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+The Project Gutenberg EBook of Liebesgedichte, by Ricarda Huch
+
+This eBook is for the use of anyone anywhere at no cost and with
+almost no restrictions whatsoever.  You may copy it, give it away or
+re-use it under the terms of the Project Gutenberg License included
+with this eBook or online at www.gutenberg.org
+
+
+Title: Liebesgedichte
+
+Author: Ricarda Huch
+
+Release Date: March 15, 2010 [EBook #31658]
+
+Language: German
+
+Character set encoding: ISO-8859-1
+
+*** START OF THIS PROJECT GUTENBERG EBOOK LIEBESGEDICHTE ***
+
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+
+Produced by Norbert H. Langkau, Jana Srna and the Online
+Distributed Proofreading Team at https://www.pgdp.net
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+  [ Anmerkungen zur Transkription:
+
+    Schreibweise und Interpunktion des Originaltextes wurden übernommen;
+    lediglich offensichtliche Druckfehler wurden korrigiert. Eine Liste
+    der vorgenommenen Änderungen findet sich am Ende des Textes.
+
+    Das Verzeichnis der Gedichtanfänge wurde vom Ende des Textes an den
+    Anfang verschoben.
+  ]
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+                            Ricarda Huch
+
+                           Liebesgedichte
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+                     Im Insel-Verlag zu Leipzig
+
+
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+DIE ANFÄNGE DER GEDICHTE
+
+
+  Der Becher klingt; mein Herz ist der Becher                  3
+
+  Ich werde nicht an deinem Herzen satt                        4
+
+  Wo hast du all die Schönheit hergenommen                     5
+
+  Was für ein Feuer, o was für ein Feuer                       6
+
+  Eine Melodie                                                 7
+
+  Wie liebten wir so treu in jenen Tagen                       8
+
+  Still vom Frühlingsabendhimmel                               9
+
+  Ein Engel hat den vollen Kranz der Liebe                    10
+
+  Ein Todesengel, göttlich sanft und schön                    11
+
+  Ach Gott, ein Grablied meinem Herzen stimmt                 12
+
+  Gestern weint ich in den Schoß des Glückes                  13
+
+  O blühende Heide, welken wirst du müssen                    14
+
+  Sinkt nun der Frühlingstraum verwelkt von allen Bäumen      15
+
+  Sturmlied. O Brausen des Meers                              16
+
+  Du, dem ich angehöre, laß, wenn ich gestorben               17
+
+  Wie Laodamiens Gatte für drei Stunden                       18
+
+  Drei Tage kniet ich weinend auf der Schwelle                19
+
+  Es bebten Berg und Täler von Gewittern                      20
+
+  Dein Name, hör ich plötzlich ihn gesprochen                 21
+
+  Mich band die Liebe an den Pfahl der Pein                   22
+
+  Du kamst zu mir, mein Abgott, meine Schlange                23
+
+  Wie wenn Gott winkt, und die Ströme und Meere der Erde      24
+
+  Die Harfe war besaitet ohne Ziel                            25
+
+  Du gingest durch ein Felsental im Feuer                     26
+
+  Du reichtest mir den Kelch voll bittrer Flammen             27
+
+  Denn unsre Liebe hat zu heiß geflammt                       28
+
+  Der Liebe Meer versiegte nicht, es schwoll                  29
+
+  In jener Zeit, da ich dich nicht mehr nannte                30
+
+  Schwill an, mein Strom, schwill über deine Weide            31
+
+  Ich bin dein Schatten, du bist, der mich schafft            32
+
+  Du lässest Duft und Wohllaut, wo du gingest                 33
+
+  Du warst, o Hand, die Taube, die mich nährte                34
+
+  Wenn je ein Schönes mir zu bilden glückte                   35
+
+  Die Sterbliche, die dem Olympier teuer                      36
+
+  Wie ein Satrap den Leib der Braut sich schmückt             37
+
+  Wie sich der Frühling opfernd vor der Sonne                 38
+
+  Du warst nur kurze Tage mein Gefährte                       39
+
+  Du warst in dieser götterlosen Zeit                         40
+
+  Dem Bettlerkinde gleich, das vor den Türen                  41
+
+  Du führtest mich zuerst ins Heiligtum                       42
+
+  Geliebter Herr, du tauftest mich mit Feuer                  43
+
+  Wir fanden im Zwielicht hohe Wege                           44
+
+  Die Sage weiß von eines Brunnens Tugend                     45
+
+  Dir fern und ferner, deiner nicht gedenkend                 46
+
+  Wie aus des Ostens Dunst im Siegeswagen                     47
+
+  Wie sich die Erde scheidend von der Sonne                   48
+
+  Am Klavier. Nie laß mich hören alte Töne                    49
+
+  O schöne Hand, Kelch, dessen Duft Musik                     50
+
+  Wie eines Königs Hand Berührtes adelt                       51
+
+  Die Erde, von des Himmels Macht umrundet                    52
+
+  Um diese Hügel, die dem Blick entgleiten                    53
+
+  Sieh mich, das Meer, das dir zu Füßen brandet               54
+
+  An unsrer Seite geht Erinnerung                             55
+
+  Leben. Hell strömt aus Schluchten                           56
+
+  Wie zwei Tote, die um Liebe starben                         57
+
+  Da wo der frühen Falter gelbes Lodern                       58
+
+  Wie lastet mir das Leben ohne dich                          59
+
+  Musik bewegt mich, daß ich dein gedenke                     60
+
+  Uralter Worte kundig kommt die Nacht                        61
+
+  Wir wanderten von junger Liebe trunken                      62
+
+
+
+
+  Der Becher klingt; mein Herz ist der Becher!
+  Trink Liebe, trinke dich satt!
+  Es zittert; o berauschter Zecher,
+  Der fest in bebenden Händen es hat!
+  Wer hat wie du ein Meer zum Pokale?
+  Ein Meer voll wachsender Glut!
+  Es saugt aus eurem feuchten Strahle,
+  Ihr trunkenen Augen, die himmlische Flut.
+
+
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+  Ich werde nicht an deinem Herzen satt,
+  Nicht satt an deiner Küsse Glutergießen.
+  Ich will dich, wie der Christ den Heiland hat:
+  Er darf als Mahl den Leib des Herrn genießen.
+  So will ich dich, o meine Gottheit, haben,
+  In meinem Blut dein Fleisch und Blut begraben.
+  So will ich deinen süßen Leib empfangen,
+  Bis du in mir und ich in dir vergangen.
+
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+
+
+  Wo hast du all die Schönheit hergenommen,
+  Du Liebesangesicht, du Wohlgestalt!
+  Um dich ist alle Welt zu kurz gekommen.
+  Weil du die Jugend hast, wird alles alt,
+  Weil du das Leben hast, muß alles sterben,
+  Weil du die Kraft hast, ist die Welt kein Hort,
+  Weil du vollkommen bist, ist sie ein Scherben,
+  Weil du der Himmel bist, gibt's keinen dort!
+
+
+
+
+  Was für ein Feuer, o was für ein Feuer
+  Warf in den Busen mir der Liebe Hand!
+  Schon setzt es meinen zarten Leib in Brand
+  Und wächst an deiner Brust noch ungeheuer.
+  Zwei Fackeln lodern nun in eins zusammen:
+  Die Augen, die mich anschaun, sind zwei Kerzen,
+  Die Lippen, die mich küssen, sind zwei Flammen,
+  Die Sonne selbst halt ich an meinem Herzen.
+
+
+
+
+  Eine Melodie
+  Singt mein Herz, die du gesungen.
+  Still auf deinem Knie
+  Lag mein Haupt, von deinem Arm umschlungen.
+
+  Schwerer Duft der Nacht
+  Zog mit müdem Hauch vorüber.
+  Bang hab ich gedacht:
+  Sterben müßt ich, hätt ich dich noch lieber.
+
+  Liebst du auch so sehr?
+  Warum singst du solche Lieder?
+  Aus verhülltem Meer
+  Läuten Glocken auf und tauchen nieder.
+
+  Tief im dunklen Dom
+  Schwanken Weihrauch und Choräle ...
+  Wie ein Tränenstrom
+  Zieht es einsam jetzt durch meine Seele.
+
+
+
+
+  Wie liebten wir so treu in jenen Tagen,
+  Fest wie die Sonne stand das Herz uns da.
+  Getrennt, wie hatten wir uns viel zu sagen,
+  Und sagten stets nur eines: Liebst du? Ja!
+  O Liebe, kannst du wie ein Traum der Nächte
+  Vorübergehn, die du unendlich scheinst?
+  Mir ist, als ob er fernher mein gedächte
+  Und fragte: Liebst du mich? Sag ja wie einst!
+
+
+
+
+  Still vom Frühlingsabendhimmel
+  Schwebt ein Wolkenkahn zu mir hernieder;
+  Durch das irre Weltgetümmel
+  Zieht er lautlos wie auf Traumgefieder.
+
+  Mein Geliebter lenkt den Nachen,
+  Gram und Inbrunst in den schönen Zügen.
+  »Heim ziehn alle, die noch wachen.
+  Komm und laß uns Seel an Seele schmiegen.«
+
+  Langsam schwer in Abgrundsferne
+  Sinkt erlöschend der begrünte Hügel,
+  Und das Himmelreich der Sterne
+  Taucht aus seiner Augen dunklem Spiegel.
+
+
+
+
+  Ein Engel hat den vollen Kranz der Liebe
+  Einst auf dies töricht junge Haupt gesetzt,
+  Und daß er Rosen überschwenglich triebe,
+  Mit seiner Tränen Flut ihn reich benetzt.
+  Die Sonne sank, seit wir uns Treu gelobten.
+  Wie grün er war, der Kranz ist lang verbleicht -- --
+  O Scham, Triumph und Demut des Erprobten,
+  Dem Gott die Krone ewgen Lebens reicht!
+
+
+
+
+  Ein Todesengel, göttlich sanft und schön,
+  Trägst du gen Himmel mächtig meine Seele.
+  Durch alle Nacht hindurch, wie Stürme wehn,
+  Fühlst du den Weg, den ich allein verfehle.
+  Wie rücken die Gestirne weit, so weit!
+  Der Erde fern und fern der Ewigkeit
+  Nichts faß ich mehr als deines Herzens Schlagen.
+  Ein Adler ist's, der steigt: einst wird es tagen.
+
+
+
+
+  Ach Gott, ein Grablied meinem Herzen stimmt,
+  Weil von der Erde nun es Abschied nimmt.
+
+  Verschworen hat's den argen Mummenschanz,
+  Den Schleier nimmt es und den Rosenkranz.
+
+  Ins Kloster geht's, die Kutte legt es an,
+  Ein Heilger wird's, zu dem man beten kann.
+
+  Einst tanzt es als ein Sternlein hoch im Blau;
+  Hernieder fiel es und erlosch im Tau.
+
+  Ein Schwärmer stieg's in die entzückte Luft,
+  Versprühte buntes Licht; nun ist's verpufft!
+
+  Johanniskäfer war's und glühte schön;
+  Nun ist's ein Würmchen, häßlich anzusehn.
+
+  Wie Nachtigall sang's Liebe immerzu;
+  Ein Käuzchen ward es nun und ruft schuhu.
+
+
+
+
+  Gestern weint ich in den Schoß des Glückes:
+  Ach, mir fehlt die Sonne deines Blickes!
+
+  Laß mich, laß mich deine stolzen süßen
+  Goldnen Augen einmal noch genießen,
+
+  Daß ich froh die Blicke wieder wende
+  Auf den Tanz der Weltallsgegenstände,
+
+  Und das Glöckchen wieder höre klingen
+  Lieblich in den bunten Erdendingen.
+
+  Da erblickt ich in der großen Ferne
+  Eine Wiese voller Blumensterne,
+
+  Überrieselt von der Sonne Röte,
+  Bienenübersummt wie Hauch der Flöte,
+
+  Und das Glück sprach: Sieh, so wirst du liegen
+  Und dich an zwei traute Lippen schmiegen.
+
+  Aber einst, nach langen Sommertagen -- -- --
+  Und da schwieg es, wollte nichts mehr sagen.
+
+
+
+
+  O blühende Heide, welken wirst du müssen!
+  Du Sternenantlitz, mußt du auch vergehn?
+  Es gäb ein andres Glück als dich zu küssen,
+  Und andre Wünsche als dich anzusehn?
+  Ihr Seelenaugen, warmes Licht der Liebe,
+  Erlöschen sollt ihr? nie mehr widerspiegeln
+  Die goldne Bläue über diesen Hügeln?
+  Du wärst dahin, und Erd und Himmel bliebe?
+
+
+
+
+  Sinkt nun der Frühlingstraum verwelkt von allen Bäumen,
+  So bebt mein Herz von einem Jubelschrei:
+  Es muß vorübergehn, was lebt in Erdenräumen --
+  Ich habe dich, und du gehst nicht vorbei.
+  Hoch auf am Ararat der Liebe branden
+  Die wilden Wasser der Vergänglichkeit,
+  Wir sehn die Welt zu unsren Füßen stranden,
+  Umstrahlt vom Himmel, der das Grab der Zeit.
+
+
+
+
+  STURMLIED
+
+  O Brausen des Meers und Stimme des Sturms
+  Und Irren im Nebelschwarm!
+  In Hafens Ruhe, im Schutze des Turms,
+  Wie eng und arm.
+
+  Ich will kein Kissen mir unters Haupt,
+  Kein Schreiten auf Teppichen weich;
+  Hat mir der Sturm auch die Segel geraubt --
+  Da war ich reich!
+
+  O herrliche Fahrt im Windeshauch
+  Hinauf und hinab und zurück!
+  Nur kämpfend, und unterlieg ich auch,
+  Ist Leben Glück.
+
+
+
+
+  Du, dem ich angehöre, laß, wenn ich gestorben,
+  Was von mir übrig, meine Asche, bei dir sein.
+  Und deine Hand, um die mein Leben einst geworben,
+  Tauch in den Staub, der einst dein Fleisch war, ein.
+  Läßt du den trüben Strom durch deine Hände fluten,
+  Die einst, wie Frühlings Hauch aufzückt im jungen Stamme,
+  Berührend diesen Leib entzündeten zur Flamme,
+  Fühlst du ihn plötzlich wohl erglühn in alten Gluten.
+
+
+
+
+  Wie Laodamiens Gatte für drei Stunden
+  Vom Nebelschoß des Todes losgebunden,
+  Erschienest du, wie einst mir zu gehören;
+  Und da ich noch mit innigstem Beschwören
+  An deinem traumesschweren Leibe sauge,
+  Senkst du in meine Brust zum letztenmal
+  Mit dunkler Kraft das mitternächtge Auge,
+  Und tauchst hinunter in die leere Qual!
+
+
+
+
+  Drei Tage kniet ich weinend auf der Schwelle
+  Und rief den Namen an, einst mir so mild.
+  Dann drang ich in des Tempels letzte Zelle
+  Und sah erbebend das verehrte Bild.
+  Das Götterangesicht, das langentbehrte,
+  Enthüllend stand er streng im Flammenschein.
+  Erst als die Glut mich griff, doch nicht verzehrte,
+  Sprach er: Ich kenne dich. Und du bist mein.
+
+
+
+
+  Es bebten Berg und Täler von Gewittern,
+  Das Licht erlosch am Himmel in die Nacht.
+  Noch überläuft die fernen Hügel Zittern,
+  Doch löst sich linde schon der Stürme Schlacht.
+  Im frisch entwölkten Blau strahlt durchs Gewimmel
+  Der Sterne stolz ein Schwert mit Schneid und Knauf.
+  O Erde, rolle jauchzend durch die Himmel:
+  Das Sternbild unsrer Liebe ging dir auf!
+
+
+
+
+  Dein Name, hör ich plötzlich ihn gesprochen,
+  Scheint aus Gewölken wie ein Blitz zu fallen,
+  Der alle Siegel schmelzend aufgebrochen,
+  Der Tore wirft von nie betretnen Hallen.
