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diff --git a/44272-0.txt b/44272-0.txt new file mode 100644 index 0000000..727ecfe --- /dev/null +++ b/44272-0.txt @@ -0,0 +1,1150 @@ +*** START OF THE PROJECT GUTENBERG EBOOK 44272 *** + + SCHWARZ-WEISS-ROT + GROTESKEN + VON + MYNONA + + + MIT ZWEI ZEICHNUNGEN VON L. MEIDNER + + LEIPZIG + KURT WOLFF VERLAG + 1916 + + Gedruckt bei E. Haberland in Leipzig-R. + September 1916 als einunddreißigster Band + der Bücherei »Der jüngste Tag« + + COPYRIGHT 1916 BY KURT WOLFF VERLAG · LEIPZIG + + + + +SCHWARZ-WEISS-ROT + +ODER + +DEUTSCHLANDS SIEG ÜBER ENGLAND UNTER GOETHES FARBEN + + +ES ist im höchsten Grade ominös, daß Deutschland ganz buchstäblich _Goethes +Farben_ trägt, nämlich außer den Extremen aller Farben, Weiß und Schwarz, +gerade Rot, die Farbe aller Farben im Sinne Goethes; und daß Goethe mit +dieser seiner Farbenauffassung seit mehr als einem Jahrhundert so +vergeblich gerade gegen _England_, nämlich gegen den lichtverfinsternden +Farbenlehrer Isaac Newton kämpft, welcher in einer jede Treue des deutschen +Goetheauges verletzenden Art unglaublich falsch Farbe bekennt. + +Längst würde die deutsche Wissenschaft den farbenblinden Engländer mit +Goetheschen Waffen niedergestreckt haben, wenn dieser sich nicht auf der +Insel Mathematik mit scheinbarer Unüberwindlichkeit verbollwerkt hätte und +von dorther seit über 200 Jahren die Welt aller Farben despotisch +brutalisierte. Dieser Engländer lehrt messen und rechnen: aber Goethe lehrt +_sehen_! Und man soll doch erst sehen lernen, _bevor_ man zählt und mißt, +was man sieht. Es ist sehr charakteristisch für den Engländer, daß er sich +verrechnen muß, weil er mit seiner Rechenkunst zu voreilig ist -- und +sollte auch Jahrhunderte lang die scheinbare Präzision seiner Rechnung den +falschesten Postenansatz verdecken. Goethe wird hoffentlich mit Deutschland +so mitsiegen, daß Deutschlands Schulkinder sehr bald über die englischen +Farben lachen lernen, die angeblich im Lichte stecken, während sie sich für +jedes deutsche, d. h. Goethesche, also gesunde Auge ganz offenbar aus +Finsternis und Licht, aus _Schwarz und Weiß_ also, erzeugen und im Rot das +liebste Kind dieser Eltern haben: + + »Es stammen ihrer sechs Geschwister + Von einem wundersamen _Paar_« + +sagte bereits Schiller vor Goethe. Ein großer Rechenmeister war dieser +englische Fürst der Geister, Newton. Aber er hat ausgespielt, wenn +Deutschland auf preußische Manier und mit Goethes Augen _Schwarz-Weiß_ +sehen lernt: es wird sich dann das Rot noch göttlicher herausrechnen, wenn +es erst _sieht_, daß dieses freudig errötende Grau zwischen Schwarz und +Weiß so wenig aus dem Lichte allein stammt wie das preußisch nüchterne, das +ja ganz unverkennbar eine Mischung aus Schwarz und Weiß ist. Laßt Euch doch +nicht von englisch perfekter Rechenkunst betören, die auf Lug und Trug, auf +Augentäuschung beruht, und führt Eure Farben auch zum Sieg deutscher +Gründlichkeit unter dem Farben-Generalfeldmarschall Goethe, diesem +Über-Hindenburg aller Farbenlehre! + +Dadurch, daß Goethe auch ins _Schwarze_ getroffen hat, ist das Weiß erst +fähig geworden, Farben zu entbinden. Sie, wie der nur halbgesichtige +Engländer aus dem Weißen allein, dem Lichte, zu entwickeln, bloß um +bequemer, aber auch einfältiger _rechnen_ zu können, dazu rechnete Goethe +zu ehrlich, zu tief auch mit der Finsternis, dem Schwarz. Spiegelt sich +hierin nicht symbolisch unser politischer Konflikt mit einem Volke, das +aufgeklärtestes Licht heuchelt, indem es aber inwendig die bunt getigerte +Tücke der ganzen Finsternis verbirgt, während der echt aufgeklärte Deutsche +Goethe frei und offen außer _Weiß_ auch _Schwarz_ bekennt und die Iris des +_Friedens_ dazwischen farbig entbrennen läßt, welche im _Purpur_ ihre +feierlichste Vermählung hält? + +Zu verkennen, daß es ein echtes treues Schwarz gibt; sich anzustellen, wie +wenn es lauter Licht gäbe, während man sogar das schwärzliche _Indigo_ (!) +in diesem scheinbar lauteren Lichte verbirgt und, wann man will, berechnet +hervorbrechen läßt -- ist das nicht englisch? -- Und ist es nicht +kerndeutsch und Goethisch, daß Meister _Schwarz_ das Pulver erfunden hat: +und daß, genau so wenig wie _Grau_, sich Farbe bloß aus Weiß, sondern bloß +aus der _Vermischung_ von Schwarz mit Weiß gewinnen läßt, deren innigstes +Kind gerade Rot ist? -- Wenn Deutschland alle Welt versöhnen, vermählen +will, will England, um selber zu herrschen, überall entzweien; so wie +Newton lieber das Licht in sich selbst entzweit, statt es mit der +lichtlosen Finsternis nicht bloß gräulich, sondern farbenfroh zu vermählen: + + »_Entzwei_ und herrsche! + Tüchtig Wort. + _Verein_ und leite -- + Bess'rer Hort!« + +(Goethe.) + +England hat ausgespielt, auch in der Farbenlehre. Deutsche Farbenlehrer! +Beginnt endlich einzusehen, daß Ihr von England mit schlauen Rechenkünsten +um die halbe Wahrheit der Farbe betrogen werdet, und daß erst Goethe Euch +die _ganze_ gewährt. Und Goethe, der zuletzt lacht, wird Euch auch dazu +verhelfen, die besseren Mathematiker zu werden, weil er wie Kant den Mut +hat, offen und unverheuchelt mit der _negativen_ Größe, mit dem +ungeschminkten Minus und Schwarz der Finsternis zu rechnen, wie Dr. Luther +mit dem Teufel. Dieses englische Licht ist nur eine andere Finsternis, und +Deutschland kann von Goethe lernen, wie sich + + »Licht und Schatten + Zu echter Klarheit gatten.« + +Schwarz-Weiß-Rot: -- Mutter, Vater, Kind. In diesem Rot sind alle Farben +zusammen, es ist die Verschmelzung von Orange, also gesteigertem Gelb, mit +Violett, gesteigertem Blau; während Blau und Gelb sich im Grün vermischen, +dieser hoffnungsreichen Wurzel der Krone Rot. Welches »Wunder von Sinn im +Zufall«, daß Deutschlands Fahnenfarben das wahre _Emblem_ der Goethischen +Lehre bilden! Goethe stellte den Gegensatz offen dar, den es zu versöhnen +gilt, und er versöhnt ihn hochrot hochzeitlich. Der schlaue Engländer +verhehlt den Gegensatz, hüllt ihn in Unschuldsweiß und sucht ihn mit einer +erflunkert friedliebenden Einheit zu bezwingen, die, zur Unfruchtbarkeit +verurteilt, kriegerische Mißgeburten ausheckt. Im Zeichen Goethes, +Schwarz-Weiß-Rot, soll Deutschland auch wissenschaftlich siegen! Das +trübselige Schicksals_grau_ zwischen Licht und Finsternis zerreißt, und das +elend vom Engländer gequälte _Paar_ erglüht in der Freudenröte seiner +innigeren Vereinigung: + + »Nun lacht die Welt, + Der _grause_ Vorhang riß, + Die Hochzeit kam + Für Licht und Finsternis.« + + + + +GOETHE SPRICHT IN DEN PHONOGRAPHEN. + +EINE LIEBESGESCHICHTE + + +»ES ist doch schade«, sagte Anna Pomke, ein zaghaftes Bürgermädchen, »daß +der Phonograph nicht schon um 1800 erfunden worden war!« + +»Warum?« fragte Professor Abnossah Pschorr. »Es ist schade, liebe Pomke, +daß ihn nicht bereits Eva dem Adam als Mitgift in die wilde Ehe brachte, es +ist Manches schade, liebe Pomke.« + +»Ach, Herr Professor, ich hätte wenigstens so gern Goethes Stimme noch +gehört! Er soll ein so schönes Organ gehabt haben, und was er sagte, war so +gehaltvoll. Ach, hätte er doch in einen Phonographen sprechen können! Ach! +Ach!« + +Die Pomke hatte sich längst verabschiedet, aber Abnossah, der eine Schwäche +für ihre piepsige Molligkeit hatte, hörte noch immer ihr Ächzen. Professor +Pschorr, der Erfinder des Ferntasters, versank in sein habituelles +erfinderisches Nachdenken. Sollte es nicht noch jetzt nachträglich gelingen +können, diesem Goethe (Abnossah war lächerlich eifersüchtig) den Klang +seiner Stimme abzulisten? Immer, wenn Goethe sprach, brachte seine Stimme +genau so regelrecht Schwingungen hervor, wie etwa die sanfte Stimme deiner +Frau, lieber Leser. Diese Schwingungen stoßen auf Widerstände und werden +reflektiert, so daß es ein Hin und Her gibt, welches im Laufe der Zeit zwar +schwächer werden, aber nicht eigentlich aufhören kann. Diese von Goethes +Stimme erregten Schwingungen dauern also jetzt noch fort, und man braucht +nur einen geeigneten Empfangsapparat, um sie aufzunehmen, und ein Mikrophon +zur Verstärkung ihrer inzwischen schwach gewordenen Klangwirkungen, um noch +heutzutage Goethes Stimme lautwerden zu lassen. Das Schwierige war die +Konstruktion des Empfangsapparats. Wie konnte dieser speziell auf die +Schwingungen der Goetheschen Stimme berechnet werden, ohne daß Goethe +leibhaftig hineinsprach? Fabelhafte Geschichte! Dazu müßte man eigentlich, +fand Abnossah, den Bau der Goetheschen Kehle genau studieren. Er sah sich +Bilder und Büsten Goethes an, aber diese gaben ihm nur sehr vage +Vorstellungen. Schon wollte er das Ding aufgeben, als er sich plötzlich +darauf besann, daß ja Goethe selbst, wenn auch in Leichenform, noch +existierte. Sofort machte er eine Eingabe nach Weimar, man möge ihm die +Besichtigung des Goetheschen Leichnams, zum Zwecke gewisser Abmessungen, +auf kurze Zeit gestatten. Er wurde aber mit dieser Eingabe abschlägig +beschieden. Was nun? + +Abnossah Pschorr begab sich, ausgerüstet mit einem Köfferchen voll feinster +Abmessungs- und Einbruchsinstrumente, nach dem lieben alten Weimar; +nebenbei gesagt, saß dort im Wartesaal erster Klasse die stadtbekannte +Schwester des weltbekannten Bruders im anmutigen Gespräch mit einer alten +Durchlaucht von Rudolstadt; Abnossah hörte gerade die Worte: »Unser Fritz +hatte stets eine militärische Haltung, und doch war er sanft, er war mit +andern von echt christlicher Sanftmut -- wie würde er sich über diesen +Krieg gefreut haben! und über das herrliche, ja heilige Buch von Max +Scheler!« + +Abnossah schlug vor Schrecken längelang hin. Er raffte sich nur mit Mühe +wieder auf und nahm Quartier im »Elephanten«. In seinem Zimmer prüfte er +die Instrumente sorgsam. Dann aber rückte er sich einen Stuhl vor den +Spiegel und probierte nichts geringeres an als eine überraschend +portraitähnliche Maske des alten Goethe; er band sie sich vors Antlitz und +sprach hindurch: + + »Du weißt, daß ich ganz sicher ein Genie, + Am Ende gar der Goethe selber bin! + +Platz da, Sie Tausendsapperloter! Oder ich rufe Schillern und Karl +Augusten, meinen Fürsten, zu Hülfe, er Tölpel, er Substitut!« + +Diesen Spruch übte er sich ein, er sprach ihn mit sonorer, tiefer Stimme. + +Zur späten Nachtzeit begab er sich an die Fürstengruft. Moderne Einbrecher, +die ich mir alle zu Lesern wünsche, werden über die übrigen Leser lächeln, +die einen Einbruch in die wohlbewachte Weimarer Fürstengruft für unmöglich +halten. Sie mögen aber bedenken, daß ein Professor Pschorr, als Einbrecher, +kolossale Vorteile vor noch so geschickten Einbrechern von Fach voraus hat! +Pschorr ist nicht nur der geschickteste Ingenieur, er ist auch +Psychophysiolog, Hypnotiseur, Psychiater, Psychoanalytiker. Es ist +überhaupt schade, daß es so wenige gebildete Verbrecher gibt: wenn nämlich +dann alle Verbrechen gelängen, so würden sie endlich zur Natur der Dinge +gehören und so wenig bestraft werden wie Naturereignisse: Wer stellt den +Blitz zur Rede, daß er den Kassenschrank des Herrn Meier schmelzt? +Einbrecher wie Pschorr sind mehr als Blitze, denn gegen sie hilft kein +Ablenker. + +Pschorr konnte ein Grausen hervorrufen und die vor Entsetzen fast +Erstarrten obendrein durch Hypnose an die Stelle bannen; und das in einem +einzigen Augenblick. Denken Sie sich, Sie bewachten um Mitternacht die +Fürstengruft: auf einmal steht Ihnen der alte Goethe gegenüber und bannt +Sie fest, daß nichts mehr an Ihnen lebt als der Kopf. In solche Köpfe auf +scheintoten Rümpfen verwandelte Pschorr die ganze Bewachungsgilde. Bis der +Krampf sich löste, blieben ihm gut und gern etwa zwei Stunden, und diese +nutzte er kräftig aus. Er ging in die Gruft, ließ einen Scheinwerfer +aufzucken und fand auch bald den Sarg Goethes heraus. Nach kurzer Arbeit +war er mit der Leiche bereits vertraut. Pietät ist gut für Leute, die sonst +keine Sorgen haben. Daß Pschorr zweckgemäß am Kadaver Goethes +herumhantierte, darf ihm nicht verargt werden, er nahm auch einige +Wachsabdrücke; im übrigen hatte er vorgesorgt, daß er Alles und Jedes +wieder in die vorige Ordnung brachte. Überhaupt sind gebildete +Amateur-Verbrecher zwar radikaler als die Fachleute, aber grade diese +Radikalität des exakten Gelingens gibt ihren Verbrechen den ästhetischen +Liebreiz der Mathematik und restlos aufgelöster Rechenexempel. + +Als Pschorr sich wieder ins Freie begab, legte er noch einige Eleganz in +diese Präzision, indem er absichtlich einen Posten wieder vom Bann befreite +und ihn dann, wie oben, ins Gebet nahm. Dann riß er sich draußen sofort die +Maske vom Antlitz und ging in langsamstem Tempo zum »Elephanten«. Er freute +sich; er hatte, was er gewollt hatte. Gleich am andern Morgen reiste er +zurück. + +Nun begann für ihn die regste Arbeitszeit. Sie wissen, man kann nach einem +Skelett den fleischernen Leib rekonstruieren; jedenfalls konnte das +Pschorr. Die genaue Nachbildung der Goetheschen Luftwege bis zu +Stimmbändern und Lungen hatte für ihn jetzt keine unüberwindbaren +Schwierigkeiten mehr. Die Klangfärbung und Stärke der Töne, die von diesen +Organen hervorgebracht wurden, war auf das leichteste festzustellen -- +brauchte man doch nur den Luftstrom, der Goethes nachgemessenen Lungen +entsprach, hindurchstreichen zu lassen. Es dauerte nicht lange, und Goethe +sprach, wie er zu seinen Lebzeiten gesprochen haben mußte. + +Allein es handelte sich darum, daß er nicht nur die eigne Stimme, sondern +auch die Worte wiederholte, die er mit dieser Stimme vor hundert Jahren +wirklich gesprochen hatte. Dazu war es nötig, in einem Raum, in dem solche +Worte oft erschollen waren, Goethes Attrappe aufzustellen. + +Abnossah ließ die Pomke bitten. Sie kam und lachte ihn reizend an. + +»Wollen Sie ihn sprechen hören?« + +»Wen?« fragte Anna Pomke. + +»Ihren Goethe.« + +»Meinen?! Nanu! Professor!« + +»Also ja!« + +Abnossah kurbelte am Phonographen, und man hörte: + +»Freunde, flieht die dunkle Kammer . . .« usw. + +Die Pomke war eigentümlich erschüttert. + +»Ja,« sagte sie hastig, »genau so habe ich mir das Organ gedacht, es ist ja +bezaubernd!« + +»Freilich,« rief Pschorr. »Ich will Sie aber nicht betrügen, meine Beste! +Wohl ist es Goethe, seine Stimme, seine Worte. Aber noch nicht die +wirkliche Wiederholung wirklich von ihm gesprochener Worte. Was Sie eben +hörten, ist die Wiederholung einer Möglichkeit, noch keiner Wirklichkeit. +Mir liegt aber daran, Ihren Wunsch genau zu erfüllen, und darum schlage ich +Ihnen eine gemeinsame Reise nach Weimar vor.« + +Im Wartesaal des Weimarer Bahnhofs saß wieder zufällig die stadtbekannte +Schwester des weltbekannten Bruders und flüsterte einer älteren Dame zu: + +»Es liegt da noch etwas Allerletztes von meinem seligen Bruder; aber das +soll erst im Jahre 2000 heraus. Die Welt ist noch nicht reif genug. Mein +Bruder hatte von seinen Vorfahren her die fromme Ehrfurcht im Blute. Die +Welt ist aber frivol und würde zwischen einem Satyr und diesem Heiligen +keinen Unterschied machen. Die kleinen italienischen Leute sahen den +Heiligen in ihm.« + +Pomke wäre umgefallen, wenn Pschorr sie nicht aufgefangen hätte, er wurde +dabei merkwürdig rot, und sie lächelte ihn reizend an. Man fuhr sofort nach +dem Goethehaus. Hofrat Professor Böffel machte die Honneurs. Pschorr +brachte sein Anliegen vor. Böffel wurde stutzig: + +»Sie haben Goethes Kehlkopf als Attrappe, als mechanischen Apparat +mitgebracht? Verstehe ich Sie recht?« -- + +»Und ich suche um die Erlaubnis nach, ihn im Arbeitszimmer Goethes +aufstellen zu dürfen.« -- + +»Ja, gern. Aber zu was Ende? Was wollen Sie? Was soll das bedeuten? Die +Zeitungen sind grade von etwas Sonderbarem so voll, man weiß nicht, was man +davon halten soll. Die Posten der Fürstengruft wollen den alten Goethe +gesehen haben, und einen habe er sogar angedonnert! Die Andern waren von +der Erscheinung so benommen, daß man sie ärztlich behandeln lassen mußte. +Der Großherzog hat sich den Fall vortragen lassen.« + +Anna Pomke blickte prüfend auf Pschorr. Abnossah aber fragte verwundert: + +»Was hat das aber mit meinem Anliegen zu tun? Es ist ja allerdings kurios +-- vielleicht hat sich ein Schauspieler einen Scherz erlaubt?« + +»Ah! Sie haben recht, man sollte einmal in dieser Richtung nachspüren. Ich +mußte nur unwillkürlich . . . . Aber wie können Sie Goethes Kehlkopf +imitieren, da Sie ihn doch unmöglich nach der Natur modellieren konnten?« + +»Am liebsten würde ich das getan haben, aber leider hat man mir die +Erlaubnis versagt.« + +»Sie würde Ihnen auch wenig genutzt haben, vermute ich.« + +»Wieso?« + +»Meines Wissens ist Goethe tot.« + +»Bitte, das Skelett, besonders des Schädels würde genügen, um das Modell +präzis zu konstruieren; wenigstens mir genügen.« + +»Man kennt Ihre Virtuosität, Professor. Was wollen Sie mit dem Kehlkopf, +wenn ich fragen darf?« + +»Ich will den Stimmklang des Goetheschen Organs täuschend naturgetreu +reproduzieren.« + +»Und Sie haben das Modell?« -- + +»Hier!« + +Abnossah ließ ein Etui aufspringen. Böffel schrie sonderbar. Die Pomke +lächelte stolz. + +»Aber Sie können doch«, rief Böffel, »diesen Kehlkopf gar nicht nach dem +Skelett gemacht haben!?« + +»So gut wie! Nämlich nach gewissen genau lebensgroßen und -echten Büsten +und Bildern; ich bin in diesen Dingen sehr geschickt.