsche, wenn nicht die Hälfte, doch wenigstens den dritten
-Theil ausmachen; von diesen sind wohl 8000 Juden, welche vor einiger
-Zeit eine in schönem Stil erbaute Synagoge einweihten. Ich lernte
-mehrere Deutsche dort kennen, auch wurde ich von Mehreren angeredet,
-die vorgaben, mich zu kennen und mich auch wirklich bei meinem Namen
-anredeten. Alle versicherten, zufrieden zu sein, verriethen jedoch in
-der Conversation Unzufriedenheit; sie redeten stets von Millionen und
-konnten von Menschenkennern ihrer Kleidung und ihrem Aeußern nach,
-für nichts anders als Tagelöhner gehalten werden. Der Ort an und für
-sich bietet nichts Merkwürdiges dar; die Umgegend ist nicht besonders
-reizend. Er eignet sich zum Speditions-Geschäft und treibt dieses auch
-in der That, aber auf eine sehr unvollkommene Weise, und zwar aus
-dem Grunde, weil es an Arbeitsleuten fehlt, die bei einem Geschäft
-solcher Art nicht zu entbehren sind. Die Güter, welche zur Spedition
-dort ankommen, werden deshalb oft -- zu Wasser, wie ich während meines
-Aufenthalts selbst Augenzeuge eines solchen Vorfalls war. Es langte
-nämlich ein Dampfschiff an, welches 15 große Fässer Zucker für jenen
-Ort geladen hatte, die der Capitain am Ufer abladen und hinwerfen
-ließ, um sofort weiter zu fahren. Während der darauf folgenden Nacht
-schwoll aber der Fluß dermaßen an, daß der Herr Spediteur, als er
-am andern Morgen mit seinen Arbeitern hinzukam, statt des Zuckers
-Zuckerwasser in den Fässern fand. Ganz amerikanisch-kaltblütig
-fragte er die Umherstehenden: what can I do? Uebrigens spricht jeder
-Amerikaner mit Respekt von diesem Orte, so daß es mir lieb war, ihn
-kennen gelernt zu haben.
-
-Desto lästiger dagegen wurde mir der Aufenthalt auf der Anna, da es,
-wie schon bemerkt, nicht nur an Raum fehlte, sondern unter den neuen
-Passagieren hatte sich auch eine große Anzahl von Spielern eingefunden,
-die den Raum durch einen großen Tisch, an welchem sie Stoßen, das
-alte und beliebte deutsche Hazard-Spiel, spielten, unter Beistand
-einer Menge von Zuschauern dermaßen beengten, daß mir nichts zu thun
-übrig blieb, als mich nach den untern Regionen des Schiffs zu den
-Deck-Passagieren zu begeben.
-
-Daselbst bemerkte ich mehrere deutsche Familien; da saßen Einige
-mit Bibeln vor sich, Andere in Kattun-Jacken, schmauchend nach
-alt-deutscher Weise, aus kurzen deutschen Pfeifen von dem edeln
-Kentucky-Taback, den die Amerikaner lieber auf nassem Wege auflösen.
-Die Frauen derselben strickten zum Ärger der Chemnitzer Strumpfwirker
-und zur Freude der Amerikanischen Produzenten Strümpfe aus der auf
-Amerikanischem Boden gewachsenen Baumwolle. Da ich Bekanntschaft
-mit diesen Leuten anknüpfen wollte, so näherte ich mich zuerst den
-Bibellesern, in der Meinung, daß diese die weniger Glücklichen in der
-Gesellschaft sein müßten, indem die Meisten im Unglück sich entweder
-zur Religion oder zum Aberglauben wenden. Ich hatte mich darin auch
-nicht geirrt, dann sie versicherten mir, in jeder Rücksicht sehr
-unglücklich und, obgleich sie schon ein Viertel-Jahrhundert in Amerika
-zugebracht hätten, noch immer sehr arm zu sein.
-
-Hierauf näherte ich mich den Taback rauchenden Männern und
-Strümpfe strickenden Frauen. Von diesen erfuhr ich, wie die
-amerikanisch-deutsche Auswanderungs-Commissionaire in New-York sie
-schändlich betrogen und irre geleitet hätten. Sind doch Commissionaire
-ein tödtendes Gift in allen Branchen, dachte ich, da mir schon in
-Louisville ein pallastähnliches Haus gezeigt worden war, welches ein
-Deutscher auf Unkosten der armen Einwanderer erbaut hat, indem, wie
-sich der Amerikaner ausdrückte, der es mir zeigte, zum Fundament
-desselben die Seufzer der Unglücklichen, zum Löschen des Kalks die
-Thränen derselben verwendet wurden. Diese Unglücklichen müssen sich
-wegen Mangel an Sprachkenntnissen gleichsam als Sclaven an den
-Commissionair verkaufen und das sehr wohlfeil gekaufte Land für ihn
-kultiviren. Einen aus der Gesellschaft, der mir am klügsten schien,
-ersuchte ich, mich mit der Art und Weise, wie jene Commissionaire in
-New-York mit ihnen verfahren hätten, bekannt zu machen. Vermuthlich
-nicht so arg, wie die Havaneser uns armen Kaufleuten, dachte ich
-hierbei. „Die verdammten Diebe,“ hob der Erzähler an, „haben uns vom
-ersten Augenblick unserer Ankunft an konfuse gemacht; sie haben uns
-zu Reisen verleitet, wodurch das Wenige, was uns nach Zahlung der
-125 Francs Reisekosten noch übrig blieb, aufging; jetzt müssen wir
-alle zurück, weil hier, wo uns die Diebe hingeschickt haben, Nichts
-zu machen ist.“ Als ich hierauf bemerkte, sie hätten besser gethan,
-Deutschland nicht zu verlassen, weil man, um hier etwas anfangen zu
-können, wenigstens 1000 Piaster baares Geld mitbringen müßte, lachten
-sowohl die Strickenden als die Rauchenden, und Einer meinte: „wenn wir
-1000 Piaster gehabt hätten, so wären wir sicher noch zu Hause und
-tränken Wein für sechs Kr., während wir hier Essig mit ½ Piaster
-bezahlen müssen.“ -- Dies vorläufig als Warnung für den Auswanderer;
-ich werde später genauer hierauf zurückkommen, da ich bei meinem
-zweiten Aufenthalt in New-York diese Suche genauer kennen zu lernen
-Gelegenheit hatte, und setze vorläufig meine Reise nach Pittsburg fort,
-um baldigst in New-York einzutreffen, wonach ich mich um so mehr sehne,
-da die loyal Miß Anna um Vieles zu liberal geworden war.
-
-Wir langten nach einer viertägigen Fahrt in Pittsburg, dem Birmingham
-der V. S. an. Jeder Amerikaner spricht in tiefster Ehrfurcht von dieser
-Stadt, von welcher es in den statistischen Berichten heißt, es würden
-für 30 Millionen Piaster Waaren hier fabrizirt; einige Tage hier zu
-verweilen, um die bedeutenden Fabriken in Augenschein zu nehmen und
-ihre Erzeugnisse zu prüfen, war mein Vorsatz.
-
-Schon am Ufer gewahrte ich, daß Eisengießereien hier ein bedeutender
-Erwerbszweig sein müssen, indem eine bedeutende Masse von Gußwaaren
-zum Einladen bereit lag. Zunächst begab ich mich nach dem Innern der
-Stadt, um das Exchange-Hotel (Börsenhaus), wohin sich viele meiner
-Reisegefährten begeben hatten, aufzusuchen, was mir auch, da Pittsburg
-sehr regelmäßig gebaut ist, ohne Mühe gelang. Wie ein hungriger
-Jagdhund über seine Speise, so fiel ich über die seit vier Tagen
-entbehrten Tagesblätter her und fand mit Schrecken und mit Freuden
-zugleich die Verunglückung des Dampfschiffes Albany, mit dem ich
-anfangs reisen wollte. -- Um die Fabriken aufzusuchen, begab ich mich
-auf eine Anhöhe und richtete die Augen nach dem Himmel zu; ich bedurfte
-nicht, wie die Astronomen, wenn sie Kometen suchen, eines Teleskops;
-ich merkte auf die dichten Rauchwolken, die aus den hohen Schornsteinen
-hervorströmen und konnte sicher sein, eine Fabrik zu finden.
-
-Zuerst gelangte ich zu einer Glasfabrik, in welche ich ungenöthigt
-hineintrat. Nur der Aufseher war zugegen und so gefällig, mir vieles
-Hübsche zu zeigen. Ich ersah, daß die Glaswaaren hier nicht, wie in
-Böhmen oder Schlesien, geblasen, sondern gegossen werden, folglich
-fällt hier das Schleifen weg, indem das Bunte auf diesen Gläsern in den
-Formen erzeugt wird. Nach dieses Mannes Erzählung waren die Amerikaner,
-als Erfinder dieser Fabrikation eine Zeitlang die Monopolisten darin,
-jetzt aber, nachdem Engländer und Franzosen dieselbe Fabrikate
-erzeugen, haben sie eine schwere Concurrenz zu bestehen.
-
-Durch den Anblick eines mächtigen Granit-Quarrées auf einem Berge
-angezogen, näherte ich mich demselben. Unerklärlich war mir diese
-Erscheinung, eine so mächtige viereckige Felsenburg ohne Fenster und
-Thüren; was kann das sein? Da ich neben diesem Felsenklumpen ein von
-eben solchen Steinen errichtetes, aber unbeendetes Gebäude mit einer
-prächtigen Kuppel sah, so trat ich in dasselbe, um mir Auskunft zu
-erbitten. Ich freute mich sogleich einen Mann zu treffen, dessen
-Anblick sonst Niemand sehr erfreut; den Schließer des Gefängnisses,
-welcher sich im Souterrain jenes mir räthselhaften Granit-Quarrées
-befand. Dies war so eingerichtet, daß die Zugänge zu demselben durch
-das Souterrain des unbeendeten Prachtgebäudes, den neuen Gerichtshof
-führten, und folglich jeder Arrestant, ohne sich müßigen Zuschauern
-exponirt zu sehen, vor die Richterstühle gelangen kann.
-
-Die benachbarte katholische Kirche ist auf ähnliche Weise gebaut.
-
-Am Ufer fand ich ein Schiff, welches zum Hausiren auf dem Ohio bestimmt
-war, zur Abfahrt fertig. Um diese schwimmenden Hausirer kennen
-zu lernen, bestieg ich das Schiff, in welchem ich ein komplettes
-geordnetes Waarenlager antraf. Die Mannschaft darauf versieht zugleich
-die Dienste der Handlungsdiener; bei allen Ortschaften werden Verkaufs-
-und Ankaufsversuche gemacht.
-
-Den Mechanismus der sogenannten Snag-boats wollte ich jetzt kennen
-lernen; diese Bote sind nämlich seit etwa zwei Jahren durch den
-Washingtoner Congreß, auf dem Ohio und Mississippi eingeführt zum
-Auffischen der in jenen Flüssen treibenden Bäume, welche den Untergang
-so vieler Dampfschiffe herbeigeführt haben; es giebt derselben bis
-jetzt nur sechs, obgleich für beide Ströme wohl 150 erforderlich sind;
-ich freute mich, sie kennen gelernt zu haben, denn sie verdienen alle
-Aufmerksamkeit.
-
-Auf dem Rückwege von dort gerieth ich in eine Baumwoll-Spinnerei.
-Der Fabrikant war eben damit beschäftigt, eine verkaufte Quantität
-dem Käufer zuzuschicken. Da ich auf den Fünf-Pfund-Paqueten No. 10
-bemerkte, so ersuchte ich den Fabrik-Inhaber mir eins von No. 40 zu
-zeigen. „Hiermit beschäftigen wir uns nicht,“ erwiederte er, „die
-Anfertigung solcher Nummern überlassen wir den Engländern, wir spinnen
-nur bis zu No. 14, indem wir nicht so viel Capitalien haben, um mit
-sechs Prozent, denn mehr liefern feine Garne nicht, zufrieden zu sein.
-Auf Nummern wie diejenigen sind, welche wir spinnen, ist die Steuer
-zu groß, und aus diesem Grunde verbietet sich die Einfuhr von selbst.
-Besäße ich mehr Vermögen, so könnte ich mehr fertig schaffen und,
-anstatt daß ich jetzt 3000 Pfund jeden Tag absetze, das dreifache
-Quantum verkaufen.“ -- Es würde mich sehr freuen, wenn einer von den
-geneigten Lesern so gefällig sein wollte, mir Aufschluß zu geben, warum
-der Amerikaner, welcher die Baumwolle und Kohlen dicht an der Thüre
-hat, mit den englischen Fabrikanten nicht soll concurriren können. Wäre
-es nicht zweckmäßig, daß die Regierung einen Ausfuhrzoll von Baumwolle
-erhöbe?
-
-Während ich mich auf der Pittsburger Brücke befand -- alle Brücken
-in den V. S., muß ich nebenbei bemerken, sind den Häusern ähnlicher
-als den Brücken, indem sie zur Abhaltung des Schnees mit Dächern und
-Fenstern versehen sind -- und mich der großen Granitblöcke, worauf die
-Brücke ruht, erfreute, traf ich einen frühern Reisegefährten, welcher
-mich bat, mit nach seiner Tuchfabrik zu reisen. Er beklagte sich sehr
-über die Schmuggelei von England aus über Canada; noch mehr aber wegen
-des hohen Zolls auf roher Wolle, wodurch den Woll-Produzenten, zum
-Nachtheil der Fabrikanten ein sehr lästiges Monopol eingeräumt sei.
-Dürften wir, setzte er hinzu, unsern Wollbedarf gegen Erlegung eines
-Zolls, wie der in England festgestellt ist, von Deutschland einführen,
-so würden wir England sehr bald bei Tuchen entbehren können.
-
-Als die beste Reisegelegenheit, um von hier nach Philadelphia und
-New-York zu kommen, wurde mir gerathen, auf einem Kanalboote bis nach
-Harrisburg zu fahren. Diese Fahrt wäre mir indeß beinahe schlecht
-bekommen, indem ich beim Durchfahren unter einer Brücke in die größte
-Gefahr kam, erdrückt zu werden. Bis nach Harrisburg trafen wir wohl 100
-Brücken und bei den höchsten derselben konnte man, auf dem niedrigsten
-Punkte des Bootes aufrechtstehend, kaum ohne Gefahr durchkommen.
-Deshalb befindet sich Abends ein Mann auf dem Posten um „Herren, eine
-Brücke!“ als Warnungszeichen zu rufen. Diesmal rief er, als es schon zu
-spät war, um von den Koffern, auf welche ich mich zum Schutz vor Regen
-gesetzt hatte, herabzukommen. Ich warf mich sogleich auf den Rücken und
-erwartete das Schlimmste, aber die Vorsehung ließ auch diese Gefahr
-glücklich für mich vorübergehen. Ich enthalte mich der Beschreibung
-dieser Treckschuiten (die nach der alten sächsischen Lehrmethode wohl
-eher mit einem D zu schreiben sind), weil sie desselben nicht werth
-sind. Jeder, der dergleichen Schiffs-Gelegenheiten in Holland gesehen
-hat, welche den Amerikanischen zum Muster gedient zu haben scheinen,
-wird meine Versicherung, daß 43 Personen in der Cajüte schlafen mußten,
-in Zweifel ziehen, und 5 Nächte mußten wir in dieser peinlichen Lage
-zubringen; drei Hängematten über einander, in vier Alleen eingetheilt,
-lieferten sämmtliche Ruhestellen.
-
-Uebrigens gewährte diese Reise sehr viel Abwechselung und Vergnügen in
-mancher Hinsicht. Das Merkwürdigste hierbei war eine Fahrt von etwa
-35 englischen Meilen über sehr hohe Gebirge auf Eisenbahnen, vermöge
-des Mechanismus vieler Dampf-Maschinen, welche auf kurze Distancen die
-mächtigsten Wagen mit dem allerschwersten Gepäck ohne Locomotive auf
-die hohen Berge zogen -- so daß wir die 35 Meilen in sieben Stunden
-zurücklegten. Es scheint, daß, zur Anlegung von Tunnels kein Fonds
-vorhanden war, da man zur Beförderung der Güter auf den Canälen, zu
-einer solchen Maaßregel hat schreiten müssen. Sobald wir von den sehr
-hohen Bergen ohne Locomotive etwa 6 Minuten hindurch auf die Canäle
-zu hinunterfuhren und bei denselben angelangt waren, stand ein Boot
-und Pferde bereit; die Umpackung währte etwa sechs Minuten. -- Am
-folgenden Abend passirten wir den herrlichen Fluß Susquehannah. Ueber
-diesen führt eine herrliche Brücke, die ich in der Entfernung, da sich
-an derselben zwei Gallerieen für die hin- und zurückziehenden Pferde
-befinden, für ein Theater hielt. Die Gegend um diesen Fluß ist die
-reitzendste von allen, die ich auf meinen vielfältigen Reisen gesehen
-habe. Die Stadt Petersburg, welche an der entgegengesetzten Seite des
-Flusses liegt, konnte ich bei der sich nähernden Abendzeit nicht gut
-sehen.
-
-In Harrisburg hören die Canalfahrten auf und die nach Philadelphia
-führende Eisenbahn beginnt. Da wir das Reisegeld für die Fahrt von
-Pittburg bis Philadelphia entrichtet hatten, so war es des Capitains
-Sache, für unsere Weiterschaffung zu sorgen, was denn auch bald
-geschah. Für die aus Pittburg angekommenen Reisenden wurden sowohl für
-Personen als Gepäck eigene Wagen angewiesen; aus Harrisburg fuhren
-mehrere Hunderte. Die Wagen waren alle für funfzig Personen und so
-arrangirt, daß sie mittelst großer Zugänge gleich einem Wohnhause in
-Verbindung stehen; man kann während der Fahrt die sämmtlichen Wagen
-durchstreichen und die an beiden Seiten paarweise Sitzenden mustern.
-Am Eingange des ersten, dicht an der Locomotive befindlichen Wagens,
-in welchem zwei Abtheilungen angebracht sind, las man am Eingange zur
-zweiten Abtheilung „Damenzimmer“. In diesem befand sich ein großer
-Spiegel, nächst dem Manne, das erste Bedürfniß für Damen, Sopha,
-Arbeitstisch. Von Harrisburg bis Philadelphia, (welche Entfernung 96
-englische Meilen beträgt,) fährt man mit Einschluß der Zeit, welche
-zum Frühstück und Mittagsessen zugestanden ist, sieben Stunden. Für
-das letztere, welches verhältnißmäßig eben so rasch verzehrt werden
-muß, als die Locomotive sich fortbewegt, wird ein eben so reissender
-Preis, d. h. ½ Piaster oder 18 gGr. bezahlt. Beim Bezahlen bemerkt
-man Viele, die bemüht waren, einige von den abgesetzten Bank-Noten,
-womit ihre Brieftaschen sich in ungesegneten Umständen befanden und auf
-Entbindung nicht hoffen dürfen, -- anzubringen, allein der Cassirer
-hat das Textbuch vor sich liegen, bleibt im Text und besteht auf
-werthvoller Bezahlung des werthlosen Mittagessens.
-
-Auf der Tour von Harrisburg bis Philadelphia hat der deutsche Reisende
-Gelegenheit sich über den Fleiss und die Ordnungsliebe seiner
-Landsleute zu freuen, da diese die Bewohner jenes Strichs ausmachen.
-Man glaubt hier in Deutschland zu sein, überall erblickt man Feld- und
-Baumfrüchte; auf jedem Hause in den Dörfern glaubt man die Worte:
-„Wohlhabenheit und Zufriedenheit“ zu lesen. Gutgekleidete Kinder
-beiderlei Geschlechts drängen sich mit Blumen und reifen Baumfrüchten
-an den Wagen, um für die bereits gehaltene Aerndte etwas für sie
-Brauchbareres zu ärndten. Genug, man empfindet auf dieser Reise keine
-Langeweile, wenn man nicht etwa unwohl ist, wie ich es ein wenig war;
-ich hatte bei der Passage über die Berge ein Erkältungsfieber erhascht
-und kam ziemlich krank in Philadelphia an.
-
-Da saß ich in einem langen Omnibus, die alten kraftlos scheinenden
-Rosse thaten Wunder, denn sie trabten von einem Gasthofe zum andern
-und nirgends fand ich ein Plätzchen für mich. Obgleich vom heftigsten
-Kopfweh gepeinigt, freute ich mich dennoch; war es doch ein Zeichen,
-daß ich den Kopf nicht in Havana verloren hatte. „Fahre nach welchem
-Gasthof du willst, nur nach keinem schmutzigen“, sagte ich zum
-Omnibus-Kutscher und bald standen die Rosse vor Baltimore-house,
-welches mir der Kutscher als ein gutes und sehr reines Haus anpries, in
-dessen Nähe auch das Dampfschiff nach New-York abfahre.
-
-Ich wurde in diesem Hause mit etwas versehen, was mir seit einer
-Reihe von Jahren entfremdet war und das war -- ein Federbette welches
-gut war, weil es den Dienst eines russischen Dampfbades versah und
-mich dermaßen auf die Beine brachte, daß ich am folgenden Morgen in
-Philadelphia umherzustreichen mich mit hinlänglicher Kraft ausgerüstet
-fühlte. Ich fand, daß Philadelphia ungefähr in demselben Verhältniß
-zu New-York steht, wie Potsdam zu Berlin. Der Ort ist schön, weil
-die Häuser durchgängig gut gebaut und die Straßen regelmäßig sind;
-wenn man die vielen Canäle in denselben abrechnet, über die man aber
-auch in New-York Beschwerde führen kann, aber nicht darf, weil die
-Amerikaner leidenschaftlich am Canalbau hangen. -- Ich bestieg das
-Rathhaus bis zu seinen höchsten Regionen, d. h. bis zur Glocke,
-und war höchst überrascht, als ich die herrliche grosse Stadt mit
-den vielen Kirchen und squares (Quarrées) nebst der herrlichen
-Umgegend zu meinen Füßen liegen sah. Ich besuchte die Münze, das
-Taubstummen-Institut, das Collegium und fuhr etwa drei Meilen weit nach
-dem Wasserwerk, gelegen in einem Schweizerthal mit Bergen umgeben,
-auf welchen sich die herrlichsten Anlagen befinden. Für diese Fahrt
-hin und zurück bezahlte ich nur ¼ Piaster -- der wohlfeilste in den
-V. S. mir erwiesene Dienst; muß man doch für das einmalige Putzen der
-Stiefeln dasselbe bezahlen. Auch nach Vauxhall begab ich mich, in
-welchem 1000 Chinesische Lampen brennen und eben so viele Orangenbäume
-gezeigt werden sollten. Da aber nur einige Lampen brannten, so blieben
-natürlich die blühenden Orangen unsichtbar. Ich kehrte nach der Kasse
-zurück, um meinen halben Piaster Entree zu reklamiren, allein der
-Kassirer versicherte mir, er sei an diesem Platze zum Geld-Einnehmen,
-nicht Ausgeben; ich könne aber am folgenden Abend Gebrauch von der
-Charte machen. -- Weise ist nach Lessing derjenige, welcher sich auf
-seinen Vortheil versteht; ich erklärte daher diesen Mann für weise und
-zog ab.
-
-Meine Rechnung in Baltimore-house belief sich auf eine artige Summe,
-obgleich ich keine einzige Mahlzeit in demselben eingenommen hatte. Der
-Wirth bewies mir, daß er bei den hohen Preisen aller Lebensmittel zu
-Grunde gehen müßte, wenn es nicht so manchen gäbe, der nie ißt, aber
-dennoch üblicher Weise bezahlt. Es wird in ganz Amerika 2½-5 Piaster
-in jedem Gasthofe den Logirenden angeschrieben, wenn er auch gar nichts
-genossen hat.
-
-Am folgenden Morgen fuhr ich mit dem ersten Dampf-Schiff nach
-New-York. Auf diesem befanden sich etwa 300-350 Passagiere, ungeachtet
-zu derselben Stunde die Dampfwagen dahin abfahren. Man giebt den
-Dampfschiffen darum den Vorzug, weil von den Schornsteinen der
-Locomotiven zu viel brennende Kohlen umher geworfen werden, und dadurch
-viele Kleidungsstücke der Mitreisenden zu Grunde gehen. Man muß jedoch
-auch auf der Fahrt mit dem Dampfschiff ungefähr 20 Meilen auf dem
-Dampfwagen zurücklegen, um alsdann die Reise im Schiff zu beendigen.
-
-Um etwa 1 Uhr kamen wir in New-York an. Das Erste, was ich that, war,
-mir ein Privat-Logis aufzusuchen, denn die Boarding-Häuser hasse ich
-wegen des darin statt findenden Zwangs. In einem freien Lande darf
-man auf Freiheit Anspruch machen, Thorheit ist es also, wenn man dem
-Gastwirth seine Freiheit verkauft und noch dazu, wie hier in New-York
-viel dafür bezahlt.
-
-Als ich so an Broadway hinschlenderte, fühlte ich mich in der
-heitersten Stimmung. Als ich über den Grund derselben nachdachte, fand
-ich ihn darin, daß ich hier nicht, wie in Havana, das menschliche Elend
-d. h., mit Lumpen umhangene Neger auf jedem Schritte vor mir sah,
-sondern nur freie wohlgekleidete Menschen. Noch immer konnte ich die
-Erinnerung an die Behandlungsweise der Sclaven von Seiten der Herren
-nicht aus meiner Seele verdrängen; ich sah, wie die Herren Negerfrauen
-im Beisein ihres Mannes züchtigten, oder wie der Mann während der
-Procedur hereintrat, um das Mittagsmahl mit seiner Familie zu
-verzehren, den züchtigenden Herrn ehrerbietig grüßte und gleichgültig
-that, als ob ihn das nichts angehe. Wie diese Unglücklichen von Afrika
-aus transportirt werden, will ich nur kurz erwähnen. In den Räumen der
-Sclavenschiffe sind innerlich Abscheidungen von Brettern, mit nicht
-mehr Zwischenraum, als daß zwei Personen aufrecht darin stehen können,
-errichtet. Die Neger werden paarweise mit ihrem Rücken gegeneinander
-zusammengebunden und zwischen diesen Räumen an die Wände derselben
-angeschlossen. Aus dieser peinlichen Stellung werden sie während der
-Reise täglich nur einmal, jedoch nicht mehr als 8-10 Personen auf
-einmal, und nur auf 5-6 Minuten erlöst.
-
-Ich fand ein Haus, an dessen Thüre ich auf einem Zettel: furnished
-rooms (meublirte Zimmer) las. Die Wirthin, so wie Alles im Hause
-deutete auf Reinlichkeit, nichts Archenähnliches war an dem mir
-offerirten Zimmer zu bemerken. Meine vis a vis waren friedliebende, gar
-nicht neugierige Menschen, die mich auf keine Weise geniren konnten,
-ja um alle weltliche Dinge sich nicht mehr kümmerten, weil sie alle
-auf dem mit Blumen und Bäumen geschmückten Kirchhofe wohnten. Sofort
-miethete ich dieses Zimmer und befand mich sehr wohl in demselben. Dann
-suchte ich wieder mein französisches Boarding-Haus zum Speisen, da ich
-mir in Philadelphia wegen der Unpäßlichkeit die Hungerkur auferlegt
-hatte. Auf die Frage der freundlichen Wirthin, wie mir ihre Küche
-munde, erwiederte ich: nach einer mit Oel gesalbten Küche, deren ich in
-Havana so viele Monate hindurch unterworfen war, fühlt sich mein Gaumen
-höchst geschmeichelt. Ein Schweizer meinte, daß es in der That in
-Havana höchst schlecht sein müsse, wenn es ein Berliner schlecht finde,
-denn nach seiner Ueberzeugung lebe man in Berlin sehr schlecht; er
-versicherte, er habe in den Gasthöfen erster Klasse daselbst für zwei
-Thaler das Couvert auf seinem Zimmer servirt, abominable gegessen. Ich
-vertheidigte meine Mitbürger aufs eifrigste, war aber nicht im Stande,
-ihn zu einer bessern Ueberzeugung zu bringen.
-
-Uebrigens war ich gerade zur rechten Zeit hier angekommen, um dem Feste
-der Gründung der Unabhängigkeit der V. S., welches am vierten July
-gefeiert werden sollte, mit beizuwohnen. Die Nacht vor dem Geburtstage
-der Republik wurde mit einer solchen allgemeinen Theilnahme durch
-das Abbrennen von Feuerwerken, Schießgewehren in allen Straßen kund
-gethan, daß mir kein anderer Wunsch übrig blieb als der, daß die
-Lustigen auch an andere Leute denken möchten, die wegen dieses Getöses
-beinahe die ganze Nacht nicht schlafen konnten. Es ging ununterbrochen
-fort bis um acht Uhr des Morgens, zu welcher Zeit die verschiedenen
-Armee-Abtheilungen, alle neu uniformirt, mit Feldmusik und Trommeln
-sich dem Demokraten-Könige, der an diesem Tage eintreffen sollte, in
-aller Pracht zeigen wollten. Es wimmelte in Broadway von Militair,
-welches nach dem Paradeplatz an der Batterie marschirte. Da jedes
-Revier eine eigene Compagnie bildet, und sich jede derselben nach ihrer
-eigenen Bestimmung kleidet, weshalb nun alle mit einander wetteifern,
-in prachtvoller Ausstattung, so kann der Leser leicht denken, daß diese
-ganz glänzend sein mußte; -- besonders zeichnete sich der Generalstab
-und die Spielleute, deren jede Compagnie ihre eigene hat, in dieser
-Hinsicht aus. Hierbei konnte man bemerken, daß zur Verherrlichung jedes
-Festes Militair Bedürfniß ist. Die Anzahl der Generäle und Adjutanten
-in ihren prachtvollen Uniformen, welche größtentheils Schimmel, die
-Lieblingsfarbe der Amerikaner an Pferden, ritten, war sehr beträchtlich
-und kam mir weit größer vor, als die in den großen Armeen großer Mächte.
-
-Um etwa 12 Uhr verkündete der Kanonendonner die Landung des mit 40,000
-Piaster besoldeten Regenten; er wird die Truppen mustern, hieß es,
-und dann seinen Einzug halten. Von meinem Zimmer aus beobachtete
-ich ganz ruhig die Sache; ich zählte über 2000 Militairs, die in
-einer Linie vor dem Präsidenten her zogen. Jetzt erschien derselbe
-mit entblößtem Haupte, welches er bei dem jedesmaligen Hurrahruf
-rechts und links neigte. An den Präsidenten schlossen sich sämmtliche
-Magistrats-Personen in schwarzer Kleidung an, mit sehr langen
-Pergamentrollen in der Rechten; hierauf folgten 100 berittene Bürger
-und der Generalstab. Weder Constabler noch sonstige Polizei-Beamte
-waren zur Aufrechthaltung der Ordnung bemerkbar; und dennoch sah man
-unter einer Masse von 200,000 Menschen, die sich in dieser Straße
-bewegten, eine exemplarische Ordnung. Als Militairs zeichneten sich
-in dem Zuge die Deutsche und Irländische Compagnie, so wie auch ein
-Veteran aus, der den Befreiungskrieg mitgemacht hatte.
-
-Da in keinem Lande dergleichen große Feste, ohne daß das Leben einiger
-Individuen geopfert wird, ablaufen, so stand es nicht zu erwarten, daß
-dies Fest in diesem Lande, woselbst die Menschen den gefährlichsten
-Elementen, Feuer und Wasser mit einer gewissen Frechheit die Stirn
-bieten, eine Ausnahme von der Regel machen würde. Die Decke eines
-Dampfschiffes (die Dampfschiffe dieser Art zum Vergnügen haben außer
-dem gewöhnlichen Verdeck noch ein höheres auf Säulen ruhendes, Decke
-genannt) hatte wohl 1000 Menschen mehr aufgenommen, als die Stärke
-derselben erlaubte; sie stürzte ein und 10 Personen kamen ums Leben.
-Durch Zerspringen von einem der Kessel der Locomotiven, so wie auch
-durch die Anwendung der Schießgewehre von Knaben, verunglückten mehrere
-Menschenleben. Nur die Kinder sämmtlicher hiesigen Schulen, zwischen
-15-20,000, welche, um dem Präsidenten ihr Compliment zu machen, nach
-einer kleinen Stadt gebracht worden waren, kamen wohlbehalten nach
-New-York zurück.
-
-An diesem Abend gab sich Jeder dem Vergnügen hin; es ward viel
-Champagner in der That, und in der Idee getrunken und mit Bank-Noten
-baar bezahlt. (?) Auf den Hauptplätzen (als: Park, Batterie-Platz)
-u. s. w. waren, wie auf unsern Messen, Buden errichtet, in denen
-viel Leben war; jene Plätze waren mit Feuerwerken und Schießlustigen
-überfüllt, die sich gegenseitig neckten; es ging so weit, daß
-die in den vis a vis gelegenen Gasthöfen Globe und Sans-Souci
-Logirenden sich aus den Fenstern durch Zuwerfen von Feuerkugeln,
-Fontainen und Schwärmern dermaßen belustigten, daß in einem Zimmer
-die Fenstervorhänge schon brannten und beinah ein größeres Feuerwerk
-entstanden wäre. Im Castle-Garden (Schloßgarten) wurde, wie man mir
-sagte, ein glänzendes Feuerwerk bei etwa 10,000 Zuschauern abgebrannt.
-
-Nach der Beendigung dieses großen Festes besuchte ich den
-Advokaten Dr. Lord, um Erkundigung einzuziehen, wie weit er in der
-Prozeß-Angelegenheit gegen die M. und H. gediehen sei, und siehe
-da! der gute Mann bedauerte, mir sagen zu müssen, daß er sich
-noch nicht einmal beim Anfang befinde, indem meine Gegner stets
-Gelegenheit gefunden hätten, die Sache in die Länge zu ziehen;
-sie hätten die Gründe, weshalb sie die Sache ausgesetzt zu sehen
-wünschten, beschworen; ihr Anwalt habe überdies, mit Genehmigung
-des Gerichtshofes, eine Reise nach Europa unternommen, welches dazu
-beitrage, diese Affaire in die Länge zu ziehen. Er empfahl mir Geduld,
-die ihm freilich nicht so leicht abgeht, da ich 300 Piaster Vorschuß
-geleistet habe.
-
-Jetzt begab ich mich zum Commissionair, an welchen ich, wie früher
-bemerkt, verschiedene Waaren von Havana mit der Ordre geschickt hatte,
-dieselbe bis zu meinem Dahinkommen liegen zu lassen. Allein die Geduld
-hatte ihn verlassen, er hatte sie für die Hälfte des Werths verkauft
-und händigte mir jetzt die Verkaufs-Rechnung ein. Einen zweiten Prozeß
-mit einem abermaligen Vorschuß von 300 Piaster anzufangen, war schon
-deshalb nicht räthlich, weil +Ein+ Prozeß, selbst unter dem
-mildesten Prozeß-Himmelsstrich wenigstens für mich hinreichend ist;
-ferner war wegen des heraufziehenden Ungewitters in der New-Yorker
-Geldwelt ein zweiter Prozeß zu vermeiden. Ueberdies war ich nicht
-gesonnen, das Ganze den Launen der Advokaten und des Zufalls Preis zu
-geben, denn wie leicht kann durch eine Zahlungs-Unfähigkeit der Banken,
-die mir unausbleiblich schien, Alles verloren werden, wenn auch die
-Sache zu meinen Gunsten entschieden würde? Es blieb mir mithin nichts
-Anderes übrig, als den Belauf für meine Güter zu nehmen und gegen
-das Verfahren meines Commissionairs zu protestiren. -- Ergo ist in
-der neuen Welt nur viel zu verlieren, und mit großem Risico wenig zu
-verdienen.
-
-
-
-
- ~Vierte Abtheilung.~
-
- ~Ueber das
- Treiben im englischen und amerikanischen Handel.~
-
-
-Auf diese Weise hatte ich nun in New-York keine andere Geschäfte, als
-mich mit den New-Yorkern zu amüsiren. Wohin also zuerst? fragte ich
-mich selbst. Nach Wall-Street, war die Antwort. Diese Straße war ganz
-mit großen Granit-Blöcken und Marmor-Säulen angefüllt, so daß man
-dieselbe kaum mit Bequemlichkeit passiren konnte. Auf meine Frage,
-was mit den vielen Steinen von so ungeheuerm Umfange gemacht werden
-solle, hörte ich, daß sie zu Bank-Gebäuden bestimmt wären. Es dürfte
-vielleicht einige Leser geben, die hierbei die Frage aufwerfen, warum
-die Herren Rothschild in London, Hope in Amsterdam, Heyne in Hamburg,
-Bethmann in Frankfurt a. M., Schickler in Berlin u. A. in kleinen
-unansehnlichen Zimmern ihre sehr bedeutenden Geschäfte betreiben, und
-warum diese nicht wie die New-Yorker, auf Marmor- und Granitsäulen
-ruhende Banken errichten. Die Frage ist nicht schwer zu beantworten:
-Die New-Yorker bedürfen zur Ausführung der Bauten nichts, was wie Geld
-aussieht, während jene Banquiers nicht ohne Geld würden bauen können.
-
-An demselben Tage wurde das Dampfschiff Great-Western von London
-erwartet. Alle warteten mit der größten Ungeduld auf die Ankunft
-dieses Schiffes, oder vielmehr auf die Nachrichten, die es mitbringen
-sollte, denn man hoffte durch Hülfe der Engländer sich bald vom Uebel
-erlöst zu sehen. Von England also Hülfe! dachte ich. Hülfe von einem
-Volk, welches sich selbst nicht zu helfen weiß. England ist in seinen
-Finanzen stets überschätzt (overrated) worden. Wehe! und abermals
-wehe! einem Jeden, welcher überschätzt wird, mag es eine Regierung
-oder ein Privatmann sein. Die natürlichsten unmittelbarsten Folgen
-solcher Ueberschätzungen sind Uebervortheilungen. Der Verfasser gehört
-zu den Wenigen, welche gegen die Englands Reichthum gesungenen und
-gesprochenen Loblieder stets protestirt haben, obgleich er demselben
-in technischer Hinsicht alle Gerechtigkeit widerfahren ließ; er ist
-oft scharf darüber getadelt worden, worum er sich aber wenig kümmerte.
-Schon im Jahre 1830, als die Reformbill John Russell’s im Hause der
-Gemeinen durchging und Graf +Grey+ Premier-Minister ward, sprach
-der Verfasser in einem mit dem Buchstaben R. unterzeichneten, im Leeds
-Intelligencer eingerückten Aufsatz: „the corn-laws, as the present
-policy of the country“ („die Korngesetze, die gegenwärtige Politik des
-Landes“) sich dahin aus, daß England den frühern Gedanken, für alle
-Bewohner des Erdballs zu fabriziren schwinden lassen, und einen großen
-Theil der Fabrik-Arbeiter zur Erzeugung des ersten und nothwendigsten
-Bedürfnisses, Getraide, verwenden müsse, wenn es fortbestehen wolle.
-Der Verfasser rieth in jenem Aufsatze zur Anlegung vieler Eisenbahnen,
-damit so viele Ländereien, welche zum Anbau des Pferdefutters
-jetzt dienen, zur Erzeugung von Lebensmitteln für die Bevölkerung
-angewendet werden könnten. Der Verfasser führt die Hauptpunkte seines
-damaligen Aufsatzes zum Beweis der Behauptung an, daß er Englands
-Lage schon vor 10 Jahren richtig beurtheilt hat, wobei er jedoch hier
-nur das Wichtigste hervorheben kann. Auch behauptete er, daß der von
-Preußen für die deutschen Fabrikanten angeordnete Schutzzoll nie eine
-Abänderung zu Gunsten der englischen Fabriken erfahren werde, und
-sollten diese, durch Anschaffung wohlfeileren Brodes, wohlfeiler als
-die deutschen Fabrikanten produziren, so werde, seines Erachtens, der
-Schutzzoll um eben so viel von Seiten Preußens erhöht werden. Wer würde
-wohl gern 3 L. St. hingeben, um 1 L. St. dafür wieder zu erhalten?
-Deshalb wird sich Preußen stets gegen die Einfuhr von englischen
-Fabrikwaaren sträuben, indem England, bei einem Getraide-Mangel sich
-doch unbedingt nach Deutschland wenden muß.
-
-Englands Getraide-Noth (wie diese im vorigen Jahre sich zeigte), ist
-lediglich der Vernachlässigung des Ackerbaues zuzuschreiben; es giebt
-zu viel unkultivirtes Land in den vereinigten drei Königreichen. Hätte
-die Regierung die Taxen vom kultivirten Lande vermindert und das
-unkultivirte Land dagegen mit hohen Taxen belegt, so würde das Land,
-auch bei einer schlechten Aerndte, nie in Verlegenheit kommen. Der
-Mensch, welcher sein erworbenes Vermögen zu konserviren weiß, gehört
-zu den Künstlern ersten Ranges. Von allen englischen Fabrikanten
-gelangte keiner zur Meisterschaft in dieser Kunst; sie sind arm, weil
-ihr Vermögen in Fabrik-Gebäuden und Maschinen steckt; diese aber haben,
-da man jetzt dergleichen von der Seine bis zur Wolga in jedem Dörfchen
-antrifft und in Bewegung sieht, nur ein Drittel des ursprünglichen
-Werthes.
-
-Der Verfasser ist seit Kurzem von mehreren seiner Bekannten, unter
-denen sich sogar ein Engländer befand, gefragt worden: „Wodurch wohl
-ist Englands Reichthum sobald gesunken?“ Die Meisten hielten in der
-That England stets für übermäßig reich, und dies hat, wenn man die
-Sache genauer betrachtet, folgende Gründe.
-
-1.) Alle Mächte contrahiren enorme Anleihen bei dem Hause Rothschild
-in London. Nun glaubte man die Engländer sind es, die diese viele
-Millionen hergeben, allein sie sind größtentheils aus Rußland,
-Deutschland und Holland dem Hause R. überwiesen worden.
-
-2.) Man erinnert sich der ungeheuern Summen, welche England in der
-Napoleonischen Zeit den verbündeten Mächten als Subsidien gezahlt hat
-und denkt: welches Volk in der Welt würde dies wohl leisten können?
-Wollten die guten Leute doch nur erwägen, daß diese Subsidien-Gelder
-nur ein sehr geringer Theil derjenigen Summen waren, welche von
-Preußen, Oestreich und Rußland für Fabrikwaaren stets nach England
-gingen. England konnte doch nicht immerfort nehmen wollen, weil ja
-sonst Nichts übrig geblieben wäre. Jene Länder besaßen zu jener Zeit
-gar keine Fabriken, erhielten vielmehr ihren ganzen Bedarf von England
-und welchen Preis bezahlten sie dafür! 14-16 Thlr. für ein einziges
-Stück von Baumwollen-Waaren, in welchem etwa fünf Pfund von der
-Prima-Materie verbraucht worden waren. Von dem durch solche Preise
-entstandenen enormen Gewinn zahlte England etwa 1/10 als Subsidien
-zurück, damit die guten Deutschen wie Wahnsinnige auf die französischen
-Kanonen losgehen möchten, um ja nicht an Fabrikation zu denken. Da
-trat nun Napoleon den Engländern mit seinem Continental-System in den
-Weg; er lenkte die Aufmerksamkeit der Deutschen auf Fabrikation. Man
-fing an einzusehen, daß dies Geschäft keine Zauberei sei, daß es nur
-der Geduld und Ausdauer mit Zuziehung guter Augen und tüchtiger Hände
-bedürfe. Hierdurch wurde das englische Fabrikwesen verwundet; da indeß
-diese Wunde anfangs den Engländern noch nicht fühlbar sein konnte, so
-bekümmerte sich Niemand von allen Fabrikanten darum; sie erweiterten
-ihre Geschäfte, statt dieselben vorsichtig einzuschränken. Jeder war
-durch den in den letzten Jahren gehabten Profit wonnetrunken und in
-der Ueberzeugung, bei einer um das Doppelte erweiterten Production den
-doppelten Gewinn zu erzeugen, wurde der ganze Gewinn der letzten Jahre
-und noch mehr zur Anschaffung größerer Gebäude und Maschinen verwendet.
-
-Für die Bauherren, welche, wie überall so auch hier, bei ihren
-Anschlägen gewöhnlich irren, zeigten sich jetzt bald Verlegenheiten: es
-fehlte an Geld, indem der Bau weit mehr kostete, als veranschlagt war.
-Um diese Noth abzuhelfen, mußte Geld gemacht werden und wie geschah
-dieses? Es wurden Banking-Compagnieen, Joint-Stock-Banks u. s. w. auf
-Aktien errichtet. Jeder der Fabrik-Eigenthümer zeichnet auf eine Anzahl
-dieser Aktien, jede derselben zu 100 L. St., auf welche er jedoch nur
-5 L. St. baar erlegt, obgleich er an dem Gewinne von 100 L. St. Theil
-hat; für die übrigen 95 L. St. verfertigen jene Surrogat-Banken ihre
-eigene Bank-Noten, jede Note zu 5 L. St. Um aber jedem Geldempfänger
-auf sein Verlangen mit Geld oder auch Noten von der Bank of England
-begegnen können, war eine Hülfe von Seiten dieser Bank wichtig, ja
-höchst nothwendig. Deshalb wurde also eine Convention zwischen den
-beiderseitigen Banken abgeschlossen, daß alle von jenen Banken gerirten
-Wechsel durch die Bank of England für das übliche Disconto von 3½
-Procent pro anno discontirt und sowohl Geld, als Noten dafür erlegt
-werden sollten.
-
-Der momentane Nutzen, der durch diese Maßregel für die englischen
-Fabrikanten entstand, war sehr groß und vielfältig; der Fabrikant
-konnte sich bei Erweiterung seiner Fabriken nie in Geldverlegenheit
-befinden. Er durfte sich auf Zeitverkäufe einlassen weil die Wechsel
-die ihm bei diesen Verkäufen von den Käufern an Zahlungsstatt wurden,
-sofort in den Banken, in welchen er als Aktionair interessirt war,
-discontirt wurden, wodurch Er eigentlich der Gewinnende ward, weil die
-Bank nur einen geringen Theil solcher Wechsel und zwar nur für 3½
-Procent pro Anno bei der Bank von England discontirte, wogegen die
-Banken 5 Procent mehr und größtentheils mit ihren eigenen Bank-Noten,
-welche zinsenfrei waren, ausbezahlten. Hierdurch ward für den
-Fabrikanten als Aktionair eine Dividende von 12½-15 Procent jährlich
-erreicht.
-
-Dies war Englands glänzendste Periode. Geschäfte wurden ins
-Unendliche gemacht, da es nie an Geld fehlen konnte. Der Verfasser
-kennt deutsche Häuser, die sich fünf dieser Banken bedienten.
-Genug! wer einen ganzen Rock auf dem Leibe trug und die Wechsel zu
-acceptiren verstand, der hatte bald ein Waarenlager. Es entstanden
-Commissions-Geschäfte, weil nichts mehr dazu gehörte, als ein Local
-(warehouse); alle fünf Schritte stieß man auf einen Commissionair. Zu
-den Commissionairen und Bank-Gesellschaften gesellten sich auch bald
-Dampfschifffahrts-Gesellschaften, aber wie es im menschlichen Leben oft
-geschieht, daß Menschen durch häufiges Besuchen großer Gesellschaften
-ihre physischen und moralischen Kräfte zerstören, so geschah es
-jetzt mit dem englischen Waarenhandel nach Deutschland durch jene
-Gesellschaften.
-
-Die Fabrikation nämlich nahm ungeheuer zu und dies führte den Handel
-herbei, um welchen England so oft beneidet wird, aber eher bedauert zu
-werden verdient -- +den Welthandel+. England war nun gezwungen,
-sich um Plätze zu bekümmern, woselbst die übermäßigen Produkte der
-Fabriken untergebracht werden könnten. Amerika und Indien schienen am
-geeignetsten hierfür zu sein; allein wie sollte in jenen Welttheilen,
-wo es noch mehr, wie in England, an Geld fehlt, ein der englischen
-Fabrikation angemessener Absatz erreicht werden, wodurch die Engländer
-einigermaßen auf baare Fonds sollten rechnen können? Das war eine
-schwere Frage, die jedoch bald gelöst wurde.
-
-Es zeigten sich nämlich sehr bald in London drei Handlungshäuser
-(mit dem Anfangsbuchstaben W..) zur Hülfe bereit für alle englische
-Fabrikanten und amerikanische Handelslustige und Manufacturisten.
-Diese drei Häuser rüsteten für eine Provision von fünf Procent (keine
-Kleinigkeit!) einen Jeden mit Accreditiven an die Joint Stock-Banks
-und Banking, Compagnieen aus, damit diese, die von den Amerikanern
-auf jene Londoner Häuser gezogenen Wechsel, (welche die letztern zu
-honoriren versprachen,) auszahlen möchten. Der Absatz wurde natürlicher
-Weise höchst beträchtlich, allein dieser in England beförderte Absatz
-bewirkte keinen Absatz in Amerika, wenigstens war derselbe nicht
-zureichend für die angeschafften Vorräthe, und dieses um so weniger,
-weil die englischen Fabrikanten jetzt neuerdings zur Erweiterung
-ihrer Fabriken schritten. Die in England von den Amerikanern auf
-Zeit gekaufte Waaren mußten mithin wiederum so geschwind als möglich
-abgesetzt werden, allein für baares Geld abzusetzen, lag im Reiche der
-Unmöglichkeit. Was thun? die Verlegenheit wurde in Amerika eben so
-schnell, wie in England durch Einrichtung von Banken beseitigt; die
-Zeitverkäufe konnten jetzt statt finden und die Geldverlegenheiten der
-Importeurs waren hierdurch aufgehoben.
-
-Dem Präsidenten General Jakson schien bei seiner Einsicht in die
-Bank-Geschäfte dies Treiben sehr gefährlich fürs Land; er sah klar,
-daß das Land mit englischen Manufactur-Waaren bald überschwemmt
-werden müßte, wenn diesem Uebel nicht gesteuert würde; er hemmte
-das Discontiren aller dergleichen Wechsel in den Banken, welche
-unter der Aufsicht seiner Regierung standen. Diese Maßregel erregte
-die Aufmerksamkeit der Bank of England, die Direktoren warfen die
-Blicke auf ihre Schubladen, in welchen die von den verschiedenen
-Banken discontirte Wechsel lagen und, o weh! darunter befanden sich
-so viele von den mit W. bezeichneten drei Häusern, daß die Nachwehen
-unausbleiblich schienen. Die Bank of England ergriff jetzt ernsthafte
-und ähnliche Maßregeln, wie die des amerikanischen Präsidenten und
-dreimal o Weh! Jene Häuser und eine sehr bedeutende Bank in Leeds,
-nämlich die Northern-central Bank wurde (um das Fallen der Actionaire
-zu verhindern) von der Bank of England gestützt und hörte von dieser
-Zeit an auf, Bank zu sein.
-
-Um dem Leser ein anschauliches Bild von diesen englischen
-Bank-Geschäften zu geben, will ich das Beispiel von einem Tagelöhner
-in Leeds anführen, welches ich selbst erlebt habe. Der Verfasser wurde
-nämlich eines Tages von diesem Tagelöhner ersucht, ihn, da er sich
-als Kaufmann etabliren wolle, mit einem Vorschuß von 10 L. St. zur
-Anschaffung der erforderlichen Handels-Utensilien und einen kleinen
-Unterricht im Waarenfache zu unterstützen. Dieser Mann erhob sich sehr
-bald als Kaufmann, und stand auch eben so bald in der Londoner Gazette
-als Fallit mit einer sehr bedeutenden Summe von vielen 1000 L. St.
-Er hatte vermittelst Hülfe der Banken Theil am englischen Welthandel
-genommen und man fand unter den in der Northern-central Bank unbezahlt
-gebliebenen Wechseln auch mehrere der seinigen im Belaufe von einigen
-Tausend L. St. Er war Grund-+Nicht+eigenthümer geworden, um
-Actionair des letztgenannten Bank-Instituts werden zu können. Dies ist
-ein sprechendes Bild des gepriesenen englischen Welthandels!
-
-Englands Banken hatten auch einen bedeutenden Einfluß auf den deutschen
-Wollmarkt -- ein Gegenstand der genau genommen zwar nicht hierher
-gehört, der jedoch zu interessant ist, um ihm nicht en passant einige
-Aufmerksamkeit zu schenken. Die Wollproduction in Deutschland, behaupte
-ich, mußte durch Englands viele Banken zunehmen, aber eine förmliche
-Umwälzung ist auch hierin unausbleiblich. Die Sache nämlich verhält
-sich also: Spekulationen jeder Art, wurden durch den Beistand jener
-Banken unternommen. Dieser Beistand bestand darin, daß die Spekulanten
-mit Accreditiven auf London versehen wurden, von dort mit solchen auf
-Hamburg und von da endlich mit denselben Mitteln auf Berlin, Breslau,
-Stettin u. s. w. als Woll-Einkäufer ausgerüstet wurden. Kein Wunder
-daher, daß es deren jetzt in Hülle und Fülle gab, und daß es auf allen
-Märkten davon wimmelte. Jeder derselben wollte, oder mußte kaufen;
-die Preise erreichten hierdurch eine enorme Höhe ohne eigentliche
-Ursache, d. h. ohne daß ein wirklicher Bedarf in dem Maße, wie Viele
-und besonders die Produzenten glaubten, vorhanden gewesen wäre. Die
-niederländischen Fabrikanten fürchteten, die besseren Sorten von den
-Engländern aufgekauft zu sehen, und griffen also rasch zu; was blieb
-denn da den Engländern anders übrig, als auch rasch zuzugreifen? Die
-Produzenten griffen nun auch zu -- den vollen Champagnerflaschen;
-lachten sich dabei ins Fäustchen, ließen beim Champagner die Einkäufer
-hoch leben und versicherten diesen, (ungeachtet sie ihre Wollen wie
-Seide bezahlt bekamen) daß sie bald zu Grunde gehen müßten, wenn die
-Preise sich nicht höher stellen würden. Die englischen Einkäufer hatten
-mithin jetzt deutsche Wollen mit deutschem Gelde gekauft, und brauchten
-sich bei dem Verkauf in England nicht zu übereilen; hatten sie doch
-durch die verschiedenartige Trassirungen Zeit genug und außerdem auch
-in den Banken ein Schutzmittel gegen Verlegenheiten.
-
-In Folge dieses großartigen Wollhandels in England bildete sich jetzt
-auch ein solcher in Deutschland. Leute ohne Kenntnisse und aus allen
-Klassen wurden Wollhändler, und das Resultat war, daß es zuletzt an
-diesem Product fehlte, ohne daß ein Bedarf in gleichem Maße dafür
-existirte -- für die Produzenten ein steigender Vortheil.
-
-Daß ein Mißtrauen gegen die englischen Banken eine große Veränderung
-im Woll-Geschäft herbeiführen müßte, war vorauszusehen. (Der Verfasser
-machte sogar einen unserer ersten Wollhändler bei einem Zusammentreffen
-in Hamburg hierauf aufmerksam.) Durch jenes Mißtrauen mußten die
-Accreditive auf London und somtit auch die Anzahl der Einkäufer
-abnehmen; man kauft jetzt nur noch rohes Material, wenn es für
-Fabriken gebraucht wird, und englische Spekulanten sind deshalb in
-Deutschland im verjüngten Maßstabe anzutreffen; sie schreiben indeß zur
-Beruhigung der deutschen Wollhändler: +the money-market is bad+
-(der Geldmarkt ist schlecht) besser übersetzt: auf allen Märkten ist
-kein Vertrauen zu kaufen. Bald wird es eintreten und wir werden wieder
-spekuliren können. Sollte indeß auch der Spekulations-Geist, (wie es
-von Vielen erwartet wird,) durch ein zurückkehrendes Vertrauen wieder
-Raum gewinnen, so dürften doch die Wollpreise nicht zu ihrer vormaligen
-Höhe zurückkehren, weil die Production, wie es scheint, bei Weitem die
-Consumtion übersteigt. Obgleich über die erstere keine zuverlässige
-statistische Uebersicht existirt, so glaubt der Verfasser dennoch,
-daß dieselbe in den gesammten Vereinigten Staaten, van Diemens Land,
-Australien und Europa auf drei Pfund für jeden Kopf anzuschlagen ist,
-welches Quantum zu groß wäre, um in Einem Jahre verbraucht zu werden.
-Wirft man einen Blick auf die nachgebliebenen Bestände des rohen
-Materials und auf die Vorräthe der daraus verfertigten Stoffe mit der
-Berücksichtigung, daß die neuen Wollmärkte nicht fern mehr sind, so
-wird man eine Umwälzung in diesem Geschäft nicht für unwahrscheinlich
-halten. Dies, wie bemerkt en passant und nun zur Hauptsache zurück!
-
-Durch jene Maßregeln der Bank of England mußte nun im Waarenverkaufe
-(denn Absatz kann man denselben nicht nennen, da noch Alles ungebraucht
-da lag) eine Stockung entstehen. Nichts desto weniger wurden in den,
-für den Welthandel eingerichteten Fabriken täglich Massen fertig --
-was auf die Preise so nachtheilig wirkte, daß sie in Kurzem eine
-Veränderung von 25-30 Procent erlitten; mit diesem Verlust hat der
-Verfasser selbst bedeutende Parthieen verkauft. Den englischen
-Fabrikanten kam diese Stockung unerwartet; sie waren nunmehr gezwungen,
-andere Märkte für ihre Erzeugnisse zu suchen, denn fort mußten sie, da
-mit jedem Tage neue fertig wurden. Wohin damit? Nach den westindischen
-Colonieen, nach Havana, nach St. Thomas, Vera-Cruz etc. In allen
-Fabrikstädten Englands wimmelte es damals von Reisenden der dortigen
-erprobten Commissionaire; diese sind bereit, den Fabrikanten die
-Hälfte des Werths auf die in Commission ihnen zuzuschickenden Waaren
-vorzuschießen, und beauftragen ihre Freunde in London, hierin, so lange
-es den Fabrikanten belieben sollte, gegen Empfang der Connecemente
-fortzufahren. Die Fabrikanten gingen darauf ein, weil sie sich von
-ihren Waaren befreien mußten; wie es den Einsendern bekommen sein kann,
-läßt sich nach meinem Handelsbericht aus Havana folgern.
-
-Auf solche Weise erfreute sich England des sogenannten Welthandels
--- eines ruinirenden Handels, der durch die vielen Banken, die
-Krebsschäden der englischen Fabrikwelt, entstand. Daß unter diesen
-Umständen die Amerikanische Waarenhändler nicht auf Geld-Unterstützung
-von Seiten Englands rechnen dürfen, möchte aus dem Vorhergehenden
-so ziemlich einleuchten; noch deutlicher aber zeigt sich dies durch
-folgenden Umstand.
-
-In Englands Interesse liegt es allerdings, den Amerikanischen
-Manufactur-Waaren-Handel nicht allein zu erhalten, nein! sogar
-auszudehnen, weil hierdurch Englands Grundeigenthum an Werth gewinnt,
-und durch letzteren wird überhaupt der Reichthum eines Landes
-bestimmt. Daß Englands Grundeigenthum hauptsächlich in seinen zum
-Theil unbeschäftigten Fabriken, und Maschinerieen besteht, hat sich
-in diesem letzten Jahre mehr als je gezeigt. Durch den Abfluß der
-coursirenden Münzen für die früher angeführten aus Deutschland, Rußland
-u. s. w. importirte Waaren, wozu noch, wegen der Mißärndte und des
-Getraidemangels in England das aus Deutschland einzuführende Getraide
-kam, hierdurch also wurde der fünfte Theil der englischen Baarschaft,
-(welche nach statistischen Berichten im Jahre 1824 sich auf etwa 24
-Millionen L. St. belief,[H]) den vereinigten Königreichen entzogen.
-Da nun die englische Bank für ihre übermäßige Anzahl von Noten keine
-andere Hypothek als die coursirende Münze darbieten kann, so wurden
-hierdurch die Grundsäulen der englischen Bank dermaßen erschüttert, daß
-sie zu einer Anleihe in Frankreich ihre Zuflucht nehmen mußte.
-
-England muß mithin durchaus den Wahn aufgeben, daß der Reichthum nur
-aus den Fabriken hervorwachse, sonst dürfte vielleicht noch die Zeit
-kommen, daß sich englische Fabrikanten zum Eintausch von Getraide mit
-ihren Erzeugnissen auf den deutschen Kornmärkten zeigen müssen.
-
-Doch ich kehre von dieser Digression nach New-York, nach Wallstreet,
-dem Sitze der weisen Geschäfts-Welt Amerika’s, dem großen Congreß
-aller Bank-, Eisenbahn- und Canal-Gesellschaften zurück. Indem ich in
-meinem Reise- und Notizen-Buche, aus welchem vorliegende Schilderungen
-entstanden sind, blättere, finde ich eine Stelle aus der Johanna
-von Montfaucon: „Es muß blitzen, es wird blitzen, es blitzt“. Ich
-drückte hierdurch aufs kürzeste meine Ansicht von dem Zustande der
-Geschäftswelt aus, als ich nach meiner Ankunft aus Europa mich in
-Pearl-Ceder-street etc. um die Waarengeschäfte bekümmert hatte, gerade
-zu einer Zeit, wo die ganze Geschäftswelt in New-York wonnetrunken mit
-Aufträge-Ertheilungen nach Europa und mit dem Abfertigen von Agenten
-dorthin zum Einkauf für das Frühjahr beschäftigt war. „Es muß blitzen,
-bevor zwei Jahre verstreichen,“ sagte ich zu mehreren meiner Bekannten,
-und wenn Ihr in Euren Unternehmungen auf diese Weise fortfahrt, so habt
-Ihr jedes Jahr ein schweres Ungewitter zu bekämpfen.
-
-Wovon ich in jener Zeit voraussagte, daß es kommen würde, das ist
-früher gekommen, als ich es erwartete. Philadelphia’s Banken sind nicht
-mehr, bald dürften die von Baltimore und andern Städten nachfolgen;
-aller Augen sind jetzt auf die von New-Orleans und New-York gerichtet.
-Jeder wünscht das Fortbestehen derselben, allein zu untersuchen wäre
-es doch, ob dasselbe in der Zukunft wohlthätig oder schädlich wirken
-wird und der Verfasser behält sich vor, später darauf zurückzukommen.
-Derselbe glaubt, daß die Einstellung der Baarzahlungen zu einer
-und derselben Zeit von allen amerikanischen Banken im Ganzen, eher
-vortheilhaft als nachtheilig für das dortige Waarengeschäft sein
-müßte. Freilich würden hierdurch momentan auch die Europäischen
-Fabriken leiden, allein sie würden sich nachher aus ihrem kranken
-Zustande erheben und geheilt werden. Kaufmännische Geschäfte können
-nicht durch Kunst erweitert werden, jedes solche Mittel wird unter
-hundert vorkommenden Fällen vielleicht Einmal glücken. Da das Uebel
-in den beiderseitigen Geschäften durch die vielen Banken, wie bereits
-gezeigt, verursacht worden ist, so wird die Heilung desselben nur
-durch Ausrotten mehrerer Banken möglich sein, wozu jedoch Zeit und
-vernünftige Maßregeln von Seiten der Regierung nöthig sind. Papiergeld
-muß als ein zur Bequemlichkeit dienliches Mittel, aber nicht als das
-für Geschäfte wahrhaft Fruchttragende angesehen werden; es kann nur in
-so fern wirksam für Handel und Gewerbe sein, als eine hypothekarische
-Sicherheit dafür vorhanden ist.
-
-Schon vor meiner Abreise nach Havana, bei meinem ersten Aufenthalt in
-New-York, warnte ich manchen jungen Deutschen; sagte ich doch zu dem
-Einen und Andern: lassen Sie sich nicht tief in die hiesigen Geschäfte
-ein, wenn Ihnen Ihr oder Ihres Vaters Vermögen lieb ist. Man lachte
-wegen meiner Furcht, man versicherte mir, Amerika sei das Land, in
-welchem es nichts als gediegene unternehmende Kaufleute gebe, welche
-rascher 12 Colly’s Waaren kaufen, als der deutsche Kaufmann eben so
-viele Stücke. Alle jene jungen Kaufleute, die freilich noch nicht lange
-aus der Schule entlassen waren, träumten von Glück, in einem Lande mit
-einer Bevölkerung von 13 Millionen, mit schmutzigem Papiergelde, ohne
-irgend eine Sicherheit zu haben, d. h. sie glaubten hier reich werden
-zu können, während sie es für unmöglich hielten in ihrem Vaterlande
-mit einer mehr als doppelten und zugleich reichen Bevölkerung Brod zu
-erwerben. Allein diese Leutchen sangen jetzt ein anderes Lied, als ich
-von Havana zurückkehrte und Mancher fragte mich: „Wie haben Sie das vor
-Ihrer Abreise wissen können?“ Die Antwort war: weil die erste Ihrer
-Banken mir für ihre eigene Bank-Noten nicht 200 Piaster in Gold, wie
-ich es forderte, geben konnte.
-
-Indeß, meine damals niedergeschriebenen Notizen sind jetzt in so fern
-überflüssig, als jetzt bereits das geschehen ist, wovon ich damals
-erwartete, daß es kommen würde; es ist schneller geschehen, als ich
-es erwartete. Meine Warnungen, welche ich an die kaufmännische Welt
-richten wollte, sind jetzt überflüssig, da dieselbe durch die neuern
-Ereignisse selbst hinreichend gewarnt ist. Dies soll mich jedoch
-nicht hindern, Mehreres von diesen Notizen mitzutheilen, was bei der
-gegenwärtigen Lage zu wissen nicht unnütz sich beweisen wird. Zunächst
-Einiges über die Handelsbilanz der V. S., worüber die Meisten so sehr
-im Irrthum sind. Sie glauben, daß der Werth des Exports weit über dem
-des Imports steht, allein das verhält sich auf entgegengesetzte Weise;
-ich werde zum Beweise eine Tabelle von den Imports und Exports, so wie
-von den zur Consumtion versteuerten Gütern in den Jahren 1829 bis 1839
-anfügen, woraus der Leser das für ihn Nützliche ziehen mag. Wenn selbst
-der Export den Import im Werthe bei Weitem überstiege, so würde dies
-keineswegs für die Solidität Bürgschaft gewähren, indem beide hierbei
-wirkende Theile in ganz verschiedenen Verhältnissen sich befinden;
-denn der Exporteur ist der Produzent, welcher für seine produzirte und
-jetzt exportirte Güter den Betrag in Comptanten empfängt, die er seiner
-Geldkiste in Sicherheit bringt, und nur vielleicht einen sehr geringen
-Theil davon für Waaren, die importirt werden, verwendet; wogegen der
-Importeur für den Belauf des Imports aus andern Mitteln Sorge zu tragen
-hat. Folgendes ist die Liste hierüber, die nach den Washingtoner
-Berichten (return) abgefaßt ist.
-
-Da es aber auch nicht ohne Interesse sein kann, zu wissen, aus und nach
-welchen Ländern bestimmte Quanta importirt und exportirt worden sind,
-so hat der Verfasser die Tabelle Nro. 2. beigefügt, welche über die In-
-und Ausfuhr in den Jahren 1837 und 1838 Rechenschaft giebt.
-
-Nro. 1.
-
- Import Piaster Export Consumtion
- 1829 74,492,527 62,258,671 57,834,649
- 1830 70,876,920 73,849,508 58,499,441
- 1831 163,191,133 81,310,533 83,157,593
- 1832 101,029,266 87,176,943 76,989,793
- 1833 108,118,311 90,130,433 88,295,576
- 1834 126,521,332 104,336,973 102,708,521
- 1835 149,896,742 121,603,077 129,391,247
- 1836 189,980,035 128,663,540 168,233,675
- 1837 140,989,217 117,419,376 119,134,255
- 1838 113,717,404 104,486,616 101,264,609
- 1839 170,600,000 96,351,450 140,000,000
- ------------ ------------ ------------
- 1207,772,888 1037,587,120 1123,561,359
- 1037,587,120
- ------------
-
-Mehr importirt als exportirt für[I] 170,185,768 Piaster.
-
-Wenn mithin, gemäß dieser Liste, die
-
- Einfuhr Piaster 1,207,772,288
- betragen hat, wovon jedoch nur für 1,123,561,359
- --------------
-
-versteuert wurden, so sind die Waaren nur
-
- für die Summe von Piaster 84,211,529
-
-entweder noch im Depot, oder sie sind aus den Depots zollfrei
-plombirt ausgegangen und verschifft worden. Jetzt entsteht die
-Frage, aus welcher Quelle die 1207 Millionen Piaster zur Baarzahlung
-für den Import geschöpft werden? Denn der Baumwolle-, Reis- und
-Tabacks-Produzent consumirt doch nur etwa den zehnten Theil der
-importirten Waaren und schließt die übrigen 9/10, der erhaltenen
-Baarzahlung in seiner Kiste ein. Sind folglich die Amerikaner jene
-Summe noch in diesem Augenblick den Europäern schuldig? Den größten
-Theil derselben allerdings! erwiedert hierauf der Verfasser; es ist
-ihnen jedoch Deckung dafür geworden; indem sie Eisenbahn-, Canal-
-und andere Actien erhielten. Die Amerikaner haben mithin für den
-Ertrag der Erzeugnisse ihres Bodens im Laufe aller 11 Jahre nichts
-als Luxus-Artikel erhalten, welche zum Theil consumirt worden
-sind, zum Theil aber auch noch bei den Jobbers in Pearl, Ceder-
-und Chatham-Street in ihren Gewölben als veraltet und Ladenhüter
-aufgestapelt liegen. Wollte man, wie ich bereits oben (P. 32.) bemerkt
-habe, das Arbeitslohn darauf in Abrechnung bringen, so würde sich
-dennoch ein bedeutender Verlust zeigen.
-
-So steht’s mithin mit der überall gepriesenen Handels-Bilanz der V. S.!
-welchen Werth kann man auf Grund und Boden, selbst auf alle Gebäude in
-den V. S. mit Sicherheit legen, wenn jener hauptsächlich zur Erzeugung
-von Baumwolle; diese aber zum Verkauf der mit schwerem Arbeitslohn
-belasteten daraus verfertigten Stoffe verwendet wird? Wodurch, wenn das
-Jahr verstrichen ist, sich kein anderes Resultat ergiebt, als daß die
-englischen Fabrikanten durch den ergiebigen Boden Amerika’s und durch
-den eisernen Fleiß seiner Bewohner erhalten worden sind. Und womit
-wollen diese wohl zuletzt die Imports bezahlen, wenn denselben nicht
-Einhalt gethan wird? denn wenn die Preise der Baumwolle sinken, wie es
-den Anschein hat, was könnte dann wohl den Amerikanern anders zu thun
-übrig bleiben, (da schon jetzt bei den hohen Preisen der Belauf des
-Exports nicht mehr hinreicht zur Deckung des Imports,) als Wall-Street
-nebst allem Zubehör, wenn es möglich wäre, nach Europa zu befördern.
-Das wäre denn gar nicht so übel, für die Broakers in jener Straße, denn
-sie könnten mit den vielen für Manufactur-Waaren in London deponirten
-Aktien daselbst ihr Wesen treiben, wie sie es in New-York zu treiben
-gewohnt sind.
-
-Nro. 2.
-
-Tabelle vom Betrage der in dem Jahre 1837 importirten und exportirten
-Waaren mit dem Verzeichnisse der verschiedenen Länder.
-
-1837.
-
- +Namen der Länder.+ +Import.+ +Export.+
-
- England 44,886,943 54,582,943
- Rußland 2,816,166 1,306,732
- Schweden 1,399,901 420,404
- Niederlande 1,886,976 3,358,225
- Engl. Ostindien 3,041,842 203,558
- Nord-Amerikan. Colonieen 2,359,263 3,298,986
- Deutschland 5,642,221 3,754,949
- Frankreich 22,083,614 16,890,578
- Cuba 12,447,922 6,367,603
- Porto-Rico 2,481,082 569,916
- Italien 1,827,181 623,677
- Triest 629,465 1,611,591
- Mexico 5,654,002 3,880,323
- Brasilien 4,001,983 1,743,209
- China 8,965,336 630,591
- Aus verschiedenen Ländern 19,871,319 16,384,168
- ----------- -----------
- 140,989,217 117,419,376
-
-Tabelle vom Betrage der in dem Jahre 1838 importirten und exportirten
-Waaren mit dem Verzeichnisse der verschiedenen Länder.
-
-
-1838.
-
- +Namen der Länder.+ +Import.+ +Export.+
-
- England 44,861,718 52,179,590
- Rußland 1,898,396 84,944
- Schweden 854,771 277,431
- Niederlande 1,180,897 2,954,248
- Engl. Ostindien 675,581 578,907
- Nord-Amerikan. Colonieen 1,555,570 2,723,491
- Deutschland 2,847,358 3,291,645
- Frankreich 17,771,797 15,783,516
- Cuba 11,694,812 6,175,758
- Porto-Rico 2,636,152 723,052
- Italien 944,238 459,893
- Triest 372,378 768,963
- Mexico 3,500,769 2,164,097
- Brasilien 3,191,238 2,057,194
- China 4,764,536 1,516,692
- Aus verschiedenen Ländern 14,007,205 22,747,285
- ----------- -----------
- 113,717,406 108,496,615
-
-Die Amerikaner müssen Baumwolle erzeugen, die Engländer müssen
-dieselbe spinnen; beide Nationen gehören und passen daher zu
-einander, aber dabei ist das Interesse beider zu beobachten.
-Betrachten wir die herrlichen Mittel, welche die Natur den Amerikanern
-zur Selbstständigkeit reichte; werfen wir einen Blick auf den
-vortrefflichen Boden, wodurch alle menschlichen Bedürfnisse direct oder
-indirect befriedigt werden können. Ein Land, geeignet zum Acker-, Wein-
-und Seiden-Bau; ein Land, welches alle zur Fabrikation erforderlichen
-Mittel im Ueberfluß hat, in dessen südlichen Provinzen Kaffee und
-Zucker etc. wächst, welches bei Nachsuchung in den Bergen edle Metalle
-liefern würde; ein Land, von dem man mit Recht sagen kann, daß darin
-Milch und Honig fleußt, ein solches Land ist unglücklich, weil es nicht
-mit der erforderlichen Umsicht administrirt wird. Wäre der edle große
-Washington zugleich mit dem Geiste eines Peters des Großen begabt
-gewesen: so wäre Amerika jetzt das erste und glücklichste Land auf dem
-Erdball; es würde sich vielleicht einer Anzahl von Ausländern, die wir
-Europäer nicht bedauern verloren zu haben, weniger erfreuen; allein
-es würde statt dieser solche besitzen, wie diejenigen waren, welche
-jener russische Monarch für sich zu gewinnen wußte, welche zum Heil der
-russischen Nation gewirkt haben.
-
-Jedes Regenten erstes Bestreben muß auf Vertrauen gerichtet sein.
-Volk und Regent fühlen sich nur glücklich, wenn sie mit Vertrauen auf
-einander hinblicken, und gerade Vertrauen ist es, was der Regierung
-der V. S. abgeht und bei der jetzigen Regierungsweise auch nicht
-statt finden kann; denn die ungeheuern Revenüen werden vergeudet
-(eines gelinderen Ausdrucks kann man sich nicht bedienen). Man kann
-keinen andern Grund für den großen Geldaufwand angeben als den:
-die amerikanische Regierung will die Aufmerksamkeit der ganzen Welt
-auf sich ziehen; es soll gesagt werden: Nur die amerikanische Union
-besitzt, gleich den Römern die Mittel, das Unmögliche möglich zu
-machen, und zwar, weil sie Republik ist. Man werfe einen Blick auf
-die Revenüen der V. S., die wir nachstehender Tabelle übersichtlich
-dem Leser vorlegen, wobei wir die Einnahme für den Landverkauf, des
-besonderen Interesses wegen, abgesondert anführen:
-
- Jahr. Revenüen für Landverkauf. Gesammte Revenüen.
- Piaster. Piaster.
-
- 1829 1,517,175 24,199,140
- 1830 2,529,356 26,251,747
- 1831 3,210,815 28,435,256
- 1832 2,624,231 32,639,468
- 1833 3,059,682 33,092,190
- 1834 488,620 16,703,566
- 1835 18,751,600 98,142,710
- 1836 24,500,000 47,909,940
- 1837 6,776,236 23,499,981
- 1838 3,136,828 38,127,954
- 1839 5,000,000 28,780,000
- ---------------------
- Summa 397,781,952 P.
-
-Wozu nun, dürfte mancher Leser fragen, wurden diese drei hundert und
-sechs und funfzig Millionen Piaster verwendet? Das Verfahren hierbei
-ist folgendes: Beim Zusammentreten des Kongresses in Washington
-(welches, nebenbei gesagt, ziemlich überflüssig ist, indem jeder Staat
-seinen eigenen Präsidenten hat, welcher nach den Landesgesetzen den
-Staat regiert; auch ist es wohl wahrscheinlich, daß in dem Verlauf von
-einem Jahrzehend mehrere Staaten von der Union sich lossagen), also
-beim Zusammentreten des Kongresses befinden sich die oben angegebenen
-jährlichen Revenüen in Washington und die Hauptgeschäfte desselben
-bestehen jetzt darin, zu bestimmen, wozu sie verwendet werden sollen.
-Es wird nächstdem auf das Bedächtigste in Erwägung gezogen, welche
-Papiermühlen, bei einer etwa eintretenden Geldnoth, zur Abhülfe
-derselben gewählt werden sollen. Nach einer anhaltenden und langen
-Ueberlegung beschließt der Kongreß, den größeren Theil der Revenüen
-zum Bau von Eisenbahnen zu verwenden. Die Wege von New-Orleans nach
-New-York werden hierbei ausgeschlossen, um dem Mississippi nicht den
-schuldigen Tribut von Menschenleben zu entziehen. Am wichtigsten
-scheinen demselben die Wege, auf welchen zur Erbauung von Banken in
-New-York die erforderlichen Granitblöcke herbeigeschafft werden können.
-Höchst komisch! Banken und zu welchem Endzweck? Um den in denselben
-arbeitenden Commis einen angenehmen Aufenthalt zu verschaffen. Da viele
-unter den Lesern sein werden, welche die amerikanischen Banken für
-das halten, was sie sein sollen und für ganz ähnlich den europäischen
-Banken, so behält sich der Verf. vor, am Ende dieser Abtheilung
-hierauf zurückzukommen. -- Nachdem nun dieser Beschluß, welcher
-die Herbeischaffung der Granitblöcke zum Gegenstand hat, glücklich
-zu Stande gekommen ist, schreitet man zu einem noch weit wichtiger
-scheinenden, nämlich ein Zollhaus zu bauen.[J] Es wird dekretirt, daß
-ein Klumpen Goldes nach Italien geschickt werden soll, um Marmor zu
-diesem Zwecke einkaufen zu lassen, welcher denn auch mit vielen Kosten
-in fertigen Säulen, Platten u. s. w. herbeigeschafft wird. Und welchen
-Ort hat man für dies Prachtgebäude gewählt? Eine Ecke von Wall-Street
-und einer anderen Straße, zu vergleichen mit der Ecke der Königs- und
-Spandauer-Straße in Berlin. Der Leser würde sich indeß sehr irren, wenn
-er dieses Zollgebäude als wirkliches Zollhaus ansähe. Keinesweges!
-Dieses herrliche Gebäude, welches etwa eine Viertel-Stunde Weges von
-den Bollwerken, dem Abladungs-Platze der Schiffe, entfernt liegt, soll
-blos zum angenehmen Aufenthalt der Officianten dienen, und die Collys
-sollen nach wie vor in die gemietheten public-stores kommen. Fragt man,
-warum nicht zugleich ein großer Packhof an der Wasserseite erbaut und
-mit jenem Prachtgebäude verbunden wird, so erhält man die Antwort: die
-Eigenthümer des Grundes von der Wasserseite seien zu theuer damit, als
-daß die Regierung darauf eingehen könnte. Ueber die Unbequemlichkeit,
-welche hieraus für die Güter-Empfänger entsteht, habe ich bereits oben
-gesprochen.
-
-Der Kongreß zu Washington ist mithin in voller Arbeit, die Revenüen
-unterzubringen und vergißt hierbei die Hauptsache, nämlich für die
-Erhaltung des öffentlichen Kredits Sorge zu tragen; Eisenbahnen, Kanäle
-und Banken sind an der Tagesordnung. Sie halten es für überflüssig,
-an die Erhaltung des Kredits zu denken, weil sie keinen haben; sie
-begreifen nicht, wie die Revenüen besser zu placiren wären, als in
-Eisenbahnen und italiänische Waaren. -- Warum, möchte der Verfasser
-diesen Kongreßmännern zurufen, warum verschleudert ihr euer Geld
-zu diesen nichtigen Dingen? verwendet eure Einkünfte zu nützlichen
-Zwecken, zu Prämien für einwandernde Fabrikanten, Bergwerker und
-Oekonomen; verschafft euern Banknoten hypothekarische Sicherheit,
-welche nur bei einer vernünftigen Administration gefunden werden
-kann. Laßt Euch, amerikanische Herren, Katherinens, der Kaiserin von
-Rußland Verfahren bei Einführung der ersten Banknoten (Bomaschkis) als
-Beispiel dienen; sie ließ zur Sicherheit der Inhaber solcher Papiere
-Fünf-Kopeken-Stücke aus Kupfer und Rubel von 2½ Pfund Gewicht
-ausprägen. Oder werft eure Blicke auf die Hamburger Bank. Bürget doch
-hier der Keller-Inhalt (die Baarschaft) für die Zahlfähigkeit; sieht
-man doch in Hamburg, obgleich die Geschäfte in dieser Stadt noch
-bedeutender, wie die in New-York sind, weder Geld, noch Banknoten; es
-genügt hier die Versicherung des Bank-Direktors, Paul habe an Peter
-dessen Forderung von seinen in den Kellern vorräthigen nobeln Metallen
-überwiesen. Laßt Euch Englands Bank hierbei zur Warnung dienen, welche
-in der letzten Zeit dadurch in Verlegenheit kam, daß sie nicht die
-hinlängliche Quantität Geld im Keller hatte, um den Banknoten damit
-entgegenkommen zu können.
-
-Da indeß Niemand die Herren des Kongresses hierauf aufmerksam macht
-und sie selbst ihren Blick nicht so weit erheben, so geht Alles
-im alten Schlendrian fort; die Revenüen werden vergeudet, die
-Geldverlegenheiten währen fort und werden so lange fortwähren, bis von
-Seiten aller Banken zur Einstellung der Baarzahlungen geschritten wird.
-Eine homöopathische Kur muß mit der Banknoten-Krankheit vorgenommen
-werden: sie ist durch den Ueberfluß von Banknoten entstanden und
-muß durch einen noch größeren Ueberfluß geheilt werden. Alle Münzen
-müssen erst in den V. S. zu den höchsten Seltenheiten gehören, man
-muß für ein Fünf-Piaster-Stück fünf Stücke englischer Waaren kaufen
-können, wenn Amerika geheilt, d. h. wenn der übermäßigen Einfuhr
-jenes Artikels Schranken gesetzt und die Handels-Bilanz für den
-ausländischen erfahrenen Kaufmann beachtenswerth werden soll, denn
-die jetzige beweist, daß wenigstens innerhalb jeder 2 Jahre immer
-eine Handelskrisis eintreten muß, und befindet sie sich doch, wie
-die vorhergehende Tabelle zeigt, im krampfhaftesten Zustande. Lasse
-man doch die Jobbers und die Manufaktur-Waaren-Schwindler ihr Wesen
-treiben, nur benehme man ihnen die Mittel, wodurch sie das Land in
-noch größere Gefahr bringen. So wie man den unerfahrenen kleinen
-Kindern keine verwundende Instrumente in die Hand giebt, so müssen
-die am Waaren-Fieber Leidenden vor dem Besitz nobler Metalle bewahrt
-werden. Man lasse sie für ihre Banknoten, wenn sie nämlich welche
-haben, Amerikanische Erzeugnisse, wie Reis, Baumwolle, Taback,
-Pelzwaaren u. s. w. kaufen, nach Europa befördern und für den Ertrag
-Manufaktur-Waaren kommittiren, nur sorge man dafür, daß nicht noch
-mehr Metall aus den V. S. als Rimessen und zwar blos für Manufakturen
-wandert, indem die V. S. das Vierfache des von England für ihre
-Baumwolle erhaltenen Preises zurückbezahlen.
-
-Die V. S. haben nicht solche Massen nobler Metalle, um das Arbeitslohn
-für ihre Baumwolle in England mit Gold aufzuwiegen, und dieses gerade
-ist’s, was den Hauptwerth der englischen Fabrikwaaren ausmacht. Man
-bemerke die Lebensweise der Arbeiter in den englischen Fabrikörtern,
-man sehe, wie sie 6, 8 und mehrere Stunden ununterbrochen in den
-Schenken zechen, und zwar von solchen Getränken zechen, wovon ⅞ des
-dafür bezahlten Geldwerthes zur Bezahlung der Zinsen der 850 Millionen
-L. St. National-Schuld verwendet wird; erwägt man diese Umstände, so
-wird man sehr bald zur Ueberzeugung kommen, daß die größere Hälfte
-jener Zinsen durch Hülfe der Manufaktur-Waaren-Arbeiter herbei
-geschafft wird.
-
-Rußland scheint anders zu denken, als die V. S., und das Fabriziren
-zu Hause vor Allem als nöthig erachtet zu haben; deshalb die vielen
-Fabriken, welche unbedingt zur Erhaltung der Gold- und Silber-Erträge
-aus den Bergwerken am Caucasus, Nertschinsky und Ecatherinenburg
-erforderlich sind; denn daß die letzteren nicht zugelangt haben würden,
-um das Lohn für die Arbeiten an in Rußland einzuführenden Waaren zu
-bezahlen, leidet keinen Zweifel. Nicht minder wohl als Rußland befindet
-sich Deutschland beim Kontinental-System (Zollverband genannt), welches
-Preußen, wie oben (p. 17.) bemerkt, ohne gleich Napoleons Kanonen
-anzuwenden, mit Dinte, Feder und Papier, zur Freude Deutschlands, in
-kürzerer Zeit als möglich schien, zu Stande gebracht hat. Durch diese
-Maßregeln haben das Russische und Preußische Gouvernement ihr Gold
-und Silber dem Lande erhalten und für die coursirenden Papiergelder
-ein allgemeines Zutrauen herbeigeführt. Man richte in dieser Hinsicht
-nur einen Blick auf Preußen! Sind doch seine Kassen-Anweisungen im
-Lande selbst nicht anders als mit einem Agio zu haben; während dem der
-Werth des Goldes mit jedem Jahre in Deutschland sinkt, werden seine
-Kassen-Anweisungen in jedem Lande für den vollen Werth genommen.
-
-Wenn die Regierung der V. S. diese letzten Thatsachen aufmerksam
-beachten und die Frage an sich selbst richten wollte, warum man in
-unserer Zeit auf das Papiergeld eines so herrlichen Landes wie Amerika
-weniger Werth setzt, als vor 300 Jahren auf die Pelzflicke des Czaars
-Wassiliewwitsch: so würde jene Regierung diese Frage sich eben so
-beantworten müssen, als jeder Leser nach dem Vorhergehenden sie mit dem
-Verfasser beantwortet: daß man nämlich zu einer Regierung, welche, ohne
-die Ausgaben für Militair-Macht und Civilliste, sich einer jährlichen
-Revenüe von 60-80, ja 100 Millionen Piaster erfreut und dabei in steter
-Geldverlegenheit ist, kein Vertrauen haben kann.
-
-Für beide Reiche, Amerika und England, wäre in dieser Hinsicht die
-Anwendung der homöopathischen Heilmethode zu empfehlen. Das erstere
-Land müßte sich zum Fabrik-Staat erheben, das letztere um mehrere Grade
-in der Fabrikations-Skala heruntergehen. Für jenes würde alsdann eine
-neue Sonne aufgehen und die Strahlen derselben dem letzteren minder
-hell leuchten, aber dennoch fruchtbarer sich für dasselbe erweisen,
-und was läge den Engländern hieran? da sie ja ohnehin wegen der vielen
-Nebel sich an ein wenig Dunkelheit gewöhnt haben.
-
-So unausbleiblich es mir scheint, daß Amerika einst als mächtiger
-Fabrik-Staat in der Welt glänzt, eben so wahrscheinlich ist es, daß die
-Zinsenbezahlung von Seiten Englands für seine National-Schuld von 850
-Millionen Pfund in einigen Jahren eingestellt wird, da diese Maßregel
-mit als ein Hauptmittel zur Rettung Englands betrachtet werden muß.
-
-In dem Falle, daß Amerika ein Fabrik-Staat wird, dürften die Folgen
-davon für die Baumwoll-Producenten in demselben Maaße ersprießlich
-sein, wie es in Deutschland der bedeutende Aufschwung der Fabrikation
-der Wollen-Waaren (besonders Tuche) für die Producenten der
-Schaafswolle geworden ist. Früher waren die letzteren beim Verkauf der
-prima Materie, der Willkühr der englischen Fabrikanten Preis gegeben,
-welche damals fast allein Tuche verfertigten; in der neuesten Zeit aber
-werden die Preise auf den deutschen Wollmärkten hauptsächlich durch die
-deutschen Fabrikanten bestimmt. Und warum sollte man nicht in Amerika
-dasselbe in Beziehung auf die Baumwolle erwarten können?
-
-Indem der Verfasser ähnliche Gedanken, wie die hier dargelegten, in
-New-York selbst äußerte, konnte es nicht ausbleiben, daß er scharfen
-Tadel und Widerspruch fand; den allergrößten traf er bei seinen
-eigenen Landsleuten, wenn er zu den Söhnen deutscher Fabrikanten, die
-in Amerika Millionaire werden wollten, sagte: „Sie würden wohl daran
-thun, Ihre Fabriken aus Deutschland hierher zu verpflanzen, weil Sie
-hierdurch die Erlegung des hohen Eingangs-Zolles ersparen würden.“
-Haben wir nur, entgegneten Jene, erst eine National-Bank, wogegen sich
-die Regierung sträubt, so fehlt uns nichts! Also eine National-Bank!
-d. h. ein solidarischer Verein, wodurch die ganze Nation, wenn es Noth
-thäte, auf einmal bankerott werden könnte. Was sind denn eigentlich
-amerikanische Banken und welches sind ihre Zwecke? Das soll jetzt der
-Leser aufs bestimmteste erfahren.[K]
-
-Wenn es Kaffeehäuser geben soll, so ist es nöthig, daß Cichorien
-und Kaffee wächst: soll in den V. S. Handel sein, so muß es Banken
-geben. Banquiers sind dort nichts als Hüter des amerikanischen
-Papierschatzes und haben demzufolge nur den Schein von Banquiers; jeder
-Handelsbeflissene in Amerika muß einen solchen Hüter haben, um seine
-Dokumente 1stens gegen die Feuersgefahr, 2tens gegen die Diebe zu
-schützen. Sie sorgen also, mit einem Worte, für feuer- und diebesfeste
-Gebäude und Räume. Comptanten ist eine geringe Nebensache für den
-amerikanischen Banquier, denn er kann dieselben vermittelst seiner
-Holzschnitte auf dem, mit der gewöhnlichen Geduld begabten Papier in
-sehr kurzer Zeit nach Belieben anfertigen.
-
-Alle Verkäufe sind hier Zeitverkäufe; niemals sind sie auf kürzere
-Zeitfrist als auf 6 Monate gewesen, in dieser letzten Zeit aber wohl
-auf 8-10 Monate. Für den Belauf der gekauften Waaren verfertigt der
-Käufer promissory-notes, d. h. schriftliche Versprechungen, wobei er
-denkt: ich verspreche Zahlung zu leisten, wenn es mir möglich sein
-wird, im entgegengesetzten Fall bleibt’s beim Versprechen. Alle diese
-Noten werden nun in den Banken niedergelegt. Man kann sich eine Idee
-von den auf einmal in den Banken eingehenden Noten machen, wenn ich
-anführe, daß die Verkäufe nur zweimal im Jahr geschehen, die fürs
-Frühjahr im Februar und die für den Herbst im August. Jeder Kaufmann,
-der auf solche Weise mit den Banken in Verbindung steht, hat auf
-Accomodation, d. h. auf Unterstützung von Seiten der Bank von 20 bis
-100,000 Piaster Ansprüche, welche die Bank auf Verlangen mit ihren
-eigenen Papieren befriedigt. Die in Baumwolle auf England Speculirenden
-stehen mit den Banken in eben demselben Verhältnisse; sie bringen
-ihre Wechsel dorthin zum Verkauf. Da nun, wie aus der obigen Ein- und
-Ausfuhr-Liste hervorgeht, Amerika im Auslande mehr zu bezahlen, als
-zu empfangen hat, so ist es natürlich, daß es stets an Wechseln auf
-London fehlt und daß daher dieselben mit einem Aufgelde von 10 bis
-12 Procent und zuweilen noch mehr verkauft werden; weigert sich nun
-Jemand, so viel Aufgeld zu bezahlen und fordert vom Banquier Metall, um
-dieses nach Europa zu schicken, so wird dies verweigert, und zwar aus
-dem sehr natürlichen Grunde, weil er keins besitzt, und es heißt: die
-Bank hat ihre Baarzahlungen eingestellt, was sich in Folge dieser bösen
-Nachrede verwirklicht, da für die Noten keine andere Sicherheit als
-Noten vorhanden sind. Daß diese vom Anfang an jede Stunde auf solche
-Nachreden gefaßt sind, wird dem Leser jetzt wohl klar sein.
-
-
- ~Ueber die
- Oertlichkeiten von New-York, Volks-Charakter, Abreise~
- und
- Ankunft in Hamburg.
-
-Ueberdrüßig des Treibens in Wall-Street und der Jobbers in den
-verschiedenen mit englischen Baumwollen-Lappen überfüllten Straßen,
-freute ich mich doch herzlich, daß ich während meiner ununterbrochenen
-Wanderung wie natürlich auf keinen einzigen Geld-Aristokraten gestoßen
-war -- eine Race, die ich hasse, und welcher ich, gleich Nero, nur
-Einen Kopf und Hals wünschen möchte, um sie mit Einem Streiche
-auszurotten. In munterer Gemüthsstimmung beschloß ich, mich um andere
-fröhlichere Dinge zu bekümmern; der Leser hat also von jetzt an keine
-trockene kaufmännische Kost mehr zu fürchten.
-
-In einem Journal hatte ich den Tag zuvor gelesen, daß eine
-Ehebruchs-Sache am Kriminalgerichts-Hofe verhandelt werden solle;
-dorthin, dachte ich, mußt Du gehen, um Dich von der amerikanischen
-Justiz zu unterrichten. Indem ich die Straße entlang schlendere, ohne
-Bescheid zu wissen, und mich eben zurecht weisen lassen will, finde ich
-in Middle-Street, an einem sehr schmalen Hause, die Firmen von 10-11
-Advokaten. Wo die Raben sich aufhalten, da müssen todte Körper oder
-wenn es auch nur ein corpus delicti ist -- in der Nähe sich befinden,
-der Gerichtshof kann nicht entfernt mehr sein. Ohne zu fragen ging
-ich daher die Straße hinauf und plötzlich stand ich vor einem neuen,
-mit egyptischen Säulen verzierten Gebäude; ich trat hinein und erfuhr
-sogleich, daß ich am gewünschten Orte war, daß jedoch die Verhandlung
-ausgesetzt sei, weil der Ehebrecher, ein im Schneiderlande Geborner,
-gegen 30,000 Piaster (Bail) der Haft entlassen wäre und die Sache
-wahrscheinlich auf dem Wege des Vergleichs abgemacht werden würde.
-(Werden die 30,000 Piaster hierzu hinreichen?)
-
-Wozu wäre dieser prächtige Gerichtshof, dachte ich, erbaut, oder wozu
-gäbe es Kriminal-Richter, wenn es keine Verbrecher gäbe; zudem kann
-ich Liebe, besonders in den V. S., nicht für ein Verbrechen halten,
-also, meinte ich, müssen außer dieser Schneider-Liebe noch andere
-Dinge hier zum Vorschein kommen. In der Ueberzeugung, daß ich keinen
-Ausländer hier antreffen würde, da die europäischen Ausreißer lauter
-ehrliche Leute sein wollen, betrat ich das Innere des Hofes, dessen
-innere Verzierung der äußeren nichts nachgab. Da saß der Richter
-(Recorder) zwischen zwei Magistrats-Personen und ich drang so weit wie
-möglich zu ihm heran, um die Neuigkeiten brühwarm aus der ersten Hand
-zu erhalten. Es wurden während meiner Anwesenheit etwa 6 Verbrecher
-abgefertigt, die Alle ihre Unschuld betheuerten und ich, der ich mich
-zu den ersten Physiognomen nicht zähle, wollte sie schon für unschuldig
-passiren lassen, allein der Recorder war anderer Meinung, da er sie
-alle zu 6-12 monatlicher, harter Arbeit verurtheilte. Bei keiner von
-allen Verhandlungen wurde geschrieben, vermuthlich, weil das Papier in
-New-York zu bessern Zwecken (zu Banknoten) verbraucht wird.
-
-Den Rückweg machte ich durch Chatham, in der Hoffnung, vieles Neue
-dort aufzufinden, um versprochener Weise darüber zu berichten, allein
-ich fand Nichts von Erheblichkeit. Die noblen Ostpreußen, Polen,
-Franzosen u. s. w., bewegten sich in ihrer gewöhnlichen Weise. Es
-wurden viele Auctionen im Beisein von wenigen Käufern abgehalten;
-Alle waren lüstern nach meinem Leibrock, Jeder wollte ihn kaufen. Da
-jedoch dieser Rock der einzige auf meinen Reisen mir noch gebliebene
-war, so lehnte ich alle Anträge in dieser Hinsicht ab und pries die
-Havaneser-Commissionaire zum erstenmale im Stillen. Indeß sollte ich
-denn doch nicht aus dieser interessanten und interessirten Straße
-abziehen, ohne etwas erfahren zu haben. Als ich eben im Begriff war,
-fortzugehen, begegnete ich einen Schweizer-Uhrenhändler aus Broad-way,
-der in der Absicht dorthin gekommen war, eine goldene Uhr nebst Kette
-zu finden, welche er Tages zuvor an einen jungen Mann für 87 Piaster
-verkauft hatte, und die diesem während einer Conversation mit einem
-Mädchen gestohlen worden war. Ich fand dieselbe in dem Auslege-Fenster
-eines jüdischen Galanteriehändlers, der nicht mehr als 47 Piaster dafür
-forderte. Auf meine Frage, ob er nicht vielleicht nach der Polizei
-gehe, um diesen Vorfall zu melden, entgegnete er: „ich werde nicht so
-thöricht sein, ich habe meine Zeit zu nützlichern Zwecken anzuwenden.“
-Sehr bald bekam ich Gelegenheit, mir die Gleichgültigkeit dieses
-Uhrenhändlers bei diesem Diebstahl zu erklären. Unmittelbar nach dieser
-Conversation traf ich bei diesem Uhrenhändler einen sehr verdächtig
-aussehenden jungen Mann als Verkäufer einer goldenen Uhrkette, welche
-der Ladenherr in seiner rechten Hand auf den Werth von 4 Piaster
-abschätzte und dem Verkäufer diesen Preis dafür zahlen wollte. „Ist
-es denn Ihr Ernst; diese Kette für ein solches Lumpengeld zu kaufen?“
-fragte ich, „sie ist sicher gestohlen und Sie sollten sie daher gar
-nicht kaufen wollen“, fuhr ich fort. „Kaufe ich sie nicht, so wird
-sie in Chatham gekauft“, entgegnete er; indeß der Handel kam nicht zu
-Stande, weil der Verkäufer große Eile verrieth und nicht lange handeln
-wollte.