+  Du stürzest, schöner Name, nicht entzündend
+  In diese Brust; ein Strahl, ein ewig neuer,
+  Zuckst du hindurch und in der Seele mündend,
+  Vermählst du ihre Flut mit deinem Feuer.
+
+
+
+
+  Mich band die Liebe an den Pfahl der Pein,
+  Durchbohrend mit dem Schwerte, das nicht tötet,
+  Mein Eingeweide, bis der scharfe Stein,
+  Auf dem ich kniee, sich mit Blute rötet.
+  Doch neig ich dankend mich den Schmerzenslosen;
+  Denn über mir seh ich wie eine Sonne
+  Die Marterkrone dunkelroter Rosen:
+  Mein Blut in Blüte, die mich krönt zur Wonne.
+
+
+
+
+  Du kamst zu mir, mein Abgott, meine Schlange,
+  In dunkler Nacht, die um dich her erglühte.
+  Ich diente dir mit Liebesüberschwange
+  Und trank das Feuer, das dein Atem sprühte.
+  Du flohst, ich suchte lang in Finsternissen.
+  Da kannten mich die Götter und Dämonen
+  An jenem Glanze, den ich dir entrissen,
+  Und führten mich ins Licht, mit dir zu thronen.
+
+
+
+
+  Wie wenn Gott winkt, und die Ströme und Meere der Erde
+  Brausend sich wenden, gestürzt vor der Allmacht Gebärde,
+  Stürmt dir mein Blut, wenn du winkst; aus den Schluchten der Seele
+  Quillt es mit Inbrunst, gewendet zu deinem Befehle.
+
+
+
+
+  Die Harfe war besaitet ohne Ziel.
+  Kein wehnder Wind erregte sie zu Tönen,
+  Kein Finger konnte sie dem Lied gewöhnen.
+  Du legst die Hand auf das gebannte Spiel:
+  Die Saiten, die sich keinem Griff bequemen,
+  Erzittern unter dir entzückt und bang,
+  Jäh überstürzt von ihrem Klang
+  In raschem Quell und schweren, dunklen Strömen.
+
+
+
+
+  Du gingest durch ein Felsental im Feuer,
+  Gebundnen Fußes wie ein Ungetreuer,
+  Verzehrt, verdorrt, verschmachtet, ohne Flucht
+  Vor dreistem Blick und schnödem Hohn der Spötter.
+  Nun da der Tag sich neigt auf unsern Wegen,
+  Und du, das Haupt der heilgen Nacht entgegen,
+  Hervortrittst aus der gnadenlosen Schlucht,
+  Strahlst du unsterblich wie die goldnen Götter.
+
+
+
+
+  Du reichtest mir den Kelch voll bittrer Flammen
+  Und ließest mich in dunklen Labyrinthen.
+  Allein, vergessen Heimat und Entstammen,
+  Erlitt ich Dienst und Kampf bei Fremdgesinnten.
+  Ich wanderte verhüllt am Todesflusse
+  Im Schrei des dürren Laubs und hoffte nichts.
+  Da trittst du vor mich hin, ein Gott des Lichts,
+  Und glühst mich jung mit diamantnem Kusse.
+
+
+
+
+  Denn unsre Liebe hat zu heiß geflammt,
+  Die wir entrissen alten Göttermächten.
+  Von Sterblichen verdammt
+  Schlug sie empor in unterirdschen Nächten.
+
+  Sie loderte wie Fackeln überm Grab.
+  Der Sterne Heer zerschmolz in ihrem Hauch
+  Und troff auf sie herab.
+  So schmolzen schmerzlich unsre Seelen auch.
+
+  O Wohlgeruch, o Glut! O Lust und Glanz!
+  O Qual, nie nah genug so nah zusammen!
+  Empfang uns endlich ganz,
+  Abgrund der Nacht, in deinen Liebesflammen.
+
+
+
+
+  Der Liebe Meer versiegte nicht, es schwoll,
+  Sich selber speisend, hoch um unsre Wege.
+  Erst netzt es unsre Füße Schaumes voll,
+  Dann hub es sich bis an des Herzens Schläge.
+  Einst kommt der Tag, in seines Schwellens Drang
+  Reißt es vom Gipfel uns, dem kaum errungnen,
+  Und überflutet höchsten Glückes Gang,
+  Und rauscht Gesänge über uns Verschlungnen.
+
+
+
+
+  In jener Zeit, da ich dich nicht mehr nannte,
+  Schuf ich ein Weihgefäß aus edler Erde
+  Und barg darin, die einst an dir entbrannte,
+  Die Flamme, daß sie rein gehütet werde.
+  Von der empfangnen Brunst errötend bebte
+  Das Weihgefäß, doch sprang es nicht entzwei.
+  Kein Funken meiner Liebesglut entschwebte!
+  Nun nimm es du, daß es dir heilig sei.
+
+
+
+
+  Schwill an, mein Strom, schwill über deine Weide,
+  Umschlinge Haupt und Stamm zu dir hinab.
+  Daß sich kein Blatt aus deiner Flut mehr scheide,
+  Taucht sie die Zweige schluchzend in dein Grab.
+  Daß dich doch dürstete, wie sie verschmachtet!
+  Verzehre sie, wie sie dich trinken will!
+  In dich gebogen, ganz von dir umnachtet,
+  Von dir verschlungen wird die Seele still.
+
+
+
+
+  Ich bin dein Schatten, du bist, der mich schafft,
+  Du gibst Gestalt und Maß mir und Bewegen.
+  Mit dir nur kann ich heben mich und legen,
+  Ich dein Geschöpf, du Willen mir und Kraft.
+
+  Dir angeschmiegt bin ich in deiner Haft,
+  Wie die von Ketten schwer den Fuß nicht regen.
+  Was du mir tust, ich kämpfe nicht entgegen,
+  Durch dein Gebot belebt und hingerafft.
+
+  Doch bin ich dein, auch du gehörst der Deinen.
+  Du kannst mir nicht entfliehn, dich neu gewänn ich,
+  Mich nicht verstoßen, neu würd ich erkoren.
+
+  Solange Sonn und Sterne dich bescheinen,
+  Siehst du zu deinen Füßen unzertrennlich
+  Die Liebende, für dich aus dir geboren.
+
+
+
+
+  Du lässest Duft und Wohllaut, wo du gingest,
+  Die Luft, die dich umgab, wird süß und trunken.
+  Was du mit deinem goldnen Blick umfingest,
+  Ward überfüllt von reifen Liebesfunken.
+  Es blüht und glüht und schwillt und klingt und leuchtet
+  Um dein Erscheinen her und deinen Namen.
+  Du schüttest aus, von Lebenstau befeuchtet,
+  O Paradiesesfrucht, der Schönheit Samen.
+
+
+
+
+  Du warst, o Hand, die Taube, die mich nährte,
+  Mit Milch und Honig, Brot und Wein.
+  Du gabst, was Rausch und Nüchternheit gewährte
+  Und jene Zauber, die zur Liebe weihn.
+  Du hast mir Todesglut ins Herz gegossen,
+  Doch deine Schwinge war der Nacht Geleit;
+  Das Fleisch, das du gespeist, das dich genossen,
+  Betaust du drüben mit Unsterblichkeit.
+
+
+
+
+  Wenn je ein Schönes mir zu bilden glückte,
+  War's, weil ich hingegeben deinem Wesen,
+  Mit meiner Seele mich in dich verzückte,
+
+  Und, wie der Winzer nach dem Traubenlesen
+  Erglüht und schwankt in Purpurgeist gebadet,
+  Wie Kranke, die nach tiefem Schlaf genesen,
+
+  Wie ein Geliebter, den ein Gott sich ladet,
+  Ihm teilt an goldnem Tisch des Nektars Blüte, --
+  Zurück mir kam mit Harmonie begnadet,
+  Lebendgen Feuers Wogen im Gemüte.
+
+
+
+
+  Die Sterbliche, die dem Olympier teuer,
+  In seiner Gottheit Glanz von ihr erfleht,
+  Schmolz, da er kam, sein unerträglich Feuer.
+
+  Ich bin die immerdar in Flammen steht.
+  Von deinen Augen götterhaft durchdrungen
+  Entbrannte dieser Leib, der stets vergeht,
+
+  Stets von der Glut erneut, die ihn bezwungen.
+  Erlischt die Brunst auch nicht in Lethes Bade,
+  Die Schmerzen fühl ich selig kühl verschlungen,
+
+  Noch schwer von Erdenwonne schon in Gnade.
+
+
+
+
+  Wie ein Satrap den Leib der Braut sich schmückt,
+  Daß er erschimmert unter Goldgehängen,
+  Ein atmend Bildwerk, so mein Fleisch verdrängen
+  Die Küsse, die dein Mund ihm eingedrückt.
+
+  Ambrosisch ward, das du in Glut getaucht,
+  Mit Tränenschnüren hundertfach umschlungen,
+  Das du gebadet hast in Liebkosungen,
+  Darin dein Atem seinen Duft verhaucht.
+
+  Es altert nicht und wird dir nie gemein,
+  Entwürdigt durch der Jahre steten Druck.
+  Die Zeit muß dienend meinen Leib verschönen:
+
+  Je süßer leuchtet sein verliehner Schein,
+  Je reicher ihn verhüllt der Liebe Schmuck,
+  Und deine Gnaden seine Demut krönen.
+
+
+
+
+  Wie sich der Frühling opfernd vor der Sonne
+  Auf Hügeln, süß von Weihrauch, selbst verzehrt,
+  So geb ich dir, o Herr, der mich begehrt,
+  Die deinem Blick erschloßne Liebeswonne.
+
+  In deine Flamme warf ich meine Blüte.
+  Dein göttlich Feuer stürmend schnell genießt
+  Den zarten Flor, der mir vom Herzen sprießt:
+  Mich selber denn, da du mich liebst, behüte!
+
+  Laß nach, o Glut, daß ich nicht sterbe! Längst
+  Mit immer neuen Opfern dich verehrend,
+  Hab ich, was mein war, deinem Wunsch gegeben;
+
+  Verlange nicht, daß du mich ganz empfängst,
+  Mein Leben auch. -- Du schütteltest verwehrend
+  Das Haupt und sprachest: Liebe! wozu leben?
+
+
+
+
+  Du warst nur kurze Tage mein Gefährte,
+  Doch ist mein Wesen so von dir durchstrahlt,
+  Und so dein Bild in meinem Tun gemalt,
+  Als ob ein Leben deine Nähe währte.
+
+  So kann, ins Glas gesprüht, ein Tropfen Wein
+  Des Wassers Nüchternheit in sich verschlingen
+  Und es mit Süße, Farbe, Duft durchdringen,
+  Daß keins vom andern je mehr zu entzwein.
+
+  So schwingen Sterne sich und aber Sterne
+  Um eine Sonne, die sich nie enthüllt,
+  Mit ihrer Kraft und ihrem Licht sie füllt,
+  Und sie regiert aus unermeßner Ferne.
+
+
+
+
+  Du warst in dieser götterlosen Zeit,
+  Wo trübe Träumer ohne Lichtgedanken
+  Wie leere Schiffe unterm Himmel schwanken,
+  Der Stern, der mich geführt hat und gefeit.
+
+  Die Spur, die du gegangen, zu betreten,
+  Daß ich nicht irrte, war mein hohes Ziel.
+  Von irdischen Geschäften, Drang und Spiel
+  Trug mich empor das Glück dich anzubeten.
+
+  Wie nachts ein Segel steuernd heimatwärts
+  Der Leuchte zu die schweren Nebel spaltet
+  Und so gelenkt sich in den Hafen rettet,
+
+  Ging ich getrost, den Blick an dich gekettet,
+  Die Hände gläubig auf der Brust gefaltet,
+  Durch Flut und Dunkel an dein strahlend Herz.
+
+
+
+
+  Dem Bettlerkinde gleich, das vor den Türen
+  Mit scheuem Mund der Armut Bitte raunt
+  Und andachtsvoll auf fremde Schätze staunt,
+  Die seinem kargen Lose nicht gebühren,
+
+  Kam ich zu dir, der meine leeren Hände
+  Mir überhäufte, reichgeboren mild,
+  Mich schmückte wie ein wundertätig Bild,
+  Daß ich nun selbst besitze und verschwende.
+
+  Der Herrschaft Zeichen strahlt aus Diademen
+  Von meinem Haupte Demant und Rubin.
+  Doch es erlischt die prahlerische Helle
+
+  Vor dir, denn was du gabest, kannst du nehmen,
+  Und immer steht wie einst die Bettlerin
+  Mit nacktem Fuß auf deiner goldnen Schwelle.
+
+
+
+
+  Du führtest mich zuerst ins Heiligtum
+  Zu lichter Götter Bildern und Altären,
+  Du lehrtest, was sie weigern und gewähren,
+  Der Menschen Schicksal und der Helden Ruhm.
+
+  Du schmolzest sanft mit langem Liebeskuß
+  Der Kindheit Siegel mir von Mund und Augen,
+  Und ließest mich von deinem Blute saugen,
+  Zu meiner mischend deiner Seele Fluß.
+
+  So ward mein Blut, Geliebter, dir leibeigen,
+  Von einem Quell des deinen unterjocht,
+  Der es mit Sehnsucht nach sich selbst entzündet.
+
+  Nach dir muß es verlangen, stürzen, steigen,
+  Bis es im Meere deines Herzens mündet,
+  Und gleichen Schlag mit seinem Schlage pocht.
+
+
+
+
+  Geliebter Herr, du tauftest mich mit Feuer,
+  Die zu beseligen du auserkoren,
+  Daß ich aus eignen Schmerzen neugeboren
+  Dir auferstände reiner, stärker, treuer.
+
+  Nicht daß du früher minder mich gewertet,
+  Für mich nur tilgend, was du kaum getadelt.
+  Wie Gold im Flammenbad sein Wesen adelt,
+  Ward meiner Art Gebrechlichkeit gehärtet.
+
+  Verbargst du dich mir einst in strengen Falten,
+  Nun gib, Geliebter, deine Liebe ganz!
+  Nicht brauchst du fürder dich zurückzuhalten.
+
+  Ergieße Sehnsucht, Inbrunst, Glut und Glanz!
+  Mein Herz empfängt die tödlichen Gewalten,
+  Wie ein vergöttert Haupt den Sternenkranz.
+
+
+
+
+  Wir fanden im Zwielicht hohe Wege,
+  Ein trauriger Wind ward fernher rege.
+  Die schwarzen Büsche, die sich bücken,
+  Zerbläst sein Wehn,
+  Der Himmel blitzt weiß durch Blätterlücken,
+  Die schnell vergehn.
+
+  Das Herz wird uns schwer, der Fuß wird müde,
+  Wie wenn uns ein Hauch mit Furcht belüde.
+  Die böse Zeit in Schicksalsgründen
+  Für immer schwand;
+  Was kann uns der Wind für Unheil künden,
+  Uns Hand in Hand?
+
+  Er kommt von den Hügeln, wo wir klagten,
+  Von Wolken und Winden nur umjagten,
+  Verlornen, wo auf bleicher Erde
+  Nichts wächst, nichts bleibt,
+  Kein wandernder Schäfer seine Herde
+  Vorübertreibt.
+
+
+
+
+  Die Sage weiß von eines Brunnens Tugend,
+  So fruchtbar und geheimnisvoll erlaucht,
+  Daß er den Greis, der wankend untertaucht,
+  Verwandelnd schmückt mit neugewirkter Jugend.
+
+  Sieh, wie der Leib, der seiner Kraft vertraut,
+  Sich selig hebt aus den erglühten Wogen,
+  Von ihrer Inbrunst schwellend vollgesogen,
+  Mit frischen Lebens Morgenrot betaut,
+
+  Bald an sich selbst, bald an der Welt sich weidet,
+  Die Arme breitend nach der Frühlingsflur,
+  Mit wundertätgen Tropfen sie befeuchtend,
+
+  So wenn mein Herz aus deinen Armen scheidet,
+  Grüß ich verjüngt die lachende Natur,
+  Von deiner Kraft und deiner Schönheit leuchtend.