« + +»Man weiß es! Aber was wollen Sie mit diesem Modell in Goethes ehemaligem +Arbeitszimmer?« + +»Er mag da manches Interessante laut ausgesprochen haben; und da die +Tonschwingungen seiner Worte, wenn auch natürlich ungemein abgeschwächt, +dort noch vibrieren müssen.« + +»Sie meinen?« + +»Es ist keine Meinung, es ist so!« + +»Ja?« + +»Ja!« + +»So wollen Sie?« + +»So will ich diese Schwingungen durch den Kehlkopf hindurchsaugen.« + +»Was?« + +»Was ich Ihnen sagte.« + +»Tolle Idee -- Verzeihung! aber ich kann das kaum ernst nehmen.« + +»Desto dringender bestehe ich darauf, daß Sie mir Gelegenheit geben, Sie zu +überzeugen, daß es mir ernst damit ist. Ich begreife Ihren Widerstand +nicht; ich richte doch mit diesem harmlosen Apparate keinen Schaden an!« + +»Das nicht. Ich widerstrebe ja auch gar nicht; ich bin aber doch von Amts +wegen verpflichtet, gewisse Fragen zu stellen. Ich hoffe, Sie verargen mir +das nicht?« + +»Gott bewahre!« + +Im Arbeitszimmer Goethes entwickelte sich jetzt, im Beisein Anna Pomkes, +Professor Böffels, einiger neugieriger Assistenten und Diener, die folgende +Szene. + +Pschorr stellte sein Modell so auf ein Stativ, daß der Mund, wie er sich +vergewisserte, dort angebracht war, wo der Lebende sich einst befunden +hatte, wenn Goethe saß. Nun zog Pschorr eine Art Gummiluftkissen aus der +Tasche und verschloß mit dessen einem offenstehenden Zipfel Nase und Mund +des Modells. Er öffnete das Kissen und breitete es wie eine Decke über die +Platte eines kleinen Tisches, den er heranschob. Auf diese Art Decke +stellte er einen allerliebsten Miniaturphonographen mit +Mikrophonvorrichtung, den er seinem mitgebrachten Köfferchen entnahm. Um +den Phonographen herum wickelte er nun sorgfältig die Decke, schloß sie +wieder in Form eines Zipfels mit winziger Öffnung, schraubte in den offenen +freien Zipfel, dem Munde gegenüber, eine Art Blasbalg, der aber, wie er +erklärte, die Luft des Zimmers nicht in die Mundhöhle hineinblies, sondern +aus ihr heraussaugte. + +Wenn ich, dozierte Pschorr, den Nasenrachenraum des Modells jetzt gleichsam +ausatmen lasse, wie beim Sprechen, so funktioniert dieser speziell +Goethesche Kehlkopf als eine Art Sieb, welches bloß die Tonschwingungen der +Goetheschen Stimme hindurchläßt, wenn welche vorhanden sind; und es sind +gewiß welche vorhanden. Sollten sie schwach sein, so ist eben der Apparat +mit Verstärkungsvorrichtungen versehen. + +Man hörte im Gummikissen das Surren des aufnehmenden Phonographen. Ja, man +konnte sich des Grausens nicht erwehren, als man innen undeutlich eine +leiseste Flüstersprache zu vernehmen glaubte. Die Pomke sagte: + +»Ach bitte!« und legte ihr feines Ohr an die Gummihaut. Sie fuhr sofort +zusammen, denn innen rauschte es heiser: + +»Wie gesagt, mein lieber Eckermann, dieser Newton war blind mit seinen +sehenden Augen. Wie sehr gewahren wir das, mein Lieber, an gar manchem so +offen Scheinenden! Daher bedarf insonders der Sinn des Auges der Kritik +unsres Urteils. Wo diese fehlt, dort fehlt eigentlich auch aller Sinn. Aber +die Welt spottet des Urteils, sie spottet der Vernunft. Was sie ernstlich +will, ist kritiklose Sensation. Ich habe das so oft schmerzlich erfahren, +werde aber nicht müde werden, aller Welt zu widersprechen und nach meiner +Art gegen Newton Farbe zu bekennen.« + +Das hörte die Pomke mit frohem Entsetzen. Sie zitterte und sagte: + +»Göttlich! Göttlich! Professor, ich verdanke Ihnen den schönsten Augenblick +meines Lebens.« + +»Haben Sie etwas hören können?« + +»Gewiß! Leise, aber so deutlich!« + +Pschorr nickte zufrieden. Er blasbalgte noch eine Weile und meinte dann: + +Vorläufig dürfte das genügen. + +Bis auf den Phonographen verpackte er alle Utensilien wieder in seinem +Köfferchen. Alle Anwesenden waren interessiert und erschrocken. Böffel +fragte: + +»Sie glauben wirklich, Professor, einstmals hier gesprochene Worte Goethes +reell wieder aufgefangen zu haben? ein echtes Echo aus Goethes eigenem +Munde?« -- + +»Ich glaube es nicht nur, sondern bin dessen gewiß. Ich werde jetzt den +Phonographen mit Mikrophon repetieren lassen und sage Ihnen voraus, Sie +werden mir recht geben müssen.« + +Das bekannte heisere Zischen, Räuspern und Quetschen. Dann ertönte eine +besondre Stimme, bei deren Klang alle Anwesenden, Abnossah selber, +elektrisiert zusammenzuckten. Man hörte die soeben zitierten Worte. Sodann +ging es weiter: + +»Ei wohl! Er, Newton, er hat es gesehen. Hat er? Das kontinuierliche +Farbenspektrum? Ich aber, mein Bester, ich wiederhole es, er hat sich +getäuscht: er hat einer optischen Täuschung beigewohnt und selbige +kritiklos hingenommen, froh darüber, nur sogleich zählen und messen und +klügeln zu können. Zum Teufel mit seinem Monismus, seiner +Kontinuierlichkeit, da doch ein Farben-Gegensatz den Schein dieser erst +möglich macht! Eckermännchen! Eckermännlein! Bleiben Sie mir ja im Sattel! +Das Weiße -- weder gibt es Farbe her, noch ist aus Farben jemals Weißes zu +gewinnen. Sondern es muß sich, durch ein Mittel, mit Schwarz mechanisch +verbinden, um Grau; und chemisch vermählen, um das bunte Grau der Farben +erzeugen zu können. Und nicht Weißes erhalten Sie, wenn Sie die Farbe +neutralisieren. Sondern Sie stellen dann den ursprünglichen Kontrast wieder +her, also Schwarz gegen Weiß: wovon man nun freilich nur das Weiße blendend +klar sieht. Ich, Lieber, sehe die Finsternis ebenso klar, und hat Newton +allein ins Weiße, so habe ich, mein gar Wertester, zudem noch ins Schwarze +getroffen. Ich dächte doch, das sollte der weiland Bogenschütz in Ihnen baß +bewundern! So und nicht anders ist und sei es! Und die fernere Enkel- -- +bedenkt man die absurde Welt, wohl gar allzu ferne Urenkelschaft wird über +Newton von mir lachen lernen!« + +Böffel hatte sich gesetzt, alles jubelte durcheinander. Die Diener +trampelten vor Vergnügen, wie die Studenten in des ungeheuer umwälzenden, +hochherrlichen Reuckens, des bieder-dämonischen Greises, flammenden +Vorlesungen. Aber Abnossah sagte streng: + +»Meine Herrschaften! Sie unterbrechen Goethes Rede! Er hat noch etwas zu +sagen!« + +Stille trat wieder ein, man hörte: + +»Nein und aber nein, mein Teuerster! Gewiß hätten Sie gekonnt, wofern Sie +nur gewollt hätten! Der Wille, der Wille ist es, der bei diesen +Newtonianern schlecht ist. Und ein schlechtes Wollen ist ein verderbliches +Können, ein tätiges Unvermögen, wovor es mich schaudert, da ich es doch +allenthalben über und über gewahr werde und daran gewöhnt sein sollte. Der +Wille, mein Guter, der Sie harmlos genug darüber gesonnen sein mögen, ist +der wahrhafte Urheber aller großen und kleinen Dinge, und nicht das +göttliche Können, sondern das Wollen ist es, das göttliche Wollen, an dem +der Mensch zuschanden wird und alle seine Unzulänglichkeit daran erweist. +Würden sie göttlich wollen, so wäre das Können notwendig und nicht nur +leicht, und gar manches, mein Lieber, wäre alltägliche Erfahrung, was jetzt +nicht einmal ahnungsweise sich hervorwagen dürfte, ohne angefeindet oder +verspottet zu werden. + +Da war der junge Schopenhauer, ein das Höchste versprechender Jüngling, +voll vom herrlichsten Wollen, aber dieses durchaus angekränkelt vom +Wurmfraß des Zuviels, der eignen Ungenügsamkeit. Wie, in der Farbenlehre, +ihn die reine Sonne verblendete, daß er die Nacht als keine andre Sonne, +sondern als null und nichts dagegen gelten und wirken ließ, so bestach ihn +im Ganzen des Lebens dessen ungetrübter Glanz, gegen dessen reines Strahlen +ihm das Menschenleben gar nichts und verwerflich schien. Ersehen Sie, mein +Bester! daß der reinste, ja, der göttlichste Wille Gefahr läuft, zu +scheitern, wenn er unbedingt starr sich durchzusetzen begierig ist: wenn er +auf die Bedingungen, als auf ebenso viele mit Notwendigkeit gesetzte Mittel +seines Könnens, nicht klüglich und geschmeidig einzugehen, sich bequemt! +Ja, der Wille ist ein Magier! Was vermöchte er nicht! Aber der menschliche +Wille ist gar kein Wille, er ist ein schlechter Wille, und das ist der +ganze Jammer. Ha! haha! hehe! hi!« Goethe lachte sehr mysteriös und fuhr +fast flüsternd fort: »Ich könnte sehr wohl, mein Köstlicher! Ihnen noch +etwas anvertrauen, etwas verraten. Sie werden es für ein Märchen halten; +mir selbst aber ist es zur vollen Klarheit aufgegangen. Der eigne Wille +kann das Schicksal übermeistern, er kann es zwingen, daß es ihm diene, wenn +er -- nun horchen Sie wohl auf! -- die göttlich ungemeine, wenn er die +schöpferische Absicht und Anstrengung, welche in ihm ruht und angespannt +ist, keineswegs wähnte, auch noch überdies in angestrengtester +Absichtlichkeit äußern und durch die angestraffteste Muskulatur nach außen +hin wirksam sein lassen zu sollen. Sehen Sie die Erde, wie sie es drehend +treibt! Welcher irdische Fleiß! Welches unaufhörlich bewegte Treiben! Aber +wohlan, mein Eckermännlein! dieser Fleiß ist nur irdisch, dieses Treiben +nur mechanisch fatal -- hingegen der magische Sonnen-Wille göttlich ruhend +in sich selber schwingt, und durch diese so höchst ungemeine +Selbstgenugsamkeit jenen Elektromagnetismus entwickelt, welcher das ganze +Heer der Planeten, Monde und Kometen in dienendster Unterwürfigkeit +wimmelnd zu seinen Füßen erniedrigt. Mein Lieber, wer es verstände, es +erlebte, im allerdurchlauchtesten Geistessinne dieser hehre Täter zu sein! +-- -- -- Allein, genug und abermals genug. Ich bin es gewohnt gewesen, wo +ich andre und oft sogar Schillern frei schwärmen sah, mir Gewalt anzutun, +jener so göttlichen Aktivität zu Liebe, von der man nur schweigen sollte, +weil alles Reden hier nicht nur unnütz und überflüssig wäre, sondern, indem +es ein albern gemeines Verständnis, wo nicht gar das entschiedenste +Mißverständnis erregte, sogar schädlich und hinderlich werden müßte. Denken +Sie des, Trauter, und hegen es in Ihrem Herzen, ohne daß Sie es zu +enträtseln trachteten! Vertraun Sie, daß es sich Ihnen einst von selber +enträtseln werde, und gehen heut Abend mit Wölfchen, den es schon gelüstet, +ins Schauspiel, da Sie denn mit Kotzebue gelinde verfahren mögen, wiewohl +es uns widert!« + +»O Gott«, sagte die Pomke, während die andern begeistert auf Abnossah +eindrangen, »o Gott! Ach dürfte ich endlos zuhören! Wieviel hat uns dieser +Eckermann unterschlagen!« + +Aus dem Apparat kam, nach geraumer Weile, ein Schnarchen, dann gar nichts +mehr. Abnossah sagte: + +»Meine Herrschaften, Goethe schläft hörbar. Wir hätten vor einigen Stunden, +wo nicht gar einem Tage, nichts mehr zu erwarten. Längeres Verweilen ist +nutzlos. Der Apparat richtet sich, wie Ihnen einleuchten muß, so genau nach +der Wirklichkeit des Zeitablaufs, daß wir, an dieser Stelle, günstigsten +Falls, erst wieder etwas hörten, falls Eckermann am selben Abend nach dem +Theater nochmals bei Goethe erschienen wäre. Ich habe keine Zeit mehr, das +abzuwarten.« + +»Wie kommt es,« fragte Böffel, ein wenig skeptisch, »daß wir gerade diese +Aussprache mit anhören konnten?« + +»Das ist ein Zufall,« erwiderte Pschorr. »Die Bedingungen, vor allem die +Struktur des Apparats und sein Standort, waren zufällig so getroffen, daß +(wie ausgerechnet) grade diese und keine andern Tonschwingungen wirksam +werden konnten. Allenfalls habe ich respektiert, daß Goethe saß, und den +Platz des Sessels.« + +»Ach bitte, bitte! Abnossah!« (Die Pomke war wie im Rausch, fast mänadisch, +sie nannte ihn beim Vornamen, was noch nie geschehen war.) »Versuchen Sie's +doch noch an einer andern Stelle! Ich kann nicht genug hören -- und wenn's +auch nur das Schnarchen wäre!« + +Abnossah ließ den Apparat verschwinden und schnallte den Koffer zu. Er war +sehr blaß geworden: + +»Meine liebe Anna -- meine Gnädigste,« verbesserte er sich: »-- ein +andermal!« (Die Eifersucht auf den alten Goethe zerwühlte ihm das +Eingeweide). + +»Wie wäre es,« fragte Böffel, »mit Schillers Schädel? Das würde ja den +Streit entscheiden, ob man den echten hätte.« + +»Gewiß«, sagte Abnossah, »denn wenn man Schillern sagen hörte: >Wie wärsch +mit e Scheelchen Heeßen?< -- so wäre es nicht Schillers Schädel. -- Ich +überlege mir; ob sich die Erfindung nicht raffinieren ließe? Vielleicht +stelle ich einen Durchschnittskehlkopf her, an dem man schrauben kann, wie +an einem Operngucker, um ihn an alle irgend möglichen Schwingungsarten zu +akkommodieren. Man könnte dann die Antike und das Mittelalter wieder +sprechen hören, die richtige Aussprache der alten Idiome feststellen. Und +die verehrten Zeitgenossen, die unanständige Dinge laut sagten, wären der +Polizei auszuliefern.« + +Abnossah bot der Pomke seinen Arm, und sie gingen wieder nach dem Bahnhof. +Behutsam traten sie in den Wartesaal, aber die Stadtbekannte hatte sich +schon entfernt. Abnossah sagte: + +»Wenn sie mir den Kehlkopf des berühmten Bruders auslieferte? Aber sie wird +es nicht tun; sie wird einwenden, das Volk sei noch nicht reif, und die +Intelligenz habe nicht die Ehrfurcht des Volkes, und so ist nichts zu +machen, Geliebte! Geliebte! Denn (oh!) das! Das sind! Das bist du! Du!« + +Aber die Pomke hatte gar nicht hingehört. Sie schien zu träumen. + +»Wie er die R's betont!« hauchte sie beklommen. + +Abnossah schneuzte sich wütend die Nase; Anna fuhr auf, sie fragte +zerstreut: + +»Sie sagten etwas, lieber Pschorr? Und ich vergesse den Meister über sein +Werk! Aber mir versinkt die Welt, wenn ich Goethes eigne Stimme höre!« + +Sie stiegen zur Rückfahrt in den Bahnwagen. Die Pomke sprach nichts, +Abnossah brütete stumm. Hinter Halle a. S. schmiß er das Köfferchen mit dem +Kehlkopf Goethes aus dem Fenster vor die Räder eines aus entgegengesetzter +Richtung heranbrausenden Zuges. Die Pomke schrie laut auf: + +»Was haben Sie getan?« + +»Geliebt,« seufzte Pschorr, »und bald auch gelebet -- und meinen +siegreichen Nebenbuhler, Goethes Kehlkopf, zu Schanden gemacht.« + +Blutrot wurde da die Pomke und warf sich lachend und heftig in die sich +fest um sie schlingenden Arme Abnossahs. In diesem Moment erschien der +Schaffner und forderte die Fahrkarten. + +»Gott! Nossah!« murmelte die Pomke, »du mußt, du mußt mir einen neuen +Kehlkopf Goethes verschaffen, du mußt -- sonst --« + +»Kein Sonst! Après les noces, meine Taube!« + + * * * * * + + Prof. Dr. Abnossah Pschorr + Anna Pschorr geb. Pomke + Vermählte + z. Zt. Weimar im »Elephanten«. + + + + +DAS WUNDER-EI + + +DENKEN sich mal! Also denken Sie sich mal ein riesengroßes, ein Ei so groß +wie etwa der Petersdom, der Kölner und Notre Dame zusammengenommen. Also +denken Sie sich mal: Ich, nicht faul, geh durch die Wüste, und mitten in +der Wüste (Durst, Kamel, weißes Gebein in braungelbem Sand, eine +Messerspitz' El--se--las--Kersch--ül--er, Karawane, Oase, Schakal, +Zisterne, Wüstenkönig -- pschüh!!) ragt und wölbt sich das herrliche +Riesen-Ei. Denken sich mal die Sonne ein Funkeln prall 'runter duschend, +daß das Licht vom Ei nur so abspritzt. Mein erster Gedanke war: Fata (Fee) +Morgana. Nix zu machen! Ich tippe dran. Das Ei verrät sich dem Tast- und +Temperaturgefühl. Ich frage 'rein: »Ist da jemand drin?« Keine Antwort! +Jeder andre wäre vorbeigegangen, es wäre ihm nicht geheuer gewesen, oder +was weiß ich. In solchen Fällen pflege ich aber nicht eher zu ruhen, als +bis ich genau weiß, woran ich bin. Ich geh also um das Ei 'rum -- und +richtig, in Manneshöhe entdeck' ich einen dunkelgrünen Knopf, so groß wie +eine Walnuß. Ich drücke. Das Ei sinkt Ihnen mächtig in den Boden, bloß die +Spitze guckt noch aus dem Wüstensand 'raus. Denken Sie mal, wie das auf +mich wirken mußte. Auf der Spitze war aber ein ebensolcher Druckknopf. Ich +drücke -- der Donner! Es gibt mir einen Schlag: das Ei war plötzlich, aber +doch sanft, wieder hochgeglitten. Denken Sie mal, daß ich mitten in der +Wüste dieses Spiel gegen hundertmal wiederholte. Denken Sie mal! Ich freute +mich wie ein Kind. Schließlich wurde ich aber allmählich auf den tiefern +Sinn dieses kindischen Spiels neugierig. Untersuche also nochmals das Ei +und finde endlich nach langem Bemühen eine ganz feine Fuge, die vertikal +durch das ganze Ei zu gehen scheint. Ich sehe mir den Druckknopf an, ich +fasse ihn an, ohne zu drücken, unversehens drehe ich dran -- da legst di +nieder: Das Ei legt sich auf die Seite, die Spitze, auf der es stand, kehrt +sich mir aus der Erde wie die einladendste Pforte zu, ein jaspisgelber +Eidotter glänzt mich verheißend an. Denken Sie mal, da verschönte, wie man +sagt, ein Lächeln meine häßlichen Züge. Auf dem Eidotter las ich folgende +Inschrift: + + »Wüstenwanderer, + der zum erstenmal das + Ei der Eier + erblickt und sich (denken Sie mal!) kindlich daran ergötzt hat, + wisse: + daß dieses Ei allein die Wüste zum Eden umschaffen kann. Eia! + Löse mir nun dieses Eies Geheimnis!