-
-Ich führe dies aus keinem anderen Grunde an, als um den Leser von der
-Denkweise der hiesigen Käufer, die als solche stets auf ihrem Platze
-stehen, zu unterrichten. Diebstähle können nicht leicht entdeckt
-werden, da die Gegenstände vermöge der lebhaften Dampfschifffahrt
-jede Viertel-Stunde expedirt werden können und da überdies sich stets
-Einkäufer aus Westindien, zum Einkauf gestohlener Gegenstände, in allen
-Städten der V. S. befinden.
-
-Mit der gewöhnlichen Entschuldigung aller Müßiggänger (denn zu
-diesen gehörte ich jetzt), schlenderte ich zum Zeitvertreibe die
-lange William-Street hinauf, um wo möglich eingewanderte Deutsche
-anzutreffen. Da sah ich denn auch bald einen Troß, mit rosafarbenen
-Strümpfen chaussirt, auf mich zukommen. Aus welchem Lande her?
-fragte ich den ersten. Von Buffalo, entgegnete er, von dem Ort,
-wohin wir durch den teuflischen Colonisten-Commissionär Wolf, in
-der Washington-Straße, gebracht worden sind. Wir mußten ihm das
-Passagier-Geld auf Dampfschiff und Kanalböten bis dahin abtragen und
-erhielten dafür Karten. Als wir aber dort ankamen, wurden diese von den
-Schiffern nicht respectirt und wir mußten die schon an Wolf erlegten
-Summen nochmals erlegen. Wir waren nicht so schlecht daran, als viele
-unserer Landsleute, deren Kassen erschöpft waren, nachdem sie den
-reißenden Geld-Wolf befriedigt hatten. Diesen armen Leuten blieb kein
-anderes Mittel übrig, als sich den Seelenverkäufern dort in die Arme zu
-werfen. Dort lauern diese seelendurstige Deutsche im Besitze ihrer, um
-ein Weniges von der Regierung erstandenen Ländereien, auf einwandernde,
-dürftige, in der englischen Sprache unkundige Menschen, denen unter
-solchen Umständen zu ihrer Erhaltung nichts Anderes übrig bleibt, als
-sich und die Ihrigen Jenen auf mehrere Jahre zu verpfänden.
-
-Ich hatte jetzt genug gehört und schreibe dies zur Warnung aller
-unkundigen Auswanderer nieder, damit sie sich vor diesem Wolf
-im Schaafsgewande hüten mögen. Er spricht mit Theilnahme zu den
-ankommenden Colonisten, zeigt viel Herzlichkeit, giebt auch wohl,
-nachdem er sich in Besitz der Gelder gesetzt hat, Empfehlungs-Briefe
-an seinen Compagnon in Buffalo oder sonst irgendwo, aber ein solcher
-Compagnon kann nicht gefunden werden, weil er keinen haben will, mit
-dem er seinen Raub theilt.
-
-New-York eignet sich am wenigsten als Landungsplatz für die
-Auswanderer, denn von hier aus muß eine weite Reise nach dem Innern,
-woselbst Arbeiter nöthig sind, unternommen werden und diese ist mit
-einem bedeutenden Kosten-Aufwande verbunden, welcher größtentheils
-erspart wird, wenn man in Philadelphia, Boston, Baltimore oder
-New-Orleans landet. Die beste Zeit zur Ankunft daselbst sind die Monate
-October und November, weshalb die Monate Juli und August zur Abreise
-zu empfehlen sind. Von Havre gehen wöchentlich Paquetboote ab. Ferner
-möchte ich Jedem rathen, sich bei seiner Ankunft in Amerika an keinen
-Commissionair zu wenden, sondern vielmehr irgend einen dort etablirten
-deutschen Kaufmann aufzusuchen, welcher sich gewiß eher zur Hülfe, als
-zum Berauben der Ankommenden bereit finden wird.
-
-Der berühmte Franklin empfahl es als Lebensregel, daß jeder Mann,
-was er auch sonst treiben und unternehmen wolle, ein Gewerbe, ein
-Handwerk lerne, weil Jeder in den Fall kommen könne, es gebrauchen zu
-müssen. Ohne zu untersuchen, in wie fern dies auf Alle paßt, halte
-ich es für gerathener, aus allen Fächern und Gewerben das Praktische,
-was am häufigsten im Leben vorkömmt, sich anzueignen. Erlangt man
-auch darin nur oberflächliche Kenntnisse und Fertigkeiten, so kann
-man sich dadurch doch aus mancher Verlegenheit helfen, die für
-Andere eben so empfindlich als schwer zu beseitigen ist. Der Leser
-wird lächeln, wenn ich einige dieser Verlegenheiten näher bezeichne,
-indessen -- er lache meinetwegen -- Strümpfe stopfen und Knöpfe an
-Hemden oder Röcke anzusetzen und es gut zu verstehen, gehört zu den
-Hauptkenntnissen für Jeden, welcher nach der neuen Welt reisen will,
-denn von allen Wäscherinnen daselbst will sich keine zu dergleichen
-Arbeiten verstehen. Hieraus geht denn die Alternative hervor: entweder
-selbst Hand ans Werk zu legen, oder mit Löchern in den Strümpfen und
-ohne Knöpfe am Rock umherzuwandern, oder, wenn es für den Gebrauch
-nicht mehr tauglich ist, das alte Zeug durch neues zu ersetzen. Die
-Leser, welche vielleicht von bedeutenden Sendungen von Leinen- und
-Strumpf-Waaren nach der neuen Welt gehört haben, können aus meiner
-Erzählung bald die Ursache dieser Sendungen auffinden.
-
-Nachdem ich den geneigten Leser von der Nothwendigkeit des Praktischen
-in allen Fächern zu überzeugen gesucht habe, wird sich wohl Niemand
-wundern, wenn ich versichere, daß ich mich in New-York auch des
-Praktischen im Müßiggange befleißigte. Müßiggang praktisch ausgeübt,
-kann erst zur Wissenschaft, hernach aber zur Kunst werden, allein
-vielleicht giebt es auch hierin nur wenig wahrhafte Künstler,
-obgleich die Zahl der Müßiggänger mit jedem Jahr zunimmt. Der
-Müßiggangs-Künstler muß vor allen Dingen darauf achten, daß er keine
-einzige Minute zur Disposition seiner Collegen übrig hat, er muß
-vielmehr stets über Mangel an Zeit klagen.
-
-Da es indeß wenige praktische Müßiggänger giebt, so findet man viele
-Hypochondristen unter ihnen. Um diesem Uebel entgegenzuarbeiten, sei
-jeder Studiosus oder Candidat des Müßigganges vorsichtig in der
-Wahl seines Umganges; er vermeide die Trägen, die Geizigen und die
-Gourmands, und wähle lebenslustige, mit Kenntnissen ausgerüstete Männer
-als Gesellschafter, so wird der Müßiggang selbst für den thätigen Mann
-weniger fühlbar sein. In New-York, wohin so Viele aus Deutschland wegen
-zu großer Gedankenfreiheit sich geflüchtet haben, kostet die Wahl in
-dieser Beziehung nicht so viel Mühe, als etwa in Bremen. Deshalb fand
-ich denn auch dort sehr bald Leute, die mit mir sympathisirten, unter
-Anderen einen Doctor, welcher, ich weiß nicht mehr genau, aus Hessen,
-oder aus Baiern flüchten mußte und als Oberlehrer bei einer Schule
-in New-York angestellt ist; ich fand in demselben, was ich zu finden
-wünschte.
-
-„Wie wäre es,“ sagte dieser eines Nachmittags zu mir, „wenn wir, da das
-Wetter so schön ist, mit einem der Dampfschiffe nach Staten-Island (dem
-Quarantaine-Platz des New-Yorker Hafens) hinüberführen?“ Mir war das
-ganz recht, und wir gingen sogleich zum Samson, dasselbe Dampfschiff,
-welches an jenem Festtage, trotz seiner Stärke, nicht stark genug
-war, die Masse von Menschen zu halten, und zehn Menschen das Leben
-kostete. Heute that seine Samson’sche Kraft besser ihre Schuldigkeit
-und bald standen wir auf dem etwa 400 Fuß hohen Belvedere. Nicht mit
-sehnsuchtsvollern Blicken kann der Prinz von Coburg nach der ihm
-bestimmten Brittish Queen (Victoria) sich umsehen, als ich nach der von
-mir erwarteten Brittish Queen, das ganz neue Dampfschiff, welches von
-London erwartet wurde und worauf ich meine Rückreise nach Europa machen
-wollte. Allein vergebens! dreißig Meilen weit konnte ich von hier aus
-die schönen Ufer betrachten und mit einem Tubus jedes Schiffssegel
-unterscheiden, allein von der angebeteten Brittish Queen ließ sich
-Nichts sehen.
-
-Unterdessen war es sieben Uhr und Zeit zur Rückkehr geworden. Wir
-langten sehr bald an der Batterie an, wo ich mich vom Doctor trennte,
-um nach meiner Wohnung zu gehen. Während ich über den Batterie-Platz
-schlenderte, fand ich einen Polizei-Diener in seiner Function
-begriffen; er weckte nämlich einen auf dem Rasen eingeschlummerten
-Bürger aus seinen vielleicht süßen Träumen, mit den Worten: „wenn Sie
-nicht sofort gehen, so müssen Sie fünf Piaster erlegen, denn das ist
-der Preis für eine Schlafstelle hier;“ er stand auf und ging fort.
-Einen so gutmüthigen und sanften Polizei-Beamten wollte ich persönlich
-näher kennen lernen; ich war eben im Begriff, ihn anzureden, als ich
-wegen seines übermäßigen Diensteifers bei der folgenden Sache davon
-abgehalten wurde. Er trat nämlich an einen jungen Herrn heran, der von
-einem großen New-Foundland-Dog begleitet wurde, um ihn auf das Gesetz
-aufmerksam zu machen, wonach es ihm freistehe, den Hund zu tödten.
-Jener zog denn auch sogleich einen Strick aus der Tasche und führte
-ihn fort. „Milde Gesetze, noch mildere Vollstrecker und dennoch ein
-sehr großer Gehorsam,“ sagte ich zu diesem treuen Staats-Beamten, als
-er weiter gehen wollte. „Dies müssen wir wohl gegen unsere Mitbürger
-sein,“ entgegnete er; „es thut mir oft leid, die armen Loafers aus dem
-Schlafe zu wecken;“ -- Loafers, muß ich bemerken, sind diejenigen,
-welche keine Wohnungen haben, vielmehr stets auf dem Rasen, oder sonst
-außer Betten schlafen; sie sind dessenungeachtet gewöhnlich sehr
-anständig gekleidet. Eines Tages traf ich einen aus Berlin gebürtigen
-Loafer in der Batterie, der mit Thränen in den Augen mich um ein
-Almosen bat; er erzählte, daß er, mit allen erforderlichen Mitteln
-ausgerüstet, hier angekommen sei, und, nachdem Alles aufgegangen,
-sich zu den härtesten Arbeiten im Chaussee-Bau hergegeben habe; er
-habe dieselben in physischer Rücksicht nicht aushalten können, da er
-wochenlang im Hospital zugebracht habe. -- „Es thut mir leid,“ fuhr der
-Polizei-Diener fort, „allein es ist meine Pflicht; hätte der Mann fünf
-Piaster, so schliefe er sicher an einem bessern Ort; in einer halben
-Stunde können Sie ihn an einem anderen öffentlichen Orte schlafend
-finden.“ -- Ein schwerer Dienst für Sie, sagte ich; wie hoch beläuft
-sich Ihr Gehalt dafür? Nur auf 600 Piaster das ganze Jahr, wobei ich
-noch jeden Tag die Flagge aufziehen muß -- kein leichter Dienst! meinte
-er.
-
-Nachdem ich in meinem Logis meine Sachen und Gelder revidirt hatte,
-welche in New-York nicht selten in Abwesenheit des Eigenthümers
-einen fremden Herrn finden, begab ich mich nach einer sehr beliebten
-Bier-Kneipe, Shadow (Schatten) genannt, woselbst ich viele Deutsche,
-Schweizer und Franzosen antraf, lauter Leute, die reich zu werden große
-Lust hatten. Wir plauderten viel über Deutschland im Vergleich zu den
-Vereinigten Staaten, besonders aber sprachen Jene über den Unwerth der
-deutschen Goldmünzen, der Louisd’ore, welche den Leuten für 5⅔ Thlr.
-aufgedrungen werden und dabei nur fünf Thlr. Werth haben, ferner von
-den in Philadelphia gebrauten, giftartigen Bieren mit dem Zusatz von
-Aloe und Taback -- ein Beweis, daß nicht aller Kentucky-Taback gebissen
-und verbissen wird. Da sich mein deutscher Magen hiergegen sträubte, so
-verließ ich bald diesen Bier-Tempel.
-
-Am folgenden Sonntags-Morgen wollte ich den früher erwähnten
-Demagogen-Prediger Försch noch einmal hören, allein er war der Ketzerei
-angeklagt und von der Synode zur Verantwortung gezogen worden. Er
-hatte seine Gemeinde in New-York verlassen und ein belletristisches
-Wochenblatt gegründet, worin er sich gegen die Synode vertheidigte.
-Dabei hatte er zugleich eine neue Gemeinde, einige Meilen von New-York
-erlangt, wo er nicht wenig Beifall fand und besonders viel mit
-Trauungen und Taufen zu thun hatte. Bei einer der letztern, erzählte
-mir der Doctor, soll jener Prediger die Eltern des Kindes gefragt
-haben, ob er dasselbe in Dreiteufels- oder Gottes-Namens taufen
-solle! Dazu führt die Glaubenslizenz! Ein Mann, der solchen Unsinn
-begeht und die wichtigsten Wahrheiten des Christenthums öffentlich
-verwarf, übt nach wie vor sein Predigtamt aus und wird noch sogar
-stark besucht! Weniger Glück dagegen dürfte er mit seinem Blatte
-machen, denn die Deutschen in New-York sind zu sehr mit dem Lesen in
-Reiskörnern, Tabacksblättern, Schweinsborsten, besonders aber mit
-ihrer promissory-notes beschäftigt, um Zeit zum Lesen der Journale
-zu verwenden. Bücher wissenschaftlichen Inhalts finden in den V. S.
-gar keinen Absatz; nur Schulbücher werden begehrt. Daß die New-Yorker
-Jugend übrigens sehr gelehrig ist, ergiebt sich schon daraus, daß es so
-viele gescheidte Männer in Wall-Street giebt.
-
-Unterdessen war von England die Nachricht eingegangen, daß die
-Ausrüstung der Brittish-Queen mehr Zeit erfordere, als man geglaubt
-habe, sie werde daher wohl um acht Tage später in New-York eintreffen.
-Man muß den Damen Zeit zur Toilette lassen, dachte ich; auch hatte ich
-so Manches noch in New-York zu sehen, daß mir die Verzögerung nicht so
-unwillkommen war. Zunächst bekümmerte ich mich um das Praktische in der
-wohlfeilsten Bekleidungsart in New-York. Alles ist hier enorm theuer,
-sagten Viele; hat man 1500-2000 Piaster Jahrgehalt, und das Jahr ist
-vorüber, so ist’s mit jener Summe geschehen. Ich habe indeß auf meinen
-vielen Reisen gefunden, daß man auch in den für theuer ausgeschrieenen
-Städten und Ländern bei einer gewissen Umsicht und Lokalkenntniß mit
-Wenigem eben so gut und anständig leben kann, wie die Meisten, welche
-vieles Geld aufwenden. Meines Erachtens sind die Berliner Meister in
-dieser Kunst. Man trage ein Souper, bestehend in Nichts anderem, als
-sogenannten Pell-Kartoffeln, in silbernen Schaalen auf und jeder der
-Gäste wird von einer boshaften Kritik sich abgehalten sehen, indem der
-Kontrast ihn zum Nachdenken und Zweifeln bringt, doch zur Sache zurück!
-Man behauptet, in New-York kostet ein Paar Stiefeln 11 Piaster, ein
-Paar Pantalons 14, ein Rock 38 etc.; freilich in Broad-Way! allein ein
-ehrlicher Schneidermeister in Oliver- und William Street begnügt sich
-mit einem Piaster Arbeitslohn für ein Paar Pantalons und sechs Piaster
-für einen Rock; kauft man nun das Tuch mit Sachkenntniß, so hat man ein
-Kleid um den halben Preis. Eben so bekommt Ihr dauerhafte Stiefeln in
-Nassau-Street um den halben Preis, aber hütet Euch, es bekannt werden
-zu lassen, daß Ihr Stiefeln aus Nassau-Street tragt, denn Mancher würde
-sich bedenken, mit Euch auf Broad-Way zu promeniren. Es ist für solche
-Handwerksleute und Gastwirthe in den V. S. ein Glück, daß Viele hier
-zwischen den beiden Ausdrücken:
-
- Wir verdienen, was wir brauchen und
- Wir brauchen,[L] was wir verdienen.
-
-keinen Unterschied finden können. Mit den Restaurateurs verhält es
-sich eben so. Der Globe, Sans-Souci und die Gebrüder Dalmonico sind
-diejenigen, welche nur von Leuten ersten Ranges besucht werden. Hier
-findet man eine Speisecharte à la Paris in Form eines Buches. Obgleich
-die Hälfte der darin angeführten Speisen gewöhnlich nicht zu haben ist,
-so ist es doch eine außerordentliche Charte, und jede Speise, welche zu
-haben und um das doppelte schlechter und theurer ist, als die Speisen
-im Dawning’schen Keller in Wall-Street, gilt nichts destoweniger als
-außenordentlich und jeden als Preis werth. Der Eingeborne indeß ist
-nicht so thöricht.
-
-Von den Abend-Vergnügungen hatte ich bisher nur einen schattenreichen
-über die Bierkneipe Shadow abgestattet; ich wende mich zu den ersten
-und zwar zu dem mit Gas beleuchteten Castle-Garden, ein Schloß-Garten
-ohne Bäume. Doch nein! eine Trauerweide befindet sich am Eingange. Der
-Weg zu diesem Garten führt über den Batterie-Platz, den Sammelplatz
-der schönen Welt nach Sonnenuntergang; er ist mit Gas beleuchtet,
-hat einen Quai von Granitstein zur Promenade und daneben stehen
-Bänke für die Ermüdeten; eine herrliche Aussicht bietet sich dar
-nach den gegenüber liegenden Ufern des Staates Jersey; auch gewähren
-die am Abend vorüberfahrenden Dampfschiffe viel Vergnügen. Raketten
-und Trompetenschall ließen sich im Innern, von den Balcons des
-unbedeutenden Gartens vernehmen. Also zur Casse hin! Sie befindet
-sich auf derselben Brücke, wo an der entgegengesetzten Seite ein
-recht elegantes reinliches Flußbad liegt, wo man für fünf Piaster
-Abonnement den ganzen Sommer hindurch baden kann. Als Ersatz für
-Handtücher erhält man zwei Flicke von grober, grauer Packleinwand,
-etwa eine Elle lang, welche nie gerollt werden, damit die Haut nicht
-verzärtelt werde. Die Importeurs der englischen Waaren werden hier auf
-eine bequeme Art ihre Emballagen los, wie mir gesagt worden ist. --
-An der Casse erhielt ich zwei Carten für vier Schilling; für die eine
-sollte ich, wie der Carten-Empfänger bemerkte, am Buffet Ice-cream
-(Gefrornes) essen. In Erwägung, daß man Alles, ausgenommen Heirathen,
-rasch betreiben muß, eilte ich schnell dem Schloß-Garten zu. Er ist
-ganz wie die Pavillons auf der Aelster in Hamburg gebaut; in der Mitte
-ist ein freier, mit Kieseln belegter Platz, worauf sich kleine Logen
-mit Tischen und Bänken befinden. Drei von meinen Sinnen sollten also
-für vier Schilling beschäftigt und befriedigt werden, allein ich sah
-mich veranlaßt, den Garten zu verlassen, ehe das Concert begann und das
-Feuerwerk abgebrannt wurde. Die beiden Sinne des Gefühls und Gehörs
-gingen also leer aus, dafür aber wurde auf unerwartete Weise das Gefühl
-sehr beschäftigt -- durch Rippenstöße. Von dem Eis ist nur noch zu
-sagen, daß man den Kältegrad des letzten Winters in New-York und die
-Entfernung der Zucker-Plantagen darnach hätte berechnen können, denn es
-war ein sehr hart gefrorner Eisklumpen ohne Geruch und Geschmack.
-
-Um über das Theater berichten zu können, muß man unbedingt dasselbe
-besucht haben. Obgleich ein verwöhnter Kostgänger (woraus in der
-Regel Kostverächter entstehen), entschloß ich mich dennoch aus
-Anhänglichkeit für meinen ehemaligen Reisegefährten, den Director W.,
-das National-Theater zu besuchen.
-
-Da Logenschließer, wie mir versichert worden ist, in New-York große
-Jahrgehalte von 6-800 Piaster beziehen, so begnügt sich der Director
-mit Einem für jeden Rang derselben. Diejenigen, welche ihre Billets am
-Eingange lösen, müssen sich mit den (vom Billetverkauf im Bureau) übrig
-gebliebenen Plätzen begnügen und von diesen hat der Logenschließer ein
-Verzeichniß. Durch diese Anordnung mußte ich wohl eine halbe Stunde auf
-ein Plätzchen warten. Es wurde zum 14ten male die große Oper: Amalie,
-gegeben, vom ersten englischen Componisten -- doch nein! der erste ist
-wohl der des Volksliedes: God save the king, also die vom allerletzten
-englischen Componisten verfertigte Oper. Zwei Sänger und eine Sängerin
-waren hierfür vom Covent-Garden-Theater engagirt worden. Die Yankees
-waren entzückt und benahmen sich, als wären sämmtliche Sänger mit
-Amphionsstimmen begabt und als käme das Orchester und die Composition
-selbst aus der Schule des Orpheus: jedes einzelne Stück mußte
-wiederholt werden. Orpheus der Erste, als Dirigent des Orchesters ließ
-sein Instrument (die Geige) durch die Schreiereien der Chöre nicht in
-Schatten stellen, er wies sie vielmehr mit seinem kräftigen Arm in die
-Schranken der Anständigkeit zurück. Ueber die prachtvolle Ausstattung
-des Theaters, über die blauen und rothen Feuer, die am Schluß der Oper
-brannten, will ich nichts sagen, da dieses Theater seit dieser Zeit im
-Monat October 1839 durch ein Feuer ganz anderer Art abgebrannt ist.
-
-Auch Seiltänzer sah ich hierselbst, die Familie Ravelé. Da ich
-dergleichen Künstler in sehr langer Zeit nicht gesehen hatte, so kann
-ich wohl eher, wie die Meisten, ein Urtheil über die Fortschritte
-in dieser Kunst fällen, und da muß ich denn bekennen, daß ich vor
-30 Jahren mehr Sehenswertheres hierin als jetzt gesehen habe. Hat
-vielleicht diese Kunst bald das Schicksal der Glas-Malerei, daß sie als
-eine verlorne zu betrachten ist? Dieser Verlust würde gewiß von Wenigen
-betrauert werden!
-
-Nach meiner Schilderung der Vergnügungen in den V. S. wird mancher
-Leser, welcher diese Vergnügungen denen der freien Natur, welche die
-V. S. in reichem Maaße darbieten, vorzieht, keine Neigung fühlen,
-dieses Land zum Vergnügen zu besuchen. Abstrahirt man indeß von den
-Vergnügungen der ersten Art, so kann nicht leicht ein Land gefunden
-werden, worin man sich, mit Anwendung des Praktischen beim Reisen, die
-Zeit besser verkürzen könnte, wie hier. Erscheinen doch in diesem Lande
-täglich 1553 Zeitungen und Journale (dieses ist die Anzahl nach Angabe
-des Morning-Heralds) von eben so vielen Redacteuren, die Alle es auf
-das Vergnügen des Publikums anlegen und worunter es sehr viele witzige
-Köpfe giebt. Unter diesen will ich vorzugsweise nur den Redacteur des
-Morning-Herald nennen, der täglich 17,000 Exemplare absetzt, ein Blatt,
-auf welches Jeder mit noch weit größerer Begierde, als auf seinen
-Caffee wartet und welches von Vielen mit größerem Appetit als dieser
-verzehrt wird.
-
-Der Europäer überzeugt sich wenige Tage nach seiner Ankunft, daß das
-von seiner Seite vermißte Militair, die Gensdarmerie und Polizei, durch
-jene Blätter vertreten wird und daß für Republiken Preßfreiheit eine
-unbedingte Nothwendigkeit ist, weil die Sittlichkeit, die öffentliche
-Ordnung und Reinlichkeit in den Straßen lediglich durch die Presse
-herbeigeführt wird. Der geringste Verstoß gegen Ruhe und Ordnung
-wird sofort zur Publicität gebracht. Aber wie ist es den Redaktoren
-möglich, so geschwind und unmittelbar ein solches Ereigniß rapportiren
-zu können? Der Verfasser glaubt nicht zu irren, wenn er den früher
-erwähnten Loafers, die in allen Straßen anzutreffen sind, einen
-großen Antheil an der Berichterstattung zuschreibt. Ihr Honorar kann,
-nach dem Preis der Blätter berechnet, freilich nicht von solcher Art
-sein, daß sie ihre jetzigen Schlafstellen auf dem Rasen gegen solche
-in Aster-House oder andern Hotels austauschen könnten, indeß wäre
-letzteres der Fall, so würden alle nächtlichen Vorfälle in den Straßen
-für die Redacteure verloren gehen.
-
-Was nun den allgemeinen Charakter der Amerikaner betrifft, so wird von
-vielen Autoren, besonders auch von den neuesten Reisebeschreibern,
-dem Amerikaner der V. S. Geldbegierde oder Habsucht zur Last gelegt.
-Ehe ich das Resultat meiner Beobachtungen hierüber ausspreche, muß
-ich Folgendes bemerken: Ist dieser Vorwurf, den die Europäer den
-Amerikanern machen, gegründet, so fällt er auf die Europäer selbst
-zurück; sind denn die Einwohner der V. S., mit Ausnahme weniger
-eigentlicher Amerikaner, von indianischer Abkunft, nicht alle
-Europäer?[M] Hört denn der in Amerika geborene Deutsche oder Franzose
-auf, Deutscher und Franzose zu sein, und wird durch das Wohnen daselbst
-zum Amerikaner? Wenn ein Edelmann im Kuhstalle geboren würde, wäre er
-dann zum Bauer geworden? Also nicht der Ort bestimmt die Abstammung,
-sondern das Volk, zu dem man ursprünglich gehört. Es wäre also zu
-untersuchen, durch welche von den verschiedenen Abkömmlingen die
-Geldbegierde hierher verpflanzt worden sei. Eine solche Untersuchung
-aber führt uns auf die Engländer zurück, die, wenige Ausnahme
-abgerechnet, überall den Hauptbestand der Bevölkerung in den nördlichen
-Staaten bilden, und Sprache, Sitte und den Volkscharakter bestimmt
-haben. Und der Apfel fällt, wie man weiß, nicht weit vom Stamme.
-
-Da die Bewohner der V. S. also von so verschiedener Abstammung sind, so
-ist es unstatthaft, dieselben unter dem Namen von Amerikanern als ein
-so oder solches Volk zu charakterisiren und Alles über einen Leisten
-zu schustern, wie es gewöhnlich geschieht. Der Verfasser wird sich
-daher bemühen, diese Amerikaner nach ihrer verschiedenen Abstammung
-zu sondern und jeder einzelnen Abtheilung ihr Recht widerfahren zu
-lassen. Und zunächst wollen wir, da doch nun einmal auch in Amerika die
-Frauen den Männern vorangehen, auch hier den Amerikanischen Frauen den
-Vortritt gestatten.
-
-Die Amerikanerinnen sind Freie, ohne frei zu sein und sehr schön. Wäre
-ich Besitzer der Stobwasserschen Dosenfabrik, ich würde den Maler
-zum Einsammeln von schönen Modellen weiblicher Köpfe nach den V. S.
-schicken, denn besonders in letzterer Hinsicht sind die Amerikanerinnen
-ausgezeichnet.
-
-Daß man unter allen in Amerika Geborenen keinen Einzigen mit den
-Grundsätzen eines Diogenes findet, ist wahr, allein ein solcher
-Sonderling von Enthaltsamkeit möchte heutiges Tages auch in Europa
-schwer anzutreffen sein. In der Tonne will Keiner mehr residiren; Jeder
-strebt nach bequemer Wohnung, nach Annehmlichkeiten im Leben u. s. w.,
-und da solche Dinge uns nicht von selbst besuchen und zu unserm
-Gebrauche sich darbieten, sondern nur gegen Geld zu haben sind, so
-ist Keinem zu verargen, daß er nach Geld strebt. Tritt man in Amerika
-in Männergesellschaften, so bemerkt man keinen Diogenes darunter, man
-sieht sogleich das Zusammengesetzte der Bevölkerung; sie ist mit einem
-Vaudeville zu vergleichen, in welchem man hin und wieder Musikstücke
-berühmter Meister auffindet, wodurch die Bilder angenehm verlebter
-Zeiten in der Seele wieder auftauchen, und während man hierbei in der
-Vergangenheit schwärmt, überhört man manche Stücke, die wenig oder
-gar kein Interesse für uns haben. Wer nun aber nach einem oder zwei
-Stücken, die ihm gerade auffallen, das ganze Vaudeville beurtheilt,
-der ist ein schlechter Kritiker; eben so leichtsinnig und ungerecht
-urtheilen die Autoren, welche, wie schon bemerkt, nur von einem
-allgemeinen Amerikaner sprechen, der gar nicht existirt.
-
-Die Amerikaner sind, so weit meine Erfahrung reicht, in folgende vier
-Klassen einzutheilen:
-
-1. Der eigentliche Amerikaner indianischer Abstammung. Betrachtet man
-denselben genauer, so entdeckt man bald etwas Originelles, oder, besser
-gesagt, etwas Wildes an ihm. Man könnte ihn mit einem wilden Vogel
-vergleichen, der aus dem Nest genommen und wie ein Hausthier erzogen
-worden ist, in welchem aber plötzlich sein natürlicher, in die Welt
-mitgebrachter Instinkt zur Wildheit wieder auflebt, der ihn zur Flucht
-aus dem friedlichen Erziehungsorte seines Wohlthäters antreibt. Ich sah
-eines Tages einen im Rufe stehenden Amerikaner von Indianischem Stamme,
-auf einem mit Sammet überzogenen Sopha ausgestreckt und die schmutzig
-bestiefelten Füße auf dasselbe erheben, um sich durch Anstemmen gegen
-die kostbar gemalte Seitenwand des Zimmers in eine bequemere Lage zu
-bringen.
-
-2. Der Deutsche, den ich als Deutscher dem Eingebornen zunächst
-anführe, ist, wie überall, auch in Amerika bald zu Hause, ja er scheint
-fast in Amerika mehr einheimisch zu werden, als er es in Deutschland
-sein würde. Die Kost kömmt ihm dort besser vor als zu Hause, der
-amerikanische Essig hat nach seinem Geschmack mehr Weinartiges,
-als der Rhein- und Moselwein; das Bier ist nach seiner Meinung das
-allerbeste, welches in der Welt gebraut wird und die amerikanischen
-Banknoten übersteigen in seinen Augen den Werth der Friedrichsd’ors;
-mit Einem Worte, er bildet sich ein, Amerikaner zu sein. Ich meine hier
-natürlich diejenigen Deutsche, welche sich in den letztern Jahren dort
-angesiedelt haben, denn dort geborene Abkömmlinge früherer Einwanderer
-sind freilich von ganz anderem Schlage. Die letztern freuen sich, wenn
-sie einen deutschen Abkömmling erblicken; sie bemühen sich um seine
-Bekanntschaft, um ihm erzählen zu können, daß seine Voreltern Deutsche
-gewesen; man hört ihn mit Vergnügen die alten deutschen Sprüchwörter
-aussprechen und befolgen; kurz das deutsche Gemüth ist in ihnen noch
-nicht erstorben.
-
-3. Der Franzose weicht in jeder Beziehung von dem Amerikaner und
-Deutschen ab. Er bleibt in Amerika, wie überall, Franzose in Sprache,
-Kleidung und Lebensweise; er ist Franzose von Anfang bis zu Ende; er
-fühlt sich glücklich, Republikaner zu sein, und noch glücklicher,
-nicht zu den Yankees gezählt zu werden. Er politisirt noch mehr als
-diese, flickt an Staat und Regierung, ist Staats-Oekonom, trinkt viel
-Bordeaux-Wein (Essig), mit Wasser versetzt, ißt nach vaterländischer
-Weise seine dreifache Portion Brod zu der Suppe und erblickt schon in
-seiner Einbildung freudig die gefüllten Geldsäcke, welche zu gewinnen
-er hierher gekommen ist. Am wenigsten wird man unter den Franzosen
-einen Diogenes finden, denn Geld, recht viel Geld zu gewinnen, ist die
-Tendenz ihres Treibens.
-
-4. Jetzt gehe ich zu den eigentlichen Yankees über, die bei Weitem den
-größten Theil der Bevölkerung ausmachen. Auch hier müßte man wieder
-das englische, das schottische und das irische Blut unterscheiden,
-was jedoch mich hier zu weit führen würde; ich werde nur zwei Klassen
-unterscheiden: die erste, der Abkömmlinge derjenigen, die sich seit
-der Besitznahme Amerika’s dort niedergelassen haben, und die zweite
-derer, welche nach und nach die Gewinnsucht dorthin geführt hat. Aber
-sind denn die Engländer gewinnsüchtig? Der scharfblickende Napoleon
-schilderte England als ein von Krämern bewohntes Land. Ein Krämer aber
-muß, um als Krämer zu gelten, gewinnsüchtig sein: folglich wird man die
-Gewinnsucht der englischen Nation nicht absprechen können.
-
-Die erste Klasse oder die von der früheren Generation sind allerdings
-Sonderlinge, jedoch keinesweges, wie sie von so manchen Autoren
-ausgeschrieen worden sind, Geldbegierige; sie sind lebenslustige
-Menschen und streben daher nach Geld, um sich die Annehmlichkeiten des
-Lebens, nach denen sie verlangen, zu verschaffen. Diesem Yankee ist
-schon aus dem Grunde Nichts zu theuer, weil er sich durch splendide
-Ausgaben von den alltäglichen Yankees zu unterscheiden wünscht; er
-wirft daher mit dem Gelde um sich. Die Unterhaltung des Yankee ist
-nicht eben sehr unterhaltend; denn er ist mit sich selbst uneinig,
-ob er Engländer oder Nicht-Engländer sein soll und ist daher für die
-Gesellschaft? -- ein Yankee, jedoch ist er klug genug, sich in dieser
-Yankee-Rolle angenehm zu machen und verdient also nicht zu den Dummen
-gezählt zu werden; denn derjenige, der seine Dummheit zu verbergen
-weiß, kann wohl zu den Klugen gerechnet werden. Da wissenschaftliche
-Bücher, wie schon bemerkt, keine Abnehmer bei ihnen finden, so ist es
-wohl selten, daß man wissenschaftlich Gebildete unter ihnen findet;
-die Wissenschaft des Reichwerdens ist die einzige, die sie mit Glück
-cultiviren, ja sogar mit der leeren Hand sich anzueignen verstehen,
-indem die Regierung den Acker Landes für 1¼ bis 1½ Piaster (der
-im cultivirten Zustande den hundertfachen Werth hat) hingiebt; indeß
-sind diese gerade die Geachtetsten in den V. S., und verdienen es auch!
-
-Die zweite Klasse der Yankees ist zusammengesetzt aus lauter Engländern
-der letzten Generation und denen, welche unter dem Beistand Gottes, der
-vielen Banken Englands und der V. S., auch nicht minder zur Freude der
-Fabrikanten in England, ihr Geschäft in Amerika treiben. Sie denken
-stets an ihr Mutterland, sie finden es zwar nicht schlecht in den
-V. S., da sie ja hieselbst ihren Endzweck des Geldverdienens erreichen,
-und dabei auch recht gut leben, allein dennoch denkt Jeder nach Lord
-Byron’s Spruch:
-
- England! with all thy faults, I love thee still.
-
-Und sehr natürlich! der Engländer fühlt sich nur in England zu
-Hause; fehlt ihm doch überall das englische Kohlenfeuer, sein Topf
-Porter-Bier, sein beaf-steak und seine langen Parlaments-Reden, welche
-selbst Lord Byron als die vier köstlichsten Dinge Englands schildert:
-und hätte er dieses alles, so fehlen ihm noch seine heimathlichen
-starken Herbstnebel. Diese letzte Klasse, welche den vierten Theil
-der Bewohner in den V. S. ausmacht, trägt wenig zur geselligen
-Unterhaltung bei, jedem diesen Leuten die Worte „money making“ (Geld
-verdienen) stets in ihren Ohren klingen. Aus diesen Gründen also ist
-die Unterhaltung dort sehr trocken. Dagegen findet man überall in allen
-Städten, Flecken und Dörfern ein außerordentlich reges Treiben, da
-Jeder verdienen will; das Wort „Genügsamkeit“ kennt Niemand, deshalb
-verderben auch so Viele.
-
-So angenehm auch das Reisen überhaupt erscheinen mag, so wird doch
-der Leser, der meiner Erzählung mit Aufmerksamkeit und wohlwollendem
-Vertrauen gefolgt ist, mit mir der Meinung sein, daß Jemand, der, sei
-es zum Vergnügen oder zur Ausdehnung von kaufmännischen Geschäften,
-eine Reise unternehmen will, keine glückliche Wahl trifft, wenn er
-sich die V. S. oder Westindien wählt. Mag auch Westindien für den
-Naturforscher vieles Anziehende darbieten, so haben doch die dort
-einheimischen epidemischen Krankheiten, das gelbe Fieber, das schwarze
-Erbrechen, die Cholera, verbunden mit der erbärmlichen Lebensweise, so
-viel Abschreckendes, daß die meisten Naturforscher wohl sich freuen,
-wenn sie diesem Lande den Rücken kehren können. Eben so wenig aber
-sind die V. S. dem Reiselustigen zu empfehlen. Schon die Fahrt dahin
-ist theils höchst gefährlich, theils höchst langweilig, mag man sich
-nun der Dampfschiffe bedienen, von deren Gefährlichkeit oben die Rede
-gewesen ist, oder der Segelschiffe, die zum Wenigsten 6-8 Wochen Zeit
-gebrauchen, um die Strecke von 3228 Meilen von Portsmouth bis nach
-New-York zurückzulegen. Während man im cultivirten Europa überall
-vernünftige oder interessante Unterhaltung und geistreiche Getränke
-in geselligen Circeln findet, vermißt man beides im neuen Welttheil,
-dessen Cultur noch in der Kindheit ist. Man muß sich also für das Opfer
-der geselligen Freuden entweder am Spieltisch zu unterhalten suchen,
-oder man muß höchst mittelmäßige Theater und Concerte für enorm hohe
-Entrée-Preise besuchen, wird dabei noch im Genuß ganz gestört und fühlt
-die Ohren zerrissen durch das ununterbrochene Beifallklatschen und
-Dacaporufen der Yankees. Beim Reisen in Europa braucht der Reisende
-nicht unbequem in Boarding-Häusern und von außen groß scheinenden
-Hotels zu wohnen; er wird bei der Abreise keine Rechnungen bezahlen
-müssen für Speisen und Getränke, die er hätte genießen können und nach
-der Meinung des Gastwirths hätte genießen können, aber er logirt in
-reinlichen Gasthöfen und wird von ehrlichen Aufwärtern bedient. Mit der
-dienenden Klasse hat es in Amerika seine eigene Bewandniß: Niemand will
-hier als Diener angesehen sein, da es nach dem Gesetz keine persönliche
-Unterwürfigkeit geben kann, und da Hülfsleistung weit höher als
-Dienstleistung abgeschätzt werden muß, auch nach der Meinung Vieler gar
-nicht zu bezahlen ist, so will jeder Diener sich als Gehülfe behandelt
-wissen. Zieht man alle diese Umstände in Erwägung, so wird man von dem
-Entschluß, eine Reise nach den V. S. zum Vergnügen zu unternehmen, bald
-zurückkommen.
-
-Die Kaufleute, welche Speculations-Reisen nach den V. S. zu machen
-gedenken, mögen die von mir dargelegten Beobachtungen und Erfahrungen
-wohl erwägen, ehe sie zur Ausführung schreiten; mögen sie um so
-mehr dabei bedenklich sein, wenn sie die dortige Justizpflege
-berücksichtigen, nach welcher Jahre verstreichen, ehe man Prozesse
-durch Advocaten eingeleitet sieht. Ergo, ist die neue Welt wunderschön
-und gut, so kann ich mich doch aus vielen angeführten und anderen
-Gründen des Urtheils nicht enthalten, daß die alte Welt besser ist. Und
-selbst auch, was das Geldverdienen betrifft: sollte es nicht leichter
-sein, in dem mit so vielen physischen, moralischen und pecuniären
-Mitteln ausgerüsteten Europa, welches eine Bevölkerung von 220 bis
-230 Millionen zählt, sein Brod zu erwerben, als in den V. S. und
-ganz Westindien, welche inclusive Neger, Mulatten u. s. w., kaum 35
-Millionen aufweisen können? Wer freilich Chatham und dergleichen Erwerb
-aufzusuchen sich geneigt fühlt, der mag immerhin Europa verlassen!
-
-Endlich war der von mir ersehnte Tag da; die Brittish Queen war
-angekommen und wollte nur einige Tage in New-York verweilen. Da ich so
-ziemlich alles Sehenswerthe in Augenschein genommen hatte, so konnte
-die Verkürzung der Frist mir nur angenehm sein. Etwas jedoch, was mir
-sehr am Herzen lag und was ich bisher versäumt hatte, war noch zu thun
-übrig, nämlich den berühmten Redacteur des Morning Herald zu besuchen.
-Dieser Mann, dessen Blatt im ganzen Lande mit großer Begierde gelesen
-wird, ist meines Erachtens eine der Hauptpersonen im Lande; sein Lob
-und Tadel wird geliebt und gefürchtet, wie das eines Lehrers von seinen
-Schülern. Ohne diesen Mann persönlich kennen gelernt zu haben, wollte
-ich nicht gern von New-York abreisen. Ich theilte mein Vorhaben dem
-obenerwähnten deutschen Doctor mit; dieser aber äußerte, es sei hierzu
-wahrscheinlich zu spät, da jener Mann selten Jemand vor sich lasse; er
-selbst habe in dieser Beziehung vergebliche Versuche gemacht.
-
-Als geübter Bekämpfer von Schwierigkeiten aller Art trat ich am Tage
-vor meiner Abreise meine Wanderschaft nach seinem Bureau an. Zwar
-wurde ich von seinen Untergebenen abgewiesen; da ich aber vernahm, daß
-er in seinem Arbeitszimmer, 1 Treppe hoch, sich befinde, so ging ich
-sofort hinauf. Er empfing mich sehr artig; zunächst gab ich ihm den
-Endzweck meines Besuches zu erkennen, daß ich von seinem vielgelesenen
-Blatte ein Exemplar in Berlin, wohin ich am folgenden Tage abreise,
-jede Woche zu erhalten wünsche. Er freute sich, daß ihn ein Preuße mit
-seinem Besuch beehre und sprach Vieles zum Lobe unserer Landsleute.
-Hierauf richtete er mehrere Fragen an mich in Beziehung auf die V. S.,
-wahrscheinlich in der Erwartung, Amerika gepriesen zu hören. Da ich
-indeß in meinem Urtheile stets meiner Ueberzeugung folge, so sah er
-sich zuletzt zu der ausdrücklichen Frage getrieben, ob die Amerikaner
-nicht erstaunende Fortschritte gemacht hätten, worauf ich entgegnete,
-daß sie bei dem guten Willen, den wir Europäer für sie gezeigt, indem
-wir ihnen die Quintessenz unserer lebenslustigen Genies zukommen
-ließen, viel weiter sein müßten, als sie sind. Er lachte und meinte,
-man müsse nicht außer Acht lassen, daß das Land noch sehr jung sei;
-hierauf bemerkte ich, daß man mit der Jugend begangene Thorheiten nicht
-immer beschönigen könne u. s. w. Er entließ mich beim Abschiede höchst
-artig und ich verließ ihn ganz befriedigt, da ich nicht weniger, als
-ich erwartete, in ihm gefunden hatte.
-
-Mit Sehnsucht erwartete ich den Tag meiner Abreise, der mit dem 1.
-August erschien. Am Bollwerk wimmelte es von Neugierigen, so daß
-ich nur mit Mühe zum Schiff gelangen konnte; Jeder wünschte, das
-majestätische Schiff sich in der Nähe ansehen zu können, allein, daß
-den Majestäten schwer zu nahen ist, bewährte sich auch hier, denn
-die vom Capitain aufgestellten Mulatten-Wachen ließen das abweisende
-Wort vernehmen: die freien Entreen sind ohne Ausnahme nicht gültig.
-Es war für die Stadt ein Festtag, denn neben den 2 Dampfschiffen,
-die heute abfahren sollten, nämlich außer der Brittish Queen und der
-Great Western, segelten noch 4 andere Schiffe an diesem Tage ab, und
-entführten der Stadt 6 bis 700 Seelen. Alle Schiffe, die Ufer und
-die auf diesem befindlichen Häuser waren mit Menschen übersäet und
-zu unserer Begleitung waren sechs Dampfschiffe mit allen nöthigen
-Erfrischungen für 8-10,000 Personen ausgerüstet und mit Musik-Chören
-versehen; man sah Flaggen in den vielfältigsten Farben wehen. Unter
-den 6 Schiffen zeichnete sich das für Seereisen bestimmte Dampfschiff
-Neptun in jeder Hinsicht aus. Seiner Pflicht eingedenk, benahm sich
-der mächtige Gott nicht anders, denn als Begleiter; um den schuldigen
-Respect nicht außer Acht zu lassen, folgte er der kraftvollen Königin
-auf der Ferse und seine Hofkapelle mußte immerfort das „God save the
-Queen“ executiren, worauf ein allgemeines Hurrah erschallte. Unser
-Capitain zeigte sich jetzt, wie zu erwarten stand, dem Wassergotte
-dankbar; er supplicirte nämlich bei der brittischen Majestät, daß sie
-sich ihrer Macht und Schnelligkeit nicht überheben wolle. Wir bewegten
-uns demnach sehr langsam vorwärts und hatten recht lange das Vergnügen,
-den herrlichen Inhalt jener 6 Schiffe mit der Elite der New-Yorker
-Frauen in unserer Nähe zu sehen. Es war ein herrlicher Anblick, die
-liebenswürdigen Amerikanerinnen zu sehen, wie sie mit ihren weißen
-Battist-Tüchern wehten und den Abschied zuwinkten; ich glaube, der
-festeste Hagestolz hätte nicht ungerührt dabei bleiben können. Auch
-in meiner Brust stiegen Wünsche auf und -- was wäre der Mensch ohne
-Wünsche!
-
-Das Wetter war ausgezeichnet schön und die Zeit, welche zur Fahrt bis
-zum Hafen erfordert wird, verstrich sehr bald. Jetzt erfolgte der
-Abschiedsgruß und nachdem dieser mit großer Innigkeit ausgedrückt war,
-wurde mit Trompetenschall zum Mittagessen eingeladen. Da jede Freude
-um so stärker empfunden wird, wenn ihr ein Schmerz vorangeht, so mußte
-jetzt der Anblick eines im prächtigen Salon in silbernen Gefäßen auf
-den Tischen prangenden Mittagessens bei den Meisten wenigstens sehr
-freudige Empfindungen erregen. Es war Alles so reich servirt, daß der
-Werth der silbernen Geräthe vielleicht zur Erhaltung der Banken in
-Philadelphia hätte zureichen dürfen.
-
-Vor Allem erhielt jeder der Passagiere die polizeilichen
-Schiffsverordnungen auf einer Carte; hiernach durfte vom Anfang bis zu
-Ende der Reise der Platz bei Tische nicht gewechselt werden, es war
-bestimmt, auf wie viele Bettüberzüge und Handtücher man Anspruch machen
-dürfe. Unstreitig gehörte die Bestimmung, daß nach 11 Uhr kein Licht in
-irgend einem der Zimmer geduldet werden solle, zu den allerbesten, und
-es wurde auch sehr strenge darauf gehalten.
-
-Die Gesellschaft in beiden Cajüten bestand aus etwa 110 bis 130
-Personen; daß daher die Rückreise bei dieser bessern und zahlreichern
-Gesellschaft mir mehr Unterhaltung gewähren werde, als die Hinreise auf
-dem Quebeck, war zu erwarten. Bald zeigte sich dies aber auch deutlich,
-indem man sich allgemein mir näherte und ich bei meinem Namen angeredet
-wurde. Die Ursache hiervon aufzufinden gelang mir mit allem Nachdenken
-nicht, bis ich endlich, als wir uns zum Mittagessen niedersetzten,
-Aufschluß darüber erhielt. Mein Platz am Tische wurde mir nämlich in
-der Nähe des Capitain Roberts angewiesen; Capitaine aber präsidiren in
-der Regel auf allen Schiffen beim Mittagessen. Dieser Capitain, welcher
-früher im Dienste der Königlichen Marine gestanden hatte, und also ein
-höchst gebildeter und charmanter Mann war, reichte mir ein Extra-Blatt
-des Morning Herald, welches eine Stunde vor unserer Abfahrt erschienen
-war, mit der Aufforderung, die durch seinen Finger bezeichnete Stelle
-zu lesen. Wie erstaunte ich, als ich den Endzweck meiner Reise durch
-den Redakteur dieses Blattes, zwar sehr schmeichelhaft für mich,
-allein auf ganz entgegengesetzte Weise berichtet fand! Er ließ mich
-nämlich in der Eigenschaft eines Schriftstellers und zwar auf Kosten
-der Preußischen Regierung reisen. Ich bedauerte die Unwahrheit des
-ganzen Aufsatzes, hätte aber wohl gewünscht, daß ein Theil davon,
-daß ich nämlich auf Kosten der Regierung reise, wahr gewesen wäre.
-Der Aufsatz schloß mit der Versicherung, daß mein, wie er hoffe,
-bald herauskommendes Buch über die V. S. seiner Meinung nach zu den
-besten bis jetzt erschienenen werde gezählt werden können. Sollte
-der Redakteur zu dieser Meinung durch meine Urtheile über die V. S.
-veranlaßt worden sein? In diesem Falle könnte ich mich seiner
-Zustimmung zu meiner Ansicht versichert halten und die Zustimmung eines
-solchen Mannes wäre mir in jeder Hinsicht angenehm.
-
-So unangenehm mir indeß jener Irrthum war, den ich nicht ermangelte,
-dem Capitain zu bezeichnen, so war mir derselbe doch nach genauer
-Erwägung nicht unwillkommen. Der Redakteur jenes Blattes hatte die
-ganze Masse von 600 Personen, die an jenem Tage New-York verließen,
-analisirt und nur sieben männliche Personen, unter welchen auch
-ich mich befand, von der Vagabonden-Liste ausgeschlossen: außer
-diesen sieben und 200 Matrosen, waren sämmtliche übrigen Passagiere
-Spitzbuben, Taschendiebe, Spieler von Profession, Stock-Jobbers,
-Menschen ohne Beschäftigung, Herumtreiber (Loafers). Darunter sind
-jedoch nicht zu vergessen: 24 alte Jungfern, 36 tugendhafte Frauen und
-5 Prediger, welche unnamhafter Weise unter jenen aufgeführt waren.
-
-Die ganze Reise war Jedem höchst angenehm, weil einer von den
-Direktoren der Dampfschifffahrts-Gesellschaft (Namens Lare) sich auf
-dem Schiffe befand und in Verbindung mit dem Captain Roberts Alles
-aufbot zum Vergnügen der Gesellschaft, und Alles abzustellen suchte,
-was nur den Schein von Kleinheit hatte. Hiervon will ich nur einen
-geringen Beweis anführen. Das Signal zum Aufstehen, welches des Morgens
-um acht Uhr auf einer Trompete gegeben wurde, stimmte ganz mit dem
-überein, welches in deutschen Dörfern die Hirten beim Heraustreiben des
-lieben Viehes vernehmen lassen. Als ich dies eines Morgens scherzhaft
-berührt hatte, wurde dem Schiffs-Componisten (wie denn überhaupt
-für jedes Geschäft besondere Officianten sich am Bord des Schiffes
-befinden, z.B. zum Entpfropfen der Flaschen, zum Abfeuern der Kanonen
-u. s. w.) der Befehl gegeben, ein für menschliche Ohren angenehmes
-Thema zu wählen, worauf denn dieser, mit dem letzten Componisten der
-großen Oper Amalie wetteifernd, ein Thema componirte, wie es die
-Preußischen Extra-Post-Postillons blasen, -- es war klassisch!
-
-Da sich der Capitain das Interesse der Passagiere so sehr angelegen
-sein ließ, so machte ich der Gesellschaft den Vorschlag, unsere
-Erkenntlichkeit durch ein Geschenk an den Tag zu legen. Mein
-Vorschlag fand Anklang und bald waren 50 L. St. zur Anschaffung eines
-Silbergeschirres, worauf die Namen der Steuerer zu engraviren wären,
-zusammen. Die sich hiervon ausschlossen, sollten, wie man mir sagte,
-Banquiers aus Philadelphia sein; waren sie vielleicht schon mit ihrer
-Baarzahlung, die hier in Gold entrichtet werden mußte, auf der Hut, so
-hat ihnen ihre Vorsicht nichts geholfen, denn die Banken Philadelphias
-sind gefallen.
-
-Die Zeit auf der Reise verstrich mir unglaublich rasch; selten habe ich
-in meinem bereisten Leben 14 Tage mit solcher Ruhe und Zufriedenheit
-erlebt. Befand man sich im Saale, welcher ganz in der Form des
-Audienz-Saales der Königin Elisabeth erbaut und ganz im Geschmack
-dieser Zeit und mit derselben Pracht decorirt war, beim Mittagessen, so
-hätte man glauben können, sich bei einer Königin zu Tische zu befinden,
-da Speisen sowohl als Getränke königlich waren. Zum Trinken feiner
-Weine findet Jeder bekanntlich leicht einen Beweggrund; ich fand einen
-solchen sehr häufig in der Aufforderung vieler Reisegefährten, welche,
-nachdem sie von dem Preußischen Schriftsteller im Herald gelesen, gern
-ein Gläschen Champagner mit mir leeren wollten, was ich denn auch
-annahm. Dieser Aufsatz im Herald bewirkte demnach meine Versöhnung mit
-einem Weine, den ich viele Jahre hindurch gehaßt hatte, wovon ich aber
-hier, seiner Vortrefflichkeit wegen, manche Flasche leerte.
-
-Am Abend vertrieb man sich die Zeit durch Spielen Vingt-un, Ecarté,
-Whist und Schach; die Vormittage wurden mit Wetten über die Meilenzahl,
-welche das Schiff in den letzten 24 Stunden zurückgelegt haben würde,
-hingebracht; nachdem die Observationen vollendet waren, wurde jene
-Meilenzahl durch ein Bulletin bekannt gemacht. Auch befanden sich
-Lotterie-Unternehmer am Bord, welche die Anzahl der während der letzten
-12 Stunden gemachten Meilen, mit der vermuthlichen Steigerung, auf
-Zetteln niederschrieben, zusammenrollten und aus einem Hut ziehen
-ließen. Der Preis eines solchen Looses war 2-4 Schillinge; wer nun die
-richtige Stunde gegriffen hatte, erhielt die ganze Summe. An den sehr
-bedeutenden Wetten nahmen nur die Engländer Theil, sie wurden meistens
-von 30 bis zu 50 L. St. abgeschlossen. Hierbei zeichnete sich vor Allen
-ein, wie es schien, unschuldiger Jüngling aus, angeblich Sohn eines
-englischen Lords. -- Keine Summe schien ihm zu hoch zu sein; er wettete
-auf die unsinnigste Weise 50 L. St. gegen 20 L. St., was die Yankees
-zur Verbesserung ihrer Finanzen sehr zu benutzen sich angelegen sein
-ließen. Allein als wir in Portsmouth ankamen und die Comptanten zum
-Vorschein kommen sollten, siehe da! da waren keine zu finden. Es kam
-zu merkwürdigen Auftritten, die Gewinner drängten ohne alle Rücksicht
-auf den jungen Mann ein. Ein pensionirter englischer Oberst erhob
-sich zuletzt als Retter für ihn und bot seine Gehalts-Quittungen an
-Zahlungsstatt für den unerfahrenen jungen Mann. Man griff zu, aber
-da die Sicherheitspapiere nur für einen kleinen Theil des Verlorenen
-ausreichten, so begnügten sich Viele mit dem Ehrenworte des Jünglings,
-seine Schulden in London bezahlen zu wollen. Unter seinen Gläubigern
-befand sich auch ein Franzose und dieser befand sich einmal, da
-jener wieder eine Wette abschloß, in meiner Nähe. Er zeigte seine
-Verwunderung über das unsinnige Wetten der Passagiere aus der ersten
-Cajüte und sagte: „dieser Herr wettet bedeutende Summen mit den Herren
-aus Ihrer Cajüte, während daß er uns allen, die mit ihm in der zweiten
-Cajüte sich aufhalten, kleine Summen, die er im Whist u. s. w. verloren
-hat, nicht bezahlt.“
-
-Als ich am folgenden Morgen beim Abschließen einer Wette von Bedeutung
-zwischen dem Lords-Sohn und einem Liverpooler Kaufmann hinzutrat,
-warnte ich den letztern vor einer gefahrvollen Wette, wobei Nichts
-zu gewinnen stehe; der Kaufmann hielt die Erzählung von Seiten des
-Franzosen für eine Verleumdung und erbot sich, sogleich die schuldige
-Summe dem Franzosen auszuzahlen, wenn er ihm eine schriftliche
-Anweisung auf seinen Schuldner einhändige. Der Franzose nahm nur die
-Hälfte des Belaufs und war sehr froh, so viel erwischt zu haben. Die
-Anweisung wurde auch später acceptirt, aber gleich den übrigen nicht
-ausbezahlt. Der Liverpooler Kaufmann, der in Portsmouth blieb, bat
-mich, an seiner Stelle sie in London einzukassiren; da aber jener mit
-dem Gelde sich nicht bei mir gemeldet hat, so wünsche ich, daß der
-Liverpooler Kaufmann seine Anweisung von mir in Empfang nehmen mag.
-
-In Portsmouth verließen uns auch diejenigen, welche ihre Reise nach
-Frankreich fortsetzen wollten und Alle nahmen einen recht innigen
-Abschied von uns. Der Wahrheit gemäß muß ich bekennen, daß mir derselbe
-mit wärmeren Ausdrücken als vielen Andern zu Theil wurde, indem man
-mir die Ehre erwiesen hatte, mir den Titel: leading soul of the
-company (leitende Seele der Gesellschaft) beizulegen -- eine Folge des
-Champagner Geistes. Bei dieser Gelegenheit muß ich bemerken, daß ich
-mich zwar oft auf Paqueten in Gesellschaft vieler Passagiere befunden,
-aber nirgends diese Eintracht und Herzlichkeit wie hier bemerkt habe.
-Auch der Capitain äußerte sich auf dieselbe Weise gegen mich, dessen
-Urtheil um so ehrenvoller ist, da er das erste Dampfschiff Syrius
-nach Amerika geführt hat, weshalb man ihn auch in den sämmtlichen
-Amerikanischen Staaten zum Ehrenbürger ernannte und seinen Namen in den
-Annalen aufzeichnete.
-
-Von Gravesand aus mußten wir uns, wegen Mangel an Wasser, in der Themse
-ein kleines Dampfschiff miethen, indem wir sonst wohl 24 Stunden
-später in London angekommen wären. Der erste Steuerbeamte unseres
-Dampfschiffes expedirte einen Untergebenen mit unsern Effecten nach
-London ab; es wurde ihm ein Verzeichniß über Alles mitgegeben, welches
-er in London zur Bescheinigung vorlegen und zurückbringen sollte.
-Dieses schwerfällige Verfahren war für die Passagiere sehr unbequem.
-Man denke sich, welche Zeit dazu erforderlich war, das Gepäck von einer
-so großen Anzahl Reisender, wovon Niemand weniger als drei, Manche vier
-bis fünf Stücke hatte, vom Ufer nach dem Revisions-Saale hinzuschaffen
-und dies um so mehr, da nur vier Träger hierzu kommandirt waren, und
-der Ueberbringer darf nicht eher zur Ueberlieferung schreiten, bevor
-nicht jedes der mitgebrachten Stücke im Saale da liegt: mehrere Stunden
-vergingen, ehe das Geschäft beendet war. Sämmtliche Herren warteten
-im Nebenzimmer des Saales, aus welchem eine Thüre nach jenem führt
-und eben so an der andern Seite die Damen. Nach dem Verzeichniß der
-Angelangten, welches der Beamte von Gravesand mitgebracht hat, werden
-jene nun, der Reihe nach, aufgerufen und in den Saal hineingelassen.
-In den Gehirnen der sämmtlichen Revisoren befinden sich vermuthlich
-brennende Cigarren, und da Cigarren als Monopol der Regierung zu
-betrachten sind, indem für jedes Pfund neun Sch. (etwa drei Thlr.)
-Steuer gezahlt wird, so sehen die Revisoren in den Koffern, Säcken
-u. s. w. nichts als Cigarren.
-
-Da ich nur einige Tage in London zu verweilen mir vorgenommen hatte,
-so nahm ich nur so viel Cigarren mit, als ich auf meiner Reise bis
-nach Hamburg nöthig zu haben glaubte. Sie wurden gewogen und das
-Gewicht auf 14 Unzen angegeben. Beim Fortgehen wurde ich vom Beamten
-an Bezahlung der Steuergefälle für diese Cigarren erinnert, welche auf
-10 Sch. (3½ Thlr.) bestimmt wurden. Vertraut mit der Landessprache
-und den Gesetzen, erlaubte ich mir, gleich einem Eingebornen, den
-Steuerbeamten auf seine gesetzwidrige Forderung aufmerksam zu machen
-und die ihm gemäß der Constitution gebührenden Verweise zu geben.
-Hierauf erwiederte derselbe mit großer Gelassenheit: „Wenn Sie sich als
-Reisender zur Einführung einer Quantität Taback unter einem Pfund an
-Gewicht berechtigt glauben, so bezahlen Sie nichts dafür.“ Dies geschah
-denn natürlich.
-
-Sollte die englische Regierung nicht vielleicht noch einmal auf den
-Einfall kommen, zum Wohl und zur Erleichterung der Reisenden eine
-Revision wie die in Belgien einzuführen? Der Verfasser langte einst zu
-Antwerpen in Gesellschaft von 140-150 Passagieren an und überzeugte
-sich, daß sämmtliches Gepäck und Pässe in Zeit von einer ½ oder
-höchstens ¾ Stunde durch zwei Beamte, welche sich sogleich nach Ankunft
-des Dampfschiffes auf demselben eingefunden hatten, revidirt wurden.
-
-Mein Aufenthalt in London war, wie immer, nur von kurzer Dauer, da ich
-diesem bewundernswürdigen Orte nie Geschmack abzugewinnen vermochte. Es
-geht mir beinahe mit London, wie dem Philosophen Mendelssohn mit dem
-Schachspiel; er urtheilte, daß es als Spiel zu viel, als ernsthafte
-Sache zu wenig sei. Eben so ist mir London als Stadt zu groß, als
-Königreich aber zu gering; die unendliche Anzahl der Wagen und Karren
-in der City vom Mittag an bis um fünf Uhr Nachmittags muß Einem lästig
-werden.
-
-Die Caledonia nach Hamburg! hieß es, ein überaus rasches, der general
-steam-navigation-Company zugehöriges Schiff, in welchem sich mit jener
-Eigenschaft Pracht und Herrlichkeit vereinigt haben. -- Allein was
-fand ich, als ich mich Morgens früh in die untern Räume begab, in
-welchen die Ausstreckplätze für Reisende sich befinden? Eine finstere
-Höhle, in welcher sich bereits sämmtliche Mitreisende am vorigen
-Abend eingefunden und auf das Lager ausgestreckt hatten, eine Höhle,
-angefüllt mit pestilenzialischen Gerüchen von altem Maschinen-Fett,
-von abgestandenem Seewasser u. s. w. Mir wurde beinahe übel davon und
-ich mußte dem Decke zueilen, um zur Besinnung zu gelangen. Zwei Nächte
-sollte ich hier zubringen? Nachdem ich eben die Brittish Queen und
-eins von den ersten Hotels verlassen hatte, mußte ich mich mit einem
-Orte begnügen, ähnlich dem, worauf die Arbeitsleute Londons für einen
-Pence schlafen. Indeß die Vernunft gebietet, Alles zu nehmen, wie es
-ist und davon zu abstrahiren, was es sein könnte; dieser Vernunftlehre
-folgte ich und fühlte mich daher nicht so unglücklich, wie mehrere
-meiner Reisegefährten, von welchen ich nur einige sehr hohe russische
-Staatsbeamten, einen General und einen Kaiserlichen Leibarzt, anführen
-will. Diese fühlten sich in der That sehr unglücklich und um nicht in
-jener mit grauenvollen Gerüchen überfüllten Höhle zu schlafen, legten
-sie sich unentkleidet auf die Sopha’s in der obern Cajüte.
-
-Am zweiten Tage zerbrach eine Maschine dieser prächtigen Caledonia,
-dennoch kamen wir weit rascher vorwärts als auf der Hinreise nach Hull
-mit den geschwinden zwei Maschinen der Rob Roy. Bald freute ich mich zu
-sehen, daß die hamburgischen Bootsleute noch gesund waren, uns rasch
-der Caledonia entführten, und bald überzeugte ich mich, daß sie den
-Werth der holsteinischen Zwei-Drittelstücke noch kannten, dies auch
-leider schwerlich bald verlernen werden.
-
-Da saß ich nun endlich wieder an der table d’hote bei dem freundlichen
-Wirth des Hotels St. Petersburg in der Mitte von Hamburgern.
-Wie ich schon früher wiederholt gethan; so nahm ich auch jetzt
-Gelegenheit, gegen das Verfahren der hamburger Regierung bei der
-Brief-Versendung nach England mich dahin auszusprechen: „daß es weit
-sicherer und zugleich auch vortheilhafter für Deutschland sein müsse,
-seine Correspondenz statt in einem für Reisende ganz ungeeigneten
-Dampfschiffe, lieber in einem von Hamburg aus besser ausgerüsteten,
-unter Aufsicht des Hamburger Postamts, befördert zu wissen. Dadurch
-würde der englischen Regierung das Amt eines General-Postmeisters
-für diesen Theil der deutschen Schifffahrt streitig gemacht und
-auch der Willkühr der general steam-navigation-Company in Erhebung
-des Passage-Geldes Schranken gesetzt.“ Obgleich die Zuhörer mir
-beipflichteten, so bin ich doch überzeugt, daß es beim Alten bleiben
-wird, weil in Hamburg in einem weit höhern Grade gemeiner Geist als
-Gemeingeist herrscht, was wohl dem Umstande zuzuschreiben ist, daß
-es auch daselbst zu viele Commissionaire giebt. Es wird Manchem
-unglaublich scheinen, wenn ich versichere, daß die größere Hälfte der
-Bevölkerung auf direktem oder indirektem Wege von Commissionsgeschäften
-nicht allein leben, sondern auch groß leben und zwar nicht selten 3-4
-Familien von einem und demselben Geschäft. Da giebt es Quartiers-Leute,
-Litzenbrüder, Mäkler u. s. w. in Legionen, welche Alle zur Erhaltung
-der Commissionaire auf das kräftigste wirken. Wer diese Wirksamkeit
-belohnen muß, ist sehr klar. Sollte indeß Hannover dem Zollverbande
-einstens beitreten, welches für diesen höchst wünschenswerth sein muß,
-weil er durch Embden einen Landungspunkt in der Nordsee erlangte, so
-dürften für Hamburg nach so viel fetten Jahren die magern nicht fern
-mehr sein.
-
-
-
-
- Verbesserungen.
-
-
- Seite Zeile
-
- 26 24 statt einem brennenden Cigarren, lies: brennender Cigarr
- 33 3 „ Handelsstand bier, -- Handelsstand hier
- 46 20 „ the hole in the wale, -- the hole in the Wall
- 52 2 „ Gäng und Gäbe, -- Gang und gebe
- 64 25 „ 40 Millionen, -- 140 Millionen
- 66 19 „ Umstände, -- Bestände
- 67 30 „ aus Spekulation, -- auf Spekulation
- 74 33 „ aufgetrieben, -- aufgerieben
- 75 19 „ 95 Piaster, -- 98 Piaster, wie S. 1.
-
-
-
-
- Gedruckt bei +A. W. Hayn+.
-
-
-
-
-Fußnoten:
-
-[A] Anmerkung. Es ist dem Verfasser nicht unbekannt, daß in den
-geographischen Handbüchern die Einwohnerzahl Cuba’s weit größer
-angegeben wird; allein bestimmt läßt sich dieselbe nicht angeben,
-da eine Zählung fast unmöglich ist; und nehmen wir auch an, daß sie
-früher über 900,000 Einw. betragen hätte, so sind doch an der Cholera
-150-200,000 Menschen, besonders Neger auf Cuba, gestorben, die noch
-nicht ersetzt sind, indem die erforderlichen Kapitalien dazu fehlen.
-
-[B] Anmerkung. Dies sind diejenigen Ballen, die, wie früher bemerkt,
-für Ginghams, mithin für Baumwollen-Waaren einpassirten, ungeachtet es
-wollene Waaren waren; -- eine Revision hat mithin nicht stattgefunden.
-
-[C] Anmerkung. Es ist in Havana üblich, vor der Promenade an der
-Seeküste eine Tasse schwarzen Caffee zu trinken, um sie bis 9 Uhr, der
-Zeit des Frühstücks fortsetzen zu können. Diese Stunden aber werden
-allgemein als die passendsten zur Promenade angesehen, weil hier in
-den Morgenstunden gewöhnlich ein kühler Nord- oder Nordostwind weht,
-und man auch gewöhnlich an der Küste die Signale der sich annähernden
-Schiffe vom Fort durch Flaggen angezeigt findet.
-
-[D] Anmerkung. Da es keine Bierbrauer in Havana giebt, so wird zum
-Aufgehen des Brodes Sauerteig genommen und mit Schweineschmalz
-vermischt.
-
-[E] Anmerkung. Um dies zu erklären, muß ich Folgendes bemerken:
-hausirende Conditor-Neger tragen diese Delicen etwa eine Stunde vor
-dem Mittagsessen in kleinen Portionen à 4-8 Sgr. auf einem langen
-Brette auf dem Kopfe umher und da sich über den Confituren keine Decke
-befindet, so sind dieselben mit Staub bedeckt und mit kleinen Insekten
-überfüllt.
-
-[F] Anmerkung. Panaly ist Zucker in Gestalt einer Honigscheibe
-aus rohem Zucker und Eiweiß, wodurch der Spanier seinen Sinnen
-geschmeichelt glaubt. Zwei Panaly, eine halbe Citrone und ein Glas
-Regenwasser wird mit 2 Gr. Cour. bezahlt und wird häufig und überall
-zur Abkühlung getrunken.
-
-[G] Anmerkung. Kohlen ist einer der ersten Artikel in Havana, da Alles
-bei Holzkohlen gekocht wird, Schornsteine findet man hier nur bei
-Bäckern.
-
-[H] Anmerkung des Verfassers. Jetzt vielleicht nur noch 20 Millionen.
-
-[I] Anmerkung. Zieht man den bedeutenden Belauf der geschmuggelten
-Waaren dabei noch in Erwägung, so zeigt sich der Ausfall in der
-Handelsbilanz noch größer.
-
-[J] Anmerkung. Dieses Prachtgebäude kostet nicht mehr, aber auch nicht
-weniger als 1,900,000 Piaster, nämlich 1,300,000 P. das Gebäude, und
-600,000 der Boden auf welchem es steht.
-
-[K] Anmerkung. Der Gründer der ersten Landbank in Amerika war der
-Oberst Schute im Jahre 1715; für die eingezahlte baare Summe von 50,000
-L. St. wurden Zettel ausgegeben. Durch eine scheinbare Unzulänglichkeit
-des neuen Zahlmittels wurde eine zweite Zettel-Ausgabe von 100,000 L.
-St. angeordnet. Man schrie bald über die Ueberschwemmung mit Papier,
-und die Zettel sanken unter die Hälfte des Nominalwerthes. Shirley
-(ein englischer Rechtsgelehrter) schenkte der Unordnung im Geldwesen
-seine Aufmerksamkeit, entfernte den größeren Theil des Papiergeldes
-allmählich aus der Circulation, und hob hierdurch den Cours desselben
-auf das Pari mit baarer Münze. Nach dem Aachener Frieden war indeß der
-Werth der Bankzettel dermaßen gesunken, daß man für 1200 L. St. Zettel
-nur 100 L. St. baares Geld erhielt. Im Jahre 1750 wurde alles in den
-nördlichen Brittisch-Amerikanischen Kolonieen befindliche Papiergeld
-für werthlos erklärt.
-
-[L] Anmerkung. Wir brauchen, ist die gewöhnliche Redensart, obgleich
-sie unrichtig ist, weil wir verbrauchen etc. gebraucht werden müßte.
-
-[M] Anmerkung. Nach der Geschichte Virginiens unter König Jacobs
-Regierung, der Plymouth-Compagnie und der Puritaner (im Jahre 1650)
-heißt jener Theil Amerika’s Neu England und die Bewohner desselben
-heißen ein Jahrhundert hindurch Britten, Holländer und Franzosen.
-
-
-
-
-
-End of the Project Gutenberg EBook of Schilderungen des Treibens im Leben
-und Handel in den Vereinigten Staat, by Julius Ries
-
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- The Project Gutenberg eBook of Schilderungen des Treibens im Leben und Handel in den Vereinigten Staaten und Havana, by Julius Ries.
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-<body>
-
-
-<pre>
-
-The Project Gutenberg EBook of Schilderungen des Treibens im Leben und
-Handel in den Vereinigten Staaten und H, by Julius Ries
-
-This eBook is for the use of anyone anywhere in the United States and most
-other parts of the world at no cost and with almost no restrictions
-whatsoever. You may copy it, give it away or re-use it under the terms of
-the Project Gutenberg License included with this eBook or online at
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-to check the laws of the country where you are located before using this ebook.
-
-
-
-Title: Schilderungen des Treibens im Leben und Handel in den Vereinigten Staaten und Havana.
- Gezeichnet auf Reisen in den Jahren 1838 und 1839
-
-Author: Julius Ries
-
-Release Date: March 19, 2017 [EBook #54391]
-
-Language: German
-
-Character set encoding: UTF-8
-
-*** START OF THIS PROJECT GUTENBERG EBOOK SCHILDERUNGEN DES TREIBENS ***
-
-
-
-
-Produced by the Online Distributed Proofreading Team at
-http://www.pgdp.net (This book was produced from scanned
-images of public domain material from the Google Books
-project.)
-
-
-
-
-
-
-</pre>
-
-
-<div class="transnote">
-
-<p class="s3 center"><b>Anmerkungen zur Transkription</b></p>
-
-<p class="p0"> Der vorliegende Text wurde anhand der 1840 erschienenen
-Buchausgabe so weit wie möglich originalgetreu wiedergegeben.
-Zeichensetzung und offensichtliche typographische Fehler wurden
-stillschweigend korrigiert. Ungewöhnliche Ausdrücke, Groß- und
-Kleinschreibung, usw. wurden nicht verändert, wenn die Verständlichkeit
-der Passage dadurch nicht beeinträchtigt wird. Dies gilt insbesondere
-auch für ins Deutsche übertragene fremdsprachliche Ausdrücke, die
-teilweise lediglich phonetische Übertragungen darstellen. Die
-‚<a href="#Verbesserungen">Verbesserungen</a>‘ am Ende des Buches wurden
-vom Bearbeiter bereits in den Text eingearbeitet.</p>
-
-<p class="p0">Die Ergebnisse der Additionen in den Tabellen sind
-möglicherweise nicht in allen Fällen korrekt; da die Angaben aber nicht
-nachvollzogen werden können, wurden alle Zahlen aus dem Original ohne
-Korrektur übernommen.</p>
-
-<p class="p0">Die Verwendung von Frakturschrift in den Überschriften
-erscheint rein willkürlich und dient augenscheinlich ausschließlich
-dekorativen Zwecken. Zur Darstellung von <span class="antiqua">Frakturschrift</span>
-wurde die Schriftart ‚Old English Text MT‘ verwendet. Sollte diese auf
-dem verwendeten Lesegerät nicht zur Verfügung stehen, wird ersatzweise
-eine serifenlose Standardschrift angezeigt. <span class="htmlnoshow">Abhängig
-von der im jeweiligen Lesegerät installierten Schriftart können die
-im Original <span class="gesperrt">gesperrt</span> gedruckten Passagen
-gesperrt, in serifenloser Schrift, oder aber sowohl serifenlos als auch
-gesperrt erscheinen.</span></p>
-
-</div>
-
-<div class="titelei">
-
-<h1><span class="s6">SCHILDERUNGEN</span><br />
-
-<span class="s6"><span class="smaller">DES</span></span><br />
-
-TREIBENS IM LEBEN UND HANDEL<br />
-
-<span class="s7"><span class="smaller">IN DEN</span></span><br />
-
-<span class="s6">VEREINIGTEN STAATEN UND HAVANA.</span></h1>
-
-<div class="figcenter">
- <a id="deko_titel" name="deko_titel">
- <img class="w9em mtop2 mbot3" src="images/deko_titel.jpg"
- alt="Dekoration" /></a>
-</div>
-
-<p class="s4 center">GEZEICHNET</p>
-
-<p class="s3 center">AUF REISEN IN DEN JAHREN 1838
-<span class="smaller">UND</span> 1839</p>
-
-<p class="s6 center">VON</p>
-
-<p class="s2 center"><b>JULIUS RIES.</b></p>
-
-<hr class="double" />
-
-<p class="s3 center">BERLIN, 1840.</p>
-
-<p class="center">Auf Kosten und im Selbstverlage des Verfassers.</p>
-
-<hr class="r10" />
-
-<p class="s5 center mbot3">Burg-Straße No. 17.</p>
-
-<p class="center">Aufgeschnittene und beschmutzte Exemplare werden nicht
-zurückgenommen.</p>
-
-</div>
-
-<hr class="full" />
-
-<div class="chapter">
-
-<p><span class="pagenum"><a name="Seite_iii" id="Seite_iii">[S. iii]</a></span></p>
-
-<h2 id="Vorrede"><span class="antiqua">Vorrede.</span></h2>
-
-</div>
-
-<p class="p0"><span class="initial">V</span>orreden werden gewöhnlich geschrieben, um böse Nachreden von Seiten
-der Leser zu verhüten. Indeß wird dieser Zweck hierdurch selten,
-oder auch nie erreicht; und wozu auch? Werden ja doch des allgütigen
-Schöpfers Werke auf das allerheftigste getadelt, wie soll also ein
-menschliches Werk dem Tadel entgehen. Der Verfasser unterfängt sich
-nicht, dem Publikum etwas Untadelhaftes bieten zu wollen, deshalb
-wollte er auch alles Vorreden unterlassen, da er ohnedies im Buche
-selbst hinreichend auf Zweck und Endziel desselben aufmerksam gemacht
-hat. Nicht also um Kritiker sanfter zu stimmen, sondern zur vorläufigen
-Orientirung der Leser, und um sich gegen Mißdeutungen zu schützen,
-erlaubt er sich einige Bemerkungen.</p>
-
-<p><span class="pagenum"><a name="Seite_iv" id="Seite_iv">[S. iv]</a></span></p>
-
-<p>Die erste ist die, daß er hier nichts mittheilt, als was er selbst
-erfahren, oder was er durch einiges Nachdenken gefunden hat; das
-Büchermachen aus andern Büchern, wie es auch bei Reisebeschreibungen
-gebräuchlich ist, will er Andern überlassen. Als Kaufmann hat er
-vorzugsweise für praktische Kaufleute geschrieben, hofft jedoch,
-daß Manches in seinem Buche auch von Andern nicht uninteressant
-dürfte gefunden werden. Systematische Ordnung hielt er in solchen
-Mittheilungen für überflüssig, er hat die Beobachtungen und
-Betrachtungen, wie sie sich ihm theils auf der Reise, theils von selbst
-darboten, dem Leser vorgelegt; wenn er daher im Verlauf der Erzählung
-auf einen Gegenstand zurückkommt, so geschieht es nur dann, wenn die
-frühere Bekanntschaft mit dem Gegenstande durch die spätere bedeutend
-vermehrt und wirklich ergänzt wird.</p>
-
-<p>Die zweite Bemerkung betrifft die Betrügerei der Commissionaire, mit
-deren Enthüllung ein ziemlicher Theil dieses Buches sich beschäftigt.
-Möchte es dem Verfasser gelungen sein, einen tüchtigen Stich in dieses
-Wespennest zu thun, denn eine böse Gattung von Wespen sind die von
-demselben bezeichneten, die schon manchen Bienenstock um ihren Honig
-gebracht haben. Daß der Verfasser nicht <em class="gesperrt">alle</em> Commissio<span class="pagenum"><a name="Seite_v" id="Seite_v">[S. v]</a></span>naire
-zu jenem Wespengeschlecht zählt, wird wohl jedem Vernünftigen von
-selbst einleuchten. Auch die Johann und Cosmus von Medici, so wie die
-Fuggers in Augsburg, waren einst Commissionaire, aber zugleich was
-für treffliche, hochgesinnte Männer! Auch die Rothschild’s sind durch
-den höchsten Grad der Rechtlichkeit zu der hohen Stellung gelangt,
-die sie jetzt einnehmen. Daß der Verfasser ähnliche Commissionaire,
-wenn sie auch nicht so angesehen und reich sind, nicht in seinen Tadel
-einschließt, versteht sich von selbst. Daß er aber die Mysterien jenes
-Wespengeschlechts schonungslos zur Publicität bringt, so jedoch, daß er
-alles Gesagte mit schriftlichen Documenten belegen kann, dafür wird der
-Verfasser wohl keinerlei Entschuldigung bedürfen, er glaubt vielmehr,
-auf den Dank einsichtiger Geschäftsleute rechnen zu dürfen, und dies um
-so mehr, da er hauptsächlich, um diesen zu nützen, seine Erfahrungen
-mittheilte.</p>
-
-<p>Selten erscheinen praktische Kaufleute in der Reihe der Autoren, denn
-haben sie gute Geschäfte gemacht, so haben sie Gründe, dies nicht der
-Welt bekannt zu machen, im umgekehrten Falle schämen oder scheuen sie
-sich wohl gar. Der Verfasser hat sich von jenen zwei Ursachen der
-Verheimlichung nie beherr<span class="pagenum"><a name="Seite_vi" id="Seite_vi">[S. vi]</a></span>schen lassen, und da er als Kaufmann nicht
-länger zu praktiziren gesonnen ist, weil kaufmännische Geschäfte jetzt
-nichts Erfreuendes darbieten, so wünscht er, daß die zum Nutzen für
-angehende Kaufleute gestreute Saat gesegnet aufgehen möge.</p>
-
-<p class="right mright3"><i>Julius Ries.</i></p>
-
-<div class="chapter">
-
-<p><span class="pagenum"><a name="Seite_vii" id="Seite_vii">[S. vii]</a></span></p>
-
-<h2 id="Inhalts-Verzeichniss"><span class="antiqua">Inhalts-Verzeichniß.</span></h2>
-
-</div>
-
-<table class="toc" summary="Inhaltsverzeichnis">
- <tr>
- <td class="tdl vat">
- Einleitung.
- </td>
- <td class="tdr vab">
- <a href="#Einleitung">Seite 1</a>
- </td>
- </tr>
- <tr>
- <td class="synopsis" colspan="2">
- Ursache und Zweck der Reise. &mdash; Die Hamburger Pavillons.
- &mdash; Das Huller Dampfschiff und der Redacteur der Huller
- Times. &mdash; Die Seekrankheit als Schönheitsmittel. &mdash;
- Eine Flüchtige aus London und der Konstabler. &mdash; Die
- Reisegesellschaft. &mdash; Der Schauspiel-Director W. &mdash; Ein
- derber Italiener als Nebenbuhler von Lablache. &mdash; Die Reise
- auf Paquet- und Dampfschiffen. &mdash; Sturz des Verf. von der
- Cajütentreppe. &mdash; Ueble Lage desselben als Kranker in einem
- Schiff. &mdash; Ankunft in New-York. &mdash; Quarantaine-Revision.
- </td>
- </tr>
- <tr>
- <td class="tdl vat">
- New-York.
- </td>
- <td class="tdr vab">
- <a href="#New_York">S. 15</a>
- </td>
- </tr>
- <tr>
- <td class="synopsis" colspan="2">
- Beverley-House. &mdash; Fortdauernde Krankheit des Verfassers.
- &mdash; Englands Handel und Fabrikation im Verfall. &mdash; Wucher
- beim Pfandleihen. &mdash; Boarding- oder Kosthäuser. &mdash;
- Lebensweise in diesen. &mdash; Wein und Weinpreise in Amerika.
- &mdash; Gutsbesitzer und deren Hornvieh. &mdash; Beschreibung von
- Broad-Way. &mdash; Oeffentliche Anständigkeit und Sittlichkeit
- der Amerikaner. &mdash; Caffé de mille Colonnes. &mdash; Das
- Stadt-Hospital. &mdash; Chatham. &mdash; Waaren-Auktionen.
- &mdash; Nothwendigkeit einer baldigen Handelskrisis. &mdash;
- Musquitos. &mdash; Theater, und List, um volle Häuser zu gewinnen.
- &mdash; Militairische Ordre. &mdash; Einrichtung des Packhofs.
- &mdash; Glück des New-Yorker Brandunglücks für die Fabrikwelt.
- &mdash; Tabelle über die Fabrikation in den V. S. &mdash;
- Industrie-Ausstellung. &mdash; Prächtige Feuerspritzen. &mdash;
- Deutsche Kirchen und Prediger. &mdash; Behr, der mecklenburger
- Wollhändler.
- </td>
- </tr>
- <tr>
- <td class="abteilung" colspan="2">
- <span class="s4">Z<span class="g">w</span><span class="g">e</span><span class="g">i</span><span class="g">t</span><span class="g">e</span>
- <span class="g">A</span><span class="g">b</span><span class="g">t</span><span class="g">h</span><span class="g">e</span><span class="g">i</span><span class="g">l</span><span class="g">u</span><span class="g">n</span><span class="g">g</span>.</span><br />
- <span class="s5">H<span class="g">a</span><span class="g">v</span><span class="g">a</span><span class="g">n</span><span class="g">a</span>.</span>
- </td>
- </tr>
- <tr>
- <td class="tdl vat">
- Reise nach Havana, Oertlichkeit und Einrichtung daselbst.
- </td>
- <td class="tdr vab">
- <a href="#Reise_nach_Havana">S. 45</a>
-<span class="pagenum"><a name="Seite_viii" id="Seite_viii">[S. viii]</a></span>
- </td>
- </tr>
- <tr>
- <td class="synopsis" colspan="2">
- Abreise nach Havana auf dem Paquet Norma. &mdash; Paßverlegenheit.
- &mdash; Champagner. &mdash; Permitts, oder Erlaubnißscheine
- zum Anlanden. &mdash; Logis. &mdash; Der Verfasser miethet eine
- Kammer, welche wegen der vielen, in derselben sich aufhaltenden
- Thierarten mit Noah’s Arche zu vergleichen wäre. &mdash; Place des
- Armes. &mdash; Oeffentliche Promenade der Havaneserinnen. &mdash;
- Havana’s Straßen, Volanten, Gefahr auf den Straßen durch diese.
- &mdash; Ladendiener für Damen, und deren Art beim Einkaufen.
- &mdash; Häusliche Einrichtung und Sclaven-Einkauf hierzu. &mdash;
- Havanesische Kochkunst. &mdash; Mahlzeiten und Sclaven-Bedienung
- hierbei. &mdash; Vergnügungen der Sclaven am Weihnachts-Feste.
- </td>
- </tr>
- <tr>
- <td class="tdl vat">
- Ueber die Handels- und Geschäfts-Verhältnisse in Havana.
- </td>
- <td class="tdr vab">
- <a href="#Geschaefts_Verhaeltnisse_in_Havana">S. 59</a>
- </td>
- </tr>
- <tr>
- <td class="synopsis" colspan="2">
- Der deutsche Commissionair M. &mdash; Waarenunkunde der
- Commissionaire; ihre Lebensweise. &mdash; Die Mercadere. &mdash;
- Importation auf Cuba. &mdash; Europäische Facturen sind für
- die Commissionaire überflüssig. &mdash; Detailleurs, Hausirer
- und Lotterie in Havana. &mdash; Geldmangel, hoher Zinsfuß und
- Waaren-Ueberfluß. &mdash; Vorschlag, um dies Uebel für den
- europäischen Handel nach Westindien zu heben. &mdash; Ein Beispiel
- von der Verfahrungsweise der Commissionaire beim Abrechnen
- mit Europäern. &mdash; Merkwürdig wohlfeiler Waarenverkauf.
- &mdash; Der übermäßige Gewinn beim Sclavengeschäft. &mdash;
- Import des Mehls auf Cuba. &mdash; Procedur des Verfassers gegen
- die schlauen Commissionaire. &mdash; Advokaten, Prokuratoren,
- Stempelpapier, lange und theure Prozesse. &mdash; Der Verfasser muß
- Sclavenhändler werden. &mdash; Unverschämtheit der Commissionaire
- in Anrechnung der Kosten. &mdash; Der Commissionair M. will,
- daß der Verfasser einen um das doppelte erhöhten Zoll bezahle.
- &mdash; Des Verfassers Prozeß. &mdash; Edles Betragen der
- Spanier und des englischen Consuls hierbei. &mdash; Wuth und
- Schlauheit der Gegner. &mdash; Bemühungen des Verfassers, die
- Zoll-Defraudationen von Seiten seines Commissionairs zu ermitteln.
- &mdash; Humanität und Gefälligkeit des Gouverneurs hierbei.
- &mdash; Hinhaltendes Verfahren der Zollbeamten gegen dieses
- Unternehmen. &mdash; Der Betrug kömmt endlich bestimmt zu Tage.
- &mdash; Revenuen der Insel Cuba. &mdash; Ueber die Veruntreuung,
- und Straflosigkeit solches Betrugs. &mdash; Der Verfasser
- überreicht dem Gouverneur einen Aufsatz über Verbesserung der
- Douanen. &mdash; Specificirte Rechnungen und Nachweisungen über
- die von Moyer und Dakin erpreßten Summen. &mdash; Unkosten von
- Waarensendungen nach Vera-Cruz. &mdash; Forellen und französische
- grüne Erbsen in Havana aufgewärmt, à 1½ Piaster eine Portion.
- &mdash; Contrast der Franzosen und Deutschen in Havana. &mdash;
- Ueber Meta-Geschäfte nach- und von Westindien. &mdash; Ueber die
- niedrigen Preise der Colonial-Waaren in Europa. &mdash; Verkehr in
- Havana mit den V. S. &mdash; Wechselgeschäfte. &mdash; Einfuhr von
- Mehl, Rindfleisch, Fettwaaren etc. etc.
- </td>
- </tr>
- <tr>
- <td class="tdl vat">
-<span class="pagenum"><a name="Seite_ix" id="Seite_ix">[S.ix]</a></span>
- Ueber die Feste und Vergnügungen der Havaneser.
- </td>
- <td class="tdr vab">
- <a href="#Feste_und_Vergnuegungen">S. 107</a>
- </td>
- </tr>
- <tr>
- <td class="synopsis" colspan="2">
- Der Carneval. &mdash; Fortuna. &mdash; Austern und Backenbärte.
- &mdash; Rekrutirung der Weinflaschen in den Restaurationen. &mdash;
- Sonderbare Anwendung der Suppenlöffel in Havana. &mdash; Was
- verstehen die Havaneser unter gutes Essen? &mdash; Chirurgische?
- Operation einer Negerköchin. &mdash; Das Stiergefecht. &mdash;
- Die Stadt Redler, das Wachs-, Honig- und Melasse-Geschäft
- daselbst. &mdash; Prozessionen. &mdash; Der Havanesische Kaiser
- Napoleon. &mdash; Die italienische Oper, des Verfassers Wirthin
- im Zorn, wegen dessen Gleichgültigkeit dafür. &mdash; Redouten.
- &mdash; Bal-masque romantique und Redoute romantique. &mdash;
- Der Redouten-Saal, die Masquen-Ordnung und die Masquerade in der
- Orangen-Allee. &mdash; Der Sclaven-Carneval. &mdash; Ueber die
- Sittlichkeit der Spanier. &mdash; Der nach Havana verpflanzte
- Appellations-Gerichtshof und das Reichspettschaft hierzu. &mdash;
- Abendgesellschaften in Havana und die Priesterinnen der Venus.
- &mdash; Illumination nach der Form europäischer Straßenbeleuchtung.
- &mdash; Satirischer Aufzug. &mdash; Das Osterfest. &mdash; Sehr
- schöne spanische Sünderinnen. &mdash; Der Charfreitag und die
- Prozessionen an diesem Tage. &mdash; Deutsche und englische
- Commissionaire wetteifern im richtigen Abtragen der Zollgefälle.
- &mdash; Etwas über die Behandlung der Tabacksblätter. &mdash;
- Die Hökerläden in Havana. &mdash; Des Verfassers Abreise
- nach New-Orleans. &mdash; Dessen Betrachtungen über die
- Reisegesellschaft, und über die Entfernung vom mexikanischen Golf
- bis zum Obi in Asien.
- </td>
- </tr>
- <tr>
- <td class="abteilung" colspan="2">
- <span class="s4">D<span class="g">r</span><span class="g">i</span><span class="g">t</span><span class="g">t</span><span class="g">e</span>
- <span class="g">A</span><span class="g">b</span><span class="g">t</span><span class="g">h</span><span class="g">e</span><span class="g">i</span><span class="g">l</span><span class="g">u</span><span class="g">n</span><span class="g">g</span>.</span><br />
- <span class="s5">U</span><span class="g">e</span><span class="g">b</span><span class="g">e</span><span class="g">r</span>
- <span class="g">d</span><span class="g">i</span><span class="g">e</span>
- <span class="g">V</span><span class="g">e</span><span class="g">r</span><span class="g">e</span><span class="g">i</span><span class="g">n</span><span class="g">i</span><span class="g">g</span><span class="g">t</span><span class="g">e</span><span class="g">n</span>
- <span class="g">S</span><span class="g">t</span><span class="g">a</span><span class="g">a</span><span class="g">t</span><span class="g">e</span><span class="g">n</span>.
- </td>
- </tr>
- <tr>
- <td class="tdl vat">
- New-Orleans.
- </td>
- <td class="tdr vab">
- <a href="#New_Orleans">S. 138</a>
- </td>
- </tr>
- <tr>
- <td class="synopsis" colspan="2">
- Kauf eines Bull-dogs für einen Bologneser. &mdash; Hotels.
- &mdash; Gebäude in New-Orleans. &mdash; Börse. &mdash; Abreise
- nach Louisville. &mdash; Das Tabacks-Kauen. &mdash; Fahrt auf dem
- Mississippi, Schönheit dieses Flusses. &mdash; Die Feuersgefahr
- bei Dampfschifffahrten. &mdash; Die Live-presserver-Uebersicht
- der Quantität Holz, die auf den Fahrten verbraucht wird. &mdash;
- Die Urwälder in den V. S. &mdash; Vergleiche der Bewohner am
- Mississippi und Obi in Asien. &mdash; Tabelle über die Production
- der Baumwolle in den V. S. &mdash; Einrichtung auf amerikanischen
- Dampfschiffen, Lebensweise, Uebelstände beim Schlafengehen, beim
- Ankleiden des Morgens, beim Waschen u. s. w. &mdash; Fruchtbare
- Kraft des Mississippi-Wassers. &mdash; Ankunft in Louisville.
- &mdash; Lage der Städte. &mdash; Cincinnati, die deutschen
- Waarenhändler und das Speditions-Geschäft daselbst. &mdash;
- Die deutschen Auswanderer und deren Commissionaire. &mdash;
- Pittsburg. &mdash; Besuch der Glasfabrik. &mdash; Das Gefängniß,
- Schiffe, snag-boats, Baumwollspinnerei, Brücken, Tuchfabrikation,
- Canalböte, Treckschuten und Gefahr bei den Brücken. &mdash;
- Inzwischen-Reise über sehr hohe Gebirge auf Eisenbahnen. &mdash;
- Der Fluß Susquehannah. &mdash; Eisenbahnfahrt von Harrisburg bis
- Philadelphia. &mdash; Einrichtung dieser Dampfwagen. &mdash; Fleiß
- der Deutschen bei Philadelphia. &mdash; Ankunft in dieser Stadt.
- &mdash; Gebäude, Wasserwerk etc. &mdash; Reise nach New-York.
- &mdash; Rückblick auf die Neger.
- </td>
- </tr>
- <tr>
- <td class="abteilung" colspan="2">
-<span class="pagenum"><a name="Seite_x" id="Seite_x">[S. x]</a></span>
- <span class="s4">V<span class="g">i</span><span class="g">e</span><span class="g">r</span><span class="g">t</span><span class="g">e</span>
- <span class="g">A</span><span class="g">b</span><span class="g">t</span><span class="g">h</span><span class="g">e</span><span class="g">i</span><span class="g">l</span><span class="g">u</span><span class="g">n</span><span class="g">g</span>.</span><br />
- </td>
- </tr>
- <tr>
- <td class="tdl vat">
- Ueber das Treiben im englischen und amerikanischen Handel.
- </td>
- <td class="tdr vab">
- <a href="#Treiben_im_Handel">S. 174</a>
- </td>
- </tr>
- <tr>
- <td class="synopsis" colspan="2">
- Fest der Gründung der Unabhängigkeit. &mdash; Parade und Festzug.