+
+
+
+
+  Dir fern und ferner, deiner nicht gedenkend,
+  Verhehlend was einst Glück war, Stolz und Ehre,
+  Ging ich durch Täler, über Berg und Meere,
+  In Schutt und Schlamm die müden Füße senkend.
+
+  Doch du gingst mir zur Seite unsichtbar,
+  Von deinem dunklen Blick war ich umfangen,
+  Dein Atem hauchte mild um meine Wangen,
+  Daß ich verlassen doch dein eigen war.
+
+  So gleitet still der Tod, dem wir gehören,
+  Um unsre Schritte, die sich von ihm wenden,
+  Und wenn verhüllt von blendend bunten Flören
+
+  Das Auge noch im Kram des Lebens wählt,
+  Ruht unsre Seele in des Gottes Händen,
+  Des treusten, dem von Anfang sie vermählt.
+
+
+
+
+  Wie aus des Ostens Dunst im Siegeswagen
+  Die Sonne rollt an des Regierers Statt,
+  Geschöpf und Herr, in eigner Fülle satt,
+  Von selbsterzeugter Flamme Kraft getragen,
+
+  Und wie was Lebendes ihr zugewendet,
+  Das falbe Blatt, das ihre Strahlen greift,
+  Die Frucht, die still im Safte kochend reift,
+  An ihrem Übermaße sich vollendet,
+
+  So gehst du sonder Makel, sonder Gleichen,
+  Ein Siegender auf unbegangner Bahn
+  Gelassen durch der Menschenwelt Getriebe;
+
+  Und was wir ahnen als der Gottheit Zeichen,
+  Machst du erkennbar allen, die dir nahn:
+  Vollendung, deren Widerhall die Liebe.
+
+
+
+
+  Wie sich die Erde scheidend von der Sonne
+  Mit hastgem Flug in stürmsche Nacht entfernt,
+  Den nackten Leib mit kaltem Schnee besternt,
+  Verstummt, beraubt der sommerlichen Wonne,
+
+  Und tiefer sinkend in des Winters Schatten
+  Sich plötzlich nähert dem, wovor sie flieht,
+  Mit Rosenlicht sich warm umschlungen sieht,
+  Entgegenstürzend dem verlornen Gatten,
+
+  So ging ich, leidend der Verbannung Strafe,
+  Von deinem Antlitz fort ins Ungemach,
+  Dem öden Norden schutzlos zugewendet,
+
+  Stets tiefer neigend mich dem Todesschlafe,
+  Und wurde so an deinem Herzen wach,
+  Von morgenroter Herrlichkeit geblendet.
+
+
+
+
+  AM KLAVIER
+
+  Nie laß mich hören alte Töne,
+  Die duften Erinnerungen:
+  Vergangne Zeit, traurige, schöne,
+  Silbern Meer, summende Heide,
+  Rast und Traum auf ewigen Steinen,
+  Vom Himmel umschlungen
+  Wir beide,
+  Fülle des Glückes, verhaltnes Weinen.
+
+  Deine Küsse sind so:
+  Süß wie einst, süßer als einst.
+  Was du denkst, was du hoffst, was du weinst,
+  Was in Jahren entfloh,
+  Ungeküßter Küsse Glut,
+  Ungestillter Sehnsucht Drang,
+  Götterkraft, Jugendblut,
+  Liebe das Leben lang
+  Überglüht mich heiß,
+  Überfließt mich ganz,
+  Wie von den Bergen Weiß
+  Des Mondes fließt,
+  Fern ferner Sonnenglanz,
+  Durch Nacht versüßt.
+
+
+
+
+  O schöne Hand, Kelch, dessen Duft Musik,
+  Wie Töne schweben geht der, den du führst,
+  Melodisch wird der Stein, den du berührst,
+  Wenn sie dich einhüllt, wird die Luft Musik.
+
+  Du tust dich auf, um Wohllaut zu verschwenden,
+  Der ordnet, was Gewalt und Wahn verwirrten,
+  Und Seelen, die auf Erden sich verirrten,
+  Hinüberlockt, wo Wunsch und Zweifel enden.
+
+  O Hand, Gebieterin der Töne, bleib
+  Auf diesem Herzen ruhn, das ruhlos schwingt,
+  So wandelst du in Frieden sein Verlangen.
+
+  Dämonische, berühre diesen Leib,
+  Er bebt wie Saiten, wird ein Meer und klingt
+  Und rauscht empor, die Sonne zu empfangen.
+
+
+
+
+  Wie eines Königs Hand Berührtes adelt
+  Und tilgt vom Henker selbst den Blutgeruch,
+  In Ehre wandelnd seines Amtes Fluch,
+  Daß köstlich wird, was man zumeist getadelt,
+
+  So, wenn du stürbest, würde Tod mir teuer,
+  Vor allen Göttern nun erflehter Gast,
+  Des Name wie des Teufels sonst verhaßt,
+  Mir Feind und Fratze war und Ungeheuer.
+
+  Das Leben, dem noch immer Früchte reifen,
+  Das noch zu Festen hoch die Fackel hält,
+  Ich hieß es schal, zum Possenspiel entartet,
+
+  Das schöne Leben! froh es abzustreifen,
+  Dem Purpur gleich, der unbeachtet fällt,
+  Wenn auf dem Hochzeitsbett die Liebe wartet.
+
+
+
+
+  Die Erde, von des Himmels Macht umrundet,
+  Ein goldner Keim gesenkt in seinen Schoß,
+  Empfängt von ihm ihr heilges Sternenlos,
+  Von ihm gespeist, erwärmt, umwölkt, verwundet.
+
+  Mag er ihr zürnen, ihr Verschmachten stillen,
+  Mit Lorbeer sie bekränzen, Reb und Myrte,
+  Ob er mit eisgen Stacheln sie umgürte,
+  Sie hüllt sich innig ein in seinen Willen.
+
+  O du, in dessen Brust gesenkt ich liege,
+  Mein Schicksal nehm ich an von deiner Güte
+  Und segne Glück und Weh, das du verhängst.
+
+  Du warst, Geliebter, meines Lebens Wiege,
+  Du bist das Grab, wo ich mein Hoffen hüte,
+  Bis du mein Himmel wirst und mich umfängst.
+
+
+
+
+  Um diese Hügel, die dem Blick entgleiten,
+  Schwankt nun der Abend, müde, grau und feucht.
+  Still schwinden Haus und Baum und stehn verscheucht
+  Und gramvoll schwer in den Vergessenheiten.
+
+  Unendlich Weinen löst den Tag in Weh.
+  Der Schnitter rauschend Werk, die vollen Stunden,
+  Das Tanzen, Schwärmen, Lieb und Wahn und Wunden,
+  War's heute? War's vor Jahren? War es je?
+
+  Dies ist die Stunde, wo im fernen Land,
+  Wenn's ruhlos pocht aus deines Daches Röhre,
+  Und an den Uhren schnell die Zeiger summen,
+
+  Und das Begrabne lebt und huscht im Sand,
+  Du meinen Namen rufst und ich nicht höre.
+  Und hört ich's, müßt ich schaudern und verstummen.
+
+
+
+
+  Sieh mich, das Meer, das dir zu Füßen brandet,
+  Laß dich umschlingen, küssen, schmelzen, komm!
+  Wie Well um Welle stürmend dich erklomm,
+  Bist du ein Gott, in Element gewandet.
+
+  Laß deinen Leib von meinem Leib umgleiten!
+  Kein Flor, kein Hauch, kein Strahl mehr, der uns trennt.
+  Nur du, nur du, soweit der Blick erkennt,
+  Umbraust vom Mantel meiner Zärtlichkeiten.
+
+  Den Ozean, den ihre Glut durchdrungen,
+  Verläßt die Sonne, und mit Huld zerstörend
+  Tilgt ihre Schönheit die geballte Nacht.
+
+  Du laß die Welt in ewgen Dämmerungen!
+  Geduldger Andacht Ungestüm erhörend
+  Begrabe dich in meine Liebesmacht.
+
+
+
+
+  An unsrer Seite geht Erinnerung
+  Und flicht des Weges Zier zu Kranzgewinden,
+  Wie Bienenflug um sommerliche Linden
+  Summt süß Musik von ihrer Füße Schwung.
+
+  Vom Schmelz der Dinge schimmern ihre Hände,
+  Sie hüten erd- und meerversunknen Hort.
+  Er hebt und rührt sich auf ihr weckend Wort
+  Und funkelt jung wie Tau in das Gelände.
+
+  Nicht Blumen sind's, was sie zum Kranz gelesen;
+  Sie sammelt Saat des Lebens, das verging.
+  Aus neuer Hoffnung, längst versiegten Zähren,
+
+  Verschmiedend glühend Heut und starr Gewesen,
+  Biegt unser goldnes Leben sie zum Ring,
+  Daß es unendlich kreist in ewgen Sphären.
+
+
+
+
+  LEBEN
+
+  Hell strömt aus Schluchten der Vergangenheit
+  In unsre Becher, die wir schwärmend füllen,
+  Ambrosisch Blut, aus dessen Purpurhüllen
+  Verklärtes Leben funkelnd sich befreit:
+
+  Sehnsucht und Liebe, Tränen, Lächeln, Lust
+  Und Kampf und Fluch und siegende Gedanken
+  Der Toten, die wie wir den Festwein tranken,
+  Lenzlaub im Haare, unser nicht bewußt;
+
+  Und wir gewahren nicht, ins Heut versonnen,
+  Daß jeder Tropfen, den die Zeit ergießt,
+  Von unsrer Seele löst und so durchglutet
+
+  Herniederrinnt in einen dunklen Bronnen,
+  Der einst in andre Schalen überfließt
+  Berauschter Zecher, die der Tag umflutet.
+
+
+
+
+  Wie zwei Tote, die um Liebe starben,
+  -- Duftend Feuer schmilzt sie nun zusammen --
+  Ruhn wir still, umblaut von Frühlingsflammen,
+  Satt in Wonne nach der Trennung Darben.
+
+  Hoch im Himmel mit geblähten Säumen
+  Drehn die Stunden sich in Sturmestänzen,
+  Ihre blanken Sohlen sehn wir glänzen,
+  Doch kein Ton fällt aus so fernen Räumen.
+
+  Aber langsam sinken die vergangnen
+  Tage, die das Herz in Qual belauschte,
+  Schwer hinunter in verhüllte Tiefen,
+
+  Wie wenn unterirdisch Goldestriefen
+  In des Felsens hohle Becken rauschte,
+  Jenseit von uns ewig dicht Umfangnen.
+
+
+
+
+  Da wo der frühen Falter gelbes Lodern
+  Um wild Gestrüpp am Bergeshange zückte,
+  Und Bäche quollen durch verjährtes Modern,
+  Verweilten wir, die Glückes Last erdrückte.
+
+  Wie von des Meisters Hand entfesselt Erz
+  Goß sich die Kraft der Sonne auf uns nieder,
+  Sie stürzte rot durch unser schlagend Herz
+  Und wuchs wie goldne Haut um unsre Glieder.
+
+  Nun ist mir so, als ob dort oben bliebe,
+  Den Elementen kund und zugesellt,
+  Unsterblich eins: das Strahlenbild der Liebe,
+
+  Indessen wir, Staub ohne Sinn und Dauer,
+  Der vor der Stunde blindem Schlag zerfällt,
+  Hinunterstiegen in das Tal der Trauer.
+
+
+
+
+  Wie lastet mir das Leben ohne dich!
+  Nun können wir's auf Fingerspitzen regen,
+  Ein goldnes Bällchen, wie die Gaukler pflegen,
+  Das an Gewicht noch eben Felsen glich.
+  Es tanzt und schimmert, dünnes Glasgewebe
+  Und unverletzlich doch wie Diamant,
+  Ein selges Wesen, Sternen anverwandt;
+  Ach, daß es unsern Händen nie entschwebe!
+
+
+
+
+  Musik bewegt mich, daß ich dein gedenke,
+  So will auch Meer und Wolke, Berg und Stern,
+  Wie anderer Art als du, dir noch so fern,
+  Daß ich zu dir das Herz voll Andacht lenke.
+  Kein edles Bild, das nicht mein Auge zwinge
+  Von dir zu träumen, kein beseelter Reim,
+  Der nicht zu dir Erinnern führe heim --
+  Geschwister sind sich alle schönen Dinge.
+
+
+
+
+  Uralter Worte kundig kommt die Nacht;
+  Sie löst den Dingen Rüstung ab und Bande,
+  Sie wechselt die Gestalten und Gewande
+  Und hüllt den Streit in gleiche braune Tracht.
+
+  Da rührt das steinerne Gebirg sich sacht
+  Und schwillt wie Meer hinüber in die Lande.
+  Der Abgrund kriecht verlangend bis zum Rande
+  Und trinkt der Sterne hingebeugte Pracht.
+
+  Ich halte dich und bin von dir umschlossen,
+  Erschöpfte Wandrer wiederum zu Haus;
+  So fühl ich dich in Fleisch und Blut gegossen,
+
+  Von deinem Leib und Leben meins umkleidet.
+  Die Seele ruht von langer Sehnsucht aus,
+  Die eins vom andern nicht mehr unterscheidet.
+
+
+
+
+  Wir wanderten von junger Liebe trunken
+  In dieses Friedhofs grün verhangnen Gängen,
+  Wo Immergrün und Efeu sich bedrängen,
+  Mit Toten in der Gräber Nacht versunken.
+
+  Der alten Weiden Schatten und der Birken
+  Schlug schirmend über unserm Haupt zusammen,
+  Gelassen duldend ungesühnte Flammen
+  Zu flüchtger Rast in heiligen Bezirken.
+
+  Von langer Irrfahrt sind wir nun zurück
+  Und suchen, die verwildert Kraut umspann,
+  Der Väter Kreuz, auf eingesunknen Stätten,
+
+  Still in vergangner Wonne, künftgem Glück.
+  Hier werden wir, wenn unsre Zeit verrann,
+  Nie mehr geschieden, nicht mehr zwei, uns betten.
+
+
+
+
+                          21.-30. TAUSEND
+
+                 DIESE »LIEBESGEDICHTE« ERSCHIENEN
+                     ZUERST IM JAHRE 1907 UNTER
+                     DEM TITEL »NEUE GEDICHTE«.
+
+                                 *
+
+                       DRUCK DER SPAMERSCHEN
+                      BUCHDRUCKEREI, LEIPZIG.
+
+
+
+
+  [ Im folgenden werden alle geänderten Textzeilen angeführt, wobei
+    jeweils zuerst die Zeile wie im Original, danach die geänderte Zeile
+    steht.
+
+    Am Klavier. Die laß mich hören alte Töne                    49
+    Am Klavier. Nie laß mich hören alte Töne                    49
+
+  Nie laß mich hören, alte Töne,
+  Nie laß mich hören alte Töne,
+
+  ]
+
+
+
+
+
+End of the Project Gutenberg EBook of Liebesgedichte, by Ricarda Huch
+
+*** END OF THIS PROJECT GUTENBERG EBOOK LIEBESGEDICHTE ***
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+
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+including obsolete, old, middle-aged and new computers.  It exists
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+assistance they need are critical to reaching Project Gutenberg-tm's
+goals and ensuring that the Project Gutenberg-tm collection will
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+Gutenberg Literary Archive Foundation was created to provide a secure
+and permanent future for Project Gutenberg-tm and future generations.
+To learn more about the Project Gutenberg Literary Archive Foundation
+and how your efforts and donations can help, see Sections 3 and 4
+and the Foundation web page at https://www.pglaf.org.