« + +Verfluchter Leser, haben Sie die Fuge vergessen? Diese Fuge ging nun auch +vertikal über die bauchige Eidotterpforte. Aber kein Knopf war dran. Ich +klopfe an, es klingt, wie wenn Sie sich bei geschlossenen Ohren mit der +Fingerspitze auf den Deetz hacken. Ich seh' mir nochmals ganz genau die +kreisrunde Grenze an zwischen Dotter und Schale, und denken Sie mal, rechts +von der Spalte, der Fuge, ist eine vielleicht fingergroße Öffnung; ich +stecke auch vorsichtig den Finger hinein. Aber denken Sie mal, ich kriege +ihn nicht wieder 'raus. Was würden Sie nun getan haben? Zur nächsten +Polizei gehen? Ha, Europa bleibt hier hübsch draußen! Außerdem läßt kein +Ehrenmann so leicht seinen Finger im Stich. Da ich den Finger nicht wieder +'rauskriegte, drückte ich mit der ganzen Gewalt meiner Hand noch fester +nach -- und richtig, der Dotter rechts ließ sich 'raufrollen, ich bekam den +Finger frei und sah in das Ei hinein. Da ich aber nichts Genaues +unterschied, gab ich dieser rechten Eidotterhälfte einen kräftigen Schubs +nach oben und stieg (denken Sie mal) in das Ei hinein. Ich hatte das +Gefühl, als ginge ich auf gelbem Schnee. Nachdem sich meine Augen an die +milde Dämmerung gewöhnt hatten, seh, ich auf einmal sich eine breite schöne +Treppe mit flachen Alabasterstufen vor mir erheben. Steige nun hoch auf ein +Aussichts-Plateau und staune das Ei-Innere an. Hüben liegt die Pforte, +drüben die Gipfelspitze, unter mir gelber Schnee, über mir gleißt durch die +Fuge die obige Wüstensonne. Denken Sie mal an meine Situation! Immerhin +entdecke ich im ganzen weiter nichts Merkwürdiges, es sei denn die Spitze, +wo irgendetwas zu lauern schien. Vom Plateau aus führte dorthin eine +entgegengesetzte Treppe, die ich dann auch betrat, und die abwärts bis zur +Spitze ging. Und diese ewige Eierschalenwölbung! Der ewige gelbe Schnee, +oder was es für'n Zeugs war. Wie ich nun endlich an der Spitze stehe, seh' +ich im selben Moment die Pforte gegenüber zurollen, denken Sie nur mal an. +Ich schreie. Ich kann Ihnen nur den guten Rat geben: schreien Sie nie in +einem Ei! Das gibt so'n herumrollendes Getöse, daß Ihnen schlimm wird. + +Aber nicht nur die Pforte rollt zu, sondern ich merke, das Ei geht Ihnen +wieder hoch, es richtet sich auf, aus der Treppe wird eine steilrechte +Leiter, auf deren oberster Sprosse ich stehe. Und plötzlich, denken Sie +mal, fühl' ich das Wüsten-Ei wieder tief in die Erde sausen. Trotzdem blieb +es schön dämmerig, denn seh'n Sie mal: die Eierschale phosphoreszierte nur +so drauf los. Und nun endlich geschah das Seltsamste: Das Ei sprach mit +mir, das heißt: es phosphoreszierte mich immerfort so artikuliert an, daß +ich unwillkürlich verstehen mußte. Denken Sie mal, das Ei behauptete, die +Wiedergesundung der ganzen Wüste hinge von seiner Vernichtung ab. Ein +scherzhaftes Ei! Ich lächelte nicht wenig. Da wetterleuchtete mir das Ei +die bekannte These: »Die Wüste wächst!« + +Und ob ich nicht bemerkt hätte, daß das Ei steigen und sinken könne? Na ob! +Es sagte mir nun, ich solle auf der Leiter zur untern Pforte klettern, sie +öffnen und ein kleines, aber widerwärtiges Hindernis dort unten beseitigen; +ich würde dann schon weiteres hören (oder vielmehr sehen). Während mein +einziger Gedanke war: wie komme ich nur recht rasch aus diesem unheimlichen +Ei? mußte ich jetzt im Gegenteil noch obendrein in der Versenkung unterm Ei +verschwinden! Aber freundlich phosphoreszierte das Ei mir zu, getrost +hinunterzusteigen, und wie auf sanften Fittichen fühlte ich mich mehr +getragen, als daß ich ging. Die Pforte jedoch ließ sich so leicht nicht +öffnen. Bedenken Sie auch nur mal, daß sie einige hundert Meter unter der +Erdoberfläche lag, und daß ich gar nicht wissen konnte, welche Hölle +losbrach, wenn ich den Eidotter da unten wieder aufrollte. Als ich zögerte, +phosphoreszierte man mir wieder ermutigend zu. Endlich fand ich mit dem +Finger wieder die kleine Öffnung und schob das Ding in die Höhe. Kaum +klaffte die Öffnung, als aus dieser ein Sturmsausen fuhr, das mich im +Moment, so daß ich fast erstickte, hoch gegen die Eispitze schmiß, und, ehe +ich noch wußte, was mit mir geschah, klappte diese Spitze nach außen zurück +wie ein Deckel, und ich lag im Wüstensand. + +Jetzt fort! war mein erster Gedanke -- ein Königreich für ein Kamel oder +Dromedar! Kein Schiff der Wüste im ganzen Umkreis! Statt dessen -- was +glauben Sie wohl, wie ich staunte, als ich entdeckte, daß hinter mir aus +dem Ei mir jemand nachgekrochen war, eine Art Mumie mit Bändern und +Wickeln. Die Dame (oder meinen Sie, daß es ein Herr war?) sagte mir in +einer Sprache, die ich seltsamerweise, trotzdem ich sie noch nie vernommen +hatte, doch sofort verstand (bilden Sie sich ein, es wäre eine Musik ohne +Tonleiter gewesen) folgendes: + +»Vorwitziger, einfältiger, furchtsamer, nicht aber antipathischer +Menschenkerl! Der Zufall, harmloser Weltling, hat dich geadelt! Bis jetzt +lächerlich oberflach das kranke Geheimnis meiner Wüste durchpilgernd, bist +du schon, von meinem Hauch berührt, nicht mehr unbedeutend genug, meinen +Wink mißzuverstehen. Wisse, die Wüste ist dasselbe nur deutlicher, was die +Erde ist, leonum arida nutrix, fast unfruchtbar, weil ihr das Ei, das +Prinzip der Fruchtbarkeit, aus dem Zentrum ihrer Sphäre gerenkt, an ihrer +Oberfläche verdorrt und ausschalt, und ich, die Seele der Seelen, zur Mumie +und erst durch dich, erhabener Dummkopf, elektrisiert worden bin. Wie wirst +du von deiner eignen Tat jetzt überragt! Vollende sie! Du drückst, wenn ich +wieder im Ei bin und die Spitze zuklappt, auf deren Knopf. Im selben Maße, +wie dann langsam, langsam, aber unfehlbar sicher dieses Ei zur Erdmitte +sinkt, wird es kleiner und kleiner, in seiner fruchtbaren Kraft aber +konzentrierter, und es entbindet sie, wenn es, in der Mitte angelangt, zur +Mitte rein vernichtet und verdichtet ist, strahlend durch und durch nach +außen, nach oben, bis in alle Himmel hin. Auch du, mein Guter, erst eben +noch ein kleiner Lumpenhund von Unbedeutendheit, wirst es spüren: leben +heißt genial sein, göttlich empfinden und wirken! Wohlan!« + +. . . Kennen Sie zufällig den preziösen alten Baron, der bei ähnlichen +Gelegenheiten hundertmal hintereinander »Wahnsinn, Wahnsinn!« sagt? Ich +ließ also die Mumie ruhig über Eierschalenbord hopsen. Ich klappte ja auch, +wie ich gern gestehe, den Ei-Deckel ruhig wieder zu. Aber den Knopf? Den +hab, ich nie wieder berührt! Ich langte mir von hinten her meine vom +Eierstaub übel gelb bemehlten Rockzipfel nach vorn, und, sie unter meine +Arme nehmend, rannte ich rascher als jedes Kamel davon. + +Was heißt hier überhaupt »Prinzip der Fruchtbarkeit«? Soll ich die Erde +übervölkern? Soll ich mich (ausgerechnet mich) von einer ollen Mumie in +Ungelegenheiten bringen lassen? Weiß Gott, die Erde ist kein Eierkuchen, am +wenigsten aux confitures. Sollte das Heil der Welt von einer Nebensache +abhängen? Vom Druck auf einen Knopf? Schließlich weiß ich gar nicht mehr, +wo das Ei zu finden ist. Wenn aber der Leser Lust hätte, so wäre ja grade +dieses Ei bei der nächsten Ostereiersuche sehr zu empfehlen! Denn wenn ich +auch feige davongelaufen bin -- wer weiß! Vielleicht gehört größerer Mut +dazu, ein ganz nahes ungeheures Glück leicht zu ergreifen, als ein +abenteuerlich fernes unter Überwindung ungeheurer Gefahren auch bloß zu +ahnen. Prüfen wir uns! Denken Sie mal nach, ob Sie jetzt gleich sofort auf +der Stelle durch einen leichten Fingerdruck das Massen-Glück, das Heil der +ganzen Welt herbeiführen wollten? Ob Sie davor nicht eine fürchterlichere +Angst anwandeln würde als vor irgendeinem Ihrer so bequem zu habenden +Märtyrertode?? -- -- + +Und doch lasse ich in Gedanken heimlich manche Träne auf das Ei der Wüste +fallen; ich hätte -- ja! hätte drücken sollen --! + + + + +DAS ABGEBROCHNE + + +-- sagte Klärchen. Und wie gerade ihr Blick schmelzen wollte, faßte ich +mich, kam ihr zuvor und ließ den meinigen noch vorher schmelzen. + +»Aber was wird dein Papa sagen?« + +»Mein Papa kann mich --« + +»Um Gottes willen!« + +»-- am Ende nicht zurückhalten.« + +So begann unsere Liebe. + +(Fortsetzung folgt.) + + * * * * * + +(Fortsetzung.) + +Der Friede brach plötzlich herein wie ein Ungewitter. Die Wipfel der Bürger +welkten. Die Kinder verloren den süßen Analphabetismus aus ihren (wie Tante +sagte) Gesichtchen. Der Friede legte sich auf die Straße, in der unser +Häuschen steht, da sah es bald aus wie der Turm zu Pisa, wissen Sie, die +Toilette mit ihrem Schwerpunkt über den Unterstützungspunkt der Hauskapelle +beinah hinausfallend. Miessauers Liebesgesang an Albanien erscholl draußen +vor den Toren. Da sagte mir Klara: + +»Die Lande in Ruhe! Atme auf, du Rumplertaube ob dem London meines nicht +mehr stürmischen Busens.« Ich lachte, wie nur der Glückliche im Frieden +lachen kann -- so nämlich: + + . . . daß die Flöhe leiser stechen, + die dich kurz vorher behopsten, + und die Läuse, die sich moppsten, + in dein Fell von frischem brechen. + +(Fortsetzung folgt.) + + * * * * * + +(Fortsetzung.) + +Nun war Klara endlich eine alte Frau geworden, die sich meiner kaum noch +erinnerte. Ich selbst ruhte auch lange schon von meinen Irrfahrten (auf dem +Friedhof der Selbstmörder) aus. Unsre junge Generation feierte bereits ihre +fünfzigsten Geburtstage; sie trug in ihren Anzügen Taschen, in denen sie +die Fäuste ballen konnte. Sonst alles so liebenswürdig, selbst der Tod +lächelte schelmisch, und in seinen Wangen zeigten sich liebliche +Senkgrübchen. Da -- ich glaube Mittwoch -- karjolte mein Grab los. Ein +langer Schleier von Verzweiflungen wehte flordünn über die Eingesunkenen, +darunter her rollten unsre Gräber wie blumengeschmückte Autos beim +Festkorso. Wir sausten zur Stadt, ich ließ mein Autograb vor dem Haus +meiner greisen Wittib halten: »Wie bist noch gegen mich gesinnt? Und +weinest oder lachst du?« + +(Fortsetzung folgt.) + + * * * * * + +(Fortsetzung.) + +Auch die andern Grabgefährten hielten bald da, bald dort. Und die Ihnen +bekannten »Lieben«, die sich gern »unsre« nennen, kamen. Sie kamen herbei, +sie eilten, sie genierten sich. Auch Klara kam: + +»Wie hast du dein Leichentuch arrangiert, Helmut-Hinrich? Immer noch der +alte Theatraliker -- so in die Höhe, so --« ein Tränenrieseln drang unter +ihren zarten, welken Lidern hervor, und die Sonne. Ich meine wohl, die +Sonne schien so goldwarm um die alte Gestalt herum, so unsäglich ironisch, +so anders. Rührungen gibt es, ganz leise, unmerklich, bis zum Sterben des +Todes. Ich hatte mit Klara einige Kinder erzeugt, sie sahen aus den +Fenstern, sie winkten mit den Tüchern, ich rasselte mit knöchernen Fingern +hinauf wie mit Kastagnetten und ballerte meinen Schädel bis unters Dach. +Doch: + + »Ade nun, ihr Lieben, + Geschieden muß sein!« + +(Fortsetzung folgt.) + + * * * * * + +(Fortsetzung.) + +Klara wollte gern mit, ich widerriet es ihr. Laß deinen andern Fuß, flehte +ich, nicht wissen, daß du mit dem einen schon dort stehst, wohin ich jetzt +mit meinen beiden springe. Noch ein Kuß. Noch einer. Noch zwei. Noch +[Formel 034-1] Küsse. Ein Blick von der Brechungskraft [Formel 034-2] -- +und + +»Weiter, weiter . . .«, na, »hopp, hopp, hopp!« schon weniger. Nein, +sämtliche Trompeten von Jericho unsre Hupen. »Die Gräberautos,« hieß es in +einem Bericht, »passierten soeben unser Örtchen. Die Spitzen der Behörden +hatten sich mit der Schuljugend zur Begrüßung aufgestellt. Bürgermeister +Verbogen hielt die Festrede, worin er überzeugend nachwies, daß justament +einzig und allein die Selbstmörder eine ganz besondere Talentiertheit zur +Unsterblichkeit entfalteten. An Exzellenz Häckel ging ein +Huldigungstelegramm ab.« + +(Fortsetzung folgt) + + * * * * * + +(Fortsetzung.) + +Kaum hatten wir nun, durch ein paar Handgriffe, unsre Gräberautos in +Luftgräberschiffe umgewandelt, als oben im herrlichen frischen Himmel Fritz +M . . . . . . . r sich erbot, uns Gespräche halten zu lassen. Er wies uns +Proben -- gar nicht übel! Jedoch die Brauchbarkeit des Himmels zur +Diskretion vor unsern Lieben soll nicht beeinträchtigt werden. Gern, sagten +wir ihm, wollten wir auf sie pfeifen, ungern zu ihnen reden. Entsetzlich +schwer begriff dieses olle Sprachrohr seine völlige Überflüssigkeit. Es +legte sich verstohlen an H. v. Kleist an, kam aber versehentlich an das +vis-à -vis von dessen Mund, und v. Kl. entnahm einer seiner Anekdoten einen +Äolus und ließ diesen. + +(Fortsetzung folgt.) + + * * * * * + +(Fortsetzung und Schluß.) + +Das Abgebrochne aber ist es, das so siegt. Wenn Sie jemals auf unserm +ungewöhnlichen Wege in den Himmel kommen sollten: lassen Sie von dem an die +Konsequenz. Nicht in ihr, nie in ihr, nur in Ihren Abgebrochenheiten ruht +und schwelgt Ihr Himmel. Sie seufzen. Unterbrechen Sie Ihr Seufzen. +Unterbrechen Sie die Gedanken und Stimmungen, die sich konsequenterweise +daran knüpfen wollen! Essen Sie einen Pfirsich, stecken Sie seinen Kern ja +in Ihren (bloß schon darauf wartenden) Blinddarm. Vergessen Sie nie, daß +Sie _nur zur Zerstreuung_ gesammelt sind! »Vergißmeinnicht« ist die +schlimmste Blume, denn nur ihretwegen hat man das Grab erfunden, worauf sie +blüht. -- + + + + +TOILETTPAPIER! TOILETTPAPIER! + + +EIN Mann ging ja aus. Vorn hatte er ein Baro-, hinten ein Thermometer am +Rocke befestigt. Er ärgerte sich doch, daß die Wetterhäuschen so +feststanden. Er wollte ja selbst ein lebendiges, wandelndes Wetterhäuschen +sein. + +Der Mann ging an Leute 'ran und klappte ihnen den Deckel seiner Uhr an die +Nasen: »Sie wollen gewiß gern wissen,« sagte er liebreich, »wie spät es +ist? bitte!« -- Die Leute mochten das nicht, sie empfanden es als +Belästigung, sie wurden ungeduldig. Aber Boboll (so hieß der Mann) machte +sie noch auf sein Thermometer aufmerksam; worauf sie ihn erregt anblickten +und weitergingen. Jedoch er ließ es nicht zu, er lief ihnen eilfertig voran +und hinderte sie am Weitergehen. Dann drehte er sich um und sagte: »Hinten +können sie auch den genauen Barometerstand nachsehen.« + +Damit hatte er die Leute besiegt, sie ließen gar nicht mehr von ihm, sie +umhegten ihn warm, und er schritt zufrieden in ihrer Mitte. Aus den Taschen +zog er darauf gute Pakete parfümiertes Toilettpapier und verteilte sie +herzlich gern. Den Damen gab er Sicherheitsnadeln und Puderpapier. Ein +reicher Herr hatte auch etwas genommen und bot ihm Geld -- aber er lehnte +es ab und fragte unschuldig genug: »Bin ich ein Automat? Ich tue es ja +freiwillig.« Da wurde der reiche Herr rot vor Frohsinn, und alle jubelten +und freuten sich mit ihm. Viele riefen: »20 Grad im Schatten!« Andre wiesen +einander das feine Papier; und jemand sagte, ich glaube hinten sein +Barometer sinkt. Hierüber johlte die jüngere Umgebung so anhaltend, daß der +ganze Trupp mit Bobolln in der Mitte von Schutzmännern umstellt und +aufgefordert wurde, sich zu zerstreuen. Bobolln wollten sie festnehmen, +weil sie ihn für einen Straßenhändler ohne Gewerbeschein hielten. Aber der +reiche Herr klärte dieses Mißverständnis auf. Und als die Schutzmänner das +Nähere hörten und sahen, wurden sie lustig und guter Dinge; sie sagten alle +mit _einer_ Stimme: »Lütütü«! und pochten sich dabei mit ihren Zeigefingern +gegen ihre kräftigen Stirnen. + +Auf der Wache gab Boboll an, er sei ein Menschenfreund, und mit seinen +geringen Mitteln könne er leider nicht mehr tun. Er habe aber einen +sicheren Blick für kleine Bedürfnisse der Passanten. Gewisse Bedürfnisse +müßten allerdings erst geweckt werden. Fast jeder vermisse irgend eine +kleine Behaglichkeit. Boboll nahm ein Sammetbürstchen aus der Tasche, einen +dreiteiligen Handspiegel, ein umlegbares Schreibepultchen, einen Ferngucker +und andre nützliche Dinge. -- + +Die Schutzleute betrachteten sich Bobolln lange Zeit aufmerksam. Er aber +behielt seine schlichte Haltung bei und seinen guten Blick. Schließlich +rieten ihm die Schutzleute ab, den Passanten zu helfen; ja, sie untersagten +es ihm, weil es Unfug sei, da es Menschenaufläufe verursache; sie +verwarnten ihn ernstlich und gaben ihm kund, er werde bei der nächsten +Gelegenheit festgenommen werden. Hierauf ließen sie ihn frei und konnten +sich noch eine geraume Weile kaum von ihm erholen. -- -- -- + +Boboll ging durch die Passanten und spürte ihre Bedürfnisse wieder so +deutlich. Einem Herrn nahm er den Zylinderhut ab. Es war ein rosiger, +pikanter Junge, der es eilig hatte. Aber Boboll zog sein Bürstchen, und da +er den seidnen Hut fein glatt streichelte, beantwortete er die eifrigen +Fragen des jungen Menschen gar nicht, sondern überreichte ihm mit Stolz die +glänzende Zierde. Der Bengel klappte sie erst Bobolln ans Ohr, dann sich +auf den Kopf und wollte rasch weiter. Aber Boboll fragte ihn, ob er +Toilettpapier brauche, ob er den Barometerstand wissen wolle, bitte hinten, +Thermometer sei vorn; und Boboll ließ ihn auch noch in den dreiteiligen +Spiegel sehen. Der elegante, aber rohe Kerl knallte ihm darauf eine runter +und rannte ihn über den Haufen, daß er im Mist lag. Der Spiegel klirrte in +Stücke, und aus der Ferne flog noch ein Bändchen Toilettpapier heftig genug +an Bobolls rechtes Auge. + +Ahnungslose, mitleidige Passanten halfen Bobolln wieder auf die Beine; sie +befreiten ihn von den Scherben des Spiegels und der andern Glasinstrumente. +Boboll aber, noch erschüttert, forschte bereits wieder in ihren Mienen. +Ach! Wie Vieles erriet er darin so genau: sie brauchten fast jeder Papier, +Nadeln, Zeit- und andre Messer. Manche hatten das Datum vergessen; oder sie +würden gern rasch etwas niederschreiben; oder es juckte sie an Stellen, zu +denen sie selbst nicht gelangen konnten. Eine Dame hatte geweint, sie +brauchte Puder; einem Herrn fehlte der Knopf an genierlicher Stelle. Gering +waren diese Bedürfnisse -- gewiß! Aber Boboll fand seine Seligkeit darin, +sie zu befriedigen; und Boboll durfte es nicht mehr, es ging nicht, er sah +es ein. + +Das war nichts Geringes für ihn, es war seine Unbrauchbarmachung, das Ende, +der Tod. Boboll mochte nur so funktionieren, nur als dieser kleine +Passantengott, oder gar nicht. Entschlossen, sein Helfertum, aber mit +diesem auch das Leben aufzugeben, dachte er nur noch darüber nach, wie er +wenigstens aus seinem Tod den Passanten so manche Freude bereiten könne. +Sein Vermögen stiftete er zur Errichtung einer fahrenden +Bedürfnisbefriedigungsanstalt: hier sollten die Leute alle die vermißten +Kleinigkeiten wiederfinden, die ihnen Boboll selbst nicht mehr zugute tun +durfte. Bobolln fiel es als sehr sinnig ein, seine Leiche verbrennen und +die Urne mit der Asche auf Wagen I ewig mitfahren zu lassen. Plötzlich +hatte er eine viel glücklichere Idee. + +Kennen Sie die vielen Herrschaften, die den Verlust eines ihnen +Nahestehenden beklagen, bis sie dessen Leiche schließlich in der Morgue +entdecken? So! So! wollte Boboll sich sterben lassen. Er studierte +Inserate, Polizeiberichte und Anschlagsäulen, und endlich gelang es ihm, +einen richtigen Toten als vermißt angezeigt zu finden, der nach den +Indizien ungefähr Ähnlichkeit mit ihm haben mußte. Gesucht wurde die Leiche +des Krankenhäuslers Edgar Schiebedonkel, die wahrscheinlich von einem +Wärter an die Anatomie verschachert worden war. Boboll besorgte sich eine +Photographie Schiebedonkels und machte sich sorgfältig nach dieser zurecht, +u. a. gehörte dazu eine Schnapsnase, eine Glatze, eine Narbe und mehrere +Zahnlücken. Ja, Boboll ließ für schweres Geld Schiebedonkels alte +Leibwäsche und Kleidung ankaufen. Aber sobald er sich die herzliche Freude +der Familie und auch des entlasteten Wärters recht lebhaft vorstellte, wenn +endlich Schiebedonkels Leiche sich im Schauhause wiederfände; so dünkte ihm +kein Opfer zu gering, um der unmittelbare Urheber dieser Erfreuung zu +werden. + +Sein Testament schloß mit diesem Passus: »Um der Stiftung, die ich hiermit +errichte, keinen Pfennig unnütz zu entziehen, stopfe ich Dynamitpatronen in +meinen Kopf und Rumpf überall, wo es nur irgend angeht; ich zerplatze ohne +Rückbleibsel und spare so die Beerdigungskosten zu Nutz und Frommen aller +Passanten.