- &mdash; Amerikanische Bankgebäude. &mdash; Englands Lage in der
- merkantilischen Welt. &mdash; Ursachen, warum England für reich
- gehalten wird. &mdash; Entstehung der Banken in England. &mdash;
- Englands Welthandel. &mdash; Ein Tagelöhner als Theilnehmer
- am Welthandel durch Hülfe der Banken. &mdash; Zustand des
- Waarengeschäfts in New-York. &mdash; Ueber Amerika’s Handelsbilanz.
- &mdash; Tabelle über Ein- und Ausfuhr und Revenuen. &mdash; Wozu
- werden diese verwendet? &mdash; Arbeit des Congresses in dieser
- Hinsicht. &mdash; Rußland und Preußens Verfahren als Vergleiche
- hierbei. &mdash; Rußlands Fabriken. &mdash; Der Zollverband, und
- Preußens Cassen-Anweisungen. &mdash; Czar Wassilrewitsch, Peter der
- Große, und der Kaiserin Catharine Verfahren beim Bankwesen. &mdash;
- Was sind amerikanische Banken?
- </td>
- </tr>
- <tr>
- <td class="tdl vat">
- Oertlichkeiten von New-York, Volkscharakter, Abreise und Ankunft
- in Hamburg.
- </td>
- <td class="tdr vab">
- <a href="#Oertlichkeiten_von_New_York">S. 203</a>
- </td>
- </tr>
- <tr>
- <td class="synopsis" colspan="2">
- Besuch des Criminal-Gerichtshofs. &mdash; Der Uhrenhändler. &mdash;
- Die Lage der deutschen Auswanderer &mdash; deren Commissionair
- Wolff. &mdash; Nothwendigkeit des Praktischen in Amerika.
- &mdash; Das Praktische im Müßiggange. &mdash; Spazierfahrt nach
- Staten-Island. &mdash; Der sanfte Polizeibeamte. &mdash; Die
- Loafer. &mdash; Der Prediger Försch. &mdash; Die Bierkneipe Shadow.
- &mdash; Der Castle-Garden. &mdash; Die Badeanstalt. &mdash;
- Theaterbesuch. &mdash; Ueber die Fortschritte der Seiltänzerkunst.
- &mdash; Vergnügen in New-York. &mdash; Anzahl und Macht der
- Journale. &mdash; Charakter der Amerikaner. &mdash; Ueber die
- Geldbegierde derselben. &mdash; Nothwendigkeit einer Unterscheidung
- der verschiedenen Nationen. &mdash; Licht und Schatten des Reisens
- in Amerika. &mdash; Besuch des Redakteurs. &mdash; The Morning
- Herald. &mdash; Sonderbarer Irrthum in Bezug auf des Verfassers
- Person. &mdash; Festliche Abreise auf der Brittish Queen. &mdash;
- Herrliche Einrichtung und Bewirthung. &mdash; Beschwerlichkeit
- der Zoll-Revision in London. &mdash; Reise nach Hamburg auf
- der Caledonia. &mdash; Ankunft daselbst. &mdash; Ueber die
- Dampfschifffahrt zwischen London und Hamburg. &mdash; Hannover zum
- Zollverbande.
- </td>
- </tr>
-</table>
-
-<div class="section">
-
-<p><span class="pagenum"><a name="Seite_1" id="Seite_1">[S. 1]</a></span></p>
-
-<h3 id="Einleitung"><b>Einleitung.</b></h3>
-
-</div>
-
-<p class="p0"><span class="initial">R</span>eisen ist, wie Viele sagen, eine angenehme Sache, weshalb sehr Viele
-darnach streben. Was man gern thut, dazu findet man denn auch bald
-Gründe. Demnach wird sich der Leser auch nicht wundern, wenn der
-Entschluß, eine Reise nach den Vereinigten Staaten und West-Indien
-zu unternehmen, mir eben keine große Mühe kostete. Ich hatte zwar
-keinen Spleen zu vertreiben, wie die Engländer, wenn sie auf Reisen
-gehen; auch waren es gerade nicht Geschäfts-Angelegenheiten, die meine
-Anwesenheit dort nothwendig machten; und noch weniger verdiene ich
-es, zu den unruhigen Köpfen gezählt zu werden, denen überall die Welt
-zu enge ist. Indeß das kaufmännische Geschäftsleben hat ohne Ausnahme
-etwas Einförmiges, und langweilet am Ende. Waarenhändler (wozu ich
-nun leider bestimmt war) entdecken jene Mängel weit geschwinder, als
-Banquiers, Fabrikanten etc. etc. Wie! dachte ich eines Abends, als ich
-mich in meiner wohleingerichteten Wohnung in mein sehr comfortables
-Bett niederlegte, sollst du hier sauer werden? Kannst du nicht auf
-Reisen das Leben besser genießen? Nicht auch dich besser belehren,
-und Andern nützlicher seyn, als wenn du hier den alten Schlendrian
-immer von Neuem durcharbeitest? Mußt du denn stehen bleiben auf der
-Stelle, wohin der Zufall dich geworfen hat? &mdash; &mdash; Diese und andere
-Gedanken, die mich oft aufgeregt hatten,<span class="pagenum"><a name="Seite_2" id="Seite_2">[S. 2]</a></span> gingen mir jetzt so sehr im
-Kopfe herum, daß ich noch vor dem Einschlafen den Entschluß faßte,
-baldmöglichst nach dem neuen Welttheil abzureisen.</p>
-
-<p>Mit demselben Gedanken erwachte ich den andern Morgen, und sogleich
-hätte ich in den Wagen springen mögen. Ich gratulirte mir selbst zu
-meinem glücklichen Entschluß, und um mir alle Bedenklichkeiten und
-Rückwege abzuschneiden, theilte ich sofort mehreren Bekannten meinen
-Entschluß als unumstößlich mit. Nachdem ich mich auf diese Weise selbst
-gebunden hatte, fühlte ich mich leichter, und heiterer, und eilte
-jetzt mit raschen Schritten zur Beendigung meiner Angelegenheiten in
-Berlin. Es währte gar nicht lange und ich saß in der Schnellpost, bot
-der Königsstraße, der Schloßfreiheit, Berlin und Charlottenburg ein
-fröhliches Lebewohl, und näherte mich meinem guten altbefreundeten
-Hamburg. Meine zahlreichen Freunde daselbst wunderten sich nicht wenig,
-als sie meinen festen Entschluß vernahmen, und meinten, sie würden mich
-wohl in einigen Monaten von London zurückkommen sehen. Ungefähr acht
-Tage blieb ich bei denselben, und fand die alten bekannten Müßiggänger
-(deren Anzahl hier nicht geringer als in Berlin ist) noch in ihrer
-alten Arbeit (die Zeit todtschlagen) begriffen, d. h. in Hamburg vom
-Frühstück bis zum Mittagsessen in den Pavillons, vom Mittagsessen bis
-zum Theater in den Pavillons, und nach dem Theater bis um Mitternacht
-in den Pavillons zubringen. Nachdem ich sie hinlänglich angestaunt, und
-mich über ihre Virtuosität im Müßiggang mehr als jemals zuvor gewundert
-hatte, befiel mich dennoch die Furcht, davon angesteckt zu werden, und
-beschloß daher, zur Vermeidung dieser Krankheit, mich dem ersten besten
-Dampfschiff zur Ueberfahrt nach England zu übergeben.</p>
-
-<p>Durch Güte der hamburger Bootsknechte, und unter Mitwirkung einer
-hinreichenden Anzahl holsteinischer<span class="pagenum"><a name="Seite_3" id="Seite_3">[S. 3]</a></span> Zweidrittelstücke (Gulden) befand
-ich mich bald in der Cajüte des Huller-Dampfschiffs <em class="gesperrt">Rob-Roy</em>,
-ein „höchst bequemes, elegantes, auch überaus rasches Schiff,“ wie die
-Huller Times meint. Allein mir kommt es so vor, als sei der Redacteur
-dieses Blattes sehr oft verhältnißmäßig rascher in seinen Urtheilen,
-wie jenes Dampfschiff auf seinen Fahrten, denn es bewegte sich so
-langsam fort, daß ich über alle Erwartung spät, und in England viel
-zu spät ankam, um meine Reise, wie ich berechnet hatte, in der Great
-Western nach New-York fortsetzen zu können. Sollten die Maschinen
-vielleicht irrthümlicher Weise den Herrn Redacteur der Times im Schiff
-vermuthet haben, und, um demselben Zeit zum Nachdenken zu geben, in
-mäßiger Bewegung geblieben sein? In diesem Falle wäre es für die
-Passagiere höchst wünschenswerth, daß der Herr Redacteur die Maschinen
-jenes Schiffs kaufen und sie in seinem Arbeitszimmer aufstellen möchte.
-&mdash; Mir blieb jetzt nichts Anderes übrig, als mit einem noch weit
-langsameren Dampfschiff von Hull nach London zu reisen, um von dort
-meine Reise in einem Paquetboot fortzusetzen.</p>
-
-<p>Die Reise nach London bot wenig Bemerkenswerthes dar, die Gesellschaft
-&mdash; inclusive der vielen Schafe die von Hull nach London zur
-Schlachtbank geführt wurden, &mdash; bot auch keinen Stoff zur Unterhaltung
-dar, und ich behielt Zeit, über die Ausführung meines Reisezweckes
-nachzudenken, welcher hauptsächlich darauf hinausging, mich der
-europäischen merkantilischen Welt durch mein Wirken in der neuen Welt
-eben so nützlich zu machen, als ich, meinen geringen Kräften nach,
-durch Anordnung beim Expediren ausländischer Waaren an ausländische
-Kaufleute auf den Meßplätzen für die deutschen Zollverband-Staaten
-geworden war. Die Zeit verstrich rasch; bald sah ich Londons Zollhaus
-vor mir, und bald darauf fand ich mich in London wegen der Fortsetzung
-meiner Reise beschäftigt.</p>
-
-<p><span class="pagenum"><a name="Seite_4" id="Seite_4">[S. 4]</a></span></p>
-
-<p>„Für 43 L. Sterl.“ sagte Jemand, „können Sie auf dem Königlichen
-Post-Paquet die Ueberfahrt nach Havanna mitmachen, wobei Sie jedoch
-für Bett und Proviant selbst sorgen müssen.“ Für die Planke erschien
-mir der Preis zu hoch; ich ging deshalb nach den West-Indischen
-Docks, woselbst ich das Paquetschiff <em class="gesperrt">Quebeck</em> segelfertig
-antraf. Der dienstfertige Capitain forderte 36 L. 15 Sh. inclusive der
-Lebensmittel, und gab mir nur eine Stunde Bedenkzeit, wenn ich das
-letzte vorräthige Bett haben wollte. Sofort schloß ich den Handel,
-und zahlte 16 L. Sterl. à Conto. Die Abreise erfolgte zur bestimmten
-Stunde, und ein Dampfschiff stand bereit, unser Schiff in’s Schlepptau
-zu nehmen und es nach Gravesand hinüber zu bringen. Das Wetter war
-ausgezeichnet schön, was nicht wenig dazu beitrug, mich zu erheitern,
-denn meine Gemüthsstimmung war durch Verhältnisse, die ich bald an
-einem andern Ort zu erzählen Gelegenheit haben werde, fürchterlich,
-jedoch, wie schon bemerkt, keineswegs durch den Spleen. Außer der
-Cajüten-Gesellschaft waren noch etwa 130 bis 150 Auswanderer meine
-Reisegefährten. Um den vom Capitain mir zugetheilten Schlaf-Cameraden
-kennen zu lernen, ging ich jetzt die steile Cajüten-Treppe hinunter.
-Wie erstaunte ich, als ich das bedungene Bett anderweitig vermiethet,
-und mich in ein weit kleineres Gemach, nahe der Treppe, verwiesen fand.
-Der mir zugetheilte Schlaf-Camerad war ein schmutziger Schottländer,
-der auf eine nicht sehr ergötzliche Weise ein Falset und durch die Nase
-sprach; er hatte schon acht Tage vor der Abreise am Bord logirt, und
-das bessere Bett eingenommen. Ich wollte mich beim Capitain beschweren,
-allein &mdash; er war in London, und mir blieb daher nichts übrig, als den
-Schottländer im Diskant als meinen Schlaf-Cameraden aufzunehmen. Er war
-in jeder Hinsicht schmutzig, ja der schmutzigste aller Schmutzigen,
-welche ich auf meinen vielen Reisen kennen gelernt habe.</p>
-
-<p><span class="pagenum"><a name="Seite_5" id="Seite_5">[S. 5]</a></span></p>
-
-<p>Bis nach Gravesand begleiteten uns viele Spekulanten mit Proviant
-allerlei Art; sie fanden, wie es mir schien, ihre Rechnung, indem sie
-Vieles an die Auswanderer absetzten. Von Gravesand kamen wir nach
-einer Fahrt von drei Tagen vor Portsmouth an. Der Capitain, der sich
-einfand, lud sämmtliche Passagiere ein, mit ihm Portsmouth zu besuchen,
-da wir vor unserer Abfahrt erst bessern Wind abwarten müßten. Nur eine
-Dame verließ das Schiff, eine Dame, die aus keinem andern Grunde nach
-Portsmouth mitgereist war, als um durch eine Seekrankheit &mdash; der Leser
-rathe &mdash; ihre Schönheit zu restauriren. O Schönheit! Welche Macht übt
-nur der Gedanke an dich über das schöne Geschlecht aus! Wenn dieses
-seltsame Schönheitsmittel die erwartete Wirkung nicht verfehlt, so kann
-die Dame Londons Venus geworden sein, und es dürfte in Folge dessen
-vielleicht sehr bald an Schiffen für Geschäftsreisende fehlen, denn sie
-bekam in der That von der Seekrankheit eine gute Dosis, und befand sich
-während der ganzen Reise in einem beklagenswerthen Zustande.</p>
-
-<p>Schon warten wir bereits vier Tage auf bessern Wind; der Capitain
-versorgt sein Schiff mit Proviant jeder Art. Unter und mit den
-vielen Schafen, die derselbe an Bord schickte, erschien auch ein &mdash;
-Constabler, mit dem Auftrage, eine aus London entflohene Ehegattin,
-welche aus des Gemahls Geldkiste 40 L. Sterl. mitgenommen hatte, in
-dessen Arme zurückzuführen. Der Capitain stellte es dem Polizeidiener
-frei, jeden der Passagiere nach Belieben zu arretiren. Eine herrliche
-Finanz-Operation für den Paquetboots-Verein, indem die Passagiere sammt
-und sonders ihre Passage bezahlt hatten. Der Beamte kann die gesuchte
-Person, ungeachtet er von derselben bis zum Kutter begleitet wird,
-nicht vorfinden; sie sagt ihm ein herzliches Lebewohl und vielleicht
-noch im Stillen mit<span class="pagenum"><a name="Seite_6" id="Seite_6">[S. 6]</a></span> Don Juan: „Sagen Sie Ihrer Behörde, daß sie in
-Zukunft nicht solchen Esel schicke.“</p>
-
-<p>Noch ein kleines Abenteuer will ich erzählen, um den Lesern, die in
-einen ähnlichen Fall kommen, Vorsicht zu empfehlen. Es war bereits der
-zehnte Tag, daß wir London verlassen hatten; meine Geduld war bald
-erschöpft, ich nahm daher jetzt die Einladung des Capitains an, mit ihm
-und noch einigen anderen Passagieren nach Portsmouth zu fahren. Ich
-kaufte daselbst mehreres ein, da ich aber Portsmouth langweilig finde,
-und in keinem von allen Wirthshäusern ein Bett für mich finden kann, so
-beschließe ich, auf das Schiff, welches etwa vier Seemeilen entfernt
-lag, zurückzukehren. Es ist sehr finster, das Meer tobt, und bald bin
-ich von den Wellen durchnäßt.</p>
-
-<p>Wir fahren in der Dunkelheit immer fort, können jedoch das Schiff
-nicht finden; über eine Stunde müssen die braven Bootsleute suchen,
-ehe wir es finden. Und nun wieder eine neue Verlegenheit! Das kleine
-Boot wird dermaßen von den Wellen geworfen, daß mir das Erklimmen der
-Strickleiter unmöglich wird. Wir rufen, wir schreien um Beistand,
-Niemand hört uns. Erst nach einer großen gemeinschaftlichen Anstrengung
-gelang es mir, hinauf zu kommen. Die Passagiere waren nicht wenig
-überrascht, als sie mich in dieser Dunkelheit ankommen sahen. Der
-mitreisende Dr. <em class="gesperrt">Morgan</em> besonders machte mich auf die bei
-dieser Fahrt stattgefundene dreifache Gefahr aufmerksam, der ich mich
-ausgesetzt hatte: 1. Bei diesen tobenden Wellen in einem kleinen Boot
-zu fahren; 2. hinsichtlich der Mordlust von Seiten der Bootsknechte,
-welche schon, um zehn Schilling Sterling zu erbeuten, Reisende ins Meer
-gestürzt haben; 3. die Gefahr beim Ersteigen des Schiffs. Ich dankte
-nach dieser Auseinandersetzung meinem Schöpfer im Stillen, der Gefahr
-entwischt zu sein, kleidete mich um, und ließ mir vom<span class="pagenum"><a name="Seite_7" id="Seite_7">[S. 7]</a></span> Steward ein Glas
-heißen Punsch zubereiten, ein bei solchen Gelegenheiten willkommener
-nützlicher Freund.</p>
-
-<p>Am folgenden Morgen, nachdem wir noch mehreres frisches Wasser
-eingenommen hatten, gingen wir unter Segel. Jetzt nun, da wir
-endlich mit günstigem Winde auf dem Meere sind, wird es Zeit sein,
-die Reisegesellschaft etwas näher zu betrachten. Wenn ich sage, daß
-sämmtliche Mitreisende, mit Ausnahme eines Italieners, Engländer waren,
-so werden die geehrten Leser schon den Mangel an Unterhaltungs-Stoff
-begreiflich finden.</p>
-
-<p>Die Krone der Gesellschaft war der Director des National-Theaters in
-New-York, der eben mit neuangeworbenen Subjekten (zu welchen auch
-der Italiener gehörte) zurückkehrte. Es war ein sehr unterrichteter
-Mann und höchst angenehmer Gesellschafter &mdash; jedoch nur dann, wenn er
-nicht an sein Unternehmen dachte. Er klagte sehr häufig über unruhige
-Nächte, und zeigte mir sogar eines Morgens eine Masse von Contracten,
-die er mit den engagirten Mitgliedern abgeschlossen hatte, mit den
-Worten: „solcher Packen kann wohl zu unruhigen Nächten beitragen.“
-Seine beiden Söhne (die er bei sich hatte) waren so eben aus der
-Schule entlassen worden; der älteste, obgleich ohne Stimme, zeigte
-viel Neigung für Gesang, und suchte mit einem verstimmten Instrumente
-die Mängel seiner eigenen Stimme zu bemänteln; er gefiel daher sich
-selbst weit mehr, wie den mitreisenden Frauen. Beide, der ältere und
-der jüngere Sohn, waren Günstlinge eines jungen Mädchens, der Tochter
-eines Malers. In pecuniärer Beziehung wurde von den Schauspielern
-und den übrigen ein Zucker-Fabrikant verehrt, der früher in Amerika
-gewohnt hatte, jenes Land aber vor etwa 30 Jahren, um der Strafe
-wegen einer begangenen Schmuggelei zu entgehen, bei Nacht und Nebel
-verlassen mußte. Sein in Amerika wohnender Sohn hatte Gnade für ihn
-ausgewirkt, und er kehrte jetzt mit seinem Hab und Gut<span class="pagenum"><a name="Seite_8" id="Seite_8">[S. 8]</a></span> zurück; auch
-hatte er mehrere deutsche Arbeiter, denen er in der Fabrik Arbeit zu
-geben versprach, auf ihre eigenen Kosten zum Mitreisen bewogen. Dieser
-Mann dünkte sich ein Krösus zu sein, wofür ich ihn jedoch, auch in
-Hinsicht seines Verstandes, nicht passiren lassen konnte. Um sich bei
-der Gesellschaft in Respect zu setzen, mußte der Thee oder Caffee in
-aller Frühe für ihn in seinem silbernen Geräthe aufgetragen werden,
-und er lud auch wohl den einen oder andern aus der Gesellschaft zum
-Frühstück ein, welches die großen Kosten für ihn verursachte, daß
-die Getränke aus <em class="gesperrt">seinen</em> silbernen Geschirren, jedoch in die
-dem Schiff Quebeck zugehörigen Tassen, auf Unkosten des Capitains &mdash;
-flossen. Er war angewiesen, seinen eigenen Wein zu trinken und hatte
-eine Sorte Teneriffa-Wein, dem Grüneberger an Säure gleich. Unter dem
-Namen weißer Madeira offerirte er hin und wieder ein Glas einem aus
-der Gesellschaft. Auch mir wurde diese Ehre zu Theil, und als er mein
-Urtheil über die Qualität forderte, worauf ich freimüthig erwiederte,
-daß ich diesen nicht für die beste Sorte von Teneriffa-Weinen halte,
-so soll er, wie der Director mir erzählte, mich für wahnsinnig erklärt
-haben. Einer von seinen Arbeitern mußte als Aufwärter für die besten
-Bissen aus den Schüsseln sorgen. Fiel diese Auswahl nicht aus, wie
-der Herr Zucker-Fabrikant es erwartet hatte, so war der Aufwärter
-angewiesen, die Schüssel dem Vorschneider wegzunehmen, und sie seinem
-Herrn vorzusetzen.</p>
-
-<p>Der bereits erwähnte Maler war zu der Zeit der Krönung der Königin
-nach London gereist, um ein treffendes Bild derselben für Amerika zu
-gewinnen, und hatte, wie er behauptete, seinen Zweck über Erwarten
-erreicht. Die Königin, versicherte er, habe die Gnade gehabt, seiner
-Tochter den Purpur zum Anlegen herzugeben. Die Königin sei stets
-zugegen gewesen, um die sitzende Tochter auf ihre (der Königin)
-eigenthümlichen Attitüden aufmerk<span class="pagenum"><a name="Seite_9" id="Seite_9">[S. 9]</a></span>sam zu machen &mdash; wodurch er denn
-das korrekteste Bild zu erzeugen im Stande war. Der Herr Maler leerte
-übrigens, wie alle Genies und Künstler, sein Gläschen, so oft er es
-gefüllt vor sich stehen sah; daß es unter diesen Umständen wenig volle
-Flaschen gab, ist leicht zu ermessen.</p>
-
-<p>Der Italiener B... war seit dem Jahre 1811 erster Buffo bei der
-italienischen Oper in London gewesen, er verläßt die alte Welt aus
-Verzweiflung, weil sein Talent durch <em class="gesperrt">Lablache</em> in Schatten
-gestellt war. „Meine Superiorität“ sprach er „ist anerkannt; durch
-Madame <em class="gesperrt">Catalani</em> anerkannt; sagte doch die große Sängerin im
-Jahre 1816 zu mir: Herr B... Sie sind der erste Figaro, und werden
-es stets sein!“ Seiner Ungestalt ungeachtet, (denn seine Figur war
-die eines Schlächters, oder Brauerknechts) wollte er, dem Ausspruch
-jener gefeierten Künstlerin zufolge, ein niedlicher Figaro sein. In
-allem dünkte er sich vollkommen: wenn er Whist spielte und, seines
-schlechten Spiels wegen, verlor, so offerirte er seinen Gegnern eine
-Parthie um eine sehr hohe Summe, und triumphirte, wenn es nicht
-acceptirt wurde, mit den Worten: „Sie fürchten mich, weil sie meine
-Superiorität kennen.“ Standen mehrere des Abends in Mäntel gehüllt auf
-dem Verdeck, so warf er auch rasch den seinigen über, stellte sich
-jenen gegenüber, und sagte leise zu mir: „Nun sehen Sie meine Stellung
-im Mantel, im Vergleich zu den gegenüberstehenden Philistern!“ Die See
-fürchtete er dermaßen, daß er jede Nacht auf dem Verdeck zubrachte, um
-bei entstehender Gefahr der Erste im Rettungsboot sein zu können. Sehr
-spaßhaft war er in den Morgenstunden gekleidet. Man denke sich eine
-ungeheure Figur in einem sehr langen und weiten, vielfarbig-türkischen
-Schlafrock, durch einen sehr breiten Gürtel am Unterleibe befestiget;
-ferner drei von den grellfarbigsten seidenen Tüchern, nachlässig als<span class="pagenum"><a name="Seite_10" id="Seite_10">[S. 10]</a></span>
-Halsbinden mit den langen Zipfeln auf der Brust hängend, den Kopf
-mit einem schwarz-seidenen Baret bedeckt; ferner an jedem seiner
-dicken Finger zwei oder drei Ringe von Edelstein, Granaten etc.,
-deren Glanz jedoch durch den Glanz des Fetts, welches gewöhnlich an
-seinen Fingern klebte, sehr verdunkelt wurde. Er bediente sich nie des
-Messers und der Gabel, und da es keine Servietten gab, so folgte er dem
-Beispiel der Bären und säuberte seine Finger im Munde. Es war nichts
-Seltenes, daß er sich eine ovale Schüssel mit 8 bis 10 Cotelettes
-vorsetzen ließ, und zum Frühstück allein verzehrte. Nach beendigtem
-Frühstück ging er sogleich zu Bett. Im Trinken dagegen suchte mein
-Schlaf-Camerad, der schmutzige Schottländer, alles Mögliche zu leisten,
-wahrscheinlich, weil er früher in den Vereinigten Staaten, woselbst er
-ein Detail-Geschäft führte, hierin nicht viel gethan haben mochte. Da
-der Wein im Passagiergelde mit einbegriffen ist, so war er zu jeder
-Tageszeit zum Trinken bereit, und schien, wo möglich, für einige Jahre
-voraus trinken zu wollen.</p>
-
-<p>Ein ähnliches Subjekt, wie jener Schottländer, war ein Mützenhändler,
-der mit einem Lager seiner Waaren nach Canada eilte; weil die Bewohner
-jener Kolonie sich auf die Köpfe stellten, glaubte er, ein bedeutendes
-Geschäft dort machen zu können; wenn er indeß im Handel eben so dumm
-war, als in der Conversation, so dürfte er wohl ohne Mützen, aber auch
-ohne Schuhe nach Europa zurückkehren.</p>
-
-<p>Ein junger Amerikaner, Sohn eines Gutsbesitzers, kehrte von seinen
-Reisen in Europa zurück. Er hatte, wie er versicherte, in Zeit von
-drei Monaten einen großen Theil Frankreichs, die Niederlande und den
-Rhein bereist; er brachte als Documente dafür Französische Handschuhe,
-Brüsseler Kanten und ein Faß Laubenheimer mit, und schlief fast den
-ganzen Tag auf seinen Lorbeeren.</p>
-
-<p><span class="pagenum"><a name="Seite_11" id="Seite_11">[S. 11]</a></span></p>
-
-<p>Ein für das National-Theater engagirter Violinspieler reiste mit seiner
-unpäßlichen, starken brannt- und portweinsüchtigen Frau und einem
-allerliebsten muntern Knaben, der sich so an mich attachirt hatte, daß
-er fast nicht von meiner Seite kam. &mdash; Ein Staatsbeamter aus Canada
-kehrte mit Depeschen für <em class="gesperrt">Lord Durham</em> zurück. Mit Ausnahme
-der recht liebenswürdigen Tochter des Malers, bestand das weibliche
-Personal aus Frauen von Schiffs-Capitainen, die, in jüngern Jahren von
-England entführt, jetzt nach 20 Jahren einmal ihre Verwandten besucht
-hatten; der Zahn der Zeit, welcher Alles erreicht, hatte auch an ihnen
-bedeutend genagt.</p>
-
-<p>Von dem Dr. und dessen Bruder, einem Schiffs-Capitain, ist nicht
-viel zu sagen, als daß der Letztere von seinem heftigen Wein- und
-Branntwein-Durst nur dadurch geheilt werden konnte, daß unser
-Schiffs-Capitain Geld dafür forderte. Dieser selbst war ein nicht sehr
-gebildeter, aber erträglicher Mensch, äußerst lustig, so daß es oft
-Scenen gab, und so lachlustig, daß er wohl dreißigmal lachte, ehe er
-<em class="gesperrt">einmal</em> sprach.</p>
-
-<p>Dieses waren die Häupter und Matadore unserer Gesellschaft, die ich dem
-geneigten, nicht auf der See gereisten Leser nur darum so ausführlich
-beschrieben habe, damit er wisse, was er auf einem Schiffe zu erwarten
-habe. Wer gern a son aise, und comfortable lebt, muß an keine Seereise
-denken. Hiervon sind freilich die Dampfschiffe Brittish Queen und
-Great Western ausgenommen, allein hier ist die Feuersgefahr, welche
-durch das beständige Heizen, und die dadurch verursachte Gluth in
-den Schornsteinen entstehet, für jeden Beobachter abschreckend, und
-realisirt sich weit häufiger, als das Zerspringen des Kessels oder
-andere Unglücksfälle auf der See.</p>
-
-<p>Die Unterhaltung war, wie man sich leicht denken kann, sehr
-mittelmäßig. Das Haupt-Thema der Unter<span class="pagenum"><a name="Seite_12" id="Seite_12">[S. 12]</a></span>haltung war, wie immer,
-die Vorzüge, der Reichthum, das Vielwissen der Engländer. Nur der
-Schauspiel-Director und ich banden wohl miteinander an, und da setzte
-es von beiden Seiten Hiebe; ohne ihn und den Staatsbeamten aus Canada
-wäre mir die Reise noch viel langweiliger gewesen. Der Wind war uns
-ganz entgegen, so daß wir mehrere hundert Meilen außer den Cours
-geriethen, und näher bei New-Foundland ankamen, als bei New-York. Wir
-erreichten jetzt die Bank, etwa 1100 Seemeilen von New-York.</p>
-
-<p>Da die Vorräthe unsres Proviants sich ihrem Ende näherten, und die
-Portionen kleiner wurden, so war es uns sehr erwünscht, daß wir auf
-eine von den vielen hier stationirten Fischer-Briggs trafen, von
-welcher unser Capitain sechzig sehr große Fische für 2½ Dollar
-erhandelte. Nach der Erzählung der Schiffer, die sie abholten,
-hatte jene Brigg in einer Zeit von 6 Wochen, von New-York hierher
-segelnd, gegen 10,000 von den großen Fischen gefangen. Uebrigens
-hatte ich wenig Genuß von diesem Einkauf, da ich durch folgendes
-unglückliche Ereigniß auf das Krankenlager geworfen wurde. Der kleine,
-liebe Knabe des Musikers, den ich auf seinen dringenden Wunsch auf
-das Bett im Rauchzimmer gebracht hatte, war dort eingeschlafen;
-denn die portweinkranke Mutter desselben bat mich, ihr Söhnchen
-herabzutragen, da sie selbst nicht dazu im Stande sei. Nun sind
-aber diese Cajüten-Treppen äußerst steil, und schon im trockenen
-Zustande zum Herabsteigen gefährlich; jetzt war sie durch den Nebel
-noch schlüpfriger geworden; mit Einem Worte, ich stürzte trotz aller
-Vorsicht die Treppe hinunter, wendete mich aber im Fallen so, daß der
-Knabe keinen Schaden litt, ich selbst hatte eine Rippe gebrochen. &mdash;</p>
-
-<p>Der Dr. <em class="gesperrt">Morgan</em> wollte mich mit einem Glas heißen Brandy und
-Water kuriren, welches ich nicht annahm;<span class="pagenum"><a name="Seite_13" id="Seite_13">[S. 13]</a></span> ich ersuchte ihn öfters und
-dringend, mir zur Ader zu lassen, welches er seinerseits abschlug. Man
-denke sich meinen Zustand! Der Steward hatte, um einem Anderen gefällig
-zu sein, mein Kopfkissen, und eine meiner Matratzen jenem überliefert
-und ich mußte nun, einem Sträfling gleich, auf Latten liegen, was der
-gebrochenen Rippe nicht besonders behagte. Die Schmerzen wurden immer
-heftiger; &mdash; der schmutzige Schottländer schlief ruhig unter mir auf
-seinem guten Bette. Erst beim Frühstück kam meine Lage zur Sprache;
-der Arzt überzeugte sich jetzt von meinem bedenklichen Zustande, er
-berathschlagte mit den Andern, und es wurde beschlossen, daß der Diener
-des Zucker-Fabrikanten sein Zimmer, das er für sich allein hatte, für
-mich räumen, und dafür mein Bett nehmen sollte &mdash; welcher Beschluß dann
-am Abend endlich durchgesetzt wurde.</p>
-
-<p>Liegen konnte und durfte ich nicht, es wurden daher alle Reisebeutel
-zu einer &mdash; freilich harten &mdash; Rückenlehne angewendet, an welche ich,
-da das Schiff auf längere Zeit auf eine ungestüme Weise von den Wellen
-geworfen wurde, fortdauernd sehr aufrecht anstieß. Mein Zustand wurde
-immer schlimmer; Fieber, Kopfweh, und Husten, mit dem stärksten Auswurf
-begleitet, nahmen stündlich zu. Die sonderbarste Theilnahme hierbei
-zeigte der Mützenhändler, um Abbitte zu thun, wegen einer ungerechten
-Behauptung, er wolle das Wissen und Vermögen aller Deutschen in den
-zwei Taschen seiner Pantalons forttragen; er verlangte, daß ich ihm
-die Hand reiche und zugleich verspreche, ich wolle keinen Haß gegen
-ihn mit ins Grab nehmen &mdash; was ich denn auch that und ihn beruhigte.
-&mdash; Der kleine Knabe saß fast immer bei mir, und erkundigte sich stets
-nach meinem Befinden. &mdash; Das Krankenlager ist freilich unter allen
-Umständen eine &mdash; unangenehme Gegend, wie der Berliner Trinkkünstler,
-Herr <em class="gesperrt">Drucker</em>, sagt; doppelt und zehnfach wird es dies,<span class="pagenum"><a name="Seite_14" id="Seite_14">[S. 14]</a></span> wenn der
-Schlaf, der doch sonst von Zeit zu Zeit die Schmerzen etwas weniger
-fühlbar macht, durch Sing- und Musik-Proben ganz verscheucht wird, wie
-es hier der Fall war, so daß ich mich keine Viertelstunde der Ruhe
-erfreuen durfte.</p>
-
-<p>Am neunten Tage trat für meine Krankheit eine glückliche Krisis durch
-einen heftigen Schweiß ein. Am folgenden Tage kamen wir bei New-York
-an; ein Dampfschiff hörte ich, soll von der Stadt kommen, um die
-Passagiere abzuholen. Welch einen erfreulichen Eindruck dies auf mich
-machte, vermag ich nicht zu beschreiben. Ich hörte das Hinauf- und auch
-Hinabsteigen der Passagiere (indem die Treppe über meinem Lager sich
-befand) sehr deutlich, und jetzt auf einmal einen Fall und allgemeines
-Wehklagen. Mit großer Mühe erhob ich mich von meinem Lager, und siehe
-da! der jüngste Sohn des Schauspiel-Directors war es, dem ein ähnliches
-Schicksal, wie mich, getroffen zu haben schien. Der Vater raufte sich
-die Haare, die Frauen wurden ohnmächtig; der Gefallene indessen trank
-aufs zierlichste ein Glas Brandy mit Wasser aus. Unterdessen war das
-Dampfschiff herangekommen und bald &mdash; waren die Meisten fort. Der Knabe
-befand sich noch an demselben Abend wieder gesund.</p>
-
-<p>Das Schiff Quebeck wurde nach der Abfahrt des Capitains wie gewöhnlich
-von Lootsen geführt und zwar glücklicher Weise mit großer Vorsicht;
-fast alle anderen Schiffe wurden in jener Nacht entmastet, und gegen
-30 große Schiffe fanden wir am folgenden Morgen auf den Strand
-getrieben. Der Capitain, der um Mittag mit einem Steuer-Beamten zur
-Revision unserer Effecten auf einem Dampfschiffe ankam, erzählte, daß
-er die letzte Nacht in den größten Sorgen, fast schlaflos zugebracht
-habe. Ehe wir nach New-York abfahren, muß ich noch die Revision durch
-den Quarantaine-Arzt erwähnen, die<span class="pagenum"><a name="Seite_15" id="Seite_15">[S. 15]</a></span> auf folgende Weise geschieht.
-Sämmtliche Personen auf einem Haufen versammelt, werden mit einer
-Barriere von Tauen umgeben; einzeln werden sie jetzt von dem Doctor und
-seinem Gehülfen aus dem Haufen gelassen, der Arzt sieht jeden genau an,
-und im Fall, daß Jemand den Kopf hängen läßt, wird kommandirt: Kopf
-in die Höhe! Und eben so muß Jeder die Stirn beim Gehülfen passiren.
-Die Quarantaine-Anstalt ist in den V. S. ganz vortrefflich, aber
-freilich für das Land von großer Bedeutung. Der Steuerbeamte revidirte
-alle Gegenstände mit großer Loyalität und fand nichts Verdächtiges,
-als einige blecherne Kochgeschirre bei dem schmutzigen Schottländer,
-worüber man sich jedoch verständigte.</p>
-
-<h3 id="New_York"><b>New-York.</b></h3>
-
-<p>Das Wetter war herrlich, so schön, wie es in Deutschland nur im Monat
-Juni sein mag. Nach Verlauf von etwa einer Stunde langten wir in
-New-York an. Hier findet man nicht wie in England, oder Hamburg am
-Ufer eine Menge dienstbarer Geister zum Fortschaffen der Sachen. Zwar
-standen mehrere einspännige Karren am Ufer des Stroms, aber Niemand
-meldete sich; keiner von diesen freien Menschen will sich gern zum
-Diener hergeben, sie wollen besonders aufgefordert sein zu einer
-Dienstleistung.</p>
-
-<p>Auf Anrathen einer der Frauen der Schiffs-Capitaine kehrte ich in
-Beverley-House (broadway) ein; ein Zimmer konnte mir vorläufig nicht
-angewiesen werden, weil<span class="pagenum"><a name="Seite_16" id="Seite_16">[S. 16]</a></span> alle besetzt waren. Das Erste, was mir
-auffiel, war das Signal zum Mittagsessen, welches auf einer rauhen
-Metall-Platte mit einem solchen Getöse gegeben wurde, daß alle meine
-Nerven erzitterten. Bald war auch denn auf dem Hausflur ein Publicum
-versammelt, welches man für eine Börsenversammlung hätte ansehen
-können. Die Speise-Charte war brillant, obgleich nicht für mich, denn
-etwas Suppe war Alles, was ich genießen konnte, wofür jedoch der
-Wirth 1½ Piaster einstrich. (Ein Piaster beträgt in unserm Gelde 43
-Silbergroschen.) Sogleich nach Tische suchte ich meinen Correspondenten
-Herrn P... auf, der bereits ein Zimmer für mich gemiethet hatte, und
-der auch so gefällig war, mir bald einen Arzt zuzuschicken. Dieser
-Arzt, ein Deutscher, ein theilnehmender junger Mann, fand mich, was ich
-freilich selbst am besten fühlte, ernsthaft krank. Ein Aderlaß gleich
-nach dem Fall, behauptete er, würde von den meisten Leiden mich befreit
-haben. Jetzt aber nahm Husten und Auswurf mit jedem Tage zu, so daß ich
-die Gestalt einer Mumie bekam, und mit jedem Tage meinem Grabe näher
-zu rücken schien. Ich gebrauchte Medicamente auf Medicamente, ohne
-sonderliche Besserung. Ein sehr warmes Bad, welches ich eines Tages auf
-mein eigenes Risico nahm, that mir wesentliche Dienste, ich wurde durch
-fortgesetztes Baden mit jedem Tage besser, konnte jedoch den Husten
-nicht los werden. „Sie müssen das Klima verändern“ sagte zuletzt der
-Arzt zu mir, „sonst fürchte ich das Schlimmste für Sie; in Havana, das
-glauben Sie mir, werden Sie bald von Ihrem Uebel befreit sein.“ Gern
-hätte ich seinen Rath sogleich befolgt, allein das Wetter und andere
-zufällige Umstände verzögerten die Abreise. Mit regem Geist sah ich
-meine gewohnte Thätigkeit gefesselt, indessen war mir mein einsames
-Zimmer doch tausend Mal lieber, als die Schiffs-Cajüte auf dem Quebeck,
-wo ich zudem beständig die Lobpreisungen der Engländer von Engländern<span class="pagenum"><a name="Seite_17" id="Seite_17">[S. 17]</a></span>
-anhören mußte. Ich hatte jetzt Zeit, meine Betrachtungen über diesen
-Gegenstand zusammenzufassen, und das Resultat war folgendes:</p>
-
-<p>Die Engländer sind das reichste Volk &mdash; an Eigendünkel sowohl, wie an
-Geld; sie halten sich wegen des letztern für das klügste, vornehmste,
-erste Volk auf dem Erdball. Es ist wahr, sie sind im Technischen am
-weitesten, aber warum? weil Frankreich und Deutschland, mit andern
-Dingen beschäftigt, sich wenig um die praktische Technik bekümmert
-haben. Lasset diese, wie es jetzt geschieht, auch allmählig hieran
-Theil nehmen, und wir wollen sehen, wie lange sie die ersten bleiben.
-Die von Napoleon den Engländern beigebrachte Wunde ist nach meiner
-Ueberzeugung unheilbar. Wie sehr sie auch prahlen, so büßen sie doch
-jeden Tag mehr von ihrem Handel ein; ihr Gewicht in der politischen,
-so wie in der Fabrikwelt, wird immer geringer, und wird, wenn wir
-30 - 40 Jahre Frieden behalten, immer mehr sinken, indem Preußen,
-vermöge Dinte, Feder und Papier zerstörender für das englische Volk
-gewirkt hat, als Napoleon mit allem Geschütz zu wirken vermochte.
-Großbrittanien, und alle englischen Colonieen zusammengenommen
-erfreuen sich einer nicht viel geringern Bevölkerung als die des
-großen russischen Reichs; dieses bestehet aber durch sich selbst, in
-Hinsicht auf Ackerbau, Fabrikation, und Handel; England aber will für
-sämmtliche Bewohner der Welt (wovon dessen eigene Bevölkerung noch
-nicht den <span class="zaehler">1</span>&frasl;<span class="nenner">50</span> Theil ausmacht) fabriciren und Handel treiben, obgleich
-die andern Völker dazu doch meistens eben so fähig sind, welches die
-Engländer nicht begreifen können. Ist das nicht absurd? Wird das
-nicht immer mehr aufhören? England kann eben so wohl wie Rußland
-durch Ackerbau und Fabrikation für sich bestehen. Man versetze Leute
-von den Spinn- und Webestühlen an den Pflug und die Egge, damit für
-die enorme Anzahl des englischen<span class="pagenum"><a name="Seite_18" id="Seite_18">[S. 18]</a></span> Volkes das allernöthigste Product,
-Korn &mdash; in hinreichender Menge erzeugt wird; und die Wunde, welche
-(wie jetzt Handel und Gewerbe sich gestellt haben) unheilbar scheint,
-weniger fühlbar werde für die Armen und Hungrigen in den vereinigten
-drei Königreichen. So gut wie die vielen Joint Stock-Banks, und Banking
-Compagnieen zur Ausdehnung des Fabrikgeschäfts in England dienten, in
-demselben Grad müssen sie jetzt den Untergang vieler Fabriken (nachdem
-in allen Ländern fabricirt wird) herbeiführen, wenn die Bank von
-England fortfahren sollte, jeden von jenen Banken gerirten Wechsel für
-3½ Procent Zinsen zu discontiren. Denn die Fabrikanten fertigen,
-ohne die Consumtion zu berechnen, ungeheure Massen von Waaren an, und
-die Amerikanischen Waarenhändler kaufen sie mit demselben Leichtsinn,
-ohne zuvor über die Möglichkeit des Absatzes nachzudenken. Die Bank von
-England mußte daher unbedingt zu denselben Maßregeln schreiten, welche
-der Präsident der V. S., um das Land gegen eine Ueberschwemmung von
-englischen Manufactur-Waaren zu schützen, adoptirte, d. h. den Credit
-für Fabrikanten einschränken. Für welches von beiden Ländern diese
-Maßregeln schädlicher sich zeigen werden, davon wird später die Rede
-sein, wenn wir mehrere Thatsachen genau kennen gelernt haben.</p>
-
-<p>Von England nur will ich noch bemerken, daß seine Reßourcen, die
-hauptsächlich in Fabriken und Maschinen liegen, immer mehr versiegen.
-In den frühern Zeiten lieferte für England eine Tonne Kohlen, wenn sie
-zur Fabrikation verbraucht wurde, einen Klumpen Goldes; es war daher
-nicht fühlbar, wenn damals (wie jetzt) Bedürfnisse an Holz, Flachs,
-Hanf, Wolle, Talg, Pottasche, Häute, Taback, Korn, Weine, Borsten,
-Wachs, Oele, Lumpen etc. mit baarem Gelde bezahlt wurden, indem die
-ausgegangenen Summen unbedingt wieder eingehen mußten. Allein jetzt, da
-jedes Land mehr und mehr<span class="pagenum"><a name="Seite_19" id="Seite_19">[S. 19]</a></span> für seine Manufactur- und Fabrik-Bedürfnisse
-selbst sorgt, England dagegen alle oben angeführten Artikel einführen
-und baar bezahlen muß, jetzt muß wohl die Regierung, welche die ganze
-Baarschaft der vereinigten Königreiche auf nicht mehr als höchstens
-drei und zwanzig Millionen Pfund berechnen kann, dem Abfluß des baaren
-Geldes aus dem Lande entgegenarbeiten, wenn die Nation nicht das
-Schicksal aller früheren Handelsnationen &mdash; d. h. baldigen Untergang
-theilen soll. Daher ist die von der englischen Bank (Bank of England)
-ergriffene Maßregel zu loben, der übermäßigen Fabrikation wird
-hierdurch Einhalt gethan, und alle Fabrikanten in allen Ländern werden
-sich bei dieser Maßregel besser befinden, weil der Waarenüberfluß
-dadurch aufhören wird, und Verkäufe zu bessern Preisen gemacht werden
-können.</p>
-
-<p>Diese und andere Bemerkungen schrieb ich während der kalten und
-nassen Tage nieder, da ich das Zimmer hüten mußte. Meine Abreise nach
-Westindien wurde verzögert, indem das Schiff <em class="gesperrt">Norma</em>, womit
-ich fahren wollte, noch nicht geladen hatte. Während dieser Zeit
-hatte ich eine Angelegenheit mit Amerikanischen Advokaten, die der
-Leser bei dieser Gelegenheit genau kennen lernen wird. Ich suchte
-auf Empfehlung meines Freundes P... einen Advokaten, Herrn J......
-auf, damit er mir in den Besitz von 180 L. St. verhelfen möchte,
-welche mir ein New-Yorker Handlungshaus M.... und H..... bei einer
-Abrechnung gekürzt hatte. Der Advokat findet nach Durchsicht meiner
-Papiere meine Forderung rechtmäßig, lehnt es jedoch ab, etwas gegen
-diese Leute, deren Anwalt er sei, zu unternehmen, verspricht dagegen,
-die Zahlung in Güte für mich auszuwirken, und mir binnen zwei Tagen
-darüber zu berichten. Indessen der Bericht erfolgt nicht, und ich
-muß mich nach einem andern Advokaten umsehen. In den Zeitungen
-finde ich, daß ein gewisser L.... bei einer Prozeßsache gegen eine
-Ver<span class="pagenum"><a name="Seite_20" id="Seite_20">[S. 20]</a></span>sicherungs-Gesellschaft sich tüchtig und trefflich gezeigt hat;
-ich begebe mich sogleich zu ihm. Der Doctor, dessen Aeusseres einen
-gewandten und denkenden Rechtsgelehrten verrieth, gab mir sogleich
-nach meiner Eröffnung die Papiere zurück, da er der Anwalt meiner
-Opponenten sei. Nachdem ich meine Verwunderung bezeigt hatte, daß mich
-das Schicksal treffe, nur zu Anwalten meiner Gegner zu kommen, und ihm
-das Ergebniß der Conferenz mit dem Advokaten J...... mitgetheilt hatte,
-fand er sich bereit, sich meiner Sache anzunehmen, nur mußte ich zuvor
-die Correspondenz, und alle Documente, welche in deutscher Sprache
-geschrieben waren, ins Englische übersetzen. Da meine physischen
-Kräfte zu dieser Arbeit nicht hinreichten, so ersuchte ich meinen
-Arzt, mir einen jungen Menschen zu recommandiren. Dieser war denn auch
-so gütig, mir einen solchen zuzuschicken, der die Arbeit in kurzer
-Zeit beendete. Bei dieser Gelegenheit erfuhr ich, daß man in New-York
-mit Regenschirmen sehr vorsichtig sein müsse, denn der junge Mann,
-dem ich den meinigen ganz neuen von 1 L. St. &mdash; Werth geborgt hatte,
-brachte mir denselben nicht wieder, und als ich hierüber dem Arzt mein
-Befremden äußerte, entgegnete derselbe: „Regenschirme haben in diesem
-Lande keine Eigenthümer, jeder hilft sich mit diesem Artikel so gut wie
-er kann, aus der Verlegenheit, Sie werden ihn ohne Zweifel nie wieder
-bekommen.“</p>
-
-<p>Die Deutschen stehen hier in keiner Achtung, und so weit meine
-Erfahrung reicht, glaube ich auch nicht, daß der größere Theil dieselbe
-besonders verdiene; ich wenigstens bin von dreien, mit denen ich in
-Berührung kam, betrogen worden. &mdash;</p>
-
-<p>Noch muß ich der Artigkeit des Theater-Directors erwähnen, der
-mich zum Mittags-Essen einlud und mir einen bequemen Sitz in der
-Directions-Loge, auch bei<span class="pagenum"><a name="Seite_21" id="Seite_21">[S. 21]</a></span> außerordentlichen Vorstellungen, anbot &mdash;
-was ich jedoch ablehnte.</p>
-
-<p>Meine Gesundheit stellt sich allmählig wieder ein, ich kann an der
-Gesellschaft im Hause Theil nehmen, fand mich aber bewogen, aus meinem
-bisherigen Logis auszuziehen, da ich für vieles Geld erbärmlich und
-ohne Bequemlichkeit logirte. Bald finde ich auch eine weit wohlfeilere
-und comfortable Wohnung bei der Frau eines französischen Buchhändlers.
-Hier finde ich eine Gesellschaft von 15 Personen, bestehend aus
-Deutschen, Franzosen und Schweizern.</p>
-
-<p>Beim Abziehen aus dem frühern Logis wurde ich noch recht tüchtig
-geprellt, und konnte nicht einmal alle Stücke meiner Wäsche
-zurückerhalten, diese Schuld war nur der Dienerschaft beizumessen,
-welche in diesem Lande miserable ist. Die weiße Dienerschaft besteht
-größtentheils aus Vagabonden die aus Europa herüber gekommen sind,
-weshalb die meisten hier Ansässigen sich der schwarzen bedienen. Die
-Deutschen der untern Stände, welche herüber kommen, werden entweder
-Ackerbauer oder Lumpen- und Knochen-Einsammler; zum Dienen will sich
-kein Einziger verstehen, weshalb sie verachtet sind und zur Ehre
-Deutschlands nicht Deutsche, sondern Holländer genannt werden.</p>
-
-<p>So viele Gebrechen es in diesem Lande in Hinsicht der Dienerschaft
-giebt, eben so groß sind die des Logirens. Die Miethen sind enorm
-theuer, nach dem Zinsfuße reguliren sich natürlich dieselben. Es
-ist gar nichts Seltenes, daß die Pfandleiher hier 12&ndash;15 Procent pro
-Monat nehmen. In einem der hiesigen Blätter las ich eine Verhandlung
-vor einem Gerichtshofe, die neulich hier statt gefunden hatte. Ein
-Ausländer hatte einen Diamant-Ring und eine Uhr mit Perlen zu 15
-Procent monatlich versetzt und reklamirte solche, weil sie ein theures
-Erbgut von einem Verwandten seien, von dem Pfandleiher,<span class="pagenum"><a name="Seite_22" id="Seite_22">[S. 22]</a></span> welcher
-die Rückgabe verweigerte, weil der stipulirte Termin der Auslösung
-verstrichen war. Der Kläger wurde abgewiesen. Nach unsern Gesetzen
-würde ein solcher unerhörter Wucher bestraft, allein in diesem Lande
-heißt es: Jeder kann den Werth seines Geldes selbst feststellen, und
-wenn sich ein Narr findet, der für einen Solitair ein Stück Silber im
-Werth eines Piasters kaufen will, so kann er es immerhin thun, die
-Gesetze können nichts dagegen einwenden.</p>
-
-<p>Jeder Hauseigenthümer ist daher Wucherer, und schlägt nach dem
-Maaßstabe des Zinsfußes die Miethe an; so bezahlt jeder enorme Miethen,
-und aus diesem Grunde giebt es hier sehr wenige Haushaltungen. Die
-meisten Familien leben in Boarding Houses (Pensions), die eigentlich
-nichts mehr und nichts weniger sind als Gasthöfe; es giebt deren
-ungemein viele. Die Deutschen nennen sie Kosthäuser, auch findet man
-in den Straßen, an vielen Häusern Aushängeschilder mit der Aufschrift:
-<em class="gesperrt">deutsche Kosthäuser</em>; vorzüglich findet man diese in den Straßen,
-wo sich die ärmere Klasse der Deutschen aufhält. Mit Ausnahme sehr
-weniger Kaufleute und Banquiers ersten Ranges wohnt jeder Geschäftsmann
-hier in einem solchen Boarding-Haus. Der Preis wird pro Woche bestimmt,
-die Mahlzeiten sind folgende: ein Frühstück, bestehend aus Thee,
-Caffee, Fisch-, Fleisch-, Eier- und Mehlspeisen; ein Mittags-Essen
-nach englischer, französischer, oder deutscher Weise, am Abend kalte
-Küche (Ueberreste von Mittag) und Desert, Thee; der Preis regulirt sich
-nach dem Zimmer, fängt von sieben Piaster pro Woche an, und steigt bis
-20 pro Kopf. Um 7 Uhr des Morgens giebt eine Glocke das Signal zum
-Aufstehen, um 8 Uhr verkündet dieselbe, daß das Frühstück aufgetragen
-ist; um 4 Uhr hört man sie das Mittags-Essen, um 7 Uhr Abends die
-Theezeit verkünden. Von dieser Zeit an bleiben die Herren und Damen
-in dem gut decorirten und beleuchteten Saal zusammen. Unter den<span class="pagenum"><a name="Seite_23" id="Seite_23">[S. 23]</a></span>
-Damen findet man hier sehr gute Schachspielerinnen, die mit ihren in
-französischen Glacé-Handschuhen verschleierten Fingern so geschickt zu
-manövriren verstehen, daß ihre männlichen Gegner bald matt sind.</p>
-
-<p>Zwei oder dreimal wöchentlich wird nach der Musik eines Piano getanzt.
-Man findet verschiedene Klassen von Boarding-Häusern, sehr lustige, und
-auch sehr solide.</p>
-
-<p>Die jährliche Miethe für solche Häuser ist von 6 bis 10,000 Piaster;
-bringt man nun noch Silberzeug, Mobilien, Domestiken, und die höchst
-brillante Beleuchtung in Anschlag, so muß man sich wundern, daß sie
-bestehen können. Hinsichtlich der Weinpreise sind diese Häuser (ersten
-Ranges) alle übereinstimmend; weniger als 1 Piaster verdient Niemand an
-einer Flasche, wohl aber mehr, weshalb Jeder, der sich hier einmiethet,
-in Kenntniß gesetzt wird, daß er sich gegen Bezahlung von funfzig Cens
-(etwa 18 Ggr.) pro Flasche seinen eigenen Wein halten könne (hierbei
-ist indeß Gefahr).</p>
-
-<p>Der Amerikaner ist kein Weinkenner, Madeira ist sein Lieblingswein
-und von dieser Sorte giebt es denn hin und wieder einen Kenner. Der
-theuerste Wein ist der beliebteste, und es würde kein Gastwirth eine
-Flasche unter 1½ Piaster anbringen können. Aster-House, das erste
-Hotel in New-York, verkauft den besten Madeira für 12 Piaster. Der
-Eigenthümer dieses Hauses ist als armer Kürschner-Geselle eingewandert,
-und soll jetzt über ein Vermögen von 10 Millionen Piaster commandiren
-(?)</p>
-
-<p>New-York ist in den Monaten August, September und October am
-besuchtesten, denn die Reichen aus dem südlichen Amerika kommen um
-diese Zeit hierher, um sich gegen die Fieber zu schützen, und kehren
-erst im November nach Hause; es ist daher in diesen Monaten sehr
-schwierig, ein Unterkommen zu finden. Hinsichtlich des Bodens ist
-Amerika ein Land von ungeheuern Ressourcen (wovon später mehr), die
-Gutsbesitzer sind die<span class="pagenum"><a name="Seite_24" id="Seite_24">[S. 24]</a></span>jenigen, welche so zu sagen, das Geld zum Fenster
-hinaus werfen. Der Boden ist ergiebig, die Erzeugnisse finden stets
-Abnehmer; wer etwas Vermögen hat, kauft sich Land, und befindet sich
-alsdann wohl. Das Arbeitslohn wird hier stets hoch sein, weil jeder
-Arbeitsmann, sobald er sich ein kleines Vermögen erspart hat, sofort
-Gutsbesitzer wird. Ich fand in einem öffentlichen Blatte folgenden
-Artikel:</p>
-
-<p>„Als Beweis, wie hoch man den Werth des Hornviehs von Durham in diesem
-Bezirk schätzt, sei nur dieses angeführt. Samuel Smith verkaufte in
-dieser Woche mehrere seiner Kühe: eine säugende Kuh nebst dem Kalbe
-würde mit 2000 Piaster (etwa 3000 Rthlr) eine zweite mit 1350, andere
-für 1200 und 1000 Piaster verkauft; er verkaufte von seinen Kühen
-für den Werth von 20 bis 30,000 Piaster.“ Welcher Preis für einen
-Gutsbesitzer, selbst wenn man auch den geringen Werth des Geldes in
-den V. S. in Anschlag bringt! In demselben Grade, als die Umstände
-der Gutsbesitzer brillant sind, eben so morsch scheinen mir die des
-Handelsstandes zu sein. Als es noch wenige Commissionaire hier gab, und
-die Europäer es beinahe für unmöglich hielten, jene zu kontrolliren,
-da erwarben sie viel Geld, denn sie ließen ihren Freunden etwa die
-Hälfte des Ertrags von den an sie consignirten Waaren zukommen, und
-jene mußten mit dem, was ihnen zuerkannt wurde, zufrieden sein. Wie
-haben aber die Verhältnisse sich jetzt gestaltet! Man denke sich einen
-Bezirk von der Größe der Stadt Leipzig, welcher nichts als 4&ndash;5 Etagen
-hohe Speicher enthält, die mit englischen, französischen und deutschen
-Fabrikwaaren jeder Art überfüllt sind. Viele Tausende stehen hier stets
-zum Ein- und Verkaufe bereit; zu dem ersteren findet sich jede Minute
-Gelegenheit, denn jeden Tag langen doch mit Manufacturen beladene
-Schiffe an, welche theils von europäischen Kaufleuten auf Speculation,
-zum Theil aber auch von New-Yorker Kaufleuten bestellt wor<span class="pagenum"><a name="Seite_25" id="Seite_25">[S. 25]</a></span>den sind,
-und daher so rasch wie möglich verborgt werden müssen, um von den
-Borgern schriftliche Versprechungen dafür zu erhalten, welche die
-Banken gegen gedruckte Bank-Versprechungen discontiren.</p>
-
-<p>Obgleich ich hinsichtlich des Betriebs solcher Art bereits viele
-Erfahrungen gesammelt habe, so will ich doch noch näher in das
-Specielle eindringen, um später für unsere europäischen Kaufleute desto
-belehrender sein und erweislich machen zu können, daß jedes Geschäft
-von Europa in der neuen Welt durch Commissionaire besorgt, nur allein
-für Letztere von Nutzen sein muß.</p>
-
-<p>Vier Wochen hatte ich jetzt (den 30sten September) größtentheils auf
-dem Krankenlager zugebracht. Ein freundlicher Sommerabend, wie wir ihn
-wohl in Deutschland im Juni haben, zog mich aus meiner Wohnung; kein
-Wölkchen trübte den Horizont, der Mond verbreitete ein herrliches Licht
-über Broad-Way, die Hauptstraße New-Yorks; ich war so entzückt, als
-ich auf die Straße heraustrat und dies alles empfand, daß ich hätte
-weinen mögen. Ich muß zuvor bemerken, daß diese Straße, vielleicht nur
-um ⅓ länger und ¼ breiter als die Leipziger Straße in Berlin, etwas
-sehr Eigenthümliches und Anziehendes hat. In dieser Straße befinden
-sich alle Hotels, Boarding- und Caffee-Häuser, alle Kaufmanns- und
-Conditor-Läden von ungeheurer Tiefe, welche sämmtlich sehr brillante
-Gasbeleuchtung haben. Wer ein Geschäft von Bedeutung machen will, muß
-einen Laden in Broad-Way haben. Die Miethen sind daher in dieser Straße
-enorm hoch, ein Chemist (Droguist) unter der Firma Rushton et Aspiewald
-soll, wie mir versichert worden ist, 7000 Piaster jährlich bezahlen;
-allein in Soda-Wasser (welches ein Lieblings-Getränk der Amerikaner und
-Amerikanerinnen ist) 20,000 verdienen. (?)</p>
-
-<p>Bemerkenswerth ist es, daß, obgleich es in den Wochentagen 500 Omnibus
-und einige 100 andere Mieths<span class="pagenum"><a name="Seite_26" id="Seite_26">[S. 26]</a></span>wagen giebt, am Sonntag doch kein einziger
-in den Straßen anzutreffen ist; Alles, die beau monde und die ganze
-Stadt ist in Bewegung &mdash; aber zu Fuße; ich möchte behaupten, daß die
-Anzahl der an jenem Abend sich in Broad-Way bewegenden Personen sehr
-wenig der beim Einzug der Kaiserin von Rußland in Berlin versammelten
-Menge nachgab. Weder Polizei noch Constabler wurden bemerkt, und doch
-war die Sittlichkeit, wie ich sie in keiner Stadt angetroffen habe.
-Frauenzimmer ohne männliche Begleitung, gehen, ohne die Aufmerksamkeit
-des Mannes rege zu machen, mit der größten Sicherheit &mdash; ein großer
-Contrast gegen die Ungeschliffenheit der Europäer, besonders der
-Engländer, welche sans façons die Frauen, den Hunden gleich, in den
-Straßen herumzausen (hierbei ist jedoch nur von den untern Ständen
-die Rede, denen der Sonntag allein zu einer ungestümen Erholung
-angewiesen ist). Auch der Amerikaner der untern Klasse unterfängt
-sich nicht, den Anstand gegen Frauenzimmer zu verletzen; selbst das
-verworfenste behandelt er mit Schonung, weshalb denn auch dieser Theil
-der weiblichen Bevölkerung sehr zurückgezogen und unbemerkbar ist. Man
-sieht hier in den Straßen eben so wenig öffentliche Dirnen als einen
-Betrunkenen. Wohlgekleidet in sehr reiner Wäsche ziehet Jung und Alt
-mit brennender Cigarr ruhig durch die Straße und man glaubt sich eher
-in einer Kirche als auf der Straße zu befinden. Während ich durch
-Broad-Way schlendere, lese ich auf einem Schilde: Rochés Café de mille
-colonnes, mit großer Schrift; das ist eine französische Windbeutelei
-dachte ich, und so fand ich es auch. Ich trete ein und befinde mich
-in einem Zimmer von 20 Fuß Länge, und 15 Fuß Breite; die beiden
-Wände haben an jeder Seite 15 Säulen, und zwischen jedem Paar von
-Säulen finden sich Spiegelgläser, welche denn freilich in brillanter
-Gasbeleuchtung die Säulen vervielfachen.<span class="pagenum"><a name="Seite_27" id="Seite_27">[S. 27]</a></span> Weiterhin finde ich in
-New-York-Garden ein ziemlich enges, von Oel-Lampen und altmodischen
-Laternen erleuchtetes, nicht besonders comfortables Local.</p>
-
-<p>Die Franzosen deren es in New-York 12&ndash;15000 giebt, beschäftigen sich
-mit Allem, und verdienen viel Geld. Die Wirthe der Restaurationen,
-Conditoreien und Caffee-Häuser sind größtentheils aus Frankreich, und
-werden vorzugsweise besucht. Die Preise, welche sie festgesetzt haben,
-übersteigen die bei uns um das Dreifache. Eine kleine Tasse Caffee,
-der in der Regel sauer schmeckt, kostet ⅛ Piaster, und eben so viel
-kostet die geringste Kleinigkeit. Eine meiner nächsten Wanderungen
-führte mich nach Chatham-Street, das Judenviertel, ungefähr so wie
-die Elb-Straße in Hamburg und die Reetzen-Gasse in Berlin, jedoch im
-großartigsten Stil, etwa ¼ deutsche Meile lang, von beiden Seiten
-mit Kleiderläden, Kram-, Galanterie- und aller Arten Waaren-Läden
-angefüllt. Juden von allen Nationen sind in dieser Straße anzutreffen.
-Alle Waaren, welche im Lande gestohlen oder aufgeschwindelt sind,
-werden in Chatham abgesetzt, und wer wohlfeil kaufen will, gehet
-hieher. Die Ladenherren, obgleich sie von Posen oder Schermeisel
-abstammen, haben Namen angenommen, wodurch ihre Geburts-Länder nicht
-verrathen werden, z. B. King, Christalli, etc. etc. etc. Hierbei muß
-ich ein Verhör im Polizei-Amte, welches heute statt fand, anführen.
-Seit mehreren Wochen war die Polizei bemüht gewesen, Diebstählen,
-die seit einiger Zeit durch Einbrüche in Waarenläger verübt worden
-waren, auf die Spur zu kommen. Dies gelang endlich und der Dieb
-wurde eingezogen. Als er gefragt wurde, für wie viel Werth er die
-Zeit hindurch aus jenem Laden entwendet habe, erwiederte er: für
-circa 15,000 Piaster, von welchen jedoch noch für etwa 1500 Piaster
-unverkauft da lägen, weil der gewöhnliche Abnehmer, Mr. King in
-Chatham, sie zu kaufen verweigert und ihm eröffnet habe, er besitze<span class="pagenum"><a name="Seite_28" id="Seite_28">[S. 28]</a></span>
-von dergleichen Waaren jetzt zu viel Vorrath, er werde jetzt nur
-wollene oder seidene Waaren für baares Geld kaufen, worauf denn, wie
-natürlich, Mr. Kings Locale unter polizeiliche Aufsicht gestellt
-und er selbst eingezogen worden ist. Diebereien werden hier sehr
-hart bestraft, Mordthaten hingegen mit weniger Strenge als in Europa
-instruirt, weshalb sehr viele Mörder der verdienten Strafe entgehen.
-Das Treiben in Chatham ist großartig; jüdische Actionaire halten ihre
-Verkäufe auf einem Karren, worauf sich die zu verkaufenden Gegenstände
-befinden (über diese Straße später ein Mehreres).</p>
-
-<p>Als ich von Chatham zurückkehrte, fand ich in meinem Logis ein
-Schreiben von einem jungen Berliner vor, für welchen ich von seinen
-dortigen Verwandten einen Brief mitgebracht hatte. In jenem Schreiben
-wurde ich ersucht, ihn doch im Stadt-Hospitale, wohin er wegen eines
-Armbruchs gebracht worden sei, zu besuchen. Ich war um so begieriger,
-diese Anstalt kennen zu lernen, da sie mir früher, bei meinem
-Kranksein, von unserm Schiffs-Capitain empfohlen worden war. Nach
-dessen Schilderung erwartete ich etwas dem Hamburger Krankenhause
-oder der Berliner Charité Aehnliches; die Fonds, erzählte er, müßten
-beträchtlich sein, da jeder Capitain der in New-York ankommenden
-Schiffe für jeden Reisenden 1½ Piaster und für jeden Matrosen 1
-Piaster zu diesem Fonds einliefern müsse, und die Einkünfte dieser
-Art werden nur zur Bequemlichkeit der Kranken verwendet; es sei in
-ganz New-York kein Haus, was in Betreff der Pflege, Reinlichkeit und
-Aufwartung etwas Aehnliches zu leisten im Stande sei. Ob ich Recht oder
-Unrecht gehabt, den Rath des Capitains unbefolgt zu lassen, war mir
-sehr interessant zu erfahren.</p>
-
-<p>Die Apotheke dieser Anstalt, welche ich passirte, fand ich geregelter
-als die sogenannten Droguist-Shops, da sich in derselben nicht, wie
-in den letztern, Spielkar<span class="pagenum"><a name="Seite_29" id="Seite_29">[S. 29]</a></span>ten, Wachslichte, Zahnbürsten, Cigarren
-etc. sondern nichts als Medicamente befanden. Das Zimmer Nro. 10, in
-welchem der Kranke lag, wurde mir geöffnet. Es war von ziemlicher
-Breite; an jeder Seite befanden sich 5&ndash;6 Lager, aber keins derselben
-war eine Bettstelle, es waren Bretter, auf welchen sich ein mit wenigem
-Stroh gefüllter Sack, ein sehr dünnes Kopfkissen, und eine sehr dünne
-wollene Decke befand. Da indessen der Brodherr dieses jungen Mannes
-für die meisten Chirurgen New-Yorks die Instrumente verfertigt, so
-hatte man dem Patienten vorzugsweise ein kleines Kissen, auf welchem
-der gebrochene Arm ruhte, hergegeben. In den klinischen Anstalten zu
-Berlin, und Deutschland überhaupt, liegen doch die Patienten auf Betten
-und nicht auf Stroh. Am meisten wunderte ich mich, diese Jämmerlichkeit
-in einem Lande anzutreffen, in welchem man das Geld sonst wegwirft für
-lumpige Kleinigkeiten. Wie pries ich mich glücklich, daß ich nicht
-hierher gerathen war! Unterdessen wurde während meiner Anwesenheit
-das Essen aufgetragen, und zwar auf einen in der Mitte des Zimmers
-befindlichen langen Tisch, an dessen beiden Seiten sich Bänke ohne
-Rückenlehne befanden; jeder der Patienten erhielt eine Schale voll
-Suppe, und eine Portion gekochtes Rindfleisch mit einem Stück Brod.
-Dem kranken Landsmanne wurde seine Portion auf den Fensterkopf neben
-seinem Lager mit einer ungewöhnlichen Gefühllosigkeit hingesetzt.
-Mittlerweile kam der Oberarzt, gefolgt von 8&ndash;9 sehr jungen Unterärzten,
-oder vielleicht Studenten, welche ihm die Krankheit der Patienten
-vortrugen; zuletzt sagte er: „nun will ich das deutsche Gesicht sehen!“
-Die jungen Chirurgen zeigten ihm flüchtig die Stellen des doppelten
-Armbruchs, „schon gut!“ sagte er, und hiermit zogen sie ab. „Ach Gott!“
-rief der Kranke aus, „wie gleichgültig wird ein Ausländer in diesem
-Lande behandelt: so ist es vom ersten Augenblick an gewesen, als ich
-hierher gebracht<span class="pagenum"><a name="Seite_30" id="Seite_30">[S. 30]</a></span> wurde, und drei volle Stunden ohne Hülfe blieb, und
-so bleibt es immer.“ Welcher Deutsche im Auslande auch sonst wenig
-an sein theures Vaterland denkt, der vermißt es sicherlich, wenn er
-krank wird; diese Erfahrung habe ich auch oft an mir selbst gemacht;
-nirgends, in keinem Lande, in keiner Stadt habe ich die deutsche
-Herzlichkeit gefunden. Wir wollen sehen, junger Mann, dachte ich, als
-ich den Kranken verließ, ob du sechs Jahre, wie du dir vorgenommen,
-hier aushalten wirst!</p>
-
-<p>Ich ging jetzt nach dem Platze Wall (nach der Straße dieses Namens),
-um mehreren Wein-, Colonial- und andern Waaren-Auctionen beizuwohnen.
-Da stehen die Auctions-Commissarien auf den Fässern, Säcken u. s. w.
-und jeder derselben hat seine Anzahl von Kauflustigen um sich; sie
-rufen die gebotenen Preise wohl funfzig Mal mit einer erstaunlichen
-Schnelligkeit und Unverständlichkeit aus, so daß ihre Mäuler in einer
-wirbelnden Bewegung bleiben; nur dann weiß man, daß der Zuschlag
-nicht mehr fern ist, wenn sie <em class="gesperrt">going</em> rufen; beim zweiten
-<em class="gesperrt">going</em> ist der gebotene Preis vernehmbar, jedoch nur für die
-in der englischen Sprache sehr geübten. Täglich giebt es in New-York
-hunderte von Auctionen; rothe Flaggen, an welchen Cataloge baumeln,
-sind die Zeichen, daß im Hause, oder auf dem Platze, wo sie wehen,
-Auctionen statt finden. Es soll, so ist mir versichert worden, hier
-Auctions-Commissarien geben, die ein jährliches Einkommen von 200,000
-Piaster haben.</p>
-
-<p>Es giebt in New-York Importeurs, welche ihre Waaren nur per Auction
-absetzen, indem die Commissarien gegen Abzug von sieben Procent Zinsen
-pro Anno und 2½ Procent Provision, sofort den Belauf auszahlen.
-Da das Creditgeben in diesem Lande sehr riskant ist, so ist diese
-Verkaufsweise die sicherste. Der Gewinn ist natürlich sehr gering, ja
-häufig ist sogar Verlust damit verbunden. Jedoch gegen den letztern
-kann man sich eini<span class="pagenum"><a name="Seite_31" id="Seite_31">[S. 31]</a></span>germaßen dadurch sichern, daß man die Auctionen
-nur in der Frühjahrs- oder Herbst-Season, wenn sich alle Käufer aus
-dem Innern in New-York eingefunden haben, statt finden läßt. Der
-solide Handel wird freilich dadurch zu Grabe gebracht; denn in der
-Voraussetzung, daß die Land-Krämer, von den Zwischenhändlern kaufen
-werden, haben diese ihre Waaren-Läger gepfropft voll, und sind den
-Importeurs dafür alles schuldig; ist nun auch der eine oder der andere
-von den Land-Krämern wirklich gesonnen, seinen Bedarf von einem
-Zwischenhändler zu erstehen, so wird er durch die rothen Fahnen, die in
-den Gewölben der Commissarien, zwischen denen der Kaufleute aushängen,
-abgezogen. Er geräth in ein den Commissarien zugehöriges Lokal, und
-wird gesättigt. Die Folge ist, daß die Zwischenhändler ihre Vorräthe
-per Auction zu verkaufen gezwungen sind.</p>
-
-<p>Siehet man die Waarenmassen, die in den Stadttheilen liegen, in welchen
-das Waarengeschäft betrieben wird (welche Massen unstreitig bedeutender
-sind, als die auf allen Meßplätzen Deutschlands zusammengenommen)
-sieht man die hohen Häuser von den Böden bis zu den Kellern hinab
-vollgepfropft von Waaren jeder Art, so muß man erstaunen und kann die
-Frage nicht unterdrücken: Wie, wann und wo soll dieses Alles verbraucht
-werden? Man kann sich keine Idee von der Größe des Fabrications-Wesens
-in Europa machen, wenn man nicht in New-York gewesen ist, und die
-Waaren-Vorräthe daselbst gesehen hat; ich gestehe, daß ich von Furcht
-und Schrecken ergriffen wurde, als ich mich orientirt hatte. Der
-Gedanke, mich von meinen Waaren sobald und so gut wie möglich los zu
-machen, gelangte nach jenem Augenblick bei mir zur völligen Reife.
-Meines Erachtens geht man im Waarenfache einer fürchterlichen Zeit
-entgegen; es dürfte in einigen Jahren eine weit gefährlichere Krisis
-eintreten, als diejenige war, die wir vor zwei Jahren erlebten.
-Amerika<span class="pagenum"><a name="Seite_32" id="Seite_32">[S. 32]</a></span> hat zu viel Ressourcen, um nicht fortwährend groß zu bleiben;
-wenn selbst die große Hälfte der Waaren-Händler untergehen müßte,
-wird Amerika nichts von seiner Größe eingebüßt haben. Die Regierung
-ist sehr vernünftig, sie hält den Waaren-Händlern die Zügel kurz;
-durch die hohen Preise, welche der europäische Fabrikant für die
-prima Materie hergiebt, verliert er oft das ganze Arbeitslohn, und
-vielleicht noch mehr. Dieses war vor zwei Jahren der Fall, und dieser
-Fall wird wiederum, noch ehe zwei Jahre vergangen sind, eintreten. Daß
-es der americanischen Regierung nur darum zu thun ist, den Ackerbau,
-und nicht die Fabriken zu begünstigen, beweist sie dadurch klar und
-deutlich, daß sie jedem Kaufmann den Zoll für seine eingehenden Waaren
-auf sechs Monate creditirt; thäte sie dieses nicht, so würden weit
-weniger Waaren eingeführt werden, indem die Summen für Zollgefälle von
-vielen Importeurs nicht ohne Mühe würden angeschafft werden können,
-und ein großer Theil derselben vom Importiren würde abstehen müssen,
-wodurch die in Amerika fabricirten Waaren bessern Absatz finden würden.
-Allein die Regierung denkt, Ackerbau ist einträglicher als Fabriken,
-und denkt, so lange europäische Fabrikanten das Arbeitslohn verlieren
-wollen, sehr richtig (hierüber weiterhin ein Mehreres).</p>
-
-<p>Nach dem, was ich hier im Geschäft wahrgenommen habe, muß jede zwei,
-spätestens drei Jahre eine allgemeine Stockung im Zahlen eintreten,
-und die nächste dürfte die furchtbarste von allen bisherigen
-werden, da England jetzt nicht im Stande ist, wie vor zwei Jahren,
-eine Baarsendung von 2 Millionen L. Sterl. zum Stützen der für die
-englischen Fabrikanten unentbehrlichen americanischen Banken zu
-machen. Am deutlichsten kann der Schwindel bemerkt werden, wenn man
-sich während der Börsenzeit unter den Stock-Jobbers und Broakers
-umsieht. Unter den letztern findet man Subjecte, welche<span class="pagenum"><a name="Seite_33" id="Seite_33">[S. 33]</a></span> 60,000 Piaster
-Courtage jährlich verdienen; sie arbeiten darauf hin, einen Wirrwarr
-zu Stande zu bringen. Der Handelsstand hier ist das größte Kunstwerk
-der menschlichen Gesellschaft. Jeder handelt, und wie handelt er? Im
-Großen. Man sieht Kram-Läden von der Länge, oder besser Tiefe eines
-kleinen Exerzier-Platzes; in solchen Läden liegen vielleicht für 60,000
-Piaster Waaren, von denen nicht ein einziger Cens (der hundertste
-Theil eines Dollars) bezahlt ist. Ist der Mann durch gute Lösung in
-Stand gesetzt, einem Theil seiner Verpflichtungen nachzukommen, nun,
-so geschieht es; ist dies aber nicht der Fall, so stellt er für sich
-den größten Theil in Sicherheit, läßt seine Creditoren zu sich kommen,
-und ersucht diese, das Nachgebliebene für ihre Schuld zu empfangen. Die
-Handlungsbücher sind vielleicht schon einige Tage vorher den Flammen
-überliefert worden, und kömmt einer von den Creditoren auf den Einfall,
-nach den Büchern zu fragen, so kann der sich auf die Antwort gefaßt
-machen: „das ist mein Geheimniß, deshalb werde ich sie Ihnen nicht
-zeigen.“</p>
-
-<p>Das Wetter fand ich hier im Anfang October noch den Sommertagen in
-Deutschland gleich; es war sehr heiß und man wird von den Musquitos,
-welche unsere Mücken auch hier an Bosheit weit übertreffen, ungemein
-geplagt. Dieses Ungeziefer findet sich hier erst im September mit aller
-Kraft ein, und man darf sich vor Eintritt eines Frostes, im November,
-keine Ruhe versprechen. Es ist jedoch ein Leichtes, sich von ihnen im
-Schlafzimmer zu befreien: man schließt nämlich vor dem Anzünden der
-Lichter die Fenster, und macht mit dem brennenden Lichte Jagd auf sie.
-Bevor ich dies that, hatte ich in der Nacht wenig Ruhe, und mehrere
-meiner Tischgenossen adoptirten meine Kriegsweise.</p>
-
-<p>Noch muß ich einiges von den Straßen New-Yorks bemerken; ich fand, daß
-die Straße Broad-Way viele<span class="pagenum"><a name="Seite_34" id="Seite_34">[S. 34]</a></span> Aehnlichkeit mit dem Newski Perspective in
-St. Petersburg hat; jedoch hat die erstere, außer dem ihr zugehörigen
-freien Platze (Park-place) viel Eigenthümliches; der freie Platz
-gewährt des Abends bei der Gasbeleuchtung einen herrlichen Anblick, da
-sich auf demselben mehrere öffentliche Gebäude, nämlich das Rathhaus,
-Theater, Museum etc. befinden. Die Nebenstraßen von Broad-Way laufen
-parallel und in grader Linie, wie die der großen Friedrichsstraße
-in Berlin, jedoch sind die Häuser in derselben nicht so schön. Das
-Eigenthümliche besteht besonders darin, daß man, da New-York eine
-Insel ist, an jedem Ende der Straße die Masten von großen Schiffen
-wahrnimmt, was einen höchst angenehmen Eindruck macht &mdash; besonders
-nach Untergang der Sonne, wenn so viele Masten der großen Schiffe mit
-den vielen Tauen, durch welche man die herrliche Abendröthe erblickt,
-einem Walde gleich, sich dem Auge darbieten. An Vergnügungen kann es
-in einer so reichen Stadt nicht fehlen. Der Yankee (Amerikaner der V.
-S.) ist, was den Lebensgenuß betrifft, mit dem Wiener zu vergleichen;
-er ist für das Materielle; kein Preis ist ihm zu hoch, wenn der
-Gegenstand reellen Genuß verspricht. Ein Hauptvergnügen ist ihm das
-Kegelspiel, wobei die Damen mit den Herrn wetteifern; man findet
-viele Keller (den Hamburgischen ähnlich), woselbst Restaurationen und
-Kegelbahnen eingerichtet sind, und Erfrischungen aller Art gereicht
-werden. Die Austern sind hier, obgleich um sehr vieles größer als
-die holsteinischen, die allerfeinsten und schmackhaftesten, die ich
-genossen habe; sie werden in allen Kegelbahn-Kellern zubereitet,
-und für einen nicht übertriebenen Preis gereicht: ½ Dutzend kostet
-etwa 4 Ggr., wozu man noch eine ziemliche Quantität Kohl-Sallat,
-Butter, Brod, und Zwiebacke bekommt. Schäferstunden sind nach der
-Versicherung eines meiner Freunde, die theuersten Genüsse in dieser
-Stadt, die Schäferinnen, entweder aus England, oder<span class="pagenum"><a name="Seite_35" id="Seite_35">[S. 35]</a></span> Töchter der aus
-Irland als Arbeitsleute Eingewanderten, sind die einzigen von allen
-englischen Erzeugnissen, wie mein Freund meint, die sich im Preise
-halten; 10&ndash;15 Piaster ist der fixe Preis für eine Schäferstunde. Für
-wenig bemittelte aber kräftige Männer sollen die couleurten Frauen ein
-vortreffliches Surrogat sein, man sieht diese in heller Kleidung mit
-seidenen Schnupftüchern in der Hand, sehr anständig umherziehen. Damen
-von Stande bedienen sich der weißen Tücher, die sie stets in den Händen
-tragen.</p>
-
-<p>Die Theater werden hier sehr besucht, und mein Reisegefährte,
-der Director W....., machte gute Geschäfte. Das Personal ist von
-London (woselbst jeder amerikanische Schauspiel-Director eine
-Anwerbungs-Anstalt erhält), und die angeworbenen Mitglieder finden gute
-Rechnung, so lange die Direction Rechnung dabei findet. Das Entrée
-ist 1 Piaster, fürs Parterre ½ Piaster. Von Ausländern, die in
-New-York sonst den dritten Theil der Bevölkerung ausmachen, werden die
-Theater im Allgemeinen wenig besucht. Der Yankee ist nicht Kunstkenner
-genug, um über die Poesie und mimische Darstellung des Dramas richtig
-zu urtheilen, daher denn die Directoren, um ein großes Publikum von
-Yankees für sich zu gewinnen, ein leichtes Spiel haben. Die für
-Gastrollen engagirten Subjecte langen von England successive an, denn
-jeder derselben ist für 8, 10 bis 12 Rollen, d. h. Vorstellungen, und
-zwar, je nachdem er unter den Künstlern einen Rang einnimmt, für die
-Hälfte oder ⅔ der Einnahme engagirt, und tritt daher nur in zwei,
-höchstens drei seiner vorzüglichsten Rollen auf. Jetzt liest man auf
-den Theaterzetteln von 2 Yard (2 Ellen) Länge, die am Eingange in den
-Straßen an den Häusern und großen Hotels auf Bretter geklebt sind, die
-Londoner Theater-Kritiken der Times, des Examiner, Courier etc. etc.
-wörtlich abgedruckt, in Beziehung auf die Rolle des Gastes; das Haus<span class="pagenum"><a name="Seite_36" id="Seite_36">[S. 36]</a></span>
-wird demnach am ersten Abend gefüllt und nun liest man am folgenden
-Morgen in allen Morgenblättern, wie gedrückt voll das Haus gewesen,
-mit welchem Applaus der berühmte Gast empfangen und begleitet worden
-sei. Die natürlichste Folge ist, daß Alles sich beeilt, das Wunderkind
-in der Kunst zu sehen, und somit sind denn auch die Schauspielhäuser
-in den übrigen Städten der V. S., wohin die Wunderkinder reisen, jeden
-Abend gefüllt.</p>
-
-<p>Es herrscht über die Geringfügigkeit der Militairmacht der V. S.
-ein bedeutender Irrthum, den ich vorläufig bloß durch die Copie,
-oder vielmehr Uebersetzung einer Ordre, die mir irrthümlicherweise
-zugestellt wurde, widerlegen will. Sie ist folgende:</p>
-
-<div class="blockquot">
-
-<p>125stes Regiment, 45ste Brigade, 28ste Division N. G. S. Infanterie.</p>
-
-<p class="center">Unter dem Adler liest man in einem Bande:<br />
-Ex pluribus unum.</p>
-
-<p class="center mtop2">Zweite Compagnie.</p>
-
-<p class="center s4 mtop1 mbot1">O<span class="g">r</span><span class="g">d</span><span class="g">r</span><span class="g">e</span>.</p>
-
-<p class="right mright2 mbot1">Hauptstadt New-York den 1. Octbr. 1838.</p>
-
-<p>Hiermit wird Ihnen angezeigt, daß Sie in Person auf dem
-Compagnie-Paradeplatz Broad-Way- und Biberstraße, equipirt und
-armirt, wie es die Gesetze vorschreiben, um 2 Uhr am Montag den 8.
-d. M. zur Compagnie-Parade, und zur Regiments-Parade am Freitag den
-12. um 9 Uhr Vormittags, so wie auch zur Inspection der Revue am
-Montag den 15. Vormittags um 8 Uhr erscheinen sollen.</p>
-
-<p class="right mright1">In Ordre. <em class="gesperrt">Wellstood</em>, Capitain.<br />
-<span class="mright2"><em class="gesperrt">Welsh</em>, Sergeant.</span></p>
-
-<p>NB. Es ist erforderlich, daß Sie in weißen Pantalons erscheinen.
-Kein Stellvertreter wird gestattet.</p>
-
-</div>
-
-<p><span class="pagenum"><a name="Seite_37" id="Seite_37">[S. 37]</a></span></p>
-
-<p>Es sei mir erlaubt, wieder zu merkantilischen Dingen überzugehen, womit
-ich mich am liebsten beschäftige. Die Einrichtung des hiesigen Packhofs
-fand ich in jeder Beziehung tadelhaft, und gar nicht zu vergleichen
-mit den europäischen Einrichtungen, besonders denen des deutschen
-Zollverbandes. Die Importation ist in New-York enorm. Es giebt Tage,
-an welchen 15 und mehr mit Stückgütern beladene Schiffe ankommen, und
-zwar Kasten von 6&ndash;800, oder wohl gar tausend Tonnen Größe. Die Procedur
-hierbei ist nun folgende.</p>
-
-<p>Einen Packhof, auf welchem die vom Schiffe gebrachten Güter aufbewahrt
-werden, giebt es nicht; im Mittelpunkt der Geschäftswelt ist ein
-interimistisches Packhofs-Gebäude, denn das durch den Brand zerstörte
-ist noch nicht wieder aufgebaut, und dasjenige, was jetzt gebaut und
-bald fertig sein wird, wird zwar, da das Material aus Italienischem
-Marmor besteht, ein Prachtgebäude geben, ist jedoch nur für das bei
-diesem Institut angestellte Personal bestimmt. Für die Güter, welche
-zur Revision gestellt, oder auch zur Niederlage declarirt werden,
-sind in verschiedenen Straßen Separat-Gebäude, von keinem besondern
-Umfange, durch Schilder mit der Aufschrift: Public-Store bezeichnet.
-Sobald die mit Güter beladenen Schiffe einen günstigen Platz zum
-Ausladen gefunden haben, was oft sehr schwer hält, so melden sich die
-Interessenten beim Ober-Inspector (hier zu Lande Collecter genannt),
-und produziren deren Connecemente und eine Factura, auf welcher der
-Inhalt und Werth jedes Ballens genau aufgeführt sein muß. Von diesem
-werden nun diejenigen Colly’s, welche zur Revision gestellt werden
-sollen, bestimmt. Der Eigentümer erhält jetzt vom Collecter ein Permitt
-(Erlaubnißschein), die zur Revision bestimmten Colly’s nach dem
-Public-Store zu bringen, damit sie revidirt werden können. Mit diesem
-Permitt begiebt er sich nach dem Schiff mit der Hoffnung, die Colly’s
-jetzt zu erhalten.<span class="pagenum"><a name="Seite_38" id="Seite_38">[S. 38]</a></span> Allein der Schiffer versichert ihm, daß dieselben
-in der Mitte, oder wohl gar auf dem Boden liegen, und da sich noch
-Niemand mit einem Permitt über die obersten Güter gemeldet habe, wohl
-noch 8&ndash;10 Tage verstreichen dürften, ehe er die geforderten Colly’s
-werde haben können. Unter diesen Umständen muß man so lange warten;
-ich selbst hatte dieses Schicksal und erlitt hierdurch einen Verlust
-von 3&ndash;400 Piaster, denn die Waaren gingen im Preise um 20 Procent
-herunter, wie es häufig der Fall ist, wenn viele Schiffe zugleich
-ankommen. Die Zollerhebung ist von derselben Art wie in England; die
-Revisoren verfahren jedoch sehr oft eigenmächtig, indem sie nicht
-Waarenkenner genug sind. Früher ist viel geschmuggelt worden, bei
-dem jetzigen Collecter aber ist dies, wie man sagt, ganz unmöglich,
-weshalb man jetzt (im Jahre 1838) der Meinung ist, daß an den mehrsten
-englischen Waaren, besonders an den Tüchern (welche unter dem Namen
-<em class="gesperrt">Flanell</em> eingeführt wurden), das halbe Capital verloren geht.
-Man hört allgemein Klagen über die Strenge des Collecters, und die
-Engländer klagen am meisten, da es ihnen früher ein Leichtes war, 50
-oder wohl hundert Ballen feiner Tuche für Flanelle hereinzuschmuggeln.
-Im Einverständniß mit dem alten Inspector wurden früher nur die Ballen,
-welche Flanelle in sich begriffen, aber keinesweges diejenigen, welche
-Tuche enthielten, revidirt, und hiermit soll sich, wie man sagt, der
-alte Inspector, welcher von seinem Dienst in Gnaden entlassen worden
-ist, ein Vermögen von 100,000 Piastern gesammelt haben.</p>
-
-<p>Bei den gegenwärtig (in der letzten Hälfte des Octobers 1838) statt
-findenden Wahlen für den im December zusammenkommenden Congreß in
-Washington ergiebt es sich deutlich, wie sehr der größere Theil
-der Handelswelt darauf hinarbeitet, den frühern Schwindel wieder
-einzuführen, der durch die Vorsicht des Präsidenten so ziemlich
-beseitigt wurde. Das Manufactur-Waarengeschäft,<span class="pagenum"><a name="Seite_39" id="Seite_39">[S. 39]</a></span> welches, wie schon
-früher bemerkt, die Hauptbranche ist, und mit welchem sich mehrere
-Millionen beschäftigen, weiter auszudehnen, ist der Wunsch Vieler.
-Obgleich die Handels-Bilanz Manchem brillant scheint, so könnte diese
-in der Wirklichkeit brillant sein, wenn es genug Fabrikanten gäbe, um
-den Bedarf für die Bewohner des Landes zu erzeugen; indessen es fehlt
-noch immer an Arbeitern jeder Art, und da die Regierung vernünftiger
-Weise dem Ackerbau mehr Aufmerksamkeit schenkt, als dem Fabrikwesen,
-so ist es natürlich, daß der größere Theil der Einwanderer zum ersten
-Zweck verwendet wird. Die Regierung sieht wohl ein, daß der Werth nicht
-in der Prima-Materie, sondern zum großen Theil im Arbeitslohn steckt,
-und überläßt es lediglich den Waarenhändlern, die Handels-Bilanz
-zurecht zu setzen. &mdash; „Wir müssen eine National-Bank haben!“ ist das
-Geschrei der Waarenhändler, „denn nur diese kann uns in Stand setzen,
-unser Geschäft auszudehnen; haben wir eine solche Bank, so sind wir
-im Stande, die doppelte, drei- oder vierfache Quantität Waaren von
-Europa einzuführen.“ Die Regierung muß vernünftiger Weise einem solchen
-Etablissement entgegen sein, weil die Actionaire sammt und sonders
-nicht im Stande sind, eine Bank auf solchen soliden Fuß, wie die
-Hamburger oder Bank of England, zu errichten. Wer Grundstücke besitzt,
-will Actionair werden, ohne daran zu denken, daß die Grundstücke um
-das Zehnfache über den Werth bezahlt worden sind, und demzufolge dem
-etwanigen Inhaber der Noten (von der zu errichtenden National-Bank)
-nicht die mindeste Sicherheit gewähren würden. So lange mithin nicht
-so viel nobles Metall vorhanden ist, den Inhabern von Banknoten
-damit zu begegnen, so ist jedes Etablissement gefährlich, und aus
-diesem Grunde widersetzt sich die Regierung dem Etablissement einer
-National-Bank, welche zu nichts Anderem führen<span class="pagenum"><a name="Seite_40" id="Seite_40">[S. 40]</a></span> würde, als das Land mit
-den Fabrik-Erzeugnissen Europa’s dermaßen zu überschwemmen, daß schon
-in Zeit von <em class="gesperrt">Einem</em> Jahre das ganze Gebäude zusammenfallen würde,
-welches ohne National-Bank vielleicht noch zwei Jahre stehen kann.</p>
-
-<p>Daß der im Jahre 1835 hier stattgefundene Brand zum großen Glück der
-Fabrikwelt war, bin ich jetzt überzeugt. Ohne diesen würden jetzt alle
-Waaren, statt daß sie seitdem nur etwa um 25 bis 30 Procent im Preise
-gesunken sind, um das Doppelte herunter gegangen sein. Feuersbrünste,
-wie der hiesige war, sind bei dem jetzigen Fabrikations-System, ähnlich
-wie der Krieg in andern Verhältnissen, ein nothwendiges Uebel, und alle
-zwei Jahre erforderlich. Die Assekuranz-Compagnieen würden hierbei
-freilich die Leidenden sein; sie würden indessen nur immer einen
-geringen Theil von dem viele Jahre hindurch Gewonnenen zurückgeben.
-Viele der hiesigen Compagnieen haben, trotz des ungeheuern Brandes,
-von welchem nur derjenige einen Begriff haben kann, der den Platz
-kennt, das Volle des versicherten Quantums, und einige unbedeutende
-Compagnieen 75 Procent desselben bezahlt.</p>
-
-<p>Sieht man die Waaren-Massen in allen Städten der V. S., so gelangt man
-zur Ueberzeugung, daß die Art und Weise, wie jetzt fabricirt wird,
-den Wohlstand sehr Weniger befördern, aber den Untergang sehr Vieler
-herbeiführen muß, indem <span class="zaehler">31</span>&frasl;<span class="nenner">32</span> aller Geschäfte Creditgeschäfte sind, und
-dennoch mit einem sehr unbedeutenden Gewinn abgeschlossen werden. Jeder
-drängt sich zum Verkauf, und Jedem werden ohne Bedenken Waaren verkauft
-und abgeliefert. Sieht man des Commissionairs Verkaufrechnungen
-über die an diesen zum Verkauf überschickte Waaren, so findet man,
-daß er sie auf 8 Monate Zeit verkauft hat, wobei er 2½ Procent
-für die Garantie aufführt, und mehrere,<span class="pagenum"><a name="Seite_41" id="Seite_41">[S. 41]</a></span> oder wohl gar die meisten
-der Commissionaire befinden sich in der Lage, die garantirte Summe
-nicht bezahlen zu können, wenn sie dieselbe nicht bezahlt erhalten,
-wie dies im Jahre 1837 der Fall war. Die übermäßige Production, die
-immerwährenden Modenveränderungen, dazu der immerwährende Geldmangel
-in den V. S., dies alles muß nachtheilig auf die Waaren-Vorräthe
-einwirken, Bankerotte herbeiführen, und zerstörende Resultate für
-Commissionaire erzeugen.</p>
-
-<p>Kein Land ist in dieser Hinsicht gefährlicher als Amerika, weil die
-handelnde Welt kein reelles Vermögen besitzt, und Jeder sich nur so
-lange halten kann, als sich Alle halten; stockt ein kleiner Theil in
-der Gesellschaft, so stockt nicht lange darauf ein größerer, und bald
-das Ganze.</p>
-
-<p class="mbot1">Besucht man die Ausstellung der Industrie-Erzeugnisse, so wird man
-bemerken, daß, wenn die Regierung es wollte, die V. S. vielleicht
-in einem Zeitraum von etwa 15&ndash;20 Jahren Manufactur-Waaren jeder
-Art exportiren, und mit jeder Nation zu koncurriren im Stande sein
-würden. Folgende Tabelle enthält über die Fabrikation der V. S. die
-interessantesten Data.</p>
-
-<table class="fabrikation" summary="Fabrikation in den V. S.">
- <tr>
- <td class="tdc btb br">
- Manufactur-Fabriken.