+
+
+Section 3.  Information about the Project Gutenberg Literary Archive
+Foundation
+
+The Project Gutenberg Literary Archive Foundation is a non profit
+501(c)(3) educational corporation organized under the laws of the
+state of Mississippi and granted tax exempt status by the Internal
+Revenue Service.  The Foundation's EIN or federal tax identification
+number is 64-6221541.  Its 501(c)(3) letter is posted at
+https://pglaf.org/fundraising.  Contributions to the Project Gutenberg
+Literary Archive Foundation are tax deductible to the full extent
+permitted by U.S. federal laws and your state's laws.
+
+The Foundation's principal office is located at 4557 Melan Dr. S.
+Fairbanks, AK, 99712., but its volunteers and employees are scattered
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+information can be found at the Foundation's web site and official
+page at https://pglaf.org
+
+For additional contact information:
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+     Chief Executive and Director
+     gbnewby@pglaf.org
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+Section 4.  Information about Donations to the Project Gutenberg
+Literary Archive Foundation
+
+Project Gutenberg-tm depends upon and cannot survive without wide
+spread public support and donations to carry out its mission of
+increasing the number of public domain and licensed works that can be
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+($1 to $5,000) are particularly important to maintaining tax exempt
+status with the IRS.
+
+The Foundation is committed to complying with the laws regulating
+charities and charitable donations in all 50 states of the United
+States.  Compliance requirements are not uniform and it takes a
+considerable effort, much paperwork and many fees to meet and keep up
+with these requirements.  We do not solicit donations in locations
+where we have not received written confirmation of compliance.  To
+SEND DONATIONS or determine the status of compliance for any
+particular state visit https://pglaf.org
+
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+have not met the solicitation requirements, we know of no prohibition
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+approach us with offers to donate.
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+donations.  To donate, please visit: https://pglaf.org/donate
+
+
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+works.
+
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+concept of a library of electronic works that could be freely shared
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+
+
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+unless a copyright notice is included.  Thus, we do not necessarily
+keep eBooks in compliance with any particular paper edition.
+
+
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+
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+This Web site includes information about Project Gutenberg-tm,
+including how to make donations to the Project Gutenberg Literary
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+++ b/31658-h.zip
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@@ -0,0 +1,2035 @@
+<!DOCTYPE html PUBLIC "-//W3C//DTD XHTML 1.0 Strict//EN"
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+    <title>Liebesgedichte, by Ricarda Huch&mdash;A Project Gutenberg eBook</title>
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+-->
+    </style>
+  </head>
+<body>
+
+
+<pre>
+
+The Project Gutenberg EBook of Liebesgedichte, by Ricarda Huch
+
+This eBook is for the use of anyone anywhere at no cost and with
+almost no restrictions whatsoever.  You may copy it, give it away or
+re-use it under the terms of the Project Gutenberg License included
+with this eBook or online at www.gutenberg.org
+
+
+Title: Liebesgedichte
+
+Author: Ricarda Huch
+
+Release Date: March 15, 2010 [EBook #31658]
+
+Language: German
+
+Character set encoding: ISO-8859-1
+
+*** START OF THIS PROJECT GUTENBERG EBOOK LIEBESGEDICHTE ***
+
+
+
+
+Produced by Norbert H. Langkau, Jana Srna and the Online
+Distributed Proofreading Team at https://www.pgdp.net
+
+
+
+
+
+
+</pre>
+
+
+<div id="tnote">
+<p class="center"><b>Anmerkungen zur Transkription:</b></p>
+<p>Schreibweise und Interpunktion des Originaltextes wurden
+übernommen; lediglich offensichtliche Druckfehler wurden
+korrigiert. Änderungen sind im Text <u class="tn" title="so wie hier">unterstrichen</u>,
+der Originaltext erscheint beim Überfahren mit der Maus.</p>
+<p>Ein <a href="#Gedichtanfaenge">Verzeichnis der Gedichtanfänge</a>
+befindet sich am Ende des Textes.</p>
+</div>
+
+<div id="text-block">
+
+<p class="center gesperrt"><i style="font-size: x-large;">Ricarda Huch</i></p>
+
+<hr/>
+
+<h1 class="gesperrt">Liebesgedichte</h1>
+
+<div class="figcenter" style="width: 80px;">
+<img src="images/emblem.png" width="80" height="76" alt="" title="" />
+</div>
+
+<p class="center gesperrt" style="width: 20em; margin: auto; border-top: 3px double black; padding-top: 6px;">Im Insel-Verlag zu Leipzig</p>
+
+
+<div class="poem" id="Gedicht_1" style="width: 20.5em;"><a class="pagenum" name="Page_3" title="3"> </a>
+<div class="stanza drop-cap">
+<span class="first-word">Der</span> Becher klingt; mein Herz ist der Becher!<br/>
+Trink Liebe, trinke dich satt!<br/>
+Es zittert; o berauschter Zecher,<br/>
+Der fest in bebenden Händen es hat!<br/>
+Wer hat wie du ein Meer zum Pokale?<br/>
+Ein Meer voll wachsender Glut!<br/>
+Es saugt aus eurem feuchten Strahle,<br/>
+Ihr trunkenen Augen, die himmlische Flut.
+</div>
+</div>
+
+
+<div class="poem" id="Gedicht_2"><a class="pagenum" name="Page_4" title="4"> </a>
+<div class="stanza drop-cap">
+<span class="first-word">Ich</span> werde nicht an deinem Herzen satt,<br/>
+Nicht satt an deiner Küsse Glutergießen.<br/>
+Ich will dich, wie der Christ den Heiland hat:<br/>
+Er darf als Mahl den Leib des Herrn genießen.<br/>
+So will ich dich, o meine Gottheit, haben,<br/>
+In meinem Blut dein Fleisch und Blut begraben.<br/>
+So will ich deinen süßen Leib empfangen,<br/>
+Bis du in mir und ich in dir vergangen.
+</div>
+</div>
+
+
+<div class="poem" id="Gedicht_3"><a class="pagenum" name="Page_5" title="5"> </a>
+<div class="stanza drop-cap">
+<span class="first-word">Wo</span> hast du all die Schönheit hergenommen,<br/>
+Du Liebesangesicht, du Wohlgestalt!<br/>
+Um dich ist alle Welt zu kurz gekommen.<br/>
+Weil du die Jugend hast, wird alles alt,<br/>
+Weil du das Leben hast, muß alles sterben,<br/>
+Weil du die Kraft hast, ist die Welt kein Hort,<br/>
+Weil du vollkommen bist, ist sie ein Scherben,<br/>
+Weil du der Himmel bist, gibt's keinen dort!
+</div>
+</div>
+
+
+<div class="poem" id="Gedicht_4"><a class="pagenum" name="Page_6" title="6"> </a>
+<div class="stanza drop-cap">
+<span class="first-word">Was</span> für ein Feuer, o was für ein Feuer<br/>
+Warf in den Busen mir der Liebe Hand!<br/>
+Schon setzt es meinen zarten Leib in Brand<br/>
+Und wächst an deiner Brust noch ungeheuer.<br/>
+Zwei Fackeln lodern nun in eins zusammen:<br/>
+Die Augen, die mich anschaun, sind zwei Kerzen,<br/>
+Die Lippen, die mich küssen, sind zwei Flammen,<br/>
+Die Sonne selbst halt ich an meinem Herzen.
+</div>
+</div>
+
+
+<div class="poem" id="Gedicht_5"><a class="pagenum" name="Page_7" title="7"> </a>
+<div class="stanza drop-cap">
+<span class="first-word">Eine</span> Melodie<br/>
+Singt mein Herz, die du gesungen.<br/>
+Still auf deinem Knie<br/>
+Lag mein Haupt, von deinem Arm umschlungen.
+</div>
+<div class="stanza">
+Schwerer Duft der Nacht<br/>
+Zog mit müdem Hauch vorüber.<br/>
+Bang hab ich gedacht:<br/>
+Sterben müßt ich, hätt ich dich noch lieber.
+</div>
+<div class="stanza">
+Liebst du auch so sehr?<br/>
+Warum singst du solche Lieder?<br/>
+Aus verhülltem Meer<br/>
+Läuten Glocken auf und tauchen nieder.
+</div>
+<div class="stanza">
+Tief im dunklen Dom<br/>
+Schwanken Weihrauch und Choräle&nbsp;&hellip;<br/>
+Wie ein Tränenstrom<br/>
+Zieht es einsam jetzt durch meine Seele.
+</div>
+</div>
+
+
+<div class="poem" id="Gedicht_6" style="width: 21em;"><a class="pagenum" name="Page_8" title="8"> </a>
+<div class="stanza drop-cap">
+<span class="first-word">Wie</span> liebten wir so treu in jenen Tagen,<br/>
+Fest wie die Sonne stand das Herz uns da.<br/>
+Getrennt, wie hatten wir uns viel zu sagen,<br/>
+Und sagten stets nur eines: Liebst du? Ja!<br/>
+O Liebe, kannst du wie ein Traum der Nächte<br/>
+Vorübergehn, die du unendlich scheinst?<br/>
+Mir ist, als ob er fernher mein gedächte<br/>
+Und fragte: Liebst du mich? Sag ja wie einst!
+</div>
+</div>
+
+
+<div class="poem" id="Gedicht_7" style="width: 21em;"><a class="pagenum" name="Page_9" title="9"> </a>
+<div class="stanza drop-cap">
+<span class="first-word">Still</span> vom Frühlingsabendhimmel<br/>
+Schwebt ein Wolkenkahn zu mir hernieder;<br/>
+Durch das irre Weltgetümmel<br/>
+Zieht er lautlos wie auf Traumgefieder.
+</div>
+<div class="stanza">
+Mein Geliebter lenkt den Nachen,<br/>
+Gram und Inbrunst in den schönen Zügen.<br/>
+»Heim ziehn alle, die noch wachen.<br/>
+Komm und laß uns Seel an Seele schmiegen.«
+</div>
+<div class="stanza">
+Langsam schwer in Abgrundsferne<br/>
+Sinkt erlöschend der begrünte Hügel,<br/>
+Und das Himmelreich der Sterne<br/>
+Taucht aus seiner Augen dunklem Spiegel.
+</div>
+</div>
+
+
+<div class="poem" id="Gedicht_8"><a class="pagenum" name="Page_10" title="10"> </a>
+<div class="stanza drop-cap">
+<span class="first-word">Ein</span> Engel hat den vollen Kranz der Liebe<br/>
+Einst auf dies töricht junge Haupt gesetzt,<br/>
+Und daß er Rosen überschwenglich triebe,<br/>
+Mit seiner Tränen Flut ihn reich benetzt.<br/>
+Die Sonne sank, seit wir uns Treu gelobten.<br/>
+Wie grün er war, der Kranz ist lang verbleicht&nbsp;&ndash;&nbsp;&ndash;<br/>
+O Scham, Triumph und Demut des Erprobten,<br/>
+Dem Gott die Krone ewgen Lebens reicht!
+</div>
+</div>
+
+
+<div class="poem" id="Gedicht_9"><a class="pagenum" name="Page_11" title="11"> </a>
+<div class="stanza drop-cap">
+<span class="first-word">Ein</span> Todesengel, göttlich sanft und schön,<br/>
+Trägst du gen Himmel mächtig meine Seele.<br/>
+Durch alle Nacht hindurch, wie Stürme wehn,<br/>
+Fühlst du den Weg, den ich allein verfehle.<br/>
+Wie rücken die Gestirne weit, so weit!<br/>
+Der Erde fern und fern der Ewigkeit<br/>
+Nichts faß ich mehr als deines Herzens Schlagen.<br/>
+Ein Adler ist's, der steigt: einst wird es tagen.
+</div>
+</div>
+
+
+<div class="poem" id="Gedicht_10"><a class="pagenum" name="Page_12" title="12"> </a>
+<div class="stanza drop-cap">
+<span class="first-word">Ach</span> Gott, ein Grablied meinem Herzen stimmt,<br/>
+Weil von der Erde nun es Abschied nimmt.
+</div>
+<div class="stanza">
+Verschworen hat's den argen Mummenschanz,<br/>
+Den Schleier nimmt es und den Rosenkranz.
+</div>
+<div class="stanza">
+Ins Kloster geht's, die Kutte legt es an,<br/>
+Ein Heilger wird's, zu dem man beten kann.
+</div>
+<div class="stanza">
+Einst tanzt es als ein Sternlein hoch im Blau;<br/>
+Hernieder fiel es und erlosch im Tau.
+</div>
+<div class="stanza">
+Ein Schwärmer stieg's in die entzückte Luft,<br/>
+Versprühte buntes Licht; nun ist's verpufft!
+</div>
+<div class="stanza">
+Johanniskäfer war's und glühte schön;<br/>
+Nun ist's ein Würmchen, häßlich anzusehn.
+</div>
+<div class="stanza">
+Wie Nachtigall sang's Liebe immerzu;<br/>
+Ein Käuzchen ward es nun und ruft schuhu.
+</div>
+</div>
+
+
+<div class="poem" id="Gedicht_11" style="width: 21em;"><a class="pagenum" name="Page_13" title="13"> </a>
+<div class="stanza drop-cap">
+<span class="first-word">Gestern</span> weint ich in den Schoß des Glückes:<br/>
+Ach, mir fehlt die Sonne deines Blickes!
+</div>
+<div class="stanza">
+Laß mich, laß mich deine stolzen süßen<br/>
+Goldnen Augen einmal noch genießen,
+</div>
+<div class="stanza">
+Daß ich froh die Blicke wieder wende<br/>
+Auf den Tanz der Weltallsgegenstände,
+</div>
+<div class="stanza">
+Und das Glöckchen wieder höre klingen<br/>
+Lieblich in den bunten Erdendingen.
+</div>
+<div class="stanza">
+Da erblickt ich in der großen Ferne<br/>
+Eine Wiese voller Blumensterne,
+</div>
+<div class="stanza">
+Überrieselt von der Sonne Röte,<br/>
+Bienenübersummt wie Hauch der Flöte,
+</div>
+<div class="stanza">
+Und das Glück sprach: Sieh, so wirst du liegen<br/>
+Und dich an zwei traute Lippen schmiegen.
+</div>
+<div class="stanza">
+Aber einst, nach langen Sommertagen&nbsp;&ndash;&nbsp;&ndash;&nbsp;&ndash;<br/>
+Und da schwieg es, wollte nichts mehr sagen.
+</div>
+</div>
+
+
+<div class="poem" id="Gedicht_12" style="width: 21em;"><a class="pagenum" name="Page_14" title="14"> </a>
+<div class="stanza drop-cap">
+O blühende Heide, welken wirst du müssen!<br/>
+Du Sternenantlitz, mußt du auch vergehn?<br/>
+Es gäb ein andres Glück als dich zu küssen,<br/>
+Und andre Wünsche als dich anzusehn?<br/>
+Ihr Seelenaugen, warmes Licht der Liebe,<br/>
+Erlöschen sollt ihr? nie mehr widerspiegeln<br/>
+Die goldne Bläue über diesen Hügeln?<br/>
+Du wärst dahin, und Erd und Himmel bliebe?
+</div>
+</div>
+
+
+<div class="poem" id="Gedicht_13" style="width: 26em;"><a class="pagenum" name="Page_15" title="15"> </a>
+<div class="stanza drop-cap">
+<span class="first-word">Sinkt</span> nun der Frühlingstraum verwelkt von allen Bäumen,<br/>
+So bebt mein Herz von einem Jubelschrei:<br/>
+Es muß vorübergehn, was lebt in Erdenräumen&nbsp;&ndash;<br/>
+Ich habe dich, und du gehst nicht vorbei.<br/>
+Hoch auf am Ararat der Liebe branden<br/>
+Die wilden Wasser der Vergänglichkeit,<br/>
+Wir sehn die Welt zu unsren Füßen stranden,<br/>
+Umstrahlt vom Himmel, der das Grab der Zeit.
+</div>
+</div>
+
+
+<div class="poem" id="Gedicht_14"><a class="pagenum" name="Page_16" title="16"> </a>
+<div class="heading">STURMLIED</div>
+<div class="stanza drop-cap">
+O Brausen des Meers und Stimme des Sturms<br/>
+Und Irren im Nebelschwarm!<br/>
+In Hafens Ruhe, im Schutze des Turms,<br/>
+Wie eng und arm.