« -- -- -- + +So geschah es, daß eines schönen Tages der Wärter und die Familie +Schiebedonkel ohne Zögern entschieden den toten Edgar in der Morgue +rekognoszierten. Da aber hättet ihr einmal etwas sehen können: Edgars +Leiche lächelte! Sie wollten, sie konnten es nicht für möglich halten, aber +sie sahen es! Wahre Güte, echte Menschenfreundlichkeit gibt selbst Ihrer +Leiche ein joviales Aussehen. -- + +Und just, als Familie Schiebedonkel mit dem Wärter den toten Boboll, den +sie (der Wärter verwundert und froh) mit Edgarn verwechselten, zu Grabe +brachten, karambolierte der Leichenwagen mit dem bekränzten ersten Tram der +fahrenden Bedürfnisbefriedigungsanstalt, auf dessen Perron ein Greis +Toilettpapier ausschrie. -- -- + + + + +DAS VERTIKALE GEWERBE + + +BEFÜRCHTEN Sie nichts, Leserin! Wir wollen von etwas anderem reden. Kommen +Sie doch bitte nach der Zeppelinstraße. So. Da sind wir schon. Sie sehen +eine Ballonhalle? Recht! Wir gehen hinein, wir werden einen Aufstieg +machen, innerhalb einer Stunde sämtliche Länder der Erde überfliegen -- und +doch in dieser Ballonhalle bleiben. + +Sie wissen, man kann bereits auf ähnliche Weise zu Wasser und zu Lande +reisen, in der Illusion, man säße in einem fahrenden Schilf oder +Eisenbahnwagen, die gemalte Landschaft rollt draußen vor den Fenstern +vorbei. Die Luftschiffahrt aber, die wir jetzt vorhaben, wird Sie durch die +Restlosigkeit der Illusion entzücken. In diesem eigens zur exakten +Vortäuschung von Luftreisen errichteten Kino hängt der Zuschauerraum hoch +über der Schirmbühne. Sie kennen die Technik der sogenannten +Hexenschaukeln: der Platz des Zuschauers ist stabil, der Raum aber um ihn +herum beweglich, so daß der Plafond und der Fußboden beliebig miteinander +verwechselt werden können, und der Zuschauer desorientiert und schwindlig +wird. Nach diesem Beispiel sollten alle Räume zu Darstellungen eingerichtet +sein; das beliebte horizontale Kino, in dem der Schirm sich vor dem +Zuschauer befindet, ginge dann mit Leichtigkeit so zu verwandeln, daß der +Zuschauer sich bald unter, bald über dem Schirm plaziert sähe; dadurch +könnten die wunderbarsten Wirkungen hervorgebracht werden! + +Hier nun treten wir ein wie in die Gondelgalerien eines Riesenluftschiffs. +Diese Gondelgalerien sind an der Decke eines Saales befestigt, und diese +Decke ist dem Bauch eines Ballons nachgebildet. Von diesem Ballongewölbe +hängt, an Tauwerk und Schnüren, das Parallel-Ring-System aus vier Galerien +herab, auf dem Sitzplätze so angebracht sind, daß die Zuschauer über beide +Brüstungen nach unten sehen können. Die innerste Galerie hat nur eine +Brüstung nach außen hin; ihr Kreisrund ist nach innen hin durch einen +Fußboden ausgefüllt; unter diesem befindet sich die Zelle des Technikers +mit dem Projektionsapparat, dessen Aufnahmen bei Gelegenheit wirklicher +Luftschiffahrten angefertigt worden sind. Beiläufig bemerkt, hört sich das +Geräusch dieses Apparates wie das Surren der Schraube eines Luftschiffs an +und dient also zur Erhöhung der Illusion. + +In senkrechter Tiefe unter diesen Galerien liegt die Bühne wie in einem +Abgrund. Würde man einen Schlafenden auf eine dieser Galerien bringen und +ihn dort aufwecken; sähe er dann über sich das Tauwerk und den Ballon, +hörte er das Surren wie von einer Schraube und überzeugte sich beim Blicken +in die Tiefe, daß unten etwa London vorbeizöge -- so würde er niemals auf +die Vermutung einer Illusion geraten. Mit größter Leichtigkeit sind Abstieg +und Aufstieg vorzuspiegeln: das zum Aufstieg gebrauchte Filmband wird +umgekehrt abgerollt. + +Gleich das erste Bild wirft Sie unentrinnbar in den Wahn, Sie schwebten +über der Halle desselben Theaters, in dem Sie sitzen, aufwärts, und Sie +sähen, aus der Vogelperspektive, die weitere und immer weitere Umgebung. +Der Lauf beschleunigt sich, und eine Reihe immer fernerer Landschaften und +Städte ziehn unter Ihren Augen vorüber. Sie überfliegen Gebirge, Meere, +Ströme, unter Ihnen rollt die ganze Erde vorbei. + +Das ist aber noch gar nichts gegen die ungeheuere Steigerung der Illusion +durch den Umstand, daß der Apparat schließlich astronomische Objekte +projiziert, und Sie sich wirklich unter die Sterne versetzt glauben können. +Diese Aufnahmen sind künstlich, aber sehr raffiniert hergestellt. Ihre +Reihe beginnt mit der Erhebung von der Erdkugel: Sie sehen z. B. unter sich +das Meer mit einigem Inselland; es versinkt in die Tiefe und wird dabei +zauberhaft plötzlich sphärisch, die Wölbung wird kleiner und kleiner -- auf +einmal liegt sie tief unter Ihnen als Erdkugel, und Sie sind im Raum ohne +Boden, bis Sie sich einer neuen Sternwelt, etwa dem Mond, dem Mars, wo +nicht gar der Sonne nähern. + +Wie? Sie sagen, es gäbe weder die Zeppelinstraße noch so ein Kino? Sie +irren sich! Die Kino-Unternehmer sind noch lange nicht so dumm, eine solche +Gründung zu unterlassen. Und übrigens, argwöhnen Sie vielmehr, die gesamte +Welt wäre bereits ein so vertikales Gewerbe -- aber nicht bloß optisch, +sondern plastisch bis in alle Sinne hinein. Adieu! -- -- -- + + + + + +End of the Project Gutenberg EBook of Schwarz-Weiß-Rot, by Mynona + +*** END OF THE PROJECT GUTENBERG EBOOK 44272 *** diff --git a/44272-8.txt b/44272-8.txt deleted file mode 100644 index c0cbe84..0000000 --- a/44272-8.txt +++ /dev/null @@ -1,1538 +0,0 @@ -The Project Gutenberg EBook of Schwarz-Weiß-Rot, by Mynona - -This eBook is for the use of anyone anywhere at no cost and with -almost no restrictions whatsoever. You may copy it, give it away or -re-use it under the terms of the Project Gutenberg License included -with this eBook or online at www.gutenberg.org - - -Title: Schwarz-Weiß-Rot - Grotesken - -Author: Mynona - -Illustrator: Ludwig Meidner - -Release Date: November 24, 2013 [EBook #44272] - -Language: German - -Character set encoding: ISO-8859-1 - -*** START OF THIS PROJECT GUTENBERG EBOOK SCHWARZ-WEIß-ROT *** - - - - -Produced by Jens Sadowski - - - - - - - - - - - SCHWARZ-WEISS-ROT - GROTESKEN - VON - MYNONA - - - MIT ZWEI ZEICHNUNGEN VON L. MEIDNER - - LEIPZIG - KURT WOLFF VERLAG - 1916 - - Gedruckt bei E. Haberland in Leipzig-R. - September 1916 als einunddreißigster Band - der Bücherei »Der jüngste Tag« - - COPYRIGHT 1916 BY KURT WOLFF VERLAG · LEIPZIG - - - - -SCHWARZ-WEISS-ROT - -ODER - -DEUTSCHLANDS SIEG ÜBER ENGLAND UNTER GOETHES FARBEN - - -ES ist im höchsten Grade ominös, daß Deutschland ganz buchstäblich _Goethes -Farben_ trägt, nämlich außer den Extremen aller Farben, Weiß und Schwarz, -gerade Rot, die Farbe aller Farben im Sinne Goethes; und daß Goethe mit -dieser seiner Farbenauffassung seit mehr als einem Jahrhundert so -vergeblich gerade gegen _England_, nämlich gegen den lichtverfinsternden -Farbenlehrer Isaac Newton kämpft, welcher in einer jede Treue des deutschen -Goetheauges verletzenden Art unglaublich falsch Farbe bekennt. - -Längst würde die deutsche Wissenschaft den farbenblinden Engländer mit -Goetheschen Waffen niedergestreckt haben, wenn dieser sich nicht auf der -Insel Mathematik mit scheinbarer Unüberwindlichkeit verbollwerkt hätte und -von dorther seit über 200 Jahren die Welt aller Farben despotisch -brutalisierte. Dieser Engländer lehrt messen und rechnen: aber Goethe lehrt -_sehen_! Und man soll doch erst sehen lernen, _bevor_ man zählt und mißt, -was man sieht. Es ist sehr charakteristisch für den Engländer, daß er sich -verrechnen muß, weil er mit seiner Rechenkunst zu voreilig ist -- und -sollte auch Jahrhunderte lang die scheinbare Präzision seiner Rechnung den -falschesten Postenansatz verdecken. Goethe wird hoffentlich mit Deutschland -so mitsiegen, daß Deutschlands Schulkinder sehr bald über die englischen -Farben lachen lernen, die angeblich im Lichte stecken, während sie sich für -jedes deutsche, d. h. Goethesche, also gesunde Auge ganz offenbar aus -Finsternis und Licht, aus _Schwarz und Weiß_ also, erzeugen und im Rot das -liebste Kind dieser Eltern haben: - - »Es stammen ihrer sechs Geschwister - Von einem wundersamen _Paar_« - -sagte bereits Schiller vor Goethe. Ein großer Rechenmeister war dieser -englische Fürst der Geister, Newton. Aber er hat ausgespielt, wenn -Deutschland auf preußische Manier und mit Goethes Augen _Schwarz-Weiß_ -sehen lernt: es wird sich dann das Rot noch göttlicher herausrechnen, wenn -es erst _sieht_, daß dieses freudig errötende Grau zwischen Schwarz und -Weiß so wenig aus dem Lichte allein stammt wie das preußisch nüchterne, das -ja ganz unverkennbar eine Mischung aus Schwarz und Weiß ist. Laßt Euch doch -nicht von englisch perfekter Rechenkunst betören, die auf Lug und Trug, auf -Augentäuschung beruht, und führt Eure Farben auch zum Sieg deutscher -Gründlichkeit unter dem Farben-Generalfeldmarschall Goethe, diesem -Über-Hindenburg aller Farbenlehre! - -Dadurch, daß Goethe auch ins _Schwarze_ getroffen hat, ist das Weiß erst -fähig geworden, Farben zu entbinden. Sie, wie der nur halbgesichtige -Engländer aus dem Weißen allein, dem Lichte, zu entwickeln, bloß um -bequemer, aber auch einfältiger _rechnen_ zu können, dazu rechnete Goethe -zu ehrlich, zu tief auch mit der Finsternis, dem Schwarz. Spiegelt sich -hierin nicht symbolisch unser politischer Konflikt mit einem Volke, das -aufgeklärtestes Licht heuchelt, indem es aber inwendig die bunt getigerte -Tücke der ganzen Finsternis verbirgt, während der echt aufgeklärte Deutsche -Goethe frei und offen außer _Weiß_ auch _Schwarz_ bekennt und die Iris des -_Friedens_ dazwischen farbig entbrennen läßt, welche im _Purpur_ ihre -feierlichste Vermählung hält? - -Zu verkennen, daß es ein echtes treues Schwarz gibt; sich anzustellen, wie -wenn es lauter Licht gäbe, während man sogar das schwärzliche _Indigo_ (!) -in diesem scheinbar lauteren Lichte verbirgt und, wann man will, berechnet -hervorbrechen läßt -- ist das nicht englisch? -- Und ist es nicht -kerndeutsch und Goethisch, daß Meister _Schwarz_ das Pulver erfunden hat: -und daß, genau so wenig wie _Grau_, sich Farbe bloß aus Weiß, sondern bloß -aus der _Vermischung_ von Schwarz mit Weiß gewinnen läßt, deren innigstes -Kind gerade Rot ist? -- Wenn Deutschland alle Welt versöhnen, vermählen -will, will England, um selber zu herrschen, überall entzweien; so wie -Newton lieber das Licht in sich selbst entzweit, statt es mit der -lichtlosen Finsternis nicht bloß gräulich, sondern farbenfroh zu vermählen: - - »_Entzwei_ und herrsche! - Tüchtig Wort. - _Verein_ und leite -- - Bess'rer Hort!« - -(Goethe.) - -England hat ausgespielt, auch in der Farbenlehre. Deutsche Farbenlehrer! -Beginnt endlich einzusehen, daß Ihr von England mit schlauen Rechenkünsten -um die halbe Wahrheit der Farbe betrogen werdet, und daß erst Goethe Euch -die _ganze_ gewährt. Und Goethe, der zuletzt lacht, wird Euch auch dazu -verhelfen, die besseren Mathematiker zu werden, weil er wie Kant den Mut -hat, offen und unverheuchelt mit der _negativen_ Größe, mit dem -ungeschminkten Minus und Schwarz der Finsternis zu rechnen, wie Dr. Luther -mit dem Teufel. Dieses englische Licht ist nur eine andere Finsternis, und -Deutschland kann von Goethe lernen, wie sich - - »Licht und Schatten - Zu echter Klarheit gatten.« - -Schwarz-Weiß-Rot: -- Mutter, Vater, Kind. In diesem Rot sind alle Farben -zusammen, es ist die Verschmelzung von Orange, also gesteigertem Gelb, mit -Violett, gesteigertem Blau; während Blau und Gelb sich im Grün vermischen, -dieser hoffnungsreichen Wurzel der Krone Rot. Welches »Wunder von Sinn im -Zufall«, daß Deutschlands Fahnenfarben das wahre _Emblem_ der Goethischen -Lehre bilden! Goethe stellte den Gegensatz offen dar, den es zu versöhnen -gilt, und er versöhnt ihn hochrot hochzeitlich. Der schlaue Engländer -verhehlt den Gegensatz, hüllt ihn in Unschuldsweiß und sucht ihn mit einer -erflunkert friedliebenden Einheit zu bezwingen, die, zur Unfruchtbarkeit -verurteilt, kriegerische Mißgeburten ausheckt. Im Zeichen Goethes, -Schwarz-Weiß-Rot, soll Deutschland auch wissenschaftlich siegen! Das -trübselige Schicksals_grau_ zwischen Licht und Finsternis zerreißt, und das -elend vom Engländer gequälte _Paar_ erglüht in der Freudenröte seiner -innigeren Vereinigung: - - »Nun lacht die Welt, - Der _grause_ Vorhang riß, - Die Hochzeit kam - Für Licht und Finsternis.« - - - - -GOETHE SPRICHT IN DEN PHONOGRAPHEN. - -EINE LIEBESGESCHICHTE - - -»ES ist doch schade«, sagte Anna Pomke, ein zaghaftes Bürgermädchen, »daß -der Phonograph nicht schon um 1800 erfunden worden war!« - -»Warum?« fragte Professor Abnossah Pschorr. »Es ist schade, liebe Pomke, -daß ihn nicht bereits Eva dem Adam als Mitgift in die wilde Ehe brachte, es -ist Manches schade, liebe Pomke.« - -»Ach, Herr Professor, ich hätte wenigstens so gern Goethes Stimme noch -gehört! Er soll ein so schönes Organ gehabt haben, und was er sagte, war so -gehaltvoll. Ach, hätte er doch in einen Phonographen sprechen können! Ach! -Ach!« - -Die Pomke hatte sich längst verabschiedet, aber Abnossah, der eine Schwäche -für ihre piepsige Molligkeit hatte, hörte noch immer ihr Ächzen. Professor -Pschorr, der Erfinder des Ferntasters, versank in sein habituelles -erfinderisches Nachdenken. Sollte es nicht noch jetzt nachträglich gelingen -können, diesem Goethe (Abnossah war lächerlich eifersüchtig) den Klang -seiner Stimme abzulisten? Immer, wenn Goethe sprach, brachte seine Stimme -genau so regelrecht Schwingungen hervor, wie etwa die sanfte Stimme deiner -Frau, lieber Leser. Diese Schwingungen stoßen auf Widerstände und werden -reflektiert, so daß es ein Hin und Her gibt, welches im Laufe der Zeit zwar -schwächer werden, aber nicht eigentlich aufhören kann. Diese von Goethes -Stimme erregten Schwingungen dauern also jetzt noch fort, und man braucht -nur einen geeigneten Empfangsapparat, um sie aufzunehmen, und ein Mikrophon -zur Verstärkung ihrer inzwischen schwach gewordenen Klangwirkungen, um noch -heutzutage Goethes Stimme lautwerden zu lassen. Das Schwierige war die -Konstruktion des Empfangsapparats. Wie konnte dieser speziell auf die -Schwingungen der Goetheschen Stimme berechnet werden, ohne daß Goethe -leibhaftig hineinsprach? Fabelhafte Geschichte! Dazu müßte man eigentlich, -fand Abnossah, den Bau der Goetheschen Kehle genau studieren. Er sah sich -Bilder und Büsten Goethes an, aber diese gaben ihm nur sehr vage -Vorstellungen. Schon wollte er das Ding aufgeben, als er sich plötzlich -darauf besann, daß ja Goethe selbst, wenn auch in Leichenform, noch -existierte. Sofort machte er eine Eingabe nach Weimar, man möge ihm die -Besichtigung des Goetheschen Leichnams, zum Zwecke gewisser Abmessungen, -auf kurze Zeit gestatten. Er wurde aber mit dieser Eingabe abschlägig -beschieden. Was nun? - -Abnossah Pschorr begab sich, ausgerüstet mit einem Köfferchen voll feinster -Abmessungs- und Einbruchsinstrumente, nach dem lieben alten Weimar; -nebenbei gesagt, saß dort im Wartesaal erster Klasse die stadtbekannte -Schwester des weltbekannten Bruders im anmutigen Gespräch mit einer alten -Durchlaucht von Rudolstadt; Abnossah hörte gerade die Worte: »Unser Fritz -hatte stets eine militärische Haltung, und doch war er sanft, er war mit -andern von echt christlicher Sanftmut -- wie würde er sich über diesen -Krieg gefreut haben! und über das herrliche, ja heilige Buch von Max -Scheler!