- </td>
- <td class="tdc btb br">
- Capitalien.
- </td>
- <td class="s5 tdc btb">
- Arbeiter-<br />
- Anzahl.
- </td>
- </tr>
- <tr>
- <td class="tdl btb br">
- Baumwollen-Waaren
- </td>
- <td class="tdc btb br">
- 60,000,000
- </td>
- <td class="tdc btb">
- &#8199;80,000
- </td>
- </tr>
- <tr>
- <td class="tdl br">
- Wollene Waaren
- </td>
- <td class="tdc br">
- 30,000,000
- </td>
- <td class="tdc">
- 104,000
- </td>
- </tr>
- <tr>
- <td class="tdl br">
- Seidene Waaren
- </td>
- <td class="tdc br">
- &#8199;4,000,000
- </td>
- <td class="tdc">
- &#8199;12,000
- </td>
- </tr>
- <tr>
- <td class="tdl br">
- Pelz-Waaren
- </td>
- <td class="tdc br">
- &#8199;6,000,000
- </td>
- <td class="tdc">
- &#8199;15,000
- </td>
- </tr>
- <tr>
- <td class="tdl br">
- Kämme
- </td>
- <td class="tdc br">
- &#8199;1,000,000
- </td>
- <td class="tdc">
- &#8199;&#8199;2,000
- </td>
- </tr>
- <tr>
- <td class="tdl br">
- Säge-Mühlen
- </td>
- <td class="tdc br">
- 12,000,000
- </td>
- <td class="tdc">
- &#8199;20,000
- </td>
- </tr>
- <tr>
- <td class="tdl br">
- Sägen
- </td>
- <td class="tdc br">
- &#8199;&#8199;<span class="hide">,</span>230,000
- </td>
- <td class="tdc">
- &#8199;&#8199;&#8199;<span class="hide">,</span>300
- </td>
- </tr>
- <tr>
- <td class="tdl br">
- Taschenbücher
- </td>
- <td class="tdc br">
- &#8199;1,000,000
- </td>
- <td class="tdc">
- &#8199;&#8199;&#8199;<span class="hide">,</span>250
- </td>
- </tr>
- <tr>
- <td class="tdl br">
- Oefen von Gußeisen
- </td>
- <td class="tdc br">
- &#8199;1,500,000
- </td>
- <td class="tdc">
- &#8199;&#8199;&#8199;<span class="hide">,</span>600
- </td>
- </tr>
- <tr>
- <td class="tdl br">
- Parfümerieen
- </td>
- <td class="tdc br">
- &#8199;&#8199;<span class="hide">,</span>500,000
- </td>
- <td class="tdc">
- &#8199;&#8199;&#8199;<span class="hide">,</span>500
- </td>
- </tr>
- <tr>
- <td class="tdl br">
-<span class="pagenum"><a name="Seite_42" id="Seite_42">[S. 42]</a></span>
- Bürsten
- </td>
- <td class="tdc br">
- &#8199;1,000,000
- </td>
- <td class="tdc">
- &#8199;&#8199;&#8199;<span class="hide">,</span>900
- </td>
- </tr>
- <tr>
- <td class="tdl br">
- Neu-Silber
- </td>
- <td class="tdc br">
- &#8199;&#8199;<span class="hide">,</span>&#8199;20,000
- </td>
- <td class="tdc">
- &#8199;&#8199;&#8199;<span class="hide">,</span>&#8199;15
- </td>
- </tr>
- <tr>
- <td class="tdl br">
- Geschwind-Wagschale
- </td>
- <td class="tdc br">
- &#8199;1,090,000
- </td>
- <td class="tdc">
- &#8199;&#8199;&#8199;<span class="hide">,</span>600
- </td>
- </tr>
- <tr>
- <td class="tdl br">
- Reise-Mützen aller Art
- </td>
- <td class="tdc br">
- &#8199;1,500,000
- </td>
- <td class="tdc">
- &#8199;&#8199;1,200
- </td>
- </tr>
- <tr>
- <td class="tdl br">
- Lampen
- </td>
- <td class="tdc br">
- &#8199;&#8199;<span class="hide">,</span>300,000
- </td>
- <td class="tdc">
- &#8199;&#8199;&#8199;<span class="hide">,</span>220
- </td>
- </tr>
- <tr>
- <td class="tdl br">
- Eiserne Geldkasten
- </td>
- <td class="tdc br">
- &#8199;&#8199;<span class="hide">,</span>170,000
- </td>
- <td class="tdc">
- &#8199;&#8199;&#8199;<span class="hide">,</span>&#8199;89
- </td>
- </tr>
- <tr>
- <td class="tdl br">
- Dampfmaschinen
- </td>
- <td class="tdc br">
- &#8199;2,000,000
- </td>
- <td class="tdc">
- &#8199;&#8199;3,000
- </td>
- </tr>
- <tr>
- <td class="tdl br">
- Leinwand
- </td>
- <td class="tdc br">
- &#8199;2,490,000
- </td>
- <td class="tdc">
- &#8199;&#8199;2,500
- </td>
- </tr>
- <tr>
- <td class="tdl br">
- Porzellan
- </td>
- <td class="tdc br">
- &#8199;&#8199;<span class="hide">,</span>&#8199;30,000
- </td>
- <td class="tdc">
- &#8199;&#8199;&#8199;<span class="hide">,</span>&#8199;60
- </td>
- </tr>
- <tr>
- <td class="tdl br">
- Bronze
- </td>
- <td class="tdc br">
- &#8199;&#8199;<span class="hide">,</span>&#8199;10,000
- </td>
- <td class="tdc">
- &#8199;&#8199;&#8199;<span class="hide">,</span>&#8199;&#8199;8
- </td>
- </tr>
- <tr>
- <td class="tdl br">
- Bijouterieen
- </td>
- <td class="tdc br">
- &#8199;1,000,000
- </td>
- <td class="tdc">
- &#8199;&#8199;&#8199;<span class="hide">,</span>500
- </td>
- </tr>
- <tr>
- <td class="tdl br">
- Glaswaaren
- </td>
- <td class="tdc br">
- &#8199;2,360,000
- </td>
- <td class="tdc">
- &#8199;&#8199;2,400
- </td>
- </tr>
- <tr>
- <td class="tdl br">
- Tapeten
- </td>
- <td class="tdc br">
- &#8199;&#8199;<span class="hide">,</span>&#8199;50,000
- </td>
- <td class="tdc">
- &#8199;&#8199;&#8199;<span class="hide">,</span>140
- </td>
- </tr>
- <tr>
- <td class="tdl br">
- Holzschneiden
- </td>
- <td class="tdc br">
- &#8199;&#8199;<span class="hide">,</span>&#8199;11,000
- </td>
- <td class="tdc">
- &#8199;&#8199;&#8199;<span class="hide">,</span>&#8199;20
- </td>
- </tr>
- <tr>
- <td class="tdl br">
- Compositionen zum Bau
- </td>
- <td class="tdc br">
- &#8199;&#8199;<span class="hide">,</span>&#8199;20,000
- </td>
- <td class="tdc">
- &#8199;&#8199;&#8199;<span class="hide">,</span>&#8199;60
- </td>
- </tr>
- <tr>
- <td class="tdl br">
- Halsbinden
- </td>
- <td class="tdc br">
- &#8199;4,000,000
- </td>
- <td class="tdc">
- &#8199;&#8199;2,500
- </td>
- </tr>
- <tr>
- <td class="tdl br">
- Feuerspritzen
- </td>
- <td class="tdc br">
- &#8199;&#8199;<span class="hide">,</span>160,000
- </td>
- <td class="tdc">
- &#8199;&#8199;&#8199;<span class="hide">,</span>200
- </td>
- </tr>
- <tr>
- <td class="tdl br">
- Wagenbauer
- </td>
- <td class="tdc br">
- &#8199;2,000,000
- </td>
- <td class="tdc">
- &#8199;&#8199;1,200
- </td>
- </tr>
- <tr>
- <td class="tdl br">
- Baumwoll-Pressen
- </td>
- <td class="tdc br">
- &#8199;1,000,000
- </td>
- <td class="tdc">
- &#8199;&#8199;&#8199;<span class="hide">,</span>550
- </td>
- </tr>
- <tr>
- <td class="tdl br">
- Kunstblumen
- </td>
- <td class="tdc br">
- &#8199;&#8199;<span class="hide">,</span>500,000
- </td>
- <td class="tdc">
- &#8199;&#8199;&#8199;<span class="hide">,</span>600
- </td>
- </tr>
- <tr>
- <td class="tdl br">
- Sattler und Zäumer
- </td>
- <td class="tdc br">
- &#8199;1,000,000
- </td>
- <td class="tdc">
- &#8199;&#8199;&#8199;<span class="hide">,</span>400
- </td>
- </tr>
- <tr>
- <td class="tdl br">
- Siegellack
- </td>
- <td class="tdc br">
- &#8199;&#8199;<span class="hide">,</span>&#8199;20,000
- </td>
- <td class="tdc">
- &#8199;&#8199;&#8199;<span class="hide">,</span>&#8199;30
- </td>
- </tr>
- <tr>
- <td class="tdl br">
- Piano’s
- </td>
- <td class="tdc br">
- &#8199;&#8199;<span class="hide">,</span>200,000
- </td>
- <td class="tdc">
- &#8199;&#8199;&#8199;<span class="hide">,</span>300
- </td>
- </tr>
- <tr>
- <td class="tdl br">
- Orgel
- </td>
- <td class="tdc br">
- &#8199;&#8199;<span class="hide">,</span>150,000
- </td>
- <td class="tdc">
- &#8199;&#8199;&#8199;<span class="hide">,</span>&#8199;60
- </td>
- </tr>
- <tr>
- <td class="tdl br">
- Buchbinder
- </td>
- <td class="tdc br">
- &#8199;1,850,000
- </td>
- <td class="tdc">
- &#8199;&#8199;2,000
- </td>
- </tr>
- <tr>
- <td class="tdl br">
- Schrauben
- </td>
- <td class="tdc br">
- &#8199;&#8199;<span class="hide">,</span>400,000
- </td>
- <td class="tdc">
- &#8199;&#8199;&#8199;<span class="hide">,</span>208
- </td>
- </tr>
- <tr>
- <td class="tdl br">
- Kofferfabriken
- </td>
- <td class="tdc br">
- &#8199;&#8199;<span class="hide">,</span>600,000
- </td>
- <td class="tdc">
- &#8199;&#8199;&#8199;<span class="hide">,</span>850
- </td>
- </tr>
-</table>
-
-<p class="mtop1">Wenn mithin bis jetzt nur etwa 200,000 Menschen in den Fabriken
-beschäftigt sind, und etwa 140 Millionen Piaster Capital dazu verwendet
-wird, so kann es doch nicht fehlen, daß im Verlauf von 10 Jahren die
-Fabriken um das Doppelte und vielleicht Dreifache anwachsen<span class="pagenum"><a name="Seite_43" id="Seite_43">[S. 43]</a></span> würden,
-wenn die Regierung hülfreiche Hand leisten wollte. (Hierüber später ein
-Mehreres.)</p>
-
-<p>Die Ausstellung (Mechanical Fair) kann für den Deutschen nicht
-viel Interesse haben, denn es zeigt sich offenbar, daß das ganze
-Fabrik-System sich noch in der Entwickelung befindet, wie dies auch
-aus der mitgetheilten Tabelle zu ersehen ist. Das Auffallendste unter
-allen aufgestellten Gegenständen, waren mehrere Feuerspritzen, mit
-einer Eleganz gearbeitet wie man sie selten an Staatswagen findet.
-Die Lackirung, die Malerei, die Broncen an jeder derselben müssen,
-meines Erachtens, wenigstens 1000 Rthlr. gekostet haben. Als ich einen
-anwesenden Freund fragte, ob diese Spritzen wirklich zum Löschen
-dienen sollten, oder nur als Kunstwerke zur Schau aufgestellt waren,
-erwiederte er mir, man habe hier noch elegantere als diese und erklärte
-mir die Ursache hiervon auf folgende Weise: „Wir Bürger,“ fing er
-an, „sind sammt und sonders dienstpflichtig: wer nicht Militair sein
-will, muß Feuermann sein. Bei Feuersbrünsten hat er den Dienst bei
-der Spritze zu versehen. Diese Feuerleute sind, wie das Militair,
-in Compagnieen eingetheilt, und so wie sich die Soldaten armiren
-und montiren müssen, so haben die Feuermänner für die Anschaffung
-ihrer Spritze Sorge zu tragen, und diese wetteifern nun, eben so die
-elegantesten Spritzen zu besitzen, wie Jene, die schönste Uniform zu
-haben.“ Auffallend ist es, daß die Deutschen, deren es hier 45,000
-giebt, zu den vorzüglichsten bei den Feuerlöschungs-Anstalten gezählt
-werden.</p>
-
-<p>Am Sonntage, vor meiner Abreise nach Havana, besuchte ich die deutsche
-Kirche, deren Prediger von allen anwesenden Deutschen vergöttert wurde;
-ich ging mit der gespanntesten Erwartung ungefähr eine halbe deutsche
-Meile weit und finde in demselben &mdash; einen Demagogen, der an der
-Gottheit zweifelt; die Predigt war durchaus verworren, so daß mir der
-Prediger selbst nicht bei gesunder<span class="pagenum"><a name="Seite_44" id="Seite_44">[S. 44]</a></span> Vernunft zu sein schien. Nichts
-destoweniger hatten sich zwei Partheien, eine für, die andere gegen ihn
-gebildet, die beim Ausgang der Kirche über den Werth und Unwerth des
-Predigers in Streit geriethen. Sehr oft tritt hierbei der Fall ein,
-daß, wenn gewöhnliche Beweise nicht fruchten wollen, mit den Fäusten
-gegeneinander argumentirt wird. Dieser Fall soll erst kürzlich bei
-der Predigt eines Predigers E.., angeblich der Sohn eines deutschen
-Bischofs, vorgekommen sein, welcher allen Hader damit geendet hat, daß
-er sich bald nachher auf- und davon gemacht und zugleich zum Ueberfluß
-einiges Silbergeschirr aus der Kirche auf die Reise nach Ostindien
-mitgenommen hat.</p>
-
-<p>Heute vor meiner Abreise hatte ich auch noch Gelegenheit, in dem
-Kaffeehause eines Italieners den vormaligen Wüthrich des deutschen
-Wollgeschäfts, den famösen Behr aus Mecklenburg zu sprechen. Obgleich
-seine Kleidung reinlich war, so verrieth sie doch, daß er nicht mehr
-so recht in der Wolle saß. Er kannte mich nicht, erinnerte sich jedoch
-bald meiner, als ich ihm meine Karte gab.</p>
-
-<div class="chapter">
-
-<p><span class="pagenum"><a name="Seite_45" id="Seite_45">[S. 45]</a></span></p>
-
-<h2 id="Zweite_Abtheilung"><span class="antiqua">Zweite Abtheilung.</span><br />
-
-<b class="lheight2">Havana.</b></h2>
-
-</div>
-
-<h3 id="Reise_nach_Havana"><span class="antiqua">Reise nach Havana,
-Oertlichkeit und Einrichtung daselbst.</span></h3>
-
-<p>Am 8ten November trat ich meine Reise nach Havana an; es war jetzt hier
-so kalt, daß das Eis in den Straßen wohl 1 Zoll stark gefroren war,
-und wir auf der Norma, einem beliebten Paquetboot zwischen New-York
-und Havana, worauf keine Oefen sind, tüchtig froren. Die Gesellschaft
-bestand aus etwa 25 Personen, worunter einige sehr häßliche Nichten
-des frühern Präsidenten der V. S., die Frau eines Generals, der
-Secretair des französischen Consuls, ein deutscher Arzt, ein in
-Matanzas etablirter, aus Hamburg stammender Kaufmann, Trunkenbold
-erster Klasse, der Sohn eines der ersten Geld-Aristokraten in Hamburg;
-ein in kaufmännischen Geschäften ohne die geringsten Kenntnisse in
-Havana etablirtes junges Bürschchen u. A. waren. Ich rathe jedem
-geehrten Leser, der diese Reise macht, sich mit einem besondern Passe
-zu versehen, welches ich unglücklicher Weise vergessen hatte; auch
-hatte ich meinen preußischen Gouvernements-Paß nicht von dem spanischen
-Consul in New-<span class="pagenum"><a name="Seite_46" id="Seite_46">[S. 46]</a></span>York visiren lassen. Als der Capitain und die andern
-Reisegefährten dies erfuhren, meinte man, dies sei sehr schlimm, um so
-mehr, da das preußische Cabinet mit der Königin von Spanien nicht in
-freundschaftlichen Verhältnissen stehe. Der Secretair des französischen
-Consuls erzählte, daß 21 Franzosen, welche ohne Pässe angekommen wären,
-nach Frankreich zurückgewiesen worden seien, und auch wirklich hätten
-zurückreisen müssen, wenn der Consul nicht sich für die Herbeischaffung
-der Pässe verbürgt hätte; &mdash; ich indeß &mdash; behielt guten Muth, im
-Vertrauen, daß ich mich durch meinen Paß sowohl als durch angesehene
-Häuser in Havana würde legitimiren können; Einige glaubten sogar, ich
-würde als Arrestant behandelt werden. Nur ein junger Mensch, der Bruder
-eines Advokaten in Havana, sagte mir heimlich, daß er den Beamten
-kenne und für Alles sorgen wolle, was ich zunächst mit Dank annahm.
-Einmal, in einer Nacht, war die Gesellschaft sehr allarmirt, wir fuhren
-nämlich zwischen Felsen, an einer Stelle, welche von den Schiffern
-The hole in the Wall (das Loch in der Wand) genannt wird und waren in
-großer Gefahr, auf einen Felsen zu gerathen; allein der Capitain fand
-in der tiefsten Dunkelheit die Passage und am nächsten Morgen hatten
-wir das Fort von Havana vor Augen. Noch muß ich eines Zuges des jungen
-deutschen Arztes erwähnen; er war der Sohn eines Leipziger Professors,
-hatte aber wegen zu großer Gedankenfreiheit sein Vaterland verlassen
-müssen, und kam jetzt von New-Orleans, wo er gewesen war, um sich mit
-der Heilung des gelben Fiebers vertraut zu machen. Nur das muß ich
-an dem jungen Manne tadeln, daß er sich keines Patienten anders, als
-nachdem er nachdrücklich von demselben ersucht worden war, annahm.
-Er konnte, wie er selbst sagte, keinen Betrug leiden; dies zeigte
-sich hier bei unserer Fahrt ebenfalls bei einer eigenen Gelegenheit.
-Es ist auf allen für Reisende eingerich<span class="pagenum"><a name="Seite_47" id="Seite_47">[S. 47]</a></span>teten Paquetschiffen die
-Anordnung getroffen, daß an den Sonn- und Donnerstagen Champagner
-gratis zum Mittagsessen gereicht wird. Der Schiffs-Eigenthümer denkt
-auf wohlfeilen Proviant, und rechnet auf unkundige Trinker, und zwar
-auf solche, welche, wie es größtentheils der Fall ist, den Werth des
-Champagners nach dem Mußiren beurtheilen, und kein Wunder, daß unser
-Schiff mit dergleichen mußirendem Stoff versehen war. Meister in der
-Zubereitung solcher Getränke sind die Amerikaner; besonders verstehen
-sie, aus den Aepfeln einen mußirenden Cyder zu bereiten, der von
-Nichtkennern für Champagner getrunken werden muß &mdash; er wird jedoch
-vom Fabrikanten unter dem Namen Champagner-Cyder verkauft. Solcher
-Champagner-Cyder wurde an den erwähnten Tagen reichlich aufgetischt,
-und wurde denn auch allgemein mit Wohlgefallen für Champagner genossen;
-ich meinerseits schmeckte denselben beim ersten Glase heraus, und ließ
-es bei demselben bewenden. An einem der letzten Tage machte ich meinen
-Landsmann darauf aufmerksam, und ersuchte ihn, das Geheimniß bis zum
-Landungstage zu bewahren. „Stören wir die Illusion nicht,“ sagte ich
-zu ihm, „bis wir landen; dann wollen wir mit den Hamburgern, welche
-sich die ersten Champagnerkenner zu sein dünken, und die letzten
-Flaschen den ersteren stets vorzogen, unsern rechten Spaß haben, und
-dieselbe necken.“ Er versprach, meiner Bitte Gehör zu geben; allein
-als am andern Mittage sämmtliche Tischgenossen wieder den Champagner
-priesen, versicherte der Doctor, das, was sie tränken, sei nichts als
-Aepfel-Cyder; Keiner wollte weiter trinken, man ging unzufrieden von
-Tisch und meine so wie des Capitains Freude war verdorben. Als ich ihm
-darüber Vorwürfe machte, erwiederte er: ich hasse jeden Betrug, und es
-ist ein wahrer Betrug, Cyder für Champagner aufgesetzt zu bekommen.</p>
-
-<p><span class="pagenum"><a name="Seite_48" id="Seite_48">[S. 48]</a></span></p>
-
-<p>Das Schiff lag vor Anker. Der Platz-Major, unter Begleitung eines
-Militair-Commando’s, langte auf einer Galeere zum Empfang der Pässe
-an. Mir ging es hierbei ganz glücklich; als der Dolmetscher den
-Inhalt meines Passes vortragen wollte, legte der Capitain denselben
-zusammen und sagte „schon gut!“ Es durfte indeß noch keiner von den
-Passagieren das Schiff verlassen; selbst der hohe Staatsbeamte mußte
-die schriftliche Erlaubniß von Seiten des Gouverneurs abwarten. Nur
-erst, nachdem sich ein in Havana Etablirter für den Ankommenden
-verbürgt hat, wird demselben die schriftliche Erlaubniß zum Landen
-gegeben. Der Gouverneur hat die Stunde von 12&ndash;1 Uhr zum Unterzeichnen
-dieser sogenannten Permitts festgestellt, weshalb Schiffe, welche des
-Nachmittags ankommen, bis zum folgenden Tage warten müssen.</p>
-
-<p>Diese Maßregel soll dazu dienen, das Land von Vagabonden frei zu
-halten. Die Meisten und Unterrichteten zeigen ihre Ankunft in früher
-absegelnden Schiffen an, und finden das Permitt beim Einlaufen vor.
-Auch ich hatte zwei Briefe nach der Stadt befördert, hatte aber durch
-die Schuld meines Correspondenten M... noch einige Weitläuftigkeiten,
-indem ich nämlich kein Permitt fand, und auch der Capitain, der
-sogleich nach Havana hinübergefahren war, mir keins mitbrachte, weil,
-wie er sagte, mein Paß in Unordnung sei. Ich faßte jetzt den Entschluß,
-selbst an’s Land zu fahren, und die Kraft des goldenen Spruches von
-Wieland: „Ein goldener Schlüssel öffnet jedes Schloß“ zu versuchen.
-Rasch griff ich in die Tasche und zeigte dem spanischen Don-Soldat,
-der auf Posten stand, einige Silberlinge, ohne etwas zu sagen; der
-Don verstand meine Silbertöne, und sagte in spanischer Sprache, wie
-mir gedolmetscht wurde: fahren Sie in Gottes Namen, kommen Sie jedoch
-nicht später als 8 Uhr morgen früh zurück, denn um 8 Uhr ist die
-Ablösung und meinem Nachfolger muß ich Sie überliefern.<span class="pagenum"><a name="Seite_49" id="Seite_49">[S. 49]</a></span> Mit andern
-Personen fuhr ich jetzt nach Havana über, und wir langten vor einem
-Boarding-Hause ohne Namen an. Eine eben so bejahrte, als beredsame
-Wirthin kam sofort herbei und gab mir sowohl auf Englisch, wie auf
-Französisch zu verstehen, daß ich dasjenige Zimmer, welches mir
-angewiesen wurde, in welchem sich eine Feldbettstelle, in der Form
-eines deutschen Stickrahmens mit einer dünnen Kattundecke, ferner
-ein ganz ordinairer Waschtisch und zwei hölzerne Schemel befanden &mdash;
-für nicht mehr, aber auch nicht weniger als 17 Piaster inclusive des
-Mittagessens und des Frühstücks pro Woche haben könnte. Nachdem ich
-diese erfreulichen Bedingungen mit philosophischer Ruhe vernommen und
-meine Sachen abgelegt hatte, eilte ich, meinen Correspondenten, den
-Consulvertreter M..., an den ich mich bereits früher wegen des Permitts
-gewendet hatte, aufzusuchen. Ihn und seine sämmtlichen Commis fand ich,
-wie es hier bei der Hitze üblich ist, im tiefsten Negligé bei Tische.
-Entrée und Speisesaal bilden ein mit Zugwind versehenes Ganze. Beim
-Caffee sagte M... zu mir, ich würde wohl daran gethan haben, meine
-Ankunft einige Wochen vorher anzuzeigen, damit ich alles Nöthige, Logis
-u. s. w. in Ordnung angetroffen hätte. Da ich dieses gethan zu haben
-mir bewußt war, so wußte ich, woran ich mit diesem Helden war. Wegen
-des Permitts versprach er, das Nöthige zu besorgen, und am andern Tage
-um die Mittagszeit, nachdem ich vorher meinem Versprechen gemäß, zu
-dem Don-Soldat zurückgekehrt war, erhielt ich denn auch endlich die
-schriftliche Erlaubnis Sr. Exzellenz, versehen mit 7 Unterschriften.
-Meine Sachen ließ ich am andern Tage Vormittags abholen, weil das
-Steueramt nur bis 12 Uhr expedirt; die Revision war nach preußischer
-Weise, d. h. sehr liberal; mein geringes Gepäck passirte ohne viele
-Umstände. Zum Fortschaffen desselben muß man hier drei Neger bezahlen,
-wo man in Europa nur eine<span class="pagenum"><a name="Seite_50" id="Seite_50">[S. 50]</a></span> Person gebraucht. Als ich nach meinem Logis
-zurückkam, trat mir ein Don-Soldat entgegen mit der Aufforderung,
-ihm sofort zum Capitain de Place zu folgen. Nachdem ich rasch meine
-Toilette gemacht, wobei der Soldat sich vor der Thür meines Zimmers
-befand, führte mich dieser zum Capitain, einem überaus artigen Manne,
-welcher, nachdem er mein Permitt gesehen hatte, mich um Verzeihung
-bat, und meinte, es müsse hier ein Irrthum in der Person stattgefunden
-haben; allein ich habe Ursache zu glauben, daß einer von meinen
-Reisegefährten eine Anzeige gegen mich gemacht hat.</p>
-
-<p>Vor allem Uebrigen, dachte ich, als die Paß-Verlegenheit beseitigt
-war, ein Logis für mich zu miethen, weil die Ausgabe von 100 Piaster
-pro Monat für ein schlechtes Zimmer und eben so schlechte Kost mir zu
-theuer schien, und 100 Piaster kann man vollkommen die Ausgaben in
-einem solchen Boarding-Hause anschlagen. Es wurden mir von mehreren
-Bekannten Logis in Vorschlag gebracht, die ich sofort besah, und
-mit Pferdeställen zu vergleichen nicht umhin konnte; für Möbel und
-Bedienung sollte ich überall noch besonders sorgen. Zuletzt miethete
-ich eins was mir besonders empfohlen wurde, bei einer sehr braven Frau,
-die von Geburt eine Französin war, worin sich, wie in jedem Hause in
-Havana, Ratten, Mäuse, Scorpione, Cucerachas (große Würmer) aufhalten,
-und war dies Gemach in Hinsicht der vielen Thierarten mit Noah’s Arche
-zu vergleichen. In meiner Wirthin sowohl, als in ihren beiden Söhnen
-fand ich treffliche Leute, bei denen ich mich ungemein wohl befand,
-und mich von meinen körperlichen Leiden und den Widerwärtigkeiten der
-Handelskrisis merklich erholte.</p>
-
-<p>Es ist so manches über Havana, seine Sitten und Verhältnisse
-geschrieben worden, auch der Herr von Humboldt berührt dieses Capitel
-in seinen berühmten Werken; allein was den Handel betrifft, so hätte
-in keinem Falle<span class="pagenum"><a name="Seite_51" id="Seite_51">[S. 51]</a></span> dieser ausgezeichnete Mann, dem übrigens auch wohl
-die praktische Erfahrung in Handelssachen abging, hierüber etwas sagen
-können, was jetzt noch genügte, da jetzt die Handelsverhältnisse sich
-ganz anders gestaltet haben, und wenn es noch um das Jahr 1802 etwa
-drei Häuser gab, die sich mit dem Handel nach Europa beschäftigten, so
-giebt es deren jetzt vielleicht 300. Es wird nicht ohne allgemeines
-Interesse sein, nachzuweisen, in wie fern die jetzt stattfindende
-überaus große Concurrenz vortheilhaft oder nachtheilig für diese Insel
-und die europäischen Kaufleute ist. Meine gesammelten Erfahrungen
-werde ich ohne Scheu niederschreiben, meine Behauptungen klar und
-bestimmt aufstellen und beweisen, und endlich auch solche Vorschläge
-zur Verbesserung des Handels zu machen mich bemühen, welche mir, als
-praktischem Kaufmann, ausführbar scheinen. Zuvor werde ich jedoch
-Einiges über den Ort, über die Lebensweise der Bewohner etc. bemerken.</p>
-
-<p>Havana ist an und für sich klein, obgleich es gegen 120,000 Einwohner
-zählt. Für die Passagiere ist der Place des Armes, welchen Platz er
-gleich nach der Landung am Werft betritt, höchst überraschend und
-anziehend; ein Viereck, auf welchem sich drei prächtige Gebäude,
-das Haus der Gouverneurs, der Intendantur, das Palais eines Großen
-und eine Kaserne im großartigsten Stil gebaut, präsentiren. In der
-Mitte ist ein Platz von der Größe des Lustgartens zu Berlin, und
-ähnlich wie dieser arrangirt. Vier kleine Fontainen und das Monnument
-Ferdinand’s befinden sich in den kleinern mit Gußeisen eingefaßten
-Quarrées, in welchen blühende oder fruchttragende Orangen-, Cedern- und
-Palmbäume majestätisch prangen. Zur Bequemlichkeit der Spaziergänger
-sind die Wege mit Quadratsteinen von Granit belegt. Die Promenade
-auf diesem Platz ist jeden Abend von 8&ndash;9 Uhr, wenn das Musik-Corps
-der Garnison, welches ausgezeichnet brav ist, die Retraite bläst,
-und zugleich die gewähltesten Stücke spielt. Die Damen<span class="pagenum"><a name="Seite_52" id="Seite_52">[S. 52]</a></span> erscheinen
-alsdann in Ballkleidern, jedoch ohne Kopfbekleidung und Handschuhe,
-die hier nicht Gang und gebe sind; Blumen, Perlen und dergl. dient den
-hiesigen Damen zum Kopfputz; die ältesten Frauen tragen nichts auf dem
-Kopfe, nur bei großer Kälte wird ein chinesischer Shawl über den Kopf
-genommen. Damen ersten Ranges verbleiben in den Volanten. Von diesem
-schönen Platz, durch welchen jeder Ankommende eine sehr vortheilhafte
-Meinung von Havana bekommt, gehe ich zu den vier Hauptstraßen über,
-sie heißen: Orili, Obispo, Lamperillia und Obra Pia, haben 16&ndash;18 Fuß
-Breite und sind mit schmalen, etwa 20 Zoll breiten, sehr fehlerhaften,
-zum Beinbrechen eingerichteten Trottoirs versehen. Man muß sich
-daher sehr vorsehen, auf diesen Trottoirs nicht auszugleiten, oder
-von einer vorübergehenden Volante gerädert zu werden. Die Volante
-ist ein zweirädriges Cabriolet mit einem Pferde, oder auch Maulthier
-bespannt, die gewöhnlich von einem Neger geleitet werden. Man muß
-daher mit sehr großer Vorsicht in den Straßen gehen, indem die Achsen
-dieser Cabriolets 6 Fuß in der Breite messen, und die Räder eine Höhe
-desselben Maßes erreichen, welche des Umwerfens wegen in der Art
-angebracht sind, daß der Raum an den obern Theilen auf 7 Fuß anzunehmen
-ist. Begegnen sich daher zwei solcher Volanten in den 16 Fuß breiten
-Straßen, so bleibt für den Fußgänger äußerst wenig Raum übrig; ein
-Rad muß nothwendig über das Trottoir gehen, wobei es nicht selten an
-den Röcken der Vorübergehenden gereinigt wird. Dazu kommt, daß die
-Neger darauf los fahren, ohne die Fußgänger anzurufen und Vorsicht zu
-empfehlen.</p>
-
-<p>Die Straßen sind ungepflastert und daher oft, besonders nach starkem
-Regen, nicht zu passiren, indem das Wasser 6&ndash;8 Zoll hoch steht:
-welcher Umstand den Wäscherinnen nicht minder als den Volanten eine
-gute Erndte verschafft, denn es ist in Havana allgemein Sitte,<span class="pagenum"><a name="Seite_53" id="Seite_53">[S. 53]</a></span> in
-weißen Pantalons, feinen weißen Strümpfen, und Schuhen mit umgewendeten
-Sohlen umherzugehen. Bei großem Schmutz müssen diese 3&ndash;4 Mal täglich
-gewechselt werden. Es ist nichts Seltenes, daß Commis von Comptoiren
-15 Piaster Waschgeld pro Monat bezahlen; ein junger Mann versicherte
-mir, daß er im Sommer täglich dreimal die Wäsche wechsele, und wohl
-7 Dutzend Pantalons besitze. Die Kutscher der Volanten sind oft so
-mechant, daß sie im Vorbeifahren vorsätzlich den Vorübergehenden die
-weißen Pantalons beschmutzen, damit diese einsteigen und nach Hause
-fahren müssen, um auf’s neue Toilette zu machen. Man bezahlt für eine
-Tour etwa acht Groschen Courant, bei schlechtem Wetter oft das Doppelte.</p>
-
-<p>Für die ankommenden Schiffer ist hier die Art und Weise des Abladens
-weit angenehmer als in New-York; es wird ihnen hier sogleich nach ihrer
-Ankunft ein bestimmter Platz dazu angewiesen, wogegen sie in New-York
-vielleicht 10 Tage warten müssen. Da indessen die Räume für die Waaren,
-die zur Niederlage gebracht werden, zu klein für die Importation sind,
-die Zollbeamten aber auch nur bis 12 Uhr Vormittags arbeiten, so ist es
-gar nichts Seltenes, daß die Empfänger von Gütern vier Wochen und noch
-länger warten müssen.</p>
-
-<p>Das Weihnachtsfest begann hier ohne besondere Zurüstungen und
-Festlichkeiten; am sogenannten heiligen Abend sah ich nichts
-Ungewöhnliches in der Stadt vorgehen. Nur die Schiffer kündigten das
-Fest dadurch an, daß sie alle vom Werft in den Strom hinauslegten.
-Die bedeutenden spanischen Handlungshäuser schließen ihr Geschäft bis
-zum zweiten Januar und besuchen ihre Freunde auf dem Lande. (Es giebt
-hier nichts als Sommertage.) Man fährt von einer Plantage zur andern,
-und findet überall Schmausereien und Bälle. Die Commis machen es eben
-so; sie fahren auf der Eisenbahn, oder auch auf Dampfschiffen zu ihren
-Bekannten. Die Gastfreundschaft ist hier<span class="pagenum"><a name="Seite_54" id="Seite_54">[S. 54]</a></span> größer, als ich sie irgendwo
-gefunden habe, indeß sind auch solche Parthieen in der Regel sehr
-kostspielig, indem man an dem National Hazardspiele Theil nehmen muß,
-welches, wie alle dergleichen Spiele, für Pointeurs nachtheilig ist,
-man jedoch Theil daran zu nehmen nicht gut verweigern kann, weil jeder
-Spanier gern spielt, und als Wirth es einigermaßen erwartet, daß die
-Geladenen sich nicht davon ausschließen werden. Ein junger Deutscher
-versicherte mir, bei einem sehr gemäßigten Spiele 8 Unzen (à 17 Piaster
-die Unze) verloren zu haben. Mit dem 24. December hören alle Geschäfte
-auf, selbst der Packhof bleibt von diesem Tage an bis zum 2. Februar
-geschlossen &mdash; sehr hart für Geschäftsleute.</p>
-
-<p>Das Weihnachtsfest wurde von Mitternacht an aus allen Kräften mit
-allen Glocken verkündet. Es regnete in Strömen, und dennoch zogen die
-Menschen zu jener Zeit in Massen nach der Kirche. Junge Leute von allen
-Religionen verfehlten nicht, den Messen und &mdash; noch etwas Anderem
-&mdash; beizuwohnen. Da ich indeß in meinem Leben von den Leipziger und
-Frankfurter Messen zu viel Genuß gehabt habe, so blieb ich von diesen
-Messen zurück, und legte mich in meiner Arche zu Bette.</p>
-
-<p>Am Nachmittage des Weihnachtstages begab ich mich nach dem sogenannten
-Passeo de Tacon, einer von dem vorigen Gouverneur in großem Stil
-angelegten Promenade, welche, wenn die darauf gepflanzten Orangen-,
-Ceder-, Cocus-, Palm- und Brodbäume in Zeit von 50 Jahren etwa einmal
-Schatten für die Spaziergänger darbieten werden, zu den ersten
-Promenaden auf der Erde gerechnet werden dürfte. In derselben fand
-ich mehrere 100 Volanten, die, wie in St. Petersburg bei großen
-Schlittenfahrten in der Butterwoche, in der größten Ordnung fahren.
-Lanciers bilden eine Barriere zwischen den Hin- und Zurückfahrenden.
-Die Damen sitzen en deux oder auch en trois in Ball-Anzügen in den
-Volanten, wo sie ihre sehr<span class="pagenum"><a name="Seite_55" id="Seite_55">[S. 55]</a></span> schönen Füße, welche in den allerschönsten
-seidenen Strümpfen und Atlas-Schuhen ihr Obdach haben, so vortheilhaft
-präsentiren, daß die Vorübergehenden über diesen reizenden Theil des
-weiblichen Körpers ein vortheilhaftes Urtheil auszudrücken sich nicht
-enthalten können. Ich muß gestehen, daß ich die schönsten Füße, und die
-geschmackvollste Chaussirung hier antraf, denn was man in Paris und
-London nur hin und wieder sieht, das findet man hier im Allgemeinen.
-Dies ist wohl dem Umstand zuzuschreiben, daß die hiesigen Damen wenig
-oder gar nicht stehen oder gehen; in ihren Wohnungen sitzen sie stets
-und wenn sie durch Geschäfte aus dem Hause gerufen werden, so fahren
-sie in ihren eigenen Volanten, die jede Frau zu ihrer Disposition hat.
-Alle Einkäufe werden in den Volanten gemacht; die Laden-Diener müssen
-die Artikel, nach welchen die Käuferinnen fragen, an den Wagen bringen,
-man beordert, das Nöthige zu schicken, und fährt dann nach einem
-Conditor-Laden, um Gefrornes zu genießen (ebenfalls im Wagen). Aus
-diesem Grunde hat Jeder, der einen offenen Laden besitzt, eine Masse
-von Dienern nöthig, welche, wenn das Wetter die Damen vom Ausfahren
-abhält, den Orgelpfeifen gleich, hinter den Ladentischen stehen. Da die
-Damen hier zu Lande das Abdingen nicht so verstehen, wie die Berliner
-Damen, so weiß der Verkäufer es so einzurichten, daß dieselben den Lohn
-für jene Masse von Dienern mit bezahlen müssen. &mdash; Als ich gegen 8
-Uhr von meinem Spaziergang durch die herrliche Allee von Orangen etc.
-zurückkehrte, dachte ich an meine guten Berliner, und wünschte, daß
-sie meinen Genuß auf diesem Spaziergange mit mir theilen könnten, ohne
-daß sie nöthig hätten, sich, wie ich, diesen Winter hier aufzuhalten,
-denn ein immerwährender Sommer muß dem Menschen, welcher den Wechsel in
-allen Dingen fordert, am Ende lästig werden, und dieses war mit mir der
-Fall.</p>
-
-<p><span class="pagenum"><a name="Seite_56" id="Seite_56">[S. 56]</a></span></p>
-
-<p>Obgleich ich schon einiges von den häuslichen Einrichtungen in Havana
-berührt habe, so erscheint mir doch dieser Gegenstand wichtig und
-interessant genug, um etwas ausführlicher darüber zu sein. Das Erste,
-woran Jemand denkt, der sich hier etablirt, ist der Ankauf von Sclaven.
-Viele Leser werden hierin etwas Widriges, und Ungerechtes erblicken,
-daß man einen Menschen als Sache behandelt und ihm die Freiheit nimmt,
-zu der er geboren ist. Allein, da hier keine Dienstboten zu miethen
-sind, und man dienende Leute nicht gut entbehren kann, so muß man schon
-zum Ankauf von Sclaven, d. h. der Neger schreiten, die hier wie ein
-Bündel Schwefelhölzer d. h. mit derselben Gleichgültigkeit gekauft und
-verkauft werden. Sie sind zu jeder Zeit zu haben, da es sehr viele
-Kaufleute giebt, die auf diesen Artikel spekuliren und immerwährend ein
-wohlassortirtes Lager von 6&ndash;800 besitzen. Der Preis eines Sclaven ist
-400 bis 450 Piaster en detail und etwa 360, wenn man en gros kauft.
-Ueber den Handel en gros werde ich weiter unten ausführlicher sprechen.</p>
-
-<p>Hat man Sclaven, so sieht man sich nach einem Hause um, welches
-monatsweise vermiethet wird und zwar zu 100 bis 500 Piaster; ein Haus
-von dem erstern Preise ist sehr unbedeutend, und eins von dem letztern
-nicht das ausgezeichnetste. Das Ameublement ist im Durchschnitt höchst
-mittelmäßig und mit dem in Europa in gar keinen Vergleich zu stellen.</p>
-
-<p>Die Hauptrolle in demselben spielen die Armstühle, statt der vier
-Füße mit zwei Untergestellen, wie in Europa die Wiegen, versehen,
-wovon sechs bis acht vor den großen nur mit eisernen Gittern, ohne
-Glas, umgebenen Fenstern zum Empfang der Gäste bereit stehen. Die
-Damen sitzen Abends auf denselben und schaukeln sich, um von den
-Vorübergehenden bewundert werden zu können. Die Zimmer sind entweder
-durch hängende Lampen erleuchtet, oder dieselben stehen auf einem
-Tische in der<span class="pagenum"><a name="Seite_57" id="Seite_57">[S. 57]</a></span> Mitte des Zimmers. Ein oder zwei Volanten müssen in den
-Vorhäusern zum Zeichen der Wohlhabenheit des Eigenthümers, und zur
-Unbequemlichkeit der Eintretenden dastehen; hin und wieder bemerkt
-man auch eine Volante im Gesellschaftszimmer in der Nähe des Piano.
-An der Thür muß ein Portier im weißen recht feinen Hemde sitzen, und
-seinen Cigarr rauchen, wenn das Haus einen vollkommenen Anstrich
-von Anständigkeit haben soll; die Portiers sind gewöhnlich Spanier.
-Oft sieht man im Vorbeigehen die ganze Damengesellschaft auf ihren
-Schaukelstühlen oder am Fortepiano mit brennenden Cigarren. Die Köche
-sind in der Regel freie Menschen und werden für ihr Metier sehr gut
-besoldet. Hier ist, wie es sich von selbst versteht, nur von Häusern
-erster Klasse die Rede. In der Mittelklasse sucht man gewöhnlich einen
-Sclaven zum Koch abzurichten, was sehr leicht ist, denn die Hauptkunst
-besteht hier darin, die Fricassées in Oel schwimmend auf den Tisch zu
-schicken, die Fleischspeisen zu Brei zu kochen oder zu braten, und
-mit tüchtig viel Knoblauch und Zwiebeln zu würzen. Die Bedienung bei
-Tische geschieht durch Sclaven, welche wie die Hunde dressirt sind,
-und beständig auf die Gäste aufmerken. Da steht Einer mit der vollen
-Flasche in der Hand, um das leere Glas sofort zu füllen; dort steht
-ein Zweiter, die Hände über die Brust gefaltet, er sieht den Gast
-scharf an, um seine Befehle entgegen zu nehmen; ein Dritter paßt mit
-reinen Tellern, Gabeln und Messern auf den Dienst. Bei Leuten untern
-Ranges ist es eben so, nur unterscheiden sich die Sclaven im Anzuge
-und es gilt von diesen, was der große Kant in seiner Anthropologie von
-den Polen bemerkt, daß nämlich bei den Großen in Polen man von Silber
-speise, und die Bedienung ohne Schuhe und Strümpfe aufwarte, wozu in
-Havana oft noch zerrissene Kleider kommen. Dem Eingebornen ist solche
-Schwäche nachzusehen, aber die Ausländer, die Deutschen<span class="pagenum"><a name="Seite_58" id="Seite_58">[S. 58]</a></span> sollten hier
-dasselbe thun, was sie in den V. S. thun müssen, d. h. sich ihre Diener
-von Europa mitbringen. Doch was giebt es in Westindien für Deutsche?
-daß sich Gott erbarmen möge! Größtentheils solche, welche sich in
-Bremen mit Tabacks-Krämerei beschäftigt haben.</p>
-
-<p>Haushaltungen kosten hier sehr viel; die Frauen in denselben bekümmern
-sich um nichts, jeder einzelne Sclave um das, was ihm übergeben ist;
-der Einkäufer von Proviant sorgt hauptsächlich für Knoblauch, das
-Lieblings-Gewürz der Spanier. Die Anzahl der Gerichte ist hier sehr
-bedeutend, aber die Schüsseln von geringem Umfange, und der Inhalt
-derselben ist wegen der ungeheuern Oeldecke schwer zu ermitteln. Es
-wird sehr rasch gegessen, Caffee getrunken, ein Cigarr geraucht, wenig
-gesprochen und man entfernt sich. Hinsichtlich des Essens befinden sich
-die Sclaven hier außerordentlich wohl, da sie Alles in Ueberfluß haben
-und daher mit ihrem Schicksal in Havana nicht selten zufriedener sind,
-als mit dem vorigen in Afrika. Die Neger, welche in gallonirten Jacken
-und Schuhen ohne Strümpfe, an deren Stelle sie große Cürassier-Schäfte
-von gebranntem Leder, auf deren Stülpen sich Silberstifte in
-Unzahl befinden, mit Schnüren über den Beinen befestigen, dünken
-sich Groß-Moguls zu sein, wenn sie mit großen silbernen Sporen und
-Schnallen, durch welche letztere jene Schäfte unter den Knieen
-befestigt sind, ihren Gebieter vom Pferde herab kutschiren. Alles,
-was man in Europa an den Wagen und Geschirren in Gürtlerarbeit von
-Bronce bemerkt, wird hier meistens vom besten Silber verfertigt, und
-alles dies ist für Leute ersten Ranges, an welche sich die deutschen
-Commissionaire auf Unkosten der europäischen Geschäfts-Freunde
-anreihen, unbedingt nothwendig.</p>
-
-<p>Den zweiten Festtag wendete ich dazu an, mich mit den Vergnügungen der
-Sclaven bekannt zu machen; ich durchstrich die entlegensten Theile
-der Stadt, um die<span class="pagenum"><a name="Seite_59" id="Seite_59">[S. 59]</a></span> Belustigungs-Oerter dieser unsern Gefühlen nach
-unglücklichen Menschen aufzufinden. Indeß giebt es freilich nur wenige
-Herren, die nicht ihre Sclaven, einige Stunden der Ruhe abgerechnet,
-ununterbrochen im Joche halten. Ich folgte dem Zuge einer Masse
-von jungen Negern und langte in ihrer Mitte unter den Wällen der
-Festungswerke an. Mehrere Trommeln und verworrenes Geschrei, welches
-die Unglücklichen Gesang nennen, zogen mich zu den Häusern, wo die
-Belustigung stattfand, und ich sah eine junge Negerin die Königin
-des Balles machen und tanzen, nach der Trommel und dem Geschrei der
-zuschauenden Neger; Arme und Körper bewegten sich nach dem Takte,
-und sie gefiel ungemein; diesen Ball hatte, wie ich hörte, ein
-Cigarren-Fabrikant veranstaltet, der seine Arbeit wegen Mangel an
-Taback auf 14 Tage einstellte.</p>
-
-<p>Die Erfahrung, welche ich in Hinsicht des Handels hier machte, war für
-mich höchst traurig; ich werde Alles ziemlich ausführlich erzählen,
-damit der kaufmännische Leser auf seiner Hut sei und nicht ein
-ähnliches Schicksal erleide.</p>
-
-<h3 id="Geschaefts_Verhaeltnisse_in_Havana"><span class="antiqua"><span class="s6">Ueber
-die</span><br />
-Handels- und Geschäfts-Verhältnisse<br />
-<span class="s6">in</span></span><br />
-<span class="s5"><b>Havana.</b></span></h3>
-
-<p>Mein Correspondent, der Herr M... aus Bremen, war gleich bei meiner
-Ankunft sehr gesprächig und zuvorkommend. Da es hier üblich ist,
-den ankommenden Geschäfts<span class="pagenum"><a name="Seite_60" id="Seite_60">[S. 60]</a></span>freunden seinen Tisch zu offeriren, so
-verfehlte auch Hr. M... nicht, mir zu eröffnen, daß ich an seinem Tisch
-ein Couvert für mich bereit finden würde. Ich habe indessen nie da
-gefrühstückt, und ging höchstens ein paar mal die Woche zum Mittagessen
-hin und zwar lediglich, weil mir das Essen in der ersten Restauration
-la belle Europe zuwider war. Die Bedienung der Restauration nämlich
-erscheint mit brennenden Cigarren im Munde und Pantoffeln über den
-nackten Füßen. Wenn etwas von der Asche des Cigarrs auf den Teller
-fällt, so wissen die Aufwärter dieselbe sehr gewandt fortzunehmen,
-und dies möchte noch hingehen; aber nichts Seltenes ist es auch, daß
-sie, wenn sie Bratfische oder Pudding bringen, vor dem Ueberreichen
-sich von der Wärme dieser Speisen überzeugen, und mit dem Tabackssaft
-an den Fingern dieselben betasten. Daher nahm ich zuweilen, obgleich
-mit einem innerlichen Widerwillen, den Platz ein, den M... an seinem
-Tische für mich bestimmt hatte. Die ganze Gesellschaft war gewöhnlich
-im Negligé, was auf mich einen höchst unangenehmen Eindruck machte. Die
-Unterhaltung war eben so trocken und kraftlos wie die Braten, beides
-nicht für einen deutschen Geist und Magen. Ich merkte bald, daß M...
-sich für mich intressirte, in der Hoffnung, große Geschäfte mit mir
-zu machen; daß dies von keiner großen Dauer sein würde, war leicht
-vorauszusehen, und zeigte sich bald aufs Deutlichste.</p>
-
-<p>Als er eines Nachmittages über Zucker-Spekulationen zu sprechen
-anfing, und mir zuredete, daß ich eine im Belauf von 40,000 Piaster
-zu unternehmen nicht säumen möchte, und gute Rechnung finden würde,
-erwiederte ich ihm: In meinen Jahren ist der Kaufmann, der etwas
-Vernunft besitzt, nie so ambitiöse, sich über seine eigene Kräfte
-erheben zu wollen; wenigstens denke ich so, und werde mich daher nie
-in unabsehbare und unberechenbare<span class="pagenum"><a name="Seite_61" id="Seite_61">[S. 61]</a></span> Spekulationen einlassen. Meine
-Antwort mißfiel ihm sichtlich, und er entgegnete: „freilich wird man
-bedenklich, wenn man alt wird.“ Er brach jetzt ab, indessen bemerkte
-ich von nun an eine Gleichgültigkeit und Kälte, die sich in der Folge
-noch vermehrte, als er sah, daß ich mich selbst um den Verkauf meiner
-Waaren zu bekümmern anfing. Ich zeigte nämlich die Proben von einigen
-meiner Artikel in einem Handlungshause, und der Chef desselben, ein
-gewandter Geschäftsmann (Pole), sagte zu mir: „diese Waaren verkaufe
-ich Ihnen, sobald wir etwas von Mexico erfahren; ich habe einen Mann,
-der für 150,000 Piaster kaufen wird, er will jedoch zuvor das Paquet
-von Vera-Cruz abwarten.“ Auf sein Anrathen ließ ich die Proben bei ihm
-liegen. Mit Proben von einem andern Artikel begab ich mich nach dem
-Comptoir eines Amerikanischen Hauses, und erfuhr, daß diese Waare knapp
-(rar) und folglich gesucht sei; ich acceptirte den vorgeschlagenen
-Preis und verkaufte diese Waare sogleich. Als ich nun dem M... sagte,
-daß ich die Waare, von welcher er mir gesagt hätte, daß sie gar nichts
-werth sei, weil es keine Käufer dafür gebe, verkauft hätte, und ihm
-auftrug, sie dorthin zu expediren, so ergrimmte er gänzlich; auf alle
-meine Fragen wurde mir wenig oder gar keine Antwort ertheilt, kurz
-er wollte mir jetzt über Nichts Rede stehen. Aufgebracht über dies
-Verfahren, stellte ich ihn endlich förmlich über sein Betragen gegen
-mich zur Rede und erhielt zur Antwort, daß ihm meine Geschäfte nicht
-conveniren könnten, indem er nicht gewohnt sei, daß Leute, welche
-Waaren bei ihm in Commission hätten, sich selbst um den Verkauf
-bemühten, und Proben herumzeigten. „Wir wollen das jetzige Geschäft
-abwickeln,“ setzte er hinzu, „und an kein neues denken; überdies
-sind Sie mir fremd, da Sie kein Empfehlungsschreiben aus Europa an
-mein Haus mitgebracht haben.“ Ich entgegnete: „fremd kann ich Ihnen
-unmöglich sein, da<span class="pagenum"><a name="Seite_62" id="Seite_62">[S. 62]</a></span> ich eine bedeutende Parthie Waare bei Ihnen liegen
-und schon mehrere Jahre mit Ihrem Hause in Verbindung gestanden habe.
-Daß ich dieses Geschäft mit Ihnen abwickele, ist freilich nothwendig.“
-&mdash; Hier muß ich eine Bemerkung einschalten. Es scheint nämlich in
-dieser Stadt eine Convention unter den Commissionairen zu sein, daß
-sie keine Geschäfte, welche bereits einem andern Hause übertragen
-gewesen sind, übernehmen. Es verhält sich also mit diesen, wie mit den
-Karrenschiebern in Holland. Diesen durfte man nichts zum Fortschaffen
-übergeben, ohne vorher aufs bestimmteste mit ihnen accordirt zu haben,
-denn hatte derselbe die Sachen eine kurze Strecke gekarrt, so forderte
-er <em class="gesperrt">seinen</em> Preis, und verweigerte man ihm diesen, so warf er das
-sämmtliche Gepäck von der Karre herunter, und man mußte sich dann der
-Willkühr eines andern Karrenschiebers unterwerfen. „Da ich also das
-Geschäft mit Ihnen abwickeln muß,“ fuhr ich fort: „so bin ich Ihnen
-für Ihr gefälliges Anerbieten sehr verbunden; daß ich übrigens die
-Proben selbst vorgezeigt, können Sie mir um so weniger übel nehmen, da
-Sie mir den Artikel als unverkäuflich schilderten, welchen ich selbst
-sofort verkaufte; da mir ferner Ihr Verkäufer, wenn ich ihm Käufer für
-einen oder den andern Artikel nenne, erwiedert: Sie wollen doch wohl
-nicht, daß ich zum Käufer hingehen soll, um die Waaren anzubieten? Wird
-er hieher kommen, um die Waaren zu kaufen, so werde ich mich bemühen,
-etc.“ &mdash; Hierauf erwiederte M... „Nun gut! Wir wollen es abwickeln,“
-und ich verließ ihn. Ich mußte ihm alle Proben zustellen, die jetzt
-ruhig liegen blieben. Wären meine Waaren in den Händen eines andern
-Commissionairs gewesen, so würden sie sicherlich nach der Einnahme des
-Forts von Vera-Cruz verkauft worden sein, aber so blieben sie leider
-unverkauft; nachdem die Nachricht von der Nieder<span class="pagenum"><a name="Seite_63" id="Seite_63">[S. 63]</a></span>lage der Republikaner
-von Vera-Cruz eintraf, war an das Verkaufen derselben nicht mehr zu
-denken.</p>
-
-<p>Das Waarengeschäft ist in ganz Westindien das schlechteste von allen
-Geschäften, besonders für die Europäer, welche es durch Commissionaire
-betreiben zu lassen für gut erachten, die entweder Tabacks- und
-Käse-Verkäufer in Hamburg und Bremen, oder auch Händler fertiger Wäsche
-gewesen sind, denen es daher an Waarenkenntniß gänzlich mangelt. Junge
-Leute, die zum Schreiben in Comptoirs, oder bei Lotterie-Collecten
-in Hamburg 5 Jahre als Lehrbursche gearbeitet haben, werden als
-Verkäufer engagirt, bekommen, da sie sich der Gefahr des gelben Fiebers
-aussetzen, große, ja enorme Salaire, und die Vollmacht, über das im
-Schweiße des Angesichts erworbene Eigenthum der in Europa wohnenden
-Kaufleute oder Fabrikanten frei zu schalten und zu walten. Der
-Commissionair will verkaufen, um seine großen Ausgaben für den Lohn der
-Leute, Miethen und luxuriöse Lebensweise zu decken. Zehn Procent wird
-für die Verkäufe, Garantie und das Remittiren in Rechnung gestellt;
-rechnet man aber das Angehängte hinzu (worüber ich später ausführlicher
-abhandeln werde), so sind es wohl 15 Procent, die in Rechnung
-gebracht werden. In den Comptoirs und demzufolge in den Caffeehäusern
-wimmelt es stets von jungen Comptoir-Bedienten, diesen Blutegeln für
-die europäischen Kaufleute, die nach Westindien Handel treiben. Es
-wird mit dem Gelde geworfen, die feinsten Weine werden getrunken,
-Landparthieen, die 50&ndash;80 Piaster kosten, werden unternommen, und wer
-bezahlt Alles dies? Antwort: wir armen Europäer. Wir erhalten nicht nur
-die Equipagen, die Sclaven, die Maitressen der Principale, sondern wir
-müssen auch Sorge dafür tragen, daß die Handlungsdiener sich Reitpferde
-halten, jeden Abend die italienische Oper oder das Theater de Tacon à
-1½ Piaster Entrée etc. und nach Beendigung derselben ihre<span class="pagenum"><a name="Seite_64" id="Seite_64">[S. 64]</a></span> Mädchen
-mit fünf Piastern in der Hand besuchen können. Wer dies Alles gesehen
-und die Art und Weise der Verkäufe beobachtet hat, dem vergeht ohne
-Zweifel die Lust, Geschäfte hieher zu machen. Man hat nur nöthig,
-mit den Käufern, Mercader genannt, in Berührung zu kommen und deren
-Schlauheit in Benutzung der schwachen Seiten der braven Commissionaire
-zu bemerken; wer dieses vermag, in dem wird der letzte Funken zu
-Geschäften aufs Gerathewohl erlöschen. Ich halte es für Pflicht und
-Schuldigkeit, die Handelswelt auf das Risico beim westindischen Handel
-aufmerksam zu machen, und werde deshalb (wie schon früher bemerkt) frei
-und ohne Furcht niederschreiben, was ich erlebt habe; kann Jemand meine
-Urtheile widerlegen, so werde ich es mit Dank annehmen, jedoch hierzu
-dürfte schwerlich Einer gefunden werden.</p>
-
-<p>Die Insel Cuba, mit einer Bevölkerung von 800,000 Menschen,<a name="FNAnker_A_1" id="FNAnker_A_1"></a><a href="#Fussnote_A_1" class="fnanchor">[A]</a>
-unter denen 620,000 Neger und 180,000 Weiße, importirt jährlich
-für 20,000,000 Piaster, mithin im Durchschnitt für 25 Piaster auf
-jeden Kopf. Da indessen mit Gewißheit anzunehmen ist, daß die
-Durchschnitts-Consumtion sich nicht höher als auf 12 Piaster beläuft,
-so ist der Import auf Cuba noch einmal so hoch, als er sein sollte und
-wirkt nachtheilig auf die Preise. (Die V. S., mit einer Bevölkerung
-von 13 Millionen Weißen und 3,000,000 Schwarzen, importiren nur für
-140 Millionen Piaster, von welchen noch etwa für 10 Millionen nach
-andern Staaten, Texas u. s. w. ausgeführt wird). Sämmt<span class="pagenum"><a name="Seite_65" id="Seite_65">[S. 65]</a></span>liche Waaren
-werden hingegen in Havana eingeführt und auch daselbst gelöscht, den
-Waaren-Einkäufern ist mithin hierdurch eine genaue Uebersicht von den
-Beständen gereicht, und können demnach beurtheilen, ob sie theuer, oder
-zu wohlfeilen Preisen einzukaufen haben, welches in den V. S. nicht der
-Fall ist, da es außer dem New-Yorker Hafen viele andere Städte giebt,
-in welchen Waaren direct importirt und nach dem Innern weiter versendet
-werden.</p>
-
-<p>Die hiesigen eigentlichen Kaufleute und Waarenhändler en gros,
-Mercadere genannt, werden es, wie mir scheint, noch einmal dahin
-bringen, daß Commissionaire für Rechnung ihrer auswärtigen Freunde,
-deren Waaren sie kaufen, und gewöhnlich erst nach 6&ndash;8 Monaten, wenn
-sie zahlungsfähig sind, bezahlen, daß die Commissionaire, sage
-ich, für jedes Colly beim Empfang eine gewisse Summe baar ihnen
-einhändigen müssen, damit sie ihre Miethen und ihren Lohn bezahlen
-können. Es hat wirklich etwas Komisches, wenn man die Verkäufe in den
-hiesigen Commissionshäusern mit ansieht, wie diese Mercadere von den
-Verkäufern schmeichelnd und tändelnd tractirt werden; obgleich Jeder
-der Hereintretenden gesonnen ist, nicht mehr als höchstens die Hälfte
-des Fabrikpreises zu offeriren und die Zahlung innerhalb 8 Monaten
-zu versprechen, so wird er dennoch von den Verkäufern behandelt,
-als wisse dieser, der Mercader sei gesonnen, für die vorgezeigten
-Waaren einen ansehnlichen Gewinn und baare Zahlung zu gestatten;
-und nun die Procedur beim Verkauf! sie ist folgende. In kleinen
-Handschreiben berichtet der Commissionair den Mercaderen, daß er an
-diesen bestimmten Tagen im Auftrag eines auswärtigen Hauses eine
-Parthie Manufactur-Waaren verkaufen müsse, und ersucht diese, sich am
-Vormittag einzufinden, um die Waaren anzusehen und ein Gebot darauf zu
-machen. Die Eingeladenen erscheinen, und nehmen eins der geschrie<span class="pagenum"><a name="Seite_66" id="Seite_66">[S. 66]</a></span>benen
-Verzeichnisse, worauf diese deutlich specificirt sind, zur Hand,
-bemerken, nachdem sie die Waaren durchgesehen, auf denselben den Preis,
-den sie in Bausch und Bogen für seidene-, wollene-, baumwollene-, kurz
-alle Waarensorten durcheinander geben wollen, fügen ihre Unterschrift
-bei, legen dies auf den Tisch nieder und gehen weg. Daß die Käufer
-meistens unter sich einverstanden sind, versteht sich von selbst.
-Dem, der das größte Gebot gethan hat, schickt nun der Commissionair
-die Waaren zu; die Hälfte des Factura-Preises muß wenigstens geboten
-worden sein, wenn der Commissionair sich zum Verkauf geneigt fühlen
-soll; ist nur 45 Procent geboten, so wird weiter nicht Rücksicht
-auf ihn genommen. Bei Leinwand findet die Ausnahme statt, daß der
-Commissionair nur auf 15, höchstens 20 Procent unter den Fabrikpreisen
-eingeht. Die Käufer sind in der Regel nicht dringend mit ihrem Einkauf,
-da sie in derselben Woche vielleicht zehn dergleichen Einladungen von
-andern Commissionairs zu erwarten haben. Sie kennen die Bestände, den
-Bedarf, und wissen, daß für die ankommenden Waaren, durch Fortschaffung
-der alten, Platz werden muß, eben so gut, als daß der Commissionair
-rasch verkaufen muß und möchte, um die Waaren, worauf er 10 Procent
-für Provision verdient, selbst zu verkaufen und nicht durch Andere
-verkauft zu wissen, denn wie leicht könnte die Ordre zur Auslieferung
-von Europa eintreffen! Alles dies trägt dazu bei, daß die Käufer nie
-auf den selbstbestimmten Preis etwas zulegen und sich des Zuschlags für
-gewärtig halten. Die letztere Furcht aber wirkt am meisten. Es kommt
-daher nicht selten vor, daß hiesige Commissionaire, wenn sie sich im
-Auftrage eines Europäers zum Empfang der Waaren melden, die Antwort
-erhalten: die Waare ist schon verkauft, und die Abrechnung, welche
-bereits ausgefertigt ist, geht mit erster Gelegenheit ab.</p>
-
-<p><span class="pagenum"><a name="Seite_67" id="Seite_67">[S. 67]</a></span></p>
-
-<p>Wie die Verkäufe hier betrieben werden, ist mithin eine Factura
-überflüssig, und man kann sich in Europa der Mühe überheben,
-dergleichen, anzufertigen, da sich kein Commissionair daran hält, es
-vielmehr den Käufern überläßt, die Preise festzustellen.</p>
-
-<p>Detailleurs giebt es hier in Unzahl, d. h. unbedeutende Krämer-Läden,
-welche hier Magazin genannt werden, nicht aber bedeutende, wie in den
-V. S. und in Europa. So klein indeß wie sie sind, so vielfältig sind
-die Artikel, die man in denselben antrifft; von Allen liegen einige
-Stücke da, aber Leinwand spielt die Hauptrolle. Deshalb müssen auch
-viele Diener gehalten werden; vier ist die geringste Anzahl. Die
-Detailleurs kaufen nichts von den importirenden Kaufleuten, aus dem
-Grunde, weil sie ganz von den Mercaders abhängig sind, und alle Waaren
-von ihnen entnehmen müssen &mdash; bei Gefahr, ihres Credits verlustig zu
-gehen. Sie stehen unter starker Controlle, und die Preise sind in allen
-Läden so ziemlich gleich.</p>
-
-<p>Hausirer giebt es in Masse; man sieht sie hier beim größten Schmutz
-in den entlegensten Straßen der Stadt, Männer und Weiber von allen
-Nationen, vorzüglich aber Neger; sie sind eben so zudringlich wie die
-Collecteurs der hiesigen Lotterie, welche jede drei Wochen gezogen wird
-und 144 Gewinne und 23,856 Nieten enthält. In Lumpen gehüllt, ohne
-Strümpfe und Schuhe, sieht man diese Collecteurs umherlaufen, wobei
-sie ihre Viertel-Loose à 1 Piaster ausschreien, wie Gemüseweiber bei
-uns. Sie sichern der Regierung eine Revenue von 25,000 Piaster pro
-Monat; sie kaufen eine Anzahl Loose auf Speculation, und bestimmen die
-Preise, je nachdem sie Liebhaber dafür finden. Viele Abnehmer finden
-sie unter den Sclaven, welche nach ihrer Freiheit streben, die sie nur
-gegen Erlegung der für sie bezahlten Summe erlangen können. Jedoch
-auch der Spanier, so wie jeder Ausländer spielt<span class="pagenum"><a name="Seite_68" id="Seite_68">[S. 68]</a></span> mit Leidenschaft; oft
-wird der doppelte Werth für ein Loos bezahlt, wenn die Ziehung ihren
-Anfang nimmt. Hat der Collecteur sein Loos verkauft, so bekümmert
-er sich nicht mehr um dasselbe. Sobald die Ziehung, welche nur ¼
-Stunde dauert, vorüber ist, werden gleich wieder Loose zur folgenden
-ausgeboten, und wirklich verkauft. Einmal im Jahre, am Geburtstage der
-Regentin, kostet das Loos acht Piaster, und dann ist der größte Gewinn
-40,000, der zweite 8000 Piaster; alle übrigen sind unbedeutend; der
-Monarch erhält zum Geburtstag aus der Lotterie-Casse 50,000 Piaster.</p>
-
-<p>Zu allen bemerkten Uebelständen im Handel der Commissionaire
-kömmt nun noch, daß sowohl der größte Theil der Mercadere als die
-Commissionaire keine Kenntnisse im Waarenfach haben. Um sich gegen
-Verlust zu schützen, bieten daher die ersteren ungeheuer wenig; oft
-bietet Jemand 100 Piaster für eine Parthie Waaren; die ein Anderer
-für 700 Piaster kauft, dennoch haben die Mercadere mehr Kenntnisse
-als die Commissionaire, und diese glauben den Versicherungen der
-Käufer Alles. Sind diese daher einig, so wird ihnen ein Artikel, der
-jenem neu ist, für so viel wie nichts nachgeworfen. Ein Beispiel aus
-eigener Erfahrung. Ich hatte einen Stoff, für Mäntel passend, an einen
-Commissionair geschickt und ausdrücklich bemerkt, daß ich wenigstens
-den Factura-Preis haben müsse. Als ich die Verkaufs-Nota über diese
-Waaren erhielt, sah ich sie für den halben Factura-Werth verkauft. Um
-mich zu überzeugen, ob ich selbst die Waare nicht besser verkaufen
-könnte, schickte ich an ein anderes Haus eine ähnliche Parthie, mit
-der Ordre, bis zu meiner Ankunft mit dem Verkauf zu warten. Als ich
-angekommen war, erzählte mir dieser Commissionair, daß derselbe Käufer,
-der im vorigen Jahre von einem andern Hause dieselbe Waare gekauft
-habe, auch diese Parthie, jedoch nur zu demselben Preise kaufen wolle,
-weil er diesen Ar<span class="pagenum"><a name="Seite_69" id="Seite_69">[S. 69]</a></span>tikel nur zu Kartuschen an das Gouvernement verkaufen
-könne. Um diesen unkundigen Commissionair einigermassen vom Holzwege
-abzuführen, entschloß ich mich die Läden von fertigen Kleidern zu
-durchstreichen, und überzeugte mich bald, daß derselbe Stoff auch hier
-zu Mänteln verbraucht werde. Als ich dies dem Commissionair erzählte,
-wollte er es nicht glauben, behauptete vielmehr, daß dieser Stoff nur
-zu Kartuschen zu gebrauchen sei. Auf solche Weise verlieren wir armen
-Europäer durch Unkunde der Commissionaire unser Vermögen, während die
-Mercadere mit diesem (indem dieselbe den langen Credit genießen) 300
-Procent verdienen.</p>
-
-<p>„Macht keine Geschäfte nach andern Welttheilen, besonders nach
-Westindien!“ so möchte ich meinen handelnden Landsleuten zurufen. Aber
-die Königliche Seehandlung, höre ich Viele sagen, macht überseeische
-Geschäfte, warum sollten wir, als gelernte Kaufleute, dieselben nicht
-mit eben so viel Nutzen, wie jenes Institut treiben können? Hierauf
-entgegne ich: ist es denn so gewiß, daß jenes Institut bei diesen
-Geschäften Gewinn hat? Antwort: Nein! Hierbei fällt mir ein, was einst
-der denkwürdige Minister <em class="gesperrt">Maaßen</em> bei einer Unterredung mir sagte:
-Der Staat muß zuweilen, ohne eine Miene zu verzucken, eine Million
-Thaler verlieren; obgleich dies sehr viel für unsern Staat ist, so
-ist es dennoch nicht viel, wenn eine hohe Nothwendigkeit es gebietet.
-Wir wollen ein Beispiel anführen. Die Seehandlung hat Schiffe, Eins
-derselben liegt in Havana, S.... et Comp. sind die Agenten; sie
-können dieses Schiff nicht mit Ballast zurückschicken, um so mehr,
-da die Zucker-Erndte vor der Thür ist. Beladen Sie es mit Zucker!
-Schreibt die Deputation der Königl. Seehandlung an ihren Agenten
-in Havana; sie denkt, unsere Raffinerieen brauchen rohes Material
-und werden sicher vorzugsweise von dem Institut kaufen. Man kauft,
-man trassirt, der Zucker wird verschifft. Die Ha<span class="pagenum"><a name="Seite_70" id="Seite_70">[S. 70]</a></span>vanesischen Häuser
-bemerken es und sprechen: die S... et Comp. kaufen 4000 Kisten; es
-muß in Deutschland etwas Bedeutendes vorgehen; wir müssen für unsere
-Freunde in Europa sorgen! Und warum sollten sie nicht für diese sorgen,
-da sie sich doch zugleich selbst dabei versorgen? Somit kaufen auch
-alle diese für Rechnung der Europäer Zucker, welcher nun in Havana im
-Preise steigt, schicken diesen so rasch als möglich ab, damit ihre
-Ladungen vor denen der Seehandlung in Hamburg eintreffen mögen; sie
-trassiren 2 Monat Sicht für den Belauf und melden den Verkauf der in
-Commission gehabten Leinwand etc., wodurch zwar Verlust entstanden sei,
-welcher jedoch durch den höchst vortheilhaften Einkauf des Zuckers
-bald um das Doppelte ersetzt werden müsse. Ihre Zucker-Sendungen
-langen nun wirklich vor denen der Königl. Seehandlung an; um jene
-Entnehmungen zu decken, werden sie jetzt per Auction verkauft, <em class="gesperrt">weil
-sie verkauft werden müssen</em>, und siehe da! das Provenue ist 3
-Piaster pro Kiste unter dem Einkaufspreis. Hat die Deputation der
-Seehandlung dieses voraussehen können? Oder wird diese den Nachtheil
-der Spekulation fühlen? Nein! Wohl aber fühlen den Nachtheil und
-Schaden die europäischen Kaufleute, und zwar doppelt, weil sie auf zwei
-Seiten verlieren, wogegen die Havaneser Commissionaire die zweifach
-Gewinnenden sind.</p>
-
-<p>Aehnlich wie die Havaneser in Zucker-Spekulationen mit der Seehandlung
-wetteifern, ähnlich machen es die Bremer und Hamburger, wenn sie jenes
-Institut auf Fabrik-Erzeugnisse eingehen sehen. Allein dieses hat sehr
-viele und gute Mittel, und außerdem, wie mir der Herr Minister Rother
-schriftlich versicherte, <em class="gesperrt">lauter erprobte</em> Commissionaire; den
-spekulirenden Kaufleuten fehlt es aber an beiden. &mdash; Daher, sollte
-jedes Geschäft nach und von Westindien von Niemanden, als von ganz
-Reichen unternommen werden.</p>
-
-<p><span class="pagenum"><a name="Seite_71" id="Seite_71">[S. 71]</a></span></p>
-
-<p>In Westindien können die kaufmännischen Geschäfte schon deswegen nicht
-gedeihen, weil, das Geld zu viel Werth hat, d. h. weil es im Verhältniß
-der Erzeugnisse und der Importation in zu geringer Quantität vorhanden
-ist. Wo der Zinsfuß auf 21&ndash;24 Procent steht, wie es in dem allergrößten
-Theil Westindiens der Fall ist, da muß der Spekulationsgeist dem
-Wucher unterliegen. Der beste, stets begehrte Artikel ist baares
-Geld, Fabrikwaaren der Allerschlechteste. Es klingt sehr lächerlich,
-wenn man die hiesigen Commissionaire von dem überaus großen Bedarf
-der Waaren in Havana erzählen hört; daß dies nur Kunstgriffe zur
-Aufmunterung europäischer Kaufleute sind, liegt am Tage, denn für
-800,000 Menschen, unter welchen ⅔ stets im Hemde und leinenen Patalons
-umherlaufen, langen jährlich über 100 Schiffe, vielleicht gar 150 mit
-Manufactur-Waaren an. Man sehe die im Königl. Packhofe zur Niederlage
-gebrachten Waaren-Vorräthe an, und man wird die Hände über’m Kopf
-zusammenschlagen und fragen: „was sollen diese Vorräthe in einem Lande,
-was kaum die Hälfte der Bevölkerung Londons hat?“ Anderwärts ausgeführt
-wird hiervon nichts, denn das Wenige, was zuweilen nach Mexico verkauft
-wird, ist so gering, daß es nicht in Betracht kommt. Die Commissionaire
-aber antworten: Unsere Vorräthe, die der Mercadere, und die im Königl.
-Packhofe (Depot) werden bald verbraucht sein, wenn die Havaneser und
-Havaneserinnen nur Ernst gebrauchen, jeden Tag ein neues Kleid anziehen
-und am Abend diese neue Robe fortwerfen zu wollen, wie es oft der Fall
-ist. Dieses ist das Lied, welches die Herren mit ihren Commis täglich
-im Chor singen, wenn ein Europäer angelangt ist. Indeß es sind der im
-Jahre 1838 übrig und unverbraucht gebliebenen Waaren so viele, daß
-sicherlich für jeden Bewohner der Insel Cuba täglich zwei Kleider
-gemacht werden müßten, wenn sie in zwei Jahren verkauft werden sollten.</p>
-
-<p><span class="pagenum"><a name="Seite_72" id="Seite_72">[S. 72]</a></span></p>
-
-<p>Um eine Krankheit zu heilen, die zwar schon tief Wurzel geschlagen
-hat, jedoch keinesweges unheilbar ist, wäre Folgendes zu thun
-nöthig. Für Krankheiten, die aus Ueppigkeit entstehen, werden
-nicht selten Hunger-Kuren angewendet; so auch müßten die Havaneser
-Mercadere ausgehungert werden, damit sie nicht ganz das Vermögen
-der europäischen Kaufleute verschlingen. Mein Vorschlag wäre daher
-dieser. Kaufleute und Fabrikanten, welche nach Westindien Geschäfte
-treiben, errichten auf Actien eine Westindische Compagnie, d. h.
-sie etabliren Depots in Hamburg und Bremen, in welchen sie für den
-Actien-Belauf Waaren niederlegen und nur zu den festgestellten
-Preisen, durch die dabei angestellten Verkäufer verkaufen lassen;
-diese Compagnie muß zugleich mit einem baaren Fonds versehen sein,
-um Fabrikanten nöthigenfalls gegen das übliche Disconto die Hälfte
-des Werths ihrer Waaren vorzuschießen. So wie es jetzt in Westindien
-einige Commissionaire giebt, welche für ihre eigene Rechnung Leinwand
-aus Europa committiren, so würden sie durch diese Maßregel, wenn sie
-keine Consignationen erhielten, um nicht stille zu sitzen, für eigene
-Rechnung Waaren committiren müssen. Der Verkauf für eigene Rechnung
-würde ihnen besonders dadurch erleichtert werden, daß sie 12½
-Procent für Provision, Del credere, Miethen etc. allein verdienen,
-die der Europäer bezahlen muß, und welche im Durchschnitt den Verlust
-auf Consignationen ausmachen und welcher im Ganzen genommen nicht
-übermäßig ist. Waarenbegehr in Westindien würde den Absatz in den
-Depots befördern, und es würden nicht nur bessere Preise behauptet
-werden, der Eigenthümer würde durch diese Maßregel auch zu jeder Zeit
-über sein Eigenthum disponiren können, wogegen er jetzt sehr oft zwei
-Jahre hindurch, wegen des Schicksals seines Eigenthums in Zweifel ist,
-und nach Ablauf dieser Frist wohl gar noch<span class="pagenum"><a name="Seite_73" id="Seite_73">[S. 73]</a></span> Abrechnungen empfängt, nach
-welchen ihm für 2000 Rthlr. 25,000 Cigarren zukommen.</p>
-
-<p>Indem ich mir vorbehalte, auf die Art und Weise des Verfahrens der
-hiesigen deutschen Commissionaire zurückzukommen, will ich, ehe ich zu
-andern Gegenständen übergehe, Einiges über die Grundsätze vieler unter
-denselben bei Anfertigung von Abrechnungen mit Europäern berichten, was
-mir von einem nach Europa zurückkehrenden glaubwürdigen jungen Manne
-mitgetheilt worden ist.</p>
-
-<div class="blockquot">
-
-<p class="s4 center"><em class="gesperrt">Eine Unterredung des Herrn G. mit dessen Diener</em>.</p>
-
-<p><em class="gesperrt">Herr G</em>. Machen Sie die Verkaufsrechnungen für die Herren B. und
-L.</p>
-
-<p><em class="gesperrt">Diener</em>. Es ist bereits geschehen, Abrechnungen für Beide sind
-fertig.</p>
-
-<p><em class="gesperrt">Herr G</em>. Wie ist die für B?</p>
-
-<p><em class="gesperrt">Diener</em>. Es bleiben 25 Procent reiner Gewinn.</p>
-
-<p><em class="gesperrt">Herr G</em>. (Mit Erstaunen) 25 Procent? Aendern Sie dieselbe; 25
-Procent ist zu viel, der Mann kann sich mit 8 Procent begnügen; &mdash; und
-des Ls. Rechnung?</p>
-
-<p><em class="gesperrt">Diener</em>. Der arme Teufel verliert 11 Procent.</p>
-
-<p><em class="gesperrt">Herr G</em>. Aendern Sie auch diese; lassen Sie ihn 18 Procent
-verlieren, denn 7 Procent mehr oder weniger kann für den Mann keinen
-wesentlichen Unterschied machen.</p>
-
-</div>
-
-<hr class="tb" />
-
-<p>Mein Commissionair M... macht es indessen keinesweges wie Herr G.;
-er steht im Ruf eines reichen, daher großen Mannes, der dergleichen
-Abrechnungen nicht <em class="gesperrt">selbst</em> macht, es vielmehr seinen Commis
-überläßt; sein Hauptgeschäft ist das mit &mdash; Fleisch! Die Leser würden
-ihn jedoch unrichtig beurtheilen, wenn sie ihn für einen Shylok
-halten wollten. Keinesweges! Mit Kleinigkeiten giebt sich derselbe
-nicht ab; er erhält von Montevideo La<span class="pagenum"><a name="Seite_74" id="Seite_74">[S. 74]</a></span>dungen des benannten Artikels,
-den er centnerweise abzusetzen versteht. Genug! Er ist Einer von den
-Commissionairen, von denen man sagen könnte: Man kann sein Fleisch
-durch ihn los werden! er ist ein vortrefflicher Mann, der nicht,
-wie Shylok selbst tranchirt, sondern tranchiren läßt. Er ist von
-seinen Abnehmern geschätzt, weil er nicht wie die meisten, die das
-animalische Geschäft treiben, es mit den Käufern verdirbt. Waaren,
-welche verkauft sind, werden, wenn sogar der Verkauf schriftlich
-abgeschlossen wäre, als unverkauft angesehen, wenn es dem Käufer
-einfällt, einen Abzug zu fordern. Besteht der Europäer auf Erfüllung
-des schriftlichen Contracts, so erwiedert der Herr Fleisch-Inhaber:
-Hier ist der Contract, prozessiren Sie mit dem Käufer, ich tranchire,
-wie Sie wissen, nie selbst etc. Ergo! ich wiederhole, für Europäer
-können überseeische Geschäfte nie vortheilhaft ausfallen, weil die
-Commissionaire im glücklichsten Fall 12½ Procent haben müssen, und
-bei der starken Concurrenz nicht zu erwarten ist, daß zwei Procent
-verdient werden können. In früheren Zeiten, als es nur wenige Häuser
-hier gab, welche hin und wieder eine Consignation erhielten, traf
-es sich zuweilen, daß an einem Artikel 25 Procent verdient wurden,
-wovon der Commissionair großmüthigerweise seinem europäischen Freund
-den ⅛ Theil zufließen ließ. Aber solche Fälle können jetzt nicht
-wieder vorkommen. Die Waarensendungen müssen wenigstens um die Hälfte
-vermindert werden. Die europäischen Kaufleute würden sehr wohl daran
-thun, ihre Waaren, wenn sie auf diese zu sehen überdrüssig sind, in
-einen abgelegenen Raum eine Zeitlang zu verschließen. Besser diese in
-Europa unter eigenem Schloß und Riegel, als in Havana, oder sonst wo in
-den Räumen der Bremer zu haben, wodurch der ganze Belauf aufgerieben
-wird. Der Denkwürdigkeit wegen will ich aufzählen, was ich selbst von
-europäischen Waaren für den Betrag von<span class="pagenum"><a name="Seite_75" id="Seite_75">[S. 75]</a></span> 98 Piaster einem Mercader habe
-verkaufen und überliefern sehen; es waren folgende: 6½ Dutzend
-Toiletten und Arbeitskästchen für Damen; 300 Dutzend Mund-Harmonika’s
-mit Elfenbein-Fourniren; 200 Dutzend Blumen-Guirlanden, für Negerinnen
-berechnet; viele Dutzend Rosen, Windsor-Seife und Seifenpuder, nebst
-mehreren Dutzend von wohlriechenden Oelen und Wassern in geschliffenen
-Gläsern.</p>
-
-<p>Auf die letztern Artikel setzte der Käufer gar keinen Werth, und
-schenkte Mehrern der Anwesenden 1 Dutzend Seifen, und mehrere
-Flaschen von den wohlriechenden Oelen und Wassern, auch ich wurde auf
-diese Weise beschenkt, und dürfte vielleicht ein größeres Capital
-erlangt haben, als der Eigenthümer obiger Waaren, nach Abzug der
-Steuer-Provision, Del credere etc. erhalten wird.</p>
-
-<p>So lange der Sclavenhandel in Westindien mit so gutem Erfolg, wie
-bisher wird betrieben werden, darf sich Niemand von allen Spekulanten
-ein besseres Schicksal versprechen, als derjenige hatte, dessen
-Waaren, wie vorhergehend gezeigt, für 98 Piaster verkauft worden
-sind. Wer denkt wohl daran, sein baares Geld auszuthun, um Waaren,
-welche der Mode und Conjunctur unterworfen sind, anzukaufen, wenn
-er sein Capital, im Handel mit Menschen ausgethan, in einem Jahr
-doubliren kann? In diesem Artikel giebt es zu viele Spekulanten. Ich
-sah 720 Sclaven im Total-Werth von 275,400 Piaster in einem Zeitraum
-von 2 Stunden verkaufen, und einen großen Theil davon wiederum en
-Detail mit einem Gewinne von 8&ndash;10 Unzen absetzen. Dem Rindvieh
-gleich, werden diese Unglücklichen alsdann vom Marktplatz nach der
-Käufer-Wohnung gebracht. So lange also der Handel mit Menschen solchen
-bedeutenden Gewinn abwirft, wird der hohe Zinsfuß stattfinden, und
-das Fabrikwaaren-Geschäft kein Gedeihen finden, weil stündlich zum
-Discontiren solcher Wechsel, welche aus den Geschäften mit Menschen
-entsprungen sind, bedeutende Summen gesucht werden.<span class="pagenum"><a name="Seite_76" id="Seite_76">[S. 76]</a></span> wofür sehr
-hohe Zinsen gestattet werden können, da 8&ndash;10 Unzen Gold pro Kopf
-gewonnen werden. Die meisten Sclaven werden jetzt zur Anlegung von
-Zucker-Plantagen benutzt, indem diese gegen jede Executions-Gewalt
-geschützt und unantastbar sind. Man hat Beispiele, daß Caffee-Plantagen
-in dem Augenblick, als sie subhastirt werden sollten, in
-Zucker-Plantagen umgeschaffen wurden und ihrem Umsturz entgingen.
-Epidemische Krankheiten machen, wie es damals bei der Cholera war, die
-reichsten Sclavenbesitzer zu Bettlern.</p>
-
-<p>Der Getraidebau ist von der Regierung untersagt. Alles für Cuba
-erforderliche Mehl wird von den V. S. in Fässern von 165 Pfund Gewicht
-jedes Faß eingeführt. Der Einfuhrzoll war stets 9½ Piaster pro
-Fäßchen, seit dem Kriege in Spanien ist er 10½, der aber erst 6&ndash;8
-Monate nach Empfang des Mehls erlegt wird. Für den Belauf des Zolles
-sind die Empfänger verbunden, Pagarées (Wechsel) auszustellen. Man kann
-mit Gewißheit sagen, daß im Durchschnitt an jedem Faß Mehl zwei Piaster
-verloren werden. Indeß verstehen es die Verkäufer, sich, da das Mehl
-pro Cassa verkauft wird, beim Placiren dieser Gelder durch hohe Zinsen
-und durch Schmuggelei für jenen erlittenen Verlust zu erholen! indem
-sie 2&ndash;3 Procent Zinsen pro Monat nehmen, welches, wenn die Hälfte des
-Mehls geschmuggelt ist, und dies ist gewöhnlich der Fall, einen guten
-Gewinn erzeugt.</p>
-
-<p>Nach dem bisher Erzählten und Dargestellten, wird sich der geneigte
-Leser nicht wundern, wenn ich mein Vorhaben, mehrere westindische
-Inseln zu besuchen, um Geschäfte und Gewerbe daselbst zu prüfen, wieder
-aufgab. Mit großen Erwartungen war ich hierher gereist und wiederholt
-war ich zum Reisen aufgefordert worden, „um den Geschmack des Landes
-kennen zu lernen.“ Doch worin besteht hier der Geschmack? In nichts
-Anderem, als die Waaren für die Hälfte des Fabrikpreises zu be<span class="pagenum"><a name="Seite_77" id="Seite_77">[S. 77]</a></span>kommen:
-wird doch von den Negerinnen nur buntes Zeug verbraucht; die Damen
-aber sitzen stets in weißen und knieen in schwarzen Kleidern. Die
-Mercaders sind, wie schon angeführt, ganz einig und bieten für die
-allerneuesten Gegenstände nie mehr, als die Hälfte des Fabrikpreises,
-in der Ueberzeugung, daß sie, wenn nicht jetzt, doch später den Artikel
-erhalten. Ob derselbe alt oder neu ist, darum kümmern sie sich nicht
-sehr, denn dem Publikum erscheint jeder Artikel in ihren Läden neu;
-wenn er auch wirklich ganz veraltet ist. Europäische Spekulanten irren
-daher bedeutend, wenn sie ihre in Commission geschickten Waaren als
-veraltet betrachten und für die Hälfte des Werthes verkaufen lassen;
-sie würden besser daran thun, dieselbe nach Europa zurückgehen zu
-lassen, wie es in der letzten Zeit auch Mehrere wirklich gethan haben;
-sie würden hierdurch den kenntnißlosen Commissionair des Urtheils
-überheben; „diese Waaren sind über den doppelten Werth facturirt
-gewesen!“ denn dies glaubt derselbe, wenn der Europäer, aus Furcht, daß
-seine Waare veraltet und werthlos sei, die Ordre giebt, sie mit Verlust
-des halben Werthes zu verkaufen.</p>
-
-<p>Meine Verhältnisse hierselbst waren von der Art, daß ich mir
-wenig Erfreuliches versprechen durfte; ich beabsichtigte ja, mein
-Eigenthum zu vertheidigen, d. h., die Commissionaire, mit denen ich
-nun einmal in Verbindung war und bleiben mußte, zu kontrolliren.
-Daß diese meine Absicht nicht lange verborgen bleiben konnte, ist
-leicht zu erachten und daß sie die Laune derselben verderben und sie
-gegen mich aufbringen mußte, ist eben so einleuchtend. Herren und
-Diener, Neger und Trabanten, Alle, ausgenommen die Spanier, welche
-meistens brav sind, wurden meine Feinde und begegneten mir mit einer
-Gleichgültigkeit, die mir freilich auch sehr gleichgültig war. Einer
-meiner Commissionaire, der Sohn eines sehr reichen Mannes, welchen sein
-Vater in der Absicht in<span class="pagenum"><a name="Seite_78" id="Seite_78">[S. 78]</a></span> Havana etablirt hatte, um aus anderer Leute
-Leder Riemen zu schneiden, ohne Zweifel aber besser gethan hätte, ihn
-zu Hause zu behalten, um ihn zum Riemenschneider für sich und seine
-ledernen Geldsäcke auszubilden, war mein größter Feind, weil ich ihm
-in einem Schreiben erklärte, daß ich nicht mit 25,000 Cigarren für
-eine mir schuldige Summe von 2000 Rthlr. zufrieden sei und daß ich,
-trotz seiner schriftlichen Anzeige, über diesen Gegenstand nicht mehr
-correspondiren zu wollen, &mdash; „weil sonst seine Geduld ausrisse“ &mdash; mich
-der Correspondenz durch die Behörde nicht enthalten würde.</p>
-
-<p>Ein sehr achtungswerther Spanier, dem ich meine Lage im Verhältniß
-zu den hiesigen Deutschen mittheilte, schlug mir vor, mich einem
-einflußreichen Advokaten, Namens A.s zu empfehlen, was ich mit Freuden
-annahm. Der Advokat bezeigte viel Theilnahme, erklärte sich bereit, mir
-zu dienen und fand das Benehmen des Commissionairs „abscheulich.“</p>
-
-<p>Hierbei ist zu bemerken, daß die Advokaten hierselbst nichts
-thun als instruiren; die Geschäfte in den Gerichtshöfen besorgen
-die Prokuratoren, die sich deshalb in den Morgenstunden bei den
-einflußreichen Advokaten einfinden und um Beschäftigung nachsuchen.
-Dieser Umstand trägt sehr dazu bei, die Prozesse in die Länge zu
-ziehen, denn die Prokuratoren verständigen sich oft sehr bald mit den
-Beklagten, wovon der beste gerechteste Advokat nichts wissen kann. Aus
-demselben Grunde und weil jedes Blatt Papier in Prozeß-Angelegenheiten
-gestempelt sein muß, werden die Prozeßkosten sehr hoch; es giebt
-Prozesse, zu welchen für 10,000 Piaster Papier verbraucht wird.</p>
-
-<p>Die Vollmacht, welche ich mir zunächst von einem Notar mußte anfertigen
-lassen, kostete mir 17 Piaster, das Uebersetzen der Briefe u. s. w. ins
-Spanische 1 Unze;<span class="pagenum"><a name="Seite_79" id="Seite_79">[S. 79]</a></span> Herr A.s übernahm sie mit Freuden und meinte, in
-Zeit von 4 Wochen sollte ich meinem Ziel recht nahe sein.</p>
-
-<p>Meine Prozedur wurde bald stadtkundig und der Haß der Deutschen nahm
-so zu, daß Wenige nur noch mit mir zu sprechen wagten. Obgleich ich
-mir hieraus wenig machte, so konnte ich doch nicht umhin, meine Lage
-unangenehm zu finden. Da stand ich ganz allein in einem fremden Lande,
-der Sprache unkundig, mit einer Parthie Waaren, die ich verkaufen
-wollte und keiner von allen Commissionairen wollte etwas mit denselben
-zu thun haben. Ich suchte Käufer und fand solche, jedoch wiederholt
-zerschlugen sich die Verkäufe, wenn die Waaren abgeliefert werden
-sollten. Welcher böse Dämon hierbei sein Wesen trieb, war mir zu
-ermitteln stets unmöglich. Einst hatte ich einen Handel mit einem
-Mexikaner und zwar mit einem sehr fühlbaren Verlust abgeschlossen. Als
-er mit mir nach dem Depot zum Empfang gekommen war und die Kattune
-in den Kisten, die geöffnet werden mußten, von gewöhnlicher Breite
-erblickte, trat er vom Handel zurück, weil er (vorgeblich) dieselbe
-Waare von doppelter Breite für 14 Sgr. pro Staab gekauft hätte.</p>
-
-<p>Jetzt suchte ich einen Sclavenhändler auf, welche gewöhnlich viel
-Waare kaufen und offerirte ihm Artikel, indem ich ihm die Proben
-vorwies, aber er bot so wenig darauf, daß ich die Hoffnung aufgab,
-mit ihm einen Handel abschließen zu können; Ein spanischer Don-Mäkler
-M...m, der, wie Viele, dies Metier unerlaubter Weise treibt, weil
-er die Summe von 2000 Piastern, die hierfür zu bezahlen sind, nicht
-anschaffen kann, hatte mir auf den Dienst gepaßt. Er meldet sich bei
-mir, fordert Proben &mdash; und versichert mir, daß ein großer Theil meines
-Vorraths bald durch ihn abgesetzt sein solle. Proben aus den im Depot
-befindlichen Kisten zu nehmen, ist eine schwere Aufgabe, indessen es
-war mir daran gelegen, die Kosten dieser Prozedur kennen zu lernen
-und siehe da!<span class="pagenum"><a name="Seite_80" id="Seite_80">[S. 80]</a></span> ich mache dasselbe für etwa 15 Sgr., wofür die braven
-Commissionaire 6 Piaster in Rechnung zu stellen sich nicht schämten.
-Dieser Vorfall bringt mich zum Entschluß, eine Parthie Cigarren selbst
-zu verschiffen und was ergiebt sich? Daß ich diese Verschiffung
-mit einem Kosten-Aufwand von 2 Piastern besorge, während daß der
-Fleisch-Inhaber M... dafür 24 Piaster und 4 Realen berechnet hatte.