+</div>
+<div class="stanza">
+Ich will kein Kissen mir unters Haupt,<br/>
+Kein Schreiten auf Teppichen weich;<br/>
+Hat mir der Sturm auch die Segel geraubt&nbsp;&ndash;<br/>
+Da war ich reich!
+</div>
+<div class="stanza">
+O herrliche Fahrt im Windeshauch<br/>
+Hinauf und hinab und zurück!<br/>
+Nur kämpfend, und unterlieg ich auch,<br/>
+Ist Leben Glück.
+</div>
+</div>
+
+
+<div class="poem" id="Gedicht_15" style="width: 27em;"><a class="pagenum" name="Page_17" title="17"> </a>
+<div class="stanza drop-cap">
+<span class="first-word">Du</span>, dem ich angehöre, laß, wenn ich gestorben,<br/>
+Was von mir übrig, meine Asche, bei dir sein.<br/>
+Und deine Hand, um die mein Leben einst geworben,<br/>
+Tauch in den Staub, der einst dein Fleisch war, ein.<br/>
+Läßt du den trüben Strom durch deine Hände fluten,<br/>
+Die einst, wie Frühlings Hauch aufzückt im jungen Stamme,<br/>
+Berührend diesen Leib entzündeten zur Flamme,<br/>
+Fühlst du ihn plötzlich wohl erglühn in alten Gluten.
+</div>
+</div>
+
+
+<div class="poem" id="Gedicht_16" style="width: 20em;"><a class="pagenum" name="Page_18" title="18"> </a>
+<div class="stanza drop-cap">
+<span class="first-word">Wie</span> Laodamiens Gatte für drei Stunden<br/>
+Vom Nebelschoß des Todes losgebunden,<br/>
+Erschienest du, wie einst mir zu gehören;<br/>
+Und da ich noch mit innigstem Beschwören<br/>
+An deinem traumesschweren Leibe sauge,<br/>
+Senkst du in meine Brust zum letztenmal<br/>
+Mit dunkler Kraft das mitternächtge Auge,<br/>
+Und tauchst hinunter in die leere Qual!
+</div>
+</div>
+
+
+<div class="poem" id="Gedicht_17"><a class="pagenum" name="Page_19" title="19"> </a>
+<div class="stanza drop-cap">
+<span class="first-word">Drei</span> Tage kniet ich weinend auf der Schwelle<br/>
+Und rief den Namen an, einst mir so mild.<br/>
+Dann drang ich in des Tempels letzte Zelle<br/>
+Und sah erbebend das verehrte Bild.<br/>
+Das Götterangesicht, das langentbehrte,<br/>
+Enthüllend stand er streng im Flammenschein.<br/>
+Erst als die Glut mich griff, doch nicht verzehrte,<br/>
+Sprach er: Ich kenne dich. Und du bist mein.
+</div>
+</div>
+
+
+<div class="poem" id="Gedicht_18" style="width: 24em;"><a class="pagenum" name="Page_20" title="20"> </a>
+<div class="stanza drop-cap">
+<span class="first-word">Es</span> bebten Berg und Täler von Gewittern,<br/>
+Das Licht erlosch am Himmel in die Nacht.<br/>
+Noch überläuft die fernen Hügel Zittern,<br/>
+Doch löst sich linde schon der Stürme Schlacht.<br/>
+Im frisch entwölkten Blau strahlt durchs Gewimmel<br/>
+Der Sterne stolz ein Schwert mit Schneid und Knauf.<br/>
+O Erde, rolle jauchzend durch die Himmel:<br/>
+Das Sternbild unsrer Liebe ging dir auf!
+</div>
+</div>
+
+
+<div class="poem" id="Gedicht_19"><a class="pagenum" name="Page_21" title="21"> </a>
+<div class="stanza drop-cap">
+<span class="first-word">Dein</span> Name, hör ich plötzlich ihn gesprochen,<br/>
+Scheint aus Gewölken wie ein Blitz zu fallen,<br/>
+Der alle Siegel schmelzend aufgebrochen,<br/>
+Der Tore wirft von nie betretnen Hallen.<br/>
+Du stürzest, schöner Name, nicht entzündend<br/>
+In diese Brust; ein Strahl, ein ewig neuer,<br/>
+Zuckst du hindurch und in der Seele mündend,<br/>
+Vermählst du ihre Flut mit deinem Feuer.
+</div>
+</div>
+
+
+<div class="poem" id="Gedicht_20" style="width: 23em;"><a class="pagenum" name="Page_22" title="22"> </a>
+<div class="stanza drop-cap">
+<span class="first-word">Mich</span> band die Liebe an den Pfahl der Pein,<br/>
+Durchbohrend mit dem Schwerte, das nicht tötet,<br/>
+Mein Eingeweide, bis der scharfe Stein,<br/>
+Auf dem ich kniee, sich mit Blute rötet.<br/>
+Doch neig ich dankend mich den Schmerzenslosen;<br/>
+Denn über mir seh ich wie eine Sonne<br/>
+Die Marterkrone dunkelroter Rosen:<br/>
+Mein Blut in Blüte, die mich krönt zur Wonne.
+</div>
+</div>
+
+
+<div class="poem" id="Gedicht_21"><a class="pagenum" name="Page_23" title="23"> </a>
+<div class="stanza drop-cap">
+<span class="first-word">Du</span> kamst zu mir, mein Abgott, meine Schlange,<br/>
+In dunkler Nacht, die um dich her erglühte.<br/>
+Ich diente dir mit Liebesüberschwange<br/>
+Und trank das Feuer, das dein Atem sprühte.<br/>
+Du flohst, ich suchte lang in Finsternissen.<br/>
+Da kannten mich die Götter und Dämonen<br/>
+An jenem Glanze, den ich dir entrissen,<br/>
+Und führten mich ins Licht, mit dir zu thronen.
+</div>
+</div>
+
+
+<div class="poem" id="Gedicht_22" style="width: 31em;"><a class="pagenum" name="Page_24" title="24"> </a>
+<div class="stanza drop-cap">
+<span class="first-word">Wie</span> wenn Gott winkt, und die Ströme und Meere der Erde<br/>
+Brausend sich wenden, gestürzt vor der Allmacht Gebärde,<br/>
+Stürmt dir mein Blut, wenn du winkst; aus den Schluchten der Seele<br/>
+Quillt es mit Inbrunst, gewendet zu deinem Befehle.
+</div>
+</div>
+
+
+<div class="poem" id="Gedicht_23" style="width: 23em;"><a class="pagenum" name="Page_25" title="25"> </a>
+<div class="stanza drop-cap">
+<span class="first-word">Die</span> Harfe war besaitet ohne Ziel.<br/>
+Kein wehnder Wind erregte sie zu Tönen,<br/>
+Kein Finger konnte sie dem Lied gewöhnen.<br/>
+Du legst die Hand auf das gebannte Spiel:<br/>
+Die Saiten, die sich keinem Griff bequemen,<br/>
+Erzittern unter dir entzückt und bang,<br/>
+Jäh überstürzt von ihrem Klang<br/>
+In raschem Quell und schweren, dunklen Strömen.
+</div>
+</div>
+
+
+<div class="poem" id="Gedicht_24" style="width: 24em;"><a class="pagenum" name="Page_26" title="26"> </a>
+<div class="stanza drop-cap">
+<span class="first-word">Du</span> gingest durch ein Felsental im Feuer,<br/>
+Gebundnen Fußes wie ein Ungetreuer,<br/>
+Verzehrt, verdorrt, verschmachtet, ohne Flucht<br/>
+Vor dreistem Blick und schnödem Hohn der Spötter.<br/>
+Nun da der Tag sich neigt auf unsern Wegen,<br/>
+Und du, das Haupt der heilgen Nacht entgegen,<br/>
+Hervortrittst aus der gnadenlosen Schlucht,<br/>
+Strahlst du unsterblich wie die goldnen Götter.
+</div>
+</div>
+
+
+<div class="poem" id="Gedicht_25"><a class="pagenum" name="Page_27" title="27"> </a>
+<div class="stanza drop-cap">
+<span class="first-word">Du</span> reichtest mir den Kelch voll bittrer Flammen<br/>
+Und ließest mich in dunklen Labyrinthen.<br/>
+Allein, vergessen Heimat und Entstammen,<br/>
+Erlitt ich Dienst und Kampf bei Fremdgesinnten.<br/>
+Ich wanderte verhüllt am Todesflusse<br/>
+Im Schrei des dürren Laubs und hoffte nichts.<br/>
+Da trittst du vor mich hin, ein Gott des Lichts,<br/>
+Und glühst mich jung mit diamantnem Kusse.
+</div>
+</div>
+
+
+<div class="poem" id="Gedicht_26"><a class="pagenum" name="Page_28" title="28"> </a>
+<div class="stanza drop-cap">
+<span class="first-word">Denn</span> unsre Liebe hat zu heiß geflammt,<br/>
+Die wir entrissen alten Göttermächten.<br/>
+Von Sterblichen verdammt<br/>
+Schlug sie empor in unterirdschen Nächten.
+</div>
+<div class="stanza">
+Sie loderte wie Fackeln überm Grab.<br/>
+Der Sterne Heer zerschmolz in ihrem Hauch<br/>
+Und troff auf sie herab.<br/>
+So schmolzen schmerzlich unsre Seelen auch.
+</div>
+<div class="stanza">
+O Wohlgeruch, o Glut! O Lust und Glanz!<br/>
+O Qual, nie nah genug so nah zusammen!<br/>
+Empfang uns endlich ganz,<br/>
+Abgrund der Nacht, in deinen Liebesflammen.
+</div>
+</div>
+
+
+<div class="poem" id="Gedicht_27"><a class="pagenum" name="Page_29" title="29"> </a>
+<div class="stanza drop-cap">
+<span class="first-word">Der</span> Liebe Meer versiegte nicht, es schwoll,<br/>
+Sich selber speisend, hoch um unsre Wege.<br/>
+Erst netzt es unsre Füße Schaumes voll,<br/>
+Dann hub es sich bis an des Herzens Schläge.<br/>
+Einst kommt der Tag, in seines Schwellens Drang<br/>
+Reißt es vom Gipfel uns, dem kaum errungnen,<br/>
+Und überflutet höchsten Glückes Gang,<br/>
+Und rauscht Gesänge über uns Verschlungnen.
+</div>
+</div>
+
+
+<div class="poem" id="Gedicht_28" style="width: 21em;"><a class="pagenum" name="Page_30" title="30"> </a>
+<div class="stanza drop-cap">
+<span class="first-word">In</span> jener Zeit, da ich dich nicht mehr nannte,<br/>
+Schuf ich ein Weihgefäß aus edler Erde<br/>
+Und barg darin, die einst an dir entbrannte,<br/>
+Die Flamme, daß sie rein gehütet werde.<br/>
+Von der empfangnen Brunst errötend bebte<br/>
+Das Weihgefäß, doch sprang es nicht entzwei.<br/>
+Kein Funken meiner Liebesglut entschwebte!<br/>
+Nun nimm es du, daß es dir heilig sei.
+</div>
+</div>
+
+
+<div class="poem" id="Gedicht_29" style="width: 23.5em;"><a class="pagenum" name="Page_31" title="31"> </a>
+<div class="stanza drop-cap">
+<span class="first-word">Schwill</span> an, mein Strom, schwill über deine Weide,<br/>
+Umschlinge Haupt und Stamm zu dir hinab.<br/>
+Daß sich kein Blatt aus deiner Flut mehr scheide,<br/>
+Taucht sie die Zweige schluchzend in dein Grab.<br/>
+Daß dich doch dürstete, wie sie verschmachtet!<br/>
+Verzehre sie, wie sie dich trinken will!<br/>
+In dich gebogen, ganz von dir umnachtet,<br/>
+Von dir verschlungen wird die Seele still.
+</div>
+</div>
+
+
+<div class="poem" id="Gedicht_30" style="width: 24em;"><a class="pagenum" name="Page_32" title="32"> </a>
+<div class="stanza drop-cap">
+<span class="first-word">Ich</span> bin dein Schatten, du bist, der mich schafft,<br/>
+Du gibst Gestalt und Maß mir und Bewegen.<br/>
+Mit dir nur kann ich heben mich und legen,<br/>
+Ich dein Geschöpf, du Willen mir und Kraft.
+</div>
+<div class="stanza">
+Dir angeschmiegt bin ich in deiner Haft,<br/>
+Wie die von Ketten schwer den Fuß nicht regen.<br/>
+Was du mir tust, ich kämpfe nicht entgegen,<br/>
+Durch dein Gebot belebt und hingerafft.
+</div>
+<div class="stanza">
+Doch bin ich dein, auch du gehörst der Deinen.<br/>
+Du kannst mir nicht entfliehn, dich neu gewänn ich,<br/>
+Mich nicht verstoßen, neu würd ich erkoren.
+</div>
+<div class="stanza">
+Solange Sonn und Sterne dich bescheinen,<br/>
+Siehst du zu deinen Füßen unzertrennlich<br/>
+Die Liebende, für dich aus dir geboren.
+</div>
+</div>
+
+
+<div class="poem" id="Gedicht_31" style="width: 25em;"><a class="pagenum" name="Page_33" title="33"> </a>
+<div class="stanza drop-cap">
+<span class="first-word">Du</span> lässest Duft und Wohllaut, wo du gingest,<br/>
+Die Luft, die dich umgab, wird süß und trunken.<br/>
+Was du mit deinem goldnen Blick umfingest,<br/>
+Ward überfüllt von reifen Liebesfunken.<br/>
+Es blüht und glüht und schwillt und klingt und leuchtet<br/>
+Um dein Erscheinen her und deinen Namen.<br/>
+Du schüttest aus, von Lebenstau befeuchtet,<br/>
+O Paradiesesfrucht, der Schönheit Samen.
+</div>
+</div>
+
+
+<div class="poem" id="Gedicht_32" style="width: 23em;"><a class="pagenum" name="Page_34" title="34"> </a>
+<div class="stanza drop-cap">
+<span class="first-word">Du</span> warst, o Hand, die Taube, die mich nährte,<br/>
+Mit Milch und Honig, Brot und Wein.<br/>
+Du gabst, was Rausch und Nüchternheit gewährte<br/>
+Und jene Zauber, die zur Liebe weihn.<br/>
+Du hast mir Todesglut ins Herz gegossen,<br/>
+Doch deine Schwinge war der Nacht Geleit;<br/>
+Das Fleisch, das du gespeist, das dich genossen,<br/>
+Betaust du drüben mit Unsterblichkeit.
+</div>
+</div>
+
+
+<div class="poem" id="Gedicht_33"><a class="pagenum" name="Page_35" title="35"> </a>
+<div class="stanza drop-cap">
+<span class="first-word">Wenn</span> je ein Schönes mir zu bilden glückte,<br/>
+War's, weil ich hingegeben deinem Wesen,<br/>
+Mit meiner Seele mich in dich verzückte,
+</div>
+<div class="stanza">
+Und, wie der Winzer nach dem Traubenlesen<br/>
+Erglüht und schwankt in Purpurgeist gebadet,<br/>
+Wie Kranke, die nach tiefem Schlaf genesen,
+</div>
+<div class="stanza">
+Wie ein Geliebter, den ein Gott sich ladet,<br/>
+Ihm teilt an goldnem Tisch des Nektars Blüte,&nbsp;&ndash;<br/>
+Zurück mir kam mit Harmonie begnadet,<br/>
+Lebendgen Feuers Wogen im Gemüte.
+</div>
+</div>
+
+
+<div class="poem" id="Gedicht_34"><a class="pagenum" name="Page_36" title="36"> </a>
+<div class="stanza drop-cap">
+<span class="first-word">Die</span> Sterbliche, die dem Olympier teuer,<br/>
+In seiner Gottheit Glanz von ihr erfleht,<br/>
+Schmolz, da er kam, sein unerträglich Feuer.