« - -Abnossah schlug vor Schrecken längelang hin. Er raffte sich nur mit Mühe -wieder auf und nahm Quartier im »Elephanten«. In seinem Zimmer prüfte er -die Instrumente sorgsam. Dann aber rückte er sich einen Stuhl vor den -Spiegel und probierte nichts geringeres an als eine überraschend -portraitähnliche Maske des alten Goethe; er band sie sich vors Antlitz und -sprach hindurch: - - »Du weißt, daß ich ganz sicher ein Genie, - Am Ende gar der Goethe selber bin! - -Platz da, Sie Tausendsapperloter! Oder ich rufe Schillern und Karl -Augusten, meinen Fürsten, zu Hülfe, er Tölpel, er Substitut!« - -Diesen Spruch übte er sich ein, er sprach ihn mit sonorer, tiefer Stimme. - -Zur späten Nachtzeit begab er sich an die Fürstengruft. Moderne Einbrecher, -die ich mir alle zu Lesern wünsche, werden über die übrigen Leser lächeln, -die einen Einbruch in die wohlbewachte Weimarer Fürstengruft für unmöglich -halten. Sie mögen aber bedenken, daß ein Professor Pschorr, als Einbrecher, -kolossale Vorteile vor noch so geschickten Einbrechern von Fach voraus hat! -Pschorr ist nicht nur der geschickteste Ingenieur, er ist auch -Psychophysiolog, Hypnotiseur, Psychiater, Psychoanalytiker. Es ist -überhaupt schade, daß es so wenige gebildete Verbrecher gibt: wenn nämlich -dann alle Verbrechen gelängen, so würden sie endlich zur Natur der Dinge -gehören und so wenig bestraft werden wie Naturereignisse: Wer stellt den -Blitz zur Rede, daß er den Kassenschrank des Herrn Meier schmelzt? -Einbrecher wie Pschorr sind mehr als Blitze, denn gegen sie hilft kein -Ablenker. - -Pschorr konnte ein Grausen hervorrufen und die vor Entsetzen fast -Erstarrten obendrein durch Hypnose an die Stelle bannen; und das in einem -einzigen Augenblick. Denken Sie sich, Sie bewachten um Mitternacht die -Fürstengruft: auf einmal steht Ihnen der alte Goethe gegenüber und bannt -Sie fest, daß nichts mehr an Ihnen lebt als der Kopf. In solche Köpfe auf -scheintoten Rümpfen verwandelte Pschorr die ganze Bewachungsgilde. Bis der -Krampf sich löste, blieben ihm gut und gern etwa zwei Stunden, und diese -nutzte er kräftig aus. Er ging in die Gruft, ließ einen Scheinwerfer -aufzucken und fand auch bald den Sarg Goethes heraus. Nach kurzer Arbeit -war er mit der Leiche bereits vertraut. Pietät ist gut für Leute, die sonst -keine Sorgen haben. Daß Pschorr zweckgemäß am Kadaver Goethes -herumhantierte, darf ihm nicht verargt werden, er nahm auch einige -Wachsabdrücke; im übrigen hatte er vorgesorgt, daß er Alles und Jedes -wieder in die vorige Ordnung brachte. Überhaupt sind gebildete -Amateur-Verbrecher zwar radikaler als die Fachleute, aber grade diese -Radikalität des exakten Gelingens gibt ihren Verbrechen den ästhetischen -Liebreiz der Mathematik und restlos aufgelöster Rechenexempel. - -Als Pschorr sich wieder ins Freie begab, legte er noch einige Eleganz in -diese Präzision, indem er absichtlich einen Posten wieder vom Bann befreite -und ihn dann, wie oben, ins Gebet nahm. Dann riß er sich draußen sofort die -Maske vom Antlitz und ging in langsamstem Tempo zum »Elephanten«. Er freute -sich; er hatte, was er gewollt hatte. Gleich am andern Morgen reiste er -zurück. - -Nun begann für ihn die regste Arbeitszeit. Sie wissen, man kann nach einem -Skelett den fleischernen Leib rekonstruieren; jedenfalls konnte das -Pschorr. Die genaue Nachbildung der Goetheschen Luftwege bis zu -Stimmbändern und Lungen hatte für ihn jetzt keine unüberwindbaren -Schwierigkeiten mehr. Die Klangfärbung und Stärke der Töne, die von diesen -Organen hervorgebracht wurden, war auf das leichteste festzustellen -- -brauchte man doch nur den Luftstrom, der Goethes nachgemessenen Lungen -entsprach, hindurchstreichen zu lassen. Es dauerte nicht lange, und Goethe -sprach, wie er zu seinen Lebzeiten gesprochen haben mußte. - -Allein es handelte sich darum, daß er nicht nur die eigne Stimme, sondern -auch die Worte wiederholte, die er mit dieser Stimme vor hundert Jahren -wirklich gesprochen hatte. Dazu war es nötig, in einem Raum, in dem solche -Worte oft erschollen waren, Goethes Attrappe aufzustellen. - -Abnossah ließ die Pomke bitten. Sie kam und lachte ihn reizend an. - -»Wollen Sie ihn sprechen hören?« - -»Wen?« fragte Anna Pomke. - -»Ihren Goethe.« - -»Meinen?! Nanu! Professor!« - -»Also ja!« - -Abnossah kurbelte am Phonographen, und man hörte: - -»Freunde, flieht die dunkle Kammer . . .« usw. - -Die Pomke war eigentümlich erschüttert. - -»Ja,« sagte sie hastig, »genau so habe ich mir das Organ gedacht, es ist ja -bezaubernd!« - -»Freilich,« rief Pschorr. »Ich will Sie aber nicht betrügen, meine Beste! -Wohl ist es Goethe, seine Stimme, seine Worte. Aber noch nicht die -wirkliche Wiederholung wirklich von ihm gesprochener Worte. Was Sie eben -hörten, ist die Wiederholung einer Möglichkeit, noch keiner Wirklichkeit. -Mir liegt aber daran, Ihren Wunsch genau zu erfüllen, und darum schlage ich -Ihnen eine gemeinsame Reise nach Weimar vor.« - -Im Wartesaal des Weimarer Bahnhofs saß wieder zufällig die stadtbekannte -Schwester des weltbekannten Bruders und flüsterte einer älteren Dame zu: - -»Es liegt da noch etwas Allerletztes von meinem seligen Bruder; aber das -soll erst im Jahre 2000 heraus. Die Welt ist noch nicht reif genug. Mein -Bruder hatte von seinen Vorfahren her die fromme Ehrfurcht im Blute. Die -Welt ist aber frivol und würde zwischen einem Satyr und diesem Heiligen -keinen Unterschied machen. Die kleinen italienischen Leute sahen den -Heiligen in ihm.« - -Pomke wäre umgefallen, wenn Pschorr sie nicht aufgefangen hätte, er wurde -dabei merkwürdig rot, und sie lächelte ihn reizend an. Man fuhr sofort nach -dem Goethehaus. Hofrat Professor Böffel machte die Honneurs. Pschorr -brachte sein Anliegen vor. Böffel wurde stutzig: - -»Sie haben Goethes Kehlkopf als Attrappe, als mechanischen Apparat -mitgebracht? Verstehe ich Sie recht?« -- - -»Und ich suche um die Erlaubnis nach, ihn im Arbeitszimmer Goethes -aufstellen zu dürfen.« -- - -»Ja, gern. Aber zu was Ende? Was wollen Sie? Was soll das bedeuten? Die -Zeitungen sind grade von etwas Sonderbarem so voll, man weiß nicht, was man -davon halten soll. Die Posten der Fürstengruft wollen den alten Goethe -gesehen haben, und einen habe er sogar angedonnert! Die Andern waren von -der Erscheinung so benommen, daß man sie ärztlich behandeln lassen mußte. -Der Großherzog hat sich den Fall vortragen lassen.« - -Anna Pomke blickte prüfend auf Pschorr. Abnossah aber fragte verwundert: - -»Was hat das aber mit meinem Anliegen zu tun? Es ist ja allerdings kurios --- vielleicht hat sich ein Schauspieler einen Scherz erlaubt?« - -»Ah! Sie haben recht, man sollte einmal in dieser Richtung nachspüren. Ich -mußte nur unwillkürlich . . . . Aber wie können Sie Goethes Kehlkopf -imitieren, da Sie ihn doch unmöglich nach der Natur modellieren konnten?« - -»Am liebsten würde ich das getan haben, aber leider hat man mir die -Erlaubnis versagt.« - -»Sie würde Ihnen auch wenig genutzt haben, vermute ich.« - -»Wieso?« - -»Meines Wissens ist Goethe tot.« - -»Bitte, das Skelett, besonders des Schädels würde genügen, um das Modell -präzis zu konstruieren; wenigstens mir genügen.« - -»Man kennt Ihre Virtuosität, Professor. Was wollen Sie mit dem Kehlkopf, -wenn ich fragen darf?« - -»Ich will den Stimmklang des Goetheschen Organs täuschend naturgetreu -reproduzieren.« - -»Und Sie haben das Modell?« -- - -»Hier!« - -Abnossah ließ ein Etui aufspringen. Böffel schrie sonderbar. Die Pomke -lächelte stolz. - -»Aber Sie können doch«, rief Böffel, »diesen Kehlkopf gar nicht nach dem -Skelett gemacht haben!?« - -»So gut wie! Nämlich nach gewissen genau lebensgroßen und -echten Büsten -und Bildern; ich bin in diesen Dingen sehr geschickt.« - -»Man weiß es! Aber was wollen Sie mit diesem Modell in Goethes ehemaligem -Arbeitszimmer?« - -»Er mag da manches Interessante laut ausgesprochen haben; und da die -Tonschwingungen seiner Worte, wenn auch natürlich ungemein abgeschwächt, -dort noch vibrieren müssen.« - -»Sie meinen?« - -»Es ist keine Meinung, es ist so!« - -»Ja?« - -»Ja!« - -»So wollen Sie?« - -»So will ich diese Schwingungen durch den Kehlkopf hindurchsaugen.« - -»Was?« - -»Was ich Ihnen sagte.« - -»Tolle Idee -- Verzeihung! aber ich kann das kaum ernst nehmen.« - -»Desto dringender bestehe ich darauf, daß Sie mir Gelegenheit geben, Sie zu -überzeugen, daß es mir ernst damit ist. Ich begreife Ihren Widerstand -nicht; ich richte doch mit diesem harmlosen Apparate keinen Schaden an!« - -»Das nicht. Ich widerstrebe ja auch gar nicht; ich bin aber doch von Amts -wegen verpflichtet, gewisse Fragen zu stellen. Ich hoffe, Sie verargen mir -das nicht?« - -»Gott bewahre!« - -Im Arbeitszimmer Goethes entwickelte sich jetzt, im Beisein Anna Pomkes, -Professor Böffels, einiger neugieriger Assistenten und Diener, die folgende -Szene. - -Pschorr stellte sein Modell so auf ein Stativ, daß der Mund, wie er sich -vergewisserte, dort angebracht war, wo der Lebende sich einst befunden -hatte, wenn Goethe saß. Nun zog Pschorr eine Art Gummiluftkissen aus der -Tasche und verschloß mit dessen einem offenstehenden Zipfel Nase und Mund -des Modells. Er öffnete das Kissen und breitete es wie eine Decke über die -Platte eines kleinen Tisches, den er heranschob. Auf diese Art Decke -stellte er einen allerliebsten Miniaturphonographen mit -Mikrophonvorrichtung, den er seinem mitgebrachten Köfferchen entnahm. Um -den Phonographen herum wickelte er nun sorgfältig die Decke, schloß sie -wieder in Form eines Zipfels mit winziger Öffnung, schraubte in den offenen -freien Zipfel, dem Munde gegenüber, eine Art Blasbalg, der aber, wie er -erklärte, die Luft des Zimmers nicht in die Mundhöhle hineinblies, sondern -aus ihr heraussaugte. - -Wenn ich, dozierte Pschorr, den Nasenrachenraum des Modells jetzt gleichsam -ausatmen lasse, wie beim Sprechen, so funktioniert dieser speziell -Goethesche Kehlkopf als eine Art Sieb, welches bloß die Tonschwingungen der -Goetheschen Stimme hindurchläßt, wenn welche vorhanden sind; und es sind -gewiß welche vorhanden. Sollten sie schwach sein, so ist eben der Apparat -mit Verstärkungsvorrichtungen versehen. - -Man hörte im Gummikissen das Surren des aufnehmenden Phonographen. Ja, man -konnte sich des Grausens nicht erwehren, als man innen undeutlich eine -leiseste Flüstersprache zu vernehmen glaubte. Die Pomke sagte: - -»Ach bitte!« und legte ihr feines Ohr an die Gummihaut. Sie fuhr sofort -zusammen, denn innen rauschte es heiser: - -»Wie gesagt, mein lieber Eckermann, dieser Newton war blind mit seinen -sehenden Augen. Wie sehr gewahren wir das, mein Lieber, an gar manchem so -offen Scheinenden! Daher bedarf insonders der Sinn des Auges der Kritik -unsres Urteils. Wo diese fehlt, dort fehlt eigentlich auch aller Sinn. Aber -die Welt spottet des Urteils, sie spottet der Vernunft. Was sie ernstlich -will, ist kritiklose Sensation. Ich habe das so oft schmerzlich erfahren, -werde aber nicht müde werden, aller Welt zu widersprechen und nach meiner -Art gegen Newton Farbe zu bekennen.« - -Das hörte die Pomke mit frohem Entsetzen. Sie zitterte und sagte: - -»Göttlich! Göttlich! Professor, ich verdanke Ihnen den schönsten Augenblick -meines Lebens.« - -»Haben Sie etwas hören können?« - -»Gewiß! Leise, aber so deutlich!« - -Pschorr nickte zufrieden. Er blasbalgte noch eine Weile und meinte dann: - -Vorläufig dürfte das genügen. - -Bis auf den Phonographen verpackte er alle Utensilien wieder in seinem -Köfferchen. Alle Anwesenden waren interessiert und erschrocken. Böffel -fragte: - -»Sie glauben wirklich, Professor, einstmals hier gesprochene Worte Goethes -reell wieder aufgefangen zu haben? ein echtes Echo aus Goethes eigenem -Munde?« -- - -»Ich glaube es nicht nur, sondern bin dessen gewiß. Ich werde jetzt den -Phonographen mit Mikrophon repetieren lassen und sage Ihnen voraus, Sie -werden mir recht geben müssen.« - -Das bekannte heisere Zischen, Räuspern und Quetschen. Dann ertönte eine -besondre Stimme, bei deren Klang alle Anwesenden, Abnossah selber, -elektrisiert zusammenzuckten. Man hörte die soeben zitierten Worte. Sodann -ging es weiter: - -»Ei wohl! Er, Newton, er hat es gesehen. Hat er? Das kontinuierliche -Farbenspektrum? Ich aber, mein Bester, ich wiederhole es, er hat sich -getäuscht: er hat einer optischen Täuschung beigewohnt und selbige -kritiklos hingenommen, froh darüber, nur sogleich zählen und messen und -klügeln zu können. Zum Teufel mit seinem Monismus, seiner -Kontinuierlichkeit, da doch ein Farben-Gegensatz den Schein dieser erst -möglich macht! Eckermännchen! Eckermännlein! Bleiben Sie mir ja im Sattel! -Das Weiße -- weder gibt es Farbe her, noch ist aus Farben jemals Weißes zu -gewinnen. Sondern es muß sich, durch ein Mittel, mit Schwarz mechanisch -verbinden, um Grau; und chemisch vermählen, um das bunte Grau der Farben -erzeugen zu können. Und nicht Weißes erhalten Sie, wenn Sie die Farbe -neutralisieren. Sondern Sie stellen dann den ursprünglichen Kontrast wieder -her, also Schwarz gegen Weiß: wovon man nun freilich nur das Weiße blendend -klar sieht. Ich, Lieber, sehe die Finsternis ebenso klar, und hat Newton -allein ins Weiße, so habe ich, mein gar Wertester, zudem noch ins Schwarze -getroffen. Ich dächte doch, das sollte der weiland Bogenschütz in Ihnen baß -bewundern! So und nicht anders ist und sei es! Und die fernere Enkel- -- -bedenkt man die absurde Welt, wohl gar allzu ferne Urenkelschaft wird über -Newton von mir lachen lernen!« - -Böffel hatte sich gesetzt, alles jubelte durcheinander. Die Diener -trampelten vor Vergnügen, wie die Studenten in des ungeheuer umwälzenden, -hochherrlichen Reuckens, des bieder-dämonischen Greises, flammenden -Vorlesungen. Aber Abnossah sagte streng: - -»Meine Herrschaften! Sie unterbrechen Goethes Rede! Er hat noch etwas zu -sagen!« - -Stille trat wieder ein, man hörte: - -»Nein und aber nein, mein Teuerster! Gewiß hätten Sie gekonnt, wofern Sie -nur gewollt hätten! Der Wille, der Wille ist es, der bei diesen -Newtonianern schlecht ist. Und ein schlechtes Wollen ist ein verderbliches -Können, ein tätiges Unvermögen, wovor es mich schaudert, da ich es doch -allenthalben über und über gewahr werde und daran gewöhnt sein sollte. Der -Wille, mein Guter, der Sie harmlos genug darüber gesonnen sein mögen, ist -der wahrhafte Urheber aller großen und kleinen Dinge, und nicht das -göttliche Können, sondern das Wollen ist es, das göttliche Wollen, an dem -der Mensch zuschanden wird und alle seine Unzulänglichkeit daran erweist. -Würden sie göttlich wollen, so wäre das Können notwendig und nicht nur -leicht, und gar manches, mein Lieber, wäre alltägliche Erfahrung, was jetzt -nicht einmal ahnungsweise sich hervorwagen dürfte, ohne angefeindet oder -verspottet zu werden. - -Da war der junge Schopenhauer, ein das Höchste versprechender Jüngling, -voll vom herrlichsten Wollen, aber dieses durchaus angekränkelt vom -Wurmfraß des Zuviels, der eignen Ungenügsamkeit. Wie, in der Farbenlehre, -ihn die reine Sonne verblendete, daß er die Nacht als keine andre Sonne, -sondern als null und nichts dagegen gelten und wirken ließ, so bestach ihn -im Ganzen des Lebens dessen ungetrübter Glanz, gegen dessen reines Strahlen -ihm das Menschenleben gar nichts und verwerflich schien. Ersehen Sie, mein -Bester! daß der reinste, ja, der göttlichste Wille Gefahr läuft, zu -scheitern, wenn er unbedingt starr sich durchzusetzen begierig ist: wenn er -auf die Bedingungen, als auf ebenso viele mit Notwendigkeit gesetzte Mittel -seines Könnens, nicht klüglich und geschmeidig einzugehen, sich bequemt! -Ja, der Wille ist ein Magier! Was vermöchte er nicht! Aber der menschliche -Wille ist gar kein Wille, er ist ein schlechter Wille, und das ist der -ganze Jammer. Ha! haha! hehe! hi!