-Zwei große Geister wurden hierbei durch meinen Heroismus in Erstaunen
-gesetzt: 1stens der Don-Mäkler, weil ich mich nach dem Depot auf meinen
-eigenen und nicht auf Esels- oder Maulthier-Füßen hinschaffte und die
-Proben unterm Arm tragend mitbrachte &mdash; was in Havana, wie der Mäkler
-meint, noch nicht vorgekommen ist. Der Fleisch-Inhaber war wegen der
-in Rechnung gestellten 24 Piaster mit sich selbst in Uneinigkeit und
-meinte, da er nicht selbst tranchire, daß ich mich mit diesem kleinen
-Anliegen an seinen Commis wenden müsse. Dies geschah und ein vom
-Fleisch-Inhaber wohlgenährter korpulenter Commis ertheilte mir die
-Antwort, daß jener, in Berücksichtigung meiner Gegenwart, die mit
-vielen Strapazen verbunden sei, die Hälfte der 24 Piaster erlassen
-wolle &mdash; als besondere Gnadenbezeugung, wobei keine Umänderung der
-Rechnung stattfinden könne.</p>
-
-<p>Unterdessen hatte der Don-Mäkler, ungeachtet meines Verbots, die Proben
-dem Sclavenhändler gezeigt und mit ihm einen Handel abgeschlossen, ohne
-mir den Namen des Käufers zu nennen. Ich erfuhr ihn erst, als ich von
-ihm in einem Schreiben die Baarzahlung ausdrücklich bemerkt zu wissen
-wünschte. Da erfuhr ich denn, daß ich für den Werth von 2000 Piastern
-auf verschiedenen Sclaven-Schiffen Actien an Zahlungsstatt annehmen
-müsse; ich sollte also Sclavenhändler werden. Ich hatte ungemein vielen
-Verdruß, sowohl mit dem Käufer als dem Mäkler, willigte indeß zuletzt
-ein, nachdem ich jene Actien mit<span class="pagenum"><a name="Seite_81" id="Seite_81">[S. 81]</a></span> einem Verlust von 10 Procent verkauft
-hatte; &mdash; unmittelbar nachdem ich das Geld empfangen hatte, nahm ein
-englisches Kriegsschiff Besitz von einem der Schiffe, woran ich eine
-Actie hatte.</p>
-
-<p>Kaum war dies Ungewitter vorübergezogen, als sich ein zweites über mir
-zusammenzog. Ich erhalte nämlich von M... die Anzeige, daß der Käufer,
-der auf die früher erwähnten Mantel-Stoffe reflektirte, jetzt gänzlich
-renoncire und daß überdies der Handel sehr nachtheilig für mich
-ausfallen würde, indem die Douane jetzt nicht wie sonst, einen Realen,
-sondern zwei Realen Zoll pro Vara dafür fordere. Diese Nachricht
-erzeugte in mir den Gedanken, daß der Fleisch-Inhaber mich tranchiren
-wolle; ich schnitt sofort eine Probe von einem der Stücke jenes Stoffs,
-ließ für den Collecter der Douane durch den Advokaten A.. eine Supplik
-anfertigen, in welcher vorgestellt war, wie durch ein Versehen meines
-vorigen Commissionairs für wollene Waaren ein Zoll von seidenen bezahlt
-worden sei &mdash; welcher Zoll von den letztern beinahe noch einmal so hoch
-ist, als der von den ersteren; &mdash; ich hoffe, der Herr Intendant werde
-den Befehl ertheilen, für diese Waaren, welche im Tarif aufzuführen man
-vergessen habe, den Zoll von Filleilas und nicht den für seidene Waaren
-zu erheben.</p>
-
-<p>Der Collecter zeigte sich zur Abänderung geneigt und forderte, daß ich
-an die Intendantur, unter Beifügung dieser Probe, eine schriftliche
-Auseinandersetzung einreichen solle, bemerkte jedoch sofort, daß ich
-den Zoll für die erste Parthie, die durch den Commissionair als seidene
-Waaren versteuert worden seien, nicht zurück erhalten könne.</p>
-
-<p>Wie aus den Wolken gefallen, stand ich beim Eintritt in das nächste
-Zimmer, als ich des M.. Expedienten dort fand und zwar, als sei er der
-Ober-Inspector, meinem Gesuche entgegentretend. „Diese Waare ist für
-das<span class="pagenum"><a name="Seite_82" id="Seite_82">[S. 82]</a></span>jenige eingegangen, wofür Sie den Zoll bezahlen müssen und bezahlen
-werden; abgeändert kann hierbei nichts werden.“ Entrüstet über diese
-Bosheit, begab ich mich sogleich nach dem Comptoir des Herrn M.., um
-durch den Waaren-Aufseher, der mir versichert hatte, diese Parthie
-sei für Filleilas eingegangen und koste nur einen Realen Zoll, die
-Wahrheit zu erhärten. Aber welche Antwort erhielt ich? „Nun! wenn sie
-als etwas anderes als Filleilas eingegangen ist, so werden Sie sich dem
-unterwerfen müssen!“ &mdash; Ich ließ die Supplik dem Intendanten übergeben
-und nach einigen Tagen erhielt ich durch einen der Estimateurs den
-Bescheid: „Sie haben zwei Realen als Zoll für diese Waaren zu erlegen,
-indessen soll es Ihnen freistehen, dieselbe zollfrei auszuführen.“</p>
-
-<p>Aufgebracht hierüber und über vieles Andere, beschloß ich, unverzüglich
-meine Rechnung mit Herrn M... zu schließen und sah mich zu diesem
-Zwecke nach einem Vermittler um. Ein Schottländer, Namens Dakin,
-schien mir die geeignetste Person hierzu, da er, wie ich erfahren
-hatte, früher mit jenem in ähnlichen Verhältnissen, wie ich, gewesen
-war. Allein hier kam ich aus dem Regen in die Traufe; er versprach
-mir &mdash; ein Zug von Redlichkeit! &mdash; das Beste für mich bei dieser
-Auseinandersetzung zu thun. Er that auch wirklich so viel, daß ich in
-Folge <em class="gesperrt">seines</em> Vielthuns über meine Kräfte viel für M... thun und
-viel Geld einbüßen mußte. Ich mußte ihm nämlich eine Bescheinigung
-ausstellen, mit seiner Abrechnung vollkommen zufrieden zu sein,
-ungeachtet daß ich in einer Abrechnung etwa 50 Procent für mein
-Capital und in den andern mehr oder weniger zurückerhielt, um meine
-Waaren und Gelder, welche er (M...) nicht unter andern Bedingungen
-ausliefern wollte, zur freien Disposition zu haben. Außerdem fand ich
-in seiner Rechnung Summen für Provision von 5 Procent, für Waaren, die
-ich selbst verkauft und wobei er gar nichts<span class="pagenum"><a name="Seite_83" id="Seite_83">[S. 83]</a></span> zu thun gehabt hatte, so
-wie auch Summen für Negerlohn, die mir eine volle Ladung Neger hätten
-zugesichert. Allein &mdash; ich mußte mich fügen. Einen Prozeß in Havana,
-dachte ich, magst du der Erfahrung wegen haben, Einer ist aber auch
-genug.</p>
-
-<p>Die Bescheinigung wurde also, wie M... verlangte, ausgefertigt und ich
-hatte einen funkelnagelneuen Commissionair, der, wie ich mich bald
-überzeugte, in den Mysterien des Commissions-Geschäfts aufs genaueste
-eingeweiht war. Wie ist dies möglich in so kurzer Zeit? werden die
-geehrten Leser fragen. Ein gewisser, für Westindien unentbehrlicher
-Herr K.. verfertigte in der Art des sogenannten faulen Rechenknechts
-ein Hülfsbüchlein für Commissionaire, so wie auch Preis-Courante für
-Europäer; dieser höchst brauch- und unbrauchbare Mann sorgt also dafür,
-daß selbst die jüngsten und in Geschäften unerfahrensten nicht dermaßen
-zu Grunde gehen, wie er wiederholt zu Grunde gegangen ist.</p>
-
-<p>Mit meinem Dakin hatte ich es mithin jetzt zu thun. Zunächst erhielt
-er von M... die schriftliche Ordre, die Waaren, welche für meine
-Rechnung im Packhofe lagerten, in Empfang zu nehmen. Bald bemerkte
-ich jetzt, daß die Mantelstoffe zum Theil als Filleilas zum Theil als
-Ginghams einpassirt waren, benachrichtigte Dakin hiervon und sagte:
-„nun dürfen Sie nur einen Realen als Zoll bezahlen;“ er indeß hatte
-die Sache anders geleitet. Am folgenden Morgen begegnete er mir und
-sprach: ich muß Ihnen eine gute Nachricht mittheilen, der Douanier hat
-Ihre Mantelstoffe für das passiren lassen, was sie sind, nämlich für
-Filleilas à einen Realen Zoll; ich habe demselben jedoch 102 Piaster (6
-Unzen) versprochen, weil er sie der falschen Declaration des M... wegen
-hätte confisciren können. &mdash; Geben Sie, erwiederte ich, dem Douanier
-für Ihre Rechnung so viele Unzen, wie Sie wollen, aber nichts für die
-meinige, denn die Waaren sind für<span class="pagenum"><a name="Seite_84" id="Seite_84">[S. 84]</a></span> Filleilas eingegangen und müssen
-auch dafür passiren. &mdash; Ich werde ihm geben, so viel ich versprach,
-sagte er im Fortgehen, weil ich den Mann in meinem Geschäfte brauchen
-muß, und somit fand ich auch wirklich in der Rechnung: Allowance to
-guard for reduction of duty and excuse of fines 102 Piaster (d. h.
-Geschenk dem Zollbeamten für Nachlaß auf Steuer und Niederschlagung der
-Strafe.) In Europa würde sich wohl schwerlich Jemand diese Frechheit
-erlauben.</p>
-
-<p>Glücklicherweise sah ich mich bald in Stand gesetzt, mich des Dakins
-zu debarrassiren. Zufällig traf ich nämlich den Mercader, der auf die
-Mantelzeuge reflektirte. Wie erstaunte ich, als er mir erzählte, daß
-er stets darauf reflektirt hätte, von M... aber nie etwas bestimmtes
-habe erfahren können. Ich verkaufte die Parthie und befreite mich
-von Dakins. Die Rechnung, die ich jetzt von diesem Dilettanten in
-der commissionärischen Kunst erhielt, wich um kein Haar breit von
-denjenigen der frühern Commissionaire ab; sogar drei Piaster für
-Volanten-Lohn seiner Diener fanden sich darin. Als ich denselben wegen
-aller Prellereien zur Rede stellte, da ergriff er ein Federmesser und
-drohte, mich damit zu durchbohren.</p>
-
-<p>Nachdem ich mehrere von meinen unverkauft gebliebenen Waaren nach
-New-York expedirt hatte, &mdash; worauf ich später zurückkommen werde, hätte
-ich unterdessen von Havana abreisen können, wäre nicht &mdash; mein Prozeß
-gewesen. Schon waren drei volle Monate verstrichen und noch immer kam
-es mir so vor, als sei gar nichts geschehen, obgleich der Herr Advokat
-mich immer so vertröstete, als ob ich innerhalb acht Tagen am Ziele
-sein würde. Endlich entschloß ich mich, einen andern Weg einzuschlagen,
-auf welchem der geübte Forscher nicht ganz unbefriedigt abzieht und
-siehe da! es gelang mir; ich erfuhr, daß in der Sache noch gar nichts
-geschehen, daß noch nicht einmal mein und meines Gegners<span class="pagenum"><a name="Seite_85" id="Seite_85">[S. 85]</a></span> Name genannt
-worden sei. Im Zorn lief ich sogleich, als ich dies gewiß wußte,
-zu Herrn A.., überhäufte ihn mit Vorwürfen und er überzeugte sich
-sehr bald, daß sein Herr Procurator mit dem meines Gegners in gutem
-Einverständnisse sein müsse.</p>
-
-<p>Hierbei kann ich zu bemerken nicht unterlassen, daß ich unterdessen
-mehrere edle Spanier zu meinen Freunden gewonnen hatte, die sich meiner
-annahmen. Auch des englischen Consul muß ich rühmlichst erwähnen;
-von meiner ersten Ankunft an behandelte er mich mit der größten
-Aufmerksamkeit und Auszeichnung und lud mich sogar zu sich ein,
-obgleich ich keine weitere Empfehlung hatte, als seinen Namen von einem
-seiner Jugendfreunde in Hamburg auf einem Zettelchen geschrieben, zu
-präsentiren. Von Spaniern also wurde ich jetzt in Allem unterstützt.
-Ueberhaupt ist mein Rath, daß Jeder, der Geschäfte auf Havana treiben
-will oder muß, sich nur an Spanier wendet, man gewahrt in ihren
-Comptoirs zwar nicht Legionen von Commis in Pantoffeln und Negligée,
-allein man bemerkt bald, daß die wenigen Arbeiter viel und gut arbeiten.</p>
-
-<p>Nach der Weisung eines Kaufmannes und Beisitzers im Gerichte verfuhr
-ich jetzt. Ich ließ mir sofort von meinem Advokaten eine Klage
-niederschreiben, trug sie auf die Gerichtsstube des Friedensrichters
-und erlegte die Sporteln. Einige Tage darauf erhielt ich die Vorladung,
-vor dem Friedensrichter zu erscheinen. Am bestimmten Tage fand ich
-mich ein; allein, da ich nicht hinreichend Spanisch verstand, so
-wurde mir bedeutet, daß ich meinen Anwalt zur Seite haben müsse. Ich
-ging zu demselben, aber er wollte sich bei der großen Hitze nicht
-dazu verstehen, mich zu begleiten und expedirte einige Zeilen an den
-Friedensrichter. Dieser indeß wollte nichts von diesen schriftlichen
-Vorschlägen wissen und bestand auf dessen persönlicher Erscheinung.
-Durch viele Vorstellungen<span class="pagenum"><a name="Seite_86" id="Seite_86">[S. 86]</a></span> und Bitten, mir von der süßen Insel durch
-seinen Beistand los zu helfen, gelang es mir endlich, ihn zum Mitgehen
-zu bewegen &mdash; ein hierselbst nie in der Advokatenwelt vorgekommener
-Fall, da diese, wie schon bemerkt, nie selbst in den Gerichtshöfen
-auftreten. Beim Hingehen eröffnete mir der brave Advokat, daß er
-sich auf die Entscheidung von guten oder Schiedsmännern nur unter
-<em class="gesperrt">einer</em> Bedingung einlassen würde und zwar der folgenden: daß
-die Schiedsmänner aus den Assessoren des Gerichts erwählt würden. Er
-änderte jedoch nach einer langen Unterredung mit dem Friedensrichter
-seine Ansicht, wendete sich zu mir und sagte: „ich habe genehmigt, daß
-hiesige Kaufleute, Einer für jede der Partheien den Streit schlichten
-sollen; Sie haben mithin ohne Weiteres zu bestimmen, wem Sie die
-Sache übertragen wollen.“ Ich wählte den englischen Consul und mein
-Gegner auch. Es ward sogleich ein Protokoll von dieser Verhandlung
-ausgefertigt und beigefügt, daß die Partheien sich gutwillig dem
-Ausspruche, wie er auch ausfallen möge, unterwerfen müßten und nur
-alsdann die Hülfe des Gerichtshofs, gegen Bezahlung von 500 Piaster an
-die andere Parthei, in Anspruch nehmen dürften. Mein Gegner und ich
-unterzeichneten dies Protokoll, welches einige Piaster kostete und
-es wurde zugleich festgestellt, daß die Entscheidung von Seiten des
-Richters in spätestens 14 Tagen erfolgen müsse.</p>
-
-<p>Nach Ablauf dieser Frist wurde mir das vom Consul abgefaßte Urtheil
-zugeschickt. Es verrieth einen feinen kaufmännischen Takt und bewies,
-daß der Consul über die Sache nachgedacht hatte, was in diesem Lande,
-der großen Hitze wegen, etwas Seltenes ist. Das Urtheil fiel so aus,
-wie sie in der Regel ausfallen, d. h. die Forderung wird compensirt,
-da jeder Schiedsrichter in ähnliche Verhältnisse gerathen kann und
-gern das Vergeltungs-Recht auf keine schlimme Art für sich ausgeübt
-wissen mag. Mir also wurde die Hälfte meiner Forderung aus den<span class="pagenum"><a name="Seite_87" id="Seite_87">[S. 87]</a></span> darin
-angeführten Gründen zuerkannt und ich wurde verurtheilt, eine Parthie
-Cigarren, woran mein Gegner ohne Zweifel tüchtig verdiente, zu nehmen,
-wobei mir freigestellt wurde, daß ich dieselben, wenn ich sie des
-hohen Preises wegen nicht sollte verkaufen können, für meinen eigenen
-Gebrauch verwenden dürfte &mdash; und der Consul war der Meinung, daß diese
-mir munden würden, weil das Theure in der Regel gut schmeckt.</p>
-
-<p>Meine Gegner fragten mich zu wiederholten Malen, ob ich mit dem Urtheil
-zufrieden sei, wahrscheinlich auf ein verfängliches Wort lauernd.
-Vorsichtiger Weise aber bezeigte ich nicht allein meine Zufriedenheit
-mit demselben, sondern pries auch die Gerechtigkeitsliebe des Consuls.
-Ich wurde auf den folgenden Morgen zu meinen Gegnern beschieden, um
-die Sache zu ordnen. Dort versprachen sie mir denn auch, sofort die
-mir zuerkannte Summe zu zahlen. Als sie mir die englisch abgefaßten
-Quittungen zur Unterschrift vorlegten, verstand ich mich hierzu, wenn
-ich die auf meine Waaren für Zölle bezahlte Summen durch Quittung
-würde bewiesen sehen haben, &mdash; was zu fordern mir zufolge des
-schiedsrichterlichen Urtheils frei stand. Gleich einem Leoparden sprang
-der eine Chef, der übrigens eher einem Burschen als einem Kaufmann
-ähnlich sieht, auf mich zu und schrie: „Sie sind mit dem Urtheil nicht
-zufrieden?“ Im Gegentheil, erwiederte ich mit der größten Ruhe, ich
-bin ganz zufrieden. „Nein!“ erwiederte jener, „machen Sie, daß Sie von
-hier fortkommen,“ und ruft Portier, Neger und eine Menge dienstbarer
-Geister herbei. Allein, wie ich war, mußte ich mich schon zur Retraite
-entschließen. Nach einigen Tagen erfuhr ich, daß meine Gegner beim
-Gericht auf die Auszahlung der 500 Piaster von meiner Seite angetragen
-hätten, weil ich, wie es ihr Commis bezeugen wolle, mit dem Urtheil
-nicht zufrieden sei. &mdash; Indeß Herr A.. fertigte mir ein Schreiben aus,
-welches ich auf der Gerichtsstube abgab und der Erfolg war, daß<span class="pagenum"><a name="Seite_88" id="Seite_88">[S. 88]</a></span> ich
-nach einigen Tagen die mir zuerkannte Summe durch einen braven Spanier
-Franzisco Guyri et Comp. ausbezahlt erhielt und daß meine Gegner die
-durch ihren Starrsinn entstandenen Kosten allein tragen mußten.</p>
-
-<p>Bei dieser Gelegenheit zeigte es sich, daß es noch honette, brave
-Advokaten in den Welt giebt. Als ich nach Beendigung der Angelegenheit
-bei dem Advokaten Herrn A.. für seine Arbeit und Mühe liquidiren
-wollte, weigerte er sich, etwas anzunehmen. „Sie,“ sagte er, „haben
-genug verloren, ich darf nach meinem Gefühle Nichts nehmen. Schicken
-Sie mir, nachdem Sie wieder in Berlin angekommen sind, das allgemeine
-Landrecht und ich werde mich für die geringe Mühe belohnt wissen.“
-&mdash; Auch einige Silbergeschirre, die ich ihm überreichen wollte,
-verweigerte er anzunehmen.</p>
-
-<p>Die verweigerte Vorlegung der Quittung von Seiten der verurtheilten
-Gegner und der Vorfall mit den Mantelstoffen, mit dem Fleisch-Inhaber
-und dem Schottländer Dakins brachten einen Gedanken in mir zur Reife,
-mit welchem ich lange schwanger gegangen war, nämlich diese Herren
-durch eine genaue Nachsuchung in den Douanen-Büchern zu kontrolliren.
-Ich theilte meinen Vorsatz einem jungen Spanier mit und dieser meinte,
-daß ich dasselbe jetzt, da der Intendant zufolge eines Befehls von
-Madrid verabschiedet sei und der Gouverneur selbst dessen Geschäft
-vorstehe, vielleicht werde auszuführen im Stande sein, obgleich ich
-viele Schwierigkeiten dabei finden dürfte. „Mein Rath,“ setzte der
-junge Mann hinzu, „wäre dieser: daß Sie, im Falle Sie ihren Endzweck
-bei diesem Unternehmen erreichten und, woran ich nach dem, was sich
-zugetragen hat, nicht zweifle, Sie die Diebereien gegen die Krone
-und Sie selbst entdeckten, daß Sie alsdann für sich selbst Nutzen
-davon zögen, ohne das Gouvernement darauf aufmerksam zu machen. Denn
-sehen Sie, die Krone wird bestohlen, sie weiß dieses, weiß aber auch
-zugleich, daß das nicht zu ändern ist. Der Regierung ist es sehr wohl
-bekannt, daß diese Insel eine<span class="pagenum"><a name="Seite_89" id="Seite_89">[S. 89]</a></span> jährliche Revenue von 100 Millionen
-Francs abwirft, wovon ein guter Theil für die Armee und Salaire an die
-Beamten verbraucht, und vielleicht 11&ndash;12 Millionen veruntreut werden.
-Nimmt man indeß an, daß etwa 5 Millionen Piaster in Golde von diesen
-jährlichen Einkünften nach dem Mutterlande ausgeschifft werden, so
-bleibt es für uns Alle nicht wünschenswerth, daß jene 11&ndash;12 Millionen
-ebenfalls dahin geschickt werden, weil wir unter diesen Umständen bald
-ohne Geld wären. &mdash; Wenden Sie daher den Erfolg Ihrer Nachsuchung für
-sich an, da ohnedies jede etwanige Publicität Sie verhaßt machen würde.“</p>
-
-<p>Noch an demselben Tage nach dieser Unterredung begab ich mich des
-Abends um 7 Uhr zum Gouverneur, der Jedem ohne Ausnahme, mit oder
-ohne Fußbekleidung, Gehör giebt, um ihm eine, jene Sache betreffendes
-schriftliches Gesuch zu überreichen. Der Gouverneur erschien sehr
-bald in Civilkleidern und so anspruchslos, daß ich beim Vorbeigehen
-nicht den hohen Staatsbeamten in ihm erkannte, bis mir der Adjutant
-sagte: „c’est le Gouverneur.“ Ich näherte mich jetzt der Thür des
-Gemachs, in welchem er die Supplikanten sprach und mußte die Ruhe und
-Gelassenheit bewundern, mit welcher er wohl eine halbe Stunde einem
-alten geschwätzigen Weibe, die für ihren Sohn ein Gesuch anbrachte,
-sein Ohr lieh. Mit vieler Artigkeit bat er sie endlich, zu enden, indem
-er, auf uns übrige zeigend, noch mehrere hören müsse. Nachdem sie
-und noch eine zweite Dame abgezogen war, kam ich heran, überreichte
-mein bescheidenes schriftliches Gesuch mit der ergebenen Bitte, wegen
-dieser Behelligung mich zu entschuldigen. Der Gouverneur las das
-Schreiben durch, versicherte mir, daß er sich nicht im Geringsten
-dadurch behelligt fühle; es sei seine Schuldigkeit, einen Jeden und
-insbesondere Ausländer zu hören und zugleich erlaubte er mir, wann und
-zu welcher Zeit ich wolle, wiederzukommen. „Gehen Sie in etwa 3&ndash;4 Tagen
-zum General-Secretair der Intendantur; ich werde die angemessenen<span class="pagenum"><a name="Seite_90" id="Seite_90">[S. 90]</a></span>
-Befehle ertheilen, daß Sie Alles, was Sie wünschen, in der kürzesten
-Zeitfrist erhalten sollen.“ Hierauf verabschiedete ich mich. Welcher
-Contrast im Betragen dieses Cubaschen Königs und jenes von Bremen
-stammenden Commissionairs!</p>
-
-<p>Nach vier Tagen ging ich zum Secretair R...; des Gouverneurs Befehl an
-den Collecter der hiesigen Douane wurde mir vorgelegt und angedeutet,
-daß ich in zwei Tagen in diesem Bureau um nähern Bescheid nachfragen
-könne. Ich ging hin, aber vergebens, und so 10 Tage lang. Ich
-beschwerte mich stark, lehnte aber ab, selbst zum Collecter zu gehen,
-weil ich es nur mit dem Gouverneur zu thun haben wollte. Endlich wurde
-von der Intendantur aus hingeschickt und ich erhielt den Bescheid, des
-Gouverneurs Befehlen in Betreff meines Gesuchs könne nicht so bald
-nachgekommen werden, da der zu dieser Arbeit unbedingt erforderliche
-Beamte sich auf dem Krankenlager befinde. Jetzt blieb mir nichts
-anderes übrig, als den Gouverneur wiederum anzugehen. Es geschah; der
-Gouverneur empfing mich höchst artig. „Wie weit sind Sie mit Ihren
-Nachforschungen gekommen?“ &mdash; Ich befinde mich noch am Anfange; &mdash; man
-giebt vor, daß der Beamte, welcher Ihrem Willen gemäß die Papiere für
-mich ausfertigen soll, krank sei. &mdash; „Sonderbar! kommen Sie morgen
-Vormittag um 11 Uhr hierher.“ Als ich am andern Morgen wiederkam, sagte
-er zu mir: „der Secretair R. hat die bestimmteste Ordre von mir, was
-er thun soll; melden Sie sich bei ihm, damit er das Weitere für Sie
-besorgt.“ Dies that ich sofort. Sämmtliche Expedienten standen bald als
-sie mich kommen sahen, am Tische des ersten Secretairs R. und dieser
-sagte zu den übrigen: „Ich kann mir das Benehmen des Collecters gar
-nicht erklären und weiß fürwahr nicht, was ich thun soll. Geben Sie
-dem Herrn Ries,“ meinte einer der Secretaire, „einen offenen Befehl im
-Namen des Gouverneurs, daß<span class="pagenum"><a name="Seite_91" id="Seite_91">[S. 91]</a></span> ihm das nachgesuchte Papier unverzüglich
-ausgefertigt werde.“ Ohne Zögern folgte der Secretair diesem Rathe.
-Ich empfing den Befehl und lief, wie eine Katze vom Taubenschlag, zum
-Collecter, den ich an seinem Arbeitstische sehr beschäftigt fand.
-Eingedenk des Gebotes: Du sollst das Alter ehren, wartete ich, bis Alle
-sich entfernt hatten, weil ich voraussetzte, daß ein solcher offener
-ernsthafter Befehl, aus der Feder eines jungen Secretairs geflossen,
-dem ergrauten Staatsdiener nicht erfreulich sein würde.</p>
-
-<p>Ich überreichte demselben jetzt meine unversiegelte Depesche; er las
-sie und las sie wieder wohl zehnmal, beguckte sie von allen Seiten,
-obgleich auf dem winzigen Blättchen nur wenige Worte geschrieben
-standen. „Ich weiß nichts von Ihrer Eingabe,“ fing er endlich an. Sie
-ist hier, entgegnete ich, denn ich weiß, daß sie von der Intendantur
-schon vor 14 Tagen hierher geschickt worden ist. Der Collecter rief
-jetzt einem seiner, am nächsten Tische stehenden Secretaire zu: „wissen
-Sie etwas von des Herrn J. Ri&mdash;es (so wird mein Name im Spanischen
-ausgesprochen) Eingabe?“ Der Secretair mußte unsere kurze Unterredung,
-da er so ganz in der Nähe stand, mit angehört haben, fragte aber ganz
-fremd: „Ri&mdash;es? &mdash; Kommen Sie, ich will mich erkundigen.“ Er führte
-mich in das Nebenzimmer und nach eingezogener Erkundigung wurde mir
-gesagt, daß der Expedient, dem die Anfertigung übertragen worden,
-krank sei, indessen das Papier solle bis zum andern Vormittage um 11
-Uhr in dem Bureau der Intendantur ausgeliefert sein. Ich ging jetzt
-nach der Intendantur zurück, um dem Secretair R. Bericht abzustatten,
-der mich dann auch auf den folgenden Morgen beschied und hoffte, daß
-der Bescheid eingehen werde. Am andern Morgen erfuhr ich nun, daß der
-Bescheid da sei, aber nicht der erwartete. Der Herr Collecter berichtet
-nämlich, daß, da die Bücher nach dem Archive geschafft wären, nur
-der Archivist über das Geforderte Bericht<span class="pagenum"><a name="Seite_92" id="Seite_92">[S. 92]</a></span> erstatten könne. Meinem
-Verlangen gemäß, wurde mir dies auf einem Billet niedergeschrieben, mit
-welchem ich mich sofort zum Gouverneur begab.</p>
-
-<p>„So muß ich also dem Archivisten den Befehl ertheilen, Ihnen den Auszug
-anzufertigen,“ sagte der gutmüthige Gouverneur; „gehen Sie morgen
-früh, aber nicht vor 12 Uhr zum Secretair R., Sie werden dort meinen
-Befehl für den Archivisten finden.“ &mdash; Ich fand denselben in der That
-zur festgesetzten Zeit und der Secretair R. war so gefällig, denselben
-durch einen Beamten aus seinem Bureau nach dem Archiv zu befördern und
-ich folgte nach. Der Chef des Archivs sprach sehr geläufig französisch
-und englisch und bemerkte lächelnd, er könne mir im Voraus sagen,
-daß ich mehr bezahlt haben werde, als die Commissionaire nach den im
-Archiv befindlichen Büchern bezahlt hätten; er, der früher einmal auch
-Kaufmann gewesen, wisse, wie es zugehe. Er versprach, das Papier am
-folgenden Morgen in Ordnung zu haben. Er forderte zugleich von mir,
-daß ich ihm einen genauen Auszug von den Monaten und Tagen, an welchen
-die Schiffe, die ich in meinem Verzeichnisse namhaft gemacht hatte,
-in Havana eingelaufen seien, welches er aus den Büchern nicht ersehen
-zu können vorgab. Obgleich ich dieses nach der Art und Weise, wie
-die Bücher in Havana auf der Douane geführt werden, für eine leere
-Entschuldigung anzusehen berechtigt war, so versprach ich ihm doch,
-mich der Besorgung unterziehen zu wollen. Anfänglich schien mir die
-Aufgabe sehr schwer, indeß fand ich bald einen sichern und leichten
-Weg hierzu. Ich ging nämlich nach der Lonja (Börse) und machte aus
-den daselbst liegenden Büchern, welche über die Ankunft aller Schiffe
-sprechen, einen genauen Auszug, den ich schon nach Verlauf von einer
-halben Stunde nach dem Archiv bringen konnte, worauf der Archivist
-wiederholt mir den Auszug am folgenden Morgen für ganz gewiß versprach.</p>
-
-<p><span class="pagenum"><a name="Seite_93" id="Seite_93">[S. 93]</a></span></p>
-
-<p>Es vergingen indeß wohl 14 Tage und jeden Tag erzählte mir der
-Archivist etwas Anderes, warum er es nicht möglich machen könne.
-Als ich zuletzt sehr dringend ward und mit Beschwerdeführung beim
-Gouverneur drohte, sagte er mir: „Ich kann wenige von den durch M...
-für Sie eingeführten Waaren weder in den Büchern noch in den Manifesten
-finden.“ So wurde ich noch länger als acht Tage hingezogen, bis endlich
-der Archivist, da er meine Geduld erschöpft glaubte, mir eröffnete:
-„Sie finden die geforderten Papiere beim Gouverneur, ich habe sie
-heute dorthin befördert.“ Ich wendete mich jetzt an diesen, aber er
-wußte von nichts. Nach einigen Tagen nun endlich wurden sie mir in der
-Intendantur überreicht. Das Resultat war komisch, für mich freilich
-traurig, weil Herr M... beinahe Alles, was er mir für Zölle angesetzt
-hat, worüber dessen mir übergebene Rechnungen sprechen, nicht bezahlt
-hat, und ist das Original dieses Instruments beim Verfasser einzusehen.</p>
-
-<p>Jedes Forschen, welches nicht aus Neugierde, sondern aus Wißbegierde
-entspringt, ist ein eben so mühseliges als undankbares Geschäft; es
-erfordert immer einige Selbst-Aufopferung, wird jedoch selten, obgleich
-es das Beste der menschlichen Gesellschaft zum Gegenstand hat, nach
-seiner löblichen Absicht gewürdigt. &mdash; Was die Leser auch von meinen
-Nachforschungen denken mögen, so habe ich selbst doch das ruhige
-Bewußtsein, daß ich die kaufmännische Gesellschaft gegen Diebereien in
-Westindien zu schützen beabsichtigte.</p>
-
-<p>Aus dem Bericht des Ober-Tribunals, der eigenhändig vom Gouverneur
-unterzeichnet wurde, ergab sich also aufs bestimmteste, daß der mit
-dem Buchstaben M... bis jetzt von mir bezeichnete Commissionair Moyer
-in Havana sehr viele von meinen Waaren eingeschmuggelt hat, „indem die
-Collys,“ wie der Bericht lautet, „weder in den Schiffer-Manifesten,
-noch in den Büchern zu finden<span class="pagenum"><a name="Seite_94" id="Seite_94">[S. 94]</a></span> seien.“ Erwäge nur der Leser, was den
-höchsten Staatsbeamten Cuba’s bewog, diesen offenbaren Betrug ganz zu
-übersehen! Ist er vielleicht in Hinsicht der Zollbeamten mit Friedrich
-dem Großen einverstanden, der bei einem ähnlichen Gesuch äußerte:
-„ein schlechtes Pferd ist dasjenige, welches an einer mit Hafer
-gefüllten Krippe steht und nicht frißt!“ Wir wollen dem Leser die oben
-angeführten Bemerkungen des jungen Spaniers ins Gedächtniß zurückrufen,
-denn von den veruntreuten 11&ndash;12 Millionen Francs bleibt doch ohne
-Zweifel ein großer Theil an den Händen der Douaniers kleben.</p>
-
-<p>Wie sollte der Gouverneur und wie durfte er handeln, wenn er nicht die
-ganze Maschine ins Stocken bringen wollte? Den Moyer zur Verantwortung
-ziehen, hieß nichts anderes als das ganze Personal des Packhofs in
-Anklage-Zustand versetzen, und was dann? Wo Leute hernehmen zum Betrieb
-des Packhofs-Geschäfts. Ich zweifle nicht, daß der Gouverneur, dem die
-ganze Regierung in Cuba obliegt, dem von Madrid aus die strengsten
-Instructionen zur Abschaffung von Mißbräuchen ertheilt worden sind,
-nach Lesung jenes Berichts den Nutzen für die Regierung daraus gezogen
-hat und gewiß sehr bald etwas thun wird. Dies darf ich wohl aus seinem
-Benehmen folgern. Nachdem er nämlich einen schriftlichen Aufsatz über
-Vereinfachung und Verbesserung der Douanen von mir verlangt und ich
-seinen Wunsch erfüllt hatte, fand dieser Aufsatz in seinem Hute Platz,
-wohin, wie mir gesagt wurde, alle schriftlichen Eingaben kommen, welche
-seine besondere Aufmerksamkeit rege machen.</p>
-
-<p>Eilf bis zwölf Millionen, sagte der junge Spanier, werden jährlich
-veruntreut. Sehr viel! Unglaublich! dürfte mancher Leser denken.
-Wogegen ich behaupte: nicht viel! wenn man hiermit die Diebereien
-vergleicht, welche sich die dortigen Commissionaire gegen ihre
-europäischen Handelsverbündeten erlauben. Zur nähern Beleuchtung<span class="pagenum"><a name="Seite_95" id="Seite_95">[S. 95]</a></span>
-dieser Behauptung will ich die Mantelstoffe zum Thema nehmen und klar
-beweisen, wie viel die beiden Commissionaire Moyer und Dakin dabei
-geschluckt haben.</p>
-
-<table class="mantel" summary="Mantelstoffe">
- <tr>
- <td class="tdl">
- &nbsp;
- </td>
- <td class="tdc">
- Piaster
- </td>
- <td class="tdc">
- Realen
- </td>
- </tr>
- <tr>
- <td class="tdl vat">
- Moyer nimmt von mir eine Summe von<br />
- wofür er angeblich 2 Procent vom Werth
- Strafzoll erlegen mußte, weil die darüber
- sprechende Factura zu spät eintraf.<a name="FNAnker_B_2" id="FNAnker_B_2"></a><a href="#Fussnote_B_2" class="fnanchor">[B]</a>
- </td>
- <td class="tdc vat">
- &#8199;50
- </td>
- <td class="tdc vat">
- 2&#8199;
- </td>
- </tr>
- <tr>
- <td class="tdl vat">
- Dakin nimmt für dieselbe Waare an Kriegssteuer
- </td>
- <td class="tdc vab">
- &#8199;34
- </td>
- <td class="tdc vab">
- &ndash;&#8199;
- </td>
- </tr>
- <tr>
- <td class="tdl vat">
- Für Geschenk an den Douanier wegen Erlassung der Strafe, wie
- früher erwähnt
- </td>
- <td class="tdc vab">
- 102
- </td>
- <td class="tdc vab">
- &ndash;&#8199;
- </td>
- </tr>
- <tr>
- <td class="tdl vat">
- Für Steuer à 1 Real pro Vara
- </td>
- <td class="tdc vab">
- 138
- </td>
- <td class="tdc vab">
- 1&#8199;
- </td>
- </tr>
- <tr>
- <td class="tdl vat">
- Für die Provision
- </td>
- <td class="tdc vab">
- &#8199;42
- </td>
- <td class="tdc vab">
- 1&#8199;
- </td>
- </tr>
- <tr>
- <td class="tdl vat">
- Für andere Packhofsgebühren (wie billig!)
- </td>
- <td class="tdc vab bb">
- &#8199;19
- </td>
- <td class="tdc vab bb">
- 3½
- </td>
- </tr>
- <tr>
- <td class="tdl vat">
- Ich zahlte mithin für eine Parthie Waaren, wofür ich 1241 Piaster
- ausgezahlt erhielt, wie nebenstehend
- </td>
- <td class="tdc vab">
- 485
- </td>
- <td class="tdc vab">
- 7½
- </td>
- </tr>
-</table>
-
-<p class="p0">obgleich die Commissionaire gemäß der Bescheinigung des Ober-Tribunals
-gar nichts bezahlt hatten, und somit floß diese ganze Summe in
-die Tasche der Commissionaire. Dies beweist mithin meine frühere
-Behauptung, daß man mit Zurechnung der Spesen von Europa bei Sendungen
-nach Westindien stets auf 50 Procent Unkosten gefaßt sein muß.</p>
-
-<p>Jetzt bleibt mir noch zu beweisen übrig, wie hoch sich die von Moyer
-in Rechnung gestellten Zölle belaufen und wie viel er nach der
-Bescheinigung des Tribunals davon für sich erbeutet hat.</p>
-
-<p><span class="pagenum"><a name="Seite_96" id="Seite_96">[S. 96]</a></span></p>
-
-<table class="mantel" summary="Mantelstoffe">
- <tr>
- <td class="tdl">
- &nbsp;
- </td>
- <td class="tdc">
- Piaster
- </td>
- <td class="tdc">
- Realen
- </td>
- </tr>
- <tr>
- <td class="tdl vat">
- Was er mir berechnete, beläuft sich
- auf nicht mehr und nicht weniger, gemäß
- dessen eigenhändig unterzeichneten Rechnungen
- </td>
- <td class="tdc vab">
- 291
- </td>
- <td class="tdc vab">
- 3½
- </td>
- </tr>
- <tr>
- <td class="tdl vat">
- Und wie viel hat er nach der Bescheinigung
- des Tribunals für jene benannte
- Summe bezahlt? Auch nicht mehr und
- nicht weniger als
- </td>
- <td class="tdc vab bb">
- &#8199;58
- </td>
- <td class="tdc vab bb">
- 4½
- </td>
- </tr>
- <tr>
- <td class="tdl vat">
- Er kürzte mithin die Revenuen der Regierung um
- </td>
- <td class="tdc vab">
- 232
- </td>
- <td class="tdc vab">
- 8&#8199;
- </td>
- </tr>
-</table>
-
-<p>Es ist jetzt noch meine Schuldigkeit, zu beweisen, daß es nicht allein
-in Havana, nein! daß es, wie ich behauptet habe, in ganz Westindien
-in dieser Hinsicht nicht besser ist. Zu diesem Endzweck und zur
-Einsicht für jeden nach der neuen Welt Handelslustigen will ich eine
-Verkaufs-Rechnung über 450 Stück Kattun nach Mexico über Vera-Cruz im
-Belauf von 4500 Piaster des wirklichen Verkauf-Preises liefern. Sie ist
-wie folgt:</p>
-
-<p class="center mtop1"><em class="gesperrt">¾ Vara breite Kattune.</em></p>
-
-<table class="mantel" summary="Mantelstoffe">
- <tr>
- <td class="tdl vat" colspan="6">
- 10 Ballen à 45 Stück in jedem Ballen, à 10 Piaster jedes Stück
- </td>
- <td class="tdc vab">
- 4500
- </td>
- <td class="tdc vab">
- &nbsp;
- </td>
- </tr>
- <tr>
- <td class="tdc" colspan="8">
- <em class="gesperrt">Unkosten in Vera-Cruz.</em>
- </td>
- </tr>
- <tr>
- <td class="tdl vat">
- Seefracht
- </td>
- <td class="tdc vab">
- &nbsp;
- </td>
- <td class="tdc vab">
- &nbsp;
- </td>
- <td class="tdc vab">
- &nbsp;
- </td>
- <td class="tdc vab">
- &#8199;&#8199;28
- </td>
- <td class="tdc vab">
- &ndash;
- </td>
- <td class="tdc vab">
- &nbsp;
- </td>
- <td class="tdc vab">
- &nbsp;
- </td>
- </tr>
- <tr>
- <td class="tdl vat" colspan="4">
- Seezoll 12,600 Yd. oder 13,608 Vara mit 8 Proc.
- </td>
- <td class="tdc vab">
- 1701
- </td>
- <td class="tdc vab">
- &ndash;
- </td>
- <td class="tdc vab">
- &nbsp;
- </td>
- <td class="tdc vab">
- &nbsp;
- </td>
- </tr>
- <tr>
- <td class="tdl vat">
- Internation
- </td>
- <td class="tdc vab">
- &nbsp;
- </td>
- <td class="tdc vab">
- &nbsp;
- </td>
- <td class="tdc vab">
- à 10¾ &ndash;
- </td>
- <td class="tdc vab">
- &#8199;283
- </td>
- <td class="tdc vab">
- 4
- </td>
- <td class="tdc vab">
- &nbsp;
- </td>
- <td class="tdc vab">
- &nbsp;
- </td>
- </tr>
- <tr>
- <td class="tdl vat">
- Vermehrung
- </td>
- <td class="tdc vab">
- &nbsp;
- </td>
- <td class="tdc vab">
- &nbsp;
- </td>
- <td class="tdc vab">
- à &#8199;3½ &ndash;
- </td>
- <td class="tdc vab">
- &#8199;&#8199;56
- </td>
- <td class="tdc vab">
- 5
- </td>
- <td class="tdc vab">
- &nbsp;
- </td>
- <td class="tdc vab">
- &nbsp;
- </td>
- </tr>
- <tr>
- <td class="tdl vat">
- Introduction etc.
- </td>
- <td class="tdc vab">
- &nbsp;
- </td>
- <td class="tdc vab">
- &nbsp;
- </td>
- <td class="tdc vab">
- &nbsp;
- </td>
- <td class="tdc vab">
- &#8199;&#8199;35
- </td>
- <td class="tdc vab">
- &ndash;
- </td>
- <td class="tdc vab">
- &nbsp;
- </td>
- <td class="tdc vab">
- &nbsp;
- </td>
- </tr>
- <tr>
- <td class="tdl vat">
- H. M. Gebühren
- </td>
- <td class="tdc vab">
- &nbsp;
- </td>
- <td class="tdc vab">
- &nbsp;
- </td>
- <td class="tdc vab">
- &nbsp;
- </td>
- <td class="tdc vab bb">
- &#8199;&#8199;&#8199;2
- </td>
- <td class="tdc vab bb">
- 4
- </td>
- <td class="tdc vab">
- &nbsp;
- </td>
- <td class="tdc vab">
- &nbsp;
- </td>
- </tr>
- <tr>
- <td class="tdl vat">
- &nbsp;
- </td>
- <td class="tdc vab">
- &nbsp;
- </td>
- <td class="tdc vab">
- &nbsp;
- </td>
- <td class="tdc vab">
- &nbsp;
- </td>
- <td class="tdc vab">
- 2106
- </td>
- <td class="tdc vab">
- 5
- </td>
- <td class="tdc vab">
- &nbsp;
- </td>
- <td class="tdc vab">
- &nbsp;
- </td>
- </tr>
- <tr>
- <td class="tdr vat" colspan="3">
- Prämie 4 Procent
- </td>
- <td class="tdc vab">
- &nbsp;
- </td>
- <td class="tdc vab bb">
- &#8199;&#8199;84
- </td>
- <td class="tdc vab bb">
- 2
- </td>
- <td class="tdc vab">
- &nbsp;
- </td>
- <td class="tdc vab">
- &nbsp;
- </td>
- </tr>
- <tr>
- <td class="tdl vat">
- &nbsp;
- </td>
- <td class="tdc vab">
- &nbsp;
- </td>
- <td class="tdc vab">
- &nbsp;
- </td>
- <td class="tdc vab">
- &nbsp;
- </td>
- <td class="tdc vab">
- 2190
- </td>
- <td class="tdc vab">
- 7
- </td>
- <td class="tdc vab">
- &nbsp;
- </td>
- <td class="tdc vab">
- &nbsp;
- </td>
- </tr>
- <tr>
- <td class="tdl vat">
- &nbsp;
- </td>
- <td class="tdc vab">
- &nbsp;
- </td>
- <td class="tdr vab" colspan="2">
-<span class="pagenum"><a name="Seite_97" id="Seite_97">[S. 97]</a></span>
- Transport
- </td>
- <td class="tdc vab">
- &nbsp;
- </td>
- <td class="tdc vab">
- &nbsp;
- </td>
- <td class="tdc vab">
- 4500
- </td>
- <td class="tdc vab">
- &nbsp;
- </td>
- </tr>
- <tr>
- <td class="tdc vat" colspan="3">
- Transport
- </td>
- <td class="tdc vab">
- &nbsp;
- </td>
- <td class="tdc vab">
- 2140
- </td>
- <td class="tdc vab">
- 7
- </td>
- <td class="tdc vab">
- &nbsp;
- </td>
- <td class="tdc vab">
- &nbsp;
- </td>
- </tr>
- <tr>
- <td class="tdl vat">
- Landfracht
- </td>
- <td class="tdc vab">
- &nbsp;
- </td>
- <td class="tdc vab">
- &nbsp;
- </td>
- <td class="tdc vab">
- &nbsp;
- </td>
- <td class="tdc vab">
- &#8199;110
- </td>
- <td class="tdc vab">
- &ndash;
- </td>
- <td class="tdc vab">
- &nbsp;
- </td>
- <td class="tdc vab">
- &nbsp;
- </td>
- </tr>
- <tr>
- <td class="tdl vat">
- Alkials
- </td>
- <td class="tdc vab">
- 16⅔
- </td>
- <td class="tdc vab">
- Procent
- </td>
- <td class="tdc vab">
- &nbsp;
- </td>
- <td class="tdc vab">
- &#8199;283
- </td>
- <td class="tdc vab">
- 4
- </td>
- <td class="tdc vab">
- &nbsp;
- </td>
- <td class="tdc vab">
- &nbsp;
- </td>
- </tr>
- <tr>
- <td class="tdl vat" colspan="3">
- Kleine Kosten und Porto’s
- </td>
- <td class="tdc vab">
- &nbsp;
- </td>
- <td class="tdc vab">
- &#8199;&#8199;&#8199;6
- </td>
- <td class="tdc vab">
- 4
- </td>
- <td class="tdc vab">
- &nbsp;
- </td>
- <td class="tdc vab">
- &nbsp;
- </td>
- </tr>
- <tr>
- <td class="tdl vat">
- Courtage
- </td>
- <td class="tdc vab">
- &#8199;&#8199;½
- </td>
- <td class="tdc vab">
- &ndash;
- </td>
- <td class="tdl vam" rowspan="3">
- <div class="figcenter">
- <a id="p097_klammer" name="p097_klammer">
- <img class="klammer_p97" src="images/p097_klammer.jpg"
- alt="" /></a>
- </div>
- </td>
- <td class="tdc vam" rowspan="3">
- &#8199;180
- </td>
- <td class="tdc vam" rowspan="3">
- &ndash;
- </td>
- <td class="tdc vam" rowspan="3">
- &nbsp;
- </td>
- <td class="tdc vam" rowspan="3">
- &nbsp;
- </td>
- </tr>
- <tr>
- <td class="tdl vat">
- Del credere
- </td>
- <td class="tdc vab">
- &#8199;2½
- </td>
- <td class="tdc vab">
- &ndash;
- </td>
- </tr>
- <tr>
- <td class="tdl vat">
- Lagermiethe
- </td>
- <td class="tdc vab">
- &#8199;1½
- </td>
- <td class="tdc vab">
- &ndash;
- </td>
- </tr>
- <tr>
- <td class="tdl vat">
- Provision
- </td>
- <td class="tdc vab">
- &#8199;7½
- </td>
- <td class="tdc vab">
- &ndash;
- </td>
- <td class="tdc vab">
- &nbsp;
- </td>
- <td class="tdc vab">
- &#8199;337
- </td>
- <td class="tdc vab">
- 4
- </td>
- <td class="tdc vab">
- &nbsp;
- </td>
- <td class="tdc vab">
- &nbsp;
- </td>
- </tr>
- <tr>
- <td class="tdl vat">
- &nbsp;
- </td>
- <td class="tdc vab">
- &nbsp;
- </td>
- <td class="tdc vab">
- &nbsp;
- </td>
- <td class="tdc vab">
- &nbsp;
- </td>
- <td class="tdc vab">
- &nbsp;
- </td>
- <td class="tdc vab">
- &nbsp;
- </td>
- <td class="tdc vab bb">
- 3108
- </td>
- <td class="tdc vab bb">
- 3
- </td>
- </tr>
- <tr>
- <td class="tdl vat" colspan="5">
- Verbliebe mithin für den Versender ein reines Provenue wie zeigt von
- </td>
- <td class="tdc vab">
- Piaster
- </td>
- <td class="tdc vab">
- 1391
- </td>
- <td class="tdc vab">
- 5
- </td>
- </tr>
-</table>
-
-<p class="mtop1">Nach diesen klaren Aufstellungen werden es die geehrten Leser natürlich
-finden, daß mein Haß gegen die hiesigen Commissionaire einen guten
-Grund hatte und nach dieser Erfahrung noch stärker wurde, so daß ich
-ihnen ohne Rückhalt sagte: „ihr seid Diebe!“ Hierüber wurde ich von
-Mehreren zur Rede gestellt, besonders aber von einem in Bordeaux
-geborenen Deutschen, dem Compagnon eines angesehenen Spaniers und einem
-Schottländer N.. Der Erstere meinte, der Europäische Kaufmann könne
-nichts dagegen haben, wenn sich die hiesigen beim Zollamte Vortheile
-zu verschaffen wissen und Jener sei nicht berechtigt, Ansprüche auf
-einen Theil der ersparten Summe zu machen, weil das hiesige Haus das
-Risico des Verlustes habe und den Werth der Waaren nöthigenfalls dem
-Europäer ersetzen müßte. Meine Erwiederung war, daß der Europäer unter
-den jetzigen Umständen, d. h. wenn Alles glücklich geht, nie mehr als
-die Hälfte vom Werth seiner Güter zurückerhält, daß er aber, wenn die
-Waaren fortgenommen würden, ganz gewiß gar nichts erhalten würde.</p>
-
-<p><span class="pagenum"><a name="Seite_98" id="Seite_98">[S. 98]</a></span></p>
-
-<p>Der Schottländer N.. meinte, daß ich diese Behauptung in Hinsicht
-der Deutschen, aber nicht der Engländer hätte aufstellen sollen,
-weil die Deutschen ohne Ausnahme mehr Neigung für das Metier der
-Schmuggelei hätten, als irgend eine andere Nation. Er drohte, auf
-meinen Reisepaß Beschlag zu legen, versicherte mir, daß ich in den
-ersten 12 Jahren nicht von der Insel fortkommen würde, er habe bereits
-die Unterschriften mehrerer Kaufleute gesammelt, um ein Gesuch zu
-diesem Endzweck einzureichen. Ich nannte ihm Mehrere, an die er sich
-hauptsächlich mit gutem Erfolge wenden könnte und blieb ganz ruhig
-dabei, da der Gouverneur meine Meinung theilte und auf meiner Seite
-war. Sehr bald erhielt ich denn auch meinen preußischen Cabinets-Paß
-aus den Händen des Gouverneurs, von ihm selbst visirt und gratis (er
-kostet sonst 6&ndash;8 Piaster). &mdash; Meine Bekanntschaft mit dem Gouverneur
-war bald stadtkundig geworden; die Deutschen zogen jetzt andere Saiten
-auf und fingen an, mich mit mehr Artigkeit zu behandeln, woran mir
-eigentlich wenig gelegen war.</p>
-
-<p>Früher aber hatten sich die Commis in der Restauration belle Europe
-zurückgezogen, wobei der Wirth natürlich sehr viel verlor, denn alle
-seine theuren Sächelchen, als da war: saurer Moselwein, welcher von
-den deutschen Commis als Schloß-Johannisberger getrunken und bezahlt
-wurde, seine von Frankreich eingegangenen Forellen und grünen Erbsen,
-welche letztere in Havana nur aufgewärmt wurden und wovon die kleinste
-Portion, so wie auch von den Forellen 1½ bis 2 Piaster kostete: alle
-diese schönen Dinge sahen jetzt nach dem Ausbleiben der Deutschen
-ihrem Untergang entgegen. Mit diesen Erbsen wird nicht selten Jemand
-angeführt, was auch mir passirte, &mdash; ein Vorfall, den ich des Scherzes
-halber erzählen will.</p>
-
-<p>Als ich nämlich eines Tages in der genannten Restauration zum
-Mittagsessen kam, fand ich keinen Platz<span class="pagenum"><a name="Seite_99" id="Seite_99">[S. 99]</a></span> und war schon im Begriff,
-fortzugehen, als mich ein Commis einer meiner Commissionaire zum
-Bleiben aufforderte; sie rückten zusammen und ich setzte mich. Er
-beorderte eben grüne Erbsen als Gemüse für sich und fragte mich, ob
-er auch für mich dieses vortreffliche Gericht bestellen solle. Ich
-ersuchte ihn darum, in der Meinung, daß es eingeborene Havaneser wären,
-da die gewöhnlichen Gemüse hier stets auf den Märkten angetroffen
-werden. Wie erstaunte ich, als mir die Rechnung gereicht wurde und ich
-diese in Frankreich vor vielleicht vier Jahren zubereiteten Erbsen
-mit 1½ Piaster aufgeführt fand. Anfänglich glaubte ich, daß die
-jungen Leute, die sich, wie alle Deutsche, wegen meiner eingezogenen
-ökonomischen Lebensweise moquirten, den Aufwärter zu einem Scherz
-bewogen hätten. „Nein, nein!“ fiel einer der Leckermäuler ein, als
-ich dies äußerte, „kein Scherz! diese in Frankreich zubereitete
-Délices kostet so viel, und wir finden es so billig, daß wir sie jeden
-Abend als Souper genießen“ &mdash; wobei er einen langen Sermon über die
-chemische Processe beim Einkochen u. s. w. anknüpfte. Ich erwiederte
-ihm kurz, daß Commis, deren Herren 25,000 Cigarren für 2000 Thlr. an
-Zahlungsstatt geben, freilich 1½ Piaster für drei Löffel voll grüner
-Erbsen auszugeben im Stande seien, ein ehrlichdenkender Deutscher aber
-könne dies nicht. Er erwiederte, diese Behauptung sollte ich auf der
-Gerichtsstube verantworten; ich aber bezahlte 1½ Piaster für ein
-aufgewärmtes Gemüse, welches ich frisch für ein Real hätte genießen
-können und ging weg.</p>
-
-<p>Auf solche Weise werfen die Deutschen mit dem Gelde um sich, was wir
-europäische Deutsche verlieren, weshalb man mit Recht sagen kann: hier
-ist des Deutschen Feind der Deutsche. Sie sind in keiner Hinsicht
-mit andern Nationen, am wenigsten aber mit den dortigen Franzosen zu
-vergleichen, welche ihre Landsleute ohne Ausnahme mit Herzlichkeit
-empfangen, bei jeder Gelegenheit<span class="pagenum"><a name="Seite_100" id="Seite_100">[S. 100]</a></span> ihnen thätig zur Hand gehen und die
-bedrängten unterstützen. Man hat Beispiele, daß Franzosen, welche sich
-auf Waarenspekulationen nach Westindien eingelassen hatten und dadurch
-fast ruinirt wurden, sich durch Hülfe ihrer dort etablirten Landsleute
-wieder erholten, indem diese Artikel von ihnen kauften, wobei sie
-bedeutend verloren, um jene aus der Noth zu befreien, oder um ihnen
-zur Rückkehr nach dem Vaterlande behülflich zu sein. In Legionen sieht
-man die Franzosen in Westindien herumziehen, die Alle in der Absicht
-hinkommen, ihr Glück zu machen. Niemand will dort weniger als 40,000
-Piaster ärndten.</p>
-
-<p>Welch ein Contrast bildet dies Benehmen mit dem der Deutschen daselbst;
-da ist nichts von Herzlichkeit und Patriotismus zu finden; Geld! ist
-das Losungswort und die Parole bei ihren Manövern und bei allem ihrem
-Thun und Treiben. Deshalb werden denn auch alle Artikel, in welchen
-die deutschen Fabrikanten Meister sind, den dort umherschwärmenden
-englischen Reisenden zum Copiren gegeben. „Mischen Sie die Waare
-mit Baumwolle,“ sprechen sie, „machen Sie dieselbe schmäler, auch
-allenfalls von kürzerem Maaße, nur copiren Sie treu die Appretur und
-das Zeichen; für das Uebrige werden wir sorgen.“ Der Reisende kennt
-seine Pappenheimer; er weiß, daß die Commissionaire in Havana weniger
-Kenntnisse im Waarenfache besitzen, als die Leipziger oder Berliner
-Dienstmädchen, und versichert ihnen daher, wenn sein Prinzipal die
-bestellte Quantität doppelt schickt, diese Parthie sei das Non plus
-Ultra! „Sehen Sie,“ sagt er, „Alles dieses hier, was Sie in dem Zeuge
-sehen, ist von leinenem Garn gemacht“ und der Commissionair &mdash; was kann
-er auch bei seiner Unwissenheit anders thun? &mdash; schenkt ihm Glauben.
-Das Höchste, was er noch thut, ist, daß er seine Legion bepantoffelter
-Commis und cigarrenrauchender Portiers, Neger und Trabanten herbeiruft,
-damit<span class="pagenum"><a name="Seite_101" id="Seite_101">[S. 101]</a></span> sie sich von der Vortrefflichkeit der englischen Copieen
-überzeugen und den herrlichen Einfall ihres Herrn und Meisters
-bewundern. Indeß, was ist der Erfolg? Die Havaneser kaufen diese
-Creasse, Platillien etc., die aus einem durch Maschinen zerstampften
-Flachse, mit Baumwolle vermischt, verfertigt sind, natürlicher Weise
-zu einem viel geringern Preise, als die deutschen Waaren derselben
-Art verkauft werden können, und die letztern bleiben liegen. Erst im
-Gebrauch bemerkt der Käufer, daß er hintergangen worden ist, indem die
-gepriesenen wohlfeilen englischen Stoffe über alles Erwarten rasch
-zerrissen sind. Unterdeß haben die Commissionaire ihren Endzweck
-erreicht: sie haben eine doppelte Quantität Waaren in Commission
-erhalten, sie verdienen die doppelte Summe von Provision und können
-demzufolge doppelte Portionen von den in Frankreich präparirten grünen
-Erbsen und von den theuern Forellen u. s. w. essen.</p>
-
-<p>Einst hatte ich Gelegenheit, einem Commissionair, und zwar einem sehr
-erprobten, zu widerlegen, da er sich wegen der Nachlässigkeit der
-deutschen Fabrikanten beschwerte, welche, wie er meinte, nicht mit der
-Zeit fortgingen und von Engländern sich vordrängen ließen; ich bewies
-ihm, daß alle deutschen Leinen den englischen vorzuziehen seien, weil
-der von der Natur im Flachs erzeugte Faden nicht zerstampft, sondern
-unversehrt in den Stoff eingewebt wird u. s. w.</p>
-
-<p>Wenn ich den geneigten Leser mit der weitläuftigen Erzählung meiner
-eigenen Angelegenheiten so lange hingehalten und vielleicht ermüdet
-habe, so bitte ich um Verzeihung und glaube, einige Ansprüche auf
-dieselbe zu haben. Da Behauptungen Beweise erfordern und diese nur dann
-als triftig gelten können, wenn sie sich auf bestimmte Erfahrungen
-stützen, so mußte ich diese ausführlich mittheilen. Es wird mich nicht
-gereuen, dieselben auf meine Unkosten theuer erworben und bezahlt zu
-haben,<span class="pagenum"><a name="Seite_102" id="Seite_102">[S. 102]</a></span> wenn die Saat, die ich hier zum Nutzen des europäischen Handels
-ausstreue, auch wirklich aufgeht und Früchte trägt. Zum Beschluß
-will ich, ehe ich zu Gegenständen anderer Art übergehe, Einiges über
-Meta-Geschäfte von dort auf Europa anführen, ein Gegenstand, der
-besondere Berücksichtigung verdient.</p>
-
-<p>Meta-Geschäfte nenne ich solche, bei welchen gewöhnlich drei
-Unternehmer interessirt sind, nämlich: ein Schiffseigenthümer, ein
-hamburger, bremer etc. Kaufmann, und endlich ein havanesischer
-Commissionair. Diese contrahirenden Personen verbinden sich mit der
-Ueberzeugung, daß Einer über den Andern so viel Vortheile als möglich
-erringen wird. Der Schiffseigenthümer liegt in Havana und kann für sein
-Schiff nur Fracht à 2 L. Sterl. pro Tonne finden, und doch möchte er 3
-L. Sterl. 10 Sh. bis 3 L. Sterl. 15 Sh. bedingen. Wie wäre es, spricht
-er jetzt, wenn ich mein Schiff mit Caffee oder Zucker für den letztern
-Frachtpreis belüde? Ein Commissionair findet sich hierzu bereit, wenn
-der Rheder den dritten Theil der Ladung für seine Rechnung auf Gewinn
-oder Verlust übernehmen will, was dieser annimmt. &mdash; Der Commissionair
-schafft die Quantität zum Beladen an und findet vielleicht unterdessen
-Einige, die zu dieser enorm hohen Fracht beiladen, wodurch denn
-natürlich schon ein Gewinn für die drei Interessenten entsteht. Für
-den Commissionair, der unter der Firma Spanische Regierung Europäer
-et Comp. dieses Geschäft entrirt, muß unbedingt ein gewisser Gewinn
-bei solchen Geschäften erzeugt werden, denn er hat Provision für den
-Einkauf, den Rabatt, welchen die mit Maulthieren zum Anfahren der Güter
-beschäftigten Fuhrleute ihm erlauben (indem er nämlich das Fuhrlohn
-ganz in Rechnung stellt); er hat ferner die Sporteln, welche er sich
-beim Ausgangs-Zoll zu verschaffen weiß, so wie auch die Provision und
-anderen Sporteln auf die Waaren, die er für die europäischen verkauften
-Waaren,<span class="pagenum"><a name="Seite_103" id="Seite_103">[S. 103]</a></span> welche durch den Antheil dieser Ladung bezahlt werden, sich
-zu machen verstand, und endlich die Provision auf die Waaren, welche
-nach dem Verkauf des Zuckers an Zahlungsstatt nach Havana befördert
-werden. Der Europäer hingegen entschädigt sich durch Provisionen für
-die eingegangenen Colonial- und ausgehenden Manufactur-Waaren. Somit
-muß sich Einer auf Unkosten des Andern zufriedenstellen. Gern möchte
-ich einmal die Abrechnung von einem solchen Geschäft sehen, um die
-Erfahrung zu machen, wie viel den deutschen Fabrikanten von ihrem
-Capital, welches sie den Bremern oder Hamburgern in Waaren gegen
-Vorschuß zum Versenden nach Havana übergeben haben, übrig bleibt!</p>
-
-<p>Manche sind der irrigen Meinung, Waaren von Westindien seien Retouren,
-und deshalb müsse man daran verlieren. Wenn es jeder Europäer dem
-westindischen Commissionair zur Pflicht machte, keine anderen Retouren
-als Wechsel auf London oder Paris zu überschicken, so würden keine
-Colonial-Waaren zu einem so niedrigen Preise herabsinken, als man
-täglich erfährt. Tauschhandel findet in ganz Westindien nicht statt;
-es können demzufolge keine anderen Retouren als baares Geld existiren.
-Colonial-Waaren müssen stets für baares Geld eingekauft werden und
-selbst, wenn sie Jemand mit Salomonischer Weisheit einkaufte, so
-müßte er, glaube ich, daran verlieren: ich habe in diesem Punkte eine
-Erfahrung an einer Parthie Caffee gemacht, auf welche ich in Havana
-verdienen konnte, in Europa hingegen verlieren soll.</p>
-
-<p>Die Nordamerikaner sind, meiner Ueberzeugung nach, die einzigen, welche
-Geschäfte von Westindien nach ihren Staaten mit Nutzen betreiben
-können, weil beide so nahe Nachbarn sind und jene häufig ihre Einkäufe
-mit einem hübschen Gewinn realisirt haben, während ähnliche, zu
-derselben Zeit auf Europa unternommene Spekulationen<span class="pagenum"><a name="Seite_104" id="Seite_104">[S. 104]</a></span> noch erst am
-Anfange stehen und die Schiffs-Capitaine dorthin noch kaum zur Hälfte
-mit dem Einladen fertig sind.</p>
-
-<p>Sieht man hierselbst die Anzahl von Geschäftsleuten, insbesondere von
-Einkäufern aus den V. S., die tagtäglich in Massen ankommen, so muß es
-jedem Unbefangenen bald klar werden, daß die Preise von allen hiesigen
-Erzeugnissen sehr hoch sein müssen, und auf Europa nicht Rechnung geben
-können. Der amerikanische Einkäufer bedient sich wohlweislich der
-amerikanischen oder spanischen Commissionaire, mit denen er jedoch vor
-dem Abschluß hinsichtlich der Provision eine Uebereinkunft trifft und
-sehr selten mehr als 1¼ Procent accordirt. Fragt man den Deutschen,
-warum er nicht auch so billig arbeite, so erhält man zur Antwort: „weil
-wir nicht, den Creolen gleich, Hülsenfrüchte essen und Catalonische
-Weine trinken wollen.“ Der Verkehr mit den V. S. ist in Havana so
-bedeutend, daß jede Woche aus jedem Hafen derselben ein bis zwei, ein-
-und eben so viele von Havana auslaufen.</p>
-
-<p>Für Havana allein brachten diese Schiffe im abgewichenen Jahre
-125&ndash;130,000 Fässer Mehl, d. h. so viele erlegten den Zoll; man kann
-eine bedeutende Anzahl geschmuggelter hinzunehmen; die Einfuhr auf
-Matanzes und St. Jago ist mir unbekannt. Dessenungeachtet fehlte es
-einmal während meiner Anwesenheit in Havana wegen der widrigen Winde,
-welche die Schiffe am Einlaufen verhinderten, dermaßen an Mehl, daß
-keiner von den Bäckern mehrere Tage hindurch Brod zum Verkauf hatte
-und man zu den Schiffs-Zwiebacken seine Zuflucht nehmen mußte. Ein
-Schiff, welches in dieser bedrängten Zeit einlief, machte einen Preis
-von 32 Piaster pro Faß, der sich jedoch nur einige Tage behauptete,
-denn unmittelbar darauf kam so vieles Mehl an, daß die Preise in
-wenigen Tagen von 32 Piaster auf 18 herabsanken. Rindfleisch wird auf<span class="pagenum"><a name="Seite_105" id="Seite_105">[S. 105]</a></span>
-Cuba nur von Montevideo, in Friedenszeiten aber auch von Buenos-Ayres
-eingeführt; es langen etwa 100 Ladungen an. Es wird dort gesalzen und
-in der Sonne getrocknet, riecht nicht angenehm und ist nicht allein für
-den Neger bestimmt, sondern auch für den Ausländer; ist mir selbst doch
-sehr oft in den Restaurationen ein daraus zubereitetes Steak gereicht
-worden, allein mir kam es stets ungenießbar vor.</p>
-
-<p>Bei dieser Gelegenheit will ich dem geneigten Leser zur Uebersicht
-eine kleine Tabelle von den wichtigsten, aus den V. S. in Havana
-eingeführten Lebensmitteln vorlegen; merkwürdig ist hierbei die
-Quantität flüssiger Fettwaaren.</p>
-
-<table summary="Nach Havanna eingeführte Lebensmittel">
- <tr>
- <td class="tdc">
- 389796
- </td>
- <td class="tdc">
- Arrobas
- </td>
- <td class="tdl">
- Reis,
- </td>
- <td class="tdc">
- die Arroba à
- </td>
- <td class="tdl">
- 25
- </td>
- <td class="tdc">
- Pfund
- </td>
- <td class="tdc">
- 9,744900
- </td>
- </tr>
- <tr>
- <td class="tdc">
- &#8199;12498
- </td>
- <td class="tdc">
- &ndash;
- </td>
- <td class="tdl">
- Butter
- </td>
- <td class="tdc">
- &ndash;
- </td>
- <td class="tdl">
- 25
- </td>
- <td class="tdc">
- &ndash;
- </td>
- <td class="tdc">
- &#8199;<span class="hide">,</span>312450
- </td>
- </tr>
- <tr>
- <td class="tdc">
- 261097
- </td>
- <td class="tdc">
- &ndash;
- </td>
- <td class="tdl" colspan="4">
- Schweineschmalz oder
- </td>
- <td class="tdc">
- 6,527425
- </td>
- </tr>
- <tr>
- <td class="tdc">
- 101842
- </td>
- <td class="tdc">
- Pfund
- </td>
- <td class="tdl" colspan="4">
- Oel in Fässern
- </td>
- <td class="tdc">
- &#8199;<span class="hide">,</span>101842
- </td>
- </tr>
- <tr>
- <td class="tdc">
- 248392
- </td>
- <td class="tdl" colspan="5">
- Flaschen dito à 2 Pfund
- </td>
- <td class="tdc">
- &#8199;<span class="hide">,</span>496784
- </td>
- </tr>
-</table>
-
-<p>Diese Quantitäten sind es, die den gesetzlichen Zoll erlegt haben;
-außerdem kommt noch in Betracht die Quantität Butter, welche
-Capitaine für ihre eigene Rechnung mitbringen, womit sie den Zoll zu
-umgehen wissen, so wie auch die Quantität Rindsfett von den auf Cuba
-geschlachteten Thieren, welche den Fettwaaren angereiht zu werden
-verdienen.</p>
-
-<p><span class="pagenum"><a name="Seite_107" id="Seite_107">[S. 107]</a></span></p>
-
-<p>Geht schon aus diesem kleinen Verzeichniß die Wichtigkeit Cubas für
-die V. S. hervor, so stellt sich dieselbe doch noch mehr heraus, wenn
-man auch folgende Artikel hinzurechnet, die auf Cuba, wegen Mangel an
-Menschen nicht verfertigt werden, nämlich: das Holz, aus welchem die
-750,000 Kisten zum Verpacken des auf Cuba erzeugten Zuckers gemacht
-werden, wofür der Producent dieses Artikels 3½ Piaster für jede vom
-Käufer wieder erhält; ferner die Masse Schweinefleisch, Lichter,
-Aepfel-Champagner,<span class="pagenum"><a name="Seite_106" id="Seite_106">[S. 106]</a></span> Knoblauch und Zwiebeln, von welchen ganze Ladungen
-anlangen; Stühle, Bänke, Tische, kurz Alles, was in den Häusern nöthig
-ist. Für alles dieses fließen den Amerikanern von Cuba ungeheure
-Summen zu, welche jedoch sehr oft nicht zureichen, den Belauf der von
-den Amerikanern aus Cuba bezogenen Artikel, als: Tabacke, Cigarren,
-Caffee, Melasse, Branntweine, Zucker, Früchte etc. zu decken. Es giebt
-sehr oft in Havana so viele Wechsel auf alle Handelsplätze in den
-V. S., daß den Käufern oder Abnehmern freiwillig eine Prämie von 3,
-zuweilen gar 4½ Procent angeboten wird. Bei diesen Umständen und bei
-solchen Gelegenheiten könnten die deutschen Commissionaire freilich
-sehr zum Nutzen ihrer Freunde in Europa agiren, wenn sie nämlich statt
-Colonial-Waaren Wechsel auf New-York für dieselben kaufen wollten und
-von dort auf London Wechsel anschaffen ließen. Allein dies geschieht
-nie; jeder deutsche Commissionair, welchem Credit in London zu Gebote
-steht, schickt seinem europäischen Freunde seine von ihm selbst auf
-London gezogenen Wechsel als Rimessen und berechnet die in Havana
-statt findende Prämie, welche gewöhnlich mehrere Procente höher, wie
-die in New-York ist. Es ist demnach mit Gewißheit anzunehmen, daß der
-deutsche Commissionair in Havana neben den 2½ Procent, welche er für
-die Anschaffung von Rimessen dem Europäer in Rechnung stellt, durch
-jene Operation noch 3&ndash;4 Procent verdient.</p>
-
-<div class="section">
-
-<h3 id="Feste_und_Vergnuegungen"><span class="antiqua"><span class="s6">Ueber die</span><br />
-Feste und Vergnügungen</span><br />
-<span class="s6">der</span><br />
-<b>Havaneser.</b></h3>
-
-</div>
-
-<p>„Heute nimmt der Carneval seinen Anfang!“ sagte meine Wirthin, als
-ich eines Morgens aus meiner Arche in ihr Zimmer trat, um mich zu
-einem Spaziergange an der Seeküste wegzubegeben; „heute,“ fuhr sie
-fort, indem sie eben Caffee schlürfte,<a name="FNAnker_C_3" id="FNAnker_C_3"></a><a href="#Fussnote_C_3" class="fnanchor">[C]</a> „müssen Sie sich einmal
-ganz dem Vergnügen hingeben, denn bis jetzt haben Sie wenig oder
-gar nicht gelebt.“ Während dessen vernimmt sie das Ausschreien von
-Lotterie-Loosen durch einen hausirenden Collecteur. Wie der Blitz war
-sie zur Hausthür hin, welche zugleich die Thüre ihres Visiten-Zimmers
-ausmachte, mit der einen Hand dieselbe öffnend, mit der andern
-die Tasse Caffee haltend, „vielleicht &mdash; ja“ aussprechend, um ihr
-Schärflein zu diesen Regierungs-Revenuen beizusteuern. Die Nummern
-der Loose wurden<span class="pagenum"><a name="Seite_108" id="Seite_108">[S. 108]</a></span> sorgfältig durchgesehen und gemustert und ein
-Viertel-Loos in Gemeinschaft mit einem zufällig anwesenden jungen
-Franzosen gekauft. Von derselben Nummer hatte der Collecteur noch ein
-anderes Viertel, welches zu nehmen sie mich persuadiren wollte; da
-ich indessen diese Lotterie, wegen der unverhältnißmäßigen Anzahl der
-Nieten zu den Gewinnen haßte, so schlug ich es ab. Zufällig kaufte es
-der zum Frühstück nach Hause gehende Sohn meiner Wirthin und sonderbar
-genug, daß dieselbe Nummer in wenigen Tagen die höchste Prämie von
-25,000 Piaster erhielt. Es wäre freilich ein erfreuender Carneval für
-meine Finanzen gewesen, sagte ich, als mir die Liste und das Loos beim
-Frühstück gezeigt wurde, allein sein Sie überzeugt, daß, wäre ich
-Inhaber dieses Looses gewesen, Sie nichts gewonnen hätten, weil Fortuna
-die einzige im Frauengeschlecht ist, welche mir, da mein eiserner Fleiß
-ihren Gnadenbezeugungen stets getrotzt hat, stets entgegen trat und
-mich zum Hasser des schönen Geschlechts hätte machen können, wenn ich
-es nicht wegen der so vielen guten Eigenschaften so tief verehrte. Und
-dennoch ein Hagestolz? fragt vielleicht eine geehrte Leserin. Ja, meine
-Schöne, würde ich antworten, Hagestolz und zwar aus dem Grunde, weil
-ich täglich neue Bekanntschaften unter Ihrem Geschlecht und täglich
-bessere Eigenschaften zu entdecken Glück und Gelegenheit hatte, so daß
-ich die vollkommenste Frau aufzufinden mich entschloß und bei diesem
-Suchen ergraut bin, wodurch mir denn nur Ansprüche auf Ihren Geist,
-aber keine auf Ihre Herzen übrig geblieben sind.</p>
-
-<p>Als ich beim Fortgehen vom Hause über die Worte der Wirthin
-reflektirte, daß ich mich dem Vergnügen hingeben müsse, dachte ich bei
-mir selbst: worin kann und soll denn ein Mann in deinem Alter Vergnügen
-finden? Sollst du noch mehr thun, als anständig leben und dich kleiden?
-was allein schon in Havana Einem schwer wird. &mdash; Aber es ist ja
-Carneval, dachte ich; du mußt also<span class="pagenum"><a name="Seite_109" id="Seite_109">[S. 109]</a></span> versuchen, auf die in diesem Lande
-übliche Weise das Geld todtzuschlagen.</p>
-
-<p>Zuerst also beschloß ich, von meiner Gewohnheit abzuweichen und ein
-großes Frühstück einzunehmen. Du mußt deinem Gaumen den Carneval
-durch Austern kund thun, dachte ich und ging demzufolge nach einem
-mit Zugwinde versehenen Lokale. Durch die Dienstfertigkeit der
-cigarrenrauchenden Marqueurs stand bald eine Portion Austern auf meinem
-Tisch, an welchem sich mehrere junge Herren in derselben Absicht
-befanden. Ich beguckte diese so wie die mir vorgesetzten Austern und,
-sonderbar genug! es erging mir mit den Austern nicht besser, wie mit
-den Herren; eben so wenig als ich wegen der großen Backenbärte die
-Gesichter der letztern zu beurtheilen im Stande war, eben so wenig
-wollte es mir gelingen, die wirklichen Austern aus dem Bart und aus den
-Schalen herauszufinden. &mdash; Ich bezahlte ¾ Piaster für dieses frugale
-große en miniature aufgetragene Frühstück und dies war gut &mdash; für? &mdash;
-den Wirth.</p>
-
-<p>Durch den vermeinten Austernschmaus war mein Appetit rege geworden,
-allein er verging mir bald wieder, als ich mich gegen Mittag der
-belle Europe näherte, als ich im Entree die verschiedenen Gerüche von
-Lampenöl, Knoblauch u. s. w., womit die Speisen zubereitet worden,
-einathmete, als ich das Reinigen der Messer und Gabeln von Seiten eines
-Negers sah. Der Oberkellner war damit beschäftigt, aus den Neigen der
-in verschiedenen Flaschen vom Abend zuvor übrig gebliebenen Weine,
-durch Zusammenschütten volle Flaschen zu erzeugen. In Havana nämlich
-ist es gebräuchlich, daß vor jedem der Couverte eine volle Flasche,
-d. h. ¾ Flasche steht; es wird jedoch nur so viel dafür bezahlt als
-daraus getrunken ist und mit den Neigen wird dann der erwähnte Prozeß
-vorgenommen, denn von ihnen gilt das, was in Wallensteins Lager der
-Rekrut mit zerrissenen Kleidern spricht:</p>
-
-<p><span class="pagenum"><a name="Seite_110" id="Seite_110">[S. 110]</a></span></p>
-
-<div class="poetry-container s5">
- <div class="poetry">
- <div class="stanza">
- <div class="verse">Stellt mich morgen in Reih’ und Glied dar,</div>
- <div class="verse">Wer sieht mir’s an, was ich gestern war!</div>
- </div>
- </div>
-</div>
-
-<p>Ich nun bekam auch ein solches Mixtum-Compositum von Catalonischen und
-Französischen Weinen, ein Steak aus dem Fleisch von Montevideo und
-gesäuertes,<a name="FNAnker_D_4" id="FNAnker_D_4"></a><a href="#Fussnote_D_4" class="fnanchor">[D]</a> mit Schweineschmalz gebackenes Brod und eine Flasche des
-allerbesten, vor vielleicht vier Wochen eingesammelten Regenwassers,
-unfiltrirt: wofür ich etwa 1 Thlr. bezahlte; wieder gut für die belle
-Europe, von deren Schönheit ich kein Anbeter war.</p>
-
-<p>Nach dem Mittagsessen entschloß ich mich, einen Spanier, der mich
-zum Caffee eingeladen hatte, aufzusuchen, welches hier, da es keine
-Wohnungs-Anzeiger giebt, die Namen der Hausbesitzer auch nicht an
-den Thüren gefunden werden, eine sehr schwierige Aufgabe ist; die
-Kaufleute haben sogar keine Firma; die Läden haben wie in den deutschen
-Badeörtern ihre eigene Benennung als: der Hirsch, die blaue Kuh,
-Columbus etc. Erst nach langem Suchen fand ich meinen Spanier, der
-mich mit seinen beiden funfzehn- und eilfjährigen Töchtern, die mit
-ihren brennenden Cigaro’s da saßen, erwarteten. &mdash; Als der Caffee
-servirt wurde, fand ich in den kleinen Unterschalen zu meinem Erstaunen
-statt der Theelöffel sehr große und schwere Suppenlöffel die mich
-einigermaßen genirten. Indeß sah ich denn doch, daß die Suppenlöffel,
-die hier in großen Vorräthen bei den Silberschmieden aufgehäuft liegen,
-eine Bestimmung haben, denn die Suppen sind in Havana so kompakt,
-daß sie mit dem Messer verzehrt werden können. &mdash; Es wurde viel
-Caffee getrunken und eben so viel von allen Seiten Cigarren geraucht,
-wobei ich mich an der Virtuosität der jungen höchst liebens<span class="pagenum"><a name="Seite_111" id="Seite_111">[S. 111]</a></span>würdigen
-Spanierinnen ergötzte, während ich mich, wie jene, in einem von den
-Schaukelstühlen wiegte. &mdash; So wurde der erste Carnevalstag auf eine
-comfortable Weise todtgeschlagen, bis ich um neun Uhr in meine Arche
-zurückkehrte.</p>
-
-<p>Um dem Willen meiner Wirthin nach Vermögen nachzukommen, wandte ich am
-andern Morgen zunächst meine Aufmerksamkeit einem bessern Essen zu, was
-doch auch mit zu einer vergnüglichen Existenz gehört. Was wir Europäer
-unter: Gut essen verstehen, das konnte, wie ich aus meinen bisherigen
-Erfahrungen wußte, nicht gut in Havana möglich gemacht werden. Durften
-doch selbst bei meinem Commissionair, dem Fleisch-Inhaber, unter den
-vielen Schüsseln die besten nicht angetastet werden, weil sie für
-seine außer dem Hause wohnende Maitresse bestimmt waren; den Gästen
-wurden sie nur gezeigt und dann fortgetragen, wobei es sich glücklich
-ereignete, daß keine neugierigen Eva’s-Töchter zugegen waren. Ich indeß
-wünschte nur einen Tisch zu finden, auf welchen genießbare Speisen
-aufgetragen würden und berieth mich deshalb mit einem Franzosen. Dieser
-wies mir das Haus einer Französin an, woselbst ich für 30 Piaster pro
-Monat recht gut und zugleich in angenehmer Gesellschaft diniren und
-frühstücken könnte.</p>
-
-<p>Ich begab mich nach diesem Hause. Eine der Hauptzierden des
-Tisches war ein Bocksbraten, incognito, unter dem Namen Mouton in
-Knoblauchs-Uniform, um nicht verrathen zu werden. Das Dessert bestand
-aus vielen Kuchenarten und eingemachten Früchten; aus den erstern blies
-Jeder, bevor er sie genoß, die Ameisen und andere artige Insekten;<a name="FNAnker_E_5" id="FNAnker_E_5"></a><a href="#Fussnote_E_5" class="fnanchor">[E]</a>
-die Gesellschaft war angenehm, die<span class="pagenum"><a name="Seite_112" id="Seite_112">[S. 112]</a></span> Dienerschaft zeigte viel Gehorsam
-und besondere Aufmerksamkeit für die Gäste; man hatte sogar für
-einige Knaben und Mädchen gesorgt, die, da es gerade sehr heiß war,
-durch Eventails die Hitze der Mitspeisenden weniger fühlbar zu machen
-suchten; nur hätte man auch auf reinliche Wäsche und Kleider derselben
-sehen sollen. Am folgenden Morgen sollte ich erklären, ob ich, wie mein
-Freund, für die Dauer Abonnent sein wollte. Ich wollte jedoch zuvor zu
-einer ähnlichen Maßregel schreiten, als wenn ich mit Hauderern reisen
-wollte; wie ich dann zuerst die Pferde und Wagen mir besah, so wollte
-ich jetzt die Küche etwas ansehen.</p>
-
-<p>Ueber dieselbe etwas Näheres zu berichten, würde überflüssig sein,
-wenn die Leser mit der chirurgischen Operation bekannt geworden
-sind, die ich hier wahrnahm. Ich fand nämlich eine Negerköchin in
-einer solchen begriffen, indem sie einen etwa dreijährigen Knaben
-von einer hartnäckigen Obstruction befreien wollte. Da sie jedoch
-während dieses wichtigen Geschäftes durch das Ueberkochen eines
-Fricassés zur Kastrolle abgerufen wurde, so legte sie rasch das
-chirurgische Instrument nieder und lief ohne Weiteres zur Kastrolle,
-um dort die nöthigen Operationen vorzunehmen. Nachdem ich diese
-saubere Carnevals-Scene gesehen, beschloß ich sofort, eine für mich
-befriedigendere Carnevals-Speise aufzusuchen und dies gelang mir denn
-auch bald in einem Gasthof ohne Zeichen, dessen Wirthin, Madame Henry,
-eine gefällige Amerikanerin ist. Sie giebt für einen Piaster ein gutes
-Mittagessen und ausnahmsweise auch von dem für sich ohne Sauerteig und
-Schweinefett gebackenen Brode. Der Wein nur hatte hier, wie überall in
-der neuen Welt, chemische<span class="pagenum"><a name="Seite_113" id="Seite_113">[S. 113]</a></span> Processe zu ertragen gehabt. Hinsichtlich
-der Küchen-Revisionen dachte ich aber jetzt, wie Gellert in seinen
-Briefen von den Landkutschen: „Einmal in der Landkutsche gefahren und
-nie wieder.“</p>
-
-<p>Nachdem ich meinen Magen so ziemlich versorgt wußte, fing ich an,
-Nahrungsstoffe für den Geist aufzusuchen. Das Erste für die Havaneser
-in dieser Beziehung ist das Stiergefecht. Das Lokal zum Martern dieser
-Thiere befindet sich auf der andern Seite des Flusses in einem kleinen
-Orte, Redler genannt, dessen wohlhabende Bewohner viele Geschäfte
-mit Wachs und Honig treiben. Um dieses schauderhafte Vergnügen zu
-genießen, bezahlt man 6 Realen (etwas mehr als 1 Rthlr). Es befanden
-sich an jenem Tage gegen 2&ndash;3000 Zuschauer im Circus, der in Betreff
-der Baukunst nichts Angenehmes darbietet. Die Stiere befinden sich in
-den Händen des Gouverneurs, weshalb das Schauspiel erst nach dessen
-oder seines Deputirten Ankunft seinen Anfang nimmt. Sobald diese hohe
-Person erschienen ist, tritt der Direktor in alt-spanischem Costüme
-unter die Loge, aus welcher ihm die Schlüssel des Ankleide-Zimmers der
-stierkämpfenden Schauspieler herabgeworfen werden; er nimmt dieselben
-mit einer tiefen Verneigung in Empfang und öffnet sogleich die Thür,
-um eine der Bestien herauszutreiben. Muthig zeigt sich nun der erste
-dem in Leinen gekleideten Publikum, (denn unter allen Anwesenden
-waren nicht 100 in Tuchröcken); dort stehen die Marterer mit den
-Spießen, die sie den Thieren in die Ohren werfen müssen, damit sie
-wüthend werden. Im Uebrigen ist die dabei statthabende Musik, welche
-durch eine ungeheure Trommel, mehrere Posaunen, Trompeten und Becken
-hervorgebracht und durch Neger geleitet wird, ganz geeignet, die Ochsen
-zur Wuth zu reizen.</p>
-
-<p>Wird der agirende Ochs nicht in den ersten fünf Minuten rasend,
-so zischt ein großer Theil des Publikums<span class="pagenum"><a name="Seite_114" id="Seite_114">[S. 114]</a></span> und drückt sogar sein
-Mißfallen durch Worte aus, um die hetzenden Diener, welche zu Pferde
-oder auch zu Fuße mit Spießen, couleurten Fahnen, Tüchern etc. umher
-rennen, anzutreiben. Diese aber haben ihre Schlupfwinkel und werden
-oft, wenn sie in dieselben nicht rasch genug zu retiriren wissen,
-getödtet. Das Pferd eines dieser reitenden Diener wurde an diesem
-Tage so zugerichtet, daß die Eingeweide desselben wohl ¼ Elle
-lang heraustraten und es sogleich niederfiel. Die Thiere werden bis
-zum Niederstürzen gemartert; fallen sie, so tritt ein privilegirter
-Henkersknecht mit einem langen Spieß heran und beendet das große Werk.
-Als dies geschehen war, erschien ein Postzug von drei Pferden (in die
-Länge gespannt) und der getödtete Stier wurde in vollem Trabe, unter
-Jubelgeschrei und Beifallsklatschen der Anwesenden hinausgezogen. Und
-sofort wird ein anderes Thier hinausgetrieben, um das Schicksal des
-erstern zu haben. &mdash; Die allermuthigsten werden gewöhnlich erst am
-Ende auf den Kampfplatz gebracht. Der letzte war auch der glücklichste
-von allen; trotz aller Mühe, welche man sich gab, ihn zum Stürzen zu
-bringen, bestand er jede Probe, ja selbst die Feuerprobe; er wurde
-nämlich in eine mit Feuerwerk gefüllte weibliche Figur hineingetrieben
-und entkam der Gefahr, und unter Klatschen und Beifallrufen kehrte er
-in seinen Stall zurück.</p>
-
-<p>Nicht weit von Redler liegt ein kleiner Flecken, wo ein bedeutendes
-Geschäft mit Melassen, einem Syrup, den man nicht wie in Europa beim
-Raffiniren, sondern aus dem rohen Zucker gewinnt, getrieben wird.
-Ueber die Art und Weise, wie das Produkt erzeugt wird, will ich
-nichts anführen, indem ich voraussetze, daß Herr von Humboldt und
-andere Gelehrte in ihren Abhandlungen über den Zuckerbau hierüber das
-Wissenswertheste gesagt haben. Ich langte gerade in jenem Flecken an,
-als der Inhalt eines Fasses, nach Freiheit strebend, den Boden<span class="pagenum"><a name="Seite_115" id="Seite_115">[S. 115]</a></span> des
-Fasses zum Nachgeben gezwungen hatte und frei herauslief. Zwei Neger
-waren sogleich bei der Hand, die Melasse zu sclavischem Gehorsam
-zurückzuführen und beschäftigten sich damit, diesen flüssigen Stoff mit
-ihren schwarzen Händen (weshalb es für das Urtheil des Profanen ungewiß
-blieb, ob sie schmutzig waren oder nicht) vom Boden aufzuschöpfen und
-einzugießen. Welch ein erfreuender Anblick, dachte ich, müßte diese
-Operation für einen Nord-Amerikaner sein, welche beim Caffee oder Thee
-zum Frühstück einen Pfannkuchen, in solchem Syrup getränkt, zu genießen
-pflegen.</p>
-
-<p>Von den Prozessionen, die ich hier gesehen, verdient zunächst die am
-Carneval übliche angeführt zu werden, weil schon die Tendenz derselben
-sehr lobenswerth ist, nämlich den Kranken und Schwachen, welche an
-den Carnevals-Freuden Theil zu nehmen verhindert sind, Kunde davon zu
-geben. Jeder Conditor und Bäcker nämlich hat Brod- und Kuchen-Arten
-für den Zustand des Kranken, aber auch der Gesunden zubereitet,
-welche aus ihren Wohnungen der vorüberziehenden Prozession auf großen
-Präsentir-Tellern gereicht werden und Träger finden sich bald bereit,
-um sich ihren Magen und den Hospitälern nützlich zu erzeigen. Auch wird
-von den Spanierinnen Charpie in großen Quantitäten auf eben solchen
-großen Präsentir-Tellern den bereitwilligen Trägern übergeben.</p>
-
-<p>An demselben Tage bemerkte ich auch das Leichenbegängniß eines
-Staatsdieners; ganz in prozessionsartigem Zuschnitte lag die Leiche
-im offenen Sarge in vollem Ornate, mit den dieser Person gewordenen
-Ehrenzeichen. Eine schlechte Anordnung in solchem heißen Lande! Gern
-hätte ich auch den Leichenzug eines Havanesischen Kaiser Napoleon
-mit beigewohnt, ein Kirchendiener nämlich, der wegen der täuschenden
-Aehnlichkeit mit diesem großen Manne, sich eben so zu kleiden pflegte,
-wie dieser. In jüngern Jahren soll er auch nach Europa gereist sein,
-um<span class="pagenum"><a name="Seite_116" id="Seite_116">[S. 116]</a></span> die feinen Nuancen im Benehmen des Kaisers beobachten und copiren
-zu können. Ich wurde aber durch Geschäfte abgehalten, der Beerdigung
-desselben beizuwohnen und kann deshalb darüber nichts Näheres berichten.</p>
-
-<p>Mit großen Lettern prangte heute auf den Theater-Zetteln, die im
-allergrößten Formate an allen Straßenecken angeklebt waren, Rossini’s
-beliebte Oper: der Barbier von Sevilla, im Opernhause, nur von
-italienischen Künstlern ersten Ranges dargestellt, und präcise um
-sechs Uhr befand ich mich zum ersten Male auf dem Wege nach dem
-Opernhause. Da aber der liebe Gott die Tabacks-Produzenten unterdessen
-mit einem lang erflehten Regen erfreut hatte, so war diese Reise
-nicht ohne bedeutende Schwierigkeiten auszuführen, indem selbst die
-Volanten nur mit Mühe durch den Lehm sich durcharbeiteten. Als ich
-endlich unversehrt anlangte, zeigte mir das Gedränge an der Kasse
-bald die Unmöglichkeit, eine Einlaßkarte lösen zu können, und schon
-war ich im Begriff fortzugehen, als mir Jemand eine anbot zu sechs
-Realen (1 Thlr.). Mein Erstaunen war nicht gering, als ich erfuhr, daß
-diese sechs Realen bloß für die Erlaubniß ins Haus zu treten bezahlt
-seien, daß ich, wenn ich einen Sitz haben wolle, noch 1½ Piaster
-hinzuzulegen hätte, weil jeder einzelne Platz für 51 Piaster auf 24
-Vorstellungen abonnirt sei. Da die Logenthüren stets offen bleiben,
-fiel ein in kurzer Entfernung stehender Deutscher ein, würden Sie wohl
-daran thun, sich an einer von den Logenthüren aufzuhalten, wenn Ihnen
-das Stehen nicht zu lästig ist. Diesen Rath befolgte ich und er fand
-sich auch als der erste vernünftige, der mir während meines Hierseins
-von einem Deutschen ertheilt wurde.</p>
-
-<p>Die Logen-Abonnenten langten successive an; an jeder Loge befand sich
-ein gallonirter Neger als Begleiter und Beschützer der Frauen. Dieses
-letztern Ausdruckes darf ich mich eigentlich nicht bedienen, weil
-alle Damen<span class="pagenum"><a name="Seite_117" id="Seite_117">[S. 117]</a></span> ohne Kopfbedeckung erschienen und ich mithin nicht wissen
-konnte, welche von ihnen unter die Haube gekommen war. Die Sänger waren
-größtentheils <em class="gesperrt">Invaliden</em>, wenn ich sie mit denen der großen
-Londoner und Berliner Oper vergleiche. Es war kein <em class="gesperrt">Rosinchen</em>
-von französischem oder italienischem Weinstock, nein! es war eine
-derbe von Malagaschen Trauben erzeugte Rosine, welche dessenungeachtet
-derb gefiel; ein Nasen-Tenorist; ein mit hölzernem Spiel und ditto
-Stimme begabter Figaro und alle übrigen Mitwirkenden ließen ihre Arme
-und Beine für die Hauptsache sorgen. Die Chöre bemühten sich, einen
-Galamathias zu schreien; der Musik-Direktor, ein Holtér von Geburt,
-klopfte derb auf und machte es „holter“ recht. Das Orchester war brav,
-indem es aus Musikern der dortigen Regimenter zusammengesetzt war.</p>
-
-<p>Der Vorstellung und besonders des Stehens überdrüssig, sehnte ich
-mich jetzt nach einem Sitz, wobei ich gestehen muß, daß, wäre ich
-vielleicht 20 Jahre jünger gewesen, ich mich wegen der beiden höchst
-liebenswürdigen Spanierinnen, hinter deren Sitz ich stand, zum ewigen
-Stehen (NB. diesen Theater-Abend) würde bereit gefunden haben. Ich
-bemerkte bald, daß der Inhaber des Erfrischungs-Saales vor dem in
-demselben angebrachten Fenster mit Gittern stand und seinen Cigarr
-schmauchte; von dort aus aber konnte man durch eine offen stehende
-Logenthür die Bühne übersehen und jeden Ton deutlich vernehmen. Rasch
-ließ ich meine schönen Spanierinnen im Stich, eilte nach diesem Saal
-und bestellte ein Glas Aqua de Panaly<a name="FNAnker_F_6" id="FNAnker_F_6"></a><a href="#Fussnote_F_6" class="fnanchor">[F]</a> und schaute und hörte bis zu
-Ende des<span class="pagenum"><a name="Seite_118" id="Seite_118">[S. 118]</a></span> ersten Aktes. Jetzt aber füllte der Saal sich so übermäßig
-mit Cigarrenrauchern, daß ich mich zum Abzuge entschloß. Ich machte
-jetzt die Ronde hinter den Logen und stieß jede zwei Schritte auf einen
-mit blankem Seitengewehr in der Hand postirten Militair. Ich hörte,
-daß die Mannschaft, die hier den Dienst verrichtet, sich auf eine
-complette Compagnie belaufe und alle Gewehre scharf geladen seien. Es
-geschieht dies wegen der Masse von Negern, die hier beisammen sind.