+</div>
+<div class="stanza">
+Ich bin die immerdar in Flammen steht.<br/>
+Von deinen Augen götterhaft durchdrungen<br/>
+Entbrannte dieser Leib, der stets vergeht,
+</div>
+<div class="stanza">
+Stets von der Glut erneut, die ihn bezwungen.<br/>
+Erlischt die Brunst auch nicht in Lethes Bade,<br/>
+Die Schmerzen fühl ich selig kühl verschlungen,
+</div>
+<div class="stanza">
+Noch schwer von Erdenwonne schon in Gnade.
+</div>
+</div>
+
+
+<div class="poem" id="Gedicht_35" style="width: 23em;"><a class="pagenum" name="Page_37" title="37"> </a>
+<div class="stanza drop-cap">
+<span class="first-word">Wie</span> ein Satrap den Leib der Braut sich schmückt,<br/>
+Daß er erschimmert unter Goldgehängen,<br/>
+Ein atmend Bildwerk, so mein Fleisch verdrängen<br/>
+Die Küsse, die dein Mund ihm eingedrückt.
+</div>
+<div class="stanza">
+Ambrosisch ward, das du in Glut getaucht,<br/>
+Mit Tränenschnüren hundertfach umschlungen,<br/>
+Das du gebadet hast in Liebkosungen,<br/>
+Darin dein Atem seinen Duft verhaucht.
+</div>
+<div class="stanza">
+Es altert nicht und wird dir nie gemein,<br/>
+Entwürdigt durch der Jahre steten Druck.<br/>
+Die Zeit muß dienend meinen Leib verschönen:
+</div>
+<div class="stanza">
+Je süßer leuchtet sein verliehner Schein,<br/>
+Je reicher ihn verhüllt der Liebe Schmuck,<br/>
+Und deine Gnaden seine Demut krönen.
+</div>
+</div>
+
+
+<div class="poem" id="Gedicht_36" style="width: 23em;"><a class="pagenum" name="Page_38" title="38"> </a>
+<div class="stanza drop-cap">
+<span class="first-word">Wie</span> sich der Frühling opfernd vor der Sonne<br/>
+Auf Hügeln, süß von Weihrauch, selbst verzehrt,<br/>
+So geb ich dir, o Herr, der mich begehrt,<br/>
+Die deinem Blick erschloßne Liebeswonne.
+</div>
+<div class="stanza">
+In deine Flamme warf ich meine Blüte.<br/>
+Dein göttlich Feuer stürmend schnell genießt<br/>
+Den zarten Flor, der mir vom Herzen sprießt:<br/>
+Mich selber denn, da du mich liebst, behüte!
+</div>
+<div class="stanza">
+Laß nach, o Glut, daß ich nicht sterbe! Längst<br/>
+Mit immer neuen Opfern dich verehrend,<br/>
+Hab ich, was mein war, deinem Wunsch gegeben;
+</div>
+<div class="stanza">
+Verlange nicht, daß du mich ganz empfängst,<br/>
+Mein Leben auch. &ndash; Du schütteltest verwehrend<br/>
+Das Haupt und sprachest: Liebe! wozu leben?
+</div>
+</div>
+
+
+<div class="poem" id="Gedicht_37"><a class="pagenum" name="Page_39" title="39"> </a>
+<div class="stanza drop-cap">
+<span class="first-word">Du</span> warst nur kurze Tage mein Gefährte,<br/>
+Doch ist mein Wesen so von dir durchstrahlt,<br/>
+Und so dein Bild in meinem Tun gemalt,<br/>
+Als ob ein Leben deine Nähe währte.
+</div>
+<div class="stanza">
+So kann, ins Glas gesprüht, ein Tropfen Wein<br/>
+Des Wassers Nüchternheit in sich verschlingen<br/>
+Und es mit Süße, Farbe, Duft durchdringen,<br/>
+Daß keins vom andern je mehr zu entzwein.
+</div>
+<div class="stanza">
+So schwingen Sterne sich und aber Sterne<br/>
+Um eine Sonne, die sich nie enthüllt,<br/>
+Mit ihrer Kraft und ihrem Licht sie füllt,<br/>
+Und sie regiert aus unermeßner Ferne.
+</div>
+</div>
+
+
+<div class="poem" id="Gedicht_38"><a class="pagenum" name="Page_40" title="40"> </a>
+<div class="stanza drop-cap">
+<span class="first-word">Du</span> warst in dieser götterlosen Zeit,<br/>
+Wo trübe Träumer ohne Lichtgedanken<br/>
+Wie leere Schiffe unterm Himmel schwanken,<br/>
+Der Stern, der mich geführt hat und gefeit.
+</div>
+<div class="stanza">
+Die Spur, die du gegangen, zu betreten,<br/>
+Daß ich nicht irrte, war mein hohes Ziel.<br/>
+Von irdischen Geschäften, Drang und Spiel<br/>
+Trug mich empor das Glück dich anzubeten.
+</div>
+<div class="stanza">
+Wie nachts ein Segel steuernd heimatwärts<br/>
+Der Leuchte zu die schweren Nebel spaltet<br/>
+Und so gelenkt sich in den Hafen rettet,
+</div>
+<div class="stanza">
+Ging ich getrost, den Blick an dich gekettet,<br/>
+Die Hände gläubig auf der Brust gefaltet,<br/>
+Durch Flut und Dunkel an dein strahlend Herz.
+</div>
+</div>
+
+
+<div class="poem" id="Gedicht_39"><a class="pagenum" name="Page_41" title="41"> </a>
+<div class="stanza drop-cap">
+<span class="first-word">Dem</span> Bettlerkinde gleich, das vor den Türen<br/>
+Mit scheuem Mund der Armut Bitte raunt<br/>
+Und andachtsvoll auf fremde Schätze staunt,<br/>
+Die seinem kargen Lose nicht gebühren,
+</div>
+<div class="stanza">
+Kam ich zu dir, der meine leeren Hände<br/>
+Mir überhäufte, reichgeboren mild,<br/>
+Mich schmückte wie ein wundertätig Bild,<br/>
+Daß ich nun selbst besitze und verschwende.
+</div>
+<div class="stanza">
+Der Herrschaft Zeichen strahlt aus Diademen<br/>
+Von meinem Haupte Demant und Rubin.<br/>
+Doch es erlischt die prahlerische Helle
+</div>
+<div class="stanza">
+Vor dir, denn was du gabest, kannst du nehmen,<br/>
+Und immer steht wie einst die Bettlerin<br/>
+Mit nacktem Fuß auf deiner goldnen Schwelle.
+</div>
+</div>
+
+
+<div class="poem" id="Gedicht_40"><a class="pagenum" name="Page_42" title="42"> </a>
+<div class="stanza drop-cap">
+<span class="first-word">Du</span> führtest mich zuerst ins Heiligtum<br/>
+Zu lichter Götter Bildern und Altären,<br/>
+Du lehrtest, was sie weigern und gewähren,<br/>
+Der Menschen Schicksal und der Helden Ruhm.
+</div>
+<div class="stanza">
+Du schmolzest sanft mit langem Liebeskuß<br/>
+Der Kindheit Siegel mir von Mund und Augen,<br/>
+Und ließest mich von deinem Blute saugen,<br/>
+Zu meiner mischend deiner Seele Fluß.
+</div>
+<div class="stanza">
+So ward mein Blut, Geliebter, dir leibeigen,<br/>
+Von einem Quell des deinen unterjocht,<br/>
+Der es mit Sehnsucht nach sich selbst entzündet.
+</div>
+<div class="stanza">
+Nach dir muß es verlangen, stürzen, steigen,<br/>
+Bis es im Meere deines Herzens mündet,<br/>
+Und gleichen Schlag mit seinem Schlage pocht.
+</div>
+</div>
+
+
+<div class="poem" id="Gedicht_41"><a class="pagenum" name="Page_43" title="43"> </a>
+<div class="stanza drop-cap">
+<span class="first-word">Geliebter</span> Herr, du tauftest mich mit Feuer,<br/>
+Die zu beseligen du auserkoren,<br/>
+Daß ich aus eignen Schmerzen neugeboren<br/>
+Dir auferstände reiner, stärker, treuer.
+</div>
+<div class="stanza">
+Nicht daß du früher minder mich gewertet,<br/>
+Für mich nur tilgend, was du kaum getadelt.<br/>
+Wie Gold im Flammenbad sein Wesen adelt,<br/>
+Ward meiner Art Gebrechlichkeit gehärtet.
+</div>
+<div class="stanza">
+Verbargst du dich mir einst in strengen Falten,<br/>
+Nun gib, Geliebter, deine Liebe ganz!<br/>
+Nicht brauchst du fürder dich zurückzuhalten.
+</div>
+<div class="stanza">
+Ergieße Sehnsucht, Inbrunst, Glut und Glanz!<br/>
+Mein Herz empfängt die tödlichen Gewalten,<br/>
+Wie ein vergöttert Haupt den Sternenkranz.
+</div>
+</div>
+
+
+<div class="poem" id="Gedicht_42"><a class="pagenum" name="Page_44" title="44"> </a>
+<div class="stanza drop-cap">
+<span class="first-word">Wir</span> fanden im Zwielicht hohe Wege,<br/>
+Ein trauriger Wind ward fernher rege.<br/>
+Die schwarzen Büsche, die sich bücken,<br/>
+Zerbläst sein Wehn,<br/>
+Der Himmel blitzt weiß durch Blätterlücken,<br/>
+Die schnell vergehn.
+</div>
+<div class="stanza">
+Das Herz wird uns schwer, der Fuß wird müde,<br/>
+Wie wenn uns ein Hauch mit Furcht belüde.<br/>
+Die böse Zeit in Schicksalsgründen<br/>
+Für immer schwand;<br/>
+Was kann uns der Wind für Unheil künden,<br/>
+Uns Hand in Hand?
+</div>
+<div class="stanza">
+Er kommt von den Hügeln, wo wir klagten,<br/>
+Von Wolken und Winden nur umjagten,<br/>
+Verlornen, wo auf bleicher Erde<br/>
+Nichts wächst, nichts bleibt,<br/>
+Kein wandernder Schäfer seine Herde<br/>
+Vorübertreibt.
+</div>
+</div>
+
+
+<div class="poem" id="Gedicht_43" style="width: 23em;"><a class="pagenum" name="Page_45" title="45"> </a>
+<div class="stanza drop-cap">
+<span class="first-word">Die</span> Sage weiß von eines Brunnens Tugend,<br/>
+So fruchtbar und geheimnisvoll erlaucht,<br/>
+Daß er den Greis, der wankend untertaucht,<br/>
+Verwandelnd schmückt mit neugewirkter Jugend.
+</div>
+<div class="stanza">
+Sieh, wie der Leib, der seiner Kraft vertraut,<br/>
+Sich selig hebt aus den erglühten Wogen,<br/>
+Von ihrer Inbrunst schwellend vollgesogen,<br/>
+Mit frischen Lebens Morgenrot betaut,
+</div>
+<div class="stanza">
+Bald an sich selbst, bald an der Welt sich weidet,<br/>
+Die Arme breitend nach der Frühlingsflur,<br/>
+Mit wundertätgen Tropfen sie befeuchtend,
+</div>
+<div class="stanza">
+So wenn mein Herz aus deinen Armen scheidet,<br/>
+Grüß ich verjüngt die lachende Natur,<br/>
+Von deiner Kraft und deiner Schönheit leuchtend.
+</div>
+</div>
+
+
+<div class="poem" id="Gedicht_44" style="width: 23em;"><a class="pagenum" name="Page_46" title="46"> </a>
+<div class="stanza drop-cap">
+<span class="first-word">Dir</span> fern und ferner, deiner nicht gedenkend,<br/>
+Verhehlend was einst Glück war, Stolz und Ehre,<br/>
+Ging ich durch Täler, über Berg und Meere,<br/>
+In Schutt und Schlamm die müden Füße senkend.
+</div>
+<div class="stanza">
+Doch du gingst mir zur Seite unsichtbar,<br/>
+Von deinem dunklen Blick war ich umfangen,<br/>
+Dein Atem hauchte mild um meine Wangen,<br/>
+Daß ich verlassen doch dein eigen war.
+</div>
+<div class="stanza">
+So gleitet still der Tod, dem wir gehören,<br/>
+Um unsre Schritte, die sich von ihm wenden,<br/>
+Und wenn verhüllt von blendend bunten Flören
+</div>
+<div class="stanza">
+Das Auge noch im Kram des Lebens wählt,<br/>
+Ruht unsre Seele in des Gottes Händen,<br/>
+Des treusten, dem von Anfang sie vermählt.
+</div>
+</div>
+
+
+<div class="poem" id="Gedicht_45" style="width: 21em;"><a class="pagenum" name="Page_47" title="47"> </a>
+<div class="stanza drop-cap">
+<span class="first-word">Wie</span> aus des Ostens Dunst im Siegeswagen<br/>
+Die Sonne rollt an des Regierers Statt,<br/>
+Geschöpf und Herr, in eigner Fülle satt,<br/>
+Von selbsterzeugter Flamme Kraft getragen,
+</div>
+<div class="stanza">
+Und wie was Lebendes ihr zugewendet,<br/>
+Das falbe Blatt, das ihre Strahlen greift,<br/>
+Die Frucht, die still im Safte kochend reift,<br/>
+An ihrem Übermaße sich vollendet,
+</div>
+<div class="stanza">
+So gehst du sonder Makel, sonder Gleichen,<br/>
+Ein Siegender auf unbegangner Bahn<br/>
+Gelassen durch der Menschenwelt Getriebe;
+</div>
+<div class="stanza">
+Und was wir ahnen als der Gottheit Zeichen,<br/>
+Machst du erkennbar allen, die dir nahn:<br/>
+Vollendung, deren Widerhall die Liebe.
+</div>
+</div>
+
+
+<div class="poem" id="Gedicht_46"><a class="pagenum" name="Page_48" title="48"> </a>
+<div class="stanza drop-cap">
+<span class="first-word">Wie</span> sich die Erde scheidend von der Sonne<br/>
+Mit hastgem Flug in stürmsche Nacht entfernt,<br/>
+Den nackten Leib mit kaltem Schnee besternt,<br/>
+Verstummt, beraubt der sommerlichen Wonne,
+</div>
+<div class="stanza">
+Und tiefer sinkend in des Winters Schatten<br/>
+Sich plötzlich nähert dem, wovor sie flieht,<br/>
+Mit Rosenlicht sich warm umschlungen sieht,<br/>
+Entgegenstürzend dem verlornen Gatten,
+</div>
+<div class="stanza">
+So ging ich, leidend der Verbannung Strafe,<br/>
+Von deinem Antlitz fort ins Ungemach,<br/>
+Dem öden Norden schutzlos zugewendet,
+</div>
+<div class="stanza">
+Stets tiefer neigend mich dem Todesschlafe,<br/>
+Und wurde so an deinem Herzen wach,<br/>
+Von morgenroter Herrlichkeit geblendet.
+</div>
+</div>
+
+
+<div class="poem" id="Gedicht_47" style="width: 21em;"><a class="pagenum" name="Page_49" title="49"> </a>
+<div class="heading">AM KLAVIER</div>
+<div class="stanza drop-cap">
+<span class="first-word">Nie</span> laß mich <u class="tn" title="hören,">hören</u> alte Töne,<br/>
+Die duften Erinnerungen:<br/>
+Vergangne Zeit, traurige, schöne,<br/>
+Silbern Meer, summende Heide,<br/>
+Rast und Traum auf ewigen Steinen,<br/>
+Vom Himmel umschlungen<br/>
+Wir beide,<br/>
+Fülle des Glückes, verhaltnes Weinen.