« Goethe lachte sehr mysteriös und fuhr -fast flüsternd fort: »Ich könnte sehr wohl, mein Köstlicher! Ihnen noch -etwas anvertrauen, etwas verraten. Sie werden es für ein Märchen halten; -mir selbst aber ist es zur vollen Klarheit aufgegangen. Der eigne Wille -kann das Schicksal übermeistern, er kann es zwingen, daß es ihm diene, wenn -er -- nun horchen Sie wohl auf! -- die göttlich ungemeine, wenn er die -schöpferische Absicht und Anstrengung, welche in ihm ruht und angespannt -ist, keineswegs wähnte, auch noch überdies in angestrengtester -Absichtlichkeit äußern und durch die angestraffteste Muskulatur nach außen -hin wirksam sein lassen zu sollen. Sehen Sie die Erde, wie sie es drehend -treibt! Welcher irdische Fleiß! Welches unaufhörlich bewegte Treiben! Aber -wohlan, mein Eckermännlein! dieser Fleiß ist nur irdisch, dieses Treiben -nur mechanisch fatal -- hingegen der magische Sonnen-Wille göttlich ruhend -in sich selber schwingt, und durch diese so höchst ungemeine -Selbstgenugsamkeit jenen Elektromagnetismus entwickelt, welcher das ganze -Heer der Planeten, Monde und Kometen in dienendster Unterwürfigkeit -wimmelnd zu seinen Füßen erniedrigt. Mein Lieber, wer es verstände, es -erlebte, im allerdurchlauchtesten Geistessinne dieser hehre Täter zu sein! --- -- -- Allein, genug und abermals genug. Ich bin es gewohnt gewesen, wo -ich andre und oft sogar Schillern frei schwärmen sah, mir Gewalt anzutun, -jener so göttlichen Aktivität zu Liebe, von der man nur schweigen sollte, -weil alles Reden hier nicht nur unnütz und überflüssig wäre, sondern, indem -es ein albern gemeines Verständnis, wo nicht gar das entschiedenste -Mißverständnis erregte, sogar schädlich und hinderlich werden müßte. Denken -Sie des, Trauter, und hegen es in Ihrem Herzen, ohne daß Sie es zu -enträtseln trachteten! Vertraun Sie, daß es sich Ihnen einst von selber -enträtseln werde, und gehen heut Abend mit Wölfchen, den es schon gelüstet, -ins Schauspiel, da Sie denn mit Kotzebue gelinde verfahren mögen, wiewohl -es uns widert!« - -»O Gott«, sagte die Pomke, während die andern begeistert auf Abnossah -eindrangen, »o Gott! Ach dürfte ich endlos zuhören! Wieviel hat uns dieser -Eckermann unterschlagen!« - -Aus dem Apparat kam, nach geraumer Weile, ein Schnarchen, dann gar nichts -mehr. Abnossah sagte: - -»Meine Herrschaften, Goethe schläft hörbar. Wir hätten vor einigen Stunden, -wo nicht gar einem Tage, nichts mehr zu erwarten. Längeres Verweilen ist -nutzlos. Der Apparat richtet sich, wie Ihnen einleuchten muß, so genau nach -der Wirklichkeit des Zeitablaufs, daß wir, an dieser Stelle, günstigsten -Falls, erst wieder etwas hörten, falls Eckermann am selben Abend nach dem -Theater nochmals bei Goethe erschienen wäre. Ich habe keine Zeit mehr, das -abzuwarten.« - -»Wie kommt es,« fragte Böffel, ein wenig skeptisch, »daß wir gerade diese -Aussprache mit anhören konnten?« - -»Das ist ein Zufall,« erwiderte Pschorr. »Die Bedingungen, vor allem die -Struktur des Apparats und sein Standort, waren zufällig so getroffen, daß -(wie ausgerechnet) grade diese und keine andern Tonschwingungen wirksam -werden konnten. Allenfalls habe ich respektiert, daß Goethe saß, und den -Platz des Sessels.« - -»Ach bitte, bitte! Abnossah!« (Die Pomke war wie im Rausch, fast mänadisch, -sie nannte ihn beim Vornamen, was noch nie geschehen war.) »Versuchen Sie's -doch noch an einer andern Stelle! Ich kann nicht genug hören -- und wenn's -auch nur das Schnarchen wäre!« - -Abnossah ließ den Apparat verschwinden und schnallte den Koffer zu. Er war -sehr blaß geworden: - -»Meine liebe Anna -- meine Gnädigste,« verbesserte er sich: »-- ein -andermal!« (Die Eifersucht auf den alten Goethe zerwühlte ihm das -Eingeweide). - -»Wie wäre es,« fragte Böffel, »mit Schillers Schädel? Das würde ja den -Streit entscheiden, ob man den echten hätte.« - -»Gewiß«, sagte Abnossah, »denn wenn man Schillern sagen hörte: >Wie wärsch -mit e Scheelchen Heeßen?< -- so wäre es nicht Schillers Schädel. -- Ich -überlege mir; ob sich die Erfindung nicht raffinieren ließe? Vielleicht -stelle ich einen Durchschnittskehlkopf her, an dem man schrauben kann, wie -an einem Operngucker, um ihn an alle irgend möglichen Schwingungsarten zu -akkommodieren. Man könnte dann die Antike und das Mittelalter wieder -sprechen hören, die richtige Aussprache der alten Idiome feststellen. Und -die verehrten Zeitgenossen, die unanständige Dinge laut sagten, wären der -Polizei auszuliefern.« - -Abnossah bot der Pomke seinen Arm, und sie gingen wieder nach dem Bahnhof. -Behutsam traten sie in den Wartesaal, aber die Stadtbekannte hatte sich -schon entfernt. Abnossah sagte: - -»Wenn sie mir den Kehlkopf des berühmten Bruders auslieferte? Aber sie wird -es nicht tun; sie wird einwenden, das Volk sei noch nicht reif, und die -Intelligenz habe nicht die Ehrfurcht des Volkes, und so ist nichts zu -machen, Geliebte! Geliebte! Denn (oh!) das! Das sind! Das bist du! Du!« - -Aber die Pomke hatte gar nicht hingehört. Sie schien zu träumen. - -»Wie er die R's betont!« hauchte sie beklommen. - -Abnossah schneuzte sich wütend die Nase; Anna fuhr auf, sie fragte -zerstreut: - -»Sie sagten etwas, lieber Pschorr? Und ich vergesse den Meister über sein -Werk! Aber mir versinkt die Welt, wenn ich Goethes eigne Stimme höre!« - -Sie stiegen zur Rückfahrt in den Bahnwagen. Die Pomke sprach nichts, -Abnossah brütete stumm. Hinter Halle a. S. schmiß er das Köfferchen mit dem -Kehlkopf Goethes aus dem Fenster vor die Räder eines aus entgegengesetzter -Richtung heranbrausenden Zuges. Die Pomke schrie laut auf: - -»Was haben Sie getan?« - -»Geliebt,« seufzte Pschorr, »und bald auch gelebet -- und meinen -siegreichen Nebenbuhler, Goethes Kehlkopf, zu Schanden gemacht.« - -Blutrot wurde da die Pomke und warf sich lachend und heftig in die sich -fest um sie schlingenden Arme Abnossahs. In diesem Moment erschien der -Schaffner und forderte die Fahrkarten. - -»Gott! Nossah!« murmelte die Pomke, »du mußt, du mußt mir einen neuen -Kehlkopf Goethes verschaffen, du mußt -- sonst --« - -»Kein Sonst! Après les noces, meine Taube!« - - * * * * * - - Prof. Dr. Abnossah Pschorr - Anna Pschorr geb. Pomke - Vermählte - z. Zt. Weimar im »Elephanten«. - - - - -DAS WUNDER-EI - - -DENKEN sich mal! Also denken Sie sich mal ein riesengroßes, ein Ei so groß -wie etwa der Petersdom, der Kölner und Notre Dame zusammengenommen. Also -denken Sie sich mal: Ich, nicht faul, geh durch die Wüste, und mitten in -der Wüste (Durst, Kamel, weißes Gebein in braungelbem Sand, eine -Messerspitz' El--se--las--Kersch--ül--er, Karawane, Oase, Schakal, -Zisterne, Wüstenkönig -- pschüh!!) ragt und wölbt sich das herrliche -Riesen-Ei. Denken sich mal die Sonne ein Funkeln prall 'runter duschend, -daß das Licht vom Ei nur so abspritzt. Mein erster Gedanke war: Fata (Fee) -Morgana. Nix zu machen! Ich tippe dran. Das Ei verrät sich dem Tast- und -Temperaturgefühl. Ich frage 'rein: »Ist da jemand drin?« Keine Antwort! -Jeder andre wäre vorbeigegangen, es wäre ihm nicht geheuer gewesen, oder -was weiß ich. In solchen Fällen pflege ich aber nicht eher zu ruhen, als -bis ich genau weiß, woran ich bin. Ich geh also um das Ei 'rum -- und -richtig, in Manneshöhe entdeck' ich einen dunkelgrünen Knopf, so groß wie -eine Walnuß. Ich drücke. Das Ei sinkt Ihnen mächtig in den Boden, bloß die -Spitze guckt noch aus dem Wüstensand 'raus. Denken Sie mal, wie das auf -mich wirken mußte. Auf der Spitze war aber ein ebensolcher Druckknopf. Ich -drücke -- der Donner! Es gibt mir einen Schlag: das Ei war plötzlich, aber -doch sanft, wieder hochgeglitten. Denken Sie mal, daß ich mitten in der -Wüste dieses Spiel gegen hundertmal wiederholte. Denken Sie mal! Ich freute -mich wie ein Kind. Schließlich wurde ich aber allmählich auf den tiefern -Sinn dieses kindischen Spiels neugierig. Untersuche also nochmals das Ei -und finde endlich nach langem Bemühen eine ganz feine Fuge, die vertikal -durch das ganze Ei zu gehen scheint. Ich sehe mir den Druckknopf an, ich -fasse ihn an, ohne zu drücken, unversehens drehe ich dran -- da legst di -nieder: Das Ei legt sich auf die Seite, die Spitze, auf der es stand, kehrt -sich mir aus der Erde wie die einladendste Pforte zu, ein jaspisgelber -Eidotter glänzt mich verheißend an. Denken Sie mal, da verschönte, wie man -sagt, ein Lächeln meine häßlichen Züge. Auf dem Eidotter las ich folgende -Inschrift: - - »Wüstenwanderer, - der zum erstenmal das - Ei der Eier - erblickt und sich (denken Sie mal!) kindlich daran ergötzt hat, - wisse: - daß dieses Ei allein die Wüste zum Eden umschaffen kann. Eia! - Löse mir nun dieses Eies Geheimnis!« - -Verfluchter Leser, haben Sie die Fuge vergessen? Diese Fuge ging nun auch -vertikal über die bauchige Eidotterpforte. Aber kein Knopf war dran. Ich -klopfe an, es klingt, wie wenn Sie sich bei geschlossenen Ohren mit der -Fingerspitze auf den Deetz hacken. Ich seh' mir nochmals ganz genau die -kreisrunde Grenze an zwischen Dotter und Schale, und denken Sie mal, rechts -von der Spalte, der Fuge, ist eine vielleicht fingergroße Öffnung; ich -stecke auch vorsichtig den Finger hinein. Aber denken Sie mal, ich kriege -ihn nicht wieder 'raus. Was würden Sie nun getan haben? Zur nächsten -Polizei gehen? Ha, Europa bleibt hier hübsch draußen! Außerdem läßt kein -Ehrenmann so leicht seinen Finger im Stich. Da ich den Finger nicht wieder -'rauskriegte, drückte ich mit der ganzen Gewalt meiner Hand noch fester -nach -- und richtig, der Dotter rechts ließ sich 'raufrollen, ich bekam den -Finger frei und sah in das Ei hinein. Da ich aber nichts Genaues -unterschied, gab ich dieser rechten Eidotterhälfte einen kräftigen Schubs -nach oben und stieg (denken Sie mal) in das Ei hinein. Ich hatte das -Gefühl, als ginge ich auf gelbem Schnee. Nachdem sich meine Augen an die -milde Dämmerung gewöhnt hatten, seh, ich auf einmal sich eine breite schöne -Treppe mit flachen Alabasterstufen vor mir erheben. Steige nun hoch auf ein -Aussichts-Plateau und staune das Ei-Innere an. Hüben liegt die Pforte, -drüben die Gipfelspitze, unter mir gelber Schnee, über mir gleißt durch die -Fuge die obige Wüstensonne. Denken Sie mal an meine Situation! Immerhin -entdecke ich im ganzen weiter nichts Merkwürdiges, es sei denn die Spitze, -wo irgendetwas zu lauern schien. Vom Plateau aus führte dorthin eine -entgegengesetzte Treppe, die ich dann auch betrat, und die abwärts bis zur -Spitze ging. Und diese ewige Eierschalenwölbung! Der ewige gelbe Schnee, -oder was es für'n Zeugs war. Wie ich nun endlich an der Spitze stehe, seh' -ich im selben Moment die Pforte gegenüber zurollen, denken Sie nur mal an. -Ich schreie. Ich kann Ihnen nur den guten Rat geben: schreien Sie nie in -einem Ei! Das gibt so'n herumrollendes Getöse, daß Ihnen schlimm wird. - -Aber nicht nur die Pforte rollt zu, sondern ich merke, das Ei geht Ihnen -wieder hoch, es richtet sich auf, aus der Treppe wird eine steilrechte -Leiter, auf deren oberster Sprosse ich stehe. Und plötzlich, denken Sie -mal, fühl' ich das Wüsten-Ei wieder tief in die Erde sausen. Trotzdem blieb -es schön dämmerig, denn seh'n Sie mal: die Eierschale phosphoreszierte nur -so drauf los. Und nun endlich geschah das Seltsamste: Das Ei sprach mit -mir, das heißt: es phosphoreszierte mich immerfort so artikuliert an, daß -ich unwillkürlich verstehen mußte. Denken Sie mal, das Ei behauptete, die -Wiedergesundung der ganzen Wüste hinge von seiner Vernichtung ab. Ein -scherzhaftes Ei! Ich lächelte nicht wenig. Da wetterleuchtete mir das Ei -die bekannte These: »Die Wüste wächst!« - -Und ob ich nicht bemerkt hätte, daß das Ei steigen und sinken könne? Na ob! -Es sagte mir nun, ich solle auf der Leiter zur untern Pforte klettern, sie -öffnen und ein kleines, aber widerwärtiges Hindernis dort unten beseitigen; -ich würde dann schon weiteres hören (oder vielmehr sehen). Während mein -einziger Gedanke war: wie komme ich nur recht rasch aus diesem unheimlichen -Ei? mußte ich jetzt im Gegenteil noch obendrein in der Versenkung unterm Ei -verschwinden! Aber freundlich phosphoreszierte das Ei mir zu, getrost -hinunterzusteigen, und wie auf sanften Fittichen fühlte ich mich mehr -getragen, als daß ich ging. Die Pforte jedoch ließ sich so leicht nicht -öffnen. Bedenken Sie auch nur mal, daß sie einige hundert Meter unter der -Erdoberfläche lag, und daß ich gar nicht wissen konnte, welche Hölle -losbrach, wenn ich den Eidotter da unten wieder aufrollte. Als ich zögerte, -phosphoreszierte man mir wieder ermutigend zu. Endlich fand ich mit dem -Finger wieder die kleine Öffnung und schob das Ding in die Höhe. Kaum -klaffte die Öffnung, als aus dieser ein Sturmsausen fuhr, das mich im -Moment, so daß ich fast erstickte, hoch gegen die Eispitze schmiß, und, ehe -ich noch wußte, was mit mir geschah, klappte diese Spitze nach außen zurück -wie ein Deckel, und ich lag im Wüstensand. - -Jetzt fort! war mein erster Gedanke -- ein Königreich für ein Kamel oder -Dromedar! Kein Schiff der Wüste im ganzen Umkreis! Statt dessen -- was -glauben Sie wohl, wie ich staunte, als ich entdeckte, daß hinter mir aus -dem Ei mir jemand nachgekrochen war, eine Art Mumie mit Bändern und -Wickeln. Die Dame (oder meinen Sie, daß es ein Herr war?) sagte mir in -einer Sprache, die ich seltsamerweise, trotzdem ich sie noch nie vernommen -hatte, doch sofort verstand (bilden Sie sich ein, es wäre eine Musik ohne -Tonleiter gewesen) folgendes: - -»Vorwitziger, einfältiger, furchtsamer, nicht aber antipathischer -Menschenkerl! Der Zufall, harmloser Weltling, hat dich geadelt! Bis jetzt -lächerlich oberflach das kranke Geheimnis meiner Wüste durchpilgernd, bist -du schon, von meinem Hauch berührt, nicht mehr unbedeutend genug, meinen -Wink mißzuverstehen. Wisse, die Wüste ist dasselbe nur deutlicher, was die -Erde ist, leonum arida nutrix, fast unfruchtbar, weil ihr das Ei, das -Prinzip der Fruchtbarkeit, aus dem Zentrum ihrer Sphäre gerenkt, an ihrer -Oberfläche verdorrt und ausschalt, und ich, die Seele der Seelen, zur Mumie -und erst durch dich, erhabener Dummkopf, elektrisiert worden bin. Wie wirst -du von deiner eignen Tat jetzt überragt! Vollende sie! Du drückst, wenn ich -wieder im Ei bin und die Spitze zuklappt, auf deren Knopf. Im selben Maße, -wie dann langsam, langsam, aber unfehlbar sicher dieses Ei zur Erdmitte -sinkt, wird es kleiner und kleiner, in seiner fruchtbaren Kraft aber -konzentrierter, und es entbindet sie, wenn es, in der Mitte angelangt, zur -Mitte rein vernichtet und verdichtet ist, strahlend durch und durch nach -außen, nach oben, bis in alle Himmel hin. Auch du, mein Guter, erst eben -noch ein kleiner Lumpenhund von Unbedeutendheit, wirst es spüren: leben -heißt genial sein, göttlich empfinden und wirken! Wohlan!« - -. . . Kennen Sie zufällig den preziösen alten Baron, der bei ähnlichen -Gelegenheiten hundertmal hintereinander »Wahnsinn, Wahnsinn!« sagt? Ich -ließ also die Mumie ruhig über Eierschalenbord hopsen. Ich klappte ja auch, -wie ich gern gestehe, den Ei-Deckel ruhig wieder zu. Aber den Knopf? Den -hab, ich nie wieder berührt! Ich langte mir von hinten her meine vom -Eierstaub übel gelb bemehlten Rockzipfel nach vorn, und, sie unter meine -Arme nehmend, rannte ich rascher als jedes Kamel davon. - -Was heißt hier überhaupt »Prinzip der Fruchtbarkeit«? Soll ich die Erde -übervölkern? Soll ich mich (ausgerechnet mich) von einer ollen Mumie in -Ungelegenheiten bringen lassen? Weiß Gott, die Erde ist kein Eierkuchen, am -wenigsten aux confitures. Sollte das Heil der Welt von einer Nebensache -abhängen? Vom Druck auf einen Knopf? Schließlich weiß ich gar nicht mehr, -wo das Ei zu finden ist. Wenn aber der Leser Lust hätte, so wäre ja grade -dieses Ei bei der nächsten Ostereiersuche sehr zu empfehlen! Denn wenn ich -auch feige davongelaufen bin -- wer weiß! Vielleicht gehört größerer Mut -dazu, ein ganz nahes ungeheures Glück leicht zu ergreifen, als ein -abenteuerlich fernes unter Überwindung ungeheurer Gefahren auch bloß zu -ahnen. Prüfen wir uns! Denken Sie mal nach, ob Sie jetzt gleich sofort auf -der Stelle durch einen leichten Fingerdruck das Massen-Glück, das Heil der -ganzen Welt herbeiführen wollten? Ob Sie davor nicht eine fürchterlichere -Angst anwandeln würde als vor irgendeinem Ihrer so bequem zu habenden -Märtyrertode?? -- -- - -Und doch lasse ich in Gedanken heimlich manche Träne auf das Ei der Wüste -fallen; ich hätte -- ja! hätte drücken sollen --! - - - - -DAS ABGEBROCHNE - - --- sagte Klärchen. Und wie gerade ihr Blick schmelzen wollte, faßte ich -mich, kam ihr zuvor und ließ den meinigen noch vorher schmelzen. - -»Aber was wird dein Papa sagen?« - -»Mein Papa kann mich --« - -»Um Gottes willen!« - -»-- am Ende nicht zurückhalten.« - -So begann unsere Liebe. - -(Fortsetzung folgt.) - - * * * * * - -(Fortsetzung.) - -Der Friede brach plötzlich herein wie ein Ungewitter. Die Wipfel der Bürger -welkten. Die Kinder verloren den süßen Analphabetismus aus ihren (wie Tante -sagte) Gesichtchen. Der Friede legte sich auf die Straße, in der unser -Häuschen steht, da sah es bald aus wie der Turm zu Pisa, wissen Sie, die -Toilette mit ihrem Schwerpunkt über den Unterstützungspunkt der Hauskapelle -beinah hinausfallend. Miessauers Liebesgesang an Albanien erscholl draußen -vor den Toren. Da sagte mir Klara: - -»Die Lande in Ruhe! Atme auf, du Rumplertaube ob dem London meines nicht -mehr stürmischen Busens.« Ich lachte, wie nur der Glückliche im Frieden -lachen kann -- so nämlich: - - . . . daß die Flöhe leiser stechen, - die dich kurz vorher behopsten, - und die Läuse, die sich moppsten, - in dein Fell von frischem brechen. - -(Fortsetzung folgt.) - - * * * * * - -(Fortsetzung.) - -Nun war Klara endlich eine alte Frau geworden, die sich meiner kaum noch -erinnerte. Ich selbst ruhte auch lange schon von meinen Irrfahrten (auf dem -Friedhof der Selbstmörder) aus. Unsre junge Generation feierte bereits ihre -fünfzigsten Geburtstage; sie trug in ihren Anzügen Taschen, in denen sie -die Fäuste ballen konnte. Sonst alles so liebenswürdig, selbst der Tod -lächelte schelmisch, und in seinen Wangen zeigten sich liebliche -Senkgrübchen. Da -- ich glaube Mittwoch -- karjolte mein Grab los. Ein -langer Schleier von Verzweiflungen wehte flordünn über die Eingesunkenen, -darunter her rollten unsre Gräber wie blumengeschmückte Autos beim -Festkorso. Wir sausten zur Stadt, ich ließ mein Autograb vor dem Haus -meiner greisen Wittib halten: »Wie bist noch gegen mich gesinnt? Und -weinest oder lachst du?