-Im Parquet bemerkte ich jetzt Niemand, denn Damen gehen nicht hinein
-und die Herren rauchten alle einen Cigarr im Caffeehause; ich machte
-während der Pausen eine Promenade auf das italienische Dach. Die
-mondhelle Nacht bot mir etwas dar, was jeden mit Gefühl für Natur und
-Kunst begabten Europäer überraschen mußte. Ich war tief ergriffen, als
-ich auf die im Strome vor Anker liegenden Schiffe (in allen Größen, ja
-sogar Kriegsschiffe) herabsah und auf der ans Opernhaus angränzenden
-Promenade die spazierlustige Welt, um sich von der Tageshitze zu
-erholen, mit brennenden Cigarren umherwandernd, erblickte. &mdash; Als ich
-aus den höhern Regionen dieses schönen Musentempels in die untern Räume
-zurückkehrte, wo die Diener des Mars walteten, rollte eben der Vorhang
-zum zweiten Akt herauf. Eingedenk der Gefahr, die ich bei meiner
-Hieherkunft in Beziehung auf die Volanten zu bekämpfen hatte, welche
-nach Beendigung der Vorstellung noch größer zu werden versprach, trat
-ich die Wanderschaft nach meiner Arche an.</p>
-
-<p>Meine Wirthin war, als sie sich durch die mitgebrachte Contre-Marque
-von meiner Gleichgültigkeit gegen die gepriesene italienische Oper
-überzeugt hatte, sehr aufgebracht und meinte es sei nun bald Zeit für
-mich, in mein deutsches Sibirien, Berlin genannt, zurückzukehren. &mdash;
-Auch die Ratten feierten in meiner Arche ihren Carneval, sie ließen
-mir wenig Ruhe und mußten während<span class="pagenum"><a name="Seite_119" id="Seite_119">[S. 119]</a></span> der Nacht sehr ausgelassen (trotz
-unseren deutschen Rheinländern, den Cölnern) gewesen sein, denn als ich
-mich am andern Morgen von meinem Stickrahmen erhob, waren zwei Fuß aus
-der Wand zunächst meinem Lager zusammengearbeitet. Dies erzeugte in
-mir den Gedanken, die Redoute im Theater de Tacon an diesem Abend zu
-besuchen, um mich ermüdet und des Schlafens gewiß niederzulegen.</p>
-
-<p>Es werden hier stets zwei aufeinander folgende Redouten gegeben;
-da der Spanier sich in Masken-Anzügen am besten gefällt, so ist es
-nichts Seltenes, daß an demselben Abend 3&ndash;4 statt haben. Also nach
-der Redoute! dachte ich. Aber ist es nicht eine Sünde gegen das achte
-Gebot für einen Mann, wie ich, auf die Redoute zu gehen? &mdash; Wird
-doch, tröstete ich mich, die edle Zeit ohne Furcht und fortdauernd
-von so Vielen getödtet; so tödte denn auch du einmal dieselbe aufs
-<em class="gesperrt">beste</em>. Schon um acht Uhr des Morgens verkündigten die sehr
-langen und breiten Anschlagezettel, daß an diesem Abend die größte
-aller Redouten statt finden solle, indem 10,000 Personen sich einfinden
-würden. Mit Sehnsucht wartete ich auf den Abend, dies Wunder zu sehen,
-aber meine Freude wurde zu Wasser, denn es fing plötzlich an zu regnen,
-als sollte eine Sündfluth statt finden. Die Straßen werden unpassirbar
-und ich entschließe mich, zu Hause zu bleiben. Indeß zur Freude des
-Unternehmers dachten nur wenige so wie ich; es wimmelte trotz des
-Morastes in den Straßen von Masken in weißen und farbigen Anzügen; die
-Wirthe beeilten sich, den zu Fuß wandernden Masken hülfreiche Hand zu
-leisten; in den unpassirbaren Straßen werden Nothbrücken und Trottoirs
-von Brettern gelegt und siehe da! der Saal ist noch, wie mir versichert
-wurde, gepfropft voll gewesen.</p>
-
-<p>Meine Wirthin nahm selbst zwar an keinem Vergnügen mehr Theil,
-bekümmerte sich aber nichts destoweniger<span class="pagenum"><a name="Seite_120" id="Seite_120">[S. 120]</a></span> um alle; sie wußte jede
-Neuigkeit, wußte, wo es Schmausereien und Bälle gegeben hatte und geben
-würde. Sehr glücklich für Sie, fing sie eines Morgens an, daß der Regen
-vor einigen Tagen Sie von der Redoute zurückgehalten hat; Sie bekommen
-übermorgen für Ihr Geld eine weit hübschere zu sehen, eine Redoute
-romantique nach der Form eines bal masqué romantique, der vor einigen
-Tagen von einem reichen Spanier zum ersten Male gegeben wurde. Ich
-wußte in der That nicht, was es mit dieser Romantik des Balles für eine
-Bedeutung haben solle, und die gute Wirthin fuhr erklärend fort: Sehen
-Sie! ein reicher Spanier hatte die Absicht, sich zu verheirathen. Nun
-hatte er die Bekanntschaft sehr vieler Damen; unter diesen aber waren
-10&ndash;12 gleich schön und liebenswürdig, so daß er unter diesen zu wählen
-sich nicht entschließen konnte, da er keinen Grund hatte, der einen
-oder der andern den Vorzug zu geben. Um nun aber nicht, wie jener Esel,
-der sich nicht zu einer Wahl zwischen mehreren Heuhaufen entschließen
-konnte, ewig auf derselben Stelle stehen zu bleiben und zu hungern,
-gerieth er auf folgendes Manöver. Er gesteht frank und frei jeder der
-Damen sein Unvermögen zur Wahl und eröffnet ihnen dabei seinen Plan:
-er werde die Damen alle gemeinschaftlich zu einem Balle einladen und
-die Einladungskarte mit einer Nummer versehen; alle 12 Nummern sollten
-in ein Glücksrad geworfen und unter Cupido’s und Hymens Schutz tüchtig
-durchgemischt werden, und Fortuna solle dann beim Herausziehen einer
-der 12 Nummern für ihn entscheiden, welche von den 10&ndash;12 Auserkornen
-die auserkorenste sein soll. &mdash; Da die Spanierinnen hinsichtlich des
-Verheirathens wie alle Europäerinnen denken, d. h. mit dem Wunsch,
-sich zu verheirathen, zu Bette gehen und wieder aufstehen, so fand
-ein solches Unternehmen keine Schwierigkeit und &mdash; der junge Mann hat
-eine recht niedliche und zugleich gute<span class="pagenum"><a name="Seite_121" id="Seite_121">[S. 121]</a></span> Frau bekommen. Und sehen Sie,
-fuhr sie fort: auf ähnliche Weise wird die nächste Redoute romantique
-statt finden, nur mit dem Unterschiede, daß hier eine Frau von Ihnen
-erhascht werden kann und zwar eine sehr ruhige, friedliebende, nämlich
-eine leblose mit einer goldenen Kette, (im Werth von vier Dublonen)
-geschmückte, &mdash; Figur. Sehr gut! erwiederte ich, bei einer solchen
-Heirath riskirt man doch nicht seine häusliche Ruhe; ich werde mich
-um sie bewerben. &mdash; Mit dem Glockenschlage 10 stand ich an der
-Kasse, legte bescheidener Weise einen Piaster nieder und erhielt mit
-einem Billet Hoffnung zum Besitz einer der anspruchlosesten Frauen
-&mdash; indessen Fortuna gestattete mir auch hier nicht, Hymens Fessel
-anzulegen.</p>
-
-<p>Der Saal entsprach übrigens nicht meiner Erwartung, indem man mir oft
-gesagt hatte, das Carlo-Theater in Neapel sei ein Miniatur-Gebäude
-gegen dieses de Tacon; ich fand diesen Saal nicht größer als den
-des neuen Hamburger Schauspielhauses bei Redouten. Das Haus ist
-durch und durch von Holz, die Beleuchtung sehr schwach, welches
-wohl dem bedeutenden Verbrauch des Oels bei Zubereitung der Speisen
-zuzuschreiben ist; man konnte, obgleich die Logen des ersten Ranges
-in keiner zu großen Entfernung sind, nichts von den in denselben
-herumschweifenden Masken unterscheiden.</p>
-
-<p>Die Masken-Ordnung ist eine sogenannte zwanglose, d. h. Unordnung.
-Die Neger ausgenommen, ist Jedem der Zutritt gestattet, mag er in
-schmutzigen oder reinlichen Hauskleidern erscheinen. Im Saale ist das
-Cigarrenrauchen erlaubt, weshalb beinahe Alle rauchen. Da der Spanier
-für Hazard-Spiele und das schöne Geschlecht mehr Neigung hat, als
-irgend eine andere Nation, so konnte der Unternehmer wohl die Anzahl
-seiner Besucher vorausbestimmen und auf 12,000 angeben, und so groß
-war auch wirklich die Anzahl der vertheilten Entréekarten,<span class="pagenum"><a name="Seite_122" id="Seite_122">[S. 122]</a></span> obgleich
-höchstens für 3000&ndash;3500 Personen Platz im Saale ist. Die, welche keinen
-Platz im Saale fanden, spazirten in den blühenden Orangen-Alleen und
-athmeten bessere Düfte als die im Saale.</p>
-
-<p>Die Alleen glichen einem Lustlager; man fand hier Reihen erleuchteter
-Buden mit Erfrischungen aller Art: da standen in Oel gesottene
-Ziegenfüße, dort eben so zubereitete kleine Fischchen, die wegen ihrer
-kleinen niedlichen Gestalt ihren Namen Petit-nets verdienen. Dort
-bemerkt man Buden mit eingemachten Früchten und Confituren, auf welchen
-sich Blumenstücke von den vorzüglichsten Ameisen und andern dort
-einheimischen Insekten, nicht nach dem Leben, sondern nach dem Ableben
-derselben gebildet hatten. In manchen Buden wurden Milch- und andere
-Punsch-Sorten geschenkt. Zwischen den Buden lagen die respektiven Köche
-auf dem durch die Hitze seit einigen Tagen ausgetrockneten Lehmboden
-hinter dem Feuer von Holzkohlen, und die reich gekleideten Masken sah
-man lüstern auf die in Oel siedenden Gerichte hinblicken. Ich glaube
-nicht zu übertreiben, wenn ich die Anzahl der Menschen, die sich
-herumtrieben, auf 10 bis 12,000 angebe. Es war ein herrlicher Anblick,
-in der mondhellen Nacht eine solche Masse lebenslustiger Menschen unter
-Gesang und Spiel umherschwärmen zu sehen und nicht einen einzigen
-Betrunkenen zu bemerken. Aecht Spanisch! Jeder und beinahe Jede mit
-einem brennenden Cigarr im Munde, aber alle nüchtern.</p>
-
-<p>Auch die Negersclaven begehen acht aufeinander folgende Stunden den
-Carneval. Am heiligen Drei-Königs-Tage, des Vormittags um 10 Uhr, hört
-man überall Trommelschläge, die Signale, daß der Carneval seinen Anfang
-nehmen wird. Es gruppiren sich jetzt in allen den Straßen, in welchen
-jene Signale gegeben worden sind, diejenigen, welche an der aus jener
-Straße abziehenden Gesellschaft Theil zu nehmen versprochen haben.
-In jeder<span class="pagenum"><a name="Seite_123" id="Seite_123">[S. 123]</a></span> dieser Gruppen befindet sich nur ein wohlgestalteter Neger
-en masque; da sieht man dieselben in Häuten wilder Thiere Ungeheuer
-vorstellend in der einen Gruppe, oder auf Stelzen; in der andern
-sieht man Neger, deren Körper bis zum Unterleibe förmlich lackirt
-sind, auf dem Leibe Tigerflecken und Zebrastreifen nach dem Leben
-gezeichnet, die Wangen weiß oder roth lackirt, welches einen höchst
-komischen Effect macht; Andere wiederum erscheinen mit dem Kopfputz
-eines indianischen Fürsten, indem sie statt der Bekleidung ihren Körper
-mit den verschiedenartigsten Lumpen englischer Baumwollen-Waaren
-behängt haben. Jeder solche maskirte Neger wird von einem großen Trupp
-begleitet, dessen Geschrei und Lärmen mit der Trommel wetteifert; sie
-ziehen durch alle Straßen und werden von allen Vorübergehenden oder
-Fahrenden beschenkt. Bei den Spaniern finden an diesem Tage Feten
-statt: es werden Freunde geladen, welche, sobald sich eine Trommel
-vernehmen läßt, den Gitterfenstern zueilen, um die vorbeiziehende
-Gruppe zu sehen. Um sechs Uhr Abends darf sich keiner derselben mehr
-in den Straßen zeigen, jetzt kehren sie in die Schenken ein, um die
-empfangenen milden Gaben ihren Gurgeln mildthätig zukommen zu lassen.
-Vor jeder solcher Schenke befindet sich eine militärische Patrouille
-mit scharf geladenen Gewehren.</p>
-
-<p>Der Spanier ist in der That ein ganz vortrefflicher, liebenswürdiger
-Mensch; er besitzt alle geselligen Tugenden, um in dieser Rücksicht
-als Vorbild für die menschliche Gesellschaft zu dienen. Dies gilt
-hauptsächlich von dem Gebildeten: er ist artig, zuvorkommend,
-gastfreundschaftlich und im höchsten Grade genügsam. Man beleidige
-und reize ihn nicht und man wird in ihm einen Freund und Rathgeber
-finden. Seine Feinheit im Umgang steht weit über der des Franzosen und
-dabei ist er inniger und flößt mehr Vertrauen ein; was der Franzose
-oft<span class="pagenum"><a name="Seite_124" id="Seite_124">[S. 124]</a></span> aus Politik und Politesse thut, das kommt bei dem Spanier aus
-dem wirklichen Antriebe seines guten Herzens. &mdash; Unter diesen und
-ähnlichen Reflexionen trat ich die Rückkehr nach meiner Arche an. Ohne
-Zweifel, dachte ich, als ich durch diese tapfer essenden munteren Leute
-durchpassirte, werden diese ihre Speisen besser verdauen, als ich meine
-hiesigen Geschäfte, und im schlimmsten Falle ist für diese Glücklichen
-eine Hungerkur anwendbarer als für verdorbene Finanzen.</p>
-
-<p>Mit dem Carneval und den Redouten ist’s jetzt vorüber, sagte ich zu
-meiner Wirthin am folgenden Morgen, als ich die Redoute verdaut hatte.
-Keineswegs, entgegnete sie, ist dies die letzte Redoute gewesen; in
-einigen Wochen haben wir zwei ungewöhnliche Festtage und demzufolge
-noch zwei Redouten zu erwarten. Diese Festtage waren, wie sie mir
-erklärte, folgende: Bis jetzt befand sich der Appellations-Gerichtshof
-für alle auf der Insel Cuba vorkommenden Prozeßsachen in Principi,
-was für Havana, wo es die meisten Prozesse giebt, eben so lästig
-als kostspielig war und dies um so mehr, da die dortigen Advokaten
-die Sachen, so lange wie sie nur immer wollten, in die Länge
-ziehen konnten. In Madrid war jetzt beschlossen worden, daß dieser
-Appellations-Gerichtshof von jenem Orte hierher verpflanzt werden
-solle. Zu diesem Endzweck wurde aus jener Residenz ein für dieses neue
-Gericht bestimmtes, dort angefertigtes neues Reichs-Petschaft hieher
-geschickt? Dieses sollte nun mit großer Ceremonie nach der Kirche
-zur Einweihung geschafft, alsdann aber in großer Prozession durch
-alle Straßen der Stadt getragen werden. Dazu sagte meine Wirthin,
-sollen Illuminationen, Redouten und vielerlei Vergnügungen zwei Tage
-ununterbrochen statt finden, und es wird während dieser Zeit keine
-Arbeit verrichtet, indem diese Anordnung zum Glück der Einwohner
-Havana’s, von welchen<span class="pagenum"><a name="Seite_125" id="Seite_125">[S. 125]</a></span> Viele durch jenen Gerichtshof an den Bettelstab
-gebracht worden sind, gereicht. &mdash;</p>
-
-<p>Das Thema der Unterhaltung wurde jetzt das neue, noch nie statt gehabte
-Fest. Endlich erschien der ersehnte Tag. Um fünf Uhr eines Nachmittags
-wurde das von Madrid angelangte Reichs-Petschaft in einem mit
-Edelsteinen verzierten Kasten durch vier hohe Staatsbeamte in Volanten
-und eine starke militairische Bedeckung nach der Cathedral-Kirche
-gebracht, und hierauf durch den Donner der Kanonen vom Fort die Ankunft
-desselben den Einwohnern Havanas kund gethan. &mdash; Auch ich besah das
-lang erwartete und vielbesprochene Kleinod. Der Kasten, in welchem
-sich das Petschaft befand, stand auf dem Altare und neben demselben
-lag eine Medaille mit dem Bildniß der kleinen Königin, welches
-Jedem, der dem Altare sich näherte, durch einen in langer schwarzer
-Robe als Wache dabeistehenden Staatsbeamten gezeigt wurde. Andere
-desgleichen saßen und standen in der Nähe, so wie auch Militair zur
-Bedeckung, und dies ganze Personale mußte die ganze Nacht auf dem
-Posten bleiben. Die Kirche war höchst brillant erleuchtet, dagegen
-fand ich die Illumination in der Stadt keinesweges so erheblich, als
-ich nach dem vielen Gerede davon erwartet hatte. Sie bestand nämlich
-in nichts anderem, als daß an der Außenseite der Häuser bemittelter
-Leute eine Glas-Laterne mit einem brennenden Lichte, bei den Vornehmern
-und Reichern zwei oder vier hingen. Um der Sache einen Anstrich zu
-geben, hing in der Nähe der Laternen ein Flick von ponceau oder einem
-gelben seidenen Zeuge, welches gewöhnlich als Zeichen der kirchlichen
-Procession bei Reichen über den Armlehnen des Balcons baumelte; diesmal
-aber baumelten dergleichen Flicke, jedoch im verjüngten Maßstabe, neben
-jeder Laterne.</p>
-
-<p>Die Damen hatten sich an jenem Abend sehr geschmackvoll gekleidet, und
-saßen wohl eine Stunde frü<span class="pagenum"><a name="Seite_126" id="Seite_126">[S. 126]</a></span>her als gewöhnlich in ihren Schaukelstühlen.
-In der Regel sind die sechs Fuß hohen Gitterfenster bis 6 Uhr Abends
-mit einer etwa zwei Ellen langen wollenen Decke bedeckt; diesen
-Abend wurden sie zur Freude aller Vorübergehenden schon um fünf
-Uhr weggenommen, damit die schönste der Damen des Hauses sich in
-Lebensgröße präsentiren und, wo möglich, den Einen und den Andern
-zur Unterhaltung hineinziehen könne. Dieses ist die Art, wie die
-Havaneser in der Regel ihre Abendgesellschaften bilden, denn die Herren
-machen gleich den Damen, um fünf Uhr Toilette, kleiden sich von Kopf
-bis zu den Füßen ganz um, als ginge es zum Ball und suchen von den
-Fenstern her ihre Abend-Parthieen auf. Bei diesen ist das Rauchen die
-Hauptsache; man conversirt über die gleichgültigsten Gegenstände; mit
-dem Glockenschlag der neunten Stunde zieht man ab, ohne etwas Anderes,
-als Cigarren genossen zu haben.</p>
-
-<p>Der Priesterinnen der Venus giebt es in Havana eine Unzahl; es ist
-ihnen unbenommen, in jeder beliebigen Straße zu wohnen, weshalb
-sie sich denn auch meistens in den Hauptstrassen, und zwar vis à
-vis oder neben den ersten Männern der Stadt paarweise oder auch
-en trois einmiethen. Sie sind aufs brillanteste eingerichtet und
-beobachten dieselben Gebräuche bei den Abendparthieen, wie alle
-übrigen Damen. Auch sie präsentiren sich, da sie niemals ausgehen, bei
-eintretender Nacht mit einem brennenden Cigarr im Munde vor ihren hohen
-Gitterfenstern, wobei jedoch die Ausnahme statt findet, daß sie hier
-niemals verdeckt sind; auch sie sitzen auf ihren Schaukelstühlen, um
-schaukellustige Herren anzulocken. Der Spanier genirt sich nicht und
-die Deutschen ahmen ihm hierin nach; man conversirt erst eine Weile an
-den Gitter-Fenstern &mdash; und dies fällt Niemandem auf. Sehr oft habe ich
-mich darüber gewundert, noch während der Tageszeit die anständigsten
-Herren vor den Fenstern solcher Dirnen<span class="pagenum"><a name="Seite_127" id="Seite_127">[S. 127]</a></span> oder wohl in den Zimmern in
-Conversation begriffen zu bemerken.</p>
-
-<p>Gegen die zehnte Stunde fing man an, die Laternen einzuziehen und
-Alles kehrte nach Hause zurück, weil am Morgen früh um sechs Uhr die
-Procession beginnen sollte. &mdash; Am folgenden Morgen schon sehr früh
-waren alle Straßen dermaßen mit Menschen und Volanten überfüllt,
-daß ich beinahe nicht durchkommen und zu dem Hause eines Bekannten
-gelangen konnte. Als ich dort mit vieler Mühe angelangt war, fand ich
-den sehr geräumigen Balcon, auf welchem mir ein Platz zugesichert war,
-bereits überfüllt, jedoch erhielt ich noch ein Plätzchen. Erst um etwa
-neun Uhr wurde durch einige Lanciers in der gedrängten Menschenmasse
-auf die bescheidenste Weise Platz für die heranziehende Procession
-gebeten. Den Zug eröffnete der Gouverneur mit einer starken Suite
-aller Staatsbeamten Cuba’s, sowohl der Militairs als der Civilisten;
-diesen schlossen sich die Consuln aller Mächte in ihren verschiedenen
-Uniformen an; dann kam ein höchst brillanter Triumph-Wagen in
-alt-römischem Stile, bespannt mit sechs arabischen Schimmeln, deren
-Führer in Ponceau-Sammt und Gold-Stickereien gekleidet waren und ihre
-Hüte mit Federbüschen geziert hatten und eben so Wagen und Geschirre.
-Auf diesem Wagen stand der Kasten mit dem Petschafte und daneben
-lagen die Symbole der Gerechtigkeit, die Waage und das Schwerdt von
-nobelm Metall. Jetzt folgte die Geistlichkeit sämmtlicher Kirchen
-auf Cuba in ihren prächtigsten Kirchenkleidern. Sie gewährten einen
-höchst imponirenden Anblick, der noch dadurch vermehrt wurde, daß die
-Baldachine, unter welchen sich die aus massivem Silber verfertigten,
-mit Edelsteinen verzierten Bilder der Mutter Gottes und des Heilandes
-befanden, von höchst brillant gekleideten Männern getragen und von
-einer Anzahl reich gekleideter Sänger aus den vielen Kirchen begleitet
-wurde. Die vielen Infanterie-Regimenter<span class="pagenum"><a name="Seite_128" id="Seite_128">[S. 128]</a></span> in Havana, ein ausgezeichnetes
-Militair, bildeten Spaliere in den schmalen Straßen, durch welche
-der Zug ging, und die Musik-Chöre derselben waren stets in voller
-Beschäftigung; nur die Cavallerie schloß sich der Procession an.
-Diese währte beinahe bis zum Mittage, weil keine der Hauptstraßen
-unberücksichtigt blieb.</p>
-
-<p>Am Abend war es in den Straßen lebhafter als am Abend zuvor, da der
-Gouverneur an der Außenseite seines Pallastes, der auf einem freien
-Platze steht, von allen Seiten mit vielfarbigen Glas-Lampen hatte
-illuminiren lassen, welche letztere an den vielen kleinen Balcons der
-Fenster angebracht waren; auch war das Bild der jungen Königin in
-einem roth sammtnen Rahmen, zwischen einem der Fenster angebracht.
-Alles drängte sich nach dieser Gegend hin, um das Bild der jungen,
-unschuldigen Königin zu sehen. Das Gedränge war um so größer, da auch
-für den Gehörsinn durch die treffliche Militair-Musik gesorgt war.</p>
-
-<p>Indeß wurde die Aufmerksamkeit sehr bald von diesem Bilde auf einen
-andern Gegenstand hingeleitet. An der entgegengesetzten Seite des
-Pallastes nämlich hatte sich ein Aufzug hingestellt, wie es mir vorkam,
-eine Satire auf den von diesem Morgen. Auf demselben Wagen befand sich
-jetzt eine maskirte Dame, die Gerechtigkeit vorstellend und Gedichte
-ausstreuend. Die Gerechtigkeit wurde diesmal nicht von vier Pferden,
-vielmehr nur durch zwei kraftlos scheinende Klepper transportirt. Das
-Gefolge dieses Zuges bestand in etwa hundert Personen, welche ihre
-ordinair schwarze Roben über die Schultern geworfen und dreieckige, mit
-Nummern versehene Hüte trugen; die Herolde waren beritten u. trugen
-spanische National-Kleidung. Die Gerechtigkeit sprach, und versprach,
-wie mir gesagt wurde, sehr viel; es war, sagte man, die Schülerin eines
-gewandten dortigen Advokaten. Als der Spaß beendet war, zog dieser Zug
-nach dem Redouten-Saal; auf der Promenade fanden sich unterdeß viele
-andere Masken ein.<span class="pagenum"><a name="Seite_129" id="Seite_129">[S. 129]</a></span> Der Abend war ausgezeichnet schön, dessenungeachtet
-war um zehn Uhr, als die Musik-Chöre abgingen, Alles vorüber und
-in einer Viertel-Stunde die ungeheure Menschenmasse verschwunden;
-jedoch fand ich auf dem Rückwege die Maskenverleiher-Buden in voller
-Thätigkeit; sie machten, was selten vorkommen mag, eine gute Aerndte &mdash;
-unter Beistand eines Gerichtshofes.</p>
-
-<p>Die Zeit meiner Abreise von hier nähert sich jetzt; indeß will ich
-doch, ehe ich von Havana mich trenne, noch Einiges bemerken über die
-Art und Weise, wie das Osterfest hier begangen wird, was für den
-Charakter eines Volkes etwas Bemerkenswerthes hat.</p>
-
-<p>Am grünen Donnerstage wird durch das Geläute sämmtlicher Glocken die
-Gefangenschaft des Heilandes angekündigt. Sobald dieses geschehen
-ist, darf sich kein Pferd oder Maulthier mehr in den Straßen blicken
-lassen. In Betreff der Esel scheint indeß nichts bestimmt zu sein, da
-ich während des Festes sehr viele sah, aber keine Pferde, Maulthiere,
-Volanten, Karren. Man konnte jetzt ruhig und ohne Furcht in den Straßen
-umherwandern; Ruhe und Stille herrschten in der ganzen Stadt; man
-athmete Luft und keinen Kalkstaub ein.</p>
-
-<p>Mit Eintritt der Dunkelheit an diesem Donnerstage öffnen sich die
-Thüren sämmtlicher Kirchen (etwa 17), fast möchte ich behaupten in
-derselben Minute. Noch nie habe ich eine so brillante Beleuchtung
-wahrgenommen, als die der Havaneser Kirchen an diesem Abend.</p>
-
-<p>Die Wachslichter brannten in solcher unendlichen Anzahl, daß wohl,
-wie ich glaube, über 1000 in jeder Kirche verbrannt worden sind; man
-konnte hier von einer neuen Seite den Fleiß der Bienen bewundern,
-deren Zucht auf Cuba so sehr im Flore ist. Indeß sah ich mich bald
-genöthigt, meine Aufmerksamkeit von der schönen Beleuchtung nach einer
-andern Seite hinzulenken; eine mächtige Anzahl schöner, sehr schöner
-spanischer Sünderinnen<span class="pagenum"><a name="Seite_130" id="Seite_130">[S. 130]</a></span> lagen auf den Knieen und baten um Abnehmung
-der alten Sünden wegen Mangel an Raum zu neuen; hinter ihnen rutschten
-ihre gallonirten Neger sehr andächtig auf den Knieen. Nachdem jene wohl
-eine gute Stunde in dieser peinlichen Lage zugebracht hatten, erhoben
-sie sich insgesammt und gingen nach dem Place des Armes; hier und in
-den benachbarten Straßen waren eine Menge von Bänken aufgestellt, damit
-sich die Sünderinnen von ihren Strapazen erholen könnten und bald
-waren auch alle besetzt. Zur Aussöhnung mit dem Allmächtigen wegen des
-Vergehens gegen die Neger, welche nach der Meinung jedes Spaniers frei
-sein müßten, es aber wegen Willkühr derselben nicht sind und auch so
-bald noch nicht sein werden, wenn es von der Willkühr der Einzelnen
-abhängt &mdash; also zur Ausgleichung dieser Schuld halten die Spanier es
-für Pflicht, ihre Sclaven während des Osterfestes in den allerfeinsten
-Kleidungsstücken, mit Diamanten und Perlen geschmückt, auftreten zu
-lassen, so wie auch mit Confituren und den allerbesten Speisen zu
-füttern. Besonders sah man viele Negerinnen besser gekleidet und
-schöner geschmückt, als ihre Gebieterinnen selbst. Bis um 10 Uhr blieb
-man zusammen und ergötzte sich bei trefflicher Musik.</p>
-
-<p>Am Charfreitage strömte Jung und Alt in schwarzen Anzügen nach
-den Kirchen, die alle gefüllt waren. Ziegenfüße sowohl als andere
-Fleischspeisen blieben an diesem Tage unangetastet; nichts als
-Fastenspeisen! Am Nachmittage war eine sehr große Prozession; die
-Mutter Gottes und der Heiland wurden mit Trauermusik und einer starken
-militärischen Escorte durch alle Straßen getragen, jedoch war diesen
-Abend in keiner von allen Kirchen, die ich besuchte, Gottesdienst. Die
-Billards waren mit weißen Decken versehen, auf welcher Maschine und
-Queues ein Kreuz bildeten; sie waren beleuchtet, es durfte aber<span class="pagenum"><a name="Seite_131" id="Seite_131">[S. 131]</a></span> nicht
-gespielt werden. Auf dem Place des Armes ging es wie am vorigen Abend
-zu.</p>
-
-<p>Am Sonnabend sollten die Kirchenglocken und das Abfeuern der Kanonen um
-10 Uhr die Auferstehung Christi ankündigen, aber diesmal geschah es zur
-Bequemlichkeit der Christenheit ½ Stunde früher. Bald wurden auch die
-zur Hälfte von den Wunden geheilte Maulthiere aus den Ställen gezogen
-und ihrem alten Joche überliefert; das Getöse der Karren und Volanten
-begann und die Neger waren wieder um nicht viel besser als in puris
-naturalibus zu sehen, nur die mit Fleisch hausirenden erschienen in
-sehr hübsch gestickten schottischen Roben.</p>
-
-<p>Die Thätigkeit beim Steueramte war wieder eingetreten und die
-segelfertigen Schiffe wurden noch bis zum Mittag expedirt und die
-deutschen Commissionaire wetteiferten schon wieder mit den Engländern
-in richtiger Abtragung der Zollgefälle.</p>
-
-<p>Schon lange war es meine Absicht, hierselbst etwas Näheres über die
-Behandlung der Tabacksblätter zu erfahren, um, wo möglich, manchen
-meiner Landsleute, die sich mit diesem Artikel beschäftigen, nützlich
-zu sein. Der Zufall war mir hierbei günstiger, als ich vermuthete; ich
-lernte einen Tabacksbauer kennen, der, da er mich offen und freimüthig
-fand, auch seinerseits mir mehrere schätzbare Mittheilungen machte, von
-welchen ich hier nur diejenige anführen will, welche sich am meisten
-auf ein abweichendes Verfahren bei der Bereitung bezieht.</p>
-
-<p>„In Betreff des auf allen Tabacksblättern befindlichen Syrups, welcher
-den eigentlich aromatischen Geruch erzeugt, aber durch viele und
-anhaltende Regengüsse oft von den Blättern abgeschwemmt wird, bedienen
-wir uns, wenn dieser Fall eintritt, zur Wiederherstellung desselben
-folgenden Mittels. Wir nehmen, eine Quantität Tabacks-Stengel von einem
-vorzüglichen Jahrgange, legen diese in ein wasserdichtes Gefäß und
-füllen dasselbe alsdann mit<span class="pagenum"><a name="Seite_132" id="Seite_132">[S. 132]</a></span> Regenwasser, welches so lange darin stehen
-bleibt, bis sich Würmer darin zeigen. Sobald wir diese sehen, nehmen
-wir die sehr trockenen, dem Pulver an Trockenheit ähnlichen Blätter,
-legen sie behutsam auf die Diele, tränken einen großen Schwamm in jenem
-mit Würmern versehenen Regenwasser und besprengen damit die Blätter;
-diese nassen Blätter legen wir behutsam über einander, verpacken
-dieselben, gleich einem Ballen, in Palmblättern.“</p>
-
-<p>Die Zeit meiner Abreise war jetzt herangerückt; ich wollte von hier
-zunächst nach New-Orleans übersetzen; da ich indeß auf die Abfahrt des
-Paquet Douglas, mit welchem ich fahren wollte, noch etwas warten mußte,
-so behielt ich noch Zeit zu manchen Erkundigungen, wovon ich Einiges
-anführen will. Nichts ist häufiger in Havana als die Hökerläden.
-Einmal habe ich deren 463 gezählt und hatte nur einen geringen Theil
-der Stadt durchstrichen; ich schätze die Anzahl derselben auf 3000.
-Die Höker beschäftigen sich aber auch mit Allem, was zum gewöhnlichen
-und luxuriösen Leben erforderlich ist: es sind Italiener in optima
-forma; sie haben Marasquino, aber auch Kartoffeln, Champagner und alle
-anderen Weine, Schweinefett, Rüben, eingemachte Früchte, Talglichter,
-Nägel, Bürsten, seidene Tücher, bedeutende Vorräthe von Holzkohlen<a name="FNAnker_G_7" id="FNAnker_G_7"></a><a href="#Fussnote_G_7" class="fnanchor">[G]</a>
-und französische Delicatessen jeder Art. Als ich mich bei einem
-derselben genauer nach dem Geschäft erkundigte, sagte er: „wir kaufen
-Alles, was uns vorkommt, weil wir Alles wieder verkaufen können. Jede
-Wirthschaft läßt, was sie im Hause braucht, den täglichen Bedarf und
-nichts weiter, von uns holen: wird ein Licht gebraucht am Abend, so
-wird es kurz vor Abend geholt.<span class="pagenum"><a name="Seite_133" id="Seite_133">[S. 133]</a></span> Besonders auch wird dies Verfahren
-bei Kohlen und fließenden Fettwaaren angewendet, weil die Köche und
-Köchinnen zu lüstern auf Schweinefett und Oel sind und anderseits zu
-verschwenderisch mit Kohlen umgehen.“</p>
-
-<p>Also doch auch eine Oekonomie! dachte ich.</p>
-
-<p>Als ich meine Abschieds-Visite beim Gouverneur machte und er sich wie
-immer sehr gütig gegen mich bewies, erlaubte ich mir, seine Meinung
-über die spanische Schuld zu erbitten. Der Gouverneur versicherte, er
-sei überzeugt, daß, sobald der Bürgerkrieg in Spanien beendigt sei,
-Alles bei Heller und Pfennig bezahlt werden würde. &mdash; Beim Abschiede
-versicherte er mir wohlwollend, daß ihm mein Wohlergehen Freude machen
-werde.</p>
-
-<p>Endlich befand ich mich auf dem Douglas, um meine langersehnte
-Rückreise nach Europa über New-Orleans etc. anzutreten. &mdash; Mit einem
-wohlfeilen Reisepaß in der Hand, wartete ich jetzt muthig den Beamten
-ab, der darauf Acht haben soll, daß nur Wohlhabende hineinkommen und
-von den dortigen Commissionairen Gebrandschatzte abreisen. Allein
-Niemand kam und als ich wahrnahm, daß unser Capitain einer in einer
-Galeere in kurzer Entfernung vorbeipassirenden Person ein Paquet
-Scripturen zeigte, erkundigte ich mich, was diese Formel zu bedeuten
-habe, worauf er erwiederte, daß die Pässe der Passagiere sich in diesem
-Paquet befänden; &mdash; nicht immer jedoch gehe die Revision so ab, wie
-diesesmal und schon mehreremal seien Reisende ohne Pässe von ihm aus
-dem Schiffe in seiner Galeere mitgenommen worden.</p>
-
-<p>Unterdessen waren wir bei dem Fort von Havana vorbeigefahren und
-ich freute mich, wie ein Kind, dem Marcipan gereicht wird, diese
-so zuckerreiche, aber in anderer Hinsicht höchst gepfefferte Stadt
-im Rücken zu haben &mdash; eine Stadt, deren Bewohner hauptsächlich aus
-Commissionairen, Sclavenhändlern, Wucherern, Spielern, Advokaten und
-Scribenten besteht. Voller Freude richtete<span class="pagenum"><a name="Seite_134" id="Seite_134">[S. 134]</a></span> ich meine Blicke nach
-dem Mexikanischen Golf, der sich bald in unermeßlicher Weite vor uns
-ausbreitete. Bei diesem Umherschweifen in weiter Entfernung von der
-Heimath gedachte ich einer früheren Reise nach der entgegengesetzten
-Richtung hin, wie ich in den verhängnißvollen Jahren 1812&ndash;16 den Oby
-in Sibirien durchschiffte. In welcher enormen Entfernung liegt dies
-von hier! Wie viele Meilen sind dies wohl? Es fehlte mir an Papier und
-Feder, um dies zu berechnen, mag’s der Leser selbst in einer müßigen
-Stunde thun.</p>
-
-<p>Es fahren wohl noch beliebtere Pakete zwischen Havana und New-Orleans,
-als der Douglas; ich wählte dieses, eingedenk der Unbequemlichkeiten,
-die ich früher auf der Norma erduldet hatte. Hier konnte man weder
-ächten noch copirten Champagner erwarten, da das Passagiergeld 10
-Piaster weniger kostete; allein in Betreff des Schlafens und Ankleidens
-versprach ich mir, viel besser daran zu sein, und war es auch in der
-That, denn ich hatte ein kleines Gemach für mich, und mit der Speisung
-konnte ebenfalls ein nicht Verwöhnter zufrieden sein.</p>
-
-<p>Die Gesellschaft war nicht sehr geeignet zu einer angenehmen
-Unterhaltung, denn sie bestand, außer einem Amerikanischen Kaufmann
-mit seiner Frau, aus lauter nach New-Orleans auf Spekulation reisenden
-Creolen, französischen und englischen Maschinenbauern und einigen nach
-der letzten Revolution verwiesenen herumirrenden Polen. Das Paquetboot
-glich meinem Zimmer in Havana, einer Arche, weil fast jeder Passagier
-ein Männchen und ein Weibchen von den merkwürdigsten Thierarten
-Westindiens auf Spekulation nach New-Orleans führte; auch an Ratten
-fehlte es nicht, die jedoch an dem Bull-dog eines englischen Mechanikus
-einen erbitterten Verfolger fanden. Ueberdies war das Paquet mit allen
-Arten Westindischer überreifer oder auch unreifer Früchte beladen,<span class="pagenum"><a name="Seite_135" id="Seite_135">[S. 135]</a></span>
-welche, da wir nicht die geschwindeste Ueberfahrt machten, ihrem
-Verderben immer näher kamen.</p>
-
-<p>Alle diese Spekulanten schienen mehr auf den Einkauf als Verkauf in
-den V. S. bedacht zu sein und mit Spekulanten solcher Art sind jene
-Staaten reichlich versehen, indem dieselben dort stündlich Gelegenheit
-haben, ihre mitgebrachten Comptanten gut anzulegen, weil es daselbst
-sehr viele Gegenstände giebt, welche rasch geräumt und eben so rasch
-aus dem Lande fortgeschafft werden müssen und bei Verkäufen nach
-Westindien die Ermittelung in den V. S. unmöglich bleibt. Spekulanten
-dieser Art sieht man in Havana häufig, man weiß, daß sie reich sind,
-aber wodurch sie ihr Vermögen erworben haben, weiß man meistens nicht.
-Bedenkt man indeß, daß öftere Reisen an einen und denselben Ort zu
-Bekanntschaften führen, daß es auf der ganzen Welt nicht sehr schwer
-hält, mit Zollbeamten in freundschaftliche Verhältnisse zu kommen;
-wirft man ferner einen Blick auf die europäischen Auswanderer nach den
-V. S., erinnert man sich ihrer frühern Geldgier, die in den V. S.,
-wo es zur Befriedigung der Leidenschaften so viel Gelegenheit giebt,
-eher sich vermehrt als vermindert: so ist jenes Räthsel auf der Stelle
-gelöst. Daß aber solche Spekulanten als Ungeziefer und Gift für das
-solide Geschäft zu betrachten sind, ist keinem Zweifel unterworfen,
-indem sie auf der einen Seite mit wenigem Gelde Märkte räumen, auf der
-andern Seite die Verdauungswerkzeuge gesunder Märkte zerstören und für
-die soliden Kaufleute Verluste herbeiführen.</p>
-
-<p>Ich glaube, behaupten zu dürfen, daß ich viele Erfahrungen in der
-merkantilischen Welt durchgemacht und dieselben sorgfältig beachtet
-habe. Das Resultat derselben ist kein anderes als dieses: der größere
-Theil der in derselben groß titulirten Kaufleute hat sich nur auf
-Unkosten anderer Kaufleute auf diese Höhe geschwungen. Komisch klingt
-es für mich, wenn ich so häufig behaupten höre,<span class="pagenum"><a name="Seite_136" id="Seite_136">[S. 136]</a></span> in Amerika könne man
-als Kaufmann sehr bald reich werden; die Leute, die dies sagen, wissen
-nicht, was sie sprechen. Nur der direkte oder indirekte Fußkünstler, d.
-h. die Ballettänzer und die Schuster können hier viel Geld verdienen,
-die letztern noch mehr als die erstern, denn die Yankees wissen das
-Schuhwerk noch besser, als das Fuß- und Bein-Werk zu beurtheilen,
-weshalb sie auch, mit Ausnahme der Banquiers, sehr gut gestiefelt sind.
-&mdash; Der rechtlich- und ehrlichdenkende Kaufmann kommt nie so rasch zu
-Vermögen, als der entgegengesetzt denkende. Es verhält sich hiermit,
-wie mit dem Hazard-Spiele: man bemerkt an den Banken nur entweder sehr
-Reiche oder arme Teufel, die gern „viel gewinnen“ wollen. Auf diesen
-Gegenstand werde ich später zurückkommen und sage nur noch dieses:
-wer als Aventurier nach der neuen Welt gegangen ist und, wie man oft
-hört, als ein sehr reicher Mann nach Europa zurückkehrt, der hat sich
-bei seinem Erwerb nicht sehr mit dem Gewissen berathen. Gäbe es in
-der neuen Welt weniger Advokaten und bessere wohlfeilere Justiz, so
-würde mancher von diesen zurückgekehrten Reichen noch in der Reihe der
-Bettler stehen.</p>
-
-<p>Nach einer Fahrt von sieben Tagen erreichten wir gegen 12 Uhr
-Mitternachts die Barr, d. h. den Hafen von New-Orleans; es war daher
-kein Dampfschiff bereit, um uns im Schlepptau nach New-Orleans hinauf
-zu führen. Der Capitain ließ eine Lampe am Vordertheil des Schiffs
-aufstecken, um dadurch den Dampfschiffen seine Ankunft anzuzeigen und
-nach Verlauf einer guten Stunde kam auch eins heran. Wir wurden ins
-Schlepptau genommen und etwa fünf Meilen weiter gebracht, wo wir ankern
-mußten, weil das Dampfschiff noch Arbeit an drei andern angekommenen
-Schiffen hatte. &mdash; Als es uns am andern Morgen um neun Uhr mit jenen
-zusammen weiter schleppte, war es auf halbem Wege so unglücklich, beide
-Schäfte<span class="pagenum"><a name="Seite_137" id="Seite_137">[S. 137]</a></span> zu zerbrechen, wodurch es außer Thätigkeit gesetzt wurde. Was
-nun machen? Die sämmtlichen Passagiere wollten, wegen ihrer Früchte,
-so rasch als möglich, in New-Orleans ankommen und so erboten sie sich
-denn selbst, den schweren Dienst des Dampfschiffes zu übernehmen.
-Eine lange und starke Leine wurde jetzt dieser nicht unbedeutenden
-Passagiers-Masse gegeben; sie begannen mit gutem Muth und Singen
-diese harte Arbeit. Die Hitze war drückend, allein die Angst vor dem
-gänzlichen Faulen der Früchte besiegte die Hitze und machte sie nicht
-fühlbar. Sie arbeiteten wacker darauf los und nach einer sechsstündigen
-ununterbrochenen Arbeit erreichten wir ein Dampfschiff derselben
-Compagnie, welcher dasjenige gehörte, was uns früher gezogen hatte, und
-dies brachte uns noch an demselben Abend glücklich nach New-Orleans.</p>
-
-<div class="chapter">
-
-<p><span class="pagenum"><a name="Seite_138" id="Seite_138">[S. 138]</a></span></p>
-
-<h2 id="Dritte_Abtheilung"><span class="antiqua">Dritte Abtheilung.</span><br />
-
-<span class="s6 lheight2">Ueber</span><br />
-
-<b>die Vereinigten Staaten.</b></h2>
-
-</div>
-
-<h3 id="New_Orleans"><span class="antiqua">New-Orleans und die
-Reise bis New-York.</span></h3>
-
-<p>Ehe ich die Stadt betrat, amüsirte ich mich noch erst an dem Treiben
-der Käufer und Verkäufer auf unserm Schiffe, denn viele Einwohner aus
-New-Orleans waren an Bord gekommen, aber unsere Spekulanten waren
-so überrascht, daß Anfangs keiner von ihnen verkaufen wollte: weder
-Früchte noch Vögel oder Hunde waren feil. Nur der englische Mechanikus
-machte hiervon eine Ausnahme: es hatte sich ein Hunde-Liebhaber aus
-New-Orleans eingefunden, um einen Bologneser zu kaufen, diesen suchte
-er zum Kaufen seines Rattenfängers zu überreden und hierzu schien ihm
-jetzt der Augenblick günstig zu sein, da keiner von den Creolen einen
-Preis fordern wollte. Er bot das schwerste Geschütz seiner Beredsamkeit
-dazu auf, den Käufer von der Vortrefflichkeit seines großen Bull-dogs
-zu überzeugen, und siehe da! es gelang ihm in der That und der Käufer,
-der ein kleines Schoßhündchen für seine Gemahlin hatte erstehen wollen,
-überbrachte derselben jetzt einen 12jährigen großen Bull-dog.</p>
-
-<p><span class="pagenum"><a name="Seite_139" id="Seite_139">[S. 139]</a></span></p>
-
-<p>In der Stadt quartierte ich mich sofort in einem an der Wasserseite
-gelegenen Hotel, &mdash; es gehörte nicht zu denen der ersten Klasse, welche
-mehr in die Stadt hinein liegen; ich aber zog dieses vor, weil auf dem
-Schilde: „öffentliche Bäder“ bemerkt war. Die Rechnung, die mir bei
-meiner Abreise überreicht wurde, war eben so schwer als der Schmutz,
-den ich in den Zimmern dieses Hotels antraf.</p>
-
-<p>Eins meiner ersten Geschäfte hierselbst war, zwei Briefe nach Havana
-zu schreiben, einen an Moyer, den andern an Dakin, in welchen ich die
-mir abgenommenen Summen reklamirte, und am Schluß erklärte: „Ich habe
-den Königlich preußischen Consul beordert, die mir von Ihnen zukommende
-Summe von 1014 Piaster in Empfang zu nehmen. Sollten Sie sich weigern,
-meinem gerechten Verlangen Genüge zu leisten, so werden Ihnen die
-Folgen von meinen Demarchen mehr Furcht einflößen, als des Herrn Dakins
-Drohung mit dem Federmesser und das Herbeirufen der Neger von Ihrer
-Seite in mir erregt haben u. s. w.“ Auf diesen und noch zwei andere
-Briefe erhielt ich natürlich keine Antwort.</p>
-
-<p>Auf dem grünen Markt, den ich sogleich am andern Morgen besuchte,
-fand ich trotz der noch so frühen Jahreszeit (im Mai) Kartoffeln,
-Artischocken etc. in solchem Ueberfluß und von solcher Größe, wie man
-sie in Europa oft noch nicht im Monat August antrifft. Sodann begab ich
-mich nach dem Packhofe, um einen Erlaubnißschein zum Empfang meiner
-Sachen vom Schiffe zu erlangen. Ich mußte, nachdem ich die rechte
-Bude im Zollhause erreicht hatte, zuerst die Anzahl der Stücke meines
-Gepäcks angeben &mdash; was auf einen halben Bogen niedergeschrieben wurde;
-sodann wurde ich zum Collecter geschickt und mußte endlich für die
-Erlaubniß, als Reisender mein Gepäck nach Hause nehmen zu dürfen, in
-Summa Summarum 75 Cents (1 Thlr. Courant) bezahlen, wovon der<span class="pagenum"><a name="Seite_140" id="Seite_140">[S. 140]</a></span> Advokat
-als Anfertiger der Supplik ⅔; und der Collecter ⅓ erhält. Die Revision
-durch die auf dem Schiffe stationirten Zollbeamten war nicht nach
-französischer oder englischer, sondern nach preußischer Weise, d. h.
-liberal.</p>
-
-<p>Eine schwere Aufgabe war es jetzt, die Sachen vom Schiffe nach dem
-etwa 60 Schritte entfernten Hotel zu bekommen; ich verweilte wohl eine
-volle Stunde am Bollwerke, aber von den vorübergehenden Arbeitsleuten
-hatte keiner zu einer solchen Bagatelle Zeit. Auf dem Bollwerke sah
-ich Knaben und Mädchen aus der ärmern Klasse beschäftigt, um die beim
-Ausladen umhergestreuten einzelnen Caffeekörner und Zuckerstückchen
-aufzulesen, wovon, wie mir ein ebenfalls zusehender Herr bemerkte,
-morgen ein tüchtiger, gesüßter Caffee mit Wohlgefallen werde verzehrt
-werden. Sehr viele Familien hierselbst existiren hierdurch und durch
-das Einsammeln der Baumwolle, welche im Zupfen der Proben niederfällt
-und liegen bleibt. Glücklicherweise gelang es mir, während dieser
-Unterredung, einen vorübergehenden Mulatten für den Transport meiner
-Sachen für etwa 12 Gr. Courant zu dingen.</p>
-
-<p>Unterdessen war die Börsenzeit herangekommen. Ich passirte sehr viele
-reinliche Straßen, welche den Namen der Hauptstraßen von Paris führen
-&mdash; da New-Orleans ja eine französische Colonie war. Alles sprach hier
-französisch, auch die Leute aus der niedern Klasse, wie denn z. B.
-Jemand, den ich um den Weg fragte, mir sagte, daß er das Englische
-nicht verstehe. Auf meinem Wege nach der sogenannten französischen
-Börse, welche indeß von der ganzen Kaufmannschaft errichtet worden ist,
-zog am meisten meine Aufmerksamkeit auf sich ein freier, mit Bäumen
-besetzter Platz, auf welchem sich das Rathhaus und die katholische
-Kirche befinden, zwei Gebäude, die, obgleich unbedeutend, von Außen
-keinen unangenehmen Anblick gewähren. Außerdem berührte ich auf meiner<span class="pagenum"><a name="Seite_141" id="Seite_141">[S. 141]</a></span>
-Tour nach der Börse den Baumwoll-Markt und die sehr bemerkenswerthen
-Canäle, ferner die Bank-Gebäude, welche eben so leer an Metall sind,
-als die Taschen vieler Amerikaner überfüllt mit ihren unbezahlt
-gebliebenen Noten. Die Börse ist ein wahres Pracht-Gebäude, mit einer
-Kuppel gleich der St. Pauls-Kirche in London. Im Eingang, der von
-großem Umfang ist, befindet sich ein Buffet, in welchem durch einen
-französischen Restaurateur alle Erfrischungen von der allerbesten
-Qualität für einen mäßigen Preis verkauft werden. Tritt man aus diesem
-Entrée in den zirkelförmigen Saal hinein, so wird man durch die
-schöne Bauart und die höchst geschmackvolle Einrichtung überrascht.
-Man bemerkt eine Tribüne für jeden Wechselplatz der alten und neuen
-Welt, in jeder derselben befindet sich ein Wechsel-Mäkler, um die für
-diesen Tag durch sie bestimmten Course zu proklamiren, und die ganze
-Börsenversammlung harrt auf diese Aussprüche, um sie ehrfurchtsvoll
-entgegenzunehmen. Der ganze obere Theil des Börsen-Gebäudes ist zum
-Empfang der Reisenden höchst brillant eingerichtet.</p>
-
-<p>Als ich die Börse verlassen hatte, schlenderte ich ohne weitem Plan am
-Ufer hinunter, um die Schiffe zu mustern und bemerkte, daß sehr Viele
-mit dem Hinausholen beschäftigt waren. Auf meine Frage, ob alle diese
-Schiffe in See gingen, wurde erwiedert, daß sie alle diese Schiffe
-außerhalb der Stadt hinauslegen, woselbst sie beinahe vier volle Monate
-verbleiben würden. „Die Comptoire“, fuhr der Berichterstatter fort, „so
-wie überhaupt alle kaufmännischen Geschäfte, werden von dem 16ten Juni
-ab geschlossen und Jeder, der Geld aufbringen kann, reiset während der
-Fieber- und Cholera-Zeit nach den nördlichen Staaten und Badeörtern.“
-&mdash; Auch ich hielt es, nachdem ich alle meine Angelegenheiten und
-alle Rücksichten erwogen hatte, für gerathener, aufs baldigste von<span class="pagenum"><a name="Seite_142" id="Seite_142">[S. 142]</a></span>
-hier abzureisen; sogleich nach Tische erkundigte ich mich nach einem
-Dampfschiff.</p>
-
-<p>Ich fand, als ich an das Ufer trat, sogleich eins; „Albany nach
-Louisville“; 35 Piaster ist der Preis, für welchen der Capitain
-mich mitzunehmen verspricht. In nicht geringer Entfernung lag ein
-anderes Schiff, Namens Diana, welches ebenfalls an demselben Tage
-nach Louisville abgehen sollte, jedoch für 40 P. Passagier-Geld. Mein
-Correspondent empfahl mir das letztere, weil es das rascheste sei.
-Noch unentschlossen, mit welchem von beiden ich reisen solle, ließ
-ich meine Sachen auf einem Karren durch einen Mulatten nach dem Ufer
-bringen; es war ein überaus heißer Morgen; der Mulatte, obwohl ohne
-Hemd, schwitzte, als wäre er aus dem Wasser gezogen und wird beinahe
-ohnmächtig, als er eben mit seinem Karren dicht am Schiffe Diana steht.
-&mdash; „So bringe die Sachen nach diesem Schiffe, ich will fünf Piaster
-mehr bezahlen, um Dich nicht länger zu quälen.“ Er thut es und will
-mir aus Dankbarkeit die Hand küssen, allein nach dem, was später sich
-ereignete, habe ich beinahe Ursache, dankbar zu sein, denn dieser
-Ohnmacht verdanke ich vielleicht mein Leben. Bei meiner Ankunft in
-Pittsburg las ich in der Zeitung, daß der Kessel der Albany auf dieser
-Tour zersprungen sei und viele Passagiere hierdurch ihr Leben eingebüßt
-hätten.</p>
-
-<p>Unsere Reisegesellschaft bestand nur aus etwa vierzig Personen.
-Anfänglich hielt ich sie für deutsche Wandersmänner; indeß mein
-Wahn schwand sehr bald, denn ich bemerkte, daß sie sich dem sehr
-unschuldigen Vergnügen des Tabackkauens hingaben. Nach einigen Stunden
-war ich mit ihnen so bekannt, dass ich es wagen konnte, meine Glossen
-darüber zu machen. Niemand von allen war darüber aufgebracht; von
-Einigen wurde ich sogar wegen dieser Freimüthigkeit gepriesen. Einer
-von ihnen meinte: „Sie müssen Nachsicht mit uns Amerikanern ha<span class="pagenum"><a name="Seite_143" id="Seite_143">[S. 143]</a></span>ben, wir
-haben Fehler und diese hat die Jugend stets. Wir sehen es gerne, wenn
-Deutsche zu uns kommen, weil die Deutschen die bravsten und zugleich
-ehrlichsten Lehrer für uns sind.“ &mdash; „Sie sind sicher und gewiß aus
-keinem englischen, und wenn dieses wäre, aus keinem Yorkshire-Blut
-entsprungen?“ entgegnete ich. „Ich freue mich“, war die Antwort, „daß
-mein Urgroßvater ein Deutscher gewesen ist.“</p>
-
-<p>Die Fahrt auf dem Mississippi gewährte mir viel Vergnügen, seine Ufer
-sind die schönsten, die ich je gesehen habe, sie nehmen die einzelnen
-Schönheiten der Main-, Elbe-, Themse- und selbst der Rhein-Ufer &mdash;
-abgerechnet die Weinberge und die steilen Anhöhen mit den Ruinen der
-Ritterburgen &mdash; in sich auf. Erwägt man jedoch die Gefahr, der man sich
-bei einer solchen Reise auf dem Dampfschiff Preis giebt, so muß man
-halb wahnsinnig sein, um sie bloß des Vergnügens halber zu unternehmen.
-Kann nicht jede Stunde, jede Minute das Dampfschiff ein Raub der
-Flammen werden? Wer über die fortdauernde ungeheure Gluth, welche
-zur Fortschaffung des Schiffs erforderlich ist, nachdenkt und diese
-selbst beobachtet und controllirt, wird die Gefahr bald auffinden.
-Erwiesen ist es, daß von der Zeit an, da es in jeder großen Stadt
-Schauspielhäuser giebt, in jedem Jahre eins durch Feuer zerstört worden
-ist. Die Anzahl aller Schauspielhäuser aber verhält sich zu der aller
-Schiffe etwa wie 1 zu 1000. Nichts destoweniger fürchtet man gewöhnlich
-beim Antritt einer Seereise mehr die Wellen als die Feuersgefahr.
-Allein die letztere steht zu der ersteren in keinem Verhältniß, da ein
-Schiff mit nichts als brennbarem Material ausgerüstet, und folglich
-durch Feuer weit leichter zerstört werden kann, als alle anderen
-massiven Häuser, die man doch stündlich in Schutthaufen verwandelt
-sieht oder hört. Ich verweise den geneigten Leser zur Begründung
-meiner Behauptung auf Lloyds Liste, in welcher jede Woche<span class="pagenum"><a name="Seite_144" id="Seite_144">[S. 144]</a></span> durch
-Feuer zerstörte Segel-Schiffe angezeigt sind. Die Zahl der durch
-Feuer verunglückten oder durch raschen Beistand noch vom Untergange
-geretteten Dampfschiffe ist freilich nicht bedeutend, aber wie viele
-Dampfschiffe existiren auch! und doch kann ich mehrere anführen: ein
-nahe an der Stadt Lübeck verbranntes russisches; der ganz neuerlich in
-den V. St., im Werthe von 100,000 Piaster verbrannte Great-Western und
-zwei durch rasche Hülfe gerettete englische Dampfschiffe, die London,
-das von Hull nach London fahrende und die Great-Western vor der ersten
-Abfahrt nach den V. S.</p>
-
-<p>Von der Feuersgefahr überzeugte ich mich auf dieser Reise nach
-Louisville mehr als je zuvor, indem hier noch einige Umstände dazu
-kamen. Bei der Nacht ist sie noch größer als am Tage, weil die in dem
-breiartigen Flußwasser schwimmenden Bäume (snags genannt) während
-der Nachtzeit von den auf der obersten Decke des Schiffs stehenden
-Steuermännern nicht gesehen werden können; wenn diese aber durch den
-starken Strom gegen die Schiffe geworfen werden, so besitzen sie
-die Kraft, die Maschinerie in Unordnung zu bringen und dadurch das
-Auffliegen des Schiffs zu verursachen. Es werden nicht nur täglich
-60 Klafter von sechs Fuß langem Brennholze verbraucht und dadurch
-eine ungeheure Gluth in den Oefen fortdauernd erhalten, sondern
-nebenbei wird durch das Verbrennen von zwei großen Fässern Pech die
-erforderliche Quantität von Dämpfen zum Durchbringen des Schiffs in
-dem breiartigen Wasser verbraucht. Wenn nun Jemand die feurigen Funken
-und Kohlen, gleich einem Feuerregen aus dem Schornstein hervorfliegen
-sieht, so muß er, und wäre er auch der Muthigste, besonders bei den
-dunkeln Nächten, in Grübeleien gerathen, und wird sich der Furcht nicht
-ganz erwehren können.</p>
-
-<p>Jeder der Reisenden hatte daher auch einen Live-preserver bei sich;
-es sind dies wasserdichte Gürtel, von<span class="pagenum"><a name="Seite_145" id="Seite_145">[S. 145]</a></span> demselben Stoffe, der zu
-den Mänteln dieser Art verwendet wird. Auf mehreren der dortigen
-Dampfschiffe findet sich in jedem der Betten ein solcher. Jeder meiner
-Reisegefährten hatte seinen Gürtel zur Tages- und Nachtzeit in der Hand
-und war beschäftigt, Luft hineinzublasen und ihn zu füllen. Nur ich
-hatte keinen solchen Lebens-Retter mit und ward deshalb von Allen wegen
-großer Nachlässigkeit getadelt.</p>
-
-<p>Um mir eine Uebersicht von der Quantität Holz zu verschaffen, die
-jährlich in den Dampfschiffen auf dem Mississippi und Ohio verbraucht
-wird, erkundigte ich mich genau beim Capitain und den Steuermännern,
-wie groß die Anzahl der zwischen New-Orleans und den andern Städten
-fahrender Dampfschiffe sei. Von beiden Theilen wurde dieselbe auf
-640&ndash;650, und die Anzahl der Reisen auf 15&ndash;16 hin und eben so viel
-zurück bestimmt. Ich beschloß, die Rechnung auf die mäßigste Weise
-anzulegen und auszuführen. Ich ließ demnach die gesammte Anzahl Schiffe
-nicht mehr als zehn mal hin und zurück fahren, und gab den Schiffern
-die unmögliche Hinfahrt von 6½ Tagen Dauer und zur Rückfahrt (mit dem
-Strome) 3½ Tage. Nach dieser Berechnung wäre für ein jedes der Schiffe
-6000 Klafter und für die gesammten auf jenen Strömen fahrenden Schiffe
-ein Quantum von nicht weniger als 3,900,000 Klafter Brennholz nöthig.
-Es läßt sich mithin folgern, daß inclusive der übrigen Dampfschifffahrt
-und Wagen wenigstens 4½&ndash;5 Millionen Klafter Holz in den V. S.
-verbraucht werden. Diesen Verbrauch des Brennmaterials kann nur
-derjenige, der das Land kennt, wie enorm und gefährlich derselbe auch
-scheint, als wohlthätig erkennen. Ohne Dampfschiffe wären die V. S.
-unglücklich, sie sind zur Cultivirung des Landes unbedingt nothwendig,
-indem die Urwälder vielleicht noch nach einem Jahrhundert in solcher
-Fülle da stehen werden, als wäre noch kein einziger Stamm aus denselben
-genommen<span class="pagenum"><a name="Seite_146" id="Seite_146">[S. 146]</a></span> werden; ich habe die Urwälder im russischen Asien und sonst
-gesehen, aber sie sind gar nicht mit diesen zu vergleichen.</p>
-
-<p>Der Ertrag des Holzes, welches von den Schiffern für 2½&ndash;3 Piaster
-gekauft wird, sichert den Grundeigenthümern sehr häufig den fürs Land
-bezahlten Preis, welcher 1¼ höchstens 1½ P. pro Acker beträgt, und
-oft auch die Unkosten für Urbarmachung desselben. Die Uferbewohner
-harren stets auf das Signal eines vorbeifahrenden Schiffs und stellen
-sogar eine Wache ans Ufer, um, sobald mit der großen Schiffs-Glocke
-das Signal gegeben wird, bereit zu sein; das Holz steht bereits
-abgemessen da, der Holz-Inspector steigt vom Schiffe, mit dem
-Maaß-Stocke in seiner Hand und empfängt die 30 Klafter, welche für
-die ersten 12 Stunden erforderlich sind. Das Herbeibringen dauert
-nicht lange, aber doch wohl eine volle Stunde. Zu dieser Arbeit
-werden die Deck-Passagiere gebraucht, denen diese Arbeit bei der
-Entrichtung des Passagiergeldes zur Bedingung gemacht worden ist.
-Arbeitslustige bezahlen 5 P. für die Fahrt, Andere 8&ndash;10. An Arbeitern
-kann es daher den Dampfschiffen nie fehlen. Die Arbeiter, welche auf
-Ruder-Fahrzeugen (mit dem Strom) Baumwolle und Getraide von Natches,
-St. Denis, New-Madrid, Rom, Louisville und mehreren andern Städten nach
-New-Orleans geschifft haben, können auf ihren Fahrzeugen nicht gegen
-den Strom zurückreisen; sie müssen dieselben in New-Orleans verkaufen
-und begeben sich dann auf die Dampfschiffe.</p>
-
-<p>Die Städte auf der ganzen Tour von New-Orleans bis Pittsburg sind, mit
-Ausnahme von Cincinnati, höchst unbedeutend; außer den oben bereits
-angeführten sind noch zu nennen: Point-pleasant, Portsmouth, Warsaw
-(Warschau), Hannibal und Hamburg, die aber alle nichts besonderes
-zeigen.</p>
-
-<p><span class="pagenum"><a name="Seite_147" id="Seite_147">[S. 147]</a></span></p>
-
-<p>Auf dem Ohio wird es für jene Arbeiter noch leichter, weil die
-Holz-Eigenthümer die erforderliche Quantität Holz bereits in Barken
-eingepackt haben, welche, sobald das Signal gegeben worden ist,
-aufpassen, um das Tau, welches vom Dampfschiff herabgeworfen wird, zu
-befestigen, worauf sie während der Fahrt das Holz hineinwerfen; die
-Arbeiter haben also dasselbe nur zu ordnen.</p>
-
-<p>Diese meine Reise auf dem bedeutendsten Flusse Nord-Amerika’s rief mir
-diejenige Gedächtniß zurück, welche ich vor vielen Jahren auf einem
-der größten Ströme Asiens, auf dem Obi machte. Der Vergleich, wozu ich
-unwillkührlich getrieben wurde, fiel, was die Landschaft betrifft,
-nicht zum Vortheil Asiens aus, was aber die Menschen betrifft, die an
-den Ufern beider Flüsse leben, so erinnerte ich mich mit Vergnügen der
-an letzterm Flusse wohnenden Nomaden, der vom Fisch- und Zobelfang
-lebenden Ostiacken und Tungusen, bei welchen ich einkehrte. Sie wohnen
-nur in Jurrten, allein dieselbe haben eine bessere Form, ein besseres
-Aeußere und ein reinlicheres Innere als ich an den Hütten entdeckte,
-welche von Republikanern, von Besitzern von Baumwoll-Plantagen,
-Kornfeldern, Heerden und vieler Neger-Sclaven bewohnt werden. Erstaunt
-war ich, als ich die häusliche Einrichtung und die Lebensweise
-vieler am Mississippi wohnenden Republikaner sah. In einer kleinen
-erbärmlichen Hütte residirt eine Familie bedeutenden Umfangs. An der
-Außenseite derselben befinden sich Hängematten, in welchen man nicht
-selten 3&ndash;4 Kinder in puris naturalibus zusammengepackt liegen sieht,
-wahrscheinlich damit die hierselbst in den Wäldern einheimischen
-Insekten an den kleinen Schlafenden ohne große Mühe Durst löschen
-können. Schon hier überzeugte ich mich, nachdem ich die Cultur dieser
-Waldbewohner am Mississippi genauer kennen gelernt, daß das gepriesene
-Glück der Bewohner der V. S. einen großen Theil<span class="pagenum"><a name="Seite_148" id="Seite_148">[S. 148]</a></span> derselben wenigstens
-nicht erreicht, da sie sich noch im rohen Natur-Zustande befinden.</p>
-
-<p>Nach diesem überzeugte mich von dem übermäßigen Wachsthum der
-Baumwolle. Ich hielt immer auch früher die Production der Baumwolle
-für übermäßig, und die Aeußerungen, die ich mir in dieser Beziehung
-als kaltblütiger Kaufmann, besonders in Manchester erlaubte, fanden
-nichts als Widerspruch, es wurde mir der Vorwurf gemacht, daß ich weiße
-Baumwolle mit zu schwarzen Augen ansehe. Ich suchte jetzt Facta zu
-sammeln, wonach man diese Sache bestimmt beurtheilen könnte und der
-Leser mag sich selbst aus denselben überzeugen, ob ich Recht hatte.
-Wie außerordentlich hat sich die Production der Baumwolle seit den
-letzten 50 Jahren, als ich in meiner väterlichen Handlung zuerst als
-Lehrbursche eintrat, vermehrt!</p>
-
-<table summary="Baumwollproduktion in den V. S.">
- <tr>
- <td class="tdc" colspan="2">
- Im Jahre 1791 erzeugten die V. S. an
- </td>
- <td class="tdc">
- Pfund.
- </td>
- </tr>
- <tr>
- <td class="tdl" colspan="2">
- Baumwolle
- </td>
- <td class="tdc">
- &#8199;&#8199;&#8199;<span class="hide">,</span>188,316
- </td>
- </tr>
- <tr>
- <td class="tdc">
- Im Jahre
- </td>
- <td class="tdl">
- 1798 um 7 Jahre später schon
- </td>
- <td class="tdc">
- &#8199;19,000,000
- </td>
- </tr>
- <tr>
- <td class="tdc">
- &mdash;
- </td>
- <td class="tdl">
- 1802 um 4 Jahre später
- </td>
- <td class="tdc">
- &#8199;27,500,075
- </td>
- </tr>
- <tr>
- <td class="tdc">
- &mdash;
- </td>
- <td class="tdl">
- 1819 nach 17 Jahren
- </td>
- <td class="tdc">
- &#8199;87,997,045
- </td>
- </tr>
- <tr>
- <td class="tdc">
- &mdash;
- </td>
- <td class="tdl">
- 1820 nur um 1 Jahr später
- </td>
- <td class="tdc">
- 127,860,152
- </td>
- </tr>
- <tr>
- <td class="tdc">
- &mdash;
- </td>
- <td class="tdl">
- 1830 10 Jahre hierauf
- </td>
- <td class="tdc">
- 298,459,102
- </td>
- </tr>
- <tr>
- <td class="tdc">
- &mdash;
- </td>
- <td class="tdl">
- 1838 nach 8 Jahren
- </td>
- <td class="tdc">
- 639,001,000
- </td>
- </tr>
-</table>
-
-<p><em class="gesperrt">Von dieser letztern Quantität wurden in demselben Jahre in den
-Fabriken der V. S. circa 98,000,000 Pfund verarbeitet und das Uebrige
-nach Europa verführt.</em> Es ist unbedingt zu erwarten, daß die
-Produktion in dem nächsten halben Jahrhundert noch einem weit größern
-Maßstabe zunehmen wird; wenigstens giebt die Menge von deutschen
-Auswanderern, welche alle zur Cultivirung der Ländereien in den V. S.
-gebraucht werden, Raum zu dieser Vermuthung; rechnet man nun<span class="pagenum"><a name="Seite_149" id="Seite_149">[S. 149]</a></span> noch die
-in Egypten, Ostindien und Texas produzirte Baumwolle hinzu, was soll
-dann am Ende mit dieser ungeheuren Quantität von Baumwolle angefangen,
-wozu soll sie verwendet werden? und wird der daraus erzeugte Stoff
-wohl so viel Ertrag geben, daß die Produzenten auch nur zur Hälfte
-für ihre Mühe und Arbeit belohnt werden? Gewiß nicht! Laboriren doch
-beide Theile schon jetzt an der Schwindsucht! Zwar ist England mit
-seinen vielen Spinnereien im Stande, für die ganze Welt den Garn-Bedarf
-anzufertigen und verdient deshalb wohl das große Welt-Spinnhaus genannt
-zu werden, aber wird und kann das Volk und Land dabei blühen? Da ich
-später auf diesen Gegenstand zurückkomme, so bemerke ich vorläufig nur:
-England muß zu Grunde gehen, wenn es nicht von dem Vorsatz, alle auf
-der ganzen Welt erzeugte Baumwolle aufzuspinnen, zurücktritt.</p>
-
-<p>Für den etwa reiselustigen Leser wird es nicht unangenehm sein, etwas
-über die Einrichtung auf den Dampfschiffen zu erfahren. Die Diana
-gehört, da sie den Brief-Beutel führt, zu denen der ersten Klasse.
-Untersucht man sein Bett, so erschrickt man und legt man sich hinein,
-so wird man von Ekel ergriffen; man empfindet einen Schweißgeruch,
-welcher andeutet, daß seit vielleicht 12 Monaten keine Wäscherin etwas
-mit den Bett-Ueberzügen zu schaffen hatte. Passagiere werden, so viele
-sich nur melden mögen, aufgenommen. Bei der Ankunft in Louisville ist
-die Anzahl derselben um das dreifache gewachsen, weil in jedem Ort,
-den das Schiff passirt, mehrere hinzukommen. Hat der Capitain seine
-Summe vom Passagier erhalten, so beauftragt er seinen Mulatten, dafür
-zu sorgen, daß der Reisende um 10 Uhr Abends ein Lager zum Ausstrecken
-bekommt. Da aber in der Regel die Anzahl der Passagiere die der Betten
-um das dreifache übersteigt, so errichtet der Mulatte eine Art von
-Hängematte, die vier Etagen hoch und einem Gerüste ähnlicher<span class="pagenum"><a name="Seite_150" id="Seite_150">[S. 150]</a></span> als
-einer Schlafstelle ist, so daß es für den oben auf Nr. 4. liegenden
-fast lebensgefährlich ist, hinaufzuklettern. &mdash; Gehen wir zum Essen.
-Der Tisch für 50 Personen (für mehrere ist nicht Raum) ist gedeckt.
-Das Brod ist schon am frühen Morgen in Portionen geschnitten worden
-und wird daher, bei der übermäßigen Hitze den Zwiebacken ähnlich.
-Die Mulatten und Neger, die keineswegs ihre Lehrjahre als Kellner in
-Frankfurt a. M. durchgemacht haben, sind emsig mit dem Tranchiren der
-Braten beschäftigt. Sobald sie dies Geschäft im Schweiß des verdächtig
-couleurten Angesichts beendet haben, setzen sie die Stühle hinter jedes
-der Couverte und der Capitain wird jetzt benachrichtigt, daß ihre
-Meisterwerke beendigt seien. Dieser verfügt sich jetzt zu den Damen,
-um sie zum Mittagsessen einzuladen. Während der ganzen Procedur vom
-Beginn des Tranchirens an stehen diejenigen Herren, welche so glücklich
-waren, einen Stuhl zu erhaschen und durch Festhalten zu behaupten
-verstanden, unbeweglich hinter demselben und kauen zum Zeitvertreib
-dabei ihren Kentucky-Taback. Diejenigen, welche bei der Besitznahme
-der Stühle nicht rasch genug waren, befinden sich schon wieder draußen
-auf dem Deck. &mdash; Jetzt tritt der Bellman (Glockenläuter) mit einer
-sehr großen Metall-Handglocke in die Saal-Thüre und giebt das Signal
-zum Sitzen. Die Spucknäpfe, deren einige Dutzend hinter den Stühlen
-der Herren in gerader Linie aufgestellt sind, sind so gefällig ihre
-Reste von dem edlen Tabackskraute entgegen zu nehmen. Kaum sitzen die
-Herren fünf Minuten, so sieht man sie schon aufstehen und im Fortgehen
-ihren letzten Bissen verzehren, um ihren Kentucky-Freund aufs Neue im
-Munde zu empfangen. Mulatten und Neger eilen jetzt herbei, säubern den
-Tisch so rasch und gut wie möglich, indem von Außen die ungesättigten
-100 sich mit Eifer nach dem Saale hin drängen. Es wird wieder viel und
-geschwind von den Ueber<span class="pagenum"><a name="Seite_151" id="Seite_151">[S. 151]</a></span>bleibseln geschmaust und zwar wegen Mangel an
-Tellern mehrere Gerichte von einem und demselben; worauf die zweite
-Abtheilung der dritten Platz macht. Diese muß sich dann mit den kalten
-Ueberresten begnügen. Die beiden letzten Abtheilungen sind nicht nur
-die weniger Verzehrenden, sie werden auch überhaupt etwas vernachläßigt
-und sind dem Verzehrtwerden ausgesetzt, denn die beiden Mulatten, die
-zum Verscheuchen des Ungeziefers angestellt sind, legen ihre von Federn
-angefertigten Scheuchen nieder und setzen also die Essenden diesen
-Bestien aus.</p>
-
-<p>Bis um sieben Uhr Abends promenirt Jeder auf dem Verdeck des
-Schiffes, ergötzt sich an den schönen Ufer-Gegenden oder steigt, wenn
-Brenn-Material eingenommen wird, ans Land um sich in den herrlichen
-Wäldern unter den merkwürdigen Pflanzen und Thieren umzusehen. Wir
-hatten einen trefflichen Schützen bei uns, der die Tour stets mit der
-Pistole in der Hand mitmachte und besonders manche Schlange (jedoch
-kleine und unschuldige) schoß. Um sieben Uhr wird das Signal zum
-Thee d. h. Abendessen gegeben, wobei es eben so tumultuarisch wie am
-Mittage zugeht. Eine Stunde nach dem Souper, etwa um neun Uhr finden
-sich die resp. Bett-Architecten, die Mulatten, zum Aufbauen der
-vier Etagen hohen Bettgerüste ein. Während diese mit großem Fleiße
-bauen, schwärmen ihre Collegen umher, um für die unerwarteten vielen
-Passagiere einzelne Bettstücke als Kopfkissen u. s. w. aus den Betten
-der von New-Orleans Mitgekommenen zu kapern; so fand ich auch einmal
-einen bei meinem Bette in voller Arbeit. Da die Betten jedoch nicht
-für die Hälfte der Reisenden zureichen, so ist es kein Wunder, daß
-man dieselben sehr eifrig und pfiffig spekuliren sieht, um eins zu
-erhaschen. Es geht hierbei nicht minder bunt zu, wie beim Mittagsessen.
-Die Kleider werden abgeworfen und liegen in einem so beklagenswerthen
-Zustande auf dem Boden, wie ihre Eigenthümer auf den<span class="pagenum"><a name="Seite_152" id="Seite_152">[S. 152]</a></span> Lagern. Jetzt
-ist der Saal mit Schlaf-Pavillons und mit Schlafkünstlern gefüllt,
-allein da stehen noch 20&ndash;25 bettlose stattliche Yankees, mit kläglicher
-Stimme den Capitain um Beistand anflehend. Dieser kann nichts anderes
-thun als ihnen freundschaftlich rathen, die herrliche Nacht auf dem
-Deck zuzubringen und den folgenden Tag sich auszuschlafen. &mdash; Hierbei
-ist zu bemerken, daß hier überhaupt nicht das in Europa übliche Recht
-gilt, nach welchem man von der Abfahrt an bis zum Bestimmungs-Orte der
-Reise, als Eigenthümer eines Platzes angesehen und behandelt wird. Hier
-nimmt Jeder den ihm besser scheinenden Platz ein, wie lange auch sein
-Vorgänger schon den Platz behauptet haben mag. Deshalb hat das Reisen
-in den Kutschen schon in dieser Hinsicht viel Unangenehmes, allein
-es ist auch wegen der bösen Wege, wegen des hierdurch entstehenden
-langsamen Fahrens, wegen der schlechten und theuern Gasthöfe an den
-Fahr-Straßen &mdash; nicht zu empfehlen.</p>
-
-<p>Den Rath des Capitains, die Tageszeit zum Ausschlafen zu wählen,
-befolgen diejenigen am liebsten, welche, wie die meisten Amerikaner,
-Hang zum Hazard-Spiele haben; für diese Leute ist dann der Bettmangel
-eine Goldangel, allein Mancher opfert außer der nächtlichen Ruhe
-auch sein Geld. Mit dem Glockenschlage: fünf! wird die Zeit zum
-Aufstehen signalisirt, damit der Saal zum Frühstücken, welches von
-6&ndash;8 Uhr dauert, geräumt werden könne. Jetzt nun beim Ankleiden erhebt
-sich die größte Confusion: Alle und ein Jeder sucht einen Theil
-seiner Garderobe, die schon durch Nachlässigkeit beim Auskleiden
-ein wenig sich vermischte, jetzt aber durch den Diensteifer der
-Mulatten, welche um den Saal rasch zu räumen, alle Kleidungsstücke
-auf einander werfen, in der größten Unordnung durcheinander liegt.
-Ist diese Verlegenheit beseitigt, so eilt man dem Wasch-Loch auf dem
-Verdeck zu. Hier findet man einen Raum, in welchem für<span class="pagenum"><a name="Seite_153" id="Seite_153">[S. 153]</a></span> drei Personen
-Platz ist: auf einem an der Wand befestigten, sehr schmalen Brette
-befinden sich drei Waschbecken von weißem Blech in Fesseln, worin
-man das schmutzige Wasser der Vorgänger findet; auf dem Tische liegt
-zum allgemeinen Gebrauch ein butterweiches Stück Seife. Auf einer an
-der andern Wand angebrachten Rolle hängt ein etwa fünf Ellen langes
-Handtuch von der Art wie man sie in unsern Fuhrmanns-Herbergen findet,
-an welchem sich schon am frühen Morgen die sämmtlichen Mulatten und
-zarten Neger Gesicht und Hände getrocknet hatten und welches für 150
-Personen bestimmt war. Am Eingange des Waschlochs endlich befindet
-sich ein Eimer, mit dem lehmigten Mississippi-Wasser gefüllt, zur
-beliebigen Selbstbedienung. Da ich glücklicher Weise Handtücher und
-Seife mitführte, so sagte eines Morgens ein Yankee zu mir: „Die
-Amerikaner sind durchgängig gesunde Menschen; Ihre Vorsicht ist
-daher überflüssig.“ &mdash; Solche Reisen, wie die gegenwärtige auf dem
-Mississippi und die frühern auf dem Obi sind also im Ganzen betrachtet,
-interessant, aber sie sind auch, was die Lebensweise betrifft, mit so
-viel Unannehmlichkeiten verknüpft, daß man an Einemmale genug hat.</p>
-
-<p>Schon am sechsten Tage hatten wir uns zum Aerger der mit unserer Göttin
-Diana rivalisirenden Dampfschiffe: Sultan und Monarch, welche ihrer
-Kühnheit wegen auf der Liste der Todeskandidaten zu stehen verdienen,
-so weit durchgearbeitet, daß der Capitain uns die Ankunft auf den
-folgenden Abend mit Gewißheit verkündigte. Der Mississippi soll, wie
-unser Capitain meinte, und wie man auch im Allgemeinen glaubt, die
-Kraft haben, die Zahl der darauf Umkommenden reichlich zu ersetzen,
-durch die Eigenschaft nämlich, welche der Emser Brunnen besitzt,
-wodurch die Neger-Bevölkerung mit jedem Jahre zunimmt. Es sei etwas
-sehr gewöhnliches, setzte er hinzu, daß die<span class="pagenum"><a name="Seite_154" id="Seite_154">[S. 154]</a></span> Negerinnen Zwillinge und
-Drillinge gebähren, ja man höre oft von 4&ndash;5 Exemplaren.</p>
-
-<p>Während der letzten Nacht war die Fahrt von der Art, daß alle
-Passagiere in Unruhe geriethen, weil sie glaubten, daß in Verhältniß
-zu dem sehr schmalen Raum im Kessel, welcher ohnedies durch den vielen
-Sand aus dem Mississippi-Wasser noch um Vieles kleiner geworden war,
-viele Dämpfe angewendet würden. Es war freilich ein ungewöhnliches
-Getöse, ein Klappern der Gläser, Tische etc. vernehmbar, aber um
-stromaufwärts in einem so reißenden Fluß, wie dem Mississippi zu
-fahren, ist viele, sehr viele Dampfkraft erforderlich.</p>
-
-<p>Am folgenden Abend um neun Uhr langten wir am Kanale von Louisville
-an, woselbst der Capitain zur Ersparniß von 50 Piastern, die das
-Hinauffahren kostet, zu bleiben beschloß. Unsere göttliche Diana wurde
-neben den Ruinen eines Dampfschiffes befestigt, worüber ich nach
-näherer Erkundigung erfuhr, daß es Bugann geheißen und vor ungefähr
-10 Tagen durch Zersprengen des Kessels gegen 40 seiner Passagiere den
-Kirchhöfen überwiesen habe. Mit mehrern Reisegefährten beschloß ich,
-das Wrak näher zu besichtigen und wir bestiegen dasselbe mit brennenden
-Lichtern in den Händen; hierbei fand ich, daß derjenige Theil des
-Schiffes, worin sich mein Bett befand, im Bugann ganz und gar zerstört
-und aufgelöst war. Wir plauderten noch lange über unsere ausgestandene
-Gefahr, von welcher wir uns jetzt um so lebhafter überzeugt hatten und
-legten uns nachher ruhiger als die vorige Nacht zu Bette.</p>
-
-<p>Am folgenden Morgen hatten sich viele spekulirende Fiaker von
-Louisville eingefunden. Es wurden jetzt Parthieen zu vier Personen
-arrangirt, die von jenen Fiakern nach der Stadt gebracht wurden. Unser
-Führer, war ein wahrhafter Riese, ein junger Mann von 22 Jahren und wie
-er sagte, 7¾ Fuß Höhe. Als er uns nach Louisville<span class="pagenum"><a name="Seite_155" id="Seite_155">[S. 155]</a></span> gebracht hatte,
-forderte er auch einen riesenmäßigen Lohn, nämlich einen Piaster von
-einem Jeden, der den gewöhnlichen um mehr als das Doppelte überstieg.
-Da er indeß versicherte, daß er gewöhnlich mehr als andere Fuhrleute
-bekomme, weil die Meisten Gefallen an seiner Figur fänden, so sträubten
-auch wir uns nicht dagegen.</p>
-
-<p>In Louisville bemerkte ich bald, daß es nicht der Mühe werth sein
-würde, hier längere Zeit zu verweilen. Alle am Mississippi und Ohio
-gelegenen Städte haben denselben Anstrich von Unvollendung; sie liegen
-alle auf Bergen und erscheinen daher vom Ufer aus sehr hoch. An der
-Wasserseite wohnen die meisten Geschäftsleute, welche Läden haben, um
-sogleich bei der Hand zu sein, wenn geldbedürftige Handelsleute mit
-geldwerthen Gegenständen von New-Orleans oder New-York ankommen. Diese
-Ladenherren sind meistens alle Deutsche oder französische Ausreißer,
-die, wenn die Umstände darnach sind, auch von dort wieder ausreißen und
-anderswo wieder unter anderer Firma auftreten.</p>
-
-<p>Meine Wißbegierde in Betreff von Louisville’s Neuigkeiten war bald
-gesättigt, weshalb ich meine Reise ohne Zögern fortzusetzen beschloß
-und den steilen Berg hinunter, dem Ufer zu schlenderte. Da traten
-mehrere Deutsche an mich heran, mit denen ich nichts zu schaffen
-haben wollte und um solchen Leuten zu entgehe, beschleunigte ich um
-so mehr meine Abreise. Da lagen drei Dampfschiffe, welche um ein Uhr
-nach Cincinnati absegeln wollten: das Postschiff Pick (Hecht) mit den
-Briefen, ein überaus geschwindes Schiff. Auf diesem Raubfische wollte
-ich meine Reise fortsetzen, allein ich gab bald dies Vorhaben auf, als
-ich kaum so viel Platz fand, um bis zum Bureau gelangen zu können. Fort
-also zu dem zweiten Dampfschiffe, zum Robert Fulton, dachte ich, dem du
-doch wegen Erfindung der Dampfschifffahrt Dankbarkeit schuldig bist,
-allein wider Erwarten und zu meinem gro<span class="pagenum"><a name="Seite_156" id="Seite_156">[S. 156]</a></span>ßen Erstaunen fand ich hier so
-viele Dankbare, &mdash; er war noch mehr überladen als der Pick, so daß ich
-auch von hier mich zurückzuziehen veranlaßt sah.</p>
-
-<p>In einer sehr kurzen Entfernung vom Fulton lag die loyal Anna. Kaum
-hatte ich sie erblickt, als ich auch mit guter Hoffnung mich ihr
-näherte, da Hagestolze, zu denen ich doch nun einmal gezählt werden
-muß, gern mit loyalen Frauen Umgang haben. Noch nie habe ich eine
-solche Propretät auf einem Schiffe wahrgenommen, wie auf diesem, man
-bemerkte hier außer der Reinlichkeit noch ein gewisses Etwas, was nur
-von den Frauen herrühren kann. Erst später erfuhr ich, daß dieses
-Schiff ein Spielzeug, eine Puppe des sehr reichen Capitains sei,
-welcher auf dessen Verschönerung mehr als auf die seines Wohnhauses
-verwendet. &mdash; Sieben Männer hatten sich bei der loyal Anna gemeldet
-und keine einzige Dame &mdash; eine geringe Anzahl Bewerber für eine so
-schöne Miß, indeß trat ich sofort zu diesen über. Wir fuhren zwar um
-Vieles langsamer, als der Pick und Fulton, aber dafür auch bequemer und
-sicherer. Unsere Reise sollte nach Cincinnati und von da nach Pittsburg
-gehen.</p>
-
-<p>In Cincinnati sagte mir der Capitain, daß Frau Anna sich erklärt
-hätte, sie könne, als eine Frau von so vortrefflichem Baue, nicht mit
-sieben Männern zufrieden sein; alle Frauen würden von Launen regiert,
-in welche man sich fügen müsse; sie werde wohl ein bis zwei Tage hier
-verweilen, um noch einige Männer mehr zu acquiriren, und siehe da! als
-die Glocke zur Abfahrt ertönte, da schwärmten um diese Liebenswürdige
-so viele neue Verehrer, daß es den alten, wie vielen Männern nach der
-Verheirathung ging &mdash; es waren keine Plätze mehr, weder zum Stehen noch
-zum Niedersetzen, zu finden.</p>
-
-<p>Der Aufenthalt in Cincinnati kam mir nicht so sehr unangenehm; dieser
-Ort wird in den V. S. City (große Stadt) genannt, allein sie ist nichts
-weniger als das; je<span class="pagenum"><a name="Seite_157" id="Seite_157">[S. 157]</a></span>doch verdient sie ihrer Anlage nach, nach dem, was
-sie einmal werden kann, allerdings diesen Namen. Cincinnati ist, wie
-die anderen Städte an diesem Flusse, in einer Höhe von etwa 200 Fuß vom
-Ufer gebaut. Alle Buden befinden sich an der Wasserseite und sind nicht
-zum dritten Theil für die Schacherwelt hinreichend. Die Miethen sind
-daher so enorm, daß sie im Allgemeinen wohl das doppelte von denen in
-New-York und Philadelphia betragen. Die Baulust ist aus diesem Grunde
-sehr groß und nimmt mit jedem Tage zu. Jedoch fehlt es an Grund für
-solche Gebäude, in welchen die einträglichsten Geschäfte betrieben
-werden könnten, nämlich am Ufer.</p>
-
-<p>Cincinnati’s Bevölkerung beläuft sich auf etwa 40,000 Einw., unter
-denen Deutsche, wenn nicht die Hälfte, doch wenigstens den dritten
-Theil ausmachen; von diesen sind wohl 8000 Juden, welche vor einiger
-Zeit eine in schönem Stil erbaute Synagoge einweihten. Ich lernte
-mehrere Deutsche dort kennen, auch wurde ich von Mehreren angeredet,
-die vorgaben, mich zu kennen und mich auch wirklich bei meinem Namen
-anredeten. Alle versicherten, zufrieden zu sein, verriethen jedoch in
-der Conversation Unzufriedenheit; sie redeten stets von Millionen und
-konnten von Menschenkennern ihrer Kleidung und ihrem Aeußern nach,
-für nichts anders als Tagelöhner gehalten werden. Der Ort an und für
-sich bietet nichts Merkwürdiges dar; die Umgegend ist nicht besonders
-reizend. Er eignet sich zum Speditions-Geschäft und treibt dieses auch
-in der That, aber auf eine sehr unvollkommene Weise, und zwar aus
-dem Grunde, weil es an Arbeitsleuten fehlt, die bei einem Geschäft
-solcher Art nicht zu entbehren sind. Die Güter, welche zur Spedition
-dort ankommen, werden deshalb oft &mdash; zu Wasser, wie ich während meines
-Aufenthalts selbst Augenzeuge eines solchen Vorfalls war. Es langte
-nämlich ein Dampfschiff an, welches 15 große Fässer Zucker für jenen
-Ort geladen hatte, die der Capi<span class="pagenum"><a name="Seite_158" id="Seite_158">[S. 158]</a></span>tain am Ufer abladen und hinwerfen
-ließ, um sofort weiter zu fahren. Während der darauf folgenden Nacht
-schwoll aber der Fluß dermaßen an, daß der Herr Spediteur, als er
-am andern Morgen mit seinen Arbeitern hinzukam, statt des Zuckers
-Zuckerwasser in den Fässern fand. Ganz amerikanisch-kaltblütig
-fragte er die Umherstehenden: what can I do? Uebrigens spricht jeder
-Amerikaner mit Respekt von diesem Orte, so daß es mir lieb war, ihn
-kennen gelernt zu haben.</p>
-
-<p>Desto lästiger dagegen wurde mir der Aufenthalt auf der Anna, da es,
-wie schon bemerkt, nicht nur an Raum fehlte, sondern unter den neuen
-Passagieren hatte sich auch eine große Anzahl von Spielern eingefunden,
-die den Raum durch einen großen Tisch, an welchem sie Stoßen, das
-alte und beliebte deutsche Hazard-Spiel, spielten, unter Beistand
-einer Menge von Zuschauern dermaßen beengten, daß mir nichts zu thun
-übrig blieb, als mich nach den untern Regionen des Schiffs zu den
-Deck-Passagieren zu begeben.</p>
-
-<p>Daselbst bemerkte ich mehrere deutsche Familien; da saßen Einige
-mit Bibeln vor sich, Andere in Kattun-Jacken, schmauchend nach
-alt-deutscher Weise, aus kurzen deutschen Pfeifen von dem edeln
-Kentucky-Taback, den die Amerikaner lieber auf nassem Wege auflösen.
-Die Frauen derselben strickten zum Ärger der Chemnitzer Strumpfwirker
-und zur Freude der Amerikanischen Produzenten Strümpfe aus der auf
-Amerikanischem Boden gewachsenen Baumwolle. Da ich Bekanntschaft
-mit diesen Leuten anknüpfen wollte, so näherte ich mich zuerst den
-Bibellesern, in der Meinung, daß diese die weniger Glücklichen in der
-Gesellschaft sein müßten, indem die Meisten im Unglück sich entweder
-zur Religion oder zum Aberglauben wenden. Ich hatte mich darin auch
-nicht geirrt, dann sie versicherten mir, in jeder Rücksicht sehr
-un<span class="pagenum"><a name="Seite_159" id="Seite_159">[S. 159]</a></span>glücklich und, obgleich sie schon ein Viertel-Jahrhundert in Amerika
-zugebracht hätten, noch immer sehr arm zu sein.</p>
-
-<p>Hierauf näherte ich mich den Taback rauchenden Männern und
-Strümpfe strickenden Frauen. Von diesen erfuhr ich, wie die
-amerikanisch-deutsche Auswanderungs-Commissionaire in New-York sie
-schändlich betrogen und irre geleitet hätten. Sind doch Commissionaire
-ein tödtendes Gift in allen Branchen, dachte ich, da mir schon in
-Louisville ein pallastähnliches Haus gezeigt worden war, welches ein
-Deutscher auf Unkosten der armen Einwanderer erbaut hat, indem, wie
-sich der Amerikaner ausdrückte, der es mir zeigte, zum Fundament
-desselben die Seufzer der Unglücklichen, zum Löschen des Kalks die
-Thränen derselben verwendet wurden. Diese Unglücklichen müssen sich
-wegen Mangel an Sprachkenntnissen gleichsam als Sclaven an den
-Commissionair verkaufen und das sehr wohlfeil gekaufte Land für ihn
-kultiviren. Einen aus der Gesellschaft, der mir am klügsten schien,
-ersuchte ich, mich mit der Art und Weise, wie jene Commissionaire in
-New-York mit ihnen verfahren hätten, bekannt zu machen. Vermuthlich
-nicht so arg, wie die Havaneser uns armen Kaufleuten, dachte ich
-hierbei. „Die verdammten Diebe,“ hob der Erzähler an, „haben uns vom
-ersten Augenblick unserer Ankunft an konfuse gemacht; sie haben uns
-zu Reisen verleitet, wodurch das Wenige, was uns nach Zahlung der
-125 Francs Reisekosten noch übrig blieb, aufging; jetzt müssen wir
-alle zurück, weil hier, wo uns die Diebe hingeschickt haben, Nichts
-zu machen ist.“ Als ich hierauf bemerkte, sie hätten besser gethan,
-Deutschland nicht zu verlassen, weil man, um hier etwas anfangen zu
-können, wenigstens 1000 Piaster baares Geld mitbringen müßte, lachten
-sowohl die Strickenden als die Rauchenden, und Einer meinte: „wenn wir
-1000 Piaster gehabt hätten, so wären wir sicher noch zu<span class="pagenum"><a name="Seite_160" id="Seite_160">[S. 160]</a></span> Hause und
-tränken Wein für sechs Kr., während wir hier Essig mit ½ Piaster
-bezahlen müssen.“ &mdash; Dies vorläufig als Warnung für den Auswanderer;
-ich werde später genauer hierauf zurückkommen, da ich bei meinem
-zweiten Aufenthalt in New-York diese Suche genauer kennen zu lernen
-Gelegenheit hatte, und setze vorläufig meine Reise nach Pittsburg fort,
-um baldigst in New-York einzutreffen, wonach ich mich um so mehr sehne,
-da die loyal Miß Anna um Vieles zu liberal geworden war.</p>
-
-<p>Wir langten nach einer viertägigen Fahrt in Pittsburg, dem Birmingham
-der V. S. an. Jeder Amerikaner spricht in tiefster Ehrfurcht von dieser
-Stadt, von welcher es in den statistischen Berichten heißt, es würden
-für 30 Millionen Piaster Waaren hier fabrizirt; einige Tage hier zu
-verweilen, um die bedeutenden Fabriken in Augenschein zu nehmen und
-ihre Erzeugnisse zu prüfen, war mein Vorsatz.</p>
-
-<p>Schon am Ufer gewahrte ich, daß Eisengießereien hier ein bedeutender
-Erwerbszweig sein müssen, indem eine bedeutende Masse von Gußwaaren
-zum Einladen bereit lag. Zunächst begab ich mich nach dem Innern der
-Stadt, um das Exchange-Hotel (Börsenhaus), wohin sich viele meiner
-Reisegefährten begeben hatten, aufzusuchen, was mir auch, da Pittsburg
-sehr regelmäßig gebaut ist, ohne Mühe gelang. Wie ein hungriger
-Jagdhund über seine Speise, so fiel ich über die seit vier Tagen
-entbehrten Tagesblätter her und fand mit Schrecken und mit Freuden
-zugleich die Verunglückung des Dampfschiffes Albany, mit dem ich
-anfangs reisen wollte. &mdash; Um die Fabriken aufzusuchen, begab ich mich
-auf eine Anhöhe und richtete die Augen nach dem Himmel zu; ich bedurfte
-nicht, wie die Astronomen, wenn sie Kometen suchen, eines Teleskops;
-ich merkte auf die dichten Rauchwolken, die aus den hohen Schornsteinen
-hervorströmen und konnte sicher sein, eine Fabrik zu finden.</p>
-
-<p><span class="pagenum"><a name="Seite_161" id="Seite_161">[S. 161]</a></span></p>
-
-<p>Zuerst gelangte ich zu einer Glasfabrik, in welche ich ungenöthigt
-hineintrat. Nur der Aufseher war zugegen und so gefällig, mir vieles
-Hübsche zu zeigen. Ich ersah, daß die Glaswaaren hier nicht, wie in
-Böhmen oder Schlesien, geblasen, sondern gegossen werden, folglich
-fällt hier das Schleifen weg, indem das Bunte auf diesen Gläsern in den
-Formen erzeugt wird. Nach dieses Mannes Erzählung waren die Amerikaner,
-als Erfinder dieser Fabrikation eine Zeitlang die Monopolisten darin,
-jetzt aber, nachdem Engländer und Franzosen dieselbe Fabrikate
-erzeugen, haben sie eine schwere Concurrenz zu bestehen.</p>
-
-<p>Durch den Anblick eines mächtigen Granit-Quarrées auf einem Berge
-angezogen, näherte ich mich demselben. Unerklärlich war mir diese
-Erscheinung, eine so mächtige viereckige Felsenburg ohne Fenster und
-Thüren; was kann das sein? Da ich neben diesem Felsenklumpen ein von
-eben solchen Steinen errichtetes, aber unbeendetes Gebäude mit einer
-prächtigen Kuppel sah, so trat ich in dasselbe, um mir Auskunft zu
-erbitten. Ich freute mich sogleich einen Mann zu treffen, dessen
-Anblick sonst Niemand sehr erfreut; den Schließer des Gefängnisses,
-welcher sich im Souterrain jenes mir räthselhaften Granit-Quarrées
-befand. Dies war so eingerichtet, daß die Zugänge zu demselben durch
-das Souterrain des unbeendeten Prachtgebäudes, den neuen Gerichtshof
-führten, und folglich jeder Arrestant, ohne sich müßigen Zuschauern
-exponirt zu sehen, vor die Richterstühle gelangen kann.</p>
-
-<p>Die benachbarte katholische Kirche ist auf ähnliche Weise gebaut.</p>
-
-<p>Am Ufer fand ich ein Schiff, welches zum Hausiren auf dem Ohio bestimmt
-war, zur Abfahrt fertig. Um diese schwimmenden Hausirer kennen
-zu lernen, bestieg ich das Schiff, in welchem ich ein komplettes
-geordnetes Waarenlager antraf. Die Mannschaft darauf versieht zu<span class="pagenum"><a name="Seite_162" id="Seite_162">[S. 162]</a></span>gleich
-die Dienste der Handlungsdiener; bei allen Ortschaften werden Verkaufs-
-und Ankaufsversuche gemacht.</p>
-
-<p>Den Mechanismus der sogenannten Snag-boats wollte ich jetzt kennen
-lernen; diese Bote sind nämlich seit etwa zwei Jahren durch den
-Washingtoner Congreß, auf dem Ohio und Mississippi eingeführt zum
-Auffischen der in jenen Flüssen treibenden Bäume, welche den Untergang
-so vieler Dampfschiffe herbeigeführt haben; es giebt derselben bis
-jetzt nur sechs, obgleich für beide Ströme wohl 150 erforderlich sind;
-ich freute mich, sie kennen gelernt zu haben, denn sie verdienen alle
-Aufmerksamkeit.</p>
-
-<p>Auf dem Rückwege von dort gerieth ich in eine Baumwoll-Spinnerei.