+</div>
+<div class="stanza">
+Deine Küsse sind so:<br/>
+Süß wie einst, süßer als einst.<br/>
+Was du denkst, was du hoffst, was du weinst,<br/>
+Was in Jahren entfloh,<br/>
+Ungeküßter Küsse Glut,<br/>
+Ungestillter Sehnsucht Drang,<br/>
+Götterkraft, Jugendblut,<br/>
+Liebe das Leben lang<br/>
+Überglüht mich heiß,<br/>
+Überfließt mich ganz,<br/>
+Wie von den Bergen Weiß<br/>
+Des Mondes fließt,<br/>
+Fern ferner Sonnenglanz,<br/>
+Durch Nacht versüßt.
+</div>
+</div>
+
+
+<div class="poem" id="Gedicht_48"><a class="pagenum" name="Page_50" title="50"> </a>
+<div class="stanza drop-cap">
+O schöne Hand, Kelch, dessen Duft Musik,<br/>
+Wie Töne schweben geht der, den du führst,<br/>
+Melodisch wird der Stein, den du berührst,<br/>
+Wenn sie dich einhüllt, wird die Luft Musik.
+</div>
+<div class="stanza">
+Du tust dich auf, um Wohllaut zu verschwenden,<br/>
+Der ordnet, was Gewalt und Wahn verwirrten,<br/>
+Und Seelen, die auf Erden sich verirrten,<br/>
+Hinüberlockt, wo Wunsch und Zweifel enden.
+</div>
+<div class="stanza">
+O Hand, Gebieterin der Töne, bleib<br/>
+Auf diesem Herzen ruhn, das ruhlos schwingt,<br/>
+So wandelst du in Frieden sein Verlangen.
+</div>
+<div class="stanza">
+Dämonische, berühre diesen Leib,<br/>
+Er bebt wie Saiten, wird ein Meer und klingt<br/>
+Und rauscht empor, die Sonne zu empfangen.
+</div>
+</div>
+
+
+<div class="poem" id="Gedicht_49"><a class="pagenum" name="Page_51" title="51"> </a>
+<div class="stanza drop-cap">
+<span class="first-word">Wie</span> eines Königs Hand Berührtes adelt<br/>
+Und tilgt vom Henker selbst den Blutgeruch,<br/>
+In Ehre wandelnd seines Amtes Fluch,<br/>
+Daß köstlich wird, was man zumeist getadelt,
+</div>
+<div class="stanza">
+So, wenn du stürbest, würde Tod mir teuer,<br/>
+Vor allen Göttern nun erflehter Gast,<br/>
+Des Name wie des Teufels sonst verhaßt,<br/>
+Mir Feind und Fratze war und Ungeheuer.
+</div>
+<div class="stanza">
+Das Leben, dem noch immer Früchte reifen,<br/>
+Das noch zu Festen hoch die Fackel hält,<br/>
+Ich hieß es schal, zum Possenspiel entartet,
+</div>
+<div class="stanza">
+Das schöne Leben! froh es abzustreifen,<br/>
+Dem Purpur gleich, der unbeachtet fällt,<br/>
+Wenn auf dem Hochzeitsbett die Liebe wartet.
+</div>
+</div>
+
+
+<div class="poem" id="Gedicht_50" style="width: 23em;"><a class="pagenum" name="Page_52" title="52"> </a>
+<div class="stanza drop-cap">
+<span class="first-word">Die</span> Erde, von des Himmels Macht umrundet,<br/>
+Ein goldner Keim gesenkt in seinen Schoß,<br/>
+Empfängt von ihm ihr heilges Sternenlos,<br/>
+Von ihm gespeist, erwärmt, umwölkt, verwundet.
+</div>
+<div class="stanza">
+Mag er ihr zürnen, ihr Verschmachten stillen,<br/>
+Mit Lorbeer sie bekränzen, Reb und Myrte,<br/>
+Ob er mit eisgen Stacheln sie umgürte,<br/>
+Sie hüllt sich innig ein in seinen Willen.
+</div>
+<div class="stanza">
+O du, in dessen Brust gesenkt ich liege,<br/>
+Mein Schicksal nehm ich an von deiner Güte<br/>
+Und segne Glück und Weh, das du verhängst.
+</div>
+<div class="stanza">
+Du warst, Geliebter, meines Lebens Wiege,<br/>
+Du bist das Grab, wo ich mein Hoffen hüte,<br/>
+Bis du mein Himmel wirst und mich umfängst.
+</div>
+</div>
+
+
+<div class="poem" id="Gedicht_51" style="width: 25em;"><a class="pagenum" name="Page_53" title="53"> </a>
+<div class="stanza drop-cap">
+<span class="first-word">Um</span> diese Hügel, die dem Blick entgleiten,<br/>
+Schwankt nun der Abend, müde, grau und feucht.<br/>
+Still schwinden Haus und Baum und stehn verscheucht<br/>
+Und gramvoll schwer in den Vergessenheiten.
+</div>
+<div class="stanza">
+Unendlich Weinen löst den Tag in Weh.<br/>
+Der Schnitter rauschend Werk, die vollen Stunden,<br/>
+Das Tanzen, Schwärmen, Lieb und Wahn und Wunden,<br/>
+War's heute? War's vor Jahren? War es je?
+</div>
+<div class="stanza">
+Dies ist die Stunde, wo im fernen Land,<br/>
+Wenn's ruhlos pocht aus deines Daches Röhre,<br/>
+Und an den Uhren schnell die Zeiger summen,
+</div>
+<div class="stanza">
+Und das Begrabne lebt und huscht im Sand,<br/>
+Du meinen Namen rufst und ich nicht höre.<br/>
+Und hört ich's, müßt ich schaudern und verstummen.
+</div>
+</div>
+
+
+<div class="poem" id="Gedicht_52" style="width: 25em;"><a class="pagenum" name="Page_54" title="54"> </a>
+<div class="stanza drop-cap">
+<span class="first-word">Sieh</span> mich, das Meer, das dir zu Füßen brandet,<br/>
+Laß dich umschlingen, küssen, schmelzen, komm!<br/>
+Wie Well um Welle stürmend dich erklomm,<br/>
+Bist du ein Gott, in Element gewandet.
+</div>
+<div class="stanza">
+Laß deinen Leib von meinem Leib umgleiten!<br/>
+Kein Flor, kein Hauch, kein Strahl mehr, der uns trennt.<br/>
+Nur du, nur du, soweit der Blick erkennt,<br/>
+Umbraust vom Mantel meiner Zärtlichkeiten.
+</div>
+<div class="stanza">
+Den Ozean, den ihre Glut durchdrungen,<br/>
+Verläßt die Sonne, und mit Huld zerstörend<br/>
+Tilgt ihre Schönheit die geballte Nacht.
+</div>
+<div class="stanza">
+Du laß die Welt in ewgen Dämmerungen!<br/>
+Geduldger Andacht Ungestüm erhörend<br/>
+Begrabe dich in meine Liebesmacht.
+</div>
+</div>
+
+
+<div class="poem" id="Gedicht_53" style="width: 23em;"><a class="pagenum" name="Page_55" title="55"> </a>
+<div class="stanza drop-cap">
+<span class="first-word">An</span> unsrer Seite geht Erinnerung<br/>
+Und flicht des Weges Zier zu Kranzgewinden,<br/>
+Wie Bienenflug um sommerliche Linden<br/>
+Summt süß Musik von ihrer Füße Schwung.
+</div>
+<div class="stanza">
+Vom Schmelz der Dinge schimmern ihre Hände,<br/>
+Sie hüten erd- und meerversunknen Hort.<br/>
+Er hebt und rührt sich auf ihr weckend Wort<br/>
+Und funkelt jung wie Tau in das Gelände.
+</div>
+<div class="stanza">
+Nicht Blumen sind's, was sie zum Kranz gelesen;<br/>
+Sie sammelt Saat des Lebens, das verging.<br/>
+Aus neuer Hoffnung, längst versiegten Zähren,
+</div>
+<div class="stanza">
+Verschmiedend glühend Heut und starr Gewesen,<br/>
+Biegt unser goldnes Leben sie zum Ring,<br/>
+Daß es unendlich kreist in ewgen Sphären.
+</div>
+</div>
+
+
+<div class="poem" id="Gedicht_54"><a class="pagenum" name="Page_56" title="56"> </a>
+<div class="heading">LEBEN</div>
+<div class="stanza drop-cap">
+<span class="first-word">Hell</span> strömt aus Schluchten der Vergangenheit<br/>
+In unsre Becher, die wir schwärmend füllen,<br/>
+Ambrosisch Blut, aus dessen Purpurhüllen<br/>
+Verklärtes Leben funkelnd sich befreit:
+</div>
+<div class="stanza">
+Sehnsucht und Liebe, Tränen, Lächeln, Lust<br/>
+Und Kampf und Fluch und siegende Gedanken<br/>
+Der Toten, die wie wir den Festwein tranken,<br/>
+Lenzlaub im Haare, unser nicht bewußt;
+</div>
+<div class="stanza">
+Und wir gewahren nicht, ins Heut versonnen,<br/>
+Daß jeder Tropfen, den die Zeit ergießt,<br/>
+Von unsrer Seele löst und so durchglutet
+</div>
+<div class="stanza">
+Herniederrinnt in einen dunklen Bronnen,<br/>
+Der einst in andre Schalen überfließt<br/>
+Berauschter Zecher, die der Tag umflutet.
+</div>
+</div>
+
+
+<div class="poem" id="Gedicht_55"><a class="pagenum" name="Page_57" title="57"> </a>
+<div class="stanza drop-cap">
+<span class="first-word">Wie</span> zwei Tote, die um Liebe starben,<br/>
+&ndash;&nbsp;Duftend Feuer schmilzt sie nun zusammen&nbsp;&ndash;<br/>
+Ruhn wir still, umblaut von Frühlingsflammen,<br/>
+Satt in Wonne nach der Trennung Darben.
+</div>
+<div class="stanza">
+Hoch im Himmel mit geblähten Säumen<br/>
+Drehn die Stunden sich in Sturmestänzen,<br/>
+Ihre blanken Sohlen sehn wir glänzen,<br/>
+Doch kein Ton fällt aus so fernen Räumen.
+</div>
+<div class="stanza">
+Aber langsam sinken die vergangnen<br/>
+Tage, die das Herz in Qual belauschte,<br/>
+Schwer hinunter in verhüllte Tiefen,
+</div>
+<div class="stanza">
+Wie wenn unterirdisch Goldestriefen<br/>
+In des Felsens hohle Becken rauschte,<br/>
+Jenseit von uns ewig dicht Umfangnen.
+</div>
+</div>
+
+
+<div class="poem" id="Gedicht_56"><a class="pagenum" name="Page_58" title="58"> </a>
+<div class="stanza drop-cap">
+<span class="first-word">Da</span> wo der frühen Falter gelbes Lodern<br/>
+Um wild Gestrüpp am Bergeshange zückte,<br/>
+Und Bäche quollen durch verjährtes Modern,<br/>
+Verweilten wir, die Glückes Last erdrückte.
+</div>
+<div class="stanza">
+Wie von des Meisters Hand entfesselt Erz<br/>
+Goß sich die Kraft der Sonne auf uns nieder,<br/>
+Sie stürzte rot durch unser schlagend Herz<br/>
+Und wuchs wie goldne Haut um unsre Glieder.
+</div>
+<div class="stanza">
+Nun ist mir so, als ob dort oben bliebe,<br/>
+Den Elementen kund und zugesellt,<br/>
+Unsterblich eins: das Strahlenbild der Liebe,
+</div>
+<div class="stanza">
+Indessen wir, Staub ohne Sinn und Dauer,<br/>
+Der vor der Stunde blindem Schlag zerfällt,<br/>
+Hinunterstiegen in das Tal der Trauer.
+</div>
+</div>
+
+
+<div class="poem" id="Gedicht_57"><a class="pagenum" name="Page_59" title="59"> </a>
+<div class="stanza drop-cap">
+<span class="first-word">Wie</span> lastet mir das Leben ohne dich!<br/>
+Nun können wir's auf Fingerspitzen regen,<br/>
+Ein goldnes Bällchen, wie die Gaukler pflegen,<br/>
+Das an Gewicht noch eben Felsen glich.<br/>
+Es tanzt und schimmert, dünnes Glasgewebe<br/>
+Und unverletzlich doch wie Diamant,<br/>
+Ein selges Wesen, Sternen anverwandt;<br/>
+Ach, daß es unsern Händen nie entschwebe!
+</div>
+</div>
+
+
+<div class="poem" id="Gedicht_58"><a class="pagenum" name="Page_60" title="60"> </a>
+<div class="stanza drop-cap">
+<span class="first-word">Musik</span> bewegt mich, daß ich dein gedenke,<br/>
+So will auch Meer und Wolke, Berg und Stern,<br/>
+Wie anderer Art als du, dir noch so fern,<br/>
+Daß ich zu dir das Herz voll Andacht lenke.<br/>
+Kein edles Bild, das nicht mein Auge zwinge<br/>
+Von dir zu träumen, kein beseelter Reim,<br/>
+Der nicht zu dir Erinnern führe heim&nbsp;&ndash;<br/>
+Geschwister sind sich alle schönen Dinge.
+</div>
+</div>
+
+
+<div class="poem" id="Gedicht_59"><a class="pagenum" name="Page_61" title="61"> </a>
+<div class="stanza drop-cap">
+<span class="first-word">Uralter</span> Worte kundig kommt die Nacht;<br/>
+Sie löst den Dingen Rüstung ab und Bande,<br/>
+Sie wechselt die Gestalten und Gewande<br/>
+Und hüllt den Streit in gleiche braune Tracht.
+</div>
+<div class="stanza">
+Da rührt das steinerne Gebirg sich sacht<br/>
+Und schwillt wie Meer hinüber in die Lande.<br/>
+Der Abgrund kriecht verlangend bis zum Rande<br/>
+Und trinkt der Sterne hingebeugte Pracht.
+</div>
+<div class="stanza">
+Ich halte dich und bin von dir umschlossen,<br/>
+Erschöpfte Wandrer wiederum zu Haus;<br/>
+So fühl ich dich in Fleisch und Blut gegossen,
+</div>
+<div class="stanza">
+Von deinem Leib und Leben meins umkleidet.<br/>
+Die Seele ruht von langer Sehnsucht aus,<br/>
+Die eins vom andern nicht mehr unterscheidet.
+</div>
+</div>
+
+
+<div class="poem" id="Gedicht_60" style="width: 23em;"><a class="pagenum" name="Page_62" title="62&ndash;63"> </a>
+<div class="stanza drop-cap">
+<span class="first-word">Wir</span> wanderten von junger Liebe trunken<br/>
+In dieses Friedhofs grün verhangnen Gängen,<br/>
+Wo Immergrün und Efeu sich bedrängen,<br/>
+Mit Toten in der Gräber Nacht versunken.
+</div>
+<div class="stanza">
+Der alten Weiden Schatten und der Birken<br/>
+Schlug schirmend über unserm Haupt zusammen,<br/>
+Gelassen duldend ungesühnte Flammen<br/>
+Zu flüchtger Rast in heiligen Bezirken.
+</div>
+<div class="stanza">
+Von langer Irrfahrt sind wir nun zurück<br/>
+Und suchen, die verwildert Kraut umspann,<br/>
+Der Väter Kreuz, auf eingesunknen Stätten,
+</div>
+<div class="stanza">
+Still in vergangner Wonne, künftgem Glück.<br/>
+Hier werden wir, wenn unsre Zeit verrann,<br/>
+Nie mehr geschieden, nicht mehr zwei, uns betten.