« - -(Fortsetzung folgt.) - - * * * * * - -(Fortsetzung.) - -Auch die andern Grabgefährten hielten bald da, bald dort. Und die Ihnen -bekannten »Lieben«, die sich gern »unsre« nennen, kamen. Sie kamen herbei, -sie eilten, sie genierten sich. Auch Klara kam: - -»Wie hast du dein Leichentuch arrangiert, Helmut-Hinrich? Immer noch der -alte Theatraliker -- so in die Höhe, so --« ein Tränenrieseln drang unter -ihren zarten, welken Lidern hervor, und die Sonne. Ich meine wohl, die -Sonne schien so goldwarm um die alte Gestalt herum, so unsäglich ironisch, -so anders. Rührungen gibt es, ganz leise, unmerklich, bis zum Sterben des -Todes. Ich hatte mit Klara einige Kinder erzeugt, sie sahen aus den -Fenstern, sie winkten mit den Tüchern, ich rasselte mit knöchernen Fingern -hinauf wie mit Kastagnetten und ballerte meinen Schädel bis unters Dach. -Doch: - - »Ade nun, ihr Lieben, - Geschieden muß sein!« - -(Fortsetzung folgt.) - - * * * * * - -(Fortsetzung.) - -Klara wollte gern mit, ich widerriet es ihr. Laß deinen andern Fuß, flehte -ich, nicht wissen, daß du mit dem einen schon dort stehst, wohin ich jetzt -mit meinen beiden springe. Noch ein Kuß. Noch einer. Noch zwei. Noch -[Formel 034-1] Küsse. Ein Blick von der Brechungskraft [Formel 034-2] -- -und - -»Weiter, weiter . . .«, na, »hopp, hopp, hopp!« schon weniger. Nein, -sämtliche Trompeten von Jericho unsre Hupen. »Die Gräberautos,« hieß es in -einem Bericht, »passierten soeben unser Örtchen. Die Spitzen der Behörden -hatten sich mit der Schuljugend zur Begrüßung aufgestellt. Bürgermeister -Verbogen hielt die Festrede, worin er überzeugend nachwies, daß justament -einzig und allein die Selbstmörder eine ganz besondere Talentiertheit zur -Unsterblichkeit entfalteten. An Exzellenz Häckel ging ein -Huldigungstelegramm ab.« - -(Fortsetzung folgt) - - * * * * * - -(Fortsetzung.) - -Kaum hatten wir nun, durch ein paar Handgriffe, unsre Gräberautos in -Luftgräberschiffe umgewandelt, als oben im herrlichen frischen Himmel Fritz -M . . . . . . . r sich erbot, uns Gespräche halten zu lassen. Er wies uns -Proben -- gar nicht übel! Jedoch die Brauchbarkeit des Himmels zur -Diskretion vor unsern Lieben soll nicht beeinträchtigt werden. Gern, sagten -wir ihm, wollten wir auf sie pfeifen, ungern zu ihnen reden. Entsetzlich -schwer begriff dieses olle Sprachrohr seine völlige Überflüssigkeit. Es -legte sich verstohlen an H. v. Kleist an, kam aber versehentlich an das -vis-à-vis von dessen Mund, und v. Kl. entnahm einer seiner Anekdoten einen -Äolus und ließ diesen. - -(Fortsetzung folgt.) - - * * * * * - -(Fortsetzung und Schluß.) - -Das Abgebrochne aber ist es, das so siegt. Wenn Sie jemals auf unserm -ungewöhnlichen Wege in den Himmel kommen sollten: lassen Sie von dem an die -Konsequenz. Nicht in ihr, nie in ihr, nur in Ihren Abgebrochenheiten ruht -und schwelgt Ihr Himmel. Sie seufzen. Unterbrechen Sie Ihr Seufzen. -Unterbrechen Sie die Gedanken und Stimmungen, die sich konsequenterweise -daran knüpfen wollen! Essen Sie einen Pfirsich, stecken Sie seinen Kern ja -in Ihren (bloß schon darauf wartenden) Blinddarm. Vergessen Sie nie, daß -Sie _nur zur Zerstreuung_ gesammelt sind! »Vergißmeinnicht« ist die -schlimmste Blume, denn nur ihretwegen hat man das Grab erfunden, worauf sie -blüht. -- - - - - -TOILETTPAPIER! TOILETTPAPIER! - - -EIN Mann ging ja aus. Vorn hatte er ein Baro-, hinten ein Thermometer am -Rocke befestigt. Er ärgerte sich doch, daß die Wetterhäuschen so -feststanden. Er wollte ja selbst ein lebendiges, wandelndes Wetterhäuschen -sein. - -Der Mann ging an Leute 'ran und klappte ihnen den Deckel seiner Uhr an die -Nasen: »Sie wollen gewiß gern wissen,« sagte er liebreich, »wie spät es -ist? bitte!« -- Die Leute mochten das nicht, sie empfanden es als -Belästigung, sie wurden ungeduldig. Aber Boboll (so hieß der Mann) machte -sie noch auf sein Thermometer aufmerksam; worauf sie ihn erregt anblickten -und weitergingen. Jedoch er ließ es nicht zu, er lief ihnen eilfertig voran -und hinderte sie am Weitergehen. Dann drehte er sich um und sagte: »Hinten -können sie auch den genauen Barometerstand nachsehen.« - -Damit hatte er die Leute besiegt, sie ließen gar nicht mehr von ihm, sie -umhegten ihn warm, und er schritt zufrieden in ihrer Mitte. Aus den Taschen -zog er darauf gute Pakete parfümiertes Toilettpapier und verteilte sie -herzlich gern. Den Damen gab er Sicherheitsnadeln und Puderpapier. Ein -reicher Herr hatte auch etwas genommen und bot ihm Geld -- aber er lehnte -es ab und fragte unschuldig genug: »Bin ich ein Automat? Ich tue es ja -freiwillig.« Da wurde der reiche Herr rot vor Frohsinn, und alle jubelten -und freuten sich mit ihm. Viele riefen: »20 Grad im Schatten!« Andre wiesen -einander das feine Papier; und jemand sagte, ich glaube hinten sein -Barometer sinkt. Hierüber johlte die jüngere Umgebung so anhaltend, daß der -ganze Trupp mit Bobolln in der Mitte von Schutzmännern umstellt und -aufgefordert wurde, sich zu zerstreuen. Bobolln wollten sie festnehmen, -weil sie ihn für einen Straßenhändler ohne Gewerbeschein hielten. Aber der -reiche Herr klärte dieses Mißverständnis auf. Und als die Schutzmänner das -Nähere hörten und sahen, wurden sie lustig und guter Dinge; sie sagten alle -mit _einer_ Stimme: »Lütütü«! und pochten sich dabei mit ihren Zeigefingern -gegen ihre kräftigen Stirnen. - -Auf der Wache gab Boboll an, er sei ein Menschenfreund, und mit seinen -geringen Mitteln könne er leider nicht mehr tun. Er habe aber einen -sicheren Blick für kleine Bedürfnisse der Passanten. Gewisse Bedürfnisse -müßten allerdings erst geweckt werden. Fast jeder vermisse irgend eine -kleine Behaglichkeit. Boboll nahm ein Sammetbürstchen aus der Tasche, einen -dreiteiligen Handspiegel, ein umlegbares Schreibepultchen, einen Ferngucker -und andre nützliche Dinge. -- - -Die Schutzleute betrachteten sich Bobolln lange Zeit aufmerksam. Er aber -behielt seine schlichte Haltung bei und seinen guten Blick. Schließlich -rieten ihm die Schutzleute ab, den Passanten zu helfen; ja, sie untersagten -es ihm, weil es Unfug sei, da es Menschenaufläufe verursache; sie -verwarnten ihn ernstlich und gaben ihm kund, er werde bei der nächsten -Gelegenheit festgenommen werden. Hierauf ließen sie ihn frei und konnten -sich noch eine geraume Weile kaum von ihm erholen. -- -- -- - -Boboll ging durch die Passanten und spürte ihre Bedürfnisse wieder so -deutlich. Einem Herrn nahm er den Zylinderhut ab. Es war ein rosiger, -pikanter Junge, der es eilig hatte. Aber Boboll zog sein Bürstchen, und da -er den seidnen Hut fein glatt streichelte, beantwortete er die eifrigen -Fragen des jungen Menschen gar nicht, sondern überreichte ihm mit Stolz die -glänzende Zierde. Der Bengel klappte sie erst Bobolln ans Ohr, dann sich -auf den Kopf und wollte rasch weiter. Aber Boboll fragte ihn, ob er -Toilettpapier brauche, ob er den Barometerstand wissen wolle, bitte hinten, -Thermometer sei vorn; und Boboll ließ ihn auch noch in den dreiteiligen -Spiegel sehen. Der elegante, aber rohe Kerl knallte ihm darauf eine runter -und rannte ihn über den Haufen, daß er im Mist lag. Der Spiegel klirrte in -Stücke, und aus der Ferne flog noch ein Bändchen Toilettpapier heftig genug -an Bobolls rechtes Auge. - -Ahnungslose, mitleidige Passanten halfen Bobolln wieder auf die Beine; sie -befreiten ihn von den Scherben des Spiegels und der andern Glasinstrumente. -Boboll aber, noch erschüttert, forschte bereits wieder in ihren Mienen. -Ach! Wie Vieles erriet er darin so genau: sie brauchten fast jeder Papier, -Nadeln, Zeit- und andre Messer. Manche hatten das Datum vergessen; oder sie -würden gern rasch etwas niederschreiben; oder es juckte sie an Stellen, zu -denen sie selbst nicht gelangen konnten. Eine Dame hatte geweint, sie -brauchte Puder; einem Herrn fehlte der Knopf an genierlicher Stelle. Gering -waren diese Bedürfnisse -- gewiß! Aber Boboll fand seine Seligkeit darin, -sie zu befriedigen; und Boboll durfte es nicht mehr, es ging nicht, er sah -es ein. - -Das war nichts Geringes für ihn, es war seine Unbrauchbarmachung, das Ende, -der Tod. Boboll mochte nur so funktionieren, nur als dieser kleine -Passantengott, oder gar nicht. Entschlossen, sein Helfertum, aber mit -diesem auch das Leben aufzugeben, dachte er nur noch darüber nach, wie er -wenigstens aus seinem Tod den Passanten so manche Freude bereiten könne. -Sein Vermögen stiftete er zur Errichtung einer fahrenden -Bedürfnisbefriedigungsanstalt: hier sollten die Leute alle die vermißten -Kleinigkeiten wiederfinden, die ihnen Boboll selbst nicht mehr zugute tun -durfte. Bobolln fiel es als sehr sinnig ein, seine Leiche verbrennen und -die Urne mit der Asche auf Wagen I ewig mitfahren zu lassen. Plötzlich -hatte er eine viel glücklichere Idee. - -Kennen Sie die vielen Herrschaften, die den Verlust eines ihnen -Nahestehenden beklagen, bis sie dessen Leiche schließlich in der Morgue -entdecken? So! So! wollte Boboll sich sterben lassen. Er studierte -Inserate, Polizeiberichte und Anschlagsäulen, und endlich gelang es ihm, -einen richtigen Toten als vermißt angezeigt zu finden, der nach den -Indizien ungefähr Ähnlichkeit mit ihm haben mußte. Gesucht wurde die Leiche -des Krankenhäuslers Edgar Schiebedonkel, die wahrscheinlich von einem -Wärter an die Anatomie verschachert worden war. Boboll besorgte sich eine -Photographie Schiebedonkels und machte sich sorgfältig nach dieser zurecht, -u. a. gehörte dazu eine Schnapsnase, eine Glatze, eine Narbe und mehrere -Zahnlücken. Ja, Boboll ließ für schweres Geld Schiebedonkels alte -Leibwäsche und Kleidung ankaufen. Aber sobald er sich die herzliche Freude -der Familie und auch des entlasteten Wärters recht lebhaft vorstellte, wenn -endlich Schiebedonkels Leiche sich im Schauhause wiederfände; so dünkte ihm -kein Opfer zu gering, um der unmittelbare Urheber dieser Erfreuung zu -werden. - -Sein Testament schloß mit diesem Passus: »Um der Stiftung, die ich hiermit -errichte, keinen Pfennig unnütz zu entziehen, stopfe ich Dynamitpatronen in -meinen Kopf und Rumpf überall, wo es nur irgend angeht; ich zerplatze ohne -Rückbleibsel und spare so die Beerdigungskosten zu Nutz und Frommen aller -Passanten.« -- -- -- - -So geschah es, daß eines schönen Tages der Wärter und die Familie -Schiebedonkel ohne Zögern entschieden den toten Edgar in der Morgue -rekognoszierten. Da aber hättet ihr einmal etwas sehen können: Edgars -Leiche lächelte! Sie wollten, sie konnten es nicht für möglich halten, aber -sie sahen es! Wahre Güte, echte Menschenfreundlichkeit gibt selbst Ihrer -Leiche ein joviales Aussehen. -- - -Und just, als Familie Schiebedonkel mit dem Wärter den toten Boboll, den -sie (der Wärter verwundert und froh) mit Edgarn verwechselten, zu Grabe -brachten, karambolierte der Leichenwagen mit dem bekränzten ersten Tram der -fahrenden Bedürfnisbefriedigungsanstalt, auf dessen Perron ein Greis -Toilettpapier ausschrie. -- -- - - - - -DAS VERTIKALE GEWERBE - - -BEFÜRCHTEN Sie nichts, Leserin! Wir wollen von etwas anderem reden. Kommen -Sie doch bitte nach der Zeppelinstraße. So. Da sind wir schon. Sie sehen -eine Ballonhalle? Recht! Wir gehen hinein, wir werden einen Aufstieg -machen, innerhalb einer Stunde sämtliche Länder der Erde überfliegen -- und -doch in dieser Ballonhalle bleiben. - -Sie wissen, man kann bereits auf ähnliche Weise zu Wasser und zu Lande -reisen, in der Illusion, man säße in einem fahrenden Schilf oder -Eisenbahnwagen, die gemalte Landschaft rollt draußen vor den Fenstern -vorbei. Die Luftschiffahrt aber, die wir jetzt vorhaben, wird Sie durch die -Restlosigkeit der Illusion entzücken. In diesem eigens zur exakten -Vortäuschung von Luftreisen errichteten Kino hängt der Zuschauerraum hoch -über der Schirmbühne. Sie kennen die Technik der sogenannten -Hexenschaukeln: der Platz des Zuschauers ist stabil, der Raum aber um ihn -herum beweglich, so daß der Plafond und der Fußboden beliebig miteinander -verwechselt werden können, und der Zuschauer desorientiert und schwindlig -wird. Nach diesem Beispiel sollten alle Räume zu Darstellungen eingerichtet -sein; das beliebte horizontale Kino, in dem der Schirm sich vor dem -Zuschauer befindet, ginge dann mit Leichtigkeit so zu verwandeln, daß der -Zuschauer sich bald unter, bald über dem Schirm plaziert sähe; dadurch -könnten die wunderbarsten Wirkungen hervorgebracht werden! - -Hier nun treten wir ein wie in die Gondelgalerien eines Riesenluftschiffs. -Diese Gondelgalerien sind an der Decke eines Saales befestigt, und diese -Decke ist dem Bauch eines Ballons nachgebildet. Von diesem Ballongewölbe -hängt, an Tauwerk und Schnüren, das Parallel-Ring-System aus vier Galerien -herab, auf dem Sitzplätze so angebracht sind, daß die Zuschauer über beide -Brüstungen nach unten sehen können. Die innerste Galerie hat nur eine -Brüstung nach außen hin; ihr Kreisrund ist nach innen hin durch einen -Fußboden ausgefüllt; unter diesem befindet sich die Zelle des Technikers -mit dem Projektionsapparat, dessen Aufnahmen bei Gelegenheit wirklicher -Luftschiffahrten angefertigt worden sind. Beiläufig bemerkt, hört sich das -Geräusch dieses Apparates wie das Surren der Schraube eines Luftschiffs an -und dient also zur Erhöhung der Illusion. - -In senkrechter Tiefe unter diesen Galerien liegt die Bühne wie in einem -Abgrund. Würde man einen Schlafenden auf eine dieser Galerien bringen und -ihn dort aufwecken; sähe er dann über sich das Tauwerk und den Ballon, -hörte er das Surren wie von einer Schraube und überzeugte sich beim Blicken -in die Tiefe, daß unten etwa London vorbeizöge -- so würde er niemals auf -die Vermutung einer Illusion geraten. Mit größter Leichtigkeit sind Abstieg -und Aufstieg vorzuspiegeln: das zum Aufstieg gebrauchte Filmband wird -umgekehrt abgerollt. - -Gleich das erste Bild wirft Sie unentrinnbar in den Wahn, Sie schwebten -über der Halle desselben Theaters, in dem Sie sitzen, aufwärts, und Sie -sähen, aus der Vogelperspektive, die weitere und immer weitere Umgebung. -Der Lauf beschleunigt sich, und eine Reihe immer fernerer Landschaften und -Städte ziehn unter Ihren Augen vorüber. Sie überfliegen Gebirge, Meere, -Ströme, unter Ihnen rollt die ganze Erde vorbei. - -Das ist aber noch gar nichts gegen die ungeheuere Steigerung der Illusion -durch den Umstand, daß der Apparat schließlich astronomische Objekte -projiziert, und Sie sich wirklich unter die Sterne versetzt glauben können. -Diese Aufnahmen sind künstlich, aber sehr raffiniert hergestellt. Ihre -Reihe beginnt mit der Erhebung von der Erdkugel: Sie sehen z. B. unter sich -das Meer mit einigem Inselland; es versinkt in die Tiefe und wird dabei -zauberhaft plötzlich sphärisch, die Wölbung wird kleiner und kleiner -- auf -einmal liegt sie tief unter Ihnen als Erdkugel, und Sie sind im Raum ohne -Boden, bis Sie sich einer neuen Sternwelt, etwa dem Mond, dem Mars, wo -nicht gar der Sonne nähern. - -Wie? Sie sagen, es gäbe weder die Zeppelinstraße noch so ein Kino? Sie -irren sich! Die Kino-Unternehmer sind noch lange nicht so dumm, eine solche -Gründung zu unterlassen. Und übrigens, argwöhnen Sie vielmehr, die gesamte -Welt wäre bereits ein so vertikales Gewerbe -- aber nicht bloß optisch, -sondern plastisch bis in alle Sinne hinein. Adieu! -- -- -- - - - - - -End of the Project Gutenberg EBook of Schwarz-Weiß-Rot, by Mynona - -*** END OF THIS PROJECT GUTENBERG EBOOK SCHWARZ-WEIß-ROT *** - -***** This file should be named 44272-8.txt or 44272-8.zip ***** -This and all associated files of various formats will be found in: - http://www.gutenberg.org/4/4/2/7/44272/ - -Produced by Jens Sadowski - -Updated editions will replace the previous one--the old editions -will be renamed. - -Creating the works from public domain print editions means that no -one owns a United States copyright in these works, so the Foundation -(and you!) can copy and distribute it in the United States without -permission and without paying copyright royalties. Special rules, -set forth in the General Terms of Use part of this license, apply to -copying and distributing Project Gutenberg-tm electronic works to -protect the PROJECT GUTENBERG-tm concept and trademark. Project -Gutenberg is a registered trademark, and may not be used if you -charge for the eBooks, unless you receive specific permission. If you -do not charge anything for copies of this eBook, complying with the -rules is very easy. You may use this eBook for nearly any purpose -such as creation of derivative works, reports, performances and -research. They may be modified and printed and given away--you may do -practically ANYTHING with public domain eBooks. Redistribution is -subject to the trademark license, especially commercial -redistribution. - - - -*** START: FULL LICENSE *** - -THE FULL PROJECT GUTENBERG LICENSE -PLEASE READ THIS BEFORE YOU DISTRIBUTE OR USE THIS WORK - -To protect the Project Gutenberg-tm mission of promoting the free -distribution of electronic works, by using or distributing this work -(or any other work associated in any way with the phrase "Project -Gutenberg"), you agree to comply with all the terms of the Full Project -Gutenberg-tm License available with this file or online at - www.gutenberg.org/license. - - -Section 1. General Terms of Use and Redistributing Project Gutenberg-tm -electronic works - -1.A. By reading or using any part of this Project Gutenberg-tm -electronic work, you indicate that you have read, understand, agree to -and accept all the terms of this license and intellectual property -(trademark/copyright) agreement. If you do not agree to abide by all -the terms of this agreement, you must cease using and return or destroy -all copies of Project Gutenberg-tm electronic works in your possession. -If you paid a fee for obtaining a copy of or access to a Project -Gutenberg-tm electronic work and you do not agree to be bound by the -terms of this agreement, you may obtain a refund from the person or -entity to whom you paid the fee as set forth in paragraph 1.E.8. - -1.B. "Project Gutenberg" is a registered trademark. It may only be -used on or associated in any way with an electronic work by people who -agree to be bound by the terms of this agreement. There are a few -things that you can do with most Project Gutenberg-tm electronic works -even without complying with the full terms of this agreement. See -paragraph 1.C below. There are a lot of things you can do with Project -Gutenberg-tm electronic works if you follow the terms of this agreement -and help preserve free future access to Project Gutenberg-tm electronic -works. See paragraph 1.E below. - -1.C. The Project Gutenberg Literary Archive Foundation ("the Foundation" -or PGLAF), owns a compilation copyright in the collection of Project -Gutenberg-tm electronic works. Nearly all the individual works in the -collection are in the public domain in the United States. If an -individual work is in the public domain in the United States and you are -located in the United States, we do not claim a right to prevent you from -copying, distributing, performing, displaying or creating derivative -works based on the work as long as all references to Project Gutenberg -are removed. Of course, we hope that you will support the Project -Gutenberg-tm mission of promoting free access to electronic works by -freely sharing Project Gutenberg-tm works in compliance with the terms of -this agreement for keeping the Project Gutenberg-tm name associated with -the work. You can easily comply with the terms of this agreement by -keeping this work in the same format with its attached full Project -Gutenberg-tm License when you share it without charge with others. - -1.D. The copyright laws of the place where you are located also govern -what you can do with this work. Copyright laws in most countries are in -a constant state of change. If you are outside the United States, check -the laws of your country in addition to the terms of this agreement -before downloading, copying, displaying, performing, distributing or -creating derivative works based on this work or any other Project -Gutenberg-tm work. 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If an individual Project Gutenberg-tm electronic work is derived -from the public domain (does not contain a notice indicating that it is -posted with permission of the copyright holder), the work can be copied -and distributed to anyone in the United States without paying any fees -or charges. If you are redistributing or providing access to a work -with the phrase "Project Gutenberg" associated with or appearing on the -work, you must comply either with the requirements of paragraphs 1.E.1 -through 1.E.7 or obtain permission for the use of the work and the -Project Gutenberg-tm trademark as set forth in paragraphs 1.E.8 or -1.E.9. - -1.E.3. If an individual Project Gutenberg-tm electronic work is posted -with the permission of the copyright holder, your use and distribution -must comply with both paragraphs 1.E.1 through 1.E.7 and any additional -terms imposed by the copyright holder. Additional terms will be linked -to the Project Gutenberg-tm License for all works posted with the -permission of the copyright holder found at the beginning of this work. - -1.E.4. Do not unlink or detach or remove the full Project Gutenberg-tm -License terms from this work, or any files containing a part of this -work or any other work associated with Project Gutenberg-tm. - -1.E.5. Do not copy, display, perform, distribute or redistribute this -electronic work, or any part of this electronic work, without -prominently displaying the sentence set forth in paragraph 1.E.1 with -active links or immediate access to the full terms of the Project -Gutenberg-tm License. - -1.E.6. You may convert to and distribute this work in any binary, -compressed, marked up, nonproprietary or proprietary form, including any -word processing or hypertext form. 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Royalty payments should be clearly marked as such and - sent to the Project Gutenberg Literary Archive Foundation at the - address specified in Section 4, "Information about donations to - the Project Gutenberg Literary Archive Foundation." - -- You provide a full refund of any money paid by a user who notifies - you in writing (or by e-mail) within 30 days of receipt that s/he - does not agree to the terms of the full Project Gutenberg-tm - License. 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INDEMNITY - You agree to indemnify and hold the Foundation, the -trademark owner, any agent or employee of the Foundation, anyone -providing copies of Project Gutenberg-tm electronic works in accordance -with this agreement, and any volunteers associated with the production, -promotion and distribution of Project Gutenberg-tm electronic works, -harmless from all liability, costs and expenses, including legal fees, -that arise directly or indirectly from any of the following which you do -or cause to occur: (a) distribution of this or any Project Gutenberg-tm -work, (b) alteration, modification, or additions or deletions to any -Project Gutenberg-tm work, and (c) any Defect you cause. - - -Section 2. Information about the Mission of Project Gutenberg-tm - -Project Gutenberg-tm is synonymous with the free distribution of -electronic works in formats readable by the widest variety of computers -including obsolete, old, middle-aged and new computers. It exists -because of the efforts of hundreds of volunteers and donations from -people in all walks of life. - -Volunteers and financial support to provide volunteers with the -assistance they need are critical to reaching Project Gutenberg-tm's -goals and ensuring that the Project Gutenberg-tm collection will -remain freely available for generations to come. In 2001, the Project -Gutenberg Literary Archive Foundation was created to provide a secure -and permanent future for Project Gutenberg-tm and future generations. -To learn more about the Project Gutenberg Literary Archive Foundation -and how your efforts and donations can help, see Sections 3 and 4 -and the Foundation information page at www.gutenberg.org - - -Section 3. Information about the Project Gutenberg Literary Archive -Foundation - -The Project Gutenberg Literary Archive Foundation is a non profit -501(c)(3) educational corporation organized under the laws of the -state of Mississippi and granted tax exempt status by the Internal -Revenue Service. The Foundation's EIN or federal tax identification -number is 64-6221541. Contributions to the Project Gutenberg -Literary Archive Foundation are tax deductible to the full extent -permitted by U.S. federal laws and your state's laws. - -The Foundation's principal office is located at 4557 Melan Dr. S. -Fairbanks, AK, 99712., but its volunteers and employees are scattered -throughout numerous locations. Its business office is located at 809 -North 1500 West, Salt Lake City, UT 84116, (801) 596-1887. Email -contact links and up to date contact information can be found at the -Foundation's web site and official page at www.gutenberg.org/contact - -For additional contact information: - Dr. Gregory B. Newby - Chief Executive and Director - gbnewby@pglaf.org - -Section 4. Information about Donations to the Project Gutenberg -Literary Archive Foundation - -Project Gutenberg-tm depends upon and cannot survive without wide -spread public support and donations to carry out its mission of -increasing the number of public domain and licensed works that can be -freely distributed in machine readable form accessible by the widest -array of equipment including outdated equipment. Many small donations -($1 to $5,000) are particularly important to maintaining tax exempt -status with the IRS. - -The Foundation is committed to complying with the laws regulating -charities and charitable donations in all 50 states of the United -States. Compliance requirements are not uniform and it takes a -considerable effort, much paperwork and many fees to meet and keep up -with these requirements. We do not solicit donations in locations -where we have not received written confirmation of compliance. To -SEND DONATIONS or determine the status of compliance for any -particular state visit www.gutenberg.org/donate - -While we cannot and do not solicit contributions from states where we -have not met the solicitation requirements, we know of no prohibition -against accepting unsolicited donations from donors in such states who -approach us with offers to donate. - -International donations are gratefully accepted, but we cannot make -any statements concerning tax treatment of donations received from -outside the United States. U.S. laws alone swamp our small staff. - -Please check the Project Gutenberg Web pages for current donation -methods and addresses. Donations are accepted in a number of other -ways including checks, online payments and credit card donations. -To donate, please visit: www.gutenberg.org/donate - - -Section 5. General Information About Project Gutenberg-tm electronic -works. - -Professor Michael S. Hart was the originator of the Project Gutenberg-tm -concept of a library of electronic works that could be freely shared -with anyone. For forty years, he produced and distributed Project -Gutenberg-tm eBooks with only a loose network of volunteer support. - -Project Gutenberg-tm eBooks are often created from several printed -editions, all of which are confirmed as Public Domain in the U.S. -unless a copyright notice is included. Thus, we do not necessarily -keep eBooks in compliance with any particular paper edition. - -Most people start at our Web site which has the main PG search facility: - - www.gutenberg.org - -This Web site includes information about Project Gutenberg-tm, -including how to make donations to the Project Gutenberg Literary -Archive Foundation, how to help produce our new eBooks, and how to -subscribe to our email newsletter to hear about new eBooks. diff --git a/44272-8.zip b/44272-8.zip Binary files differdeleted file mode 100644 index ccd0976..0000000 --- a/44272-8.zip +++ /dev/null diff --git a/44272-h.zip b/44272-h.zip Binary files differdeleted file mode 100644 index 3232a99..0000000 --- a/44272-h.zip +++ /dev/null diff --git a/44272-h/44272-h.htm b/44272-h/44272-h.htm index 013dd3b..70fd8f7 100644 --- a/44272-h/44272-h.htm +++ b/44272-h/44272-h.htm @@ -122,43 +122,9 @@ hr.hr10 { margin-left:45%; width:10%; } </head> <body> +<div>*** START OF THE PROJECT GUTENBERG EBOOK 44272 ***</div> -<pre> - -The Project Gutenberg EBook of Schwarz-Weiß-Rot, by Mynona - -This eBook is for the use of anyone anywhere at no cost and with -almost no restrictions whatsoever. You may copy it, give it away or -re-use it under the terms of the Project Gutenberg License included -with this eBook or online at www.gutenberg.org - - -Title: Schwarz-Weiß-Rot - Grotesken - -Author: Mynona - -Illustrator: Ludwig Meidner - -Release Date: November 24, 2013 [EBook #44272] - -Language: German - -Character set encoding: ISO-8859-1 - -*** START OF THIS PROJECT GUTENBERG EBOOK SCHWARZ-WEIß-ROT *** - - - - -Produced by Jens Sadowski - - - - - -</pre> <div class="titlematter"> @@ -2014,371 +1980,7 @@ plastisch bis in alle Sinne hinein. Adieu! — — — -<pre> - - - - - -End of the Project Gutenberg EBook of Schwarz-Weiß-Rot, by Mynona - -*** END OF THIS PROJECT GUTENBERG EBOOK SCHWARZ-WEIß-ROT *** - -***** This file should be named 44272-h.htm or 44272-h.zip ***** -This and all associated files of various formats will be found in: - http://www.gutenberg.org/4/4/2/7/44272/ - -Produced by Jens Sadowski - -Updated editions will replace the previous one--the old editions -will be renamed. - -Creating the works from public domain print editions means that no -one owns a United States copyright in these works, so the Foundation -(and you!) can copy and distribute it in the United States without -permission and without paying copyright royalties. Special rules, -set forth in the General Terms of Use part of this license, apply to -copying and distributing Project Gutenberg-tm electronic works to -protect the PROJECT GUTENBERG-tm concept and trademark. Project -Gutenberg is a registered trademark, and may not be used if you -charge for the eBooks, unless you receive specific permission. If you -do not charge anything for copies of this eBook, complying with the -rules is very easy. You may use this eBook for nearly any purpose -such as creation of derivative works, reports, performances and -research. They may be modified and printed and given away--you may do -practically ANYTHING with public domain eBooks. Redistribution is -subject to the trademark license, especially commercial -redistribution. - - - -*** START: FULL LICENSE *** - -THE FULL PROJECT GUTENBERG LICENSE -PLEASE READ THIS BEFORE YOU DISTRIBUTE OR USE THIS WORK - -To protect the Project Gutenberg-tm mission of promoting the free -distribution of electronic works, by using or distributing this work -(or any other work associated in any way with the phrase "Project -Gutenberg"), you agree to comply with all the terms of the Full Project -Gutenberg-tm License available with this file or online at - www.gutenberg.org/license. - - -Section 1. General Terms of Use and Redistributing Project Gutenberg-tm -electronic works - -1.A. By reading or using any part of this Project Gutenberg-tm -electronic work, you indicate that you have read, understand, agree to -and accept all the terms of this license and intellectual property -(trademark/copyright) agreement. If you do not agree to abide by all -the terms of this agreement, you must cease using and return or destroy -all copies of Project Gutenberg-tm electronic works in your possession. -If you paid a fee for obtaining a copy of or access to a Project -Gutenberg-tm electronic work and you do not agree to be bound by the -terms of this agreement, you may obtain a refund from the person or -entity to whom you paid the fee as set forth in paragraph 1.E.8. - -1.B. "Project Gutenberg" is a registered trademark. It may only be -used on or associated in any way with an electronic work by people who -agree to be bound by the terms of this agreement. There are a few -things that you can do with most Project Gutenberg-tm electronic works -even without complying with the full terms of this agreement. See -paragraph 1.C below. 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Newby - Chief Executive and Director - gbnewby@pglaf.org - -Section 4. Information about Donations to the Project Gutenberg -Literary Archive Foundation - -Project Gutenberg-tm depends upon and cannot survive without wide -spread public support and donations to carry out its mission of -increasing the number of public domain and licensed works that can be -freely distributed in machine readable form accessible by the widest -array of equipment including outdated equipment. Many small donations -($1 to $5,000) are particularly important to maintaining tax exempt -status with the IRS. - -The Foundation is committed to complying with the laws regulating -charities and charitable donations in all 50 states of the United -States. Compliance requirements are not uniform and it takes a -considerable effort, much paperwork and many fees to meet and keep up -with these requirements. We do not solicit donations in locations -where we have not received written confirmation of compliance. 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Hart was the originator of the Project Gutenberg-tm -concept of a library of electronic works that could be freely shared -with anyone. For forty years, he produced and distributed Project -Gutenberg-tm eBooks with only a loose network of volunteer support. - -Project Gutenberg-tm eBooks are often created from several printed -editions, all of which are confirmed as Public Domain in the U.S. -unless a copyright notice is included. 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