-Der Fabrikant war eben damit beschäftigt, eine verkaufte Quantität
-dem Käufer zuzuschicken. Da ich auf den Fünf-Pfund-Paqueten No. 10
-bemerkte, so ersuchte ich den Fabrik-Inhaber mir eins von No. 40 zu
-zeigen. „Hiermit beschäftigen wir uns nicht,“ erwiederte er, „die
-Anfertigung solcher Nummern überlassen wir den Engländern, wir spinnen
-nur bis zu No. 14, indem wir nicht so viel Capitalien haben, um mit
-sechs Prozent, denn mehr liefern feine Garne nicht, zufrieden zu sein.
-Auf Nummern wie diejenigen sind, welche wir spinnen, ist die Steuer
-zu groß, und aus diesem Grunde verbietet sich die Einfuhr von selbst.
-Besäße ich mehr Vermögen, so könnte ich mehr fertig schaffen und,
-anstatt daß ich jetzt 3000 Pfund jeden Tag absetze, das dreifache
-Quantum verkaufen.“ &mdash; Es würde mich sehr freuen, wenn einer von den
-geneigten Lesern so gefällig sein wollte, mir Aufschluß zu geben, warum
-der Amerikaner, welcher die Baumwolle und Kohlen dicht an der Thüre
-hat, mit den englischen Fabrikanten nicht soll concurriren können. Wäre
-es nicht zweckmäßig, daß die Regierung einen Ausfuhrzoll von Baumwolle
-erhöbe?</p>
-
-<p><span class="pagenum"><a name="Seite_163" id="Seite_163">[S. 163]</a></span></p>
-
-<p>Während ich mich auf der Pittsburger Brücke befand &mdash; alle Brücken
-in den V. S., muß ich nebenbei bemerken, sind den Häusern ähnlicher
-als den Brücken, indem sie zur Abhaltung des Schnees mit Dächern und
-Fenstern versehen sind &mdash; und mich der großen Granitblöcke, worauf die
-Brücke ruht, erfreute, traf ich einen frühern Reisegefährten, welcher
-mich bat, mit nach seiner Tuchfabrik zu reisen. Er beklagte sich sehr
-über die Schmuggelei von England aus über Canada; noch mehr aber wegen
-des hohen Zolls auf roher Wolle, wodurch den Woll-Produzenten, zum
-Nachtheil der Fabrikanten ein sehr lästiges Monopol eingeräumt sei.
-Dürften wir, setzte er hinzu, unsern Wollbedarf gegen Erlegung eines
-Zolls, wie der in England festgestellt ist, von Deutschland einführen,
-so würden wir England sehr bald bei Tuchen entbehren können.</p>
-
-<p>Als die beste Reisegelegenheit, um von hier nach Philadelphia und
-New-York zu kommen, wurde mir gerathen, auf einem Kanalboote bis nach
-Harrisburg zu fahren. Diese Fahrt wäre mir indeß beinahe schlecht
-bekommen, indem ich beim Durchfahren unter einer Brücke in die größte
-Gefahr kam, erdrückt zu werden. Bis nach Harrisburg trafen wir wohl 100
-Brücken und bei den höchsten derselben konnte man, auf dem niedrigsten
-Punkte des Bootes aufrechtstehend, kaum ohne Gefahr durchkommen.
-Deshalb befindet sich Abends ein Mann auf dem Posten um „Herren, eine
-Brücke!“ als Warnungszeichen zu rufen. Diesmal rief er, als es schon zu
-spät war, um von den Koffern, auf welche ich mich zum Schutz vor Regen
-gesetzt hatte, herabzukommen. Ich warf mich sogleich auf den Rücken und
-erwartete das Schlimmste, aber die Vorsehung ließ auch diese Gefahr
-glücklich für mich vorübergehen. Ich enthalte mich der Beschreibung
-dieser Treckschuiten (die nach der alten sächsischen Lehrmethode wohl
-eher mit einem D zu schreiben sind),<span class="pagenum"><a name="Seite_164" id="Seite_164">[S. 164]</a></span> weil sie desselben nicht werth
-sind. Jeder, der dergleichen Schiffs-Gelegenheiten in Holland gesehen
-hat, welche den Amerikanischen zum Muster gedient zu haben scheinen,
-wird meine Versicherung, daß 43 Personen in der Cajüte schlafen mußten,
-in Zweifel ziehen, und 5 Nächte mußten wir in dieser peinlichen Lage
-zubringen; drei Hängematten über einander, in vier Alleen eingetheilt,
-lieferten sämmtliche Ruhestellen.</p>
-
-<p>Uebrigens gewährte diese Reise sehr viel Abwechselung und Vergnügen in
-mancher Hinsicht. Das Merkwürdigste hierbei war eine Fahrt von etwa
-35 englischen Meilen über sehr hohe Gebirge auf Eisenbahnen, vermöge
-des Mechanismus vieler Dampf-Maschinen, welche auf kurze Distancen die
-mächtigsten Wagen mit dem allerschwersten Gepäck ohne Locomotive auf
-die hohen Berge zogen &mdash; so daß wir die 35 Meilen in sieben Stunden
-zurücklegten. Es scheint, daß, zur Anlegung von Tunnels kein Fonds
-vorhanden war, da man zur Beförderung der Güter auf den Canälen, zu
-einer solchen Maaßregel hat schreiten müssen. Sobald wir von den sehr
-hohen Bergen ohne Locomotive etwa 6 Minuten hindurch auf die Canäle
-zu hinunterfuhren und bei denselben angelangt waren, stand ein Boot
-und Pferde bereit; die Umpackung währte etwa sechs Minuten. &mdash; Am
-folgenden Abend passirten wir den herrlichen Fluß Susquehannah. Ueber
-diesen führt eine herrliche Brücke, die ich in der Entfernung, da sich
-an derselben zwei Gallerieen für die hin- und zurückziehenden Pferde
-befinden, für ein Theater hielt. Die Gegend um diesen Fluß ist die
-reitzendste von allen, die ich auf meinen vielfältigen Reisen gesehen
-habe. Die Stadt Petersburg, welche an der entgegengesetzten Seite des
-Flusses liegt, konnte ich bei der sich nähernden Abendzeit nicht gut
-sehen.</p>
-
-<p>In Harrisburg hören die Canalfahrten auf und die nach Philadelphia
-führende Eisenbahn beginnt. Da wir<span class="pagenum"><a name="Seite_165" id="Seite_165">[S. 165]</a></span> das Reisegeld für die Fahrt von
-Pittburg bis Philadelphia entrichtet hatten, so war es des Capitains
-Sache, für unsere Weiterschaffung zu sorgen, was denn auch bald
-geschah. Für die aus Pittburg angekommenen Reisenden wurden sowohl für
-Personen als Gepäck eigene Wagen angewiesen; aus Harrisburg fuhren
-mehrere Hunderte. Die Wagen waren alle für funfzig Personen und so
-arrangirt, daß sie mittelst großer Zugänge gleich einem Wohnhause in
-Verbindung stehen; man kann während der Fahrt die sämmtlichen Wagen
-durchstreichen und die an beiden Seiten paarweise Sitzenden mustern.
-Am Eingange des ersten, dicht an der Locomotive befindlichen Wagens,
-in welchem zwei Abtheilungen angebracht sind, las man am Eingange zur
-zweiten Abtheilung „Damenzimmer“. In diesem befand sich ein großer
-Spiegel, nächst dem Manne, das erste Bedürfniß für Damen, Sopha,
-Arbeitstisch. Von Harrisburg bis Philadelphia, (welche Entfernung 96
-englische Meilen beträgt,) fährt man mit Einschluß der Zeit, welche
-zum Frühstück und Mittagsessen zugestanden ist, sieben Stunden. Für
-das letztere, welches verhältnißmäßig eben so rasch verzehrt werden
-muß, als die Locomotive sich fortbewegt, wird ein eben so reissender
-Preis, d. h. ½ Piaster oder 18 gGr. bezahlt. Beim Bezahlen bemerkt
-man Viele, die bemüht waren, einige von den abgesetzten Bank-Noten,
-womit ihre Brieftaschen sich in ungesegneten Umständen befanden und auf
-Entbindung nicht hoffen dürfen, &mdash; anzubringen, allein der Cassirer
-hat das Textbuch vor sich liegen, bleibt im Text und besteht auf
-werthvoller Bezahlung des werthlosen Mittagessens.</p>
-
-<p>Auf der Tour von Harrisburg bis Philadelphia hat der deutsche Reisende
-Gelegenheit sich über den Fleiss und die Ordnungsliebe seiner
-Landsleute zu freuen, da diese die Bewohner jenes Strichs ausmachen.
-Man glaubt hier in Deutschland zu sein, überall erblickt man Feld- und
-Baumfrüchte; auf jedem Hause in den Dörfern glaubt man<span class="pagenum"><a name="Seite_166" id="Seite_166">[S. 166]</a></span> die Worte:
-„Wohlhabenheit und Zufriedenheit“ zu lesen. Gutgekleidete Kinder
-beiderlei Geschlechts drängen sich mit Blumen und reifen Baumfrüchten
-an den Wagen, um für die bereits gehaltene Aerndte etwas für sie
-Brauchbareres zu ärndten. Genug, man empfindet auf dieser Reise keine
-Langeweile, wenn man nicht etwa unwohl ist, wie ich es ein wenig war;
-ich hatte bei der Passage über die Berge ein Erkältungsfieber erhascht
-und kam ziemlich krank in Philadelphia an.</p>
-
-<p>Da saß ich in einem langen Omnibus, die alten kraftlos scheinenden
-Rosse thaten Wunder, denn sie trabten von einem Gasthofe zum andern
-und nirgends fand ich ein Plätzchen für mich. Obgleich vom heftigsten
-Kopfweh gepeinigt, freute ich mich dennoch; war es doch ein Zeichen,
-daß ich den Kopf nicht in Havana verloren hatte. „Fahre nach welchem
-Gasthof du willst, nur nach keinem schmutzigen“, sagte ich zum
-Omnibus-Kutscher und bald standen die Rosse vor Baltimore-house,
-welches mir der Kutscher als ein gutes und sehr reines Haus anpries, in
-dessen Nähe auch das Dampfschiff nach New-York abfahre.</p>
-
-<p>Ich wurde in diesem Hause mit etwas versehen, was mir seit einer
-Reihe von Jahren entfremdet war und das war &mdash; ein Federbette welches
-gut war, weil es den Dienst eines russischen Dampfbades versah und
-mich dermaßen auf die Beine brachte, daß ich am folgenden Morgen in
-Philadelphia umherzustreichen mich mit hinlänglicher Kraft ausgerüstet
-fühlte. Ich fand, daß Philadelphia ungefähr in demselben Verhältniß
-zu New-York steht, wie Potsdam zu Berlin. Der Ort ist schön, weil
-die Häuser durchgängig gut gebaut und die Straßen regelmäßig sind;
-wenn man die vielen Canäle in denselben abrechnet, über die man aber
-auch in New-York Beschwerde führen kann, aber nicht darf, weil die
-Amerikaner leidenschaftlich am Canalbau hangen. &mdash; Ich bestieg das
-Rathhaus bis zu sei<span class="pagenum"><a name="Seite_167" id="Seite_167">[S. 167]</a></span>nen höchsten Regionen, d. h. bis zur Glocke,
-und war höchst überrascht, als ich die herrliche grosse Stadt mit
-den vielen Kirchen und squares (Quarrées) nebst der herrlichen
-Umgegend zu meinen Füßen liegen sah. Ich besuchte die Münze, das
-Taubstummen-Institut, das Collegium und fuhr etwa drei Meilen weit nach
-dem Wasserwerk, gelegen in einem Schweizerthal mit Bergen umgeben,
-auf welchen sich die herrlichsten Anlagen befinden. Für diese Fahrt
-hin und zurück bezahlte ich nur ¼ Piaster &mdash; der wohlfeilste in den
-V. S. mir erwiesene Dienst; muß man doch für das einmalige Putzen der
-Stiefeln dasselbe bezahlen. Auch nach Vauxhall begab ich mich, in
-welchem 1000 Chinesische Lampen brennen und eben so viele Orangenbäume
-gezeigt werden sollten. Da aber nur einige Lampen brannten, so blieben
-natürlich die blühenden Orangen unsichtbar. Ich kehrte nach der Kasse
-zurück, um meinen halben Piaster Entree zu reklamiren, allein der
-Kassirer versicherte mir, er sei an diesem Platze zum Geld-Einnehmen,
-nicht Ausgeben; ich könne aber am folgenden Abend Gebrauch von der
-Charte machen. &mdash; Weise ist nach Lessing derjenige, welcher sich auf
-seinen Vortheil versteht; ich erklärte daher diesen Mann für weise und
-zog ab.</p>
-
-<p>Meine Rechnung in Baltimore-house belief sich auf eine artige Summe,
-obgleich ich keine einzige Mahlzeit in demselben eingenommen hatte. Der
-Wirth bewies mir, daß er bei den hohen Preisen aller Lebensmittel zu
-Grunde gehen müßte, wenn es nicht so manchen gäbe, der nie ißt, aber
-dennoch üblicher Weise bezahlt. Es wird in ganz Amerika 2½&ndash;5 Piaster
-in jedem Gasthofe den Logirenden angeschrieben, wenn er auch gar nichts
-genossen hat.</p>
-
-<p>Am folgenden Morgen fuhr ich mit dem ersten Dampf-Schiff nach
-New-York. Auf diesem befanden sich etwa 300&ndash;350 Passagiere, ungeachtet
-zu derselben Stunde<span class="pagenum"><a name="Seite_168" id="Seite_168">[S. 168]</a></span> die Dampfwagen dahin abfahren. Man giebt den
-Dampfschiffen darum den Vorzug, weil von den Schornsteinen der
-Locomotiven zu viel brennende Kohlen umher geworfen werden, und dadurch
-viele Kleidungsstücke der Mitreisenden zu Grunde gehen. Man muß jedoch
-auch auf der Fahrt mit dem Dampfschiff ungefähr 20 Meilen auf dem
-Dampfwagen zurücklegen, um alsdann die Reise im Schiff zu beendigen.</p>
-
-<p>Um etwa 1 Uhr kamen wir in New-York an. Das Erste, was ich that, war,
-mir ein Privat-Logis aufzusuchen, denn die Boarding-Häuser hasse ich
-wegen des darin statt findenden Zwangs. In einem freien Lande darf
-man auf Freiheit Anspruch machen, Thorheit ist es also, wenn man dem
-Gastwirth seine Freiheit verkauft und noch dazu, wie hier in New-York
-viel dafür bezahlt.</p>
-
-<p>Als ich so an Broadway hinschlenderte, fühlte ich mich in der
-heitersten Stimmung. Als ich über den Grund derselben nachdachte, fand
-ich ihn darin, daß ich hier nicht, wie in Havana, das menschliche Elend
-d. h., mit Lumpen umhangene Neger auf jedem Schritte vor mir sah,
-sondern nur freie wohlgekleidete Menschen. Noch immer konnte ich die
-Erinnerung an die Behandlungsweise der Sclaven von Seiten der Herren
-nicht aus meiner Seele verdrängen; ich sah, wie die Herren Negerfrauen
-im Beisein ihres Mannes züchtigten, oder wie der Mann während der
-Procedur hereintrat, um das Mittagsmahl mit seiner Familie zu
-verzehren, den züchtigenden Herrn ehrerbietig grüßte und gleichgültig
-that, als ob ihn das nichts angehe. Wie diese Unglücklichen von Afrika
-aus transportirt werden, will ich nur kurz erwähnen. In den Räumen der
-Sclavenschiffe sind innerlich Abscheidungen von Brettern, mit nicht
-mehr Zwischenraum, als daß zwei Personen aufrecht darin stehen können,
-errichtet. Die Neger werden paarweise mit ihrem Rücken gegeneinander
-zusammengebunden und zwischen diesen Räumen<span class="pagenum"><a name="Seite_169" id="Seite_169">[S. 169]</a></span> an die Wände derselben
-angeschlossen. Aus dieser peinlichen Stellung werden sie während der
-Reise täglich nur einmal, jedoch nicht mehr als 8&ndash;10 Personen auf
-einmal, und nur auf 5&ndash;6 Minuten erlöst.</p>
-
-<p>Ich fand ein Haus, an dessen Thüre ich auf einem Zettel: furnished
-rooms (meublirte Zimmer) las. Die Wirthin, so wie Alles im Hause
-deutete auf Reinlichkeit, nichts Archenähnliches war an dem mir
-offerirten Zimmer zu bemerken. Meine vis a vis waren friedliebende, gar
-nicht neugierige Menschen, die mich auf keine Weise geniren konnten,
-ja um alle weltliche Dinge sich nicht mehr kümmerten, weil sie alle
-auf dem mit Blumen und Bäumen geschmückten Kirchhofe wohnten. Sofort
-miethete ich dieses Zimmer und befand mich sehr wohl in demselben. Dann
-suchte ich wieder mein französisches Boarding-Haus zum Speisen, da ich
-mir in Philadelphia wegen der Unpäßlichkeit die Hungerkur auferlegt
-hatte. Auf die Frage der freundlichen Wirthin, wie mir ihre Küche
-munde, erwiederte ich: nach einer mit Oel gesalbten Küche, deren ich in
-Havana so viele Monate hindurch unterworfen war, fühlt sich mein Gaumen
-höchst geschmeichelt. Ein Schweizer meinte, daß es in der That in
-Havana höchst schlecht sein müsse, wenn es ein Berliner schlecht finde,
-denn nach seiner Ueberzeugung lebe man in Berlin sehr schlecht; er
-versicherte, er habe in den Gasthöfen erster Klasse daselbst für zwei
-Thaler das Couvert auf seinem Zimmer servirt, abominable gegessen. Ich
-vertheidigte meine Mitbürger aufs eifrigste, war aber nicht im Stande,
-ihn zu einer bessern Ueberzeugung zu bringen.</p>
-
-<p>Uebrigens war ich gerade zur rechten Zeit hier angekommen, um dem Feste
-der Gründung der Unabhängigkeit der V. S., welches am vierten July
-gefeiert werden sollte, mit beizuwohnen. Die Nacht vor dem Geburtstage
-der Republik wurde mit einer solchen allgemeinen Theil<span class="pagenum"><a name="Seite_170" id="Seite_170">[S. 170]</a></span>nahme durch
-das Abbrennen von Feuerwerken, Schießgewehren in allen Straßen kund
-gethan, daß mir kein anderer Wunsch übrig blieb als der, daß die
-Lustigen auch an andere Leute denken möchten, die wegen dieses Getöses
-beinahe die ganze Nacht nicht schlafen konnten. Es ging ununterbrochen
-fort bis um acht Uhr des Morgens, zu welcher Zeit die verschiedenen
-Armee-Abtheilungen, alle neu uniformirt, mit Feldmusik und Trommeln
-sich dem Demokraten-Könige, der an diesem Tage eintreffen sollte, in
-aller Pracht zeigen wollten. Es wimmelte in Broadway von Militair,
-welches nach dem Paradeplatz an der Batterie marschirte. Da jedes
-Revier eine eigene Compagnie bildet, und sich jede derselben nach ihrer
-eigenen Bestimmung kleidet, weshalb nun alle mit einander wetteifern,
-in prachtvoller Ausstattung, so kann der Leser leicht denken, daß diese
-ganz glänzend sein mußte; &mdash; besonders zeichnete sich der Generalstab
-und die Spielleute, deren jede Compagnie ihre eigene hat, in dieser
-Hinsicht aus. Hierbei konnte man bemerken, daß zur Verherrlichung jedes
-Festes Militair Bedürfniß ist. Die Anzahl der Generäle und Adjutanten
-in ihren prachtvollen Uniformen, welche größtentheils Schimmel, die
-Lieblingsfarbe der Amerikaner an Pferden, ritten, war sehr beträchtlich
-und kam mir weit größer vor, als die in den großen Armeen großer Mächte.</p>
-
-<p>Um etwa 12 Uhr verkündete der Kanonendonner die Landung des mit 40,000
-Piaster besoldeten Regenten; er wird die Truppen mustern, hieß es,
-und dann seinen Einzug halten. Von meinem Zimmer aus beobachtete
-ich ganz ruhig die Sache; ich zählte über 2000 Militairs, die in
-einer Linie vor dem Präsidenten her zogen. Jetzt erschien derselbe
-mit entblößtem Haupte, welches er bei dem jedesmaligen Hurrahruf
-rechts und links neigte. An den Präsidenten schlossen sich sämmtliche
-Magistrats-Personen in schwarzer Kleidung an, mit sehr langen
-Pergamentrol<span class="pagenum"><a name="Seite_171" id="Seite_171">[S. 171]</a></span>len in der Rechten; hierauf folgten 100 berittene Bürger
-und der Generalstab. Weder Constabler noch sonstige Polizei-Beamte
-waren zur Aufrechthaltung der Ordnung bemerkbar; und dennoch sah man
-unter einer Masse von 200,000 Menschen, die sich in dieser Straße
-bewegten, eine exemplarische Ordnung. Als Militairs zeichneten sich
-in dem Zuge die Deutsche und Irländische Compagnie, so wie auch ein
-Veteran aus, der den Befreiungskrieg mitgemacht hatte.</p>
-
-<p>Da in keinem Lande dergleichen große Feste, ohne daß das Leben einiger
-Individuen geopfert wird, ablaufen, so stand es nicht zu erwarten, daß
-dies Fest in diesem Lande, woselbst die Menschen den gefährlichsten
-Elementen, Feuer und Wasser mit einer gewissen Frechheit die Stirn
-bieten, eine Ausnahme von der Regel machen würde. Die Decke eines
-Dampfschiffes (die Dampfschiffe dieser Art zum Vergnügen haben außer
-dem gewöhnlichen Verdeck noch ein höheres auf Säulen ruhendes, Decke
-genannt) hatte wohl 1000 Menschen mehr aufgenommen, als die Stärke
-derselben erlaubte; sie stürzte ein und 10 Personen kamen ums Leben.
-Durch Zerspringen von einem der Kessel der Locomotiven, so wie auch
-durch die Anwendung der Schießgewehre von Knaben, verunglückten mehrere
-Menschenleben. Nur die Kinder sämmtlicher hiesigen Schulen, zwischen
-15&ndash;20,000, welche, um dem Präsidenten ihr Compliment zu machen, nach
-einer kleinen Stadt gebracht worden waren, kamen wohlbehalten nach
-New-York zurück.</p>
-
-<p>An diesem Abend gab sich Jeder dem Vergnügen hin; es ward viel
-Champagner in der That, und in der Idee getrunken und mit Bank-Noten
-baar bezahlt. (?) Auf den Hauptplätzen (als: Park, Batterie-Platz)
-u. s. w. waren, wie auf unsern Messen, Buden errichtet, in denen
-viel Leben war; jene Plätze waren mit Feuerwerken und Schießlustigen
-überfüllt, die sich gegenseitig neckten; es<span class="pagenum"><a name="Seite_172" id="Seite_172">[S. 172]</a></span> ging so weit, daß
-die in den vis a vis gelegenen Gasthöfen Globe und Sans-Souci
-Logirenden sich aus den Fenstern durch Zuwerfen von Feuerkugeln,
-Fontainen und Schwärmern dermaßen belustigten, daß in einem Zimmer
-die Fenstervorhänge schon brannten und beinah ein größeres Feuerwerk
-entstanden wäre. Im Castle-Garden (Schloßgarten) wurde, wie man mir
-sagte, ein glänzendes Feuerwerk bei etwa 10,000 Zuschauern abgebrannt.</p>
-
-<p>Nach der Beendigung dieses großen Festes besuchte ich den
-Advokaten Dr. Lord, um Erkundigung einzuziehen, wie weit er in der
-Prozeß-Angelegenheit gegen die M. und H. gediehen sei, und siehe
-da! der gute Mann bedauerte, mir sagen zu müssen, daß er sich
-noch nicht einmal beim Anfang befinde, indem meine Gegner stets
-Gelegenheit gefunden hätten, die Sache in die Länge zu ziehen;
-sie hätten die Gründe, weshalb sie die Sache ausgesetzt zu sehen
-wünschten, beschworen; ihr Anwalt habe überdies, mit Genehmigung
-des Gerichtshofes, eine Reise nach Europa unternommen, welches dazu
-beitrage, diese Affaire in die Länge zu ziehen. Er empfahl mir Geduld,
-die ihm freilich nicht so leicht abgeht, da ich 300 Piaster Vorschuß
-geleistet habe.</p>
-
-<p>Jetzt begab ich mich zum Commissionair, an welchen ich, wie früher
-bemerkt, verschiedene Waaren von Havana mit der Ordre geschickt hatte,
-dieselbe bis zu meinem Dahinkommen liegen zu lassen. Allein die Geduld
-hatte ihn verlassen, er hatte sie für die Hälfte des Werths verkauft
-und händigte mir jetzt die Verkaufs-Rechnung ein. Einen zweiten Prozeß
-mit einem abermaligen Vorschuß von 300 Piaster anzufangen, war schon
-deshalb nicht räthlich, weil <em class="gesperrt">Ein</em> Prozeß, selbst unter dem
-mildesten Prozeß-Himmelsstrich wenigstens für mich hinreichend ist;
-ferner war wegen des heraufziehenden Ungewitters in der New-Yorker
-Geldwelt ein zweiter Prozeß zu vermeiden. Ueberdies war ich nicht
-gesonnen, das<span class="pagenum"><a name="Seite_173" id="Seite_173">[S. 173]</a></span> Ganze den Launen der Advokaten und des Zufalls Preis zu
-geben, denn wie leicht kann durch eine Zahlungs-Unfähigkeit der Banken,
-die mir unausbleiblich schien, Alles verloren werden, wenn auch die
-Sache zu meinen Gunsten entschieden würde? Es blieb mir mithin nichts
-Anderes übrig, als den Belauf für meine Güter zu nehmen und gegen
-das Verfahren meines Commissionairs zu protestiren. &mdash; Ergo ist in
-der neuen Welt nur viel zu verlieren, und mit großem Risico wenig zu
-verdienen.</p>
-
-<div class="chapter">
-
-<p><span class="pagenum"><a name="Seite_174" id="Seite_174">[S. 174]</a></span></p>
-
-<h2 id="Vierte_Abtheilung"><span class="antiqua">Vierte Abtheilung.</span></h2>
-
-<h3 class="antiqua" id="Treiben_im_Handel"><span class="s6 lheight2">Ueber das</span><br />
-
-Treiben im englischen und amerikanischen Handel.</h3>
-
-</div>
-
-<p>Auf diese Weise hatte ich nun in New-York keine andere Geschäfte, als
-mich mit den New-Yorkern zu amüsiren. Wohin also zuerst? fragte ich
-mich selbst. Nach Wall-Street, war die Antwort. Diese Straße war ganz
-mit großen Granit-Blöcken und Marmor-Säulen angefüllt, so daß man
-dieselbe kaum mit Bequemlichkeit passiren konnte. Auf meine Frage,
-was mit den vielen Steinen von so ungeheuerm Umfange gemacht werden
-solle, hörte ich, daß sie zu Bank-Gebäuden bestimmt wären. Es dürfte
-vielleicht einige Leser geben, die hierbei die Frage aufwerfen, warum
-die Herren Rothschild in London, Hope in Amsterdam, Heyne in Hamburg,
-Bethmann in Frankfurt a. M., Schickler in Berlin u. A. in kleinen
-unansehnlichen Zimmern ihre sehr bedeutenden Geschäfte betreiben, und
-warum diese nicht wie die New-Yorker, auf Marmor- und Granitsäulen
-ruhende Banken<span class="pagenum"><a name="Seite_175" id="Seite_175">[S. 175]</a></span> errichten. Die Frage ist nicht schwer zu beantworten:
-Die New-Yorker bedürfen zur Ausführung der Bauten nichts, was wie Geld
-aussieht, während jene Banquiers nicht ohne Geld würden bauen können.</p>
-
-<p>An demselben Tage wurde das Dampfschiff Great-Western von London
-erwartet. Alle warteten mit der größten Ungeduld auf die Ankunft
-dieses Schiffes, oder vielmehr auf die Nachrichten, die es mitbringen
-sollte, denn man hoffte durch Hülfe der Engländer sich bald vom Uebel
-erlöst zu sehen. Von England also Hülfe! dachte ich. Hülfe von einem
-Volk, welches sich selbst nicht zu helfen weiß. England ist in seinen
-Finanzen stets überschätzt (overrated) worden. Wehe! und abermals
-wehe! einem Jeden, welcher überschätzt wird, mag es eine Regierung
-oder ein Privatmann sein. Die natürlichsten unmittelbarsten Folgen
-solcher Ueberschätzungen sind Uebervortheilungen. Der Verfasser gehört
-zu den Wenigen, welche gegen die Englands Reichthum gesungenen und
-gesprochenen Loblieder stets protestirt haben, obgleich er demselben
-in technischer Hinsicht alle Gerechtigkeit widerfahren ließ; er ist
-oft scharf darüber getadelt worden, worum er sich aber wenig kümmerte.
-Schon im Jahre 1830, als die Reformbill John Russell’s im Hause der
-Gemeinen durchging und Graf <em class="gesperrt">Grey</em> Premier-Minister ward, sprach
-der Verfasser in einem mit dem Buchstaben R. unterzeichneten, im Leeds
-Intelligencer eingerückten Aufsatz: „the corn-laws, as the present
-policy of the country“ („die Korngesetze, die gegenwärtige Politik des
-Landes“) sich dahin aus, daß England den frühern Gedanken, für alle
-Bewohner des Erdballs zu fabriziren schwinden lassen, und einen großen
-Theil der Fabrik-Arbeiter zur Erzeugung des ersten und nothwendigsten
-Bedürfnisses, Getraide, verwenden müsse, wenn es fortbestehen wolle.
-Der Verfasser rieth in jenem Aufsatze zur Anlegung vieler Eisenbahnen,
-damit so viele Ländereien, welche zum Anbau<span class="pagenum"><a name="Seite_176" id="Seite_176">[S. 176]</a></span> des Pferdefutters
-jetzt dienen, zur Erzeugung von Lebensmitteln für die Bevölkerung
-angewendet werden könnten. Der Verfasser führt die Hauptpunkte seines
-damaligen Aufsatzes zum Beweis der Behauptung an, daß er Englands
-Lage schon vor 10 Jahren richtig beurtheilt hat, wobei er jedoch hier
-nur das Wichtigste hervorheben kann. Auch behauptete er, daß der von
-Preußen für die deutschen Fabrikanten angeordnete Schutzzoll nie eine
-Abänderung zu Gunsten der englischen Fabriken erfahren werde, und
-sollten diese, durch Anschaffung wohlfeileren Brodes, wohlfeiler als
-die deutschen Fabrikanten produziren, so werde, seines Erachtens, der
-Schutzzoll um eben so viel von Seiten Preußens erhöht werden. Wer würde
-wohl gern 3 L. St. hingeben, um 1 L. St. dafür wieder zu erhalten?
-Deshalb wird sich Preußen stets gegen die Einfuhr von englischen
-Fabrikwaaren sträuben, indem England, bei einem Getraide-Mangel sich
-doch unbedingt nach Deutschland wenden muß.</p>
-
-<p>Englands Getraide-Noth (wie diese im vorigen Jahre sich zeigte), ist
-lediglich der Vernachlässigung des Ackerbaues zuzuschreiben; es giebt
-zu viel unkultivirtes Land in den vereinigten drei Königreichen. Hätte
-die Regierung die Taxen vom kultivirten Lande vermindert und das
-unkultivirte Land dagegen mit hohen Taxen belegt, so würde das Land,
-auch bei einer schlechten Aerndte, nie in Verlegenheit kommen. Der
-Mensch, welcher sein erworbenes Vermögen zu konserviren weiß, gehört
-zu den Künstlern ersten Ranges. Von allen englischen Fabrikanten
-gelangte keiner zur Meisterschaft in dieser Kunst; sie sind arm, weil
-ihr Vermögen in Fabrik-Gebäuden und Maschinen steckt; diese aber haben,
-da man jetzt dergleichen von der Seine bis zur Wolga in jedem Dörfchen
-antrifft und in Bewegung sieht, nur ein Drittel des ursprünglichen
-Werthes.</p>
-
-<p><span class="pagenum"><a name="Seite_177" id="Seite_177">[S. 177]</a></span></p>
-
-<p>Der Verfasser ist seit Kurzem von mehreren seiner Bekannten, unter
-denen sich sogar ein Engländer befand, gefragt worden: „Wodurch wohl
-ist Englands Reichthum sobald gesunken?“ Die Meisten hielten in der
-That England stets für übermäßig reich, und dies hat, wenn man die
-Sache genauer betrachtet, folgende Gründe.</p>
-
-<p>1.) Alle Mächte contrahiren enorme Anleihen bei dem Hause Rothschild
-in London. Nun glaubte man die Engländer sind es, die diese viele
-Millionen hergeben, allein sie sind größtentheils aus Rußland,
-Deutschland und Holland dem Hause R. überwiesen worden.</p>
-
-<p>2.) Man erinnert sich der ungeheuern Summen, welche England in der
-Napoleonischen Zeit den verbündeten Mächten als Subsidien gezahlt hat
-und denkt: welches Volk in der Welt würde dies wohl leisten können?
-Wollten die guten Leute doch nur erwägen, daß diese Subsidien-Gelder
-nur ein sehr geringer Theil derjenigen Summen waren, welche von
-Preußen, Oestreich und Rußland für Fabrikwaaren stets nach England
-gingen. England konnte doch nicht immerfort nehmen wollen, weil ja
-sonst Nichts übrig geblieben wäre. Jene Länder besaßen zu jener Zeit
-gar keine Fabriken, erhielten vielmehr ihren ganzen Bedarf von England
-und welchen Preis bezahlten sie dafür! 14&ndash;16 Thlr. für ein einziges
-Stück von Baumwollen-Waaren, in welchem etwa fünf Pfund von der
-Prima-Materie verbraucht worden waren. Von dem durch solche Preise
-entstandenen enormen Gewinn zahlte England etwa <span class="zaehler">1</span>&frasl;<span class="nenner">10</span> als Subsidien
-zurück, damit die guten Deutschen wie Wahnsinnige auf die französischen
-Kanonen losgehen möchten, um ja nicht an Fabrikation zu denken. Da
-trat nun Napoleon den Engländern mit seinem Continental-System in den
-Weg; er lenkte die Aufmerksamkeit der Deutschen auf Fabrikation. Man
-fing an einzusehen, daß dies Geschäft keine Zauberei sei, daß es nur
-der Geduld und Ausdauer mit Zuziehung guter Augen<span class="pagenum"><a name="Seite_178" id="Seite_178">[S. 178]</a></span> und tüchtiger Hände
-bedürfe. Hierdurch wurde das englische Fabrikwesen verwundet; da indeß
-diese Wunde anfangs den Engländern noch nicht fühlbar sein konnte, so
-bekümmerte sich Niemand von allen Fabrikanten darum; sie erweiterten
-ihre Geschäfte, statt dieselben vorsichtig einzuschränken. Jeder war
-durch den in den letzten Jahren gehabten Profit wonnetrunken und in
-der Ueberzeugung, bei einer um das Doppelte erweiterten Production den
-doppelten Gewinn zu erzeugen, wurde der ganze Gewinn der letzten Jahre
-und noch mehr zur Anschaffung größerer Gebäude und Maschinen verwendet.</p>
-
-<p>Für die Bauherren, welche, wie überall so auch hier, bei ihren
-Anschlägen gewöhnlich irren, zeigten sich jetzt bald Verlegenheiten: es
-fehlte an Geld, indem der Bau weit mehr kostete, als veranschlagt war.
-Um diese Noth abzuhelfen, mußte Geld gemacht werden und wie geschah
-dieses? Es wurden Banking-Compagnieen, Joint-Stock-Banks u. s. w. auf
-Aktien errichtet. Jeder der Fabrik-Eigenthümer zeichnet auf eine Anzahl
-dieser Aktien, jede derselben zu 100 L. St., auf welche er jedoch nur
-5 L. St. baar erlegt, obgleich er an dem Gewinne von 100 L. St. Theil
-hat; für die übrigen 95 L. St. verfertigen jene Surrogat-Banken ihre
-eigene Bank-Noten, jede Note zu 5 L. St. Um aber jedem Geldempfänger
-auf sein Verlangen mit Geld oder auch Noten von der Bank of England
-begegnen können, war eine Hülfe von Seiten dieser Bank wichtig, ja
-höchst nothwendig. Deshalb wurde also eine Convention zwischen den
-beiderseitigen Banken abgeschlossen, daß alle von jenen Banken gerirten
-Wechsel durch die Bank of England für das übliche Disconto von 3½
-Procent pro anno discontirt und sowohl Geld, als Noten dafür erlegt
-werden sollten.</p>
-
-<p>Der momentane Nutzen, der durch diese Maßregel für die englischen
-Fabrikanten entstand, war sehr groß und vielfältig; der Fabrikant
-konnte sich bei Erweiterung<span class="pagenum"><a name="Seite_179" id="Seite_179">[S. 179]</a></span> seiner Fabriken nie in Geldverlegenheit
-befinden. Er durfte sich auf Zeitverkäufe einlassen weil die Wechsel
-die ihm bei diesen Verkäufen von den Käufern an Zahlungsstatt wurden,
-sofort in den Banken, in welchen er als Aktionair interessirt war,
-discontirt wurden, wodurch Er eigentlich der Gewinnende ward, weil die
-Bank nur einen geringen Theil solcher Wechsel und zwar nur für 3½
-Procent pro Anno bei der Bank von England discontirte, wogegen die
-Banken 5 Procent mehr und größtentheils mit ihren eigenen Bank-Noten,
-welche zinsenfrei waren, ausbezahlten. Hierdurch ward für den
-Fabrikanten als Aktionair eine Dividende von 12½&ndash;15 Procent jährlich
-erreicht.</p>
-
-<p>Dies war Englands glänzendste Periode. Geschäfte wurden ins
-Unendliche gemacht, da es nie an Geld fehlen konnte. Der Verfasser
-kennt deutsche Häuser, die sich fünf dieser Banken bedienten.
-Genug! wer einen ganzen Rock auf dem Leibe trug und die Wechsel zu
-acceptiren verstand, der hatte bald ein Waarenlager. Es entstanden
-Commissions-Geschäfte, weil nichts mehr dazu gehörte, als ein Local
-(warehouse); alle fünf Schritte stieß man auf einen Commissionair. Zu
-den Commissionairen und Bank-Gesellschaften gesellten sich auch bald
-Dampfschifffahrts-Gesellschaften, aber wie es im menschlichen Leben oft
-geschieht, daß Menschen durch häufiges Besuchen großer Gesellschaften
-ihre physischen und moralischen Kräfte zerstören, so geschah es
-jetzt mit dem englischen Waarenhandel nach Deutschland durch jene
-Gesellschaften.</p>
-
-<p>Die Fabrikation nämlich nahm ungeheuer zu und dies führte den Handel
-herbei, um welchen England so oft beneidet wird, aber eher bedauert zu
-werden verdient &mdash; <em class="gesperrt">den Welthandel</em>. England war nun gezwungen,
-sich um Plätze zu bekümmern, woselbst die übermäßigen Produkte der
-Fabriken untergebracht werden könnten. Ame<span class="pagenum"><a name="Seite_180" id="Seite_180">[S. 180]</a></span>rika und Indien schienen am
-geeignetsten hierfür zu sein; allein wie sollte in jenen Welttheilen,
-wo es noch mehr, wie in England, an Geld fehlt, ein der englischen
-Fabrikation angemessener Absatz erreicht werden, wodurch die Engländer
-einigermaßen auf baare Fonds sollten rechnen können? Das war eine
-schwere Frage, die jedoch bald gelöst wurde.</p>
-
-<p>Es zeigten sich nämlich sehr bald in London drei Handlungshäuser
-(mit dem Anfangsbuchstaben W..) zur Hülfe bereit für alle englische
-Fabrikanten und amerikanische Handelslustige und Manufacturisten.
-Diese drei Häuser rüsteten für eine Provision von fünf Procent (keine
-Kleinigkeit!) einen Jeden mit Accreditiven an die Joint Stock-Banks
-und Banking, Compagnieen aus, damit diese, die von den Amerikanern
-auf jene Londoner Häuser gezogenen Wechsel, (welche die letztern zu
-honoriren versprachen,) auszahlen möchten. Der Absatz wurde natürlicher
-Weise höchst beträchtlich, allein dieser in England beförderte Absatz
-bewirkte keinen Absatz in Amerika, wenigstens war derselbe nicht
-zureichend für die angeschafften Vorräthe, und dieses um so weniger,
-weil die englischen Fabrikanten jetzt neuerdings zur Erweiterung
-ihrer Fabriken schritten. Die in England von den Amerikanern auf
-Zeit gekaufte Waaren mußten mithin wiederum so geschwind als möglich
-abgesetzt werden, allein für baares Geld abzusetzen, lag im Reiche der
-Unmöglichkeit. Was thun? die Verlegenheit wurde in Amerika eben so
-schnell, wie in England durch Einrichtung von Banken beseitigt; die
-Zeitverkäufe konnten jetzt statt finden und die Geldverlegenheiten der
-Importeurs waren hierdurch aufgehoben.</p>
-
-<p>Dem Präsidenten General Jakson schien bei seiner Einsicht in die
-Bank-Geschäfte dies Treiben sehr gefährlich fürs Land; er sah klar,
-daß das Land mit englischen Manufactur-Waaren bald überschwemmt
-werden müßte,<span class="pagenum"><a name="Seite_181" id="Seite_181">[S. 181]</a></span> wenn diesem Uebel nicht gesteuert würde; er hemmte
-das Discontiren aller dergleichen Wechsel in den Banken, welche
-unter der Aufsicht seiner Regierung standen. Diese Maßregel erregte
-die Aufmerksamkeit der Bank of England, die Direktoren warfen die
-Blicke auf ihre Schubladen, in welchen die von den verschiedenen
-Banken discontirte Wechsel lagen und, o weh! darunter befanden sich
-so viele von den mit W. bezeichneten drei Häusern, daß die Nachwehen
-unausbleiblich schienen. Die Bank of England ergriff jetzt ernsthafte
-und ähnliche Maßregeln, wie die des amerikanischen Präsidenten und
-dreimal o Weh! Jene Häuser und eine sehr bedeutende Bank in Leeds,
-nämlich die Northern-central Bank wurde (um das Fallen der Actionaire
-zu verhindern) von der Bank of England gestützt und hörte von dieser
-Zeit an auf, Bank zu sein.</p>
-
-<p>Um dem Leser ein anschauliches Bild von diesen englischen
-Bank-Geschäften zu geben, will ich das Beispiel von einem Tagelöhner
-in Leeds anführen, welches ich selbst erlebt habe. Der Verfasser wurde
-nämlich eines Tages von diesem Tagelöhner ersucht, ihn, da er sich
-als Kaufmann etabliren wolle, mit einem Vorschuß von 10 L. St. zur
-Anschaffung der erforderlichen Handels-Utensilien und einen kleinen
-Unterricht im Waarenfache zu unterstützen. Dieser Mann erhob sich sehr
-bald als Kaufmann, und stand auch eben so bald in der Londoner Gazette
-als Fallit mit einer sehr bedeutenden Summe von vielen 1000 L. St.
-Er hatte vermittelst Hülfe der Banken Theil am englischen Welthandel
-genommen und man fand unter den in der Northern-central Bank unbezahlt
-gebliebenen Wechseln auch mehrere der seinigen im Belaufe von einigen
-Tausend L. St. Er war Grund-<em class="gesperrt">Nicht</em>eigenthümer geworden, um
-Actionair des letztgenannten Bank-Instituts werden zu können. Dies ist
-ein sprechendes Bild des gepriesenen englischen Welthandels!</p>
-
-<p><span class="pagenum"><a name="Seite_182" id="Seite_182">[S. 182]</a></span></p>
-
-<p>Englands Banken hatten auch einen bedeutenden Einfluß auf den deutschen
-Wollmarkt &mdash; ein Gegenstand der genau genommen zwar nicht hierher
-gehört, der jedoch zu interessant ist, um ihm nicht en passant einige
-Aufmerksamkeit zu schenken. Die Wollproduction in Deutschland, behaupte
-ich, mußte durch Englands viele Banken zunehmen, aber eine förmliche
-Umwälzung ist auch hierin unausbleiblich. Die Sache nämlich verhält
-sich also: Spekulationen jeder Art, wurden durch den Beistand jener
-Banken unternommen. Dieser Beistand bestand darin, daß die Spekulanten
-mit Accreditiven auf London versehen wurden, von dort mit solchen auf
-Hamburg und von da endlich mit denselben Mitteln auf Berlin, Breslau,
-Stettin u. s. w. als Woll-Einkäufer ausgerüstet wurden. Kein Wunder
-daher, daß es deren jetzt in Hülle und Fülle gab, und daß es auf allen
-Märkten davon wimmelte. Jeder derselben wollte, oder mußte kaufen;
-die Preise erreichten hierdurch eine enorme Höhe ohne eigentliche
-Ursache, d. h. ohne daß ein wirklicher Bedarf in dem Maße, wie Viele
-und besonders die Produzenten glaubten, vorhanden gewesen wäre. Die
-niederländischen Fabrikanten fürchteten, die besseren Sorten von den
-Engländern aufgekauft zu sehen, und griffen also rasch zu; was blieb
-denn da den Engländern anders übrig, als auch rasch zuzugreifen? Die
-Produzenten griffen nun auch zu &mdash; den vollen Champagnerflaschen;
-lachten sich dabei ins Fäustchen, ließen beim Champagner die Einkäufer
-hoch leben und versicherten diesen, (ungeachtet sie ihre Wollen wie
-Seide bezahlt bekamen) daß sie bald zu Grunde gehen müßten, wenn die
-Preise sich nicht höher stellen würden. Die englischen Einkäufer hatten
-mithin jetzt deutsche Wollen mit deutschem Gelde gekauft, und brauchten
-sich bei dem Verkauf in England nicht zu übereilen; hatten sie doch
-durch die verschiedenartige Trassirungen Zeit genug<span class="pagenum"><a name="Seite_183" id="Seite_183">[S. 183]</a></span> und außerdem auch
-in den Banken ein Schutzmittel gegen Verlegenheiten.</p>
-
-<p>In Folge dieses großartigen Wollhandels in England bildete sich jetzt
-auch ein solcher in Deutschland. Leute ohne Kenntnisse und aus allen
-Klassen wurden Wollhändler, und das Resultat war, daß es zuletzt an
-diesem Product fehlte, ohne daß ein Bedarf in gleichem Maße dafür
-existirte &mdash; für die Produzenten ein steigender Vortheil.</p>
-
-<p>Daß ein Mißtrauen gegen die englischen Banken eine große Veränderung
-im Woll-Geschäft herbeiführen müßte, war vorauszusehen. (Der Verfasser
-machte sogar einen unserer ersten Wollhändler bei einem Zusammentreffen
-in Hamburg hierauf aufmerksam.) Durch jenes Mißtrauen mußten die
-Accreditive auf London und somtit auch die Anzahl der Einkäufer
-abnehmen; man kauft jetzt nur noch rohes Material, wenn es für
-Fabriken gebraucht wird, und englische Spekulanten sind deshalb in
-Deutschland im verjüngten Maßstabe anzutreffen; sie schreiben indeß zur
-Beruhigung der deutschen Wollhändler: <em class="gesperrt">the money-market is bad</em>
-(der Geldmarkt ist schlecht) besser übersetzt: auf allen Märkten ist
-kein Vertrauen zu kaufen. Bald wird es eintreten und wir werden wieder
-spekuliren können. Sollte indeß auch der Spekulations-Geist, (wie es
-von Vielen erwartet wird,) durch ein zurückkehrendes Vertrauen wieder
-Raum gewinnen, so dürften doch die Wollpreise nicht zu ihrer vormaligen
-Höhe zurückkehren, weil die Production, wie es scheint, bei Weitem die
-Consumtion übersteigt. Obgleich über die erstere keine zuverlässige
-statistische Uebersicht existirt, so glaubt der Verfasser dennoch,
-daß dieselbe in den gesammten Vereinigten Staaten, van Diemens Land,
-Australien und Europa auf drei Pfund für jeden Kopf anzuschlagen ist,
-welches Quantum zu groß wäre, um in Einem Jahre verbraucht zu werden.
-Wirft man einen Blick auf die nachgebliebenen Bestände des rohen
-Materials und auf<span class="pagenum"><a name="Seite_184" id="Seite_184">[S. 184]</a></span> die Vorräthe der daraus verfertigten Stoffe mit der
-Berücksichtigung, daß die neuen Wollmärkte nicht fern mehr sind, so
-wird man eine Umwälzung in diesem Geschäft nicht für unwahrscheinlich
-halten. Dies, wie bemerkt en passant und nun zur Hauptsache zurück!</p>
-
-<p>Durch jene Maßregeln der Bank of England mußte nun im Waarenverkaufe
-(denn Absatz kann man denselben nicht nennen, da noch Alles ungebraucht
-da lag) eine Stockung entstehen. Nichts desto weniger wurden in den,
-für den Welthandel eingerichteten Fabriken täglich Massen fertig &mdash;
-was auf die Preise so nachtheilig wirkte, daß sie in Kurzem eine
-Veränderung von 25&ndash;30 Procent erlitten; mit diesem Verlust hat der
-Verfasser selbst bedeutende Parthieen verkauft. Den englischen
-Fabrikanten kam diese Stockung unerwartet; sie waren nunmehr gezwungen,
-andere Märkte für ihre Erzeugnisse zu suchen, denn fort mußten sie, da
-mit jedem Tage neue fertig wurden. Wohin damit? Nach den westindischen
-Colonieen, nach Havana, nach St. Thomas, Vera-Cruz etc. In allen
-Fabrikstädten Englands wimmelte es damals von Reisenden der dortigen
-erprobten Commissionaire; diese sind bereit, den Fabrikanten die
-Hälfte des Werths auf die in Commission ihnen zuzuschickenden Waaren
-vorzuschießen, und beauftragen ihre Freunde in London, hierin, so lange
-es den Fabrikanten belieben sollte, gegen Empfang der Connecemente
-fortzufahren. Die Fabrikanten gingen darauf ein, weil sie sich von
-ihren Waaren befreien mußten; wie es den Einsendern bekommen sein kann,
-läßt sich nach meinem Handelsbericht aus Havana folgern.</p>
-
-<p>Auf solche Weise erfreute sich England des sogenannten Welthandels
-&mdash; eines ruinirenden Handels, der durch die vielen Banken, die
-Krebsschäden der englischen Fabrikwelt, entstand. Daß unter diesen
-Umständen die Amerikanische Waarenhändler nicht auf Geld-Unter<span class="pagenum"><a name="Seite_185" id="Seite_185">[S. 185]</a></span>stützung
-von Seiten Englands rechnen dürfen, möchte aus dem Vorhergehenden
-so ziemlich einleuchten; noch deutlicher aber zeigt sich dies durch
-folgenden Umstand.</p>
-
-<p>In Englands Interesse liegt es allerdings, den Amerikanischen
-Manufactur-Waaren-Handel nicht allein zu erhalten, nein! sogar
-auszudehnen, weil hierdurch Englands Grundeigenthum an Werth gewinnt,
-und durch letzteren wird überhaupt der Reichthum eines Landes
-bestimmt. Daß Englands Grundeigenthum hauptsächlich in seinen zum
-Theil unbeschäftigten Fabriken, und Maschinerieen besteht, hat sich
-in diesem letzten Jahre mehr als je gezeigt. Durch den Abfluß der
-coursirenden Münzen für die früher angeführten aus Deutschland, Rußland
-u. s. w. importirte Waaren, wozu noch, wegen der Mißärndte und des
-Getraidemangels in England das aus Deutschland einzuführende Getraide
-kam, hierdurch also wurde der fünfte Theil der englischen Baarschaft,
-(welche nach statistischen Berichten im Jahre 1824 sich auf etwa 24
-Millionen L. St. belief,<a name="FNAnker_H_8" id="FNAnker_H_8"></a><a href="#Fussnote_H_8" class="fnanchor">[H]</a>) den vereinigten Königreichen entzogen.
-Da nun die englische Bank für ihre übermäßige Anzahl von Noten keine
-andere Hypothek als die coursirende Münze darbieten kann, so wurden
-hierdurch die Grundsäulen der englischen Bank dermaßen erschüttert, daß
-sie zu einer Anleihe in Frankreich ihre Zuflucht nehmen mußte.</p>
-
-<p>England muß mithin durchaus den Wahn aufgeben, daß der Reichthum nur
-aus den Fabriken hervorwachse, sonst dürfte vielleicht noch die Zeit
-kommen, daß sich englische Fabrikanten zum Eintausch von Getraide mit
-ihren Erzeugnissen auf den deutschen Kornmärkten zeigen müssen.</p>
-
-<p>Doch ich kehre von dieser Digression nach New-York, nach Wallstreet,
-dem Sitze der weisen Geschäfts-<span class="pagenum"><a name="Seite_186" id="Seite_186">[S. 186]</a></span>Welt Amerika’s, dem großen Congreß
-aller Bank-, Eisenbahn- und Canal-Gesellschaften zurück. Indem ich in
-meinem Reise- und Notizen-Buche, aus welchem vorliegende Schilderungen
-entstanden sind, blättere, finde ich eine Stelle aus der Johanna
-von Montfaucon: „Es muß blitzen, es wird blitzen, es blitzt“. Ich
-drückte hierdurch aufs kürzeste meine Ansicht von dem Zustande der
-Geschäftswelt aus, als ich nach meiner Ankunft aus Europa mich in
-Pearl-Ceder-street etc. um die Waarengeschäfte bekümmert hatte, gerade
-zu einer Zeit, wo die ganze Geschäftswelt in New-York wonnetrunken mit
-Aufträge-Ertheilungen nach Europa und mit dem Abfertigen von Agenten
-dorthin zum Einkauf für das Frühjahr beschäftigt war. „Es muß blitzen,
-bevor zwei Jahre verstreichen,“ sagte ich zu mehreren meiner Bekannten,
-und wenn Ihr in Euren Unternehmungen auf diese Weise fortfahrt, so habt
-Ihr jedes Jahr ein schweres Ungewitter zu bekämpfen.</p>
-
-<p>Wovon ich in jener Zeit voraussagte, daß es kommen würde, das ist
-früher gekommen, als ich es erwartete. Philadelphia’s Banken sind nicht
-mehr, bald dürften die von Baltimore und andern Städten nachfolgen;
-aller Augen sind jetzt auf die von New-Orleans und New-York gerichtet.
-Jeder wünscht das Fortbestehen derselben, allein zu untersuchen wäre
-es doch, ob dasselbe in der Zukunft wohlthätig oder schädlich wirken
-wird und der Verfasser behält sich vor, später darauf zurückzukommen.
-Derselbe glaubt, daß die Einstellung der Baarzahlungen zu einer
-und derselben Zeit von allen amerikanischen Banken im Ganzen, eher
-vortheilhaft als nachtheilig für das dortige Waarengeschäft sein
-müßte. Freilich würden hierdurch momentan auch die Europäischen
-Fabriken leiden, allein sie würden sich nachher aus ihrem kranken
-Zustande erheben und geheilt werden. Kaufmännische Geschäfte können
-nicht durch Kunst erweitert werden, jedes solche Mittel wird unter
-hundert vorkommenden Fällen vielleicht<span class="pagenum"><a name="Seite_187" id="Seite_187">[S. 187]</a></span> Einmal glücken. Da das Uebel
-in den beiderseitigen Geschäften durch die vielen Banken, wie bereits
-gezeigt, verursacht worden ist, so wird die Heilung desselben nur
-durch Ausrotten mehrerer Banken möglich sein, wozu jedoch Zeit und
-vernünftige Maßregeln von Seiten der Regierung nöthig sind. Papiergeld
-muß als ein zur Bequemlichkeit dienliches Mittel, aber nicht als das
-für Geschäfte wahrhaft Fruchttragende angesehen werden; es kann nur in
-so fern wirksam für Handel und Gewerbe sein, als eine hypothekarische
-Sicherheit dafür vorhanden ist.</p>
-
-<p>Schon vor meiner Abreise nach Havana, bei meinem ersten Aufenthalt in
-New-York, warnte ich manchen jungen Deutschen; sagte ich doch zu dem
-Einen und Andern: lassen Sie sich nicht tief in die hiesigen Geschäfte
-ein, wenn Ihnen Ihr oder Ihres Vaters Vermögen lieb ist. Man lachte
-wegen meiner Furcht, man versicherte mir, Amerika sei das Land, in
-welchem es nichts als gediegene unternehmende Kaufleute gebe, welche
-rascher 12 Colly’s Waaren kaufen, als der deutsche Kaufmann eben so
-viele Stücke. Alle jene jungen Kaufleute, die freilich noch nicht lange
-aus der Schule entlassen waren, träumten von Glück, in einem Lande mit
-einer Bevölkerung von 13 Millionen, mit schmutzigem Papiergelde, ohne
-irgend eine Sicherheit zu haben, d. h. sie glaubten hier reich werden
-zu können, während sie es für unmöglich hielten in ihrem Vaterlande
-mit einer mehr als doppelten und zugleich reichen Bevölkerung Brod zu
-erwerben. Allein diese Leutchen sangen jetzt ein anderes Lied, als ich
-von Havana zurückkehrte und Mancher fragte mich: „Wie haben Sie das vor
-Ihrer Abreise wissen können?“ Die Antwort war: weil die erste Ihrer
-Banken mir für ihre eigene Bank-Noten nicht 200 Piaster in Gold, wie
-ich es forderte, geben konnte.</p>
-
-<p>Indeß, meine damals niedergeschriebenen Notizen sind jetzt in so fern
-überflüssig, als jetzt bereits das geschehen<span class="pagenum"><a name="Seite_188" id="Seite_188">[S. 188]</a></span> ist, wovon ich damals
-erwartete, daß es kommen würde; es ist schneller geschehen, als ich
-es erwartete. Meine Warnungen, welche ich an die kaufmännische Welt
-richten wollte, sind jetzt überflüssig, da dieselbe durch die neuern
-Ereignisse selbst hinreichend gewarnt ist. Dies soll mich jedoch
-nicht hindern, Mehreres von diesen Notizen mitzutheilen, was bei der
-gegenwärtigen Lage zu wissen nicht unnütz sich beweisen wird. Zunächst
-Einiges über die Handelsbilanz der V. S., worüber die Meisten so sehr
-im Irrthum sind. Sie glauben, daß der Werth des Exports weit über dem
-des Imports steht, allein das verhält sich auf entgegengesetzte Weise;
-ich werde zum Beweise eine Tabelle von den Imports und Exports, so wie
-von den zur Consumtion versteuerten Gütern in den Jahren 1829 bis 1839
-anfügen, woraus der Leser das für ihn Nützliche ziehen mag. Wenn selbst
-der Export den Import im Werthe bei Weitem überstiege, so würde dies
-keineswegs für die Solidität Bürgschaft gewähren, indem beide hierbei
-wirkende Theile in ganz verschiedenen Verhältnissen sich befinden;
-denn der Exporteur ist der Produzent, welcher für seine produzirte und
-jetzt exportirte Güter den Betrag in Comptanten empfängt, die er seiner
-Geldkiste in Sicherheit bringt, und nur vielleicht einen sehr geringen
-Theil davon für Waaren, die importirt werden, verwendet; wogegen der
-Importeur für den Belauf des Imports aus andern Mitteln Sorge zu tragen
-hat. Folgendes ist die Liste hierüber, die nach den Washingtoner
-Berichten (return) abgefaßt ist.</p>
-
-<p>Da es aber auch nicht ohne Interesse sein kann, zu wissen, aus und nach
-welchen Ländern bestimmte Quanta importirt und exportirt worden sind,
-so hat der Verfasser die Tabelle Nro. 2. beigefügt, welche über die In-
-und Ausfuhr in den Jahren 1837 und 1838 Rechenschaft giebt.</p>
-
-<p><span class="pagenum"><a name="Seite_189" id="Seite_189">[S. 189]</a></span></p>
-
-<p class="s3 center"><b>Nro. 1.</b></p>
-
-<table class="padlr0_5" summary="Handelsbilanz der V. S.; Nro. 1">
- <tr>
- <td class="tdc">
- Import
- </td>
- <td class="tdc">
- Piaster
- </td>
- <td class="tdc">
- Export
- </td>
- <td class="tdc">
- Consumtion
- </td>
- </tr>
- <tr>
- <td class="tdc">
- 1829
- </td>
- <td class="tdc">
- &#8199;&#8199;74,492,527
- </td>
- <td class="tdc">
- &#8199;&#8199;62,258,671
- </td>
- <td class="tdc">
- &#8199;&#8199;57,834,649
- </td>
- </tr>
- <tr>
- <td class="tdc">
- 1830
- </td>
- <td class="tdc">
- &#8199;&#8199;70,876,920
- </td>
- <td class="tdc">
- &#8199;&#8199;73,849,508
- </td>
- <td class="tdc">
- &#8199;&#8199;58,499,441
- </td>
- </tr>
- <tr>
- <td class="tdc">
- 1831
- </td>
- <td class="tdc">
- &#8199;163,191,133
- </td>
- <td class="tdc">
- &#8199;&#8199;81,310,533
- </td>
- <td class="tdc">
- &#8199;&#8199;83,157,593
- </td>
- </tr>
- <tr>
- <td class="tdc">
- 1832
- </td>
- <td class="tdc">
- &#8199;101,029,266
- </td>
- <td class="tdc">
- &#8199;&#8199;87,176,943
- </td>
- <td class="tdc">
- &#8199;&#8199;76,989,793
- </td>
- </tr>
- <tr>
- <td class="tdc">
- 1833
- </td>
- <td class="tdc">
- &#8199;108,118,311
- </td>
- <td class="tdc">
- &#8199;&#8199;90,130,433
- </td>
- <td class="tdc">
- &#8199;&#8199;88,295,576
- </td>
- </tr>
- <tr>
- <td class="tdc">
- 1834
- </td>
- <td class="tdc">
- &#8199;126,521,332
- </td>
- <td class="tdc">
- &#8199;104,336,973
- </td>
- <td class="tdc">
- &#8199;102,708,521
- </td>
- </tr>
- <tr>
- <td class="tdc">
- 1835
- </td>
- <td class="tdc">
- &#8199;149,896,742
- </td>
- <td class="tdc">
- &#8199;121,603,077
- </td>
- <td class="tdc">
- &#8199;129,391,247
- </td>
- </tr>
- <tr>
- <td class="tdc">
- 1836
- </td>
- <td class="tdc">
- &#8199;189,980,035
- </td>
- <td class="tdc">
- &#8199;128,663,540
- </td>
- <td class="tdc">
- &#8199;168,233,675
- </td>
- </tr>
- <tr>
- <td class="tdc">
- 1837
- </td>
- <td class="tdc">
- &#8199;140,989,217
- </td>
- <td class="tdc">
- &#8199;117,419,376
- </td>
- <td class="tdc">
- &#8199;119,134,255
- </td>
- </tr>
- <tr>
- <td class="tdc">
- 1838
- </td>
- <td class="tdc">
- &#8199;113,717,404
- </td>
- <td class="tdc">
- &#8199;104,486,616
- </td>
- <td class="tdc">
- &#8199;101,264,609
- </td>
- </tr>
- <tr>
- <td class="tdc">
- 1839
- </td>
- <td class="tdc bb">
- &#8199;170,600,000
- </td>
- <td class="tdc bb">
- &#8199;&#8199;96,351,450
- </td>
- <td class="tdc bb">
- &#8199;140,000,000
- </td>
- </tr>
- <tr>
- <td class="tdc">
- &nbsp;
- </td>
- <td class="tdc">
- 1207,772,888
- </td>
- <td class="tdc">
- 1037,587,120
- </td>
- <td class="tdc">
- 1123,561,359
- </td>
- </tr>
- <tr>
- <td class="tdc">
- &nbsp;
- </td>
- <td class="tdc bb">
- 1037,587,120
- </td>
- <td class="tdc">
- &nbsp;
- </td>
- <td class="tdc">
- &nbsp;
- </td>
- </tr>
- <tr>
- <td class="tdc">
- &nbsp;
- </td>
- <td class="tdc">
- &nbsp;
- </td>
- <td class="tdc" colspan="2">
- Mehr importirt als exportirt
- </td>
- </tr>
- <tr>
- <td class="tdr">
- für<a name="FNAnker_I_9" id="FNAnker_I_9"></a><a href="#Fussnote_I_9" class="fnanchor">[I]</a>
- </td>
- <td class="tdc">
- &#8199;170,185,768
- </td>
- <td class="tdl" colspan="2">
- Piaster.
- </td>
- </tr>
-</table>
-
-<table class="padtop1" summary="versteuerte Waren">
- <tr>
- <td class="tdr" colspan="2">
- Wenn mithin, gemäß dieser Liste, die
- </td>
- <td class="tdc">
- &nbsp;
- </td>
- </tr>
- <tr>
- <td class="tdl">
- Einfuhr
- </td>
- <td class="tdr">
- Piaster&emsp;
- </td>
- <td class="tdc">
- 1,207,772,288
- </td>
- </tr>
- <tr>
- <td class="tdl" colspan="2">
- betragen hat, wovon jedoch nur für
- </td>
- <td class="tdc bb">
- 1,123,561,359
- </td>
- </tr>
- <tr>
- <td class="tdl" colspan="2">
- versteuert wurden, so sind die Waaren nur
- </td>
- <td class="tdc">
- &nbsp;
- </td>
- </tr>
- <tr>
- <td class="tdl">
- für die Summe von
- </td>
- <td class="tdr">
- Piaster&emsp;
- </td>
- <td class="tdc">
- &#8199;<span class="hide">,</span>&#8199;84,211,529
- </td>
- </tr>
-</table>
-
-<p class="p0">entweder noch im Depot, oder sie sind aus den Depots zollfrei
-plombirt ausgegangen und verschifft worden. Jetzt entsteht die
-Frage, aus welcher Quelle die 1207 Millionen Piaster zur Baarzahlung
-für den Import geschöpft werden? Denn der Baumwolle-, Reis- und
-Tabacks-Produzent consumirt doch nur etwa den zehnten Theil der
-importirten Waaren und schließt die übrigen <span class="zaehler">9</span>&frasl;<span class="nenner">10</span>, der erhaltenen
-Baarzahlung in seiner Kiste ein. Sind folglich<span class="pagenum"><a name="Seite_190" id="Seite_190">[S. 190]</a></span> die Amerikaner jene
-Summe noch in diesem Augenblick den Europäern schuldig? Den größten
-Theil derselben allerdings! erwiedert hierauf der Verfasser; es ist
-ihnen jedoch Deckung dafür geworden; indem sie Eisenbahn-, Canal-
-und andere Actien erhielten. Die Amerikaner haben mithin für den
-Ertrag der Erzeugnisse ihres Bodens im Laufe aller 11 Jahre nichts
-als Luxus-Artikel erhalten, welche zum Theil consumirt worden
-sind, zum Theil aber auch noch bei den Jobbers in Pearl, Ceder-
-und Chatham-Street in ihren Gewölben als veraltet und Ladenhüter
-aufgestapelt liegen. Wollte man, wie ich bereits oben (P. 32.) bemerkt
-habe, das Arbeitslohn darauf in Abrechnung bringen, so würde sich
-dennoch ein bedeutender Verlust zeigen.</p>
-
-<p>So steht’s mithin mit der überall gepriesenen Handels-Bilanz der V. S.!
-welchen Werth kann man auf Grund und Boden, selbst auf alle Gebäude in
-den V. S. mit Sicherheit legen, wenn jener hauptsächlich zur Erzeugung
-von Baumwolle; diese aber zum Verkauf der mit schwerem Arbeitslohn
-belasteten daraus verfertigten Stoffe verwendet wird? Wodurch, wenn das
-Jahr verstrichen ist, sich kein anderes Resultat ergiebt, als daß die
-englischen Fabrikanten durch den ergiebigen Boden Amerika’s und durch
-den eisernen Fleiß seiner Bewohner erhalten worden sind. Und womit
-wollen diese wohl zuletzt die Imports bezahlen, wenn denselben nicht
-Einhalt gethan wird? denn wenn die Preise der Baumwolle sinken, wie es
-den Anschein hat, was könnte dann wohl den Amerikanern anders zu thun
-übrig bleiben, (da schon jetzt bei den hohen Preisen der Belauf des
-Exports nicht mehr hinreicht zur Deckung des Imports,) als Wall-Street
-nebst allem Zubehör, wenn es möglich wäre, nach Europa zu befördern.
-Das wäre denn gar nicht so übel, für die Broakers in jener Straße, denn
-sie könnten mit den vielen für Manufactur-Waaren in London deponirten
-Aktien<span class="pagenum"><a name="Seite_191" id="Seite_191">[S. 191]</a></span> daselbst ihr Wesen treiben, wie sie es in New-York zu treiben
-gewohnt sind.</p>
-
-<p class="s3 center"><b>Nro. 2.</b></p>
-
-<p>Tabelle vom Betrage der in dem Jahre 1837 importirten und exportirten
-Waaren mit dem Verzeichnisse der verschiedenen Länder.</p>
-
-<p class="s3 center"><b>1<span class="g">8</span><span class="g">3</span><span class="g">7</span>.</b></p>
-
-<table class="padlr0_5" summary="Aufschlüsselung nach Ländern, 1837">
- <tr>
- <td class="tdl">
- <em class="gesperrt">Namen der Länder.</em>
- </td>
- <td class="tdc">
- <em class="gesperrt">Import.</em>
- </td>
- <td class="tdc">
- <em class="gesperrt">Export.</em>
- </td>
- </tr>
- <tr>
- <td class="tdl">
- England
- </td>
- <td class="tdc">
- &#8199;44,886,943
- </td>
- <td class="tdc">
- &#8199;54,582,943
- </td>
- </tr>
- <tr>
- <td class="tdl">
- Rußland
- </td>
- <td class="tdc">
- &#8199;&#8199;2,816,166
- </td>
- <td class="tdc">
- &#8199;&#8199;1,306,732
- </td>
- </tr>
- <tr>
- <td class="tdl">
- Schweden
- </td>
- <td class="tdc">
- &#8199;&#8199;1,399,901
- </td>
- <td class="tdc">
- &#8199;&#8199;&#8199;<span class="hide">,</span>420,404
- </td>
- </tr>
- <tr>
- <td class="tdl">
- Niederlande
- </td>
- <td class="tdc">
- &#8199;&#8199;1,886,976
- </td>
- <td class="tdc">
- &#8199;&#8199;3,358,225
- </td>
- </tr>
- <tr>
- <td class="tdl">
- Engl. Ostindien
- </td>
- <td class="tdc">
- &#8199;&#8199;3,041,842
- </td>
- <td class="tdc">
- &#8199;&#8199;&#8199;<span class="hide">,</span>203,558
- </td>
- </tr>
- <tr>
- <td class="tdl">
- Nord-Amerikan. Colonieen
- </td>
- <td class="tdc">
- &#8199;&#8199;2,359,263
- </td>
- <td class="tdc">
- &#8199;&#8199;3,298,986
- </td>
- </tr>
- <tr>
- <td class="tdl">
- Deutschland
- </td>
- <td class="tdc">
- &#8199;&#8199;5,642,221
- </td>
- <td class="tdc">
- &#8199;&#8199;3,754,949
- </td>
- </tr>
- <tr>
- <td class="tdl">
- Frankreich
- </td>
- <td class="tdc">
- &#8199;22,083,614
- </td>
- <td class="tdc">
- &#8199;16,890,578
- </td>
- </tr>
- <tr>
- <td class="tdl">
- Cuba
- </td>
- <td class="tdc">
- &#8199;12,447,922
- </td>
- <td class="tdc">
- &#8199;&#8199;6,367,603
- </td>
- </tr>
- <tr>
- <td class="tdl">
- Porto-Rico
- </td>
- <td class="tdc">
- &#8199;&#8199;2,481,082
- </td>
- <td class="tdc">
- &#8199;&#8199;&#8199;<span class="hide">,</span>569,916
- </td>
- </tr>
- <tr>
- <td class="tdl">
- Italien
- </td>
- <td class="tdc">
- &#8199;&#8199;1,827,181
- </td>
- <td class="tdc">
- &#8199;&#8199;&#8199;<span class="hide">,</span>623,677
- </td>
- </tr>
- <tr>
- <td class="tdl">
- Triest
- </td>
- <td class="tdc">
- &#8199;&#8199;&#8199;<span class="hide">,</span>629,465
- </td>
- <td class="tdc">
- &#8199;&#8199;1,611,591
- </td>
- </tr>
- <tr>
- <td class="tdl">
- Mexico
- </td>
- <td class="tdc">
- &#8199;&#8199;5,654,002
- </td>
- <td class="tdc">
- &#8199;&#8199;3,880,323
- </td>
- </tr>
- <tr>
- <td class="tdl">
- Brasilien
- </td>
- <td class="tdc">
- &#8199;&#8199;4,001,983
- </td>
- <td class="tdc">
- &#8199;&#8199;1,743,209
- </td>
- </tr>
- <tr>
- <td class="tdl">
- China
- </td>
- <td class="tdc">
- &#8199;&#8199;8,965,336
- </td>
- <td class="tdc">
- &#8199;&#8199;&#8199;<span class="hide">,</span>630,591
- </td>
- </tr>
- <tr>
- <td class="tdl">
- Aus verschiedenen Ländern
- </td>
- <td class="tdc bb">
- &#8199;19,871,319
- </td>
- <td class="tdc bb">
- &#8199;16,384,168
- </td>
- </tr>
- <tr>
- <td class="tdl">
- &nbsp;
- </td>
- <td class="tdc">
- 140,989,217
- </td>
- <td class="tdc">
- 117,419,376
- </td>
- </tr>
-</table>
-
-<p><span class="pagenum"><a name="Seite_192" id="Seite_192">[S. 192]</a></span></p>
-
-<p>Tabelle vom Betrage der in dem Jahre 1838 importirten und exportirten
-Waaren mit dem Verzeichnisse der verschiedenen Länder.</p>
-
-
-<p class="s3 center"><b>1<span class="g">8</span><span class="g">3</span><span class="g">8</span>.</b></p>
-
-<table class="padlr0_5" summary="Aufschlüsselung nach Ländern, 1838">
- <tr>
- <td class="tdl">
- <em class="gesperrt">Namen der Länder.</em>
- </td>
- <td class="tdc">
- <em class="gesperrt">Import.</em>
- </td>
- <td class="tdc">
- <em class="gesperrt">Export.</em>
- </td>
- </tr>
- <tr>
- <td class="tdl">
- England
- </td>
- <td class="tdc">
- &#8199;44,861,718
- </td>
- <td class="tdc">
- &#8199;52,179,590
- </td>
- </tr>
- <tr>
- <td class="tdl">
- Rußland
- </td>
- <td class="tdc">
- &#8199;&#8199;1,898,396
- </td>
- <td class="tdc">
- &#8199;&#8199;&#8199;<span class="hide">,</span>&#8199;84,944
- </td>
- </tr>
- <tr>
- <td class="tdl">
- Schweden
- </td>
- <td class="tdc">
- &#8199;&#8199;&#8199;<span class="hide">,</span>854,771
- </td>
- <td class="tdc">
- &#8199;&#8199;&#8199;<span class="hide">,</span>277,431
- </td>
- </tr>
- <tr>
- <td class="tdl">
- Niederlande
- </td>
- <td class="tdc">
- &#8199;&#8199;1,180,897
- </td>
- <td class="tdc">
- &#8199;&#8199;2,954,248
- </td>
- </tr>
- <tr>
- <td class="tdl">
- Engl. Ostindien
- </td>
- <td class="tdc">
- &#8199;&#8199;&#8199;<span class="hide">,</span>675,581
- </td>
- <td class="tdc">
- &#8199;&#8199;&#8199;<span class="hide">,</span>578,907
- </td>
- </tr>
- <tr>
- <td class="tdl">
- Nord-Amerikan. Colonieen
- </td>
- <td class="tdc">
- &#8199;&#8199;1,555,570
- </td>
- <td class="tdc">
- &#8199;&#8199;2,723,491
- </td>
- </tr>
- <tr>
- <td class="tdl">
- Deutschland
- </td>
- <td class="tdc">
- &#8199;&#8199;2,847,358
- </td>
- <td class="tdc">
- &#8199;&#8199;3,291,645
- </td>
- </tr>
- <tr>
- <td class="tdl">
- Frankreich
- </td>
- <td class="tdc">
- &#8199;17,771,797
- </td>
- <td class="tdc">
- &#8199;15,783,516
- </td>
- </tr>
- <tr>
- <td class="tdl">
- Cuba
- </td>
- <td class="tdc">
- &#8199;11,694,812
- </td>
- <td class="tdc">
- &#8199;&#8199;6,175,758
- </td>
- </tr>
- <tr>
- <td class="tdl">
- Porto-Rico
- </td>
- <td class="tdc">
- &#8199;&#8199;2,636,152
- </td>
- <td class="tdc">
- &#8199;&#8199;&#8199;<span class="hide">,</span>723,052
- </td>
- </tr>
- <tr>
- <td class="tdl">
- Italien
- </td>
- <td class="tdc">
- &#8199;&#8199;&#8199;<span class="hide">,</span>944,238
- </td>
- <td class="tdc">
- &#8199;&#8199;&#8199;<span class="hide">,</span>459,893
- </td>
- </tr>
- <tr>
- <td class="tdl">
- Triest
- </td>
- <td class="tdc">
- &#8199;&#8199;&#8199;<span class="hide">,</span>372,378
- </td>
- <td class="tdc">
- &#8199;&#8199;&#8199;<span class="hide">,</span>768,963
- </td>
- </tr>
- <tr>
- <td class="tdl">
- Mexico
- </td>
- <td class="tdc">
- &#8199;&#8199;3,500,769
- </td>
- <td class="tdc">
- &#8199;&#8199;2,164,097
- </td>
- </tr>
- <tr>
- <td class="tdl">
- Brasilien
- </td>
- <td class="tdc">
- &#8199;&#8199;3,191,238
- </td>
- <td class="tdc">
- &#8199;&#8199;2,057,194
- </td>
- </tr>
- <tr>
- <td class="tdl">
- China
- </td>
- <td class="tdc">
- &#8199;&#8199;4,764,536
- </td>
- <td class="tdc">
- &#8199;&#8199;1,516,692
- </td>
- </tr>
- <tr>
- <td class="tdl">
- Aus verschiedenen Ländern
- </td>
- <td class="tdc bb">
- &#8199;14,007,205
- </td>
- <td class="tdc bb">
- &#8199;22,747,285
- </td>
- </tr>
- <tr>
- <td class="tdl">
- &nbsp;
- </td>
- <td class="tdc">
- 113,717,406
- </td>
- <td class="tdc">
- 108,496,615
- </td>
- </tr>
-</table>
-
-<p><span class="pagenum"><a name="Seite_193" id="Seite_193">[S. 193]</a></span></p>
-
-<p>Die Amerikaner müssen Baumwolle erzeugen, die Engländer müssen
-dieselbe spinnen; beide Nationen gehören und passen daher zu
-einander, aber dabei ist das Interesse beider zu beobachten.
-Betrachten wir die herrlichen Mittel, welche die Natur den Amerikanern
-zur Selbstständigkeit reichte; werfen wir einen Blick auf den
-vortrefflichen Boden, wodurch alle menschlichen Bedürfnisse direct oder
-indirect befriedigt werden können. Ein Land, geeignet zum Acker-, Wein-
-und Seiden-Bau; ein Land, welches alle zur Fabrikation erforderlichen
-Mittel im Ueberfluß hat, in dessen südlichen Provinzen Kaffee und
-Zucker etc. wächst, welches bei Nachsuchung in den Bergen edle Metalle
-liefern würde; ein Land, von dem man mit Recht sagen kann, daß darin
-Milch und Honig fleußt, ein solches Land ist unglücklich, weil es nicht
-mit der erforderlichen Umsicht administrirt wird. Wäre der edle große
-Washington zugleich mit dem Geiste eines Peters des Großen begabt
-gewesen: so wäre Amerika jetzt das erste und glücklichste Land auf dem
-Erdball; es würde sich vielleicht einer Anzahl von Ausländern, die wir
-Europäer nicht bedauern verloren zu haben, weniger erfreuen; allein
-es würde statt dieser solche besitzen, wie diejenigen waren, welche
-jener russische Monarch für sich zu gewinnen wußte, welche zum Heil der
-russischen Nation gewirkt haben.</p>
-
-<p>Jedes Regenten erstes Bestreben muß auf Vertrauen gerichtet sein.
-Volk und Regent fühlen sich nur glücklich, wenn sie mit Vertrauen auf
-einander hinblicken, und gerade Vertrauen ist es, was der Regierung
-der V. S. abgeht und bei der jetzigen Regierungsweise auch nicht
-statt finden kann; denn die ungeheuern Revenüen werden vergeudet
-(eines gelinderen Ausdrucks kann man sich nicht bedienen). Man kann
-keinen andern Grund für den<span class="pagenum"><a name="Seite_194" id="Seite_194">[S. 194]</a></span> großen Geldaufwand angeben als den:
-die amerikanische Regierung will die Aufmerksamkeit der ganzen Welt
-auf sich ziehen; es soll gesagt werden: Nur die amerikanische Union
-besitzt, gleich den Römern die Mittel, das Unmögliche möglich zu
-machen, und zwar, weil sie Republik ist. Man werfe einen Blick auf
-die Revenüen der V. S., die wir nachstehender Tabelle übersichtlich
-dem Leser vorlegen, wobei wir die Einnahme für den Landverkauf, des
-besonderen Interesses wegen, abgesondert anführen:</p>
-
-<table class="padlr0_5" summary="Revenüen der V. S.">
- <tr>
- <td class="tdc">
- Jahr.
- </td>
- <td class="tdc">
- Revenüen für Landverkauf.
- </td>
- <td class="tdc" colspan="2">
- Gesammte Revenüen.
- </td>
- </tr>
- <tr>
- <td class="tdc">
- &nbsp;
- </td>
- <td class="tdc">
- Piaster.
- </td>
- <td class="tdc">
- Piaster.
- </td>
- <td class="tdc">
- &nbsp;
- </td>
- </tr>
- <tr>
- <td class="tdc">
- 1829
- </td>
- <td class="tdc">
- &#8199;1,517,175
- </td>
- <td class="tdc">
- &#8199;24,199,140
- </td>
- <td class="tdr">
- &nbsp;
- </td>
- </tr>
- <tr>
- <td class="tdc">
- 1830
- </td>
- <td class="tdc">
- &#8199;2,529,356
- </td>
- <td class="tdc">
- &#8199;26,251,747
- </td>
- <td class="tdr">
- &nbsp;
- </td>
- </tr>
- <tr>
- <td class="tdc">
- 1831
- </td>
- <td class="tdc">
- &#8199;3,210,815
- </td>
- <td class="tdc">
- &#8199;28,435,256
- </td>
- <td class="tdr">
- &nbsp;
- </td>
- </tr>
- <tr>
- <td class="tdc">
- 1832
- </td>
- <td class="tdc">
- &#8199;2,624,231
- </td>
- <td class="tdc">
- &#8199;32,639,468
- </td>
- <td class="tdr">
- &nbsp;
- </td>
- </tr>
- <tr>
- <td class="tdc">
- 1833
- </td>
- <td class="tdc">
- &#8199;3,059,682
- </td>
- <td class="tdc">
- &#8199;33,092,190
- </td>
- <td class="tdr">
- &nbsp;
- </td>
- </tr>
- <tr>
- <td class="tdc">
- 1834
- </td>
- <td class="tdc">
- &#8199;&#8199;<span class="hide">,</span>488,620
- </td>
- <td class="tdc">
- &#8199;16,703,566
- </td>
- <td class="tdr">
- &nbsp;
- </td>
- </tr>
- <tr>
- <td class="tdc">
- 1835
- </td>
- <td class="tdc">
- 18,751,600
- </td>
- <td class="tdc">
- &#8199;98,142,710
- </td>
- <td class="tdr">
- &nbsp;
- </td>
- </tr>
- <tr>
- <td class="tdc">
- 1836
- </td>
- <td class="tdc">
- 24,500,000
- </td>
- <td class="tdc">
- &#8199;47,909,940
- </td>
- <td class="tdr">
- &nbsp;
- </td>
- </tr>
- <tr>
- <td class="tdc">
- 1837
- </td>
- <td class="tdc">
- &#8199;6,776,236
- </td>
- <td class="tdc">
- &#8199;23,499,981
- </td>
- <td class="tdr">
- &nbsp;
- </td>
- </tr>
- <tr>
- <td class="tdc">
- 1838
- </td>
- <td class="tdc">
- &#8199;3,136,828
- </td>
- <td class="tdc">
- &#8199;38,127,954
- </td>
- <td class="tdr">
- &nbsp;
- </td>
- </tr>
- <tr>
- <td class="tdc">
- 1839
- </td>
- <td class="tdc">
- &#8199;5,000,000
- </td>
- <td class="tdc bb">
- &#8199;28,780,000
- </td>
- <td class="tdr">
- &nbsp;
- </td>
- </tr>
- <tr>
- <td class="tdc">
- &nbsp;
- </td>
- <td class="tdr">
- Summa
- </td>
- <td class="tdc">
- 397,781,952
- </td>
- <td class="tdr">
- P.
- </td>
- </tr>
-
-</table>
-
-<p>Wozu nun, dürfte mancher Leser fragen, wurden diese drei hundert und
-sechs und funfzig Millionen Piaster verwendet? Das Verfahren hierbei
-ist folgendes: Beim Zusammentreten des Kongresses in Washington
-(welches, nebenbei gesagt, ziemlich überflüssig ist, indem jeder Staat
-seinen eigenen Präsidenten hat, welcher nach den Landesgesetzen den
-Staat regiert; auch ist es wohl wahrscheinlich, daß in dem Verlauf von
-einem Jahrzehend mehrere Staaten von der Union sich lossagen), also
-beim Zusammentreten des Kongresses befinden sich die oben ange<span class="pagenum"><a name="Seite_195" id="Seite_195">[S. 195]</a></span>gebenen
-jährlichen Revenüen in Washington und die Hauptgeschäfte desselben
-bestehen jetzt darin, zu bestimmen, wozu sie verwendet werden sollen.
-Es wird nächstdem auf das Bedächtigste in Erwägung gezogen, welche
-Papiermühlen, bei einer etwa eintretenden Geldnoth, zur Abhülfe
-derselben gewählt werden sollen. Nach einer anhaltenden und langen
-Ueberlegung beschließt der Kongreß, den größeren Theil der Revenüen
-zum Bau von Eisenbahnen zu verwenden. Die Wege von New-Orleans nach
-New-York werden hierbei ausgeschlossen, um dem Mississippi nicht den
-schuldigen Tribut von Menschenleben zu entziehen. Am wichtigsten
-scheinen demselben die Wege, auf welchen zur Erbauung von Banken in
-New-York die erforderlichen Granitblöcke herbeigeschafft werden können.
-Höchst komisch! Banken und zu welchem Endzweck? Um den in denselben
-arbeitenden Commis einen angenehmen Aufenthalt zu verschaffen. Da viele
-unter den Lesern sein werden, welche die amerikanischen Banken für
-das halten, was sie sein sollen und für ganz ähnlich den europäischen
-Banken, so behält sich der Verf. vor, am Ende dieser Abtheilung
-hierauf zurückzukommen. &mdash; Nachdem nun dieser Beschluß, welcher
-die Herbeischaffung der Granitblöcke zum Gegenstand hat, glücklich
-zu Stande gekommen ist, schreitet man zu einem noch weit wichtiger
-scheinenden, nämlich ein Zollhaus zu bauen.<a name="FNAnker_J_10" id="FNAnker_J_10"></a><a href="#Fussnote_J_10" class="fnanchor">[J]</a> Es wird dekretirt, daß
-ein Klumpen Goldes nach Italien geschickt werden soll, um Marmor zu
-diesem Zwecke einkaufen zu lassen, welcher denn auch mit vielen Kosten
-in fertigen Säulen, Platten u. s. w. herbeigeschafft wird. Und welchen
-Ort hat man für dies Prachtgebäude gewählt? Eine Ecke von Wall-Street
-und einer<span class="pagenum"><a name="Seite_196" id="Seite_196">[S. 196]</a></span> anderen Straße, zu vergleichen mit der Ecke der Königs- und
-Spandauer-Straße in Berlin. Der Leser würde sich indeß sehr irren, wenn
-er dieses Zollgebäude als wirkliches Zollhaus ansähe. Keinesweges!
-Dieses herrliche Gebäude, welches etwa eine Viertel-Stunde Weges von
-den Bollwerken, dem Abladungs-Platze der Schiffe, entfernt liegt, soll
-blos zum angenehmen Aufenthalt der Officianten dienen, und die Collys
-sollen nach wie vor in die gemietheten public-stores kommen. Fragt man,
-warum nicht zugleich ein großer Packhof an der Wasserseite erbaut und
-mit jenem Prachtgebäude verbunden wird, so erhält man die Antwort: die
-Eigenthümer des Grundes von der Wasserseite seien zu theuer damit, als
-daß die Regierung darauf eingehen könnte. Ueber die Unbequemlichkeit,
-welche hieraus für die Güter-Empfänger entsteht, habe ich bereits oben
-gesprochen.</p>
-
-<p>Der Kongreß zu Washington ist mithin in voller Arbeit, die Revenüen
-unterzubringen und vergißt hierbei die Hauptsache, nämlich für die
-Erhaltung des öffentlichen Kredits Sorge zu tragen; Eisenbahnen, Kanäle
-und Banken sind an der Tagesordnung. Sie halten es für überflüssig,
-an die Erhaltung des Kredits zu denken, weil sie keinen haben; sie
-begreifen nicht, wie die Revenüen besser zu placiren wären, als in
-Eisenbahnen und italiänische Waaren. &mdash; Warum, möchte der Verfasser
-diesen Kongreßmännern zurufen, warum verschleudert ihr euer Geld
-zu diesen nichtigen Dingen? verwendet eure Einkünfte zu nützlichen
-Zwecken, zu Prämien für einwandernde Fabrikanten, Bergwerker und
-Oekonomen; verschafft euern Banknoten hypothekarische Sicherheit,
-welche nur bei einer vernünftigen Administration gefunden werden
-kann. Laßt Euch, amerikanische Herren, Katherinens, der Kaiserin von
-Rußland Verfahren bei Einführung der ersten Banknoten (Bomaschkis) als
-Beispiel dienen; sie ließ zur Sicherheit der Inhaber solcher Papiere
-Fünf-<span class="pagenum"><a name="Seite_197" id="Seite_197">[S. 197]</a></span>Kopeken-Stücke aus Kupfer und Rubel von 2½ Pfund Gewicht
-ausprägen. Oder werft eure Blicke auf die Hamburger Bank. Bürget doch
-hier der Keller-Inhalt (die Baarschaft) für die Zahlfähigkeit; sieht
-man doch in Hamburg, obgleich die Geschäfte in dieser Stadt noch
-bedeutender, wie die in New-York sind, weder Geld, noch Banknoten; es
-genügt hier die Versicherung des Bank-Direktors, Paul habe an Peter
-dessen Forderung von seinen in den Kellern vorräthigen nobeln Metallen
-überwiesen. Laßt Euch Englands Bank hierbei zur Warnung dienen, welche
-in der letzten Zeit dadurch in Verlegenheit kam, daß sie nicht die
-hinlängliche Quantität Geld im Keller hatte, um den Banknoten damit
-entgegenkommen zu können.</p>
-
-<p>Da indeß Niemand die Herren des Kongresses hierauf aufmerksam macht
-und sie selbst ihren Blick nicht so weit erheben, so geht Alles
-im alten Schlendrian fort; die Revenüen werden vergeudet, die
-Geldverlegenheiten währen fort und werden so lange fortwähren, bis von
-Seiten aller Banken zur Einstellung der Baarzahlungen geschritten wird.
-Eine homöopathische Kur muß mit der Banknoten-Krankheit vorgenommen
-werden: sie ist durch den Ueberfluß von Banknoten entstanden und
-muß durch einen noch größeren Ueberfluß geheilt werden. Alle Münzen
-müssen erst in den V. S. zu den höchsten Seltenheiten gehören, man
-muß für ein Fünf-Piaster-Stück fünf Stücke englischer Waaren kaufen
-können, wenn Amerika geheilt, d. h. wenn der übermäßigen Einfuhr
-jenes Artikels Schranken gesetzt und die Handels-Bilanz für den
-ausländischen erfahrenen Kaufmann beachtenswerth werden soll, denn
-die jetzige beweist, daß wenigstens innerhalb jeder 2 Jahre immer
-eine Handelskrisis eintreten muß, und befindet sie sich doch, wie
-die vorhergehende Tabelle zeigt, im krampfhaftesten Zustande. Lasse
-man doch die Jobbers und die Manufaktur-Waaren-Schwindler<span class="pagenum"><a name="Seite_198" id="Seite_198">[S. 198]</a></span> ihr Wesen
-treiben, nur benehme man ihnen die Mittel, wodurch sie das Land in
-noch größere Gefahr bringen. So wie man den unerfahrenen kleinen
-Kindern keine verwundende Instrumente in die Hand giebt, so müssen
-die am Waaren-Fieber Leidenden vor dem Besitz nobler Metalle bewahrt
-werden. Man lasse sie für ihre Banknoten, wenn sie nämlich welche
-haben, Amerikanische Erzeugnisse, wie Reis, Baumwolle, Taback,
-Pelzwaaren u. s. w. kaufen, nach Europa befördern und für den Ertrag
-Manufaktur-Waaren kommittiren, nur sorge man dafür, daß nicht noch
-mehr Metall aus den V. S. als Rimessen und zwar blos für Manufakturen
-wandert, indem die V. S. das Vierfache des von England für ihre
-Baumwolle erhaltenen Preises zurückbezahlen.</p>
-
-<p>Die V. S. haben nicht solche Massen nobler Metalle, um das Arbeitslohn
-für ihre Baumwolle in England mit Gold aufzuwiegen, und dieses gerade
-ist’s, was den Hauptwerth der englischen Fabrikwaaren ausmacht. Man
-bemerke die Lebensweise der Arbeiter in den englischen Fabrikörtern,
-man sehe, wie sie 6, 8 und mehrere Stunden ununterbrochen in den
-Schenken zechen, und zwar von solchen Getränken zechen, wovon ⅞ des
-dafür bezahlten Geldwerthes zur Bezahlung der Zinsen der 850 Millionen
-L. St. National-Schuld verwendet wird; erwägt man diese Umstände, so
-wird man sehr bald zur Ueberzeugung kommen, daß die größere Hälfte
-jener Zinsen durch Hülfe der Manufaktur-Waaren-Arbeiter herbei
-geschafft wird.</p>
-
-<p>Rußland scheint anders zu denken, als die V. S., und das Fabriziren
-zu Hause vor Allem als nöthig erachtet zu haben; deshalb die vielen
-Fabriken, welche unbedingt zur Erhaltung der Gold- und Silber-Erträge
-aus den Bergwerken am Caucasus, Nertschinsky und Ecatherinenburg
-erforderlich sind; denn daß die letzteren nicht zugelangt haben würden,
-um das Lohn für die Arbeiten an<span class="pagenum"><a name="Seite_199" id="Seite_199">[S. 199]</a></span> in Rußland einzuführenden Waaren zu
-bezahlen, leidet keinen Zweifel. Nicht minder wohl als Rußland befindet
-sich Deutschland beim Kontinental-System (Zollverband genannt), welches
-Preußen, wie oben (p. 17.) bemerkt, ohne gleich Napoleons Kanonen
-anzuwenden, mit Dinte, Feder und Papier, zur Freude Deutschlands, in
-kürzerer Zeit als möglich schien, zu Stande gebracht hat. Durch diese
-Maßregeln haben das Russische und Preußische Gouvernement ihr Gold
-und Silber dem Lande erhalten und für die coursirenden Papiergelder
-ein allgemeines Zutrauen herbeigeführt. Man richte in dieser Hinsicht
-nur einen Blick auf Preußen! Sind doch seine Kassen-Anweisungen im
-Lande selbst nicht anders als mit einem Agio zu haben; während dem der
-Werth des Goldes mit jedem Jahre in Deutschland sinkt, werden seine
-Kassen-Anweisungen in jedem Lande für den vollen Werth genommen.</p>
-
-<p>Wenn die Regierung der V. S. diese letzten Thatsachen aufmerksam
-beachten und die Frage an sich selbst richten wollte, warum man in
-unserer Zeit auf das Papiergeld eines so herrlichen Landes wie Amerika
-weniger Werth setzt, als vor 300 Jahren auf die Pelzflicke des Czaars
-Wassiliewwitsch: so würde jene Regierung diese Frage sich eben so
-beantworten müssen, als jeder Leser nach dem Vorhergehenden sie mit dem
-Verfasser beantwortet: daß man nämlich zu einer Regierung, welche, ohne
-die Ausgaben für Militair-Macht und Civilliste, sich einer jährlichen
-Revenüe von 60&ndash;80, ja 100 Millionen Piaster erfreut und dabei in steter
-Geldverlegenheit ist, kein Vertrauen haben kann.</p>
-
-<p>Für beide Reiche, Amerika und England, wäre in dieser Hinsicht die
-Anwendung der homöopathischen Heilmethode zu empfehlen. Das erstere
-Land müßte sich zum Fabrik-Staat erheben, das letztere um mehrere Grade
-in der Fabrikations-Skala heruntergehen. Für<span class="pagenum"><a name="Seite_200" id="Seite_200">[S. 200]</a></span> jenes würde alsdann eine
-neue Sonne aufgehen und die Strahlen derselben dem letzteren minder
-hell leuchten, aber dennoch fruchtbarer sich für dasselbe erweisen,
-und was läge den Engländern hieran? da sie ja ohnehin wegen der vielen
-Nebel sich an ein wenig Dunkelheit gewöhnt haben.</p>
-
-<p>So unausbleiblich es mir scheint, daß Amerika einst als mächtiger
-Fabrik-Staat in der Welt glänzt, eben so wahrscheinlich ist es, daß die
-Zinsenbezahlung von Seiten Englands für seine National-Schuld von 850
-Millionen Pfund in einigen Jahren eingestellt wird, da diese Maßregel
-mit als ein Hauptmittel zur Rettung Englands betrachtet werden muß.</p>
-
-<p>In dem Falle, daß Amerika ein Fabrik-Staat wird, dürften die Folgen
-davon für die Baumwoll-Producenten in demselben Maaße ersprießlich
-sein, wie es in Deutschland der bedeutende Aufschwung der Fabrikation
-der Wollen-Waaren (besonders Tuche) für die Producenten der
-Schaafswolle geworden ist. Früher waren die letzteren beim Verkauf der
-prima Materie, der Willkühr der englischen Fabrikanten Preis gegeben,
-welche damals fast allein Tuche verfertigten; in der neuesten Zeit aber
-werden die Preise auf den deutschen Wollmärkten hauptsächlich durch die
-deutschen Fabrikanten bestimmt. Und warum sollte man nicht in Amerika
-dasselbe in Beziehung auf die Baumwolle erwarten können?</p>
-
-<p>Indem der Verfasser ähnliche Gedanken, wie die hier dargelegten, in
-New-York selbst äußerte, konnte es nicht ausbleiben, daß er scharfen
-Tadel und Widerspruch fand; den allergrößten traf er bei seinen
-eigenen Landsleuten, wenn er zu den Söhnen deutscher Fabrikanten, die
-in Amerika Millionaire werden wollten, sagte: „Sie würden wohl daran
-thun, Ihre Fabriken aus Deutschland hierher zu verpflanzen, weil Sie
-hierdurch die Erlegung des hohen Eingangs-Zolles ersparen würden.“
-Haben wir nur, ent<span class="pagenum"><a name="Seite_201" id="Seite_201">[S. 201]</a></span>gegneten Jene, erst eine National-Bank, wogegen sich
-die Regierung sträubt, so fehlt uns nichts! Also eine National-Bank!
-d. h. ein solidarischer Verein, wodurch die ganze Nation, wenn es Noth
-thäte, auf einmal bankerott werden könnte. Was sind denn eigentlich
-amerikanische Banken und welches sind ihre Zwecke? Das soll jetzt der
-Leser aufs bestimmteste erfahren.<a name="FNAnker_K_11" id="FNAnker_K_11"></a><a href="#Fussnote_K_11" class="fnanchor">[K]</a></p>
-
-<p>Wenn es Kaffeehäuser geben soll, so ist es nöthig, daß Cichorien
-und Kaffee wächst: soll in den V. S. Handel sein, so muß es Banken
-geben. Banquiers sind dort nichts als Hüter des amerikanischen
-Papierschatzes und haben demzufolge nur den Schein von Banquiers; jeder
-Handelsbeflissene in Amerika muß einen solchen Hüter haben, um seine
-Dokumente 1stens gegen die Feuersgefahr, 2tens gegen die Diebe zu
-schützen. Sie sorgen also, mit einem Worte, für feuer- und diebesfeste
-Gebäude und Räume. Comptanten ist eine geringe Nebensache für den
-amerikanischen Banquier, denn er kann dieselben vermittelst seiner
-Holzschnitte auf dem, mit der gewöhnlichen Geduld begabten Papier in
-sehr kurzer Zeit nach Belieben anfertigen.</p>
-
-<p><span class="pagenum"><a name="Seite_202" id="Seite_202">[S. 202]</a></span></p>
-
-<p>Alle Verkäufe sind hier Zeitverkäufe; niemals sind sie auf kürzere
-Zeitfrist als auf 6 Monate gewesen, in dieser letzten Zeit aber wohl
-auf 8&ndash;10 Monate. Für den Belauf der gekauften Waaren verfertigt der
-Käufer promissory-notes, d. h. schriftliche Versprechungen, wobei er
-denkt: ich verspreche Zahlung zu leisten, wenn es mir möglich sein
-wird, im entgegengesetzten Fall bleibt’s beim Versprechen. Alle diese
-Noten werden nun in den Banken niedergelegt. Man kann sich eine Idee
-von den auf einmal in den Banken eingehenden Noten machen, wenn ich
-anführe, daß die Verkäufe nur zweimal im Jahr geschehen, die fürs
-Frühjahr im Februar und die für den Herbst im August. Jeder Kaufmann,
-der auf solche Weise mit den Banken in Verbindung steht, hat auf
-Accomodation, d. h. auf Unterstützung von Seiten der Bank von 20 bis
-100,000 Piaster Ansprüche, welche die Bank auf Verlangen mit ihren
-eigenen Papieren befriedigt. Die in Baumwolle auf England Speculirenden
-stehen mit den Banken in eben demselben Verhältnisse; sie bringen
-ihre Wechsel dorthin zum Verkauf. Da nun, wie aus der obigen Ein- und
-Ausfuhr-Liste hervorgeht, Amerika im Auslande mehr zu bezahlen, als
-zu empfangen hat, so ist es natürlich, daß es stets an Wechseln auf
-London fehlt und daß daher dieselben mit einem Aufgelde von 10 bis
-12 Procent und zuweilen noch mehr verkauft werden; weigert sich nun
-Jemand, so viel Aufgeld zu bezahlen und fordert vom Banquier Metall, um
-dieses nach Europa zu schicken, so wird dies verweigert, und zwar aus
-dem sehr natürlichen Grunde, weil er keins besitzt, und es heißt: die
-Bank hat ihre Baarzahlungen eingestellt, was sich in Folge dieser bösen
-Nachrede verwirklicht, da für die Noten keine andere Sicherheit als
-Noten vorhanden sind. Daß diese vom Anfang an jede Stunde auf solche
-Nachreden gefaßt sind, wird dem Leser jetzt wohl klar sein.</p>
-
-<p><span class="pagenum"><a name="Seite_203" id="Seite_203">[S. 203]</a></span></p>
-
-<div class="section">
-
-<h3 id="Oertlichkeiten_von_New_York"><span class="antiqua"><span class="s6">Ueber die</span><br />
-Oertlichkeiten von New-York, Volks-Charakter, Abreise</span><br />
-<span class="s6">und</span><br />
-<b>Ankunft in Hamburg.</b></h3>
-
-</div>
-
-<p>Ueberdrüßig des Treibens in Wall-Street und der Jobbers in den
-verschiedenen mit englischen Baumwollen-Lappen überfüllten Straßen,
-freute ich mich doch herzlich, daß ich während meiner ununterbrochenen
-Wanderung wie natürlich auf keinen einzigen Geld-Aristokraten gestoßen
-war &mdash; eine Race, die ich hasse, und welcher ich, gleich Nero, nur
-Einen Kopf und Hals wünschen möchte, um sie mit Einem Streiche
-auszurotten. In munterer Gemüthsstimmung beschloß ich, mich um andere
-fröhlichere Dinge zu bekümmern; der Leser hat also von jetzt an keine
-trockene kaufmännische Kost mehr zu fürchten.</p>
-
-<p>In einem Journal hatte ich den Tag zuvor gelesen, daß eine
-Ehebruchs-Sache am Kriminalgerichts-Hofe verhandelt werden solle;
-dorthin, dachte ich, mußt Du gehen, um Dich von der amerikanischen
-Justiz zu unterrichten. Indem ich die Straße entlang schlendere, ohne
-Bescheid zu wissen, und mich eben zurecht weisen lassen will, finde ich
-in Middle-Street, an einem sehr schmalen Hause, die Firmen von 10&ndash;11
-Advokaten. Wo die Raben sich<span class="pagenum"><a name="Seite_204" id="Seite_204">[S. 204]</a></span> aufhalten, da müssen todte Körper oder
-wenn es auch nur ein corpus delicti ist &mdash; in der Nähe sich befinden,
-der Gerichtshof kann nicht entfernt mehr sein. Ohne zu fragen ging
-ich daher die Straße hinauf und plötzlich stand ich vor einem neuen,
-mit egyptischen Säulen verzierten Gebäude; ich trat hinein und erfuhr
-sogleich, daß ich am gewünschten Orte war, daß jedoch die Verhandlung
-ausgesetzt sei, weil der Ehebrecher, ein im Schneiderlande Geborner,
-gegen 30,000 Piaster (Bail) der Haft entlassen wäre und die Sache
-wahrscheinlich auf dem Wege des Vergleichs abgemacht werden würde.
-(Werden die 30,000 Piaster hierzu hinreichen?)</p>
-
-<p>Wozu wäre dieser prächtige Gerichtshof, dachte ich, erbaut, oder wozu
-gäbe es Kriminal-Richter, wenn es keine Verbrecher gäbe; zudem kann
-ich Liebe, besonders in den V. S., nicht für ein Verbrechen halten,
-also, meinte ich, müssen außer dieser Schneider-Liebe noch andere
-Dinge hier zum Vorschein kommen. In der Ueberzeugung, daß ich keinen
-Ausländer hier antreffen würde, da die europäischen Ausreißer lauter
-ehrliche Leute sein wollen, betrat ich das Innere des Hofes, dessen
-innere Verzierung der äußeren nichts nachgab. Da saß der Richter
-(Recorder) zwischen zwei Magistrats-Personen und ich drang so weit wie
-möglich zu ihm heran, um die Neuigkeiten brühwarm aus der ersten Hand
-zu erhalten. Es wurden während meiner Anwesenheit etwa 6 Verbrecher
-abgefertigt, die Alle ihre Unschuld betheuerten und ich, der ich mich
-zu den ersten Physiognomen nicht zähle, wollte sie schon für unschuldig
-passiren lassen, allein der Recorder war anderer Meinung, da er sie
-alle zu 6&ndash;12 monatlicher, harter Arbeit verurtheilte. Bei keiner von
-allen Verhandlungen wurde geschrieben, vermuthlich, weil das Papier in
-New-York zu bessern Zwecken (zu Banknoten) verbraucht wird.</p>
-
-<p><span class="pagenum"><a name="Seite_205" id="Seite_205">[S. 205]</a></span></p>
-
-<p>Den Rückweg machte ich durch Chatham, in der Hoffnung, vieles Neue
-dort aufzufinden, um versprochener Weise darüber zu berichten, allein
-ich fand Nichts von Erheblichkeit. Die noblen Ostpreußen, Polen,
-Franzosen u. s. w., bewegten sich in ihrer gewöhnlichen Weise. Es
-wurden viele Auctionen im Beisein von wenigen Käufern abgehalten;
-Alle waren lüstern nach meinem Leibrock, Jeder wollte ihn kaufen. Da
-jedoch dieser Rock der einzige auf meinen Reisen mir noch gebliebene
-war, so lehnte ich alle Anträge in dieser Hinsicht ab und pries die
-Havaneser-Commissionaire zum erstenmale im Stillen. Indeß sollte ich
-denn doch nicht aus dieser interessanten und interessirten Straße
-abziehen, ohne etwas erfahren zu haben. Als ich eben im Begriff war,
-fortzugehen, begegnete ich einen Schweizer-Uhrenhändler aus Broad-way,
-der in der Absicht dorthin gekommen war, eine goldene Uhr nebst Kette
-zu finden, welche er Tages zuvor an einen jungen Mann für 87 Piaster
-verkauft hatte, und die diesem während einer Conversation mit einem
-Mädchen gestohlen worden war. Ich fand dieselbe in dem Auslege-Fenster
-eines jüdischen Galanteriehändlers, der nicht mehr als 47 Piaster dafür
-forderte. Auf meine Frage, ob er nicht vielleicht nach der Polizei
-gehe, um diesen Vorfall zu melden, entgegnete er: „ich werde nicht so
-thöricht sein, ich habe meine Zeit zu nützlichern Zwecken anzuwenden.“
-Sehr bald bekam ich Gelegenheit, mir die Gleichgültigkeit dieses
-Uhrenhändlers bei diesem Diebstahl zu erklären. Unmittelbar nach dieser
-Conversation traf ich bei diesem Uhrenhändler einen sehr verdächtig
-aussehenden jungen Mann als Verkäufer einer goldenen Uhrkette, welche
-der Ladenherr in seiner rechten Hand auf den Werth von 4 Piaster
-abschätzte und dem Verkäufer diesen Preis dafür zahlen wollte. „Ist
-es denn Ihr Ernst; diese Kette für ein solches Lumpengeld zu kaufen?“
-fragte ich, „sie ist sicher gestohlen und Sie sollten sie daher<span class="pagenum"><a name="Seite_206" id="Seite_206">[S. 206]</a></span> gar
-nicht kaufen wollen“, fuhr ich fort. „Kaufe ich sie nicht, so wird
-sie in Chatham gekauft“, entgegnete er; indeß der Handel kam nicht zu
-Stande, weil der Verkäufer große Eile verrieth und nicht lange handeln
-wollte.</p>
-
-<p>Ich führe dies aus keinem anderen Grunde an, als um den Leser von der
-Denkweise der hiesigen Käufer, die als solche stets auf ihrem Platze
-stehen, zu unterrichten. Diebstähle können nicht leicht entdeckt
-werden, da die Gegenstände vermöge der lebhaften Dampfschifffahrt
-jede Viertel-Stunde expedirt werden können und da überdies sich stets
-Einkäufer aus Westindien, zum Einkauf gestohlener Gegenstände, in allen
-Städten der V. S. befinden.</p>
-
-<p>Mit der gewöhnlichen Entschuldigung aller Müßiggänger (denn zu
-diesen gehörte ich jetzt), schlenderte ich zum Zeitvertreibe die
-lange William-Street hinauf, um wo möglich eingewanderte Deutsche
-anzutreffen. Da sah ich denn auch bald einen Troß, mit rosafarbenen
-Strümpfen chaussirt, auf mich zukommen. Aus welchem Lande her?
-fragte ich den ersten. Von Buffalo, entgegnete er, von dem Ort,
-wohin wir durch den teuflischen Colonisten-Commissionär Wolf, in
-der Washington-Straße, gebracht worden sind. Wir mußten ihm das
-Passagier-Geld auf Dampfschiff und Kanalböten bis dahin abtragen und
-erhielten dafür Karten. Als wir aber dort ankamen, wurden diese von den
-Schiffern nicht respectirt und wir mußten die schon an Wolf erlegten
-Summen nochmals erlegen. Wir waren nicht so schlecht daran, als viele
-unserer Landsleute, deren Kassen erschöpft waren, nachdem sie den
-reißenden Geld-Wolf befriedigt hatten. Diesen armen Leuten blieb kein
-anderes Mittel übrig, als sich den Seelenverkäufern dort in die Arme zu
-werfen. Dort lauern diese seelendurstige Deutsche im Besitze ihrer, um
-ein Weniges von der Regierung erstandenen Ländereien, auf einwandernde,
-dürftige, in der englischen Sprache unkun<span class="pagenum"><a name="Seite_207" id="Seite_207">[S. 207]</a></span>dige Menschen, denen unter
-solchen Umständen zu ihrer Erhaltung nichts Anderes übrig bleibt, als
-sich und die Ihrigen Jenen auf mehrere Jahre zu verpfänden.</p>
-
-<p>Ich hatte jetzt genug gehört und schreibe dies zur Warnung aller
-unkundigen Auswanderer nieder, damit sie sich vor diesem Wolf
-im Schaafsgewande hüten mögen. Er spricht mit Theilnahme zu den
-ankommenden Colonisten, zeigt viel Herzlichkeit, giebt auch wohl,
-nachdem er sich in Besitz der Gelder gesetzt hat, Empfehlungs-Briefe
-an seinen Compagnon in Buffalo oder sonst irgendwo, aber ein solcher
-Compagnon kann nicht gefunden werden, weil er keinen haben will, mit
-dem er seinen Raub theilt.</p>
-
-<p>New-York eignet sich am wenigsten als Landungsplatz für die
-Auswanderer, denn von hier aus muß eine weite Reise nach dem Innern,
-woselbst Arbeiter nöthig sind, unternommen werden und diese ist mit
-einem bedeutenden Kosten-Aufwande verbunden, welcher größtentheils
-erspart wird, wenn man in Philadelphia, Boston, Baltimore oder
-New-Orleans landet. Die beste Zeit zur Ankunft daselbst sind die Monate
-October und November, weshalb die Monate Juli und August zur Abreise
-zu empfehlen sind. Von Havre gehen wöchentlich Paquetboote ab. Ferner
-möchte ich Jedem rathen, sich bei seiner Ankunft in Amerika an keinen
-Commissionair zu wenden, sondern vielmehr irgend einen dort etablirten
-deutschen Kaufmann aufzusuchen, welcher sich gewiß eher zur Hülfe, als
-zum Berauben der Ankommenden bereit finden wird.</p>
-
-<p>Der berühmte Franklin empfahl es als Lebensregel, daß jeder Mann,
-was er auch sonst treiben und unternehmen wolle, ein Gewerbe, ein
-Handwerk lerne, weil Jeder in den Fall kommen könne, es gebrauchen zu
-müssen. Ohne zu untersuchen, in wie fern dies auf Alle paßt, halte
-ich es für gerathener, aus allen Fächern und Gewerben das Praktische,
-was am häufigsten im Leben vor<span class="pagenum"><a name="Seite_208" id="Seite_208">[S. 208]</a></span>kömmt, sich anzueignen. Erlangt man
-auch darin nur oberflächliche Kenntnisse und Fertigkeiten, so kann
-man sich dadurch doch aus mancher Verlegenheit helfen, die für
-Andere eben so empfindlich als schwer zu beseitigen ist. Der Leser
-wird lächeln, wenn ich einige dieser Verlegenheiten näher bezeichne,
-indessen &mdash; er lache meinetwegen &mdash; Strümpfe stopfen und Knöpfe an
-Hemden oder Röcke anzusetzen und es gut zu verstehen, gehört zu den
-Hauptkenntnissen für Jeden, welcher nach der neuen Welt reisen will,
-denn von allen Wäscherinnen daselbst will sich keine zu dergleichen
-Arbeiten verstehen. Hieraus geht denn die Alternative hervor: entweder
-selbst Hand ans Werk zu legen, oder mit Löchern in den Strümpfen und
-ohne Knöpfe am Rock umherzuwandern, oder, wenn es für den Gebrauch
-nicht mehr tauglich ist, das alte Zeug durch neues zu ersetzen. Die
-Leser, welche vielleicht von bedeutenden Sendungen von Leinen- und
-Strumpf-Waaren nach der neuen Welt gehört haben, können aus meiner
-Erzählung bald die Ursache dieser Sendungen auffinden.</p>
-
-<p>Nachdem ich den geneigten Leser von der Nothwendigkeit des Praktischen
-in allen Fächern zu überzeugen gesucht habe, wird sich wohl Niemand
-wundern, wenn ich versichere, daß ich mich in New-York auch des
-Praktischen im Müßiggange befleißigte. Müßiggang praktisch ausgeübt,
-kann erst zur Wissenschaft, hernach aber zur Kunst werden, allein
-vielleicht giebt es auch hierin nur wenig wahrhafte Künstler,
-obgleich die Zahl der Müßiggänger mit jedem Jahr zunimmt. Der
-Müßiggangs-Künstler muß vor allen Dingen darauf achten, daß er keine
-einzige Minute zur Disposition seiner Collegen übrig hat, er muß
-vielmehr stets über Mangel an Zeit klagen.</p>
-
-<p>Da es indeß wenige praktische Müßiggänger giebt, so findet man viele
-Hypochondristen unter ihnen. Um diesem Uebel entgegenzuarbeiten, sei
-jeder Studiosus oder<span class="pagenum"><a name="Seite_209" id="Seite_209">[S. 209]</a></span> Candidat des Müßigganges vorsichtig in der
-Wahl seines Umganges; er vermeide die Trägen, die Geizigen und die
-Gourmands, und wähle lebenslustige, mit Kenntnissen ausgerüstete Männer
-als Gesellschafter, so wird der Müßiggang selbst für den thätigen Mann
-weniger fühlbar sein. In New-York, wohin so Viele aus Deutschland wegen
-zu großer Gedankenfreiheit sich geflüchtet haben, kostet die Wahl in
-dieser Beziehung nicht so viel Mühe, als etwa in Bremen. Deshalb fand
-ich denn auch dort sehr bald Leute, die mit mir sympathisirten, unter
-Anderen einen Doctor, welcher, ich weiß nicht mehr genau, aus Hessen,
-oder aus Baiern flüchten mußte und als Oberlehrer bei einer Schule
-in New-York angestellt ist; ich fand in demselben, was ich zu finden
-wünschte.</p>
-
-<p>„Wie wäre es,“ sagte dieser eines Nachmittags zu mir, „wenn wir, da das
-Wetter so schön ist, mit einem der Dampfschiffe nach Staten-Island (dem
-Quarantaine-Platz des New-Yorker Hafens) hinüberführen?“ Mir war das
-ganz recht, und wir gingen sogleich zum Samson, dasselbe Dampfschiff,
-welches an jenem Festtage, trotz seiner Stärke, nicht stark genug
-war, die Masse von Menschen zu halten, und zehn Menschen das Leben
-kostete. Heute that seine Samson’sche Kraft besser ihre Schuldigkeit
-und bald standen wir auf dem etwa 400 Fuß hohen Belvedere. Nicht mit
-sehnsuchtsvollern Blicken kann der Prinz von Coburg nach der ihm
-bestimmten Brittish Queen (Victoria) sich umsehen, als ich nach der von
-mir erwarteten Brittish Queen, das ganz neue Dampfschiff, welches von
-London erwartet wurde und worauf ich meine Rückreise nach Europa machen
-wollte. Allein vergebens! dreißig Meilen weit konnte ich von hier aus
-die schönen Ufer betrachten und mit einem Tubus jedes Schiffssegel
-unterscheiden, allein von der angebeteten Brittish Queen ließ sich
-Nichts sehen.</p>
-
-<p><span class="pagenum"><a name="Seite_210" id="Seite_210">[S. 210]</a></span></p>
-
-<p>Unterdessen war es sieben Uhr und Zeit zur Rückkehr geworden. Wir
-langten sehr bald an der Batterie an, wo ich mich vom Doctor trennte,
-um nach meiner Wohnung zu gehen. Während ich über den Batterie-Platz
-schlenderte, fand ich einen Polizei-Diener in seiner Function
-begriffen; er weckte nämlich einen auf dem Rasen eingeschlummerten
-Bürger aus seinen vielleicht süßen Träumen, mit den Worten: „wenn Sie
-nicht sofort gehen, so müssen Sie fünf Piaster erlegen, denn das ist
-der Preis für eine Schlafstelle hier;“ er stand auf und ging fort.
-Einen so gutmüthigen und sanften Polizei-Beamten wollte ich persönlich
-näher kennen lernen; ich war eben im Begriff, ihn anzureden, als ich
-wegen seines übermäßigen Diensteifers bei der folgenden Sache davon
-abgehalten wurde. Er trat nämlich an einen jungen Herrn heran, der von
-einem großen New-Foundland-Dog begleitet wurde, um ihn auf das Gesetz
-aufmerksam zu machen, wonach es ihm freistehe, den Hund zu tödten.
-Jener zog denn auch sogleich einen Strick aus der Tasche und führte
-ihn fort. „Milde Gesetze, noch mildere Vollstrecker und dennoch ein
-sehr großer Gehorsam,“ sagte ich zu diesem treuen Staats-Beamten, als
-er weiter gehen wollte. „Dies müssen wir wohl gegen unsere Mitbürger
-sein,“ entgegnete er; „es thut mir oft leid, die armen Loafers aus dem
-Schlafe zu wecken;“ &mdash; Loafers, muß ich bemerken, sind diejenigen,
-welche keine Wohnungen haben, vielmehr stets auf dem Rasen, oder sonst
-außer Betten schlafen; sie sind dessenungeachtet gewöhnlich sehr
-anständig gekleidet. Eines Tages traf ich einen aus Berlin gebürtigen
-Loafer in der Batterie, der mit Thränen in den Augen mich um ein
-Almosen bat; er erzählte, daß er, mit allen erforderlichen Mitteln
-ausgerüstet, hier angekommen sei, und, nachdem Alles aufgegangen,
-sich zu den härtesten Arbeiten im Chaussee-Bau hergegeben habe; er
-habe dieselben in physischer<span class="pagenum"><a name="Seite_211" id="Seite_211">[S. 211]</a></span> Rücksicht nicht aushalten können, da er
-wochenlang im Hospital zugebracht habe. &mdash; „Es thut mir leid,“ fuhr der
-Polizei-Diener fort, „allein es ist meine Pflicht; hätte der Mann fünf
-Piaster, so schliefe er sicher an einem bessern Ort; in einer halben
-Stunde können Sie ihn an einem anderen öffentlichen Orte schlafend
-finden.“ &mdash; Ein schwerer Dienst für Sie, sagte ich; wie hoch beläuft
-sich Ihr Gehalt dafür? Nur auf 600 Piaster das ganze Jahr, wobei ich
-noch jeden Tag die Flagge aufziehen muß &mdash; kein leichter Dienst! meinte
-er.</p>
-
-<p>Nachdem ich in meinem Logis meine Sachen und Gelder revidirt hatte,
-welche in New-York nicht selten in Abwesenheit des Eigenthümers
-einen fremden Herrn finden, begab ich mich nach einer sehr beliebten
-Bier-Kneipe, Shadow (Schatten) genannt, woselbst ich viele Deutsche,
-Schweizer und Franzosen antraf, lauter Leute, die reich zu werden große
-Lust hatten. Wir plauderten viel über Deutschland im Vergleich zu den
-Vereinigten Staaten, besonders aber sprachen Jene über den Unwerth der
-deutschen Goldmünzen, der Louisd’ore, welche den Leuten für 5⅔ Thlr.
-aufgedrungen werden und dabei nur fünf Thlr. Werth haben, ferner von
-den in Philadelphia gebrauten, giftartigen Bieren mit dem Zusatz von
-Aloe und Taback &mdash; ein Beweis, daß nicht aller Kentucky-Taback gebissen
-und verbissen wird. Da sich mein deutscher Magen hiergegen sträubte, so
-verließ ich bald diesen Bier-Tempel.</p>
-
-<p>Am folgenden Sonntags-Morgen wollte ich den früher erwähnten
-Demagogen-Prediger Försch noch einmal hören, allein er war der Ketzerei
-angeklagt und von der Synode zur Verantwortung gezogen worden. Er
-hatte seine Gemeinde in New-York verlassen und ein belletristisches
-Wochenblatt gegründet, worin er sich gegen die Synode vertheidigte.
-Dabei hatte er zugleich eine neue Gemeinde, einige Meilen von New-York
-erlangt,<span class="pagenum"><a name="Seite_212" id="Seite_212">[S. 212]</a></span> wo er nicht wenig Beifall fand und besonders viel mit
-Trauungen und Taufen zu thun hatte. Bei einer der letztern, erzählte
-mir der Doctor, soll jener Prediger die Eltern des Kindes gefragt
-haben, ob er dasselbe in Dreiteufels- oder Gottes-Namens taufen
-solle! Dazu führt die Glaubenslizenz! Ein Mann, der solchen Unsinn
-begeht und die wichtigsten Wahrheiten des Christenthums öffentlich
-verwarf, übt nach wie vor sein Predigtamt aus und wird noch sogar
-stark besucht! Weniger Glück dagegen dürfte er mit seinem Blatte
-machen, denn die Deutschen in New-York sind zu sehr mit dem Lesen in
-Reiskörnern, Tabacksblättern, Schweinsborsten, besonders aber mit
-ihrer promissory-notes beschäftigt, um Zeit zum Lesen der Journale
-zu verwenden. Bücher wissenschaftlichen Inhalts finden in den V. S.
-gar keinen Absatz; nur Schulbücher werden begehrt. Daß die New-Yorker
-Jugend übrigens sehr gelehrig ist, ergiebt sich schon daraus, daß es so
-viele gescheidte Männer in Wall-Street giebt.</p>
-
-<p>Unterdessen war von England die Nachricht eingegangen, daß die
-Ausrüstung der Brittish-Queen mehr Zeit erfordere, als man geglaubt
-habe, sie werde daher wohl um acht Tage später in New-York eintreffen.
-Man muß den Damen Zeit zur Toilette lassen, dachte ich; auch hatte ich
-so Manches noch in New-York zu sehen, daß mir die Verzögerung nicht so
-unwillkommen war. Zunächst bekümmerte ich mich um das Praktische in der
-wohlfeilsten Bekleidungsart in New-York. Alles ist hier enorm theuer,
-sagten Viele; hat man 1500&ndash;2000 Piaster Jahrgehalt, und das Jahr ist
-vorüber, so ist’s mit jener Summe geschehen. Ich habe indeß auf meinen
-vielen Reisen gefunden, daß man auch in den für theuer ausgeschrieenen
-Städten und Ländern bei einer gewissen Umsicht und Lokalkenntniß mit
-Wenigem eben so gut und anständig leben kann, wie die Meisten, welche
-vieles Geld aufwenden. Meines Erachtens sind die Berliner<span class="pagenum"><a name="Seite_213" id="Seite_213">[S. 213]</a></span> Meister in
-dieser Kunst. Man trage ein Souper, bestehend in Nichts anderem, als
-sogenannten Pell-Kartoffeln, in silbernen Schaalen auf und jeder der
-Gäste wird von einer boshaften Kritik sich abgehalten sehen, indem der
-Kontrast ihn zum Nachdenken und Zweifeln bringt, doch zur Sache zurück!
-Man behauptet, in New-York kostet ein Paar Stiefeln 11 Piaster, ein
-Paar Pantalons 14, ein Rock 38 etc.; freilich in Broad-Way! allein ein
-ehrlicher Schneidermeister in Oliver- und William Street begnügt sich
-mit einem Piaster Arbeitslohn für ein Paar Pantalons und sechs Piaster
-für einen Rock; kauft man nun das Tuch mit Sachkenntniß, so hat man ein
-Kleid um den halben Preis. Eben so bekommt Ihr dauerhafte Stiefeln in
-Nassau-Street um den halben Preis, aber hütet Euch, es bekannt werden
-zu lassen, daß Ihr Stiefeln aus Nassau-Street tragt, denn Mancher würde
-sich bedenken, mit Euch auf Broad-Way zu promeniren. Es ist für solche
-Handwerksleute und Gastwirthe in den V. S. ein Glück, daß Viele hier
-zwischen den beiden Ausdrücken:</p>
-
-<div class="poetry-container">
- <div class="poetry">
- <div class="stanza">
- <div class="verse">Wir verdienen, was wir brauchen und</div>
- </div>
- <div class="stanza">
- <div class="verse">Wir brauchen,<a name="FNAnker_L_12" id="FNAnker_L_12"></a><a href="#Fussnote_L_12" class="fnanchor">[L]</a> was wir verdienen.</div>
- </div>
- </div>
-</div>
-
-<p class="p0">keinen Unterschied finden können. Mit den Restaurateurs verhält es
-sich eben so. Der Globe, Sans-Souci und die Gebrüder Dalmonico sind
-diejenigen, welche nur von Leuten ersten Ranges besucht werden. Hier
-findet man eine Speisecharte à la Paris in Form eines Buches. Obgleich
-die Hälfte der darin angeführten Speisen gewöhnlich nicht zu haben ist,
-so ist es doch eine außerordentliche Charte, und jede Speise, welche zu
-haben und um<span class="pagenum"><a name="Seite_214" id="Seite_214">[S. 214]</a></span> das doppelte schlechter und theurer ist, als die Speisen
-im Dawning’schen Keller in Wall-Street, gilt nichts destoweniger als
-außenordentlich und jeden als Preis werth. Der Eingeborne indeß ist
-nicht so thöricht.</p>
-
-<p>Von den Abend-Vergnügungen hatte ich bisher nur einen schattenreichen
-über die Bierkneipe Shadow abgestattet; ich wende mich zu den ersten
-und zwar zu dem mit Gas beleuchteten Castle-Garden, ein Schloß-Garten
-ohne Bäume. Doch nein! eine Trauerweide befindet sich am Eingange. Der
-Weg zu diesem Garten führt über den Batterie-Platz, den Sammelplatz
-der schönen Welt nach Sonnenuntergang; er ist mit Gas beleuchtet,
-hat einen Quai von Granitstein zur Promenade und daneben stehen
-Bänke für die Ermüdeten; eine herrliche Aussicht bietet sich dar
-nach den gegenüber liegenden Ufern des Staates Jersey; auch gewähren
-die am Abend vorüberfahrenden Dampfschiffe viel Vergnügen. Raketten
-und Trompetenschall ließen sich im Innern, von den Balcons des
-unbedeutenden Gartens vernehmen. Also zur Casse hin! Sie befindet
-sich auf derselben Brücke, wo an der entgegengesetzten Seite ein
-recht elegantes reinliches Flußbad liegt, wo man für fünf Piaster
-Abonnement den ganzen Sommer hindurch baden kann. Als Ersatz für
-Handtücher erhält man zwei Flicke von grober, grauer Packleinwand,
-etwa eine Elle lang, welche nie gerollt werden, damit die Haut nicht
-verzärtelt werde. Die Importeurs der englischen Waaren werden hier auf
-eine bequeme Art ihre Emballagen los, wie mir gesagt worden ist. &mdash;
-An der Casse erhielt ich zwei Carten für vier Schilling; für die eine
-sollte ich, wie der Carten-Empfänger bemerkte, am Buffet Ice-cream
-(Gefrornes) essen. In Erwägung, daß man Alles, ausgenommen Heirathen,
-rasch betreiben muß, eilte ich schnell dem Schloß-Garten zu. Er ist
-ganz wie die Pavillons auf der Aelster in Hamburg gebaut; in der Mitte
-ist ein freier, mit Kieseln belegter Platz,<span class="pagenum"><a name="Seite_215" id="Seite_215">[S. 215]</a></span> worauf sich kleine Logen
-mit Tischen und Bänken befinden. Drei von meinen Sinnen sollten also
-für vier Schilling beschäftigt und befriedigt werden, allein ich sah
-mich veranlaßt, den Garten zu verlassen, ehe das Concert begann und das
-Feuerwerk abgebrannt wurde. Die beiden Sinne des Gefühls und Gehörs
-gingen also leer aus, dafür aber wurde auf unerwartete Weise das Gefühl
-sehr beschäftigt &mdash; durch Rippenstöße. Von dem Eis ist nur noch zu
-sagen, daß man den Kältegrad des letzten Winters in New-York und die
-Entfernung der Zucker-Plantagen darnach hätte berechnen können, denn es
-war ein sehr hart gefrorner Eisklumpen ohne Geruch und Geschmack.</p>
-
-<p>Um über das Theater berichten zu können, muß man unbedingt dasselbe
-besucht haben. Obgleich ein verwöhnter Kostgänger (woraus in der
-Regel Kostverächter entstehen), entschloß ich mich dennoch aus
-Anhänglichkeit für meinen ehemaligen Reisegefährten, den Director W.,
-das National-Theater zu besuchen.</p>
-
-<p>Da Logenschließer, wie mir versichert worden ist, in New-York große
-Jahrgehalte von 6&ndash;800 Piaster beziehen, so begnügt sich der Director
-mit Einem für jeden Rang derselben. Diejenigen, welche ihre Billets am
-Eingange lösen, müssen sich mit den (vom Billetverkauf im Bureau) übrig
-gebliebenen Plätzen begnügen und von diesen hat der Logenschließer ein
-Verzeichniß. Durch diese Anordnung mußte ich wohl eine halbe Stunde auf
-ein Plätzchen warten. Es wurde zum 14ten male die große Oper: Amalie,
-gegeben, vom ersten englischen Componisten &mdash; doch nein! der erste ist
-wohl der des Volksliedes: God save the king, also die vom allerletzten
-englischen Componisten verfertigte Oper. Zwei Sänger und eine Sängerin
-waren hierfür vom Covent-Garden-Theater engagirt worden. Die Yankees
-waren entzückt und benahmen sich, als wären sämmtliche Sänger mit
-Amphionsstimmen be<span class="pagenum"><a name="Seite_216" id="Seite_216">[S. 216]</a></span>gabt und als käme das Orchester und die Composition
-selbst aus der Schule des Orpheus: jedes einzelne Stück mußte
-wiederholt werden. Orpheus der Erste, als Dirigent des Orchesters ließ
-sein Instrument (die Geige) durch die Schreiereien der Chöre nicht in
-Schatten stellen, er wies sie vielmehr mit seinem kräftigen Arm in die
-Schranken der Anständigkeit zurück. Ueber die prachtvolle Ausstattung
-des Theaters, über die blauen und rothen Feuer, die am Schluß der Oper
-brannten, will ich nichts sagen, da dieses Theater seit dieser Zeit im
-Monat October 1839 durch ein Feuer ganz anderer Art abgebrannt ist.</p>
-
-<p>Auch Seiltänzer sah ich hierselbst, die Familie Ravelé. Da ich
-dergleichen Künstler in sehr langer Zeit nicht gesehen hatte, so kann
-ich wohl eher, wie die Meisten, ein Urtheil über die Fortschritte
-in dieser Kunst fällen, und da muß ich denn bekennen, daß ich vor
-30 Jahren mehr Sehenswertheres hierin als jetzt gesehen habe. Hat
-vielleicht diese Kunst bald das Schicksal der Glas-Malerei, daß sie als
-eine verlorne zu betrachten ist? Dieser Verlust würde gewiß von Wenigen
-betrauert werden!</p>
-
-<p>Nach meiner Schilderung der Vergnügungen in den V. S. wird mancher
-Leser, welcher diese Vergnügungen denen der freien Natur, welche die
-V. S. in reichem Maaße darbieten, vorzieht, keine Neigung fühlen,
-dieses Land zum Vergnügen zu besuchen. Abstrahirt man indeß von den
-Vergnügungen der ersten Art, so kann nicht leicht ein Land gefunden
-werden, worin man sich, mit Anwendung des Praktischen beim Reisen, die
-Zeit besser verkürzen könnte, wie hier. Erscheinen doch in diesem Lande
-täglich 1553 Zeitungen und Journale (dieses ist die Anzahl nach Angabe
-des Morning-Heralds) von eben so vielen Redacteuren, die Alle es auf
-das Vergnügen des Publikums anlegen und worunter es sehr viele witzige
-Köpfe giebt. Unter diesen will ich vorzugsweise nur den<span class="pagenum"><a name="Seite_217" id="Seite_217">[S. 217]</a></span> Redacteur des
-Morning-Herald nennen, der täglich 17,000 Exemplare absetzt, ein Blatt,
-auf welches Jeder mit noch weit größerer Begierde, als auf seinen
-Caffee wartet und welches von Vielen mit größerem Appetit als dieser
-verzehrt wird.</p>
-
-<p>Der Europäer überzeugt sich wenige Tage nach seiner Ankunft, daß das
-von seiner Seite vermißte Militair, die Gensdarmerie und Polizei, durch
-jene Blätter vertreten wird und daß für Republiken Preßfreiheit eine
-unbedingte Nothwendigkeit ist, weil die Sittlichkeit, die öffentliche
-Ordnung und Reinlichkeit in den Straßen lediglich durch die Presse
-herbeigeführt wird. Der geringste Verstoß gegen Ruhe und Ordnung
-wird sofort zur Publicität gebracht. Aber wie ist es den Redaktoren
-möglich, so geschwind und unmittelbar ein solches Ereigniß rapportiren
-zu können? Der Verfasser glaubt nicht zu irren, wenn er den früher
-erwähnten Loafers, die in allen Straßen anzutreffen sind, einen
-großen Antheil an der Berichterstattung zuschreibt. Ihr Honorar kann,
-nach dem Preis der Blätter berechnet, freilich nicht von solcher Art
-sein, daß sie ihre jetzigen Schlafstellen auf dem Rasen gegen solche
-in Aster-House oder andern Hotels austauschen könnten, indeß wäre
-letzteres der Fall, so würden alle nächtlichen Vorfälle in den Straßen
-für die Redacteure verloren gehen.</p>
-
-<p>Was nun den allgemeinen Charakter der Amerikaner betrifft, so wird von
-vielen Autoren, besonders auch von den neuesten Reisebeschreibern,
-dem Amerikaner der V. S. Geldbegierde oder Habsucht zur Last gelegt.
-Ehe ich das Resultat meiner Beobachtungen hierüber ausspreche, muß
-ich Folgendes bemerken: Ist dieser Vorwurf, den die Europäer den
-Amerikanern machen, gegründet, so fällt er auf die Europäer selbst
-zurück; sind denn die Einwohner der V. S., mit Ausnahme weniger
-eigentlicher Amerikaner,<span class="pagenum"><a name="Seite_218" id="Seite_218">[S. 218]</a></span> von indianischer Abkunft, nicht alle
-Europäer?<a name="FNAnker_M_13" id="FNAnker_M_13"></a><a href="#Fussnote_M_13" class="fnanchor">[M]</a> Hört denn der in Amerika geborene Deutsche oder Franzose
-auf, Deutscher und Franzose zu sein, und wird durch das Wohnen daselbst
-zum Amerikaner? Wenn ein Edelmann im Kuhstalle geboren würde, wäre er
-dann zum Bauer geworden? Also nicht der Ort bestimmt die Abstammung,
-sondern das Volk, zu dem man ursprünglich gehört. Es wäre also zu
-untersuchen, durch welche von den verschiedenen Abkömmlingen die
-Geldbegierde hierher verpflanzt worden sei. Eine solche Untersuchung
-aber führt uns auf die Engländer zurück, die, wenige Ausnahme
-abgerechnet, überall den Hauptbestand der Bevölkerung in den nördlichen
-Staaten bilden, und Sprache, Sitte und den Volkscharakter bestimmt
-haben. Und der Apfel fällt, wie man weiß, nicht weit vom Stamme.</p>
-
-<p>Da die Bewohner der V. S. also von so verschiedener Abstammung sind, so
-ist es unstatthaft, dieselben unter dem Namen von Amerikanern als ein
-so oder solches Volk zu charakterisiren und Alles über einen Leisten
-zu schustern, wie es gewöhnlich geschieht. Der Verfasser wird sich
-daher bemühen, diese Amerikaner nach ihrer verschiedenen Abstammung
-zu sondern und jeder einzelnen Abtheilung ihr Recht widerfahren zu
-lassen. Und zunächst wollen wir, da doch nun einmal auch in Amerika die
-Frauen den Männern vorangehen, auch hier den Amerikanischen Frauen den
-Vortritt gestatten.</p>
-
-<p>Die Amerikanerinnen sind Freie, ohne frei zu sein und sehr schön. Wäre
-ich Besitzer der Stobwasserschen Dosenfabrik, ich würde den Maler
-zum Einsammeln von<span class="pagenum"><a name="Seite_219" id="Seite_219">[S. 219]</a></span> schönen Modellen weiblicher Köpfe nach den V. S.
-schicken, denn besonders in letzterer Hinsicht sind die Amerikanerinnen
-ausgezeichnet.</p>
-
-<p>Daß man unter allen in Amerika Geborenen keinen Einzigen mit den
-Grundsätzen eines Diogenes findet, ist wahr, allein ein solcher
-Sonderling von Enthaltsamkeit möchte heutiges Tages auch in Europa
-schwer anzutreffen sein. In der Tonne will Keiner mehr residiren; Jeder
-strebt nach bequemer Wohnung, nach Annehmlichkeiten im Leben u. s.
-w., und da solche Dinge uns nicht von selbst besuchen und zu unserm
-Gebrauche sich darbieten, sondern nur gegen Geld zu haben sind, so
-ist Keinem zu verargen, daß er nach Geld strebt. Tritt man in Amerika
-in Männergesellschaften, so bemerkt man keinen Diogenes darunter, man
-sieht sogleich das Zusammengesetzte der Bevölkerung; sie ist mit einem
-Vaudeville zu vergleichen, in welchem man hin und wieder Musikstücke
-berühmter Meister auffindet, wodurch die Bilder angenehm verlebter
-Zeiten in der Seele wieder auftauchen, und während man hierbei in der
-Vergangenheit schwärmt, überhört man manche Stücke, die wenig oder
-gar kein Interesse für uns haben. Wer nun aber nach einem oder zwei
-Stücken, die ihm gerade auffallen, das ganze Vaudeville beurtheilt,
-der ist ein schlechter Kritiker; eben so leichtsinnig und ungerecht
-urtheilen die Autoren, welche, wie schon bemerkt, nur von einem
-allgemeinen Amerikaner sprechen, der gar nicht existirt.</p>
-
-<p>Die Amerikaner sind, so weit meine Erfahrung reicht, in folgende vier
-Klassen einzutheilen:</p>
-
-<p>1. Der eigentliche Amerikaner indianischer Abstammung. Betrachtet man
-denselben genauer, so entdeckt man bald etwas Originelles, oder, besser
-gesagt, etwas Wildes an ihm. Man könnte ihn mit einem wilden Vogel
-vergleichen, der aus dem Nest genommen und wie ein Hausthier erzogen
-worden ist, in welchem aber plötzlich<span class="pagenum"><a name="Seite_220" id="Seite_220">[S. 220]</a></span> sein natürlicher, in die Welt
-mitgebrachter Instinkt zur Wildheit wieder auflebt, der ihn zur Flucht
-aus dem friedlichen Erziehungsorte seines Wohlthäters antreibt. Ich sah
-eines Tages einen im Rufe stehenden Amerikaner von Indianischem Stamme,
-auf einem mit Sammet überzogenen Sopha ausgestreckt und die schmutzig
-bestiefelten Füße auf dasselbe erheben, um sich durch Anstemmen gegen
-die kostbar gemalte Seitenwand des Zimmers in eine bequemere Lage zu
-bringen.</p>
-
-<p>2. Der Deutsche, den ich als Deutscher dem Eingebornen zunächst
-anführe, ist, wie überall, auch in Amerika bald zu Hause, ja er scheint
-fast in Amerika mehr einheimisch zu werden, als er es in Deutschland
-sein würde. Die Kost kömmt ihm dort besser vor als zu Hause, der
-amerikanische Essig hat nach seinem Geschmack mehr Weinartiges,
-als der Rhein- und Moselwein; das Bier ist nach seiner Meinung das
-allerbeste, welches in der Welt gebraut wird und die amerikanischen
-Banknoten übersteigen in seinen Augen den Werth der Friedrichsd’ors;
-mit Einem Worte, er bildet sich ein, Amerikaner zu sein. Ich meine hier
-natürlich diejenigen Deutsche, welche sich in den letztern Jahren dort
-angesiedelt haben, denn dort geborene Abkömmlinge früherer Einwanderer
-sind freilich von ganz anderem Schlage. Die letztern freuen sich, wenn
-sie einen deutschen Abkömmling erblicken; sie bemühen sich um seine
-Bekanntschaft, um ihm erzählen zu können, daß seine Voreltern Deutsche
-gewesen; man hört ihn mit Vergnügen die alten deutschen Sprüchwörter
-aussprechen und befolgen; kurz das deutsche Gemüth ist in ihnen noch
-nicht erstorben.</p>
-
-<p>3. Der Franzose weicht in jeder Beziehung von dem Amerikaner und
-Deutschen ab. Er bleibt in Amerika, wie überall, Franzose in Sprache,
-Kleidung und Lebensweise; er ist Franzose von Anfang bis zu Ende; er
-fühlt sich glücklich, Republikaner zu sein, und noch glücklicher,<span class="pagenum"><a name="Seite_221" id="Seite_221">[S. 221]</a></span>
-nicht zu den Yankees gezählt zu werden. Er politisirt noch mehr als
-diese, flickt an Staat und Regierung, ist Staats-Oekonom, trinkt viel
-Bordeaux-Wein (Essig), mit Wasser versetzt, ißt nach vaterländischer
-Weise seine dreifache Portion Brod zu der Suppe und erblickt schon in
-seiner Einbildung freudig die gefüllten Geldsäcke, welche zu gewinnen
-er hierher gekommen ist. Am wenigsten wird man unter den Franzosen
-einen Diogenes finden, denn Geld, recht viel Geld zu gewinnen, ist die
-Tendenz ihres Treibens.</p>
-
-<p>4. Jetzt gehe ich zu den eigentlichen Yankees über, die bei Weitem den
-größten Theil der Bevölkerung ausmachen. Auch hier müßte man wieder
-das englische, das schottische und das irische Blut unterscheiden,
-was jedoch mich hier zu weit führen würde; ich werde nur zwei Klassen
-unterscheiden: die erste, der Abkömmlinge derjenigen, die sich seit
-der Besitznahme Amerika’s dort niedergelassen haben, und die zweite
-derer, welche nach und nach die Gewinnsucht dorthin geführt hat. Aber
-sind denn die Engländer gewinnsüchtig? Der scharfblickende Napoleon
-schilderte England als ein von Krämern bewohntes Land. Ein Krämer aber
-muß, um als Krämer zu gelten, gewinnsüchtig sein: folglich wird man die
-Gewinnsucht der englischen Nation nicht absprechen können.</p>
-
-<p>Die erste Klasse oder die von der früheren Generation sind allerdings
-Sonderlinge, jedoch keinesweges, wie sie von so manchen Autoren
-ausgeschrieen worden sind, Geldbegierige; sie sind lebenslustige
-Menschen und streben daher nach Geld, um sich die Annehmlichkeiten des
-Lebens, nach denen sie verlangen, zu verschaffen. Diesem Yankee ist
-schon aus dem Grunde Nichts zu theuer, weil er sich durch splendide
-Ausgaben von den alltäglichen Yankees zu unterscheiden wünscht; er
-wirft daher mit dem Gelde um sich. Die Unterhaltung des Yankee ist
-nicht eben sehr unterhaltend; denn er ist mit sich selbst<span class="pagenum"><a name="Seite_222" id="Seite_222">[S. 222]</a></span> uneinig,
-ob er Engländer oder Nicht-Engländer sein soll und ist daher für die
-Gesellschaft? &mdash; ein Yankee, jedoch ist er klug genug, sich in dieser
-Yankee-Rolle angenehm zu machen und verdient also nicht zu den Dummen
-gezählt zu werden; denn derjenige, der seine Dummheit zu verbergen
-weiß, kann wohl zu den Klugen gerechnet werden. Da wissenschaftliche
-Bücher, wie schon bemerkt, keine Abnehmer bei ihnen finden, so ist es
-wohl selten, daß man wissenschaftlich Gebildete unter ihnen findet;
-die Wissenschaft des Reichwerdens ist die einzige, die sie mit Glück
-cultiviren, ja sogar mit der leeren Hand sich anzueignen verstehen,
-indem die Regierung den Acker Landes für 1¼ bis 1½ Piaster (der
-im cultivirten Zustande den hundertfachen Werth hat) hingiebt; indeß
-sind diese gerade die Geachtetsten in den V. S., und verdienen es auch!</p>
-
-<p>Die zweite Klasse der Yankees ist zusammengesetzt aus lauter Engländern
-der letzten Generation und denen, welche unter dem Beistand Gottes, der
-vielen Banken Englands und der V. S., auch nicht minder zur Freude der
-Fabrikanten in England, ihr Geschäft in Amerika treiben. Sie denken
-stets an ihr Mutterland, sie finden es zwar nicht schlecht in den V.
-S., da sie ja hieselbst ihren Endzweck des Geldverdienens erreichen,
-und dabei auch recht gut leben, allein dennoch denkt Jeder nach Lord
-Byron’s Spruch:</p>
-
-<div class="poetry-container">
- <div class="poetry">
- <div class="stanza">
- <div class="verse">England! with all thy faults, I love thee still.</div>
- </div>
- </div>
-</div>
-
-<p class="p0">Und sehr natürlich! der Engländer fühlt sich nur in England zu
-Hause; fehlt ihm doch überall das englische Kohlenfeuer, sein Topf
-Porter-Bier, sein beaf-steak und seine langen Parlaments-Reden, welche
-selbst Lord Byron als die vier köstlichsten Dinge Englands schildert:
-und hätte er dieses alles, so fehlen ihm noch seine heimathlichen
-starken Herbstnebel. Diese letzte Klasse, welche den vierten Theil
-der Bewohner in den V. S. ausmacht,<span class="pagenum"><a name="Seite_223" id="Seite_223">[S. 223]</a></span> trägt wenig zur geselligen
-Unterhaltung bei, jedem diesen Leuten die Worte „money making“ (Geld
-verdienen) stets in ihren Ohren klingen. Aus diesen Gründen also ist
-die Unterhaltung dort sehr trocken. Dagegen findet man überall in allen
-Städten, Flecken und Dörfern ein außerordentlich reges Treiben, da
-Jeder verdienen will; das Wort „Genügsamkeit“ kennt Niemand, deshalb
-verderben auch so Viele.</p>
-
-<p>So angenehm auch das Reisen überhaupt erscheinen mag, so wird doch
-der Leser, der meiner Erzählung mit Aufmerksamkeit und wohlwollendem
-Vertrauen gefolgt ist, mit mir der Meinung sein, daß Jemand, der, sei
-es zum Vergnügen oder zur Ausdehnung von kaufmännischen Geschäften,
-eine Reise unternehmen will, keine glückliche Wahl trifft, wenn er
-sich die V. S. oder Westindien wählt. Mag auch Westindien für den
-Naturforscher vieles Anziehende darbieten, so haben doch die dort
-einheimischen epidemischen Krankheiten, das gelbe Fieber, das schwarze
-Erbrechen, die Cholera, verbunden mit der erbärmlichen Lebensweise, so
-viel Abschreckendes, daß die meisten Naturforscher wohl sich freuen,
-wenn sie diesem Lande den Rücken kehren können. Eben so wenig aber
-sind die V. S. dem Reiselustigen zu empfehlen. Schon die Fahrt dahin
-ist theils höchst gefährlich, theils höchst langweilig, mag man sich
-nun der Dampfschiffe bedienen, von deren Gefährlichkeit oben die Rede
-gewesen ist, oder der Segelschiffe, die zum Wenigsten 6&ndash;8 Wochen Zeit
-gebrauchen, um die Strecke von 3228 Meilen von Portsmouth bis nach
-New-York zurückzulegen. Während man im cultivirten Europa überall
-vernünftige oder interessante Unterhaltung und geistreiche Getränke
-in geselligen Circeln findet, vermißt man beides im neuen Welttheil,
-dessen Cultur noch in der Kindheit ist. Man muß sich also für das Opfer
-der geselligen Freuden entweder am Spieltisch zu unterhalten suchen,
-oder man muß höchst mittel<span class="pagenum"><a name="Seite_224" id="Seite_224">[S. 224]</a></span>mäßige Theater und Concerte für enorm hohe
-Entrée-Preise besuchen, wird dabei noch im Genuß ganz gestört und fühlt
-die Ohren zerrissen durch das ununterbrochene Beifallklatschen und
-Dacaporufen der Yankees. Beim Reisen in Europa braucht der Reisende
-nicht unbequem in Boarding-Häusern und von außen groß scheinenden
-Hotels zu wohnen; er wird bei der Abreise keine Rechnungen bezahlen
-müssen für Speisen und Getränke, die er hätte genießen können und nach
-der Meinung des Gastwirths hätte genießen können, aber er logirt in
-reinlichen Gasthöfen und wird von ehrlichen Aufwärtern bedient. Mit der
-dienenden Klasse hat es in Amerika seine eigene Bewandniß: Niemand will
-hier als Diener angesehen sein, da es nach dem Gesetz keine persönliche
-Unterwürfigkeit geben kann, und da Hülfsleistung weit höher als
-Dienstleistung abgeschätzt werden muß, auch nach der Meinung Vieler gar
-nicht zu bezahlen ist, so will jeder Diener sich als Gehülfe behandelt
-wissen. Zieht man alle diese Umstände in Erwägung, so wird man von dem
-Entschluß, eine Reise nach den V. S. zum Vergnügen zu unternehmen, bald
-zurückkommen.</p>
-
-<p>Die Kaufleute, welche Speculations-Reisen nach den V. S. zu machen
-gedenken, mögen die von mir dargelegten Beobachtungen und Erfahrungen
-wohl erwägen, ehe sie zur Ausführung schreiten; mögen sie um so
-mehr dabei bedenklich sein, wenn sie die dortige Justizpflege
-berücksichtigen, nach welcher Jahre verstreichen, ehe man Prozesse
-durch Advocaten eingeleitet sieht. Ergo, ist die neue Welt wunderschön
-und gut, so kann ich mich doch aus vielen angeführten und anderen
-Gründen des Urtheils nicht enthalten, daß die alte Welt besser ist. Und
-selbst auch, was das Geldverdienen betrifft: sollte es nicht leichter
-sein, in dem mit so vielen physischen, moralischen und pecuniären
-Mitteln ausgerüsteten Europa, welches eine Bevölkerung von 220 bis
-230 Millionen zählt, sein<span class="pagenum"><a name="Seite_225" id="Seite_225">[S. 225]</a></span> Brod zu erwerben, als in den V. S. und
-ganz Westindien, welche inclusive Neger, Mulatten u. s. w., kaum 35
-Millionen aufweisen können? Wer freilich Chatham und dergleichen Erwerb
-aufzusuchen sich geneigt fühlt, der mag immerhin Europa verlassen!</p>
-
-<p>Endlich war der von mir ersehnte Tag da; die Brittish Queen war
-angekommen und wollte nur einige Tage in New-York verweilen. Da ich so
-ziemlich alles Sehenswerthe in Augenschein genommen hatte, so konnte
-die Verkürzung der Frist mir nur angenehm sein. Etwas jedoch, was mir
-sehr am Herzen lag und was ich bisher versäumt hatte, war noch zu thun
-übrig, nämlich den berühmten Redacteur des Morning Herald zu besuchen.
-Dieser Mann, dessen Blatt im ganzen Lande mit großer Begierde gelesen
-wird, ist meines Erachtens eine der Hauptpersonen im Lande; sein Lob
-und Tadel wird geliebt und gefürchtet, wie das eines Lehrers von seinen
-Schülern. Ohne diesen Mann persönlich kennen gelernt zu haben, wollte
-ich nicht gern von New-York abreisen. Ich theilte mein Vorhaben dem
-obenerwähnten deutschen Doctor mit; dieser aber äußerte, es sei hierzu
-wahrscheinlich zu spät, da jener Mann selten Jemand vor sich lasse; er
-selbst habe in dieser Beziehung vergebliche Versuche gemacht.</p>
-
-<p>Als geübter Bekämpfer von Schwierigkeiten aller Art trat ich am Tage
-vor meiner Abreise meine Wanderschaft nach seinem Bureau an. Zwar
-wurde ich von seinen Untergebenen abgewiesen; da ich aber vernahm, daß
-er in seinem Arbeitszimmer, 1 Treppe hoch, sich befinde, so ging ich
-sofort hinauf. Er empfing mich sehr artig; zunächst gab ich ihm den
-Endzweck meines Besuches zu erkennen, daß ich von seinem vielgelesenen
-Blatte ein Exemplar in Berlin, wohin ich am folgenden Tage abreise,
-jede Woche zu erhalten wünsche. Er freute sich, daß ihn ein Preuße mit
-seinem Besuch beehre und sprach<span class="pagenum"><a name="Seite_226" id="Seite_226">[S. 226]</a></span> Vieles zum Lobe unserer Landsleute.
-Hierauf richtete er mehrere Fragen an mich in Beziehung auf die V. S.,
-wahrscheinlich in der Erwartung, Amerika gepriesen zu hören. Da ich
-indeß in meinem Urtheile stets meiner Ueberzeugung folge, so sah er
-sich zuletzt zu der ausdrücklichen Frage getrieben, ob die Amerikaner
-nicht erstaunende Fortschritte gemacht hätten, worauf ich entgegnete,
-daß sie bei dem guten Willen, den wir Europäer für sie gezeigt, indem
-wir ihnen die Quintessenz unserer lebenslustigen Genies zukommen
-ließen, viel weiter sein müßten, als sie sind. Er lachte und meinte,
-man müsse nicht außer Acht lassen, daß das Land noch sehr jung sei;
-hierauf bemerkte ich, daß man mit der Jugend begangene Thorheiten nicht
-immer beschönigen könne u. s. w. Er entließ mich beim Abschiede höchst
-artig und ich verließ ihn ganz befriedigt, da ich nicht weniger, als
-ich erwartete, in ihm gefunden hatte.</p>
-
-<p>Mit Sehnsucht erwartete ich den Tag meiner Abreise, der mit dem 1.
-August erschien. Am Bollwerk wimmelte es von Neugierigen, so daß
-ich nur mit Mühe zum Schiff gelangen konnte; Jeder wünschte, das
-majestätische Schiff sich in der Nähe ansehen zu können, allein, daß
-den Majestäten schwer zu nahen ist, bewährte sich auch hier, denn
-die vom Capitain aufgestellten Mulatten-Wachen ließen das abweisende
-Wort vernehmen: die freien Entreen sind ohne Ausnahme nicht gültig.
-Es war für die Stadt ein Festtag, denn neben den 2 Dampfschiffen,
-die heute abfahren sollten, nämlich außer der Brittish Queen und der
-Great Western, segelten noch 4 andere Schiffe an diesem Tage ab, und
-entführten der Stadt 6 bis 700 Seelen. Alle Schiffe, die Ufer und
-die auf diesem befindlichen Häuser waren mit Menschen übersäet und
-zu unserer Begleitung waren sechs Dampfschiffe mit allen nöthigen
-Erfrischungen für 8&ndash;10,000 Personen ausgerüstet und mit Musik-Chören
-versehen; man sah Flaggen<span class="pagenum"><a name="Seite_227" id="Seite_227">[S. 227]</a></span> in den vielfältigsten Farben wehen. Unter
-den 6 Schiffen zeichnete sich das für Seereisen bestimmte Dampfschiff
-Neptun in jeder Hinsicht aus. Seiner Pflicht eingedenk, benahm sich
-der mächtige Gott nicht anders, denn als Begleiter; um den schuldigen
-Respect nicht außer Acht zu lassen, folgte er der kraftvollen Königin
-auf der Ferse und seine Hofkapelle mußte immerfort das „God save the
-Queen“ executiren, worauf ein allgemeines Hurrah erschallte. Unser
-Capitain zeigte sich jetzt, wie zu erwarten stand, dem Wassergotte
-dankbar; er supplicirte nämlich bei der brittischen Majestät, daß sie
-sich ihrer Macht und Schnelligkeit nicht überheben wolle. Wir bewegten
-uns demnach sehr langsam vorwärts und hatten recht lange das Vergnügen,
-den herrlichen Inhalt jener 6 Schiffe mit der Elite der New-Yorker
-Frauen in unserer Nähe zu sehen. Es war ein herrlicher Anblick, die
-liebenswürdigen Amerikanerinnen zu sehen, wie sie mit ihren weißen
-Battist-Tüchern wehten und den Abschied zuwinkten; ich glaube, der
-festeste Hagestolz hätte nicht ungerührt dabei bleiben können. Auch
-in meiner Brust stiegen Wünsche auf und &mdash; was wäre der Mensch ohne
-Wünsche!</p>
-
-<p>Das Wetter war ausgezeichnet schön und die Zeit, welche zur Fahrt bis
-zum Hafen erfordert wird, verstrich sehr bald. Jetzt erfolgte der
-Abschiedsgruß und nachdem dieser mit großer Innigkeit ausgedrückt war,
-wurde mit Trompetenschall zum Mittagessen eingeladen. Da jede Freude
-um so stärker empfunden wird, wenn ihr ein Schmerz vorangeht, so mußte
-jetzt der Anblick eines im prächtigen Salon in silbernen Gefäßen auf
-den Tischen prangenden Mittagessens bei den Meisten wenigstens sehr
-freudige Empfindungen erregen. Es war Alles so reich servirt, daß der
-Werth der silbernen Geräthe vielleicht zur Erhaltung der Banken in
-Philadelphia hätte zureichen dürfen.</p>
-
-<p><span class="pagenum"><a name="Seite_228" id="Seite_228">[S. 228]</a></span></p>
-
-<p>Vor Allem erhielt jeder der Passagiere die polizeilichen
-Schiffsverordnungen auf einer Carte; hiernach durfte vom Anfang bis zu
-Ende der Reise der Platz bei Tische nicht gewechselt werden, es war
-bestimmt, auf wie viele Bettüberzüge und Handtücher man Anspruch machen
-dürfe. Unstreitig gehörte die Bestimmung, daß nach 11 Uhr kein Licht in
-irgend einem der Zimmer geduldet werden solle, zu den allerbesten, und
-es wurde auch sehr strenge darauf gehalten.</p>
-
-<p>Die Gesellschaft in beiden Cajüten bestand aus etwa 110 bis 130
-Personen; daß daher die Rückreise bei dieser bessern und zahlreichern
-Gesellschaft mir mehr Unterhaltung gewähren werde, als die Hinreise auf
-dem Quebeck, war zu erwarten. Bald zeigte sich dies aber auch deutlich,
-indem man sich allgemein mir näherte und ich bei meinem Namen angeredet
-wurde. Die Ursache hiervon aufzufinden gelang mir mit allem Nachdenken
-nicht, bis ich endlich, als wir uns zum Mittagessen niedersetzten,
-Aufschluß darüber erhielt. Mein Platz am Tische wurde mir nämlich in
-der Nähe des Capitain Roberts angewiesen; Capitaine aber präsidiren in
-der Regel auf allen Schiffen beim Mittagessen. Dieser Capitain, welcher
-früher im Dienste der Königlichen Marine gestanden hatte, und also ein
-höchst gebildeter und charmanter Mann war, reichte mir ein Extra-Blatt
-des Morning Herald, welches eine Stunde vor unserer Abfahrt erschienen
-war, mit der Aufforderung, die durch seinen Finger bezeichnete Stelle
-zu lesen. Wie erstaunte ich, als ich den Endzweck meiner Reise durch
-den Redakteur dieses Blattes, zwar sehr schmeichelhaft für mich,
-allein auf ganz entgegengesetzte Weise berichtet fand! Er ließ mich
-nämlich in der Eigenschaft eines Schriftstellers und zwar auf Kosten
-der Preußischen Regierung reisen. Ich bedauerte die Unwahrheit des
-ganzen Aufsatzes, hätte aber wohl gewünscht, daß ein Theil davon,
-daß ich nämlich auf Kosten der<span class="pagenum"><a name="Seite_229" id="Seite_229">[S. 229]</a></span> Regierung reise, wahr gewesen wäre.
-Der Aufsatz schloß mit der Versicherung, daß mein, wie er hoffe,
-bald herauskommendes Buch über die V. S. seiner Meinung nach zu den
-besten bis jetzt erschienenen werde gezählt werden können. Sollte
-der Redakteur zu dieser Meinung durch meine Urtheile über die V.
-S. veranlaßt worden sein? In diesem Falle könnte ich mich seiner
-Zustimmung zu meiner Ansicht versichert halten und die Zustimmung eines
-solchen Mannes wäre mir in jeder Hinsicht angenehm.</p>
-
-<p>So unangenehm mir indeß jener Irrthum war, den ich nicht ermangelte,
-dem Capitain zu bezeichnen, so war mir derselbe doch nach genauer
-Erwägung nicht unwillkommen. Der Redakteur jenes Blattes hatte die
-ganze Masse von 600 Personen, die an jenem Tage New-York verließen,
-analisirt und nur sieben männliche Personen, unter welchen auch
-ich mich befand, von der Vagabonden-Liste ausgeschlossen: außer
-diesen sieben und 200 Matrosen, waren sämmtliche übrigen Passagiere
-Spitzbuben, Taschendiebe, Spieler von Profession, Stock-Jobbers,
-Menschen ohne Beschäftigung, Herumtreiber (Loafers). Darunter sind
-jedoch nicht zu vergessen: 24 alte Jungfern, 36 tugendhafte Frauen und
-5 Prediger, welche unnamhafter Weise unter jenen aufgeführt waren.</p>
-
-<p>Die ganze Reise war Jedem höchst angenehm, weil einer von den
-Direktoren der Dampfschifffahrts-Gesellschaft (Namens Lare) sich auf
-dem Schiffe befand und in Verbindung mit dem Captain Roberts Alles
-aufbot zum Vergnügen der Gesellschaft, und Alles abzustellen suchte,
-was nur den Schein von Kleinheit hatte. Hiervon will ich nur einen
-geringen Beweis anführen. Das Signal zum Aufstehen, welches des Morgens
-um acht Uhr auf einer Trompete gegeben wurde, stimmte ganz mit dem
-überein, welches in deutschen Dörfern die Hirten beim Heraustreiben des
-lieben Viehes vernehmen lassen. Als ich dies<span class="pagenum"><a name="Seite_230" id="Seite_230">[S. 230]</a></span> eines Morgens scherzhaft
-berührt hatte, wurde dem Schiffs-Componisten (wie denn überhaupt
-für jedes Geschäft besondere Officianten sich am Bord des Schiffes
-befinden, z.B. zum Entpfropfen der Flaschen, zum Abfeuern der Kanonen
-u. s. w.) der Befehl gegeben, ein für menschliche Ohren angenehmes
-Thema zu wählen, worauf denn dieser, mit dem letzten Componisten der
-großen Oper Amalie wetteifernd, ein Thema componirte, wie es die
-Preußischen Extra-Post-Postillons blasen, &mdash; es war klassisch!</p>
-
-<p>Da sich der Capitain das Interesse der Passagiere so sehr angelegen
-sein ließ, so machte ich der Gesellschaft den Vorschlag, unsere
-Erkenntlichkeit durch ein Geschenk an den Tag zu legen. Mein
-Vorschlag fand Anklang und bald waren 50 L. St. zur Anschaffung eines
-Silbergeschirres, worauf die Namen der Steuerer zu engraviren wären,
-zusammen. Die sich hiervon ausschlossen, sollten, wie man mir sagte,
-Banquiers aus Philadelphia sein; waren sie vielleicht schon mit ihrer
-Baarzahlung, die hier in Gold entrichtet werden mußte, auf der Hut, so
-hat ihnen ihre Vorsicht nichts geholfen, denn die Banken Philadelphias
-sind gefallen.</p>
-
-<p>Die Zeit auf der Reise verstrich mir unglaublich rasch; selten habe ich
-in meinem bereisten Leben 14 Tage mit solcher Ruhe und Zufriedenheit
-erlebt. Befand man sich im Saale, welcher ganz in der Form des
-Audienz-Saales der Königin Elisabeth erbaut und ganz im Geschmack
-dieser Zeit und mit derselben Pracht decorirt war, beim Mittagessen, so
-hätte man glauben können, sich bei einer Königin zu Tische zu befinden,
-da Speisen sowohl als Getränke königlich waren. Zum Trinken feiner
-Weine findet Jeder bekanntlich leicht einen Beweggrund; ich fand einen
-solchen sehr häufig in der Aufforderung vieler Reisegefährten, welche,
-nachdem sie von dem Preußischen Schriftsteller im Herald gelesen, gern
-ein Gläschen Champagner mit mir leeren wollten, was ich<span class="pagenum"><a name="Seite_231" id="Seite_231">[S. 231]</a></span> denn auch
-annahm. Dieser Aufsatz im Herald bewirkte demnach meine Versöhnung mit
-einem Weine, den ich viele Jahre hindurch gehaßt hatte, wovon ich aber
-hier, seiner Vortrefflichkeit wegen, manche Flasche leerte.</p>
-
-<p>Am Abend vertrieb man sich die Zeit durch Spielen Vingt-un, Ecarté,
-Whist und Schach; die Vormittage wurden mit Wetten über die Meilenzahl,
-welche das Schiff in den letzten 24 Stunden zurückgelegt haben würde,
-hingebracht; nachdem die Observationen vollendet waren, wurde jene
-Meilenzahl durch ein Bulletin bekannt gemacht. Auch befanden sich
-Lotterie-Unternehmer am Bord, welche die Anzahl der während der letzten
-12 Stunden gemachten Meilen, mit der vermuthlichen Steigerung, auf
-Zetteln niederschrieben, zusammenrollten und aus einem Hut ziehen
-ließen. Der Preis eines solchen Looses war 2&ndash;4 Schillinge; wer nun die
-richtige Stunde gegriffen hatte, erhielt die ganze Summe. An den sehr
-bedeutenden Wetten nahmen nur die Engländer Theil, sie wurden meistens
-von 30 bis zu 50 L. St. abgeschlossen. Hierbei zeichnete sich vor Allen
-ein, wie es schien, unschuldiger Jüngling aus, angeblich Sohn eines
-englischen Lords. &mdash; Keine Summe schien ihm zu hoch zu sein; er wettete
-auf die unsinnigste Weise 50 L. St. gegen 20 L. St., was die Yankees
-zur Verbesserung ihrer Finanzen sehr zu benutzen sich angelegen sein
-ließen. Allein als wir in Portsmouth ankamen und die Comptanten zum
-Vorschein kommen sollten, siehe da! da waren keine zu finden. Es kam
-zu merkwürdigen Auftritten, die Gewinner drängten ohne alle Rücksicht
-auf den jungen Mann ein. Ein pensionirter englischer Oberst erhob
-sich zuletzt als Retter für ihn und bot seine Gehalts-Quittungen an
-Zahlungsstatt für den unerfahrenen jungen Mann. Man griff zu, aber
-da die Sicherheitspapiere nur für einen kleinen Theil des Verlorenen
-ausreichten, so begnügten sich Viele mit dem Ehrenworte des Jünglings,
-seine Schulden in Lon<span class="pagenum"><a name="Seite_232" id="Seite_232">[S. 232]</a></span>don bezahlen zu wollen. Unter seinen Gläubigern
-befand sich auch ein Franzose und dieser befand sich einmal, da
-jener wieder eine Wette abschloß, in meiner Nähe. Er zeigte seine
-Verwunderung über das unsinnige Wetten der Passagiere aus der ersten
-Cajüte und sagte: „dieser Herr wettet bedeutende Summen mit den Herren
-aus Ihrer Cajüte, während daß er uns allen, die mit ihm in der zweiten
-Cajüte sich aufhalten, kleine Summen, die er im Whist u. s. w. verloren
-hat, nicht bezahlt.“</p>
-
-<p>Als ich am folgenden Morgen beim Abschließen einer Wette von Bedeutung
-zwischen dem Lords-Sohn und einem Liverpooler Kaufmann hinzutrat,
-warnte ich den letztern vor einer gefahrvollen Wette, wobei Nichts
-zu gewinnen stehe; der Kaufmann hielt die Erzählung von Seiten des
-Franzosen für eine Verleumdung und erbot sich, sogleich die schuldige
-Summe dem Franzosen auszuzahlen, wenn er ihm eine schriftliche
-Anweisung auf seinen Schuldner einhändige. Der Franzose nahm nur die
-Hälfte des Belaufs und war sehr froh, so viel erwischt zu haben. Die
-Anweisung wurde auch später acceptirt, aber gleich den übrigen nicht
-ausbezahlt. Der Liverpooler Kaufmann, der in Portsmouth blieb, bat
-mich, an seiner Stelle sie in London einzukassiren; da aber jener mit
-dem Gelde sich nicht bei mir gemeldet hat, so wünsche ich, daß der
-Liverpooler Kaufmann seine Anweisung von mir in Empfang nehmen mag.</p>
-
-<p>In Portsmouth verließen uns auch diejenigen, welche ihre Reise nach
-Frankreich fortsetzen wollten und Alle nahmen einen recht innigen
-Abschied von uns. Der Wahrheit gemäß muß ich bekennen, daß mir derselbe
-mit wärmeren Ausdrücken als vielen Andern zu Theil wurde, indem man
-mir die Ehre erwiesen hatte, mir den Titel: leading soul of the
-company (leitende Seele der Gesellschaft) beizulegen &mdash; eine Folge des
-Champagner Geistes. Bei dieser Gelegenheit muß ich bemerken, daß ich
-mich zwar<span class="pagenum"><a name="Seite_233" id="Seite_233">[S. 233]</a></span> oft auf Paqueten in Gesellschaft vieler Passagiere befunden,
-aber nirgends diese Eintracht und Herzlichkeit wie hier bemerkt habe.
-Auch der Capitain äußerte sich auf dieselbe Weise gegen mich, dessen
-Urtheil um so ehrenvoller ist, da er das erste Dampfschiff Syrius
-nach Amerika geführt hat, weshalb man ihn auch in den sämmtlichen
-Amerikanischen Staaten zum Ehrenbürger ernannte und seinen Namen in den
-Annalen aufzeichnete.</p>
-
-<p>Von Gravesand aus mußten wir uns, wegen Mangel an Wasser, in der Themse
-ein kleines Dampfschiff miethen, indem wir sonst wohl 24 Stunden
-später in London angekommen wären. Der erste Steuerbeamte unseres
-Dampfschiffes expedirte einen Untergebenen mit unsern Effecten nach
-London ab; es wurde ihm ein Verzeichniß über Alles mitgegeben, welches
-er in London zur Bescheinigung vorlegen und zurückbringen sollte.
-Dieses schwerfällige Verfahren war für die Passagiere sehr unbequem.
-Man denke sich, welche Zeit dazu erforderlich war, das Gepäck von einer
-so großen Anzahl Reisender, wovon Niemand weniger als drei, Manche vier
-bis fünf Stücke hatte, vom Ufer nach dem Revisions-Saale hinzuschaffen
-und dies um so mehr, da nur vier Träger hierzu kommandirt waren, und
-der Ueberbringer darf nicht eher zur Ueberlieferung schreiten, bevor
-nicht jedes der mitgebrachten Stücke im Saale da liegt: mehrere Stunden
-vergingen, ehe das Geschäft beendet war. Sämmtliche Herren warteten
-im Nebenzimmer des Saales, aus welchem eine Thüre nach jenem führt
-und eben so an der andern Seite die Damen. Nach dem Verzeichniß der
-Angelangten, welches der Beamte von Gravesand mitgebracht hat, werden
-jene nun, der Reihe nach, aufgerufen und in den Saal hineingelassen.
-In den Gehirnen der sämmtlichen Revisoren befinden sich vermuthlich
-brennende Cigarren, und da Cigarren als Monopol der Regierung zu
-betrachten sind, indem für jedes Pfund neun Sch. (etwa drei Thlr.)
-Steuer<span class="pagenum"><a name="Seite_234" id="Seite_234">[S. 234]</a></span> gezahlt wird, so sehen die Revisoren in den Koffern, Säcken u.
-s. w. nichts als Cigarren.</p>
-
-<p>Da ich nur einige Tage in London zu verweilen mir vorgenommen hatte,
-so nahm ich nur so viel Cigarren mit, als ich auf meiner Reise bis
-nach Hamburg nöthig zu haben glaubte. Sie wurden gewogen und das
-Gewicht auf 14 Unzen angegeben. Beim Fortgehen wurde ich vom Beamten
-an Bezahlung der Steuergefälle für diese Cigarren erinnert, welche auf
-10 Sch. (3½ Thlr.) bestimmt wurden. Vertraut mit der Landessprache
-und den Gesetzen, erlaubte ich mir, gleich einem Eingebornen, den
-Steuerbeamten auf seine gesetzwidrige Forderung aufmerksam zu machen
-und die ihm gemäß der Constitution gebührenden Verweise zu geben.
-Hierauf erwiederte derselbe mit großer Gelassenheit: „Wenn Sie sich als
-Reisender zur Einführung einer Quantität Taback unter einem Pfund an
-Gewicht berechtigt glauben, so bezahlen Sie nichts dafür.“ Dies geschah
-denn natürlich.</p>
-
-<p>Sollte die englische Regierung nicht vielleicht noch einmal auf den
-Einfall kommen, zum Wohl und zur Erleichterung der Reisenden eine
-Revision wie die in Belgien einzuführen? Der Verfasser langte einst zu
-Antwerpen in Gesellschaft von 140&ndash;150 Passagieren an und überzeugte
-sich, daß sämmtliches Gepäck und Pässe in Zeit von einer ½ oder
-höchstens ¾ Stunde durch zwei Beamte, welche sich sogleich nach Ankunft
-des Dampfschiffes auf demselben eingefunden hatten, revidirt wurden.</p>
-
-<p>Mein Aufenthalt in London war, wie immer, nur von kurzer Dauer, da ich
-diesem bewundernswürdigen Orte nie Geschmack abzugewinnen vermochte. Es
-geht mir beinahe mit London, wie dem Philosophen Mendelssohn mit dem
-Schachspiel; er urtheilte, daß es als Spiel zu viel, als ernsthafte
-Sache zu wenig sei. Eben so ist mir London als Stadt zu groß, als
-Königreich aber zu gering; die unendliche Anzahl der Wagen und Karren
-in der City vom Mittag an bis um fünf Uhr Nachmittags muß Einem lästig
-werden.</p>
-
-<p><span class="pagenum"><a name="Seite_235" id="Seite_235">[S. 235]</a></span></p>
-
-<p>Die Caledonia nach Hamburg! hieß es, ein überaus rasches, der general
-steam-navigation-Company zugehöriges Schiff, in welchem sich mit jener
-Eigenschaft Pracht und Herrlichkeit vereinigt haben. &mdash; Allein was
-fand ich, als ich mich Morgens früh in die untern Räume begab, in
-welchen die Ausstreckplätze für Reisende sich befinden? Eine finstere
-Höhle, in welcher sich bereits sämmtliche Mitreisende am vorigen
-Abend eingefunden und auf das Lager ausgestreckt hatten, eine Höhle,
-angefüllt mit pestilenzialischen Gerüchen von altem Maschinen-Fett,
-von abgestandenem Seewasser u. s. w. Mir wurde beinahe übel davon und
-ich mußte dem Decke zueilen, um zur Besinnung zu gelangen. Zwei Nächte
-sollte ich hier zubringen? Nachdem ich eben die Brittish Queen und
-eins von den ersten Hotels verlassen hatte, mußte ich mich mit einem
-Orte begnügen, ähnlich dem, worauf die Arbeitsleute Londons für einen
-Pence schlafen. Indeß die Vernunft gebietet, Alles zu nehmen, wie es
-ist und davon zu abstrahiren, was es sein könnte; dieser Vernunftlehre
-folgte ich und fühlte mich daher nicht so unglücklich, wie mehrere
-meiner Reisegefährten, von welchen ich nur einige sehr hohe russische
-Staatsbeamten, einen General und einen Kaiserlichen Leibarzt, anführen
-will. Diese fühlten sich in der That sehr unglücklich und um nicht in
-jener mit grauenvollen Gerüchen überfüllten Höhle zu schlafen, legten
-sie sich unentkleidet auf die Sopha’s in der obern Cajüte.</p>
-
-<p>Am zweiten Tage zerbrach eine Maschine dieser prächtigen Caledonia,
-dennoch kamen wir weit rascher vorwärts als auf der Hinreise nach Hull
-mit den geschwinden zwei Maschinen der Rob Roy. Bald freute ich mich zu
-sehen, daß die hamburgischen Bootsleute noch gesund waren, uns rasch
-der Caledonia entführten, und bald überzeugte ich mich, daß sie den
-Werth der holsteinischen Zwei-Drittelstücke noch kannten, dies auch
-leider schwerlich bald verlernen werden.</p>
-
-<p><span class="pagenum"><a name="Seite_236" id="Seite_236">[S. 236]</a></span></p>
-
-<p>Da saß ich nun endlich wieder an der table d’hote bei dem freundlichen
-Wirth des Hotels St. Petersburg in der Mitte von Hamburgern.
-Wie ich schon früher wiederholt gethan; so nahm ich auch jetzt
-Gelegenheit, gegen das Verfahren der hamburger Regierung bei der
-Brief-Versendung nach England mich dahin auszusprechen: „daß es weit
-sicherer und zugleich auch vortheilhafter für Deutschland sein müsse,
-seine Correspondenz statt in einem für Reisende ganz ungeeigneten
-Dampfschiffe, lieber in einem von Hamburg aus besser ausgerüsteten,
-unter Aufsicht des Hamburger Postamts, befördert zu wissen. Dadurch
-würde der englischen Regierung das Amt eines General-Postmeisters
-für diesen Theil der deutschen Schifffahrt streitig gemacht und
-auch der Willkühr der general steam-navigation-Company in Erhebung
-des Passage-Geldes Schranken gesetzt.“ Obgleich die Zuhörer mir
-beipflichteten, so bin ich doch überzeugt, daß es beim Alten bleiben
-wird, weil in Hamburg in einem weit höhern Grade gemeiner Geist als
-Gemeingeist herrscht, was wohl dem Umstande zuzuschreiben ist, daß
-es auch daselbst zu viele Commissionaire giebt. Es wird Manchem
-unglaublich scheinen, wenn ich versichere, daß die größere Hälfte der
-Bevölkerung auf direktem oder indirektem Wege von Commissionsgeschäften
-nicht allein leben, sondern auch groß leben und zwar nicht selten 3&ndash;4
-Familien von einem und demselben Geschäft. Da giebt es Quartiers-Leute,
-Litzenbrüder, Mäkler u. s. w. in Legionen, welche Alle zur Erhaltung
-der Commissionaire auf das kräftigste wirken. Wer diese Wirksamkeit
-belohnen muß, ist sehr klar. Sollte indeß Hannover dem Zollverbande
-einstens beitreten, welches für diesen höchst wünschenswerth sein muß,
-weil er durch Embden einen Landungspunkt in der Nordsee erlangte, so
-dürften für Hamburg nach so viel fetten Jahren die magern nicht fern
-mehr sein.</p>
-
-<h2 class="s3" id="Verbesserungen">Verbesserungen.</h2>
-
-<table class="padbot3" summary="Verbesserungen">
- <tr>
- <td class="tdl">
- Seite
- </td>
- <td class="tdl">
- Zeile
- </td>
- <td class="tdc">
- &nbsp;
- </td>
- <td class="tdl">
- &nbsp;
- </td>
- <td class="tdc">
- &nbsp;
- </td>
- <td class="tdl">
- &nbsp;
- </td>
- </tr>
- <tr>
- <td class="tdc">
- 26
- </td>
- <td class="tdc">
- 24
- </td>
- <td class="tdc">
- statt
- </td>
- <td class="tdl">
- einem brennenden Cigarren,
- </td>
- <td class="tdc">
- lies:
- </td>
- <td class="tdl">
- brennender Cigarr
- </td>
- </tr>
- <tr>
- <td class="tdc">
- 33
- </td>
- <td class="tdc">
- &#8199;3
- </td>
- <td class="tdc">
- „
- </td>
- <td class="tdl">
- Handelsstand bier,
- </td>
- <td class="tdc">
- &mdash;
- </td>
- <td class="tdl">
- Handelsstand hier,
- </td>
- </tr>
- <tr>
- <td class="tdc">
- 46
- </td>
- <td class="tdc">
- 20
- </td>
- <td class="tdc">
- „
- </td>
- <td class="tdl">
- the hole in the wale,
- </td>
- <td class="tdc">
- &mdash;
- </td>
- <td class="tdl">
- the hole in the Wall
- </td>
- </tr>
- <tr>
- <td class="tdc">
- 52
- </td>
- <td class="tdc">
- &#8199;2
- </td>
- <td class="tdc">
- „
- </td>
- <td class="tdl">
- Gäng und Gäbe,
- </td>
- <td class="tdc">
- &mdash;
- </td>
- <td class="tdl">
- Gang und gebe
- </td>
- </tr>
- <tr>
- <td class="tdc">
- 64
- </td>
- <td class="tdc">
- 25
- </td>
- <td class="tdc">
- „
- </td>
- <td class="tdl">
- 40 Millionen,
- </td>
- <td class="tdc">
- &mdash;
- </td>
- <td class="tdl">
- 140 Millionen
- </td>
- </tr>
- <tr>
- <td class="tdc">
- 66
- </td>
- <td class="tdc">
- 19
- </td>
- <td class="tdc">
- „
- </td>
- <td class="tdl">
- Umstände,
- </td>
- <td class="tdc">
- &mdash;
- </td>
- <td class="tdl">
- Bestände
- </td>
- </tr>
- <tr>
- <td class="tdc">
- 67
- </td>
- <td class="tdc">
- 30
- </td>
- <td class="tdc">
- „
- </td>
- <td class="tdl">
- aus Spekulation,
- </td>
- <td class="tdc">
- &mdash;
- </td>
- <td class="tdl">
- auf Spekulation
- </td>
- </tr>
- <tr>
- <td class="tdc">
- 74
- </td>
- <td class="tdc">
- 33
- </td>
- <td class="tdc">
- „
- </td>
- <td class="tdl">
- aufgetrieben,
- </td>
- <td class="tdc">
- &mdash;
- </td>
- <td class="tdl">
- aufgerieben
- </td>
- </tr>
- <tr>
- <td class="tdc">
- 75
- </td>
- <td class="tdc">
- 19
- </td>
- <td class="tdc">
- „
- </td>
- <td class="tdl">
- 95 Piaster,
- </td>
- <td class="tdc">
- &mdash;
- </td>
- <td class="tdl">
- 98 Piaster, wie S. 1.
- </td>
- </tr>
-</table>
-
-<hr class="r30 break-before" />
-
-<p class="s6 center">Gedruckt bei <em class="gesperrt">A. W. Hayn</em>.</p>
-
-<hr class="r30" />
-
-<div class="chapter padtop3">
-
-<div class="footnotes">
-
-<p class="s3 center mtop1 mbot1">Fußnoten:</p>
-
-<div class="footnote">
-
-<p><a name="Fussnote_A_1" id="Fussnote_A_1"></a><a href="#FNAnker_A_1"><span class="label">[A]</span></a> Anmerkung. Es ist dem Verfasser nicht unbekannt, daß in
-den geographischen Handbüchern die Einwohnerzahl Cuba’s weit größer
-angegeben wird; allein bestimmt läßt sich dieselbe nicht angeben,
-da eine Zählung fast unmöglich ist; und nehmen wir auch an, daß sie
-früher über 900,000 Einw. betragen hätte, so sind doch an der Cholera
-150&ndash;200,000 Menschen, besonders Neger auf Cuba, gestorben, die noch
-nicht ersetzt sind, indem die erforderlichen Kapitalien dazu fehlen.</p></div>
-
-<div class="footnote">
-
-<p><a name="Fussnote_B_2" id="Fussnote_B_2"></a><a href="#FNAnker_B_2"><span class="label">[B]</span></a> Anmerkung. Dies sind diejenigen Ballen, die, wie früher
-bemerkt, für Ginghams, mithin für Baumwollen-Waaren einpassirten,
-ungeachtet es wollene Waaren waren; &mdash; eine Revision hat mithin nicht
-stattgefunden.</p></div>
-
-<div class="footnote">
-
-<p><a name="Fussnote_C_3" id="Fussnote_C_3"></a><a href="#FNAnker_C_3"><span class="label">[C]</span></a> Anmerkung. Es ist in Havana üblich, vor der Promenade an
-der Seeküste eine Tasse schwarzen Caffee zu trinken, um sie bis 9 Uhr,
-der Zeit des Frühstücks fortsetzen zu können. Diese Stunden aber werden
-allgemein als die passendsten zur Promenade angesehen, weil hier in
-den Morgenstunden gewöhnlich ein kühler Nord- oder Nordostwind weht,
-und man auch gewöhnlich an der Küste die Signale der sich annähernden
-Schiffe vom Fort durch Flaggen angezeigt findet.</p></div>
-
-<div class="footnote">
-
-<p><a name="Fussnote_D_4" id="Fussnote_D_4"></a><a href="#FNAnker_D_4"><span class="label">[D]</span></a> Anmerkung. Da es keine Bierbrauer in Havana giebt, so wird
-zum Aufgehen des Brodes Sauerteig genommen und mit Schweineschmalz
-vermischt.</p></div>
-
-<div class="footnote">
-
-<p><a name="Fussnote_E_5" id="Fussnote_E_5"></a><a href="#FNAnker_E_5"><span class="label">[E]</span></a> Anmerkung. Um dies zu erklären, muß ich Folgendes
-bemerken: hausirende Conditor-Neger tragen diese Delicen etwa eine
-Stunde vor dem Mittagsessen in kleinen Portionen à 4&ndash;8 Sgr. auf einem
-langen Brette auf dem Kopfe umher und da sich über den Confituren keine
-Decke befindet, so sind dieselben mit Staub bedeckt und mit kleinen
-Insekten überfüllt.</p></div>
-
-<div class="footnote">
-
-<p><a name="Fussnote_F_6" id="Fussnote_F_6"></a><a href="#FNAnker_F_6"><span class="label">[F]</span></a> Anmerkung. Panaly ist Zucker in Gestalt einer Honigscheibe
-aus rohem Zucker und Eiweiß, wodurch der Spanier seinen Sinnen
-geschmeichelt glaubt. Zwei Panaly, eine halbe Citrone und ein Glas
-Regenwasser wird mit 2 Gr. Cour. bezahlt und wird häufig und überall
-zur Abkühlung getrunken.</p></div>
-
-<div class="footnote">
-
-<p><a name="Fussnote_G_7" id="Fussnote_G_7"></a><a href="#FNAnker_G_7"><span class="label">[G]</span></a> Anmerkung. Kohlen ist einer der ersten Artikel in Havana,
-da Alles bei Holzkohlen gekocht wird, Schornsteine findet man hier nur
-bei Bäckern.</p></div>
-
-<div class="footnote">
-
-<p><a name="Fussnote_H_8" id="Fussnote_H_8"></a><a href="#FNAnker_H_8"><span class="label">[H]</span></a> Anmerkung des Verfassers. Jetzt vielleicht nur noch 20
-Millionen.</p></div>
-
-<div class="footnote">
-
-<p><a name="Fussnote_I_9" id="Fussnote_I_9"></a><a href="#FNAnker_I_9"><span class="label">[I]</span></a> Anmerkung. Zieht man den bedeutenden Belauf der
-geschmuggelten Waaren dabei noch in Erwägung, so zeigt sich der Ausfall
-in der Handelsbilanz noch größer.</p></div>
-
-<div class="footnote">
-
-<p><a name="Fussnote_J_10" id="Fussnote_J_10"></a><a href="#FNAnker_J_10"><span class="label">[J]</span></a> Anmerkung. Dieses Prachtgebäude kostet nicht mehr, aber
-auch nicht weniger als 1,900,000 Piaster, nämlich 1,300,000 P. das
-Gebäude, und 600,000 der Boden auf welchem es steht.</p></div>
-
-<div class="footnote">
-
-<p><a name="Fussnote_K_11" id="Fussnote_K_11"></a><a href="#FNAnker_K_11"><span class="label">[K]</span></a> Anmerkung. Der Gründer der ersten Landbank in Amerika
-war der Oberst Schute im Jahre 1715; für die eingezahlte baare Summe
-von 50,000 L. St. wurden Zettel ausgegeben. Durch eine scheinbare
-Unzulänglichkeit des neuen Zahlmittels wurde eine zweite Zettel-Ausgabe
-von 100,000 L. St. angeordnet. Man schrie bald über die Ueberschwemmung
-mit Papier, und die Zettel sanken unter die Hälfte des Nominalwerthes.
-Shirley (ein englischer Rechtsgelehrter) schenkte der Unordnung im
-Geldwesen seine Aufmerksamkeit, entfernte den größeren Theil des
-Papiergeldes allmählich aus der Circulation, und hob hierdurch den
-Cours desselben auf das Pari mit baarer Münze. Nach dem Aachener
-Frieden war indeß der Werth der Bankzettel dermaßen gesunken, daß man
-für 1200 L. St. Zettel nur 100 L. St. baares Geld erhielt. Im Jahre
-1750 wurde alles in den nördlichen Brittisch-Amerikanischen Kolonieen
-befindliche Papiergeld für werthlos erklärt.</p></div>
-
-<div class="footnote">
-
-<p><a name="Fussnote_L_12" id="Fussnote_L_12"></a><a href="#FNAnker_L_12"><span class="label">[L]</span></a> Anmerkung. Wir brauchen, ist die gewöhnliche Redensart,
-obgleich sie unrichtig ist, weil wir verbrauchen etc. gebraucht werden
-müßte.</p></div>
-
-<div class="footnote">
-
-<p><a name="Fussnote_M_13" id="Fussnote_M_13"></a><a href="#FNAnker_M_13"><span class="label">[M]</span></a> Anmerkung. Nach der Geschichte Virginiens unter König
-Jacobs Regierung, der Plymouth-Compagnie und der Puritaner (im Jahre
-1650) heißt jener Theil Amerika’s Neu England und die Bewohner
-desselben heißen ein Jahrhundert hindurch Britten, Holländer und
-Franzosen.</p></div>
-
-</div>
-
-</div>
-
-
-
-
-
-
-
-
-<pre>
-
-
-
-
-
-End of the Project Gutenberg EBook of Schilderungen des Treibens im Leben
-und Handel in den Vereinigten Staat, by Julius Ries
-
-*** END OF THIS PROJECT GUTENBERG EBOOK SCHILDERUNGEN DES TREIBENS ***
-
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