+</div>
+</div>
+
+
+<div>
+<a class="pagenum" name="Page_64" title="64"> </a>
+<h2><a name="Gedichtanfaenge">DIE ANFÄNGE DER GEDICHTE</a></h2>
+</div>
+
+<table id="toc" summary="Anfänge der Gedichte">
+<tr>
+	<td><a href="#Gedicht_1">Der Becher klingt; mein Herz ist der Becher</a></td>
+	<td class="page">3</td>
+</tr>
+<tr>
+	<td><a href="#Gedicht_2">Ich werde nicht an deinem Herzen satt</a></td>
+	<td class="page">4</td>
+</tr>
+<tr>
+	<td><a href="#Gedicht_3">Wo hast du all die Schönheit hergenommen</a></td>
+	<td class="page">5</td>
+</tr>
+<tr>
+	<td><a href="#Gedicht_4">Was für ein Feuer, o was für ein Feuer</a></td>
+	<td class="page">6</td>
+</tr>
+<tr>
+	<td><a href="#Gedicht_5">Eine Melodie</a></td>
+	<td class="page">7</td>
+</tr>
+<tr>
+	<td><a href="#Gedicht_6">Wie liebten wir so treu in jenen Tagen</a></td>
+	<td class="page">8</td>
+</tr>
+<tr>
+	<td><a href="#Gedicht_7">Still vom Frühlingsabendhimmel</a></td>
+	<td class="page">9</td>
+</tr>
+<tr>
+	<td><a href="#Gedicht_8">Ein Engel hat den vollen Kranz der Liebe</a></td>
+	<td class="page">10</td>
+</tr>
+<tr>
+	<td><a href="#Gedicht_9">Ein Todesengel, göttlich sanft und schön</a></td>
+	<td class="page">11</td>
+</tr>
+<tr>
+	<td><a href="#Gedicht_10">Ach Gott, ein Grablied meinem Herzen stimmt</a></td>
+	<td class="page">12</td>
+</tr>
+<tr>
+	<td><a href="#Gedicht_11">Gestern weint ich in den Schoß des Glückes</a></td>
+	<td class="page">13</td>
+</tr>
+<tr>
+	<td><a href="#Gedicht_12">O blühende Heide, welken wirst du müssen</a></td>
+	<td class="page">14</td>
+</tr>
+<tr>
+	<td><a href="#Gedicht_13">Sinkt nun der Frühlingstraum verwelkt von allen Bäumen</a></td>
+	<td class="page">15</td>
+</tr>
+<tr>
+	<td><a href="#Gedicht_14">Sturmlied. O Brausen des Meers</a></td>
+	<td class="page">16</td>
+</tr>
+<tr>
+	<td><a href="#Gedicht_15">Du, dem ich angehöre, laß, wenn ich gestorben</a></td>
+	<td class="page">17</td>
+</tr>
+<tr>
+	<td><a href="#Gedicht_16">Wie Laodamiens Gatte für drei Stunden</a></td>
+	<td class="page">18</td>
+</tr>
+<tr>
+	<td><a href="#Gedicht_17">Drei Tage kniet ich weinend auf der Schwelle</a></td>
+	<td class="page">19</td>
+</tr>
+<tr>
+	<td><a href="#Gedicht_18">Es bebten Berg und Täler von Gewittern</a></td>
+	<td class="page">20</td>
+</tr>
+<tr>
+	<td><a href="#Gedicht_19">Dein Name, hör ich plötzlich ihn gesprochen</a></td>
+	<td class="page">21</td>
+</tr>
+<tr>
+	<td><a href="#Gedicht_20">Mich band die Liebe an den Pfahl der Pein</a></td>
+	<td class="page">22</td>
+</tr>
+<tr>
+	<td><a href="#Gedicht_21">Du kamst zu mir, mein Abgott, meine Schlange</a></td>
+	<td class="page">23</td>
+</tr>
+<tr>
+	<td><a href="#Gedicht_22">Wie wenn Gott winkt, und die Ströme und Meere der Erde</a></td>
+	<td class="page">24</td>
+</tr>
+<tr>
+	<td><a href="#Gedicht_23">Die Harfe war besaitet ohne Ziel</a></td>
+	<td class="page">25</td>
+</tr>
+<tr>
+	<td><a href="#Gedicht_24">Du gingest durch ein Felsental im Feuer</a></td>
+	<td class="page">26</td>
+</tr>
+<tr>
+	<td><a href="#Gedicht_25">Du reichtest mir den Kelch voll bittrer Flammen</a></td>
+	<td class="page">27</td>
+</tr>
+<tr>
+	<td><a href="#Gedicht_26">Denn unsre Liebe hat zu heiß geflammt</a></td>
+	<td class="page">28</td>
+</tr>
+<tr>
+	<td><a href="#Gedicht_27">Der Liebe Meer versiegte nicht, es schwoll</a></td>
+	<td class="page">29</td>
+</tr>
+<tr>
+	<td><a href="#Gedicht_28">In jener Zeit, da ich dich nicht mehr nannte</a></td>
+	<td class="page">30</td>
+</tr>
+<tr>
+	<td><a class="pagenum" name="Page_65" title="65"> </a><a href="#Gedicht_29">Schwill an, mein Strom, schwill über deine Weide</a></td>
+	<td class="page">31</td>
+</tr>
+<tr>
+	<td><a href="#Gedicht_30">Ich bin dein Schatten, du bist, der mich schafft</a></td>
+	<td class="page">32</td>
+</tr>
+<tr>
+	<td><a href="#Gedicht_31">Du lässest Duft und Wohllaut, wo du gingest</a></td>
+	<td class="page">33</td>
+</tr>
+<tr>
+	<td><a href="#Gedicht_32">Du warst, o Hand, die Taube, die mich nährte</a></td>
+	<td class="page">34</td>
+</tr>
+<tr>
+	<td><a href="#Gedicht_33">Wenn je ein Schönes mir zu bilden glückte</a></td>
+	<td class="page">35</td>
+</tr>
+<tr>
+	<td><a href="#Gedicht_34">Die Sterbliche, die dem Olympier teuer</a></td>
+	<td class="page">36</td>
+</tr>
+<tr>
+	<td><a href="#Gedicht_35">Wie ein Satrap den Leib der Braut sich schmückt</a></td>
+	<td class="page">37</td>
+</tr>
+<tr>
+	<td><a href="#Gedicht_36">Wie sich der Frühling opfernd vor der Sonne</a></td>
+	<td class="page">38</td>
+</tr>
+<tr>
+	<td><a href="#Gedicht_37">Du warst nur kurze Tage mein Gefährte</a></td>
+	<td class="page">39</td>
+</tr>
+<tr>
+	<td><a href="#Gedicht_38">Du warst in dieser götterlosen Zeit</a></td>
+	<td class="page">40</td>
+</tr>
+<tr>
+	<td><a href="#Gedicht_39">Dem Bettlerkinde gleich, das vor den Türen</a></td>
+	<td class="page">41</td>
+</tr>
+<tr>
+	<td><a href="#Gedicht_40">Du führtest mich zuerst ins Heiligtum</a></td>
+	<td class="page">42</td>
+</tr>
+<tr>
+	<td><a href="#Gedicht_41">Geliebter Herr, du tauftest mich mit Feuer</a></td>
+	<td class="page">43</td>
+</tr>
+<tr>
+	<td><a href="#Gedicht_42">Wir fanden im Zwielicht hohe Wege</a></td>
+	<td class="page">44</td>
+</tr>
+<tr>
+	<td><a href="#Gedicht_43">Die Sage weiß von eines Brunnens Tugend</a></td>
+	<td class="page">45</td>
+</tr>
+<tr>
+	<td><a href="#Gedicht_44">Dir fern und ferner, deiner nicht gedenkend</a></td>
+	<td class="page">46</td>
+</tr>
+<tr>
+	<td><a href="#Gedicht_45">Wie aus des Ostens Dunst im Siegeswagen</a></td>
+	<td class="page">47</td>
+</tr>
+<tr>
+	<td><a href="#Gedicht_46">Wie sich die Erde scheidend von der Sonne</a></td>
+	<td class="page">48</td>
+</tr>
+<tr>
+	<td><a href="#Gedicht_47">Am Klavier. <u class="tn" title="Die">Nie</u> laß mich hören alte Töne</a></td>
+	<td class="page">49</td>
+</tr>
+<tr>
+	<td><a href="#Gedicht_48">O schöne Hand, Kelch, dessen Duft Musik</a></td>
+	<td class="page">50</td>
+</tr>
+<tr>
+	<td><a href="#Gedicht_49">Wie eines Königs Hand Berührtes adelt</a></td>
+	<td class="page">51</td>
+</tr>
+<tr>
+	<td><a href="#Gedicht_50">Die Erde, von des Himmels Macht umrundet</a></td>
+	<td class="page">52</td>
+</tr>
+<tr>
+	<td><a href="#Gedicht_51">Um diese Hügel, die dem Blick entgleiten</a></td>
+	<td class="page">53</td>
+</tr>
+<tr>
+	<td><a href="#Gedicht_52">Sieh mich, das Meer, das dir zu Füßen brandet</a></td>
+	<td class="page">54</td>
+</tr>
+<tr>
+	<td><a href="#Gedicht_53">An unsrer Seite geht Erinnerung</a></td>
+	<td class="page">55</td>
+</tr>
+<tr>
+	<td><a href="#Gedicht_54">Leben. Hell strömt aus Schluchten</a></td>
+	<td class="page">56</td>
+</tr>
+<tr>
+	<td><a href="#Gedicht_55">Wie zwei Tote, die um Liebe starben</a></td>
+	<td class="page">57</td>
+</tr>
+<tr>
+	<td><a href="#Gedicht_56">Da wo der frühen Falter gelbes Lodern</a></td>
+	<td class="page">58</td>
+</tr>
+<tr>
+	<td><a href="#Gedicht_57">Wie lastet mir das Leben ohne dich</a></td>
+	<td class="page">59</td>
+</tr>
+<tr>
+	<td><a href="#Gedicht_58">Musik bewegt mich, daß ich dein gedenke</a></td>
+	<td class="page">60</td>
+</tr>
+<tr>
+	<td><a href="#Gedicht_59">Uralter Worte kundig kommt die Nacht</a></td>
+	<td class="page">61</td>
+</tr>
+<tr>
+	<td><a href="#Gedicht_60">Wir wanderten von junger Liebe trunken</a></td>
+	<td class="page">62</td>
+</tr>
+</table>
+
+
+<hr style="width: 22em; margin: 6em auto 1em auto; page-break-before: always;"/>
+
+<p class="center">21.&ndash;30. TAUSEND</p>
+
+<p class="center">DIESE »LIEBESGEDICHTE« ERSCHIENEN<br/>
+ZUERST IM JAHRE 1907 UNTER<br/>
+DEM TITEL »NEUE GEDICHTE«.</p>
+
+<p class="center">*</p>
+
+<p class="center">DRUCK DER SPAMERSCHEN<br/>
+BUCHDRUCKEREI, LEIPZIG.</p>
+
+<hr style="width: 22em; margin: 1em auto;"/>
+
+</div>
+
+
+
+
+
+
+
+
+<pre>
+
+
+
+
+
+End of the Project Gutenberg EBook of Liebesgedichte, by Ricarda Huch
+
+*** END OF THIS PROJECT GUTENBERG EBOOK LIEBESGEDICHTE ***
+
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+or PGLAF), owns a compilation copyright in the collection of Project
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+law of the state applicable to this agreement, the agreement shall be
+interpreted to make the maximum disclaimer or limitation permitted by
+the applicable state law.  The invalidity or unenforceability of any
+provision of this agreement shall not void the remaining provisions.
+
+1.F.6.  INDEMNITY - You agree to indemnify and hold the Foundation, the
+trademark owner, any agent or employee of the Foundation, anyone
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+with this agreement, and any volunteers associated with the production,
+promotion and distribution of Project Gutenberg-tm electronic works,
+harmless from all liability, costs and expenses, including legal fees,
+that arise directly or indirectly from any of the following which you do
+or cause to occur: (a) distribution of this or any Project Gutenberg-tm
+work, (b) alteration, modification, or additions or deletions to any
+Project Gutenberg-tm work, and (c) any Defect you cause.
+
+
+Section  2.  Information about the Mission of Project Gutenberg-tm
+
+Project Gutenberg-tm is synonymous with the free distribution of
+electronic works in formats readable by the widest variety of computers
+including obsolete, old, middle-aged and new computers.  It exists
+because of the efforts of hundreds of volunteers and donations from
+people in all walks of life.
+
+Volunteers and financial support to provide volunteers with the
+assistance they need are critical to reaching Project Gutenberg-tm's
+goals and ensuring that the Project Gutenberg-tm collection will
+remain freely available for generations to come.  In 2001, the Project
+Gutenberg Literary Archive Foundation was created to provide a secure
+and permanent future for Project Gutenberg-tm and future generations.
+To learn more about the Project Gutenberg Literary Archive Foundation
+and how your efforts and donations can help, see Sections 3 and 4
+and the Foundation web page at https://www.pglaf.org.
+
+
+Section 3.  Information about the Project Gutenberg Literary Archive
+Foundation
+
+The Project Gutenberg Literary Archive Foundation is a non profit
+501(c)(3) educational corporation organized under the laws of the
+state of Mississippi and granted tax exempt status by the Internal
+Revenue Service.  The Foundation's EIN or federal tax identification
+number is 64-6221541.  Its 501(c)(3) letter is posted at
+https://pglaf.org/fundraising.  Contributions to the Project Gutenberg
+Literary Archive Foundation are tax deductible to the full extent
+permitted by U.S. federal laws and your state's laws.
+
+The Foundation's principal office is located at 4557 Melan Dr. S.
+Fairbanks, AK, 99712., but its volunteers and employees are scattered
+throughout numerous locations.  Its business office is located at
+809 North 1500 West, Salt Lake City, UT 84116, (801) 596-1887, email
+business@pglaf.org.  Email contact links and up to date contact
+information can be found at the Foundation's web site and official
+page at https://pglaf.org
+
+For additional contact information:
+     Dr. Gregory B. Newby
+     Chief Executive and Director
+     gbnewby@pglaf.org
+
+
+Section 4.  Information about Donations to the Project Gutenberg
+Literary Archive Foundation
+
+Project Gutenberg-tm depends upon and cannot survive without wide
+spread public support and donations to carry out its mission of
+increasing the number of public domain and licensed works that can be
+freely distributed in machine readable form accessible by the widest
+array of equipment including outdated equipment.  Many small donations
+($1 to $5,000) are particularly important to maintaining tax exempt
+status with the IRS.
+
+The Foundation is committed to complying with the laws regulating
+charities and charitable donations in all 50 states of the United
+States.  Compliance requirements are not uniform and it takes a
+considerable effort, much paperwork and many fees to meet and keep up
+with these requirements.  We do not solicit donations in locations
+where we have not received written confirmation of compliance.  To
+SEND DONATIONS or determine the status of compliance for any
+particular state visit https://pglaf.org
+
+While we cannot and do not solicit contributions from states where we
+have not met the solicitation requirements, we know of no prohibition
+against accepting unsolicited donations from donors in such states who
+approach us with offers to donate.
+
+International donations are gratefully accepted, but we cannot make
+any statements concerning tax treatment of donations received from
+outside the United States.  U.S. laws alone swamp our small staff.
+
+Please check the Project Gutenberg Web pages for current donation
+methods and addresses.  Donations are accepted in a number of other
+ways including including checks, online payments and credit card
+donations.  To donate, please visit: https://pglaf.org/donate
+
+
+Section 5.  General Information About Project Gutenberg-tm electronic
+works.
+
+Professor Michael S. Hart was the originator of the Project Gutenberg-tm
+concept of a library of electronic works that could be freely shared
+with anyone.  For thirty years, he produced and distributed Project
+Gutenberg-tm eBooks with only a loose network of volunteer support.
+
+
+Project Gutenberg-tm eBooks are often created from several printed
+editions, all of which are confirmed as Public Domain in the U.S.
+unless a copyright notice is included.  Thus, we do not necessarily
+keep eBooks in compliance with any particular paper edition.
+
+
+Most people start at our Web site which has the main PG search facility:
+
+     https://www.gutenberg.org
+
+This Web site includes information about Project Gutenberg-tm,
+including how to make donations to the Project Gutenberg Literary
+Archive Foundation, how to help produce our new eBooks, and how to
+subscribe to our email newsletter to hear about new